Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 06.09.2007

OVG NRW: erneuerbare energien, raumordnung, regionalplanung, windkraftanlage, upr, ausweisung, naturschutzgebiet, landschaft, genehmigungsverfahren, verfügung

Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 4566/04
Datum:
06.09.2007
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 A 4566/04
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Münster, 2 K 1589/01
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts
Münster vom 30. September 2004 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig
sind.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin
kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Klägerin begehrt die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids für
die Errichtung einer Windkraftanlage des Typs Enercon E 44 mit einer Nabenhöhe von
77,9 m und einem Rotordurchmesser von 44 m auf ihrem Grundstück.
2
Etwa 550 m nordwestlich des geplanten Standorts befindet sich eine Windkraftanlage
des Typs Tacke TW 80 mit einer Leistung von 80 kW, einer Nabenhöhe von 40 m und
einem Rotordurchmesser von 21 m.
3
Das derzeit landwirtschaftlich genutzte Grundstück der Klägerin liegt außerhalb des
Geltungsbereichs eines Bebauungsplans. Der maßgebliche Flächennutzungsplan der
Beigeladenen enthält keine Festsetzung von Konzentrationszonen für
Windkraftnutzung.
4
Der Standort der geplanten Anlage liegt außerhalb der im maßgeblichen
Gebietsentwicklungsplan Regierungsbezirk Münster - Teilabschnitt Münsterland, Teil 3:
Eignungsbereiche für erneuerbare Energien/ Windkraft (nachfolgend: GEP)
ausgewiesenen Windeignungsbereiche.
5
Der GEP ist wie folgt zustande gekommen:
6
Am 2. Dezember 1996 beauftragte der Bezirksplanungsrat die Bezirksplanungsbehörde
mit der Erarbeitung der Darstellung von Windeignungsbereichen im Münsterland, d.h. in
den Kreisen Borken, Coesfeld, Steinfurt und Warendorf sowie in der Stadt Münster.
Mitarbeiter der beteiligten Dezernate stellten daraufhin in einer Liste
Untersuchungsgebiete zusammen. Ausweislich der dazu notierten schlagwortartigen
Bemerkungen wurden vorzugsweise "ausgeräumte" Landschaftsbestandteile
ausgewählt sowie solche, die bereits - etwa durch Freileitungen - vorbelastet
erschienen. Die immissionsschutzrechtlichen Belange von Einzelgehöften wurden nur
in Einzelfällen berücksichtigt. Gelegentlich wurden Flächen ausdrücklich trotz fehlender
Windhöffigkeit aufgenommen, um den betroffenen Städten - z.B. Münster und Lotte -
"Flächen anbieten zu können". Am 13. Januar 1997 billigte die vom Bezirksplanungsrat
eingesetzte GEP-Kommission den so entstandenen Entwurf, der daraufhin den zu
beteiligenden Trägern öffentlicher Belange zur Stellungnahme binnen drei Monaten
zugeleitet wurde. Beigefügt war eine "Sachdarstellung", in der u.a. ausgeführt wurde,
dass die Städte und Gemeinden "innerhalb der im GEP dargestellten Bereiche für die
Eignung von Windkraftanlagen ... auf Ebene der vorbereitenden Bauleitplanung
Konzentrationszonen für Windkraftanlagen ausweisen" können. In der Zeit vom 28. bis
30. April und vom 5. bis 7. Mai 1997 wurde der Entwurf mit den Trägern öffentlicher
Belange erörtert. Deren Einwendungen führten zu zahlreichen Änderungen. So wurden
die ursprünglich vorgesehenen Eignungsflächen von 31.000 ha auf 23.800 ha
verkleinert. Einzelne Flächen wurden gestrichen, etliche Flächen wurden zusätzlich
aufgenommen, so dass sich die Anzahl der Eignungsbereiche von ursprünglich
vorgesehenen 111 auf 119 erhöhte. Der so geänderte Entwurf war Grundlage der
Beschlussfassung des Bezirksplanungsrats am 9. Juni 1997, und zwar zusammen mit
einer Sachdarstellung, einer zusammenfassenden Übersicht über grundsätzliche
Bedenken gegen die Planung, Anregungen und Bedenken zu textlichen Zielen und
textlichen Erläuterungen, Anregungen und Bedenken zu den zeichnerischen
Darstellungen, den Protokollen der Erörterungstermine und einer "Zusammenstellung
solcher Hinweise der Verfahrensbeteiligten, die für nachfolgende Fachverfahren zur
Kenntnis genommen wurden".
7
Der am 9. Juni 1997 beschlossene Teilabschnitt umfasst neben der zeichnerischen
Darstellung "Textliche Darstellungen" (Nr. 1 bis 7) und "Erläuterungen" (Nr. 9 bis 12).
Nach Nr. 12 der Erläuterungen bestimmt die zeichnerische Darstellung der
Eignungsbereiche lediglich deren allgemeine Größenordnung und annähernde
räumliche Lage; die konkrete räumliche Abgrenzung der Bereiche müsse unter
Berücksichtigung der zeichnerischen und textlichen Darstellungen des GEP im Rahmen
der Bauleitplanung sowie im Einzelfall festgelegt werden. In Nr. 15 der Erläuterungen ist
ausgeführt, dass die dargestellten 119 Eignungsbereiche mit einer Gesamtfläche von
23.800 ha bei einem durchschnittlichen Flächenbedarf von 20 ha für eine
Windkraftanlage der 1,5 MW- Klasse rechnerisch für ca. 1.200 Anlagen dieser
modernen Größenklasse ausreichten. Nach Nrn. 19 ff. der Erläuterungen sind für den
planerischen Abwägungsprozess bei der Ermittlung der Eignungsbereiche
insbesondere die folgenden Kriterien und Ziele maßgebend gewesen: Eine flächenhafte
8
Ermittlung der Windpotentiale im Plangebiet auf der Grundlage des Datennetzes des
Deutschen Wetterdienstes (berücksichtigt worden seien insbesondere windhöffige
Bereiche mit einer Windgeschwindigkeit ab etwa 5 m/sec in 50 Meter Höhe), die
Vorbelastung von Freiräumen durch infrastrukturelle Eingriffe, die besondere Eignung
von weniger strukturierten Landschaftsteilen (geringe Rauhigkeit, geringes
Konfliktpotential mit Einzelgehöften oder gliedernden Landschaftsbestandteilen), die
langfristige Sicherung von räumlichen Entwicklungspotentialen für die
Siedlungsentwicklung, der Schutz der größeren geschlossenen Waldbereiche ("soweit
im Einzelfall kleinere Waldbereiche von Eignungsbereichen überlagert werden, sind
diese in den nachfolgenden Planungsstufen zu sichern"), die Erhaltung wertvoller
Biotopstrukturen, die Erhaltung markanter landschaftsprägender Strukturen mit
besondere Bedeutung für den Landschaftsschutz, das Landschaftsbild und die
Erholung, die notwendigen Schutzabstände zu Wohnsiedlungsbereichen, zu
Richtfunkstrecken, zu militärischen Einrichtungen und zu den im GEP dargestellten
Flugplätzen sowie Abgrabungsbereiche.
Ausweislich Nr. 6 der Sitzungsvorlage Nr. 11/1997, die Grundlage der
Beschlussfassung des Bezirksplanungsrats am 9. Juni 1997 war, wurden darüber
hinaus bestimmte Problemkreise zur Kenntnis genommen, aber auf
regionalplanerischer Ebene nicht abschließend abgewogen, weil sie in den
nachfolgenden Planungs- bzw. Genehmigungsverfahren geprüft werden sollten. Dabei
handelt es sich um die Problemkreise Richtfunkstrecken und Leitungen, Lagerstätten,
Bodendenkmäler, Immissionsschutz, Schäden durch Eis- und Blattabwurf sowie
Verkehrsinfrastruktur (Bahnlinien, Wasserstraßen).
9
Unter dem 16. September 1998 genehmigte das Ministerium für Umwelt, Raumordnung
und Landwirtschaft (MURL) NRW den GEP mit - vom Bezirksplanungsrat später
übernommenen - Maßgaben, wonach u.a. die gegenüber dem ursprünglichen Entwurf
beschlossene Osterweiterung des Eignungsbereichs BOR 20 zurückgenommen werden
musste. Am 12. November 1998 wurde der Plan bekannt gemacht (GV.NRW. S. 606).
10
In der Folgezeit erließen die vom räumlichen Geltungsbereich des GEP Münsterland
erfassten Städte und Gemeinden - mit Ausnahme der Beigeladenen und der Gemeinde
Recke - Flächennutzungspläne, in denen Konzentrationszonen für Windkraftanlagen
ausgewiesen sind. Die Konzentrationszonen weichen in vielen Fällen nach Größe und
Zuschnitt von den Windeignungsbereichen des GEP ab; die Bezirksplanungsbehörde
hat die entsprechenden Planungen im Zuge des sog. Anpassungsverfahrens oder
jedenfalls nach Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens aus landesplanerischer
Sicht als vertretbar beurteilt.
11
Der Standort der von der Klägerin geplanten Anlage ist ca. 1.500 m von dem im GEP
ausgewiesenen Windeignungsbereich BOR 20 und ca. 3.000 m von dem
Eignungsbereich BOR 21 entfernt. Der Abstand zu dem Bereich BOR 20 in der
zwischenzeitlich erwogenen, nach Osten erweiterten Form beträgt ca. 150 m. Der GEP
stellt den geplanten Standort nunmehr als Agrar- und Waldbereich dar, der von einem
Bereich für den Schutz der Landschaft überlagert wird.
12
Unter dem 26. Juli 1999 beantragte der zwischenzeitlich verstorbene Ehemann der
Klägerin bei der ursprünglich beklagten Bauaufsichtsbehörde die Erteilung eines
Bauvorbescheids für die Errichtung der hier in Rede stehenden Windkraftanlage sowie
eine Baugenehmigung für eine zweite Anlage desselben Typs, die auf dem
13
benachbarten Flurstück 49 errichtet werden sollte. Nach seinen Angaben war geplant,
einen - geringeren - Teil der gewonnenen Energie für die eigene Landwirtschaft
(Bullenmast) zu verwenden. Der Stromverbrauch dieses Betriebs habe in den
vergangenen Jahren bei ca. 10 % der Nennleistung gelegen. Die darüber hinaus
gewonnene Energie sollte in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden.
In ihrer Stellungnahme vom 20. September 1999 wies die im Bauaufsichtsverfahren
beteiligte jetzige Beklagte darauf hin, dass das Ministerium für Umwelt, Raumordnung
und Landesplanung den GEP mit der Maßgabe genehmigt habe, dass der Bereich BOR
20 nur die dem ursprünglichen Entwurf entsprechende Ausdehnung erhalte, d.h. dass
nach der Genehmigung die im Laufe des Verfahrens erwogene Osterweiterung
herauszunehmen sei. Danach liege der Standort außerhalb des Bereichs BOR 20. Da
eine Ausnahme hier nicht in Betracht komme, stünden landesplanerische Belange dem
Vorhaben entgegen.
14
Nach Inkrafttreten des Windenergieerlasses vom 3. Mai 2000 (Gemeinsamer
Runderlass des Ministeriums für Bauen und Wohnen, des Ministeriums für Arbeit,
Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport, des Ministeriums für Umwelt,
Raumordnung und Landwirtschaft und des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand,
Technologie und Verkehr - Grundsätze für Planung und Genehmigung von
Windenergieanlagen -, MBl. NRW. 2000, S. 690) nahm die Beklagte auf erneute
Anfrage der Bauaufsichtsbehörde nochmals zu dem Vorhaben Stellung: Dass die
geplanten Anlagen raumbedeutsam seien, ergebe sich aus dem besonderen Standort
der Anlagen. Es handele sich bei dem betroffenen Landschaftsraum um einen gut
strukturierten und reich gegliederten Ausschnitt der Münsterländischen Parklandschaft.
In dem östlich und nordöstlich angrenzenden Landschaftsraum seien mehrere
Waldkomplexe als schutzwürdige Biotope im Biotopkataster der Landesanstalt für
Ökologie, Bodenordnung und Forsten (LÖBF) NRW erfasst. Den unmittelbar an die auf
dem Flurstück 47 geplante Anlage angrenzenden Waldbestand habe die LÖBF als
geschützten Landschaftsteil vorgeschlagen. Der Kontrast zwischen Waldkulisse und
technischer Anlage führe zu einer negativen Veränderung der natürlichen Eigenart der
Landschaft. Das bedinge eine überproportionale Verfremdung des östlich und
nordöstlich angrenzenden Landschaftsraumes "Klostervenn", der als besonders
schützenswert einzustufen sei. Das Naturschutzgebiet "Burlo-Vardingholter Venn" sei
als Kranichrastplatz besonders schützenswert; wegen der Sensibilität von Kranichen
müsse der Bereich weiträumig von Beeinträchtigungen freigehalten werden.
15
Im Anhörungsverfahren wandte sich der Antragsteller mit Schreiben vom 13. September
2000 gegen die Einschätzung, dass das Vorhaben raumbedeutsam sei. Der Hinweis auf
das Naturschutzgebiet "Burlo-Vardingholter Venn" gehe fehl, weil der Standort von
diesem Bereich rund 3,5 bis 4 km und damit ebenso weit entfernt sei wie der Bereich
BOR 20. Zudem seien nahe den Venn-Gebieten drei Anlagen vom Typ Enercon E-66
mit einer Nennleistung von 1,5 MW bestandskräftig genehmigt.
16
Auch unter Berücksichtigung der Einwendungen des Antragstellers hielt die Beklagte
mit Schreiben vom 16. Februar 2001 an ihren landesplanerischen Bedenken fest und
führte ergänzend aus: Der im GEP als Bereich für den Schutz der Landschaft
dargestellte Bereich habe die Funktion als Verbundkorridor im Sinne der
Biotopvernetzung zwischen den als Bereiche für den Schutz der Natur dargestellten
Räumen "Rheder Bach" im Süden und dem Naturschutzgebiet "Burlo-Vardingholter
Venn". Bei Zugrundelegung eines Interpretationsspielraums von 200 m falle der
17
Standort in die Parzellenunschärfe der nicht genehmigten Ostfläche des
Eignungsbereichs BOR 20, weshalb die Gründe, die zur Versagung der Genehmigung
der Osterweiterung geführt hätten, gerade für diese Standorte gälten. Es sei bewusst ein
Korridor zwischen den Eignungsbereichen BOR 20 und BOR 21 belassen worden, um
keine bandartigen Strukturen bzw. kein geschlossenes Windfeld entstehen zu lassen.
Am 19. Juli 2001 hat der Ehemann der Klägerin Klage auf Erteilung von
"Baugenehmigungen" erhoben und zur Begründung zunächst auf das beigefügte
Schreiben vom 13. September 2000 verwiesen. Daraufhin lehnte der Landrat des
Kreises Borken die Anträge auf Erteilung eines Bauvorbescheids und einer
Baugenehmigung durch Bescheide vom 23. Oktober 2001, zugestellt am 25. Oktober
2001, ab. Zur Begründung verwies er auf die entgegenstehenden Ausweisungen im
GEP; ein Ausnahmetatbestand liege nicht vor, da der Korridor zwischen den
Windeignungsbereichen BOR 20 und BOR 21 bewusst frei gelassen worden sei. Dem
Vorhaben stünden damit landschaftsästhetische Gesichtspunkte entgegen. Darüber
hinaus sei die hier streitbefangene Anlage aus immissionsschutzrechtlicher Sicht nicht
genehmigungsfähig, weil Gutachten zur Lärm- und Schattenschlagprognose nicht
vorgelegt worden seien.
18
Gegen die Versagung der - hier nicht mehr streitbefangenen - Baugenehmigung wurde
am 26. November 2001 (Montag) Widerspruch eingelegt, den die Beklagte durch
Bescheid vom 24. Juni 2002 zurückwies.
19
Zur Begründung der Klage hat der Ehemann der Klägerin vorgetragen: Dem im
Außenbereich privilegierten Vorhaben stünden keine öffentlichen Belange entgegen.
