Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 13.12.2001

OVG NRW: rechtliches gehör, asylverfahren, datum, rüge, verschulden, eltern, erlass

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberverwaltungsgericht NRW, 19 A 1366/99.A
13.12.2001
Oberverwaltungsgericht NRW
19. Senat
Beschluss
19 A 1366/99.A
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 3 K 8753/97.A
Die Anträge werden abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Gründe:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet. Die Rechtsverfolgung
bietet aus den nachstehenden Gründen nicht die gemäß § 114 ZPO iVm § 166 Abs. 1
VwGO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist abzulehnen, weil die geltend
gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen bzw. nicht im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4
AsylVfG dargelegt sind.
Der Kläger hat nicht entsprechend den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG
dargelegt, dass das angefochtene Urteil im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO iVm § 78 Abs. 3
Nr. 3 AsylVfG nicht mit Gründen versehen ist. Zur Begründung des geltend gemachten
Zulassungsgrundes trägt der Kläger vor, das Verwaltungsgericht habe in dem
angefochtenen Urteil auf das Urteil in dem Verfahren seiner Mutter - 3 K 1864/96.A -
verwiesen. Das Urteil in dem Verfahren seiner Mutter liege jedoch "bis heute" weder seiner
Mutter noch dem Prozessbevollmächtigten, der ihn und seine Mutter vertrete, vor. Dieser
Vortrag ist auch mit Blick darauf, dass der Prozessbevollmächtigte die Richtigkeit des
Vortrags "anwaltliche versichert" hat, unzutreffend. Der Mutter bzw. dem
Prozessbevollmächtigten lag das Urteil des Verwaltungsgerichts in dem Verfahren der
Mutter am 21. März 1999, dem Datum des im vorliegenden Verfahren eingereichten
Zulassungsantrags des Klägers, bereits vor. Das war innerhalb der im vorliegenden
Verfahren am 22. März 1999 abgelaufenen Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung
(§ 78 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat nämlich mit dem
in dem Verfahren der Mutter des Klägers eingereichten Zulassungsantrag vom 5. April
1999, selbst vorgetragen, dass das die Mutter betreffende Urteil des Verwaltungsgerichts
ihm am 19. März 1999 zugegangen sei. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Vortrag unrichtig
ist, bestehen nicht, auch wenn der Prozessbevollmächtigte des Klägers in dem Verfahren
der Mutter kein Empfangsbekenntnis übersandt hat, obwohl ihm das Urteil gegen
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Empfangsbekenntnis zugestellt worden war.
Soweit der Kläger in der "bis heute" nicht erfolgten Übersendung des Urteils in dem
Verfahren seiner Mutter zugleich einen Gehörsverstoß (§ 138 Nr. 3 VwGO iVm § 78 Abs. 3
Nr. 3 AsylVfG) sieht, ist aus den vorhergehenden Gründen ein beachtlicher Gehörsverstoß
nicht im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG dargelegt.
Die vom Kläger sinngemäß aufgeworfene Frage, ob eine Entscheidung über das
Asylgesuch eines minderjährigen Kindes, dessen Vater oder Mutter ebenfalls ein
Asylverfahren betreibt, "vor" dem rechtskräftigen Abschluss der Asylverfahren der Eltern
entschieden werden kann, stellt sich im vorliegenden Verfahren nicht. Der Senat
entscheidet über die Anträge auf Zulassung der Berufung des Klägers und seiner Mutter
gleichzeitig. Er entscheidet damit über das Asylbegehren des Klägers nicht "vor", sondern
mit dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens seiner Mutter. Ihr Antrag auf
Zulassung der Berufung ist nämlich mit Beschluss des Senats vom 13. Dezember 2001 -
19 A 1621/99.A - abgelehnt worden mit der Folge, dass ihr Asylverfahren rechtskräftig
beendet ist (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).
