Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 03.07.2006

OVG NRW: abschiebung, bindungswirkung, flughafen, ausreise, gesundheitszustand, kauf, behandlungsbedürftigkeit, form, stadt, asylverfahren

Oberverwaltungsgericht NRW, 18 E 702/06
Datum:
03.07.2006
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
18. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
18 E 702/06
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 22 K 7061/04
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens;
außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht
erstattet.
G r ü n d e :
1
Die gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren
gerichtete Beschwerde der Kläger ist nicht begründet. Die von den Klägern
beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen
Entscheidung nicht die nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO erforderliche hinreichende
Aussicht auf Erfolg.
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Das Beschwerdevorbringen vermag solche Erfolgsaussichten nicht zu begründen. Die
Kläger machen darin geltend, ihnen seien Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 5
AufenthG zu erteilen, weil für die Klägerin zu 2. aufgrund ihrer Erkrankung und in der
Folge auch für ihre Mutter, die Klägerin zu 1., die rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise
bestehe, da bezüglich der Klägerin zu 2. wegen Nichtbehandelbarkeit ihrer Krankheit im
Kosovo ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot festzustellen sei und
Reiseunfähigkeit bestehe, weil adäquate medizinische Maßnahmen bei Erreichen des
Flughafens Prishtina angesichts der Verhältnisse dort nicht gewährleistet seien. Dieses
Vorbringen greift nicht durch.
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Aus möglichen zielstaatsbezogenen Gefahren, die darauf beruhen, dass die Fortführung
einer für erforderlich gehaltenen Behandlung im Zielstaat der Abschiebung nicht
gesichert ist, kann angesichts der für die Klägerin zu 2. negativ abgeschlossenen
Asylverfahren wegen der sich aus § 42 Satz 1 AsylVfG für die Ausländerbehörde
ergebenden Bindungswirkung kein Ausreisehindernis im Sinne von § 25 Abs. 5
AufenthG hergeleitet werden.
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Vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 14. März 2005 - 18 E 195/05 -, InfAuslR 2005, 263, vom
18. Mai 2005 - 18 A 4166/03 -, vom 21. Juli 2005 - 18 A 2219/05 - und vom 21. März
2006 - 18 A 3867/05 -.
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Hierzu sei weiter angemerkt, dass nach ständiger Senatsrechtsprechung ein Ausländer
grundsätzlich auf den in medizinischer und therapeutischer Hinsicht allgemein üblichen
Standard in seinem Heimatland zu verweisen ist.
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Vgl. hierzu nur Senatsbeschlüsse vom 1. September 2004 - 18 B 2560/03 -, vom 16.
September 2004 - 18 B 1499/04 - m.w.N. und vom 13. Dezember 2005 - 18 B 2005/05 -.
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Nach der Rechtsprechung des Senats kommt ein inlandsbezogenes Ausreisehindernis
in Form einer Reiseunfähigkeit aufgrund einer Erkrankung, das wegen der in § 42 Satz
1 AsylVfG angeordneten Bindungswirkung hier allein in den Blick zu nehmen ist,
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vgl. dazu nur die Senatsbeschlüsse vom 29. September 2004 - 18 B 1657/04 - mit
weiteren Nachweisen, vom 21. Juli 2005 - 18 A 2219/05 -, vom 31. August 2005 - 18 B
437/05 - und vom 21. März 2006 - 18 A 3867/05 -
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nur in Betracht, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers unmittelbar durch
die Ausreise bzw. eine Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon voraussichtlich
wesentlich verschlechtern wird.
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Vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 3. März 2005 - 18 B 339/05 -, vom 24. März 2005 - 18 B
1660/04 - und vom 21. März 2006 - 18 A 3867/05 -.
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Dass dies angesichts des Krankheitsbildes der Klägerin zu 2. und ihrer
Behandlungsbedürftigkeit nicht der Fall ist und einer Krampfanfälligkeit ihrerseits durch
geeignete Vorkehrungen und Gestaltungen der Abschiebung bis hin zu einer ärztlichen
Flugbegleitung begegnet werden kann, hat das Verwaltungsgericht unter zutreffender -
von den Klägern letztlich auch nicht in Zweifel gezogener - Würdigung der vorliegenden
ärztlichen Bescheinigungen und Stellungnahmen festgestellt.
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Dazu hat der Beklagte mit Schreiben vom 2. Mai 2006 mitgeteilt, dass er die
erforderliche ärztliche Begleitung der Klägerin zu 2. sowohl auf dem Weg zum
Flughafen als auch während des Fluges selbst gewährleisten wird. Darüber hinaus hat
der Beklagte auf die Möglichkeit hingewiesen, vom Sozialamt der Stadt L. die Kosten für
den Kauf eines Medikamentenvorrats für die Klägerin zu 2. übernehmen zu lassen oder
die Beschaffung bestimmter Medikamente durch den Beklagten zu veranlassen.
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Soweit die Kläger schließlich im wesentlichen geltend machen, dass ein
inlandsbezogenes Ausreisehindernis in ihrem Fall deshalb vorliege, weil der Übergang
der Klägerin zu 2. in eine Anschlussbehandlung direkt bei Erreichen des Flughafens
Prishtina nicht gewährleistet sei, verkennen sie, dass die staatlichen Schutzpflichten bei
der Abschiebung sich nach den Besonderheiten des Einzelfalles bestimmen und das
Erfordernis des direkten Übergangs in eine Anschlussbehandlung noch am Flughafen
nur dann umfassen, wenn dies ärztlicherseits für erforderlich gehalten wird.
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Vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 2. Juli 2004 - 18 B 830/04 - und vom 15. Dezember
2004 - 18 B 1952/03 -.
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Das ist hier nicht der Fall. Vielmehr ist den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und
Bescheinigungen zufolge zwar eine weitere Therapiebedürftigkeit der Klägerin zu 2.
gegeben. Das Erfordernis einer ärztliche Übernahme bei Ankunft im Heimatland ist
daraus aber nicht zu entnehmen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 166 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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