Nach Maßgabe des nordrhein-westfälischen Windenergieerlasses vom 3. Mai 2000
seien zwei beieinander liegende Anlagen unterhalb einer Gesamthöhe von 100 m nicht
raumbedeutsam. Darüber hinaus sei die Ausweisung von Windeignungsgebieten im
GEP nicht geeignet, die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB
herbeizuführen. Sie garantiere nicht, dass Windkraftanlagen in den dargestellten
Gebieten absoluten Vorrang genössen. Der GEP beruhe auf einer Verletzung des
raumplanungsrechtlichen Abwägungsgebots. Die Berechnung in Nr. 15, dass bei einem
durchschnittlichen Flächenbedarf von 20 ha für eine Windkraftanlage der 1,5 MW-
Klasse das Flächenangebot der Eignungsbereiche rechnerisch für ca. 1.200 Anlagen,
mithin 1.800 MW elektrischer Leistung ausreiche, beruhe auf einer
"Milchmädchenrechnung", weil schon wegen der nicht berücksichtigten Abstände zur
Wohnbebauung nur ein geringer Teil der ausgewiesenen Flächen von etwa 20 %
tatsächlich genutzt werden könne. Darüber hinaus handele es sich bei den
Ausweisungen im GEP nicht um Ziele der Raumordnung i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 3
BauGB, sondern lediglich um Grundsätze, denen keine Ausschlusswirkung
beizumessen sei.
20
Dem GEP liege keine ausreichende Planrechtfertigung zugrunde, weil wegen des
gesetzten Zeitdrucks keine hinreichende Ermittlung und Abwägung habe stattfinden
können. Da zahlreiche Eignungsbereiche ausgewiesen worden seien, die für die
Windkraftnutzung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ungeeignet seien, sei die
Planung auch nicht vollzugsfähig. Die dem GEP zugrunde liegende Abwägung sei
fehlerhaft: Ihm liege kein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde;
den Verfahrensakten sei nicht zu entnehmen, welche Kriterien für die Ausweisung der
Gebiete letztlich maßgeblich gewesen seien. Die zugrunde gelegten Untersuchungen
des Deutschen Wetterdienstes (DWD) seien unzureichend und ungenau. Überdies sei
21
nicht nachvollziehbar, warum sämtliche Bereiche, die in 10 m Höhe eine
Windgeschwindigkeit von weniger als 3,5 m/sec im Jahresmittel aufweisen, außer
Betracht gelassen worden seien; denn Anlagen der 1,5 MW-Klasse könnten - bei einer
Nabenhöhe von mindestens 80 m - auch bei einer geringeren Windgeschwindigkeit
wirtschaftlich arbeiten. Ferner sei die Immissionsproblematik in Bezug auf
Wohnnutzungen nicht hinreichend berücksichtigt. Einerseits sei der pauschal
festgesetzte Abstand von 1.000 m zu Wohnsiedlungsbereichen sachlich
unangemessen; andererseits sei der gebotene Schutzabstand von 300 m zu
Einzelgebäuden nicht in die Planung eingestellt worden. Das habe zur Folge, dass im -
dem hier in Rede stehenden Standort benachbarten - Eignungsbereich BOR 20 nur eine
nutzbare Fläche von 20 % verbleibe. Auch die Bereiche BOR 16 und BOR 18 seien
wegen vorhandener Hochspannungsleitungen, Richtfunkstrecken, Gas- und
Ölleitungen, Verkehrswegen, Wasserläufen u.ä. kaum nutzbar. Der weitere
Planungsschritt, bei dem Flächen ermittelt worden seien, die insbesondere durch
technische Strukturen vorbelastet seien, stelle eine Interessenfehlgewichtung dar, weil
es widersinnig sei, Flächen nur deshalb auszuschließen, weil sie nicht vorbelastet
seien. Der dritte Planungsschritt, bei dem allein die Vorgaben einer topographischen
Karte im Maßstab 1:25.000 in den Blick genommen worden seien, sei schließlich
oberflächlich. Worauf die Einteilung in Gebiete guter, mittlerer und geringer Eignung
beruhe, sei sachlich nicht nachvollziehbar. Besichtigungen vor Ort hätten nur in
Ausnahmefällen stattgefunden. Fehlerhaft sei es auch, dass in erheblichem Umfang
öffentliche Belange nicht eingestellt worden seien; das gelte insbesondere für den
Immissionsschutz sowie für militärische und kommunale Belange. Letzteres folge
daraus, dass den Gemeinden nur drei Monate Zeit für erforderliche Untersuchungen und
Stellungnahmen eingeräumt worden sei. In einigen Fällen seien auch sachfremde
Erwägungen angestellt worden, wie etwa im Fall der Flächen BOR 1 und BOR 2, die
nur deshalb aufgenommen worden seien, um "Gronau Flächen anbieten zu können",
oder im Fall des Bereichs ST 10, der trotz ausdrücklich festgestellter fehlender
Windhöffigkeit aufgenommen wurde, "um Lotte Flächen anbieten zu können".
Die fehlerhafte Ermittlung der abwägungserheblichen Belange verdeutliche im Übrigen
eine für das Gebiet der Stadt Dülmen erstellte Studie. Die aufgezeigten Mängel hätten
zur Folge, dass der GEP insgesamt nichtig sei, denn der Plangeber strebe mit der
fehlerhaften Ausweisung von Eignungsbereichen eine Ausschlusswirkung für das
gesamte sonstige Plangebiet an.
22
Schließlich seien die im vorliegenden Fall von der (nunmehr beklagten)
Bezirksregierung geäußerten Bedenken unbegründet. Dies zeige das vom Kläger in
Auftrag gegebene Gutachten des Landschaftsarchitekten Dr. M. , der den Vogelbestand
in dem betroffenen Areal untersucht habe und keine Hinweise auf eine Korridorfunktion
des Gebiets zwischen Rheder Bach und dem Burlo-Vardingholter Venn gefunden habe.
23
Nach dem Tod ihres Ehemannes hat die Klägerin als dessen Rechtsnachfolgerin das
Verfahren fortgeführt.
24
Nach Bekanntwerden des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2004 - 4
C 9.03 - hat die Klägerin den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die
Errichtung einer Windkraftanlage auf dem Flurstück 49 am 24. September 2004
zurückgenommen. Sodann hat sie für diesen Teil ihrer Klage die Klagerücknahme und
hilfsweise den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt.
25
Für den verbleibenden Teil ihres Klagebegehrens hat die Klägerin beantragt,
26
den Landrat des Kreises Borken unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23.
Oktober 2001 zu verpflichten, ihr einen Bauvorbescheid zur Errichtung einer
Windenergieanlage auf dem Grundstück zu erteilen, und zwar unter Ausklammerung der
immissionsschutzrechtlichen Fragen,
27
hilfsweise den Landrat des Kreises Borken unter Aufhebung des
Ablehnungsbescheides vom 23. Oktober 2001 zu verpflichten, ihr eine reine
Bebauungsgenehmigung für das bezeichnete Grundstück unter zusätzlicher
Ausklammerung der immissionsschutzrechtlichen Fragen zu erteilen.
28
Der Landrat des Kreises Borken hat der Klagerücknahme widersprochen und beantragt,
29
die Klage abzuweisen.
30
Er hat auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid Bezug genommen und
ergänzend vorgetragen, das klägerseits vorgelegte Gutachten des Sachverständigen Dr.
M. sei nicht aussagekräftig, da es auf einer zu geringen Zahl von Begehungen beruhe.
Es handele sich um einen ästhetisch und ökologisch besonders bedeutsamen Bereich.
Die dort ganzjährig vorkommenden Vogelarten, Nahrung suchenden Großvögel,
insbesondere Zugvögel, nachtaktive Eulen sowie Fledermäuse sollten vor
Beeinträchtigungen geschützt werden. Dem Vorhaben stehe daher auch § 35 Abs. 3
Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen.
31
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
32
Die jetzige Beklagte hat ebenfalls keinen Antrag gestellt. Sie hat vorgetragen: Der
Bearbeitungszeitraum für die Aufstellung des GEP sowie die den Gemeinden gesetzte
Frist zur Stellungnahme seien ausreichend lang gewesen. Dabei sei zu
berücksichtigen, dass das Verfahren in Zusammenhang gestanden habe mit dem -
schon im Jahr 1994 eingeleiteten - Verfahren zur Fortschreibung des gesamten GEP, in
dessen Verlauf Erhebungen zu allen in der Regionalplanung behandelten
Sachbereichen (insbesondere Siedlungsentwicklung, Natur- und Landschaftsschutz,
Infrastruktur, Ressourcenentwicklung) vorgenommen worden seien. Dementsprechend
sei die Region den Mitarbeitern der Bezirksplanungsbehörde auch ohne - weitere -
Ortsbesichtigungen hinreichend bekannt. Die von der Klägerin gerügten
Planungsmängel lägen nicht vor. Der Belang der Windhöffigkeit sei unter
Berücksichtigung der Anlagenhöhe und der Topographie des Münsterlandes fast
gänzlich zu vernachlässigen, weil in Höhen ab 100 m ausreichend Wind wehe. Darauf,
dass die Windkraftanlagen optimalen wirtschaftlichen Ertrag erbrächten, bestehe kein
Anspruch. Im Übrigen seien auch für die Bereiche, die die Klägerin als ungeeignet
bezeichnet habe, Genehmigungen erteilt oder beantragt. Unabhängig davon treffe es
nicht zu, dass Standorte mit geringerer Windhöffigkeit von vornherein ausgeschieden
worden seien. Die nachfolgenden, in Verfahren zur Aufstellung von
Flächennutzungsplänen erfolgten gemeindlichen Untersuchungen hätten die
Windeignungsbereiche des GEP zu 80 % in ihrer räumlichen Lage bestätigt. Es treffe
auch nicht zu, dass der GEP einen Abstand von 1.000 m zu Wohnsiedlungsbereichen
vorsehe. Dieser sei nur Inhalt eines ersten Arbeitsentwurfs gewesen; später hätten
insoweit je nach örtlicher Situation noch Veränderungen, und zwar sowohl
Vergrößerungen als auch Verkleinerungen, stattgefunden. Die Immissionsabstände zu
33
Einzelhäusern und Gehöften seien dem konkreten Zulassungsverfahren vorbehalten
worden, auch um Raum für die übliche Praxis zu belassen, im Falle der
Eigenbeschallung höhere Belastungen hinzunehmen. Hinsichtlich der weiteren Rügen
der Klägerin sei festzuhalten, dass der GEP mit seinen 119 Windeignungsbereichen ein
Rahmenkonzept darstelle, d.h. dass die Bereiche durch die nachfolgenden
Planungsverfahren der Bauleitplanung im Abstimmung mit den Zielen der
Landesplanung sehr wohl modifiziert, d.h. verkleinert, verschoben, vergrößert werden
oder auch wegfallen könnten. Dies sei ein wesentlicher Aspekt eines mehrstufigen
Planungskonzepts. Es liege demgemäß in der Natur der Sache, dass die
Konkretisierung hinsichtlich der Belange Immissionsschutz, militärische Schutzbereiche
und Flugsicherheit auf den der Regionalplanung nachfolgenden Planungsebenen
erfolge. Dieser Systematik sei sich auch der Gesetzgeber bei Einführung des
Planvorbehalts nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bewusst gewesen. Dass die
grundsätzlichen Planungsebenen Regional- und Flächennutzungsplanung in den
nachfolgenden Schritten weiter konkretisiert würden, sei allgemein bekannt.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf die mündliche Verhandlung vom 30.
September 2004 abgewiesen.
34
Auf den Antrag der Klägerin ist die Berufung durch Beschluss vom 21. Juli 2005
zugelassen worden. Soweit das Verfahren die schon im erstinstanzlichen Verfahren
zurückgenommene Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung für eine Windkraftanlage
in , betroffen hat, ist es abgetrennt und zwischenzeitlich eingestellt worden (8 A
4641/06).
35
Mit der Begründung ihrer Berufung hat die Klägerin die Klage unter Hinweis auf § 67
Abs. 9 Satz 4 BImSchG dahin geändert, dass sie nunmehr die Erteilung eines
immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids von der Beklagten als
Immissionsschutzbehörde begehrt. Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen,
dass die Anlage nicht raumbedeutsam sei und dass der GEP dem Vorhaben nicht
entgegengehalten werden könne, weil er wegen Abwägungsmängeln insgesamt
unwirksam sei. Ergänzend trägt die Klägerin vor: Der GEP sei ohne ausreichende
Rechtsgrundlage erlassen worden. § 13 Abs. 5 LPlG NRW habe bei Inkrafttreten des
GEP noch nicht gegolten. Darüber hinaus sei der GEP funktionslos geworden. Infolge
zahlreicher Zielabweichungsverfahren und abweichender Flächennutzungspläne seien
ausweislich des von der Beklagten auf Anforderung des Senats vorgelegten
Zahlenmaterials weniger als die Hälfte der GEP-Eignungsflächen im Rahmen der
Flächennutzungsplanung umgesetzt worden. Die Balance zwischen Positiv- und
Negativflächen, die Wirksamkeitsvoraussetzung einer jeden Konzentrationsplanung sei,
sei dadurch nicht mehr gegeben. Das ursprüngliche Planungskonzept sei zumindest so
weit beeinträchtigt, dass eine erneute Gesamtabwägung über den GEP erforderlich
geworden sei. Darüber hinaus seien weitere Flächen zwar von den Gemeinden in die
Flächennutzungspläne übernommen worden, tatsächlich aber insbesondere wegen der
zu Wohngebäuden - aus Gründen des Immissionsschutzes sowie zur Vermeidung
optisch bedrängender Wirkungen - einzuhaltenden Schutzabstände nicht nutzbar. Bei
der Bemessung dieser Schutzabstände sei auch zu berücksichtigen, dass die dem GEP
zugrunde liegende Planungsabsicht Anlagen der 1,5 MW-Klasse im Auge gehabt habe,
die naturgemäß eine gewisse Mindesthöhe aufweisen. Moderne 2 MW-Anlage
benötigen i.d.R. mindestens eine Höhe von 150 m. Entgegen der Annahme des 10.
Senats des OVG NRW in dessen Urteil vom 19. September 2006 - 10 A 973/04 - treffe
es auch nicht zu, dass die mit der Planung verbundene Erwartung, es könnten 1.200
36
Anlagen im Münsterland errichtet werden, zu 2/3 erfüllt sei. Ebenfalls abweichend von
den Annahmen der Planungsbehörde betrage die durchschnittliche Leistung auch nicht
1,5 MW, sondern nur 1,1 MW. Statt der angestrebten Gesamtleistung von 1.800 MW
dürften demnach - unter Zugrundelegung der von der Beklagten genannten Zahlen -
weniger als 600 MW Gesamtleistung erreicht worden sein.
Unabhängig davon liege ein Ausnahmefall vor, in dem - anders als für den Regelfall von
§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vorausgesetzt - öffentliche Belange nicht entgegenstünden.
Die von der Beklagten angeführte avifaunistische Bedeutung des Gebiets bestehe nicht.
37
Die Klägerin beantragt,
38
das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 30. September 2004 zu ändern und
39
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Landrats des Kreises Borken vom 23.
Oktober 2001 zu verpflichten, ihr einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid zur
bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit betreffend die Errichtung und den Betrieb einer
Windenergieanlage des Typs Enercon E-44/6.44, Nennleistung 600 kW, Nabenhöhe
77,9 m, Rotordurchmesser 44 m, auf dem Grundstück zu erteilen.
40
Die Beklagte beantragt,
41
die Klage abzuweisen.
42
Sie trägt vor: Die Voraussetzungen für die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen
Genehmigung lägen nicht vor, weil die Anlage raumbedeutsam sei und der
Anlagenstandort außerhalb der im GEP ausgewiesenen Eignungsbereiche liege. Ein
Ausnahmefall sei nicht gegeben. Der Standort liege in einer typischen
münsterländischen, reich strukturierten Parklandschaft, die im GEP als Bereich für den
Schutz der Landschaft dargestellt sei. Diesem Raum komme die Funktion als von
Windkraftanlagen freizuhaltender Korridor zwischen den Eignungsbereichen BOR 20
und BOR 21 zu; so solle verhindert werden, dass bandartige Windfarmgürtel entstehen.
Daraus, dass der Eignungsbereich BOR 21 aufgrund eines landesplanerischen
Zielabweichungsverfahrens aufgegeben worden sei, folge nichts Gegenteiliges; denn
es seien dort bereits Anlagen errichtet bzw. geplant.
43
An ihrer schriftsätzlich vorgetragenen Einschätzung, dass ein berechtigtes Interesse an
der Erteilung eines Vorbescheids nicht ersichtlich sei, hat die Beklagte in der
mündlichen Verhandlung am 29. November 2006 nicht mehr festgehalten.
