Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 03.12.2010

OVG NRW (zwingender grund, behälter, verfügung, abfallentsorgung, grund, 1995, haushalt, abfallbeseitigung, verhältnis, lücke)

Oberverwaltungsgericht NRW, 14 A 2651/09
Datum:
03.12.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
14. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 A 2651/09
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfah-rens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Zulassungsverfahren
auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
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Der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des
erstinstanzlichen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist nicht dem Erfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4
VwGO genügend dargelegt oder lässt sich nicht feststellen.
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Es ist schon fraglich, ob überhaupt ein Zulassungsgrund dargelegt ist, da die
Begründung auf keinen der in § 124 Abs. 2 VwGO benannten Zulassungsgründe Bezug
nimmt und dies auch innerhalb der Darlegungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO
nicht anderweitig geschehen ist.
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Sollte der Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs.
2 Nr. 1 VwGO) hinreichend deutlich angesprochen worden sein, so liegt dieser Grund
nicht vor. Kein tragender Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des
angegriffenen Urteils ist mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden.
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Dies gilt für die allein problematisierte Frage, ob die Klägerin deshalb unter Verstoß
gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ungleich
behandelt wird, weil die Regelung des § 11 Abs. 2 - Restmüll a), b) und c) der Satzung
über die Abfallentsorgung in der Stadt F. (AES) für Grundstücke mit bis zu zwei
Personen ein Behältervolumen von 80 Liter, für Grundstücke mit bis zu vier Personen
ein Behältervolumen von 120 Liter und für Grundstücke mit bis zu acht Personen ohne
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weitere Differenzierung - ein Behältervolumen von 240 Liter vorsehe. Insbesondere
bemängelt die Klägerin, dass ein Behälter mit Zwischengröße oder die Aufstellung
eines 120-Liter-Behälters und eines 80-Liter-Behälters nicht vorgesehen ist.
Die Erfüllung der den Gemeinden nach § 9 Abs. 6 des Landesabfallgesetzes (LAbfG)
übertragenen Aufgabe, die in ihrem Gebiet anfallenden und ihnen zu überlassenden
Abfälle einzusammeln einer Abfallentsorgung zuzuführen, liegt in deren weit
reichendem Organisationsermessen, das seine Grenzen in dem gesetzlichen
Einrichtungszweck und dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
findet.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Februar 2003 14 A 3390/01 -, juris
Rn.12; Urteil vom 28. November 1994 - 22 A 3036/93 -, NWVBl. 1995, 308
(309).
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Deshalb kommt es nicht darauf an, ob die vom Satzungsgeber gewählte Regelung die
zweckmäßigste und vernünftigste ist. Vielmehr verbietet der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit nur Rechtsbeeinträchtigungen, die ihrer Intensität nach hinsichtlich
der vom Bürger hinzunehmenden Einbußen außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache
stehen. Wenn es - wie hier - nur um die Ausgestaltung des Anschluss- und
Benutzungsverhältnisses, nämlich um die Detailgröße der Abfallbehälter (240 Liter oder
eine Zwischengröße zu 120 Liter) oder die Möglichkeit des Bereithaltens zweier
kleinerer Behälter statt eines größeren, geht, ist bereits eine messbare
Rechtsbeeinträchtigung kaum auszumachen. Eine solche Belastung ist prinzipiell
zumutbar, wenn sie in einem vernünftigen Verhältnis zum Einrichtungszweck einer
ordnungsgemäßen, reibungslosen und kostengünstigen Abfallbeseitigung steht.
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Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Dezember 1995 22 A 5377/94 -, S. 7 und 9 f.
des amtlichen Umdrucks.
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Insbesondere ist es rechtlich erlaubt und geboten, die Menge des zu erwartenden
Abfalls durch Richtwerte pauschalierend zu quantifizieren und danach die
Behältergröße für den einzelnen Haushalt nur noch eingeschränkt flexibel zu
bestimmen.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. März 2006 14 A 1219/04 -, NRWE Rn.
7 f.
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Die Klägerin hat keine Umstände dargelegt, die einen Verstoß gegen das benannte
Organisationsermessen begründen. Entgegen der von der Klägerin geäußerten
Auffassung kommt es nicht darauf an, ob für die von ihr so bezeichnete "Lücke im
System" ein zwingender Grund ersichtlich ist, sondern darauf, ob sich für diese "Lücke"
überhaupt ein sachlicher Grund feststellen lässt. Das ist der Fall.
