Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 03.09.2008

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Oberverwaltungsgericht NRW, 6s E 1385/06.S
Datum:
03.09.2008
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
Landesberufsgericht für Architekten, Architektinnen, Stadtplaner und
Stadtplanerinnen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6s E 1385/06.S
Schlagworte:
Berufungsgerichtsbarkeit Berufspflichtverletzung Haftpflichtversicherung
Versicherungsprämie Zahlungsverzug
Leitsätze:
Ablehnung der Eröffnung eines berufsgerichtlichen Verfahrens wegen
Geringfügigkeit der erhobenen Beschuldigung (fehlender
Haftpflichtversicherungsschutz eines Architekten).
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dem
Beschuldigten erwachsenen notwendigen Auslagen werden der
Staatskasse auferlegt.
G r ü n d e:
1
I.
2
Der Beschuldigte ist seit dem Jahr 1996 Mitglied der Antragstellerin und wurde dort als
angestellt tätig geführt.
3
Unter dem 7. März 2005 teilte die B. Versicherung AG der Antragstellerin mit, dass seit
dem 2. März 2005 keine Berufshaftpflichtversicherung des Beschuldigten
(Versicherungsgesellschaft: N. d. a. f. ) mehr bestehe.
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Am 7. April 2005 erhielt die Antragstellerin per Telefax eine Versicherungsbestätigung
der N. d. a. f. vom 6. April 2005 über das Bestehen einer
Berufshaftpflichtversicherung ab dem 31. März 2005.
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Mit Schreiben vom 10. August 2005 bat die Antragstellerin den Beschuldigten um
Stellungnahme, ob er mittlerweile freiberuflich tätig sei, worauf die übersandte
Versicherungsbestätigung hindeute. Unter dem 27. September 2005 forderte die
Antragstellerin den Beschuldigten erneut auf mitzuteilen, in welchem Status er tätig sei.
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Als Kammermitglied müsse er Mitgliedsbeiträge entsprechend seiner Tätigkeitsart
entrichten. Ein Verstoß gegen diese Mitgliedspflicht könne die Einleitung eines
berufsgerichtlichen Verfahrens zur Folge haben. Im Falle freiberuflicher Tätigkeit müsse
er außerdem Angaben zum Versicherungsschutz machen. Mit Schreiben vom 16.
November 2005 kündigte die Antragstellerin wegen des fehlenden Nachweises über
eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung sowie fehlender Angaben zur
Tätigkeitsart die Einleitung berufsrechtlicher Schritte an.
Unter dem 4. Dezember 2005 erklärte der Beschuldigte, er sei seit dem 1. April 1999
freischaffend tätig und seitdem bei der B. Versicherung AG berufshaftpflichtversichert.
7
Mit Schriftsatz vom 30. Januar 2006, eingegangen am 1. Februar 2006, hat die
Antragstellerin gemäß einem Beschluss ihres Vorstandes vom 13. Dezember 2005 die
Eröffnung eines berufsgerichtlichen Verfahrens gegen den Beschuldigten beantragt; es
bestehe der Verdacht einer Berufspflichtverletzung wegen mangelnden
Versicherungsschutzes nach § 22 Abs. 2 Nr. 5 BauKaG NRW für die Zeit vom 2. März
2005 bis zum 31. März 2005. Der Beschuldigte habe für diesen Zeitraum keine
Versicherungsnachweise vorgelegt.
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Der Beschuldigte hat in seiner Stellungnahme ausgeführt, wegen verspäteter Zahlung
des Versicherungsbeitrags habe lediglich für den Monat März 2005 kein
Versicherungsschutz bestanden. Grund dafür seien wirtschaftliche Schwierigkeiten
gewesen.
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Das Berufsgericht hat mit Beschluss vom 13. Oktober 2006 den Antrag auf Eröffnung
des berufsgerichtlichen Verfahrens abgelehnt. Die Durchführung des Verfahrens
erscheine wegen der Geringfügigkeit der erhobenen Beschuldigung nicht erforderlich.
Der Vorwurf betreffe eine Bagatelle, nämlich einen versicherungslosen Zeitraum von nur
knapp einem Monat. Die Durchführung eines berufsgerichtlichen Verfahrens sei
allenfalls gerechtfertigt, wenn gerade in diesem kurzen Zeitraum ein durch das Fehlen
des Versicherungsschutzes nicht abgedeckter Haftpflichtschaden entstanden wäre, was
aber weder ersichtlich noch von der Antragstellerin geltend gemacht sei.
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Die Antragstellerin hat am 20. November 2006 Beschwerde eingelegt und zur
Begründung dargelegt, dass der Verstoß gegen die Berufspflicht nach § 22 Abs. 2 Nr. 5
BauKaG NRW feststehe und auch schuldhaft erfolgt sei. Für eine freiberufliche Tätigkeit
sei im Vorfeld ausreichender Versicherungsschutz abzuschließen und nicht erst bei
Eintritt eines Versicherungsfalls. Das unzureichende Zahlungsverhalten lasse den
Vorwurf der Berufspflichtverletzung gerade nicht als geringfügig erscheinen. Die geringe
Dauer des versicherungslosen Zeitraums könne sich allenfalls in der festzusetzenden
Maßnahme widerspiegeln.
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II.
12
Die gemäß § 86 Abs. 1 und 2 Buchstabe a) BauKaG NRW in Verbindung mit §§ 210
Abs. 2, 311 StPO zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
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Der Senat stimmt mit dem Berufsgericht darin überein, dass die Durchführung eines
Verfahrens wegen der Geringfügigkeit der erhobenen Beschuldigung nicht erforderlich
erscheint (§ 60 Abs. 1 Satz 2 BauKaG NRW).
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Der Beschuldigte hat zwar schuldhaft gegen die für Mitglieder der Architektenkammer
nach § 22 Abs. 2 Nr. 5 BauKaG NRW bestehende Verpflichtung, sich ausreichend
gegen Haftpflichtansprüche zu versichern, verstoßen, indem er in der Zeit vom 2. bis
zum 30. März 2005 aufgrund des von ihm zu vertretenden Zahlungsverzugs bei der
Entrichtung der Versicherungsprämie nicht berufshaftpflichtversichert war.
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Es bedarf jedoch nicht der Durchführung eines Verfahrens. Ob die Beschuldigung die
Durchführung eines berufsgerichtlichen Verfahrens erfordert, hängt entscheidend von
der Art und der Bedeutung des dem Betroffenen zur Last gelegten Verstoßes ab.
Besonders in den Blick zu nehmen sind dabei die (möglichen) Auswirkungen des
Verstoßes und das Maß der Pflichtwidrigkeit. Das Berufsgericht hat insoweit zu Recht
darauf abgestellt, dass für den verhältnismäßig kurzen versicherungslosen Zeitraum von
nur einem Monat nichts für die Entstehung eines durch das Fehlen des
Versicherungsschutzes nicht abgedeckten Haftpflichtschadens ersichtlich sei. Auch
unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ist nichts dafür erkennbar, dass es
durch den Verstoß zu solchen Auswirkungen gekommen sein könnte. Die kurzfristige
die Fortführung des Versicherungsschutzes zeigt zudem, dass sich der Beschuldigte
ernsthaft um ein rechtstreues Verhalten bemüht und alsbald wieder ordnungsgemäße
Verhältnisse in Bezug auf seine Versicherungspflicht herbeigeführt hat.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 88, 89 Abs. 3 Satz 1 BauKaG NRW.
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