44
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
45
Auf Anfrage des Senats hat die Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten
NRW mit Schreiben vom 23. November 2006 zu der ornithologischen Bedeutung des
geplanten Standorts Stellung genommen. Danach rasten Kraniche nur unregelmäßig im
Naturschutzgebiet "Burlo-Vardingholter Venn". Als Rastplatz für den Kranich habe das
Gebiet keine landesweite Bedeutung. Das Naturschutzgebiet sei auch weit genug von
den bereits bestehenden bzw. geplanten Windkraftanlagen entfernt, so dass keine
Einschränkung der Anflugmöglichkeiten für Vögel in Naturschutzgebiet entstehen
würde. Das von der Klägerin eingereichte Gutachten des Büros Dr. M. gebe den
neuesten Kenntnisstand zum Thema Windkraft und Vogelwelt ausführlich wieder. Dem
46
sei nichts hinzuzufügen.
Auf Aufforderung des Senats hat die Bezirksplanungsbehörde im November 2006 und
Juli 2007 wie folgt Stellung genommen: Bisher seien für sechs Gemeinden
Zielabweichungsverfahren mit dem Ergebnis durchgeführt worden, dass im GEP
dargestellte Windeignungsbereiche nicht in die Flächennutzungsplanung zu
übernehmen waren. Bis auf die Gemeinden Rhede und Recke hätten alle Gemeinden
des Münsterlands Windvorrangzonen in ihren Flächennutzungsplänen ausgewiesen.
Dabei sei es "überwiegend" (Stellungnahme November 2006) bzw. "fast ausschließlich"
(Stellungnahme Juli 2007) durch das Kriterium "Vorsorgeabstand" zu Abweichungen
zwischen den Flächennutzungsplänen und dem GEP gekommen, die sich nach
Auffassung der Bezirksplanungsbehörde als - unter Berücksichtigung der
Planungshierarchie - zulässige "Feinsteuerung" darstellten, zumal der Regionalplan
ohnehin nur ein Rahmenkonzept darstelle. Die Bezirksplanungsbehörde habe
Zielabweichungsverfahren nur in Bezug auf solche Flächennutzungspläne als
erforderlich angesehen, die deutlich unter 15 % der Eignungsflächen umgesetzt hätten;
ansonsten seien die Flächennutzungspläne als den landesplanerischen Zielen
angepasst angesehen worden. Insgesamt seien im Münsterland, d.h. in der Stadt
Münster sowie in den Kreisen Borken, Coesfeld, Steinfurt und Warendorf, 23.435 ha als
Windeignungsbereiche ausgewiesen; 11.099 ha hätten die Gemeinden in ihren
Flächennutzungsplänen ausgewiesen. Die Bezirksregierung beabsichtige, die
Windeignungsbereiche im Rahmen der anstehenden Fortschreibung des Regionalplans
mit Hilfe der zusätzlichen, in den Bauleitplanverfahren gewonnenen Informationen zu
überarbeiten, auch wenn dies die Planungshierarchie auf den Kopf stelle.
47
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf die vom Landrat des Kreises Borken und der Beklagten vorgelegten
Verwaltungsvorgänge, das von der Klägerin vorgelegte Sachverständigengutachten, die
von der Beklagten vorgelegten Aufstellungsvorgänge betreffend den GEP, die Akten
betreffend die aufsichtsbehördliche Genehmigung der im räumlichen Geltungsbereich
des GEP erlassenen Flächennutzungspläne und die beantragten bzw. durchgeführten
Zielabweichungsverfahren, weiter die Bauakten der dem Anlagenstandort
nächstgelegenen Wohnhäuser "Im Eichengrund 20" und "Im Kappenhagen 152".
48
Entscheidungsgründe:
49
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, die
nur noch das auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids gerichtete
Begehren zum Gegenstand hat, im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
50
A. Die Klage ist allerdings zulässig.
51
I. Dem steht nicht entgegen, das nur die Versagung der Baugenehmigung mit dem
Widerspruch angefochten worden ist. Denn beide Verpflichtungsbegehren
52
- sowohl das auf Erteilung einer Baugenehmigung als auch das auf Erteilung eines
Bauvorbescheids gerichtete Begehren - waren bei Erlass der Versagungsbescheide
bereits rechtshängig. Das folgt - obwohl der in der Klageschrift vom 17. Juli 2001
angekündigte Antrag von einer "Baugenehmigung zur Errichtung von zwei
Windenergieanlagen" spricht - bei verständiger Würdigung (vgl. § 88 VwGO) daraus,
dass in dem der Klageschrift beigefügten Schriftsatz vom 13. September 2000 die
53
Anträge eindeutig wiedergegeben waren.
II. Die Änderung der Klage im Berufungsverfahren mit dem Ziel der Verpflichtung der
Beklagten zur Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids ist gemäß §
91 Abs. 1 VwGO zulässig; sie gilt entsprechend § 67 Abs. 9 Satz 4 BImSchG in der ab
dem 1. Juli 2005 geltenden Fassung des Änderungsgesetzes vom 25. Juni 2005 (BGBl.
I S. 1865) als sachdienlich.
54
Auch wenn diese Übergangsvorschrift ausdrücklich nur für Verfahren auf Erteilung einer
Baugenehmigung gilt, ist sie in Verfahren auf Erteilung eines Bauvorbescheids
entsprechend anzuwenden. Die in der Gesetzesbegründung geschilderte
Interessenlage ist zumindest für die Fortführung rechtshängiger Verpflichtungsklagen
auf Erteilung von Bauvorbescheiden vergleichbar und es ist nicht ansatzweise
erkennbar, dass der Gesetzgeber die in der Praxis aufgetretenen Probleme für diese
Fallgestaltungen abweichend gelöst hätte, wenn er sie im Blick gehabt hätte.
55
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. März 2006 - 8 A 2672/03 -, ZNER 2006, 65 = ZfBR 2006,
474 = BauR 2006, 1715.
56
Die Klageänderung ist auch insoweit zulässig, als neben der Verpflichtung zur Erteilung
eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids die Aufhebung des im baurechtlichen
Verfahren ergangenen ablehnenden Bescheids des Landrats des Kreises Borken
begehrt wird. Denn aufgrund der Umstellung der Klage gemäß § 67 Abs. 9 Satz 4
BImSchG wird das Verfahren in dem Stadium, in dem es sich befindet, nach
Immissionsschutzrecht zu Ende geführt.
57
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. März 2006 - 8 A 2672/03 -, a.a.O., und vom 5.
September 2006 - 8 A 1971/04 -, NWVBl. 2007, 156 = ZfBR 2006, 789 = NuR 2007, 215;
BT-Drucks. 15/5443, S. 4; dazu auch OVG Rh.-Pf., Urteil vom 6. Juli 2005 - 8 A
11033/04 -, BauR 2005, 1758 = NVwZ-RR 2006, 242.
58
Das bedeutet zugleich, dass im baurechtlichen Zulassungsverfahren erfolgte
Verfahrensschritte, zu denen auch die ablehnenden Bescheide gehören, Teil des
nunmehr nach anderen Vorschriften fortzuführenden Verfahrens bleiben. Dabei tritt die
Immissionsschutzbehörde insgesamt in das einheitliche, bisher von der Baubehörde
geführte Verfahren ein.
59
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. März 2006 - 8 A 2672/03 -, a.a.O.
60
B. Die Klage ist aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung
des begehrten immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids.
61
Nach § 9 Abs. 1 BImSchG kann durch Vorbescheid über einzelne
Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden
werden, sofern die Auswirkungen der geplanten - hier nach § 4 BImSchG i.V.m. Nr. 1.6
des Anhangs der 4. BImSchV (in der seit dem 1. Juli 2005 geltenden Fassung) nach
Immissionsschutzrecht genehmigungsbedürftigen - Anlage ausreichend beurteilt
werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheids
besteht. Die Genehmigungsfähigkeit des Standorts einer Anlage umfasst insbesondere
auch bauplanungsrechtliche Fragen, die als einzelne Genehmigungsvoraussetzungen
zum Gegenstand eines Vorbescheids gemacht werden können.
62
Vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2001 - 4 C 3.01 -, NVwZ 2002,
1112 = UPR 2002, 194 = BayVBl. 2002, 739, und Beschluss vom 17. Dezember 2002 -
7 B 119.02 -, DVBl. 2003, 543 = NVwZ 2003, 750; OVG NRW, Urteile vom 15. März
2006 - 8 A 2672/03 -, a.a.O., und vom 9. August 2007 - 8 A 1359/05 -, NWVBl. 2007, 154
= ZNER 2006, 364; Peschau, in: Feldhaus, Bundes- Immissionsschutzgesetz,
Kommentar, Band 1, Teil 1, § 9 Rn. 10.
63
Die Klägerin hat zwar ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheids
(I.). Das Vorhaben ist aber wegen der entgegenstehenden Darstellungen im
maßgeblichen Regionalplan bauplanungsrechtlich unzulässig (II.).
64
I. Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse daran, dass die hier in Streit stehende
bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens im Rahmen eines
Vorbescheidsverfahren vorab geklärt wird. Die Prüfung, ob ein berechtigtes Interesse
i.S.d. § 9 BImSchG vorliegt, unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle; ein
Beurteilungsspielraum steht der Beklagten insoweit nicht zu. Dabei ist ein berechtigtes
Interesse regelmäßig gegeben, wenn bei umfangreichen Anlagen Planung und Ausbau
sinnvollerweise in Abschnitten vorgenommen werden. Ein berechtigtes Interesse kann
insbesondere dann angenommen werden, wenn dem Vorhabenträger durch die
rechtsverbindliche Abschichtung der Prüfung einzelner Genehmigungsvoraussetzungen
erhebliche Kostenvorteile entstehen.
65
Vgl. Jarass, BImSchG, 6. Aufl., 2005, § 8 Rn. 6.
66
Das ist hier der Fall. Ausgehend von den verschiedenen Standpunkten der Beteiligten
ist die Klärung der bauplanungsrechtlichen Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens
ausschlaggebend für die weitere Entscheidung, ob sich der zusätzliche
Planungsaufwand für die Klägerin lohnt.
67
Soweit die Ausführungen der Beklagten im Berufungsverfahren, mit denen sie
begründet hat, dass aus ihrer Sicht ein berechtigtes Interesse an dem Erlass eines
Vorbescheids fehle, zugleich dahin zu verstehen sein sollten, dass sie ihr
Verfahrensermessen
68
- vgl. dazu Jarass, BImSchG, 6. Aufl., 2005, § 9 Rn. 9; Wasielewski, in: Koch/Scheuing,
GK-BImSchG, § 9 Rn. 14, 106, Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 9
BImSchG Rn. 52 -
69
zu Ungunsten des Vorbescheidsverfahrens ausübe, führt dies zu keiner anderen
rechtlichen Beurteilung. Denn daran hat der Beklagtenvertreter schon in der mündlichen
Verhandlung am 29. November 2006 nicht mehr festgehalten; er hat vielmehr erklärt,
dass das Verfahrensermessen zu Gunsten des von der Klägerin angestrebten
Vorbescheidsverfahrens ausgeübt werde. Es kann daher offen bleiben, inwieweit das im
immissionsschutzrechtlichen Vorbescheidsverfahren bestehende Verfahrensermessen
in dem hier vorliegenden Fall, dass ein auf Erteilung eines Bauvorbescheids gerichtetes
Verfahren im Berufungsverfahren in Anwendung von § 67 Abs. 9 Satz 4 BImSchG
geändert worden ist, durch den Zweck der Übergangsregelung gelenkt oder sogar
reduziert wird.
70
II. Der Erteilung des Vorbescheids steht aber entgegen, dass das Vorhaben
71
bauplanungsrechtlich unzulässig ist.
Die Zulässigkeit des im Außenbereich geplanten Vorhabens richtet sich nicht nach § 35
Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Denn die geplante Windkraftanlage würde nicht dem
landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne dieser Vorschrift "dienen", weil der erzeugte Strom
nur zu einem geringen Anteil, nämlich lediglich zu 10 %, für den Betrieb der Klägerin
genutzt werden könnte.
72
Anwendbar ist hier vielmehr § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB. Danach darf ein Vorhaben, das
wie die geplante Anlage der Nutzung der Windkraft dient und deshalb im Außenbereich
an sich privilegiert zulässig ist, unter anderem dann nicht zugelassen werden, wenn
öffentliche Belange "entgegenstehen". Ob dies der Fall ist, ist grundsätzlich im Wege
einer "nachvollziehenden" Abwägung zu ermitteln.
73
Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Januar 2005 - 4 C 5.04 -, BVerwGE 122, 364 = BauR
2005, 987 = DVBl. 2005, 706 = NVwZ 2005, 578 = UPR 2005, 267 = ZfBR 2005, 373 =
ZNER 2005, 85, vom 19. Juli 2001 - 4 C 4.00 -, BVerwGE 115, 17 = BauR 2002, 41 =
BRS 64 (2001) Nr. 96 = DÖV 2002, 76 = DVBl. 2001, 1855 = NuR 2002, 49 = NVwZ
2002, 476 = UPR 2002, 33 = ZfBR 2002, 65, und vom 25. Oktober 1967 - 4 C 86.66 -,
BVerwGE 28, 148 = DÖV 1968, 579 = DVBl. 1968, 385 = NJW 1968, 1105.
74
Selbst wenn privilegierten Vorhaben ein besonders starkes Gewicht zukommt, folgt
daraus aber nicht, dass sie an jedem beliebigen Standort im Außenbereich zulässig
sind. Auch für privilegierte Anlagen gilt das Gebot der größtmöglichen Schonung des
Außenbereichs. Mit § 35 Abs. 1 BauGB hat der Gesetzgeber den Außenbereich
insbesondere nicht generell als Baubereich für privilegierte Vorhaben freigegeben,
sondern die Zulässigkeit solcher Vorhaben vielmehr von der Einzelfallprüfung abhängig
gemacht, ob ihnen an einem konkreten Standort öffentliche Belange entgegenstehen.
75
Vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Juni 1991 - 4 C 11.89 -, BauR 1991, 579 = BRS 52 (1992)
Nr. 78 = NuR 1992, 29 = NVwZ-RR 1992, 401 = ZfBR 1991, 279, vom 20. Januar 1984 -
4 C 43.81 -, BVerwGE 68, 311 = BauR 1984, 269 = BRS 42 (1984) Nr. 91 = DÖV 1984,
846 = DVBl. 1984, 627 = NuR 1984, 237 = NVwZ 1984, 367 = UPR 1984, 221 = ZfBR
1984, 200, und vom 22. Mai 1987 - 4 C 57.84 -, BVerwGE 77, 300 = BauR 1987, 651 =
BRS 47 (1987) Nr. 5 = DÖV 1987, 1015 = DVBl. 1987, 1008 = NuR 1989, 125 = NVwZ
1988, 54 = UPR 1987, 427 = ZfBR 1987, 293.
76
Das ist hier der Fall. Es ist zwar nicht davon auszugehen, dass die geplante
Windkraftanlage wegen von ihr ausgehender schädlicher Umwelteinwirkungen im
Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB (dazu 1.) oder wegen einer Beeinträchtigung
der Belange des Natur- und Landschaftsschutzes im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5
BauGB (dazu 2.) bauplanungsrechtlich unzulässig ist. Öffentliche Belange stehen dem
Vorhaben aber nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB deshalb entgegen, weil der Standort
außerhalb der im maßgeblichen Regionalplan dargestellten Windeignungsbereiche
liegt (dazu 3.).
77
1. Es ist nicht davon auszugehen, dass das Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3
BauGB schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann. Ausweislich der von der
Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegten Immissionsprognose überschreiten die von
der geplanten Anlage ausgehenden Beeinträchtigungen durch Schall und Schatten die
Grenzen der Zumutbarkeit entweder nicht oder können jedenfalls durch
78
Betriebseinschränkungen auf ein genehmigungsfähiges Maß begrenzt werden.
Bewohnern des Außenbereichs sind von Windkraftanlagen ausgehende Lärmpegel von
60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts in Anlehnung an die für Mischgebiete nach der
TA Lärm 1998 festgelegten Grenzwerte zuzumuten.
79
Vgl. zuletzt OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2007 - 8 A 2677/06 -, ZNER 2007, 237,
m.w.N.
80
Die im vorliegenden Verfahren von der Klägerin vorsorglich vorgelegte Prognose
berechnet für den der geplanten Anlage nächstgelegenen Immissionsort "Im
Kappenhagen 15" unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlags von 2,5 dB(A)
einschließlich der Vorbelastung eine Gesamtbelastung von 44,9 dB(A). Damit wird der
maßgebliche Immissionsrichtwert auch nachts bei Nennleistungsbetrieb voraussichtlich
nicht überschritten. Unabhängig davon könnten Beeinträchtigungen jedenfalls durch
geeignete Nebenbestimmungen insbesondere hinsichtlich einer Leistungsreduzierung
auf ein immissionsschutzrechtlich zulässiges Maß begrenzt werden. Hierzu ist die
Klägerin auch bereit.
