Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 08.03.2001

OVG NRW: betriebsstätte, gewerbliche niederlassung, gewerbesteuer, veranlagung, industrie, bezirk, mitgliedschaft, handelskammer, unternehmen, zerlegung

Oberverwaltungsgericht NRW, 4 A 4040/99
Datum:
08.03.2001
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 A 4040/99
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 3 K 3044/99
Tenor:
Der Antrag wird auf Kosten der Klägerin abgelehnt.
Der Streitwert wird auch für das Antragsverfahren auf 700,- DM
festgesetzt.
G r ü n d e :
1
Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 3 und 4 VwGO gestützte Antrag
hat keinen Erfolg.
2
Die Klägerin, deren Unternehmenssitz außerhalb des Kammerbezirks der Beklagten
liegt und die dort zur Gewerbesteuer veranlagt wird, ist der Rechtsauffassung, für die
Mitgliedschaft in der Beklagten sei neben dem Vorliegen einer Betriebsstätte in deren
Kammerbezirk zusätzlich auch die Veranlagung zur Gewerbesteuer mit dieser
Betriebsstätte über einen Zerlegungsbescheid erforderlich. Da letztere Voraussetzung
im Kammerbezirk der Beklagten bei ihr nicht vorliege, beständen ernstliche Zweifel an
der Richtigkeit des Urteils. Daneben bestehe grundsätzlicher Klärungsbedarf, ob das
Tatbestandsmerkmal der "Veranlagung zur Gewerbesteuer" des § 2 Abs. 1 IHKG
dahingehend zu verstehen sei, dass die Veranlagung am Unternehmenssitz ausreiche
oder aber ob dafür - über Zerlegungsanteile - auch die Veranlagung im jeweiligen
Kammerbezirk erforderlich sei. Ferner sieht sie eine Divergenz des angefochtenen
Urteils zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 1998 - 1 C 19.97 -,
weil das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt habe, dass das
Bundesverwaltungsgericht das Tatbestandsmerkmal der Veranlagung zur
Gewerbesteuer auf den jeweiligen Kammerbezirk beziehe.
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Die Darlegungen der Klägerin rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung. Denn
danach bestehen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils
(Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch wird ein grundsätzlicher
Klärungsbedarf (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) aufgezeigt. Ferner
liegt die gerügte Divergenz (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) nicht vor.
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Die Ansicht der Klägerin, sie sei nicht Kammerzugehörige, weil ihre Betriebsstätte im
Bezirk der Beklagten nicht Gegenstand eines Zerlegungsbescheides sei, ist nicht
zutreffend.
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§ 2 Abs. 1 IHKG lautet: "Zur Industrie- und Handelskammer gehören, sofern sie zur
Gewerbesteuer veranlagt sind, natürliche Personen, Handelsgesellschaften, andere
nicht rechtsfähige Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten und des
öffentlichen Rechts, welche im Bezirk der Industrie- und Handelskammer entweder eine
gewerbliche Niederlassung oder eine Betriebsstätte oder eine Verkaufsstelle
unterhalten (Kammerzugehörige)." Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift folgt, dass
das Tatbestandsmerkmal "zur Gewerbesteuer veranlagt" nur auf die
Kammerzugehörigen, nicht aber auf die jeweilige Betriebsstätte bezogen ist. Die
Klägerin verkennt mit ihrer Auffassung, eine Betriebsstätte könne nur dann die
Mitgliedschaft und damit die Beitragspflicht herbeiführen, wenn die jeweilige
Betriebsstätte durch Zerlegungsbescheid erfasst sei, dass es für die Pflichtmitgliedschaft
allein auf die dem Grunde nach bestehende Gewerbesteuerpflicht, nicht aber auf die
Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrags ankommt.
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Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 14. September 1998 - 1 B 69.98 -, GewArch 1999,
36.
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Deshalb hängt die Kammerzugehörigkeit nicht von einer (tatsächlich erfolgten)
Veranlagung, also der Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrags ab. Wenn dies für
ein Unternehmen als Ganzes gilt, kann - bezogen auf eine von mehreren Betriebsstätten
eines Unternehmens - nichts anderes gelten, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist,
dass die Gewerbesteuerpflicht ohnehin nur das Unternehmen als Ganzes, nicht jedoch
einzelne Betriebsstätten betreffen kann. Im Ergebnis kommt es somit für die
Kammerzugehörigkeit weder darauf an, ob bei mehreren Betriebsstätten eine Zerlegung
des Gewerbesteuermessbetrags erfolgt ist, noch ob auf die betreffende Betriebsstätte
ein Zerlegungsanteil entfällt.
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Vgl. Frentzel/Jäkel/Junge, Industrie- und Handelskammergesetz, 6. Auflage, § 2 Rn. 81
(mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung).
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Entgegen der Ansicht der Klägerin ist dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom
27. Oktober 1998 - 1 C 19.97 - (GewArch 1999, 73 = NVwZ - RR 1999, 243) nicht zu
entnehmen, dass das Vorliegen einer Betriebsstätte nur dann zur Kammerzugehörigkeit
führen kann, wenn diese Betriebsstätte von einem Zerlegungsbescheid erfasst wird,
auch wenn dies nach dem Sachverhalt des Urteils der Fall war. Die entsprechende
Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts in dem genannten Urteil zielt auf das
Vorliegen des Tatbestandsmerkmals der "Gewerbesteuerveranlagung" des § 2 Abs. 1
IHKG als Voraussetzung für die Kammermitgliedschaft ab. Mit dieser Feststellung wird
nicht davon abgerückt, dass "Gewerbesteuerveranlagung" im Sinne von § 2 Abs. 1
IHKG nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die dem Grunde nach
bestehende Gewerbesteuerpflicht meint. Bezüglich eines Zerlegungsbescheides ist
dem Urteil allein zu entnehmen, dass dieser weder Tatbestands- noch
Feststellungswirkung dahingehend hat, dass eine Betriebsstätte im Sinne von § 2 Abs.
1 IHKG vorliegen muss, auch wenn dies dann regelmäßig der Fall sein dürfte.
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Auf Grund der vorangegangenen Ausführungen liegt auch nicht die behauptete
Divergenz vor.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung ergibt
sich aus § 13 Abs. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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