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Soweit es die Beschränkung auf Abfallbehälter mit den Volumina von 80 Liter, 120 Liter,
240 Liter und 1.100 Liter gemäß § 11 Abs. 2 - Restmüll a) bis d) AES betrifft, ohne
weitere Differenzierungen vorzunehmen (Anschaffung von Behälterzwischengrößen
oder volumenverkleinernden Einsätzen für 240-Liter-Gefäße), rechtfertigt sich dies ohne
weiteres aus dem Interesse an einer reibungslosen Abfallbeseitigung, das umso mehr
beeinträchtigt sein kann, je mehr Abfallbehälter unterschiedlicher Größe und
unterschiedlichen Zuschnitts sowohl auf Seiten des Entsorgungsträgers vorzuhalten als
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auch bei der Entsorgung selbst gegebenenfalls durch unterschiedliche Müllfahrzeuge
zu bedienen sind.
Die fehlende Möglichkeit, für den Haushalt der Klägerin einen Abfallbehälter von 120
Liter und einen Abfallbehälter von 80 Liter zur Verfügung zu stellen, begründet keine
willkürliche Ungleichbehandlung. Unabhängig davon, dass dies für die
Entsorgungspflichtigen die eher belastende Verpflichtung beinhalten würde, Stellplätze
für zwei Abfallbehälter bereit zu stellen, würde die Entsorgung zweier Abfallbehälter
auch zur Folge haben, dass jeweils zwei Schüttvorgänge anstelle nur eines
Schüttvorgangs erforderlich wären, was zu Zeitverzögerungen und damit zu einem
Mehraufwand bei der Abfallentsorgung führen würde. Dass diese Vermeidung
mehrfacher Schüttvorgänge bei Grundstücken mit mehr als acht gemeldeten Personen
nicht mehr aufrecht erhalten wird, liegt an der auf vier beschränkten Zahl zur Verfügung
gestellter Behältervolumina.
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Zu Unrecht meint die Klägerin, dass aus Gründen der Müllvermeidung den Haushalten
möglichst kleine Abfallbehälter zur Verfügung gestellt werden müssten. Das
Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass die diesbezügliche Regelung des § 9
Abs. 1 Satz 3 2. Halbs. LAbfG, die vorschreibt, dass bei der zulässigen Verpflichtung zur
Vorhaltung eines bestimmten Mindestbehältervolumens darauf zu achten sei, dass die
Anreizfunktion der Gebührenbemessung zur Vermeidung, Getrennthaltung und
Verwertung nicht unterlaufen wird, sich auf die Gebührengestaltung, nicht auf die
benutzungsrechtliche Regelung über das vorzuhaltende Mindestvolumen beziehe. Dem
tritt die Klägerin im Zulassungsantrag nicht substanziiert entgegen. Sie erläutert nicht,
aus welchen Gründen trotz des abweichenden Wortlauts der gesetzlichen Regelung
auch die Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses positive Anreize im Sinne von § 9
Abs. 2 Satz 3 LAbfG aufzuweisen hätte. Im Übrigen geht es hier nicht um vorzuhaltende
Mindestbehältervolumina, sondern um die Bereitstellung einer nur eingeschränkten Zahl
von Behältertypen gestaffelten Volumens.
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Soweit die Klägerin bemängelt, durch die Benutzungsregelung, die es ihr nicht
ermögliche, statt des 240-Liter-Behälters zwei kleinere Behälter zu verwenden,
entstünden ihr jährlich um 24,30 Euro höhere Abfallbeseitigungsgebühren, stellt dies
nicht die genannte Benutzungsregelung in Frage, sondern richtet sich allenfalls gegen
eine Gebührenregelung, die unter Geltung einer solchen Benutzungsregelung die
Gebühren allein nach dem Volumen der so zur Verfügung gestellten Behälter bemisst.
Einwände gegen die Behältergröße als Gebührenmaßstab sind für die Rechtmäßigkeit
der Ausgestaltung des Anschluss- und Benutzungsverhältnisses unerheblich.
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St. Rspr.; vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Februar 2003 - 14 A 3390/01 -,
juris Rn.5; Urteil vom 10. August 1998 - 22 A 5429/96 -, NWVBl. 1998, 482
(484); Urteil vom 13. Dezember 1995 - 22 A 5377/94 , S. 11 des amtlichen
Umdrucks.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§
47 Abs. 1 und 3 sowie 52 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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