Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 13.09.2002

OVG NRW: wiedereinsetzung in den vorigen stand, rechtsmittelfrist, wochenende, beschwerdefrist, vertretung, verschulden, leistungsfähigkeit, hochschule, fristversäumnis, datum

Oberverwaltungsgericht NRW, 16 A 3561/02
Datum:
13.09.2002
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
16. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 A 3561/02
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Arnsberg, 9 K 3919/01
Tenor:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird als unzulässig verworfen.
Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien
Zulassungsverfahrens.
G r ü n d e:
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist als unzulässig zu verwerfen, weil er
entgegen § 67 Abs. 1 VwGO nicht durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer
deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes gestellt worden ist.
Auch eine spätere Heilung scheidet aus. Mit dem Vertretungserfordernis in § 67 Abs. 1
VwGO soll erreicht werden, dass dem Gericht nur ein von einem Rechtsanwalt geprüfter
und gesichteter Streitstoff unterbreitet wird. Dies wäre bei der nachträglichen Heilung
einer bereits bei Gericht eingegangenen Rechtsmittelschrift nicht ausreichend
gewährleistet.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 2002 - 4 C 2.01 -, Juris.
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Den Klägern kann auch für einen den Anforderungen des § 67 Abs. 1 VwGO
genügenden noch zu stellenden Antrag auf Zulassung der Berufung Prozesskostenhilfe
nicht bewilligt werden. Ein solcher noch zu stellender Zulassungsantrag hätte im
Hinblick auf den zwischenzeitlich eingetretenen Ablauf der Zulassungsantragsfrist des §
124 a Abs. 4 Satz 1 VwGO nur Aussicht auf Erfolg, wenn den Klägern wegen der
eingetretenen Fristversäumnis gemäß § 60 Abs. 1 und 2 VwGO Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand gewährt werden könnte. Das ist aber nicht der Fall. Eine
Rechtsverfolgung darf zwar nicht an der mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
eines Rechtsschutzsuchenden scheitern (vgl. § 114 ZPO). Die Frist zur Einlegung eines
Rechtsbehelfs ist jedoch schuldhaft versäumt, wenn der auf Prozesskos-tenhilfe
angewiesene Rechtsschutzsuchende innerhalb der Rechtsmittelfrist kein
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- vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. April 1994 - 1 PKH 8.94 -, Buchholz 310 § 166 VwGO
Nr. 34 -
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oder jedenfalls kein vollständiges
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- vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 1999 - 1 B 3.99 -, Buchholz 310 § 166 VwGO
Nr. 38 -
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Prozesskostenhilfegesuch einreicht. Dazu gehört grundsätzlich die Vorlage einer
vollständig ausgefüllten formblattmäßigen Erklärung über die persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse (§§ 166 VwGO, 117 Abs. 2 und 4 ZPO).
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Vgl. zu dem entsprechenden Erfordernis: BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 1999 - 1
B 3.99 -, a.a.O.; BGH, Beschluss vom 27. November 1996 - XII ZB 84/96 -, FamRZ 1997,
546 f.; OVG NRW, Beschluss vom 24. Mai 2002 - 16 E 268/02 -.
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Eine solche Erklärung ist von den Klägern weder innerhalb der Rechtsmittelfrist noch
später vorgelegt worden. Wenn die Kläger im Schreiben vom 2. Juli 2002 an das
Verwaltungsgericht um die Übersendung von PKH-Formularen gebeten haben, ohne
dass ersichtlich wäre, dass dem entsprochen worden ist, so lässt das ein Verschulden
der Kläger an der Versäumung der Rechtsmittelfrist im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO
nicht entfallen. Zum einen konnten sie sich nicht darauf verlassen, dass ihnen die -
übrigens in jedem gut sortierten Schreibwarengeschäft erhältlichen -
Prozesskostenhilfeformulare noch so rechtzeitig übersandt werden würden, dass sie
dem Gericht vor Ablauf der Rechtsmittelfrist am 8. Juli 2002 - ausgefüllt - wieder
vorliegen könnten. Das Schreiben der Kläger vom 2. Juli 2002 ist nämlich erst am 4. Juli
2002, einem Donnerstag, und damit erst kurz vor einem Wochenende und vor Ablauf der
Rechtsmittelfrist bei dem Verwaltungsgericht Arnsberg eingegangen.
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Zum anderen hätten die Kläger jedenfalls die Erklärung über ihre persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse nach Ausbleiben der Formulare nicht einfach bis heute auf
sich beruhen lassen dürfen.
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Bei dieser Sachlage kommt es nicht darauf an, dass die Kläger innerhalb der
Beschwerdefrist keinen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt benannt und auch nicht
wenigstens substanziiert dargelegt und glaubhaft gemacht haben, dass sie sich ohne
Erfolg bei einigen Rechtsanwälten um die Übernahme eines Mandats bemüht haben.
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Vgl. zu diesem Erfordernis einerseits OVG NRW, Beschluss vom 14. März 2001 - 12 B
1962/00 -, DVBl. 2001, 1226, andererseits VGH Baden- Württemberg, Beschluss vom
13. Februar 2002 - 7 S 887/01 -, DÖV 2002, 579.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO.
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Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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