81
Soweit die Prognose in Bezug auf zwei Immissionsorte eine Überschreitung der nach
ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung als zumutbar angesehenen
Beeinträchtigung durch periodischen Schattenschlag von 30 Stunden/Jahr (maximale
jährliche Gesamtbelastung) bzw. 30 Minuten/Tag (maximale tägliche Belastung)
82
- vgl. insoweit OVG NRW, Urteil vom 18. November 2002 - 7 A 2141/00 - und Beschluss
vom 27. Juni 2005 - 7 A 707/04 -; Nds. OVG, Beschluss vom 15. März 2004 - 1 ME 45/02
-, NuR 2005, 262 -
83
berechnet hat, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 24. November 2006 ausdrücklich
erklärt, dass die geplante Windkraftanlage mit einer entsprechenden
Schattenabschaltautomatik versehen werden soll, die auch Gegenstand der
nachfolgend zu beantragenden Genehmigung sein soll.
84
Bei einer Entfernung von - nach den Angaben in der Immissionsprognose - 310 m (Im
Kappenhagen 15) bzw. 323 m (Im Eichengrund 20) zu den nächstgelegenen
Wohngebäuden und einer Gesamthöhe der Anlage von 99,9 m ist auch nicht
anzunehmen, dass sich die Anlage wegen einer von ihr ausgehenden optisch
bedrängenden Wirkung als rücksichtslos darstellt.
85
Vgl. zu den dazu entwickelten Grundsätzen: OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 - 8 A
3726/05 -, NWVBl. 2007, 59 = DVBl. 2006, 1532 = BauR 2007, 74 = ZNER 2006, 361 =
NuR 2007, 415, nachgehend: BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2006 - 4 B 72.06 -
, NVwZ 2007, 336 = ZfBR 2007, 336 = UPR 2007, 150 = BauR 2007, 674; OVG NRW,
Beschluss vom 22. März 2007 - 8 B 2283/06 -, BauR 2007, 1014.
86
Der Abstand zwischen dem Vorhabenstandort und den genannten Wohnhäusern
beträgt mehr als das Dreifache der Anlagenhöhe; die darüber hinaus in den Blick zu
nehmenden Einzelfallumstände sprechen gegen die Annahme, dass die optischen
Wirkungen der geplanten Anlage in einer Weise bedrängend sein werden, die als
Verstoß gegen das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme zu werten wäre.
87
Der Blick von dem nordöstlich gelegenen Wohnhaus Im Eichengrund 20 auf die
geplante Anlage wird schon durch das unmittelbar an das Wohnhaus angrenzende
Waldstück abgeschirmt. Zudem ist aus den beigezogenen Bauakten ersichtlich, dass
die Wohnräume nicht in Richtung des Anlagenstandorts ausgerichtet sind. Der Blick von
dem südlich des Standorts gelegenen Wohnhaus Im Kappenhagen 15 dürfte zwar an
dem dort ebenfalls befindlichen Waldstück vorbeiführen; jedoch verfügt das Haus an
seiner dem Standort zugewandten Seite nicht über Fenster. Lediglich von dem im
Obergeschoss befindlichen Balkon an der Westseite könnte die Anlage seitlich zu
sehen sein.
88
2. Die in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB genannten Belange des Naturschutzes und der
Landschaftspflege stehen dem Vorhaben ebenfalls nicht entgegen.
89
An ihrem ursprünglich erhobenen Einwand, dass der betreffende Bereich wegen seiner
avifaunistischen Bedeutung schützenswert sei, hat die Beklagte in Ansehung der
Stellungnahme der LÖBF NRW vom 23. November 2006 schon in der mündlichen
Verhandlung am 29. November 2006 nicht mehr festgehalten. Anhaltspunkte dafür, dass
die Umgebung des Vorhabenstandorts als Verbundkorridor zwischen dem Rheder Bach
und dem Naturschutzgebiet "Burlo- Vardingholter Venn" insbesondere für
durchziehende Kraniche bedeutsam sei, sind nicht ersichtlich. Das von der Klägerin
eingeholte Gutachten des Landschaftsarchitekten und vereidigten Sachverständigen Dr.
M. ist aufgrund von Begehungen und Kartierungen, die in der Zeit zwischen Dezember
2001 und Juni 2002 stattgefunden haben, zu der Einschätzung gelangt, dass keine
Hinweise auf eine Verbindungsfunktion zwischen dem Rheder Bach und dem Burlo-
Vardingholter Venn bestünden. Es wurden weder Kraniche noch sonstige im Burlo-
Vardingholter Venn anzutreffende geschützte Arten gesichtet. Die insbesondere für
vogelkundliche Begutachtungen sachverständige LÖBF hat das Gutachten des Dr. M.
geprüft und - auch vor dem Hintergrund der dort vorhandenen sonstigen Erkenntnisse -
weder in methodischer Hinsicht noch in Bezug auf das Ergebnis der Untersuchung
Bedenken aufgezeigt.
90
3. Das Vorhaben ist aber mit Blick auf die Darstellungen des maßgeblichen
Gebietsentwicklungsplans planungsrechtlich unzulässig.
91
Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stehen öffentliche Belange der Errichtung von
Windkraftanlagen und anderen Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB in der
Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan
oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Da die
beigeladene Gemeinde keine Vorrangflächen für Windkraftanlagen in ihrem
Flächennutzungsplan ausgewiesen hat, kommt insoweit nur der
Gebietsentwicklungsplan Regierungsbezirk Münster - Teilabschnitt Münsterland, Teil 3:
Eignungsbereiche für erneuerbare Energien/Windkraft, bekannt gemacht am 12.
November 1998, GV.NRW. S. 606 (nachfolgend: GEP), in Betracht. Dieser steht dem
Vorhaben als öffentlicher Belang entgegen, weil die Anlage raumbedeutsam im Sinne
von § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB ist (dazu a) und weil der GEP die in § 35 Abs. 3 Satz 3
BauGB für den Regelfall angeordnete Ausschlusswirkung entfaltet (dazu b).
92
a) Das Vorhaben der Klägerin ist raumbedeutsam im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 2
BauGB.
93
Raumbedeutsam ist ein Vorhaben nach der auch im hier angesprochenen
94
Zusammenhang maßgeblichen Wertung des Bundesgesetzgebers (vgl. § 3 Nr. 6 ROG
in der Fassung des Bau- und Raumordnungsgesetzes - BauROG - vom 18. August 1997
(BGBl. I S. 2008) - ROG 1998 -) u.a. dann, wenn es die räumliche Entwicklung oder
Funktion eines Gebiets beeinflusst. Wann dies bei einer einzelnen Windkraftanlage der
Fall ist, insbesondere bei welcher Größenordnung der Anlage, lässt sich nicht mit einer
für alle Fallkonstellationen identischen Höhenangabe beantworten; die Annahme, eine
Windkraftanlage könne nur dann raumbedeutsam sein, wenn sie eine Gesamthöhe von
über 100 m erreicht, wäre deshalb fehlerhaft, während die umgekehrte Frage, ob eine
Anlage immer dann raumbedeutsam ist, wenn sie eine bestimmte Mindesthöhe
überschreitet, im vorliegenden Fall nicht beantwortet werden muss.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. August 2002 - 4 B 36.02 -, BauR 2003, 837 = BRS 65
Nr. 96, und Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 4.02 -, BVerwGE 118, 33 = NVwZ 2003, 738
= DVBl. 2003, 1064 = BRS 66 Nr. 10 = ZNER 2003, 869 (jeweils betreffend Anlagen
unter 100 m Gesamthöhe); Nds. OVG, Urteil vom 29. April 2004 - 1 LB 28/04 -, BRS 67
Nr. 101 (Anlage unter 100 m Gesamthöhe), und vom 28. März 2006 - 9 LC 226/03 -,
ZfBR 2006, 794 = NdsVBl. 2006, 331 (Anlage jedenfalls ab 100 m Höhe im
norddeutschen Flachland raumbedeutsam).
95
Ob eine Windkraftanlage raumbedeutsam ist, hängt vielmehr von den Umständen des
Einzelfalles ab. Von Bedeutung sind neben der Höhe der Anlage u.a. das Geländeprofil
der Umgebung sowie der Charakter und die - insbesondere durch Ziele der
Raumordnung gesicherte - Funktion der Landschaft, in die die Anlage hineinwirkt. Nach
diesen Maßstäben ist die von der Klägerin geplante Anlage raumbedeutsam. Sie weist
mit 99,9 m eine Höhe auf, die jedenfalls als Indiz für eine Raumbedeutsamkeit gelten
muss.
96
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. September 2006 - 10 A 973/04 -, UPR 2007, 156 =
NWVBl. 2007, 225; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 20. Februar 2003 - 1 A 11406/01 -, NVwZ-
RR 2003, 619.
97
Der Standort liegt inmitten der eher flachen Münsterländer Parklandschaft, so dass die
Anlage von weither zu sehen wäre und dementsprechend weit in die Umgebung
hineinwirken würde.
98
b) Die Festlegung von Windeignungsbereichen im GEP entfaltet die in § 35 Abs. 3 Satz
3 BauGB beschriebene Ausschlusswirkung. Der Senat schließt sich insoweit - auch in
Ansehung der erst im vorliegenden Verfahren zu Tage getretenen tatsächlichen
Erkenntnisse - im Ergebnis der Auffassung der zuvor mit dieser Frage befassten, für
baurechtliche Streitigkeiten zuständigen Senate an.
99
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 28. Januar 2005 - 7 D 35/03.NE -, NWVBl. 2005, 466, und -
7 D 4/03.NE -, juris, Beschluss vom 22. September 2005 - 7 D 21/04.NE -, NWVBl.
2006, 99, und Urteil vom 19. September 2006 - 10 A 973/04 -, a.a.O.
100
aa) Der GEP ist entgegen der Annahme der Klägerin nicht schon deshalb unwirksam,
weil es zum Zeitpunkt seiner Inkraftsetzung an einer ausreichenden
Ermächtigungsgrundlage für die Ausweisung von Eignungsbereichen mit externer
Ausschlusswirkung fehlte. Eine solche gesetzliche Ermächtigung ist erforderlich, wenn
eine raumplanerische Vorgabe Außenwirkung entfalten soll. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB
ist eine solche Ermächtigung allerdings nicht zu entnehmen. Vielmehr bedarf es einer
101
Rechtsgrundlage im jeweiligen Landesrecht.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 4.02 -, a.a.O.; Spannowsky, in:
Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht der
Länder, K § 7 ROG Rn. 101.
102
§ 13 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 LPlG NRW 2005, der die rahmenrechtlichen Vorgaben des § 7
Abs. 4 ROG 1998 umsetzt, ist zwar erst durch Gesetz vom 3. Mai 2005 (GV. NRW. S.
430) in das Landesrecht eingefügt worden. Daraus folgt jedoch nicht, dass es bis zum
Inkrafttreten dieser ausdrücklichen Ermächtigung an einer ausreichenden
Rechtsgrundlage gefehlt hätte. Eine spezielle landesgesetzliche
Ermächtigungsgrundlage ist nämlich nicht erforderlich, wenn sich aus dem übrigen
Landesplanungsrecht hinreichend bestimmt ableiten lässt, dass der Landesgesetzgeber
auch Konzentrationsentscheidungen i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hat zulassen
wollen.
103
Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 4.02 -, a.a.O.
104
Das war auch schon vor Inkrafttreten des § 13 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 LPlG NRW 2005 der
Fall. Denn die Ermächtigung zur Festlegung regionaler Ziele der Raumordnung in den
§§ 11 und 14 Abs. 1 des Landesplanungsgesetzes in der bei Erlass des GEP geltenden
Fassung vom 29. Juni 1994, (GV. NRW. S. 474) erfasst bei sachgerechter Auslegung
auch die Ermächtigung zur Festlegung von Zielen mit negativ-planerischer Funktion.
105
Vgl. Seibert, Abgrabungskonzentrationszonen in Regionalplänen, in: Festschrift für
Ernst Kutscheidt, 2003, S. 373, 378 f.; i.E. ebenso OVG NRW, Urteil vom 19. September
2006 - 10 A 973/04 -, a.a.O.; vgl. hierzu, die Frage in Bezug auf die Darstellung von
Abgrabungsflächen in der Tendenz bejahend, aber letztlich offen lassend: OVG NRW,
Urteil vom 10. Juli 2003 - 20 A 4257/99 -, juris; nachgehend: BVerwG, Beschluss vom
30. Juni 2004 - 7 B 92.03 -, NVwZ 2004, 1240; ebenso für § 12 LPlG Rh.Pf.: OVG Rh.-
Pf., Urteile vom 28. Februar 2002 - 1 A 11629/01 -, BauR 2002, 1053, vom 20.
September 2003 - 1 A 11406/01 -, a.a.O., und vom 24. Juli 2003 - 1 A 10321/02 -, juris;
anders für Art. 17 Bay. LPlG 1997: Bay. VGH, Beschluss vom 5. Februar 2007 - 2 C
06.3305 -, juris, und für § 5 LPlG LSA: OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11. November
2004 - 2 K 144/01 -, ZNER 2004, 370.
106
Den Regelungen des Landesplanungsgesetzes ist nicht zu entnehmen, dass nur
"positive" Festlegungen möglich und zulässig sein sollen. Ein derartiges Verständnis
würde der Steuerungsaufgabe und -funktion des Gebietsentwicklungsplans als
regionalem Flächensicherungskonzept nicht gerecht.
107
Dafür spricht im Weiteren auch, dass die Zulässigkeit einer planerischen Darstellung
bestimmter Flächen für Abgrabungen mit dem Ziel, die Inanspruchnahme anderer
Standorte für Abgrabungen zu verhindern, auch schon vor Inkrafttreten des § 35 Abs. 3
Satz 3 BauGB anerkannt war. Das gilt für entsprechende Darstellungen in einem
Flächennutzungsplan, die als öffentliche Belange einem privilegierten
Außenbereichsvorhaben entgegengesetzt werden können,
108
vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 57.84 -, BVerwGE 77, 300 = Buchholz
406.11 § 5 BBauG Nr. 5,
109
schließt aber entsprechende Darstellungen auf der Ebene der Landes- und
Regionalplanung nicht aus.
110
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. November 1996 - 4 B 170.96 -, Buchholz 442.40 § 8
LuftVG Nr. 13.
111
An dieser Rechtsprechung, die maßgeblich in Bezug auf negativ-planerische
Darstellungen von Abgrabungsbereichen nach nordrhein-westfälischem
Landesplanungsrecht entwickelt worden ist, hat sich der Bundesgesetzgeber bei der
Einführung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB orientiert.
112
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 1998 - 4 B 6.98 -, NVwZ 1998, 960, unter Hinweis
auf BT-Drucks. 13/4978, S. 7.
113
bb) Der hier maßgebliche Gebietsentwicklungsplan entspricht den inhaltlichen
Anforderungen an einen Plan, der sich die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3
BauGB beimisst.
114
§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stellt die Errichtung von Windkraftanlagen (sowie anderer
Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB) im gemeindlichen Außenbereich unter
einen Planungsvorbehalt, der sich an die Gemeinden als Träger der
Flächennutzungsplanung und an die Träger der Raumordnungsplanung, insbesondere
der Regionalplanung richtet. Der Planungsvorbehalt setzt gebietsbezogene
Festlegungen des Plangebers über die Konzentration von Windkraftanlagen an
bestimmten Standorten voraus, durch die zugleich ein Ausschluss der Anlagen an
anderer Stelle im Plangebiet angestrebt und festgeschrieben wird. § 35 Abs. 3 Satz 3
BauGB verleiht derartigen Festlegungen rechtliche Ausschlusswirkung gegenüber dem
Antragsteller mit der Folge, dass Vorhaben außerhalb der Konzentrationszonen in der
Regel unzulässig sind. Die negative und die positive Komponente der festgelegten
Konzentrationszonen bedingen einander. Der Ausschluss der Anlagen auf Teilen des
Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers nur rechtfertigen, wenn der
Plan sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber
konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dem Plan muss daher ein schlüssiges
gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegen, das den allgemeinen
Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots gerecht wird. Die
Abwägung aller beachtlichen Belange muss sich auf die positiv festgelegten und die
ausgeschlossenen Standorte erstrecken. Eine normative Gewichtungsvorgabe, der
zufolge ein Planungsträger der Windkraftnutzung im Sinne einer speziellen
Förderungspflicht bestmöglich Rechnung zu tragen habe, ist der gesetzlichen Regelung
nicht zu entnehmen. Eine gezielte (rein negative) "Verhinderungsplanung" ist dem
Plangeber jedoch verwehrt. Er muss die Entscheidung des Gesetzgebers,
Windkraftanlagen im Außenbereich zu privilegieren (§ 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB),
beachten und für die Windkraftnutzung im Plangebiet in substantieller Weise Raum
schaffen. Eine "Verhinderungsplanung" liegt allerdings nicht schon dann vor, wenn die
Festlegung von Konzentrationsflächen im Ergebnis zu einer Art Kontingentierung der
Anlagenstandorte führt.
