Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 30.05.2000

OVG NRW: ausweisung, widerruf, aufenthaltserlaubnis, ausländer, sicherheit, erlass, beendigung, verwaltung, erlöschen, rückgabe

Oberverwaltungsgericht NRW, 18 A 1768/99
Datum:
30.05.2000
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
18. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
18 A 1768/99
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Arnsberg, 8 K 522/96
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung
für beide Rechtszüge auf 8.000,- DM festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag hat keine Erfolg, denn die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung
nach § 124 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.
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Das Antragsvorbringen begründet nicht die allein geltend gemachten ernstlichen
Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Die Klägerin wendet sich gegen das angefochtene Urteil mit der Argumentation, das
Verwaltungsgericht habe bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der
Aufenthaltserlaubnis den ihm zustehenden besonderen Ausweisungsschutz nach § 48
Abs. 1 Nr. 5 AuslG nicht beachtet. Dem kann nicht gefolgt werden.
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Angesichts der Verpflichtung der Klägerin zur Rückgabe ihres Reiseausweises spricht
bereits alles dagegen, dass ihr dessen Besitz noch besonderen Ausweisungsschutz
nach § 48 Abs. 1 Nr. 5 AuslG vermitteln kann. Dies kann indes offen bleiben. Denn
jedenfalls stünde ein etwaiger Ausweisungsschutz dem Widerruf der
Aufenthaltserlaubnis nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG weder von vornherein noch unter
Ermessensgesichtspunkten entgegen.
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Gegenüber diesem bereits aus dem Gesetzeswortlaut abzuleitenden Ergebnis greift der
Einwand der Klägerin nicht durch, der Widerruf der Aufenthaltsgenehmigung nach § 43
Abs. 1 Nr. 4 VwGO könne nicht in Betracht kommen, wenn wegen Bestehens
besonderen Ausweisungsschutzes die Möglichkeit der Ausweisung als gegenüber dem
Widerruf der Aufenthaltsgenehmigung gravierendere Maßnahme nur eingeschränkt
möglich sei. Diese Argumentation verkennt den wesensmäßigen Unterschied zwischen
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der Ausweisung einerseits und dem Widerruf der Aufenthaltsgenehmigung andererseits.
Der Widerruf der Aufenthaltsgenehmigung hat lediglich den Verlust des widerrufenen
Aufenthaltsrechts zur Folge. Abgesehen davon, dass eine Ausweisung nach § 44 Abs. 1
Nr. 1 AuslG ebenfalls zum Erlöschen eines bestehenden Aufenthaltsrechtes führt,
zeichnet sich die Ausweisung durch darüber hinausgehende Rechtswirkungen aus.
Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 AuslG führt sie dazu, dass der Ausländer nicht erneut ins
Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten darf. Ferner darf ihm auch bei
Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruches nach diesem Gesetz keine
Aufenthaltsgenehmigung mehr erteilt werden (§ 8 Abs. 2 Satz 2 AuslG). Wegen dieser
gravierenden Rechtsfolgen wird der Erlass einer Ausweisungsverfügung in § 45 ff.
AuslG an relativ enge Voraussetzungen geknüpft. Ferner ist die Ausweisung bei
Bestehen besonderen Ausweisungsschutzes nach § 48 Abs. 1 AuslG nur aus schwer
wiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zulässig. Die wegen der
gravierenden Auswirkungen einer Ausweisung bestehenden besonderen
Schutzvorschriften für den Ausländer können indes nicht auch im Falle des weniger
einschneidenden Widerrufs einer Aufenthaltsgenehmigung angewandt werden. Dieses
Ergebnis wird nicht etwa dadurch in Frage gestellt, dass im Rahmen der nach § 43 Abs.
1 Nr. 4 AuslG zu treffenden Ermessensentscheidung zu Gunsten des Ausländers die in
§ 45 Abs. 2 für das Ausweisungsermessen genannten Umstände zu berücksichtigen
sind. Denn die in § 45 Abs. 2 AuslG genannten Gesichtspunkte sind - im Gegensatz zu
der Regelung in § 48 Abs. 1 AuslG - nicht allein für eine Ausweisung von Belang. Sie
betreffen vielmehr all die Ermessensentscheidungen, bei denen das öffentliche
Interesse an der Beendigung der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes gegen das
gegenläufige Interesse des Ausländers abzuwägen ist. Denn die Beachtung der in § 45
Abs. 2 AuslG genannten Umstände ist letztlich Ausfluss des Grundsatzes der
Verhältnismäßigkeit, der bei allen Maßnahmen der Verwaltung gilt,
vgl. GK-AuslR, § 43 Rdnr. 14.
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Von einer weiteren Begründung dieses einstimmig gefassten Beschlusses wird
abgesehen (§ 124 a Abs. 2 Satz 2 VwGO).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 14 Abs. 1 und 3 iVm § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Die Abänderungsbefugnis folgt aus § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG. Die vom
Verwaltungsgericht vorgenommene Verdoppelung des Auffangstreitwertes nach § 13
Abs. 1 Satz 2 GKG ist nicht gerechtfertigt. Die Bedeutung eines Rechtsstreits über den
Widerruf einer bereits erteilten Aufenthaltsgenehmigung unterscheidet sich nicht
wesentlich von der eines Verfahrens betreffend die erstmalige Erteilung einer
Aufenthaltsgenehmigung. Dementsprechend ist es angemessen, in beiden Fällen
jeweils den Auffangstreitwert anzusetzen.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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