Ein Gehörsverstoß ergibt sich nicht aus dem Vortrag des Klägers, das Verwaltungsgericht
habe ihm bzw. seinem Prozessbevollmächtigten die in dem angefochtenen Urteil
angeführten Auskünfte des Auswärtigen Amtes vom 9. Juli und 22. August 1997 nicht
bekannt gegeben. Der Vortrag ist so unzutreffend. Das Verwaltungsgericht hat mit der
Ladung vom 24. November 1998, die dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 4.
Dezember 1998 zugegangen ist, auf die genannten Auskünfte hingewiesen und damit zu
erkennen gegeben, dass es die Auskünfte bei der Entscheidungsfindung berücksichtigen
werde. Der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter, dessen Verschulden sich der Kläger
zurechnen lassen muss (§ 85 Abs. 2 ZPO iVm § 173 VwGO), hätten sich deshalb ggf. mit
Hilfe des Verwaltungsgerichts Kenntnis von dem Inhalt der Auskünfte des Auswärtigen
Amtes verschaffen und zu dem Inhalt bereits vor Erlass des angefochtenen Urteils
vortragen können.
Ein beachtlicher Gehörsverstoß folgt auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, das
Verwaltungsgericht habe die von ihm in Bezug genommenen Ausführungen in dem
Verfahren seiner Mutter zur (generell) mangelnden Verwertbarkeit der Auskünfte und auch
Lageberichte des Auswärtigen Amtes nicht zur Kenntnis genommen. Voraussetzung einer
begründeten Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs ist unter anderem die vorherige
erfolglose Ausschöpfung sämtlicher verfahrensrechtlich eröffneten und nach Lage der
Dinge tauglichen Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen.
Vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 1995 - 2 BvR 611/95 -, DVBl. 1995, 847; BVerwG,
Urteil vom 3. Juli 1992 - 8 C 58.90 -, NJW 1992, 3185 (3186); OVG NRW, Beschluss vom
21. September 1999 - 19 A 3862/99.A -, m.w.N.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Der bereits im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretene Kläger hätte auf Grund der
Terminsverfügung des Verwaltungsgerichts vom 24. November 1998 damit rechnen
müssen, dass das Verwaltungsgericht die durch Bezugnahme auf das Vorbringen seiner
Mutter in dem von ihr geführten Klageverfahren vorgetragenen Einwände gegen die
Verwertbarkeit der Auskünfte und Lageberichte des Auswärtigen Amtes nicht
berücksichtigen oder aber kein entscheidungserhebliches Gewicht beimessen werde.
Denn in der Ladung zu dem Termin zur mündlichen Verhandlung, die der
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Prozessbevollmächtigte des Klägers erhalten hat, hat das Verwaltungsgericht lediglich
Auskünfte und Lageberichte des Auswärtigen Amtes in das Verfahren eingeführt und damit
zu erkennen gegeben, dass es seine Entscheidung (nur) hierauf stützen werde. Vor diesem
Hintergrund hätte der in der mündlichen Verhandlung erschienene Prozessbevollmächtigte
des Klägers ausdrücklich auf die schriftsätzlich erhobenen Einwände gegen die
Verwertbarkeit der Auskünfte und Lageberichte des Auswärtigen Amtes verweisen und ggf.
wie in dem Verfahren der Mutter des Klägers Beweisanträge stellen können. Der Kläger
macht jedoch nicht geltend, dass sein Prozessbevollmächtigter diesen Obliegenheiten
nachgekommen ist. Beweisanträge im Sinne des § 86 Abs. 2 VwGO zur Richtigkeit bzw.
Zuverlässigkeit der Auskünfte und Lageberichte des Auswärtigen Amtes sind allein in der
in dem Verfahren der Mutter des Klägers durchgeführten mündlichen Verhandlung gestellt
worden. Diese Beweisanträge hat das Verwaltungsgericht im Übrigen in der das Verfahren
der Mutter des Klägers betreffenden mündlichen Verhandlung abgelehnt. Daraus folgt,
dass das Verwaltungsgericht die - vom Kläger in Bezug genommenen - Einwände der
Mutter gegen die Richtigkeit der Auskünfte und Lageberichte des Auswärtigen Amtes zur
Kenntnis genommen hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.