115
Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287 = NVwZ
2003, 733 = UPR 2003, 188 = DVBl. 2003, 797 = BRS 65 Nr. 95, vom 13. März 2003 - 4
C 3.02 -, NVwZ 2003, 1261 = ZNER 2003, 245 = BayVBl. 2003, 757, und vom 13. März
2003 - 4 C 4.02 -, a.a.O., sowie Beschluss vom 12. Juli 2006 - 4 B 49.06 -, ZfBR 2006,
116
679.
Dies zugrunde gelegt steht die Darstellung von Windeignungsbereichen im GEP dem
Vorhaben nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegen. Bei der Darstellung der
Eignungsbereiche handelt es sich nach der maßgeblichen Planungsabsicht des
Bezirksplanungsrats um Ziele der Raumordnung und Landesplanung (dazu (1)). Diese
sind auch hinreichend bestimmt festgelegt (dazu (2)). Der Plan leidet weder an
anfänglichen Abwägungsmängeln, die seine Wirksamkeit durchgreifend in Frage stellen
(dazu (3)), noch hat er durch nachfolgende (rechts-)tatsächliche Entwicklungen seine
Steuerungskraft verloren (dazu (4)).
117
(1) Mit der Verwendung des Begriffs "Ziele der Raumordnung" knüpft die erstmals durch
Gesetz vom 30. Juli 1996 (BGBl. I S. 1189) mit Wirkung zum 1. Januar 1997 eingeführte
Raumordnungsklausel in § 35 Abs. 3 Satz 4 BauGB 1997, nunmehr § 35 Abs. 3 Satz 3
BauGB, an die Vorschrift des § 5 Abs. 2 Satz 1 des Raumordnungsgesetzes in der zum
damaligen Zeitpunkt geltenden Fassung vom 28. April 1993 (BGBl. I S. 630) - ROG
1993 - an, wonach Zielen der Raumordnung die Funktion zukommt, räumlich und
sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG 1993
notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Ziele sind danach von bloßen Grundsätzen
der Raumordnung abzugrenzen, denen die in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB beschriebene
Ausschlusswirkung nicht zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht hat Ziele der
Raumordnung als landesplanerische Letztentscheidungen definiert, die auf einer
Abwägung landesplanerischer Interessen und Gesichtspunkte beruhen, auf
landesplanerischer Ebene keiner Ergänzung mehr bedürfen und im mehrstufigen
System räumlicher Gesamtplanung (Landes- und Regionalplanung, Bauleitplanung)
tendenziell auf weitere Konkretisierung in der nachgeordneten Planungsebene angelegt
sind.
118
Vgl. zu § 5 Abs. 2 ROG 1965: BVerwG, Beschluss vom 20. August 1992 - 4 NB 20.91 -,
BVerwGE 90, 329 (334 f.), und Urteil vom 19. Juli 2001 - 4 C 4.00 -, BVerwGE 115, 17 =
NVwZ 2002, 476.
119
Dieses Begriffsverständnis hat der Gesetzgeber bei der gesetzlichen Neuregelung
durch das Bau- und Raumordnungsgesetz (BauROG) 1998 in § 3 Nr. 2 ROG 1998
übernommen. Ziele der Raumordnung sind danach verbindliche Vorgaben in Form von
räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder
Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen
Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des
Raums (vgl. § 3 Nr. 2 ROG 1998). Demgegenüber sind Grundsätze der Raumordnung
allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums (vgl. § 3 Nr.
3 ROG 1998).
120
Ausgehend von diesem Begriffsverständnis sind die im GEP festgelegten
Eignungsbereiche nach dem erkennbaren Regelungswillen des Bezirksplanungsrats
des Regierungsbezirks Münster als Ziele der Raumordnung i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 3
BauGB zu qualifizieren, durch die die Errichtung von Windkraftanlagen an anderer
Stelle im Planungsraum ausgeschlossen werden sollte.
121
Ebenso OVG NRW, Urteile vom 28. Januar 2005 - 7 D 35/03.NE und 7 D 4/03.NE -,
Beschluss vom 22. September 2005 - 7 D 21/04.NE - und Urteil vom 19. September
2006 - 10 A 973/04 -, jeweils a.a.O.
122
Dafür spricht zunächst die Verwendung des Begriffs des Eignungsbereichs. Zwar wurde
der GEP schon am 9. Juni 1997 erlassen, also bevor die Begriffe Vorrang-, Vorbehalts-
und Eignungsbereich in § 7 Abs. 4 ROG 1998 erstmals gesetzlich definiert wurden. Das
Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 einschließlich der betreffenden
Begriffsbestimmungen lag aber während des GEP- Aufstellungsverfahrens bereits im
Entwurf vor; der Regierungsentwurf datiert vom 4. Dezember 1996 (BT-Drucks.
13/6392). Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass der Bezirksplanungsrat den
Begriff des Eignungsbereichs in dem Sinne verstanden hat, wie er dem
Regierungsentwurf des Bau- und Raumordnungsgesetzes 1998 zugrunde lag und wie
er nunmehr im ROG 1998 enthalten ist. Danach haben Vorranggebiete (§ 7 Abs. 4 Satz
1 Nr. 1 ROG 1998) grundsätzlich innergebietlich Zielcharakter und erlangen
außergebietlich Ausschlusswirkung nur nach § 7 Abs. 4 Satz 2 ROG 1998.
Eignungsgebiete entfalten nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ROG 1998 stets außergebietlich
eine Ausschlusswirkung, die als Letztentscheidung mit Zielcharakter einzuordnen ist,
wohingegen der Wortlaut der Vorschrift sich zu der gebietsinternen Verbindlichkeit der
Ausweisung eines Eignungsgebiets nicht verhält. In der Entwurfsbegründung ist
ausgeführt, dass die Eignungsgebiete nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ROG 1998
raumbedeutsame Vorhaben im bauplanungsrechtlichen Außenbereich dadurch steuern
sollen, dass bestimmte Gebiete in einer Region für diese Maßnahmen als geeignet
erklärt werden mit der Folge, dass diese raumbedeutsamen Maßnahmen außerhalb
dieser Gebiete regelmäßig ausgeschlossen sein sollen. Die Positivausweisung von
Vorrang- und Eignungsgebieten hat der Gesetzgeber als "Ziele der Raumordnung"
verstanden wissen wollen.
123
Vgl. BT-Drucks. 13/6392, S. 84.
124
An diesem Begriffsverständnis ist festzuhalten. Die Unbedenklichkeitserklärung eines
Standorts für eine bestimmte Nutzung stellt eine zwar ebenenspezifisch zu verstehende,
aber dennoch verbindliche Zielaussage dar. Die abschließende planerische Abwägung
und Entscheidung zur Konzentration bestimmter Vorhaben im Eignungsgebiet enthält
eine einheitliche positive und negative Zielfestlegung.
125
Ebenso Runkel, DVBl. 1997, 275 (276); Schroeder, UPR 2000, 52 (54);
Bielenberg/Runkel/ Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, K § 7 Rn.
105 und J 630 Anm. 5.5; vgl. ferner Schmidt, Wirkung von Raumordnungszielen auf die
Zulässigkeit privilegierter Außenbereichsvorhaben, 1997, S. 79 f.; Seibert, a.a.O., S.
377.
126
Das schließt nicht aus, dass die positive Zielaussage hinsichtlich der einzelnen
Standorte im Eignungsgebiet noch konkretisierungsfähig ist. Die landesplanerische
Letztentscheidung, dass das Gebiet geeignet ist, wird dadurch aber nicht in Frage
gestellt.
127
Daher ist auch in Ansehung der vor allem im Schrifttum geäußerten Kritik
128
- vgl. etwa Erbguth, DVBl. 1998, 209 (212); Grotefels, in: Festschrift für Hoppe, 2000, S.
369 (380 ff.); Spiecker, BayVBl. 2001, 673 (675); Hendler, UPR 2003, 401; Kirste, DVBl.
2005, 993 (999 ff.), m.w.N.; vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11. November 2004 - 2
K 144/01 - , ZNER 2004, 370 ff. -
129
der regionalplanerischen Darstellung nicht nur von Vorranggebieten mit
außergebietlicher Ausschlusswirkung, sondern auch derjenigen von Eignungsgebieten
die Qualität von Zielen der Raumordnung beizumessen.
130
So auch BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 4.02 -, a.a.O., und Beschluss vom 3.
August 2005 - 4 BN 35.05 -, ZfBR 2006, 50.
131
Unabhängig von der Verwendung des Begriffs des Eignungsbereichs folgt auch aus
den textlichen Darstellungen des GEP, dass die Ausweisung von Eignungsbereichen
vom Plangeber als verbindliche planerische Vorgaben gemeint war. So heißt es in Nr. 1
der textlichen Darstellungen, dass sich die Planung und Errichtung von
Windkraftanlagen zur Verwirklichung der landesplanerisch angestrebten Konzentration
der Raumnutzungen grundsätzlich auf den Flächen zu vollziehen hat, die als Bereiche
für die Nutzung erneuerbarer Energien zeichnerisch dargestellt sind. Die Verwendung
des Wortes "grundsätzlich" steht der Verbindlichkeit der Darstellung nicht entgegen,
denn aus den Regelungen in Nrn. 2 und 3 der textlichen Darstellungen folgt, dass
neben den als Eignungsbereiche dargestellten Flächen nur bestimmte weitere Flächen,
nämlich Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereiche (Nr. 2) sowie Standorte für die
Abfallentsorgung (Nr. 3), in Betracht kommen sollen. Noch deutlicher wird die vom
Plangeber angestrebte Verbindlichkeit in Nrn. 11a und 33 der Erläuterungen, wenn es
dort heißt, dass die Darstellung der Eignungsbereiche bis zu einer Konkretisierung
durch eine kommunale Bauleitplanung "Konzentrationswirkung" entfalte.
132
Gegen die Einordnung der Darstellung der Eignungsbereiche als Ziele der
Raumordnung kann nicht eingewandt werden, dass der Bezirksplanungsrat seine dem
GEP zugrunde gelegte Abwägung nicht i.S.d. § 3 Nr. 2 ROG 1998 als abschließend
abgewogen angesehen hätte. Allerdings würde eine lediglich vorläufige Raumplanung,
die die Entscheidung über die Zulassung von Windkraftanlagen in einem bestimmten
Bereich nicht selbst trifft, sondern auf die gemeindliche Planung verlagert, die
Voraussetzung einer abschließenden raumordnerischen Abwägung nicht erfüllen und
damit auch kein schlüssiges gesamträumliches Konzept darstellen.
133
Zu sog. "weißen" Flächen vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 3.02 -, a.a.O.
134
Das ist indessen nicht der Fall. Derartiges folgt nicht aus Nr. 12 der Erläuterungen,
wonach die Darstellung der Eignungsbereiche lediglich "deren allgemeine
Größenordnung und annähernde räumliche Lage" bestimmt und die konkrete räumliche
Abgrenzung der Bereiche der nachfolgenden gemeindlichen Bauleitplanung sowie der
einzelfallbezogenen Prüfung überlassen bleiben soll. Ebenso wenig spricht für eine
bloß vorläufige Planung, dass der Bezirksplanungsrat einzelne für die
Genehmigungsfähigkeit von Windkraftanlagen in den dargestellten Eignungsbereichen
relevante Aspekte in seine Abwägung bewusst nicht einbezogen hat, wie
Richtfunkstrecken und Leitungen, Lagerstätten, Bodendenkmäler, Immissionsschutz,
Schäden durch Eis- und Blattabwurf sowie Verkehrsinfrastruktur (Bahnlinien,
Wasserstraßen).
135
Vgl. Nr. 6 der Sitzungsvorlage Nr. 11/1997, die Grundlage der Beschlussfassung des
Bezirksplanungsrats am 9. Juni 1997 war ("Hinweise der Verfahrensbeteiligten, die für
nachfolgende Fachverfahren zur Kenntnis genommen wurden").
136
Dass der Plangeber bei seiner planerischen Abwägung bestimmte, (spätestens) im
137
konkreten Genehmigungsverfahren zu prüfende Aspekte ausdrücklich unberücksichtigt
gelassen hat, lässt nicht darauf schließen, dass er seine Entscheidung als nicht
abschließend abgewogen angesehen hätte. Maßgeblich und zwingend in die
Abwägung einzustellen sind nämlich nur die auf der jeweiligen Planungsebene
erkennbar erheblichen Belange. Es entspricht der gesetzlichen Konzeption
übereinander gestufter Planungsebenen, dass der jeweilige Plangeber grundsätzlich
nur die auf seiner Hierarchieebene erheblichen Belange abzuwägen hat.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Juli 2005 - 9 VR 43.04 -, UPR 2005, 390.
138
Wenn die genannten Gesichtspunkte dabei unberücksichtigt geblieben sind, heißt das
nicht, dass die raumplanerische Abwägung unvollständig geblieben ist. Vielmehr
bedeutet dies, dass die betreffenden Aspekte nach Einschätzung der
Bezirksplanungsbehörde auf ihrer Planungsebene nicht von abwägungserheblicher
Bedeutung und den nachfolgenden Planungsebenen bzw. dem
Genehmigungsverfahren zu überlassen waren. Das reicht zur Begründung der
Zielqualität der Darstellungen aus. Davon zu unterscheiden ist die - unter dem Aspekt
möglicher Abwägungsmängel zu untersuchende - Frage, ob die Einschätzung zutraf,
dass die außer Betracht gelassenen Belange auf dieser Planungsstufe nicht
abschließend zu berücksichtigen waren.
139
Gegen die Annahme, dass der Bezirksplanungsrat die dem GEP bei dessen Erlass
zugrunde gelegte Abwägung als abschließend abgewogen i.S.d. § 3 Nr. 2 ROG 1998
ansah, lässt sich auch nicht die Art und Weise anführen, wie die Bezirksregierung als
Bezirksplanungs- und Kommunalaufsichtsbehörde den GEP in der Zeit seit seinem
Inkrafttreten gehandhabt hat. Allerdings kann der Eindruck entstehen, dass die
Festlegung der Eignungsbereiche nur im Außenverhältnis als verbindlich angesehen
wurde, während den Gemeinden für die Flächennutzungsplanung - abweichend von § 1
Abs. 4 BauGB, wonach die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen sind
- ein weiter Spielraum gelassen wurde. Soweit Anträge auf Zulassung von
Zielabweichungen mit dem Ziel gestellt wurden, im GEP dargestellte Eignungsbereiche
nicht in den Flächennutzungsplan übernehmen zu müssen, hatten diese stets Erfolg.
Darüber hinaus hat die Bezirksregierung selbst bei Flächennutzungsplanungen, bei
denen ganze Eignungsbereiche ausgeschieden wurden, weder während der
Aufstellungsphase im Rahmen des sog. Anpassungsverfahrens (jetzt: § 32 LPlG NRW
2005) noch im Genehmigungsverfahren nach § 6 BauGB Anlass gesehen, einen
Verstoß gegen das Anpassungsgebot zu rügen. Diese Umstände stellen aber letztlich
nicht in Frage, dass der Bezirksplanungsrat, auf dessen Planungsabsicht es insoweit
allein ankommt, mit der Ausweisung der Eignungsbereiche im GEP verbindliche Ziele
der Raumordnung festlegen wollte.
140
(2) Die gebietsbezogene Darstellung der Windeignungsbereiche im GEP ist auch
hinreichend bestimmt.
141
Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um einen Regionalplan handelt, der
naturgemäß einen größeren Raum betrifft. Eine parzellenscharfe Ausweisung ist daher
nicht erforderlich. Dem steht nicht entgegen, dass die im Maßstab 1:25.000 erfolgte
zeichnerische Darstellung der Eignungsbereiche nach Nr. 12 der Erläuterungen
lediglich "deren allgemeine Größenordnung und annähernde räumliche Lage" bestimmt
und die konkrete räumliche Abgrenzung der Bereiche der nachfolgenden gemeindlichen
Bauleitplanung überlässt. Ein aus dem groben Maßstab folgender
142
Interpretationsspielraum von mindestens 50 m betrifft angesichts der Großräumigkeit
des Plans nur Flächen in Größenordnungen, die ohnehin einer nachfolgenden, die
Entscheidungen des GEP im Grundsatz akzeptierenden "Feinsteuerung"
- zu diesem Begriff vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 - 4 CN 16.03 -, BVerwGE
120, 138 = ZNER 2004, 169 = NVwZ 2004, 858 -
143
im Rahmen der Flächennutzungsplanung zugänglich sind und zudem schon wegen der
Nähe zu einem ausgewiesenen Eignungsbereich nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eine
einzelfallbezogene Prüfung erforderlich machen.
