Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 17.05.2001

OVG NRW: versorgung, verfahrensmangel, elektrizität, deckung, ausführung, minderung, bevölkerung, rentabilität, erlass, datum

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberverwaltungsgericht NRW, 7 A 354/01
17.05.2001
Oberverwaltungsgericht NRW
7. Senat
Beschluss
7 A 354/01
Verwaltungsgericht Köln, 2 K 9757/99
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Beigeladene zu 2. trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens;
außergerichtliche Kosten der Beigeladenen zu 1. sind nicht
erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 60.000,-- DM
festgesetzt.
G r ü n d e:
Der zulässige Antrag ist nicht begründet.
Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen ergeben sich weder die behaupteten
ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß
§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch ein Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung des
Verwaltungsgerichts beruhen kann (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
Das Verwaltungsgericht hat nicht gegen die Bindung an das Klagebegehren nach § 88
VwGO verstoßen, indem es den Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung für die
Mobilfunkstation auf dem Flurstück 688 anstatt des im Klageantrag bezeichneten
Flurstücks 760 verpflichtet hat. Bei der Erwähnung des Flurstücks 760 im protokollierten
Klageantrag, an dessen Fassung das Gericht nach § 88 VwGO nicht gebunden ist, handelt
es sich um eine offensichtlich irrtümliche Bezeichnung des (nur noch) im Streit befindlichen
Standorts des Vorhabens, wie das Verwaltungsgericht zutreffend näher dargelegt hat. Der
Standort auf dem Flurstück 760 war von der Klägerin schon im Verwaltungsverfahren vor
Erlass des Ablehnungsbescheides aufgegeben und durch den neuen Standort (Flurstück
688) ersetzt worden.
Ein Verfahrensmangel liegt auch nicht darin, dass das Verwaltungsgericht im
Eingangsabsatz der Entscheidungsgründe die Klage offensichtlich irrtümlich als
"unbegründet" bezeichnet hat. Sowohl aus dem Tenor des Urteils wie auch dem weiteren
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Text der Entscheidungsgründe - "die Klägerin hat einen Anspruch auf die beantragte
Baugenehmigung" - folgt eindeutig, dass das Verwaltungsgericht die Klage als begründet
angesehen hat, sodass sich ein Widerspruch zwischen Tenor und Entscheidungsgründen
nicht feststellen lässt.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht deshalb,
weil das Verwaltungsgericht eine Privilegierung des strittigen Vorhabens am vorgesehenen
Standort gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB zu Unrecht bejaht hat.
Insoweit ist dem Zulassungsvorbringen allerdings zuzugestehen, dass Anlagen des
Fernmeldewesens nicht ausnahmslos und generell nach der genannten Vorschriften im
Außenbereich privilegiert sind. Auch für Fernmeldeanlagen gelten vielmehr die
Einschränkungen, die etwa für die in der genannten Vorschrift gleichfalls angeführten
Anlagen der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität einschlägig sind.
Vgl.: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. August 1997 - 8 S 1861/97 - BRS 59
Nr. 88.
Hiernach ist die Privilegierung solcher Anlagen nicht schon stets dann zu bejahen, wenn
sich ein Standort im Außenbereich aus Gründen der Rentabilität anbietet oder gar
aufdrängt. Erforderlich für die Privilegierung ist vielmehr, dass die Anlage auf die
geographische oder die geologische Eigenart der Stelle angewiesen ist, weil sie an einem
anderen Ort ihren Zweck verfehlen würde. Insoweit gelten die für ortsgebundene Betriebe -
nunmehr iSv § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB - einschlägigen Maßstäbe entsprechend bzw.
allenfalls graduell abgeschwächt.
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 16. Juni 1994 - 4 C 20.93 - BRS 56 Nr. 72 m.w.N..
Dabei ist für Mobilfunkanlagen, die - wie im vorliegenden Fall die Anlagen der Klägerin -
ein zusammenhängendes Netz zur flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung bilden
sollen, auf die Bedeutung der betreffenden Anlage in dem Netz des Betreiberunternehmens
abzustellen. Insoweit unterscheiden sich Mobilfunkanlagen nicht wesentlich von Anlagen
zur leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität, die gleichfalls ein
zusammenhängendes Netz bilden müssen.
Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht die Privilegierung der strittigen Anlage
zutreffend bejaht. Die diesbezüglichen Wertungen werden durch das
Zulassungsvorbringen nicht ernsthaft in Frage gestellt. Die der Entscheidung des
Verwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Abschätzungen der Deckung des
Versorgungsbedarfs sind nicht etwa schon deshalb untauglich, weil sie im Zeitpunkt der
Entscheidung des Gerichts ggf. über vier Jahre alt waren. Sie konnten vielmehr
unverändert zur Grundlage der "Erforderlichkeit" der strittigen Anlage im Gesamtnetz
gemacht werden. Dafür, dass neue Anlagen der Klägerin zwischenzeitlich eine solche
Abdeckung des gesamten Netzes bewirken, dass auf die strittige Anlage verzichtet werden
könnte, gibt das Zulassungsvorbringen keinen konkreten Anhalt. Soweit es für bestimmte
Versorgungsbereiche Alternativstandorte als gleich oder besser geeignet ansieht, wird die
diesbezügliche konkret fallbezogene Argumentation des Verwaltungsgerichts namentlich
zur Standortalternative E nicht ernsthaft in Frage gestellt.
Auch unter dem Gesichtspunkt einer - im Zulassungsantrag erneut behaupteten - groben
Verunstaltung des Landschaftsbilds lassen sich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der
angefochtenen Entscheidung nicht herleiten. Insoweit hat das Verwaltungsgericht im
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Einzelnen plausibel und anhand des vorliegenden Karten- und Lichtbildmaterials
nachvollziehbar näher ausgeführt, aus welchen Gründen die nunmehr konkret
vorgesehene Ausführung des strittigen Vorhabens unter Berücksichtigung der zur
Minderung des Eingriffs in das Landschaftsbild vorgesehenen landschaftspflegerischen
Maßnahmen der Annahme entgegensteht, die Errichtung der strittigen Anlage würde eine
über die bloße Beeinträchtigung des Landschaftsbilds hinausgehende Verunstaltung im
Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB bewirken. Dem hält das Zulassungsvorbringen
keine konkreten Gesichtspunkte entgegen, die einen derartigen Grad an Verunstaltung
begründen können, der das strittige privilegierte Vorhaben trotz seines gesteigerten
Durchsetzungsvermögens gegenüber öffentlichen Belangen
- vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 24. August 1979 - 4 C 3.77 - BRS 35 Nr. 60 -
als unzulässig erscheinen lässt.
Soweit der Zulassungsantrag schließlich den Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2
VwGO (besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache) anführt,
genügt das Vorbringen noch nicht einmal den Darlegungserfordernissen des § 124a Abs. 1
Satz 3 VwGO, da ihm nicht konkret zu entnehmen ist, aus welchen Gründen dieser
Zulassungsgrund vorliegen soll.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO, die
Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Mit der Ablehnung des Antrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 2
Satz 3 VwGO).