Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 15.11.2006

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Oberverwaltungsgericht NRW, 17 B 849/05
Datum:
15.11.2006
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
17. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
17 B 849/05
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 8 L 144/05
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- Euro
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Die Beschwerde ist nicht begründet.
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Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt
ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben keinen Anlass, den angefochtenen Beschluss
abzuändern oder aufzuheben.
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Das Verwaltungsgericht hat ein eigenständiges Aufenthaltsrecht des Antragstellers
nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG (nunmehr: § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG) mit
der Erwägung verneint, dass die eheliche Lebensgemeinschaft mit seiner deutschen
Ehefrau nicht zwei Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden habe. Die eheliche
Lebensgemeinschaft sei nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers am 7. August
2003 aufgehoben worden; ein rechtmäßiger Aufenthalt des Antragstellers habe nur in
der Zeit vom 9. April 1999 bis zum 5. April 2001 sowie wieder ab dem 26. Oktober 2001
vorgelegen.
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Das Beschwerdevorbringen führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Entgegen der
Ansicht des Antragstellers war sein Aufenthalt mit dem Ablauf der Aufenthaltserlaubnis
am 5. April 2001 bis zur (Neu)erteilung der Aufenthaltserlaubnis am 26. Oktober 2001
nicht (mehr) rechtmäßig. Dies hat zur Folge, dass die zweijährige Mindestbestandszeit
für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht - wie vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegt -
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erst mit dem 26. Oktober 2001 erneut zu laufen beginnt. Der Fortfall des rechtmäßigen
Aufenthalts eines der Ehegatten im Bundesgebiet führt unabhängig von seiner Dauer
ebenso wie die endgültige Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft jeweils zum
Erlöschen der bis dahin erworbenen Anwartschaft auf ein eigenständiges
Aufenthaltsrecht nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AuslG bzw. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
AufenthG.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. August 2006 - 18 E 894/06 -, m.w.N.
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Dem - unstreitig - erst am 12. April 2001 gestellten Antrag auf Verlängerung der
Aufenthaltserlaubnis kam keine Fiktion eines erlaubten Aufenthalts nach § 69 Abs. 3
Satz 1 Nr. 2 AuslG zu. Denn der Antragsteller hat sich in dem maßgeblichen Zeitpunkt
der Antragstellung nicht rechtmäßig im Sinne des § 69 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AuslG im
Bundesgebiet aufgehalten. Bei Stellung seines Verlängerungsantrages am 12. April
2001 war die dem Antragsteller zuletzt erteilte Aufenthaltserlaubnis bereits erloschen.
Die Aufenthaltserlaubnis war dem Antragsteller nämlich nur bis zum 5. April 2001 erteilt
worden, so dass sie mit dem Ablauf dieses Tages endete.
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Die Rüge, das Fristversäumnis sei „nicht so gravierend" als dass es ein Fiktionsrecht
nicht auslösen könnte, greift nicht durch. Selbst mit einer Antragstellung am Tag nach
Ablauf der Aufenthaltserlaubnis lässt sich der mit § 69 Abs.3 Satz 1 Nr. 2 AuslG
bezweckte lückenlose rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet nicht mehr erreichen.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Oktober 1999 - 18 B 1381/99 -, InfAuslR 2000, 115.
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Es kann offen bleiben, ob es sich bei den erstmalig mit der Beschwerde dargelegten
Gründen für die verspätete Antragstellung um eine Schutzbehauptung handelt. Hierfür
könnte sprechen, dass das Vorbringen in den Akten keinen Niederschlag in Form eines
Aktenvermerks findet und mit der Aktenlage kaum zu vereinbaren ist. Dieser
Gesichtspunkt bedarf indes keiner Vertiefung, da es hierauf entscheidungserheblich
nicht ankommt. Dem Antragsteller kann bezüglich des erst nach Ablauf seiner
Aufenthaltserlaubnis gestellten Verlängerungsantrages mit Blick auf die Erlaubnisfiktion
nach § 69 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AuslG keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach
§ 32 VwVfG gewährt werden, weil es sich beim Erfordernis der Antragstellung aus der
Position eines rechtmäßigen Aufenthalts nicht um eine gesetzliche Frist, sondern um
eine materiellrechtliche Tatbestandsvoraussetzung handelt.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Oktober 2003 - 18 B 746/03 -.
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Das Vorbringen, sein gesamter Aufenthalt im Bundesgebiet habe als rechtmäßig zu
gelten, da der allein im Hinblick auf die Eheschließung zurückgenommene Asylantrag
positiv beschieden worden wäre, vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Abgesehen davon, dass der Asylantrag vom Bundesamt für die Anerkennung
ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 18. April 1997 (bestandskräftig) abgelehnt
worden ist, findet sich für die Annahme des Antragstellers nicht ansatzweise eine Stütze
im Gesetz. Nur die positive Bescheidung des Asylgesuchs kann zu einem
Aufenthaltstitel und damit zu einem rechtmäßigen Aufenthalt führen (vgl. §§ 68, 70
AsylVfG a.F. bzw. § 60 Abs. 1 und 2 AufenthG).
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Auch das Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz
2 AuslG bzw. § 31 Abs. 2 AufenthG ist zu verneinen, deren Vorliegen von dem
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Erfordernis eines mindestens zweijährigen rechtmäßigen Aufenthalts befreit. Zur
Begründung einer solchen Härte beruft sich der Antragsteller darauf, dass er die nicht
rechtzeitige Beantragung der Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis nicht zu
vertreten habe. Dieses Vorbringen - zu seinen Gunsten unterstellt - vermag keine
besondere Härte im Sinne der vorgenannten Vorschriften zu begründen. Denn die mit
dem Wegfall des Aufenthaltsrechts verbundene Pflicht zum Verlassen der
Bundesrepublik nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft vor Ablauf der
vorgesehenen Ehebestandszeit stellt nach der vom Gesetzgeber zulässigerweise
vorgenommenen typisierenden Betrachtungsweise lediglich eine allgemeine Härte dar,
die jeden Ausländer in einer vergleichbaren Situation trifft, ohne dass er sich damit von
der Vielzahl der Fälle abhebt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§
47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.
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