144
(3) Die Darstellung von Windeignungsbereichen im GEP ist - soweit die planerischer
Entscheidung einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich ist - auch inhaltlich nicht zu
beanstanden.
145
In Anlehnung an die im Bauplanungsrecht entwickelten Grundsätze ist eine Planung
zunächst dann nicht erforderlich und deshalb fehlerhaft, wenn sie keinen
vollzugsfähigen Inhalt hat, weil ihr auf unabsehbare Zeit unüberwindliche rechtliche
oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen. Das Tatbestandsmerkmal der
Erforderlichkeit gilt nicht nur für den Anlass, sondern auch für den Inhalt des Plans und
damit für jede seiner Festsetzungen. Können die für die Verwirklichung des Plans
erforderlichen Genehmigungen wegen Verletzung zwingenden Rechts nicht erteilt
werden, ist der Plan wegen Verstoßes gegen das enthaltene Gebot der Erforderlichkeit
der Planung nichtig.
146
Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 7. Februar 2005
147
- 4 BN 1.05 -, NVwZ 2005, 584, und vom 16. März 2006 - 4 BN 38.05 -, ZfBR 2006, 468
(zum Regionalplan), sowie Urteil vom 12. August 1999 - 4 CN 4.98 -, BVerwGE 109,
246 = NVwZ 2000, 550 = VBlBW 2000, 103 (zum Bebauungsplan).
148
Der Maßstab der Erforderlichkeit stellt in diesem Zusammenhang allerdings nur ein
grobes Raster dar. Die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung sind
hingegen nach den Maßstäben des Abwägungsgebots zu überprüfen.
149
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. März 2006 - 4 BN 38.05 -, a.a.O.; VGH Bad.- Württ.,
Urteil vom 6. November 2006 - 3 S 2115/04 -, NuR 2007, 92 = VBlBW 2007, 178.
150
Insoweit, also hinsichtlich der Anforderungen an die raumplanerischer Abwägung, ist
nach der Überleitungsvorschrift in § 23 ROG 1998 das Raumordnungsgesetz in der vor
dem 18. August 1997 geltenden Fassung maßgeblich, weil mit der Aufstellung des
angegriffenen Gebietsentwicklungsplans bereits vor dem In-Kraft-Treten des BauROG
1998 am 1. Januar 1998 begonnen wurde. Keine Anwendung finden danach die
nunmehr geltenden Regelungen der §§ 7 Abs. 7 ROG 1998 und 14 Abs. 1 LPlG NRW
2005, wonach bei der Aufstellung der Raumordnungspläne nicht nur die Grundsätze der
Raumordnung gegeneinander und untereinander abzuwägen, sondern auch öffentliche
sowie private Belange zu berücksichtigen sind, soweit sie auf der jeweiligen
Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind.
151
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. November 2006 - 4 BN 18.06 -, BauR 2007, 859.
152
Die nunmehr in § 7 Abs. 7 ROG 1998 formulierten Anforderungen normieren aber im
Wesentlichen lediglich die allgemeinen, bereits zuvor in Anlehnung an das
bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot entwickelten Maßstäbe, die zumindest dann
zu beachten sind, wenn eine raumordnerische Zielfestlegung infolge
raumordnungsexterner Regelungen nachteilige rechtliche Wirkungen für die
Rechtsstellung von Privaten zur Folge haben können.
153
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. November 2006 - 4 BN 18.06 -, a.a.O.
154
Danach ist das planungsrechtliche Abwägungsgebot verletzt, wenn eine sachgerechte
Abwägung überhaupt nicht stattfindet. Im Weiteren ist es verletzt, wenn in die Abwägung
an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden
muss. Es ist ferner verletzt, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange
verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen
Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner
Belange außer Verhältnis steht.
155
Soweit Ziele der Raumordnung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB - ohne dass es der
Zwischenebene der gemeindlichen Planung bedürfte - unmittelbar auf die
Vorhabenzulassung im Einzelfall durchschlagen, bedingt dies erhöhte Anforderungen
an die inhaltliche Qualität und Bestimmtheit der Zielaussagen.
156
Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juli 2001 - 4 C 4.00 -, a.a.O., und Beschluss vom 20.
August 1992 - 4 NB 20.91 -, a.a.O.
157
Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um eine Regionalplanung handelt, die in der
Regel nicht detailgenau ist, sondern der örtlichen Bauleitplanung noch Raum für eigene
Abwägungsentscheidungen lässt. Daraus folgt grundsätzlich, dass die
Raumordnungsbehörde ihre Abwägung an mehr oder weniger global und
pauschalierend festgelegten Kriterien ausrichten kann. Je konkreter die
raumordnerische Zielsetzung und je höher ihr Verbindlichkeitsgrad ist, desto mehr
nähern sich die an die raumordnerische Abwägung zu stellenden Anforderungen den für
die Bauleitplanung entwickelten Vorgaben allerdings an.
158
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Juni 2002 - 8 A 480/01 -, NuR 2003, 47.
159
Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt,
wenn sich der Planungsträger in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die
Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen
entscheidet.
160
Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1969 - 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 (309);
vgl. auch Sächs. OVG, Urteil vom 7. April 2005 - 1 D 2/03 -, SächsVBl. 2005, 225 (zu § 6
Abs. 3 Sächs. LPlG).
161
Dies zugrunde gelegt beruht die Darstellung von Windeignungsbereichen im hier
maßgeblichen GEP auf einer rechtlich nicht zu beanstandenden planerischen
Abwägung.
162
(a) Nach den dargelegten Maßstäben kann dem GEP nicht wegen mangelnder
Vollzugsfähigkeit die Erforderlichkeit abgesprochen werden.
163
Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass die Eignungsflächen insgesamt oder
jedenfalls fast vollständig für Zwecke der Windkraftnutzung ungeeignet wären.
164
Der Errichtung von Windkraftanlagen im Plangebiet stehen nicht flächendeckend
unüberwindbare Hindernisse entgegen. Das wird dadurch indiziert, dass tatsächlich in
den GEP-Eignungsbereichen nach den vorliegenden Erkenntnissen ca. 600 Anlagen
errichtet oder wenigstens genehmigt worden sind. Klarstellend ist festzuhalten, dass
sich die sowohl im Parallelverfahren 8 A 3581/04 mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2006
schriftlich vorgetragene als auch von einem Mitarbeiter der Beklagten in der mündlichen
Verhandlung vor dem 10. Senat des erkennenden Gericht am 19. September 2006 im
Verfahren 10 A 973/04 genannte Zahl von schon über 800 errichteten oder jedenfalls
genehmigten Anlagen auf die im gesamten Regierungsbezirk Münster beantragten
Windkraftanlagen bezieht. Wie die Beklagte auf Nachfrage des Senats eingeräumt hat,
schließt die Zahl von 807 Anlagen zunächst 56 Anlagen ein, die sich zwar im
Regierungsbezirk Münster, aber außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des GEP
im Kreis Recklinghausen und in der Stadt Bottrop befinden. Aus dem im Verfahren 8 A
3581/04 eingereichten Datenmaterial, das auch zum Gegenstand des vorliegenden
Verfahrens gemacht worden ist, folgt, dass in der mitgeteilten Gesamtzahl ferner 136
Anlagen an Standorten enthalten sind, die außerhalb der im GEP ausgewiesenen
Windeignungsbereiche liegen. Von der nach Abzug auch dieser Anlagen noch
verbleibenden Zahl von 615 Anlagen sind schließlich diejenigen Vorhaben abzuziehen,
die in dem vorgelegten Datenmaterial berücksichtigt sind, obwohl die
Genehmigungsanträge - zum Teil bestandskräftig - abgelehnt wurden.
165
(b) Das der Abwägung zugrunde gelegte regionalplanerische Grundkonzept ist
schlüssig.
166
Die nach Nrn. 19 ff. der Erläuterungen im planerischen Abwägungsprozess
berücksichtigten Ziele und Kriterien betrafen öffentliche Belange, die nach Lage der
Dinge auf dieser Planungsebene zu berücksichtigen waren, nämlich insbesondere die
landesplanerischen Vorgaben (vgl. Ziel D II 2.4 des Landesentwicklungsplans NRW),
die flächenhaft ermittelten Windpotentiale, die Vorbelastung von Freiräumen durch
infrastrukturelle Eingriffe, die besondere Eignung von weniger strukturierten
Landschaftsteilen (weil diese geringe Rauhigkeit und geringes Konfliktpotential mit
Einzelgehöften aufweisen), die Sicherung von Entwicklungspotentialen für die
Siedlungsentwicklung, der Schutz der Natur, der Schutz größerer geschlossener
Waldbereiche (der Schutz kleinerer Waldflächen blieb nach Nr. 26 der Erläuterungen
den nachfolgenden Planungsstufen vorbehalten), die Erhaltung wertvoller
Biotopstrukturen, die Erhaltung markanter landschaftsprägender Strukturen, die
Einhaltung von Schutzabständen zu Wohnsiedlungsbereichen, zu Richtfunkstrecken, zu
militärischen Einrichtungen und zu den im GEP dargestellten Flugplätzen sowie die
Freihaltung von Abgrabungsbereichen.
167
Es stellt keinen Abwägungsmangel dar, wenn die Schutzabstände zu
Wohnsiedlungsbereichen so großzügig bemessen wurden, dass dem
Vorsorgegedanken (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG) auch mit Blick auf mögliche
zukünftige Entwicklungen Rechnung getragen wurde. Denn es besteht keine
Verpflichtung, der Windkraftnutzung größtmöglichen Raum zur Verfügung zu stellen.
Aus demselben Grund begegnet es keinen Bedenken, dass der Plangeber Flächen
geringerer Windhöffigkeit grundsätzlich nicht berücksichtigt hat, auch wenn der
168
wirtschaftliche Betrieb besonders hoher Anlagen dort möglich sein sollte. Auch die in
einzelnen Fällen auf Wunsch der betroffenen Gemeinden gleichwohl erfolgte Auswahl
von Flächen geringer Windhöffigkeit stellt die Schlüssigkeit des Planungskonzepts nicht
in Frage, wenn - wie hier - gleichwohl ausreichend geeignete Flächen bleiben.
Entsprechendes gilt für die Berücksichtigung von Flächen, deren Bebauung mit
Windkraftanlagen aus Gründen der Luftverkehrssicherheit Restriktionen unterliegen,
weil sie im Umfeld eines Flugplatzes liegen.
Die Rüge, Bereiche hätten nicht deshalb ausgeschieden oder als gering geeignet
angesehen werden dürfen, weil sie nicht vorbelastet seien, bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
Gerade auf regionalplanerischer Ebene waren Belange des Landschaftsschutzes und
der Landschaftsästhetik zu berücksichtigen. Es stellt keine Fehlgewichtung dar, wenn
sich der Plangeber dafür entschieden hat, die ohnehin rar gewordenen Flächen, die
bislang noch von Vorbelastungen frei sind, auch zukünftig vor Beeinträchtigungen zu
schützen.
169
(c) Ein Abwägungsmangel ist nicht darin zu sehen, dass die Belange der potentiellen
Vorhabenträger nicht gesondert berücksichtigt und insbesondere die
Grundstückseigentümer nicht am Verfahren beteiligt worden sind. Zwar gehören die
privaten Belange der Eigentümer zur Windkraftnutzung geeigneter Flächen bei der
Festlegung von (Vorrang-) Gebieten und zugleich Ausschlussflächen, die nach § 35
Abs. 3 Satz 3 BauGB private Grundeigentümer unmittelbar bindet, zu dem in den Blick
zu nehmenden Abwägungsmaterial.
170
Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 4.02 -, a.a.O.
171
Dazu reicht es aber aus, wenn das Interesse der Eigentümer der Grundstücke, die
wegen ihrer Windhöffigkeit überhaupt als potentielle Standorte in Betracht kommen,
unterstellt und typisierend in die Planabwägung eingestellt wird; einer Beteiligung der
Grundstückseigentümer bedarf es dann nicht.
172
Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 4.02 -, a.a.O., OVG Rh.-Pf., Urteil vom 20.
Februar 2003 - 1 A 11406/01 - NVwZ-RR 2003, 619.
173
(d) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Klägerin, die Schlüssigkeit des
Planungskonzepts werde dadurch in Frage gestellt, dass der Bezirksplanungsrat
insbesondere die aus Gründen des Immissionsschutzes gebotenen Schutzabstände zu
im Außenbereich vorhandenen Wohngebäuden unberücksichtigt gelassen und daher in
großem Umfang Flächen ausgewählt habe, die sich auf der nachfolgenden
Planungsebene als ungeeignet erwiesen hätten.
174
Insoweit ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
175
Der Darstellung der Eignungsbereiche liegt eine flächendeckende Untersuchung des
Plangebiets zugrunde (vgl. Nr. 13 der Erläuterungen). Unstreitig sind dabei allerdings
insbesondere etwaige Nutzungskonflikte mit im Außenbereich vorhandenen einzelnen
Wohngebäuden - von wenigen Ausnahmen abgesehen - fast völlig außer Betracht
geblieben. Soweit in Nr. 23 der Erläuterungen von Einzelgehöften die Rede ist, steht
dies in Zusammenhang damit, dass der Plangeber "weniger strukturierte
Landschaftsteile" allgemein als besonders geeignet angesehen hat, weil in der
planerischen Abwägung allgemein unterstellt wurde, dass diese Bereiche geringere
176
Rauhigkeit aufweisen und geringeres "Konfliktpotential mit Einzelgehöften" böten. Auch
aus der bereits erwähnten Sitzungsvorlage Nr. 11/1997, die Grundlage der
Beschlussfassung des Bezirksplanungsrats am 9. Juni 1997 war, folgt, dass die im
Aufstellungsverfahren von einzelnen Trägern öffentlicher Belange - den Staatlichen
Umweltämtern Münster und Herten sowie dem Landesumweltamt - angesprochenen
Probleme des Immissionsschutzes im Zusammenhang mit Einzelgehöften lediglich zur
Kenntnis genommen, aber nicht auf dieser Planungsebene abgewogen wurden,
sondern den nachfolgenden Planungsebenen vorbehalten bleiben sollten.
Nach den Angaben der Beklagten hat die Berücksichtigung des Immissionsschutzes für
Bewohner des Außenbereichs dazu geführt, dass erhebliche Flächenanteile der
Eignungsgebiete in der nachfolgenden gemeindlichen Flächennutzungsplanung nicht
als Konzentrationszonen übernommen wurden. Dies wird durch den Inhalt der im
Berufungsverfahren beigezogenen aufsichtsbehördlichen Genehmigungs- und
regionalplanerischen Zielabweichungsakten bestätigt. Danach beruhen die
Abweichungen der gemeindlichen Konzentrationszonenplanungen von der Darstellung
der GEP- Eignungsbereiche überwiegend auf der Berücksichtigung der aus Gründen
des Immissionsschutzes angesetzten Abstände zu einzelnen Wohngebäuden im
Außenbereich.
177
Die Abweichungen der gemeindlichen von der Regionalplanung betreffen insgesamt
rund die Hälfte der Gesamtfläche aller im GEP dargestellten Eignungsbereiche. Der
Vortrag der Beklagten, die Windeignungsbereiche seien immerhin zu 80 % in den
nachfolgenden Flächennutzungsplänen bestätigt worden, ist demgegenüber irreführend.
Er orientiert sich nicht an den Flächenanteilen, sondern an der Zahl der in der
Flächennutzungsplanung (vollständig) nicht übernommenen Eignungsbereiche. Nur
insoweit trifft es zu, dass insgesamt rund 20 % der 119 Eignungsbereiche nicht in die
Flächennutzungsplanung übernommen worden sind.
178
Stellt man auf die Größe der Flächen ab, ist von Folgendem auszugehen: Von den
23.435 ha, die der GEP als Windeignungsbereiche ausweist, sind nach der
gemeindlichen Flächennutzungsplanung nur 11.121,5 ha, d.h. 47,56 % als
Vorrangbereiche für die Windkraftnutzung übernommen worden. Dies ergibt sich aus
der im Verfahren 8 A 3581/04 übersandten tabellarischen Übersicht der Beklagten vom
17. November 2006, ergänzt um ihre Mitteilung im Schriftsatz vom 8. Juni 2007, wonach
weitere 30,5 ha im Bereich ST 23 (Nordwalde) entfallen, und korrigiert um die
Abweichungen, die sich bei Durchsicht der die Flächennutzungspläne betreffenden
Genehmigungsvorgänge ergeben haben und auf die die Beteiligten mit Verfügung vom
4. Juni 2007 hingewiesen worden sind. Ferner sind die auf den Gemeindegebieten von
Rhede und Recke dargestellten Eignungsbereiche - anders als in der Aufstellung der
Beklagten - umfassend zu berücksichtigen, weil in diesen Gemeinden keine, also auch
keine vom GEP abweichenden Flächennutzungspläne erlassen worden sind.
179
Den beigezogenen Genehmigungsakten der Beklagten, die fast ausnahmslos die
vollständigen Erläuterungsberichte enthalten, ist zu entnehmen, dass die Gemeinden
überwiegend Schutzabstände zu Wohngebäuden von 200 m bis 300 m zugrunde gelegt
haben. Nur vereinzelt wurden Tabuzonen mit größeren Abständen festgelegt, so etwa in
Raesfeld (400 m), Havixbeck (350 m), Rheine (500 m), Sassenberg (500 m) und
Ascheberg (500 m). Soweit nach Anwendung der pauschalierten Schutzabstände nur
noch bestimmte (flächenmäßig stark reduzierte) Standorte für Windkraftanlagen "übrig
blieben", wurden diese ebenfalls nicht als Konzentrationszone ausgewiesen.
180
Aufgrund der unter Beteiligung des Regionalrats seit 2005 in Bezug auf Ascheberg
(COE 15, COE 17, COE 18, COE 57), Dülmen (COE 09, COE 10, COE 11), Billerbeck
(COE 02, COE 51), Ibbenbüren (ST 08, ST 55), Nottuln (COE 02, COE 05, COE 08) und
Borken (BOR 21, BOR 22, BOR 27) durchgeführten Zielabweichungsverfahren (vgl. §
24 LPlG NRW 2005) sind 2.998 ha bzw. 12,9 % der ausgewiesenen
Windeignungsflächen einer Nutzung für Windkraftanlagen entzogen worden.
181
Neben Flächen, die Abstände zu kleineren Waldflächen oder Freileitungen
berücksichtigen, sind ferner auch Flächen in einer Größenordnung von ca. 1.445 ha
nicht als Konzentrationszonen in der Flächennutzungsplanung ausgewiesen worden,
die - worauf die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 29.
November 2006 hingewiesen haben - in der Nähe von militärischen oder zivilen
Flugplätzen liegen und für die deshalb aus Gründen der Flugsicherheit
Bauhöhenbeschränkungen gelten.
182
Ausgehend von diesen Feststellungen weist der GEP keine Abwägungsfehler auf. Der
Umstand, dass die im Regionalplan dargestellten Eignungsgebiete für die
Windkraftnutzung im Rahmen der Flächennutzungsplanung lediglich etwa zur Hälfte als
Konzentrationszonen ausgewiesen worden sind, indiziert weder, dass der Plangeber
abwägungserhebliche Belange außer Betracht gelassen hat, noch dass seine
Abwägung auf fehlerhaften Sachverhaltsannahmen beruht.
183
Der Regionalrat war auf der Ebene des Gebietsentwicklungsplans nicht gehalten, die
konkreten Auswirkungen der im Planungsraum möglicherweise entstehenden Anlagen
abschließend - gleichsam vorhabenbezogen - zu untersuchen. Denn zu berücksichtigen
waren nur die tatsächlichen Umstände, die - auch schon auf der Ebene der
Regionalplanung - für die Beurteilung der Geeignetheit von Flächen als
Konzentrationszonen für Windkraftnutzung von erkennbar maßgeblicher Bedeutung
waren.
184
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. August 2005 - 4 BN 35.05 -, a.a.O.
185
Die Regionalplanung hat dabei nicht die Aufgabe, die Vorhabenzulassung
gewissermaßen fallgenau vorwegzunehmen, sondern beschränkt sich auf die
Abgrenzung von Bereichen in einer allgemeinen Größenordnung und annähernden
räumlichen Lage, während die konkrete Umsetzung der planerischen Entscheidung auf
Gemeindeebene sowie der Vorhabenzulassung vorbehalten ist.
186
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 28. Januar 2005 - 7 D 35/03.NE -, a.a.O., und vom 19.
September 2006 - 10 A 973/04 -, a.a.O.
187
Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
188
Bei der Bestimmung der rechtlichen Anforderungen an die Abwägungsintensität, also
bei Beantwortung der Frage, in welchem Umfang und mit welchem
Konkretisierungsgrad die Belange planerisch bewältigt sein müssen, ist zu
berücksichtigen, dass es sich hier um regionalplanerisch festgelegte Planungsziele
handelt. Das Bundesverwaltungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus,
dass Ziele der Raumordnung den Gemeinden noch Spielräume für eigene planerische
Aktivitäten belassen dürfen. Ziele der Raumordnung schaffen in Bezug auf die örtliche
189
Planung Rahmenbedingungen. Tendenziell sind sie auf weitere Konkretisierung
angelegt. Die landesplanerische Letztentscheidung beruht auf einem Ausgleich
spezifisch landesplanerischer Konflikte und auf einer Abwägung landesplanerischer
Gesichtspunkte. Sie bieten Lösungen, die auf landesplanerischer Ebene keiner
Ergänzung mehr bedürfen, auf der nachgeordneten Planungsstufe der Bauleitplanung
jedoch grundsätzlich noch einer Verfeinerung und Ausdifferenzierung zugänglich sind.
Wie groß der Spielraum ist, der der Gemeinde für eigene planerische Aktivitäten
verbleibt, hängt vom jeweiligen Konkretisierungsgrad der Zielaussage ab. Je nachdem,
ob ein Ziel eine eher geringe inhaltliche Dichte aufweist, die Raum für eine Mehrzahl
von Handlungsalternativen lässt, oder durch eine hohe Aussageschärfe gekennzeichnet
ist, die der Bauleitplanung enge Grenzen setzt, entfaltet es schwächere oder stärkere
Rechtswirkungen.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. August 1992
190
- 4 NB 20.91 -, a.a.O.
191
Macht der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch
seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert,
wird damit nicht ohne weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle
verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selbst zu bestimmen, wie weit die
Steuerungswirkung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung
beanspruchen. Auch Plansätze, die eine Regel- Ausnahme-Struktur aufweisen, können
die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG 1998 oder
einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer "abschließenden
landesplanerischen Abwägung" erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch
die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder
doch wenigstens Bestimmbarkeit (vgl. § 3 Nr. 2 ROG 1998) selbst festlegt. In einem
solchen Fall handelt es sich um verbindliche Aussagen, die nach Maßgabe ihrer -
beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter
Planungsträger entzogen sind.
192
Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. September 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ
2004, 226 = DVBl. 2004, 251.
193
Es reicht daher aus, dass der Plangeber des Regionalplans unter raumstrukturellen und
raumfunktionellen Aspekten eine Letztentscheidung trifft, in die alle insoweit relevanten
Belange eingeflossen sind. Das entspricht der Zielqualität der raumordnerischen
Darstellung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie auf einer abschließenden
Abwägung beruht, so dass die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner
Ergänzung mehr bedarf. Die Berücksichtigung sonstiger, insbesondere städtebaulicher
Belange darf hingegen den Gemeinden überlassen werden. Im Hinblick auf die
Anforderungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB muss allerdings - wie ausgeführt - auf der
Ebene des Regionalplans sichergestellt sein, dass sich die hier in Rede stehenden
Vorhaben in den Eignungsbereichen gegenüber konkurrierenden Nutzungen
durchsetzen (vgl. im Einzelnen oben unter II. 3. b) bb))
194
Zu den städtebaulichen Belangen, die eine Gemeinde berechtigen können, auf der
Ebene des Flächennutzungs- oder Bebauungsplans die Vorgaben eines
Eignungsgebiets zu konkretisieren und ggf. das Gebiet zu verkleinern, gehören auch
immissionsschutzrechtliche Anforderungen an ein gesundes Wohnen (vgl. § 1 Abs. 6
195
Nr. 1 und Nr. 7 Buchst. c und e BauGB). Der Regionalplan kann daher die Festlegung
von immissionsschutzrechtlich erforderlichen Schutzabständen zu Einzelgehöften der
kommunalen Planungsebene überlassen.
Entsprechendes gilt hinsichtlich der aus Gründen der Luftverkehrssicherheit zu
beachtenden Bauhöhenbeschränkungen im Umfeld von Flugplätzen. Die Entscheidung
über etwaige Höhenbegrenzungen für die in einer Windkraftkonzentrationszone zu
errichtenden Anlagen findet ebenfalls erst auf der gemeindlichen Planungsebene statt,
weil dabei auch städtebauliche Belange in den Blick zu nehmen sind. Da die
Entscheidung über Höhenbeschränkungen sachgerecht nur einheitlich getroffen werden
kann, darf die planerische Letztentscheidung über die Ausweisung von
Eignungsflächen, für die zur Gewährleistung der Luftverkehrssicherheit
Höhenbeschränkungen gelten, den betreffenden Gemeinden überlassen werden.
196
Soweit bestimmte Gesichtspunkte von der regionalplanerischen Abwägung
ausgenommen wurden, sind die Gemeinden berechtigt, aber auch verpflichtet, diesen
auf kommunaler Planungsebene Rechnung zu tragen.
197
Ist bereits auf der Ebene der Regionalplanung objektiv absehbar, dass auf der
nachfolgenden Planungsebene unter Berücksichtigung der von den Gemeinden noch
zu berücksichtigenden städtebaulichen Belange mit erheblichen Reduzierungen der der
Windkraftnutzung zur Verfügung stehenden Flächen zu rechnen ist, kommt es darauf an,
ob dieser Umstand in die regionalplanerische Abwägung bereits eingestellt worden ist,
ob die im Regionalplan dargestellten Eignungsbereiche so großzügig bemessen sind,
dass den Planungszielen auch nach dem - auf Regionalplanebene mitgedachten -
Wegfall von Flächenanteilen noch hinreichend Rechnung getragen wird und ob der
Windkraft danach noch substantieller Raum verbleibt.
198
Diesen Anforderungen genügt die planerische Abwägung des Bezirksplanungsrats.
199
Zunächst ist festzuhalten, dass der Plangeber im Hinblick auf die weitere Planung und
Konkretisierung auf kommunaler Ebene ausreichend dimensionierte Eignungsgebiete
für die Windkraftnutzung schaffen wollte. Dies ergibt sich etwa aus der
"Sachdarstellung", die dem Schreiben der Bezirksregierung Münster vom 14. Januar
1997 an die Gemeinden beigefügt war. Dort heißt es wörtlich: "Innerhalb der im GEP
dargestellten Bereiche für die Eignung von Windkraftanlagen können dann die Städte
und Gemeinden auf Ebene der vorbereitenden Bauplanung 'Konzentrationszonen für
Windkraftanlagen' ausweisen und die Baugenehmigungsbehörden beantragte
Vorhaben zulassen."
200
Dem entspricht die Erläuterung Nr. 12 zum GEP: "Die zeichnerische Darstellung der
Eignungsbereiche für erneuerbare Energien im Gebietsentwicklungsplan bestimmt
lediglich deren allgemeine Größenordnung und annähernde räumliche Lage. Die
konkrete räumliche Abgrenzung der Bereiche muss unter Berücksichtigung der
zeichnerischen und textlichen Darstellungen des Gebietsentwicklungsplanes im
Rahmen der Bauleitplanung sowie im Einzelfall festgelegt werden." Ferner hat die
Bezirksplanungsbehörde in den Erörterungsterminen mit den Gemeinden darauf
hingewiesen, dass die Dimensionierung der Eignungsbereiche so gefasst sei, dass den
Kommunen noch ein ausreichender Spielraum für ihre kommunale Bauleitplanung
bleibe.
201
Die Aufstellungsvorgänge bieten auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der
Bezirksplanungsrat die immissionsschutzrechtliche Problematik übersehen oder ihre
Abwägungserheblichkeit verkannt hätte. Da das Münsterland durch einen gewissen
Grad an Zersiedlung, vor allem aber durch zahlreiche, zum Teil geradezu malerisch in
der Landschaft gelegene Einzelgehöfte in besonderer Weise geprägt ist, war allerdings -
schon auf der Ebene der Regionalplanung - objektiv erkennbar, dass die aus Gründen
des Immissionsschutzes einzuhaltenden Abstände zwischen Windkraftanlagen und im
Außenbereich befindlichen Wohngebäuden spätestens in konkreten
Genehmigungsverfahren noch eingehend zu prüfen sein würden. Die damit in
Zusammenhang stehenden Probleme hat der Bezirksplanungsrat ausdrücklich zur
Kenntnis genommen, ihre Bewältigung aber den nachfolgenden
Baugenehmigungsverfahren bzw. den entsprechenden Planungsträgern überlassen.
Das gilt ausdrücklich auch für die luftverkehrsrechtlichen Bauhöhenbeschränkungen.
202
Der Einschätzung, dass der Wegfall durchaus ausgedehnter Flächen vornehmlich aus
Gründen des Immissionsschutzes bei der regionalplanerischen Abwägung bereits
"mitgedacht" war, steht die Erläuterung Nr. 15 des GEP nicht entgegen. Allerdings heißt
es dort:
203
"Die zeichnerische Darstellung der Deckblätter umfasst 119 Eignungsbereiche für
erneuerbare Energien/Windkraft mit einer Gesamtfläche von ca. 23.500 ha. Die
durchschnittliche Flächengröße der dargestellten Eignungsbereiche beträgt fast 200 ha.
Bei einem durchschnittlichen Flächenbedarf von 20 ha für eine Windkraftanlage der 1,5
MW-Klasse reicht das Flächenangebot der Eignungsbereiche rechnerisch für ca. 1.200
Anlagen dieser modernen Größenklasse. Demnach könnten im Münsterland bis zu
1.800 MW elektrischer Leistung durch Windräder installiert werden. Dies entspricht der
Leistung von 2,3 modernen Kohlekraftwerksblöcken. Damit wird auch der
landespolitischen Zielsetzung Rechnung getragen, wonach in den nächsten zehn
Jahren eine Windenergieleistung von mind. 1.000 Mega-Watt in Nordrhein-Westfalen
ermöglicht werden soll."
204
Die zitierte Passage könnte zwar den Eindruck erwecken, als ginge der Plangeber
davon aus, dass die gesamte Fläche der ausgewiesenen Eignungsbereiche faktisch für
die Nutzung der Windkraft zur Verfügung stehen würde. Bei sachgerechter Auslegung
wird aber deutlich, dass die zitierte Formulierung nicht so gemeint gewesen sein kann.
205
Dafür spricht zunächst die Verwendung des Wortes "rechnerisch". Bei den genannten
1.200 Anlagen handelt es danach nicht einmal um eine "theoretisch" erreichbare
Größenordnung; ausgewiesen wird lediglich eine rechnerische Größe ohne jeden
Hinweis auf Realisierungschancen. Diese rechnerische Größe wird nochmals
umgerechnet in elektrische Leistung (1.800 MW), wobei der Konjunktiv ("könnten")
verwendet wird. Die so gewonnene rechnerische Größe soll offenbar lediglich
veranschaulichen, wie groß die potentiell zur Verfügung stehende Fläche der
Eignungsbereiche ist. Ohne eine solche "Umrechnung" könnte sich kaum jemand
vorstellen, um welche Größenordnung es bei den ausgewiesenen Eignungsflächen
überhaupt geht. Die Umsetzungs- und Realisierungschancen sind damit jedoch noch
nicht thematisiert. Dass es sich um ein Rechenbeispiel zur Veranschaulichung der
Größe der Fläche handelt, wird auch deutlich bei der Gegenüberstellung mit dem Ziel
der Landesregierung, "mindestens 1.000 Mega-Watt in Nordrhein-Westfalen durch
Windenergieleistung zu erreichen". Es ist weder erkennbar, dass mit der Rechengröße
"1.800 MW " allein das Münsterland die landesplanerische Zielsetzung für das ganze
206
Land Nordrhein-Westfalen erfüllen soll und will, noch dass das Münsterland das
Plansoll sogar um das 1,8-fache übererfüllen will.
Auch der inhaltliche Zusammenhang mit den sonstigen textlichen Darstellungen und
Erläuterungen des GEP kann bei der Würdigung der Erläuterung Nr. 15 nicht außer
Betracht bleiben. Insoweit ist wiederum die Erläuterung Nr. 12 anzuführen, wonach die
Darstellung der Eignungsbereiche lediglich "deren allgemeine Größenordnung und
annähernde räumliche Lage" bestimmt und die konkrete räumliche Abgrenzung der
Bereiche der nachfolgenden gemeindlichen Bauleitplanung sowie der
einzelfallbezogenen Prüfung überlassen bleiben soll. Darüber hinaus machen die
Erläuterungen Nrn. 19 ff. die - spezifisch - regionalplanerischen Ziele und Kriterien für
den Abwägungsprozess deutlich. Aus ihnen ergibt sich, dass bewusst bestimmte
Flächen in die Eignungsbereiche einbezogen wurden, die auf kommunaler
Planungsebene konkretisiert und "ausgeschlossen" werden sollen, so dass faktisch
also gerade nicht die gesamte (Eignungs-) Fläche für die Windkraftnutzung zur
Verfügung stehen wird. So ist etwa der Schutz lediglich der "größeren" geschlossenen
Waldbereiche berücksichtigt worden. Soweit im Einzelfall kleinere Waldbereiche von
Eignungsbereichen überlagert werden, sollen diese erst in den nachfolgenden
Planungsstufen gesichert werden (Erläuterung Nr. 26). Die Erläuterung Nr. 29 weist aus,
dass "die notwendigen Schutzabstände zu Wohnsiedlungsbereichen, zu kleinen
Ortslagen im Freiraum, zu regionalbedeutsamen Sichtachsen ..." berücksichtigt worden
sind, nicht jedoch Schutzabstände zu Einzelgehöften. Dem entsprechen die in den
Aufstellungsmaterialien des GEP enthaltenen Arbeitsunterlagen, in denen Einzelhöfe
nur vereinzelt erwähnt worden sind, so z.B. bei den Gebieten ST 24, COE 02, COE 05,
WAF 99, WAF 15 oder WAF 114 ("wenig Bebauung").
207
Ausgehend von diesem Verständnis der Erläuterung Nr. 15 zum GEP gibt es keinen
hinreichenden Grund für die Annahme, die Grundkonzeption der Planung sei dadurch in
Frage gestellt worden, dass im Ergebnis nur ca. 48 % der Eignungsflächen des GEP
auch in den gemeindlichen Flächennutzungsplänen ausgewiesen sind. Da der
Bezirksplanungsrat insbesondere den immissionsschutzbedingten Wegfall von Flächen,
der sich auf die abweichende Flächennutzungsplanung am stärksten ausgewirkt hat,
von vornherein bei seiner Abwägung "mitgedacht" hat, ist nicht anzunehmen, dass er
sein Planungskonzept geändert oder jedenfalls in Frage gestellt hätte, wenn ihm die
genauen flächenmäßigen Auswirkungen der Berücksichtigung von
Außenbereichswohnnutzungen bereits damals bekannt gewesen wären. Das gilt erst
recht für die quantitativ weniger bedeutsamen Gesichtspunkte beispielsweise der
Luftsicherheit oder des Schutzes kleinerer Waldstücke.
208
Es kann ferner nicht zweifelhaft sein, dass der Windkraftnutzung mit der vorliegenden
Planung substantieller Raum eingeräumt worden ist. Auch nachdem etwa die Hälfte der
im GEP dargestellten Eignungsflächen in der zwischenzeitlich nahezu
abgeschlossenen gemeindlichen Vorrangzonenplanung nicht bestätigt worden ist, sind
immerhin rund 1,9 % der Gesamtfläche im Münsterland als Konzentrationszonen für
Windkraft in Flächennutzungsplänen ausgewiesen, nämlich über 111 km2 von 5.936,5
km2.
209
Von einer Verhinderungsplanung kann bei dieser Sachlage keine Rede sein. Selbst
wesentlich geringere Flächenanteile sind in der Rechtsprechung als ausreichend
angesehen worden.
210
Vgl. insoweit etwa BVerwG, Beschlüsse vom 16. März 2006 - 4 BN 38.05 -, ZfBR 2006,
468 (0,1 %) und vom 28. November 2005 - 4 B 66.05 -, DVBl. 2006, 459 = NVwZ 2006,
339 (0,15 %); OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 5. Juli 2006 - 2 R 154/06 -, juris
(0,58 % des Plangebiets), unter Hinweis auf OVG Rh.-Pf., Urteil vom 8. März 2004 - 8 A
11520/03 -, NuR 2004, 465 (0,49 % des Plangebiets), Sächs. OVG, Urteil vom 7. April
2005 - 1 D 2/03 -, SächsVBl. 2005, 225 (0,25 %); VGH Bad.- Württ., Urteil vom 9. Juni
2005 - 3 S 1545/04 -, NuR 2006, 371 = ZUR 2006, 152 (0,1 %).
211
(4) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Darstellung von
Windeignungsbereichen im GEP nicht funktionslos und dadurch unwirksam geworden.
Der Plan hat seine Bindungswirkung nicht infolge der vom Bezirksplanungsrat
genehmigten bzw. gebilligten Abweichungen der gemeindlichen
Konzentrationszonenplanung verloren.
212
In Anlehnung an die im Bauplanungsrecht entwickelten Grundsätze beruht die
Funktionslosigkeit einer planerischen Festsetzung grundsätzlich auf einer tatsächlichen
Entwicklung, die der Realisierung der ursprünglichen Zielsetzung nunmehr
entgegensteht. Eine (bau-)planerische Festsetzung tritt - ohne dass es einer förmlichen
oder ausdrücklichen Aufhebung bedürfte - außer Kraft, wenn und soweit die
Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand
erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit
offenkundig ausschließt. Dabei kommt es allerdings nicht auf die Verhältnisse auf
einzelnen Grundstücken an. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so
massiv und so offenkundig abweichen, dass der Plan seine Gestaltungsfunktion
unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein.
213
Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 1977 - 4 C 39.75 -, BVerwGE 54, 5 = NJW 1977, 2325,
Beschluss vom 24. April 1998 - 4 B 46.98 -, NVwZ 1998, 711, m.w.N., Urteil vom 24.
September 2003 - 9 A 69.02 -, BauR 2004, 295 = NVwZ 2004, 295 = DVBl. 2004, 380,
und Urteil vom 9. Oktober 2003 - 4 B 85.03 -, BauR 2004, 1128 = BRS 66 Nr. 52, m.w.N.
214
Diese für die Bauleitplanung entwickelten Grundsätze sind in Bezug auf Ziele der
Raumordnung entsprechend heranzuziehen. Auch Ziele der Raumordnung können
funktionslos und damit unwirksam werden, wenn die Verhältnisse, auf die der Plan sich
bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine
Verwirklichung des Ziels auf unabsehbare Zeit ausschließt und wenn diese Tatsache so
offenkundig ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient.
215
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 2005 - 4 BN 1.05 -, a.a.O.
216
Allerdings genügt es nicht schon, wenn über längere Zeit von dem Plan abgewichen
worden ist und inzwischen Verhältnisse entstanden sind, die den Zielen des Plans nicht
entsprechen. Funktionslosigkeit im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung ist
vielmehr erst dann anzunehmen, wenn der Plan angesichts der inzwischen
eingetretenen Verhältnisse für den Bereich schlechterdings nicht mehr aufgestellt
werden könnte.
217
Vgl. Runkel, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und
Landesplanungsrecht der Länder, K § 3 Rn. 151, 153, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil
vom 3. August 1990 - 7 C 41-43.89 -, BVerwGE 85, 273 = NJW 1991, 310.
218
Ist ein Ziel der Raumordnung aufgrund tatsächlicher Veränderungen obsolet geworden,
erfordert diese Sachlage eine Planänderung oder eine Neuaufstellung des Plans. Für
eine Zielabweichung ist in diesem Fall kein Raum.
219
Vgl. Schmitz, in: Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und
Landesplanungsrecht der Länder, K § 11 Rn. 7 und 52.
220
Davon ausgehend ist die Darstellung von Windeignungsbereichen im GEP nicht
aufgrund tatsächlicher Veränderungen funktionslos geworden. Die vorliegenden
Plangenehmigungs- und Zielabweichungsakten bieten keine Anhaltspunkte für die
Annahme, dass die Abweichungen zwischen den im GEP dargestellten
Windeignungsbereichen und den in den Flächennutzungsplänen dargestellten
Konzentrationszonen durch Veränderungen der tatsächlichen Nutzung in den
betreffenden Bereichen, insbesondere durch nachträglich entstandene Wohngebäude,
Wälder und Infrastruktureinrichtungen oder durch nachträglich dort angesiedelte
schützenswerte Tier- oder Pflanzenarten ausgelöst worden wären. Sowohl die relative
Kürze des seit Erlass des GEP vergangenen Zeitraums als auch die grundsätzliche
bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit von reinen Wohnbauvorhaben im Außenbereich
(vgl. § 35 Abs. 1 BauGB) sprechen im Übrigen gegen die Annahme, dass die im
Außenbereich vorhandene Wohnnutzung, die der Umsetzung der Windkraftplanung im
Wesentlichen entgegensteht, erst in jüngster Zeit entstanden wäre.
221
Offen bleiben kann, ob ein Plan auch anders als durch tatsächliche Veränderungen
seine Steuerungskraft verlieren kann, nämlich insbesondere durch Abweichungen, die
zugelassen wurden, obwohl dadurch die Grundzüge der ursprünglichen Planung
tangiert werden.
222
Vgl. Hess. VGH, Urteil vom 3. November 2005
223
- 4 N 177/05 -, NVwZ-RR 2006, 670; OVG NRW, Urteil vom 19. September 2006 - 10 A
973/04 -, a.a.O.
224
Dafür könnte sprechen, dass der Plangeber bei späteren Änderungsentscheidungen
über den Wegfall einzelner Flächen gehalten sein kann, in eine erneute
Gesamtabwägung einzutreten.
225
Zur Erforderlichkeit einer erneuten Gesamtabwägung vgl. OVG NRW, Urteil vom 19.
Juni 2007
226
- 8 A 2677/06 -, a.a.O.; Nds. OVG, Urteil vom 24. März 2003 - 1 LB 3571/01 -, ZNER
2003, 344 = BRS 66 Nr. 14; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 2. Februar 2005 - 8 A 1177/04 -,
NVwZ-RR 2005, 647.
227
Die vom Bezirksplanungsrat im Rahmen von Zielabweichungsverfahren (§ 24 LPlG
NRW 2005) zugelassenen und von der Beklagten im Rahmen des
landesplanungsrechtlichen Anpassungsverfahrens (§ 32 LPlG NRW 2005) sowie im
Genehmigungsverfahren nach § 6 BauGB gebilligten Abweichungen zwischen dem
Zuschnitt der GEP-Eignungsbereiche und den flächennutzungsplanmäßigen
Konzentrationszonen sind indessen nicht als nachträgliche, eine erneute
Gesamtabwägung erfordernde Eingriffe in das ursprüngliche regionalplanerische
Planungskonzept zu werten; sie stellen - zumindest in der Mehrzahl - keine
228
Abweichungen i.S.d. § 24 LPlG NRW 2005 dar. War nämlich die Bewältigung der im
bauplanungsrechtlichen Außenbereich auftretenden Immissionsschutzprobleme nicht
Gegenstand der regionalplanerischen Abwägung, sondern ausdrücklich den
Gemeinden überlassen, steht eine Verkleinerung einer Eignungsfläche, die der
Gewährleistung des Immissionsschutzes dient, von vornherein nicht im Widerspruch zu
den Vorgaben der Regionalplanung, wenn und soweit sie sich innerhalb des Rahmens
bewegen, den der Bezirksplanungsrat den Gemeinden eröffnet hat. Das ist in Bezug auf
die Abstände, die zur Vermeidung unzumutbarer Beeinträchtigungen durch Schall und
Schattenwurf sowie optisch bedrängender Wirkungen erforderlich sind, der Fall.
Entsprechendes gilt für den auf der Ebene der Regionalplanung bewusst außer Betracht
gelassenen Schutz kleinerer Waldstücke und die Sicherheitsbelange der im Plangebiet
gelegenen Flugplätze. Ausgehend von dem durch die ausgewerteten Genehmigungs-
und Zielabweichungsakten bestätigten und von der Klägerin nicht bezweifelten
Vorbringen der Beklagten, dass die festgestellten Flächenreduzierungen ganz
wesentlich auf der Berücksichtigung von Immissionsschutzabständen beruhen, ist die
Steuerungskraft des Regionalplans trotz der Größe der in der gemeindlichen
Konzentrationszonenplanung ausgeschiedenen Flächen unberührt geblieben.
Dabei kann offen bleiben, ob sich die Gemeinden auf die Berücksichtigung von nach §
35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB gebotenen Schutzabständen beschränken müssen oder
darüber hinaus auch Vorsorgeaspekte einbeziehen dürfen. Ebenfalls keiner
Entscheidung bedarf, ob der Ansatz pauschaler Vorsorgeabstände von 500 m zu
Wohngebäuden im Außenbereich - wie in wenigen Gemeinden geschehen - mit dem
Anpassungsgebot nach § 1 Abs. 4 BauGB zu vereinbaren ist.
229
Vgl. dies verneinend: OVG NRW, Urteil vom 28. Januar 2005 - 7 D 35/03.NE -, a.a.O.
230
Denn die Gemeinden haben ganz überwiegend Schutzabstände zu Wohngebäuden
von (nur) 200 bis 300 m zugrunde gelegt, die nach den Erfahrungen des Senats im
Hinblick auf die Schallemissionen von Windfarmen nicht überhöht sind. Wie bereits
erwähnt wurden nur vereinzelt Tabuzonen über größere Abstände festgelegt. Der
Umstand, dass die darin möglicherweise zu sehenden Abweichungen von den
Vorgaben des GEP nach § 24 LPlG NRW 2005 zugelassen worden sind, gibt keinen
Anlass zu der Annahme, dass der Plangeber von seinem ursprünglichen
Planungskonzept stillschweigend in einem Ausmaß abgerückt wäre, das die
Steuerungskraft der Planung in Frage stellen könnte.
231
cc) Ein Ausnahmefall, in dem öffentliche Belange abweichend von dem in § 35 Abs. 3
Satz 3 BauGB vorausgesetzten Regelfall dem Vorhaben nicht entgegenstehen, liegt
nicht vor. Für eine Abweichung von der Regel des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ist nur
Raum, wenn sie die planerische Konzeption nicht in Frage stellt.
232
Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 -, a.a.O.
233
Das ist hier nicht der Fall.
234
Der in Rede stehende Standort befindet sich in der Nähe der im
Planaufstellungsverfahren in den Blick genommenen und ursprünglich vorgesehenen
Osterweiterung des Eignungsbereichs BOR 20, die in der ministeriellen Genehmigung
des GEP vom 16. September 1998 jedoch ausdrücklich ausgenommen worden ist. Ein
Ausnahmefall liegt nicht deshalb vor, weil diese planerische Abwägung auf der
235
Annahme beruhte, dass der Bereich eine avifaunistisch schützenswerte
Verbindungsfunktion zwischen dem nördlich gelegenen Naturschutzgebiet und dem
Rheder Bach habe, was indessen nach den im vorliegenden Verfahren bekannt
gewordenen sachverständigen Stellungnahmen tatsächlich nicht feststellbar ist. Darauf
kommt es aber nicht entscheidend an. Denn die letztlich beschlossene Begrenzung des
Bereichs BOR 20 ist darüber hinaus auch damit begründet worden, dass eine
bandartige Struktur von Windkraftanlagen zwischen den benachbarten
Windeignungsbereichen BOR 20 und BOR 21 vermieden werden solle. Dieser Belang
greift weiterhin durch, auch wenn der 359 ha umfassende Bereich BOR 21 aufgrund
eines Zielabweichungsverfahrens zwischenzeitlich entfallen ist. Denn unabhängig
davon sind in dem betreffenden Bereich BOR 21 nach den von der Beklagten
vorgelegten und von der Klägerin nicht in Zweifel gezogenen Unterlagen vier - wenn
auch vergleichsweise kleine - Anlagen verwirklicht bzw. genehmigt; in dem Bereich
BOR 20 sind ebenfalls vier Anlagen errichtet. Im Fall der Verwirklichung des
streitbefangenen Vorhabens wäre daher mit der Entstehung einer optischen Verbindung
zwischen beiden Bereichen zu rechnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 und 162 Abs. 3 VwGO. Es
entspricht nicht der Billigkeit, der Beklagten auch die außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese keinen Antrag gestellt und sich daher keinem
eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
236
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 10 und 711 ZPO.
237
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen
nicht vor.
238
239