Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 22.03.2007

OVG NRW: jugendhilfe, verfügung, integration, funktionelle zuständigkeit, schule, erlass, schlüssiges verhalten, berufliche ausbildung, familie, ausschluss

Oberverwaltungsgericht NRW, 12 A 217/05
Datum:
22.03.2007
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 A 217/05
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 19 K 2727/04
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, für das
Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizu-
treibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Das Verfahren betrifft die Zuschussvergabe zu den Personalkosten für das Ange-bot
sozialpädagogisch begleiteten Wohnens im Haushalts 2003.
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Die bei Aufnahme des Rechtsstreits als Klägerin auftretende L. St. B. gGmbH, die
in der Landesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (LAG KJS) NRW e.V.
organisiert ist, betrieb als anerkannte Trägerin der freien Jugendhilfe bis zur Übernahme
des entsprechenden Geschäftszweiges im Jahr 2004 durch die von ihr als
Mehrheitsgesellschafterin und dem D. X. e.V. gegründete Akademie für
Gesundheitsberufe gGmbH X. im Rahmen einer mit Betriebserlaubnis aus dem Jahre
1993 genehmigten Pflegevorschule ein Jugendwohnheim.
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Zur Betreuung ihrer jugendlichen Heimbewohner beschäftigte sie sozialpädago-gisches
Fachpersonal und erhielt seit der Errichtung des Heimes hierfür Perso-
nalkostenzuschüsse aus dem Landeshaushalt Nordrhein-Westfalen (Landesju-
gendplan NRW), wobei die Bewilligung der Fördergelder gem. § 74 Abs. 1 SGB VIII und
gem. den Richtlinien zum Landesjugendplan NRW in der Form erfolgte, dass der LAG
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KJS eine Gesamtzuwendungssumme bewilligt und diese entsprechend der jeweiligen
Zahl der beschäftigten Fachkräfte und Berufspraktikanten auf die einzelnen Träger
anteilig verteilt wurde. Nach den Richtlinien für das Jahr 2003 konnten nur noch die
Träger selbst Zuwendungsempfänger sein.
In den Nebenbestimmungen der früheren Bewilligungsbescheide wurde jeweils darauf
hingewiesen, dass die Förderung wegen der Entwicklung der Haushalts-lage des
Landes zukünftig möglicherweise ganz oder teilweise entfallen könne und man sich bei
Vertragsgestaltungen darauf einrichten solle. Am 8. Juli 2002 teilte das Ministerium für
Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit NRW (MFJFG) in einem Gespräch u.a. der
LAG KJS mit, dass für das Haushaltsjahr 2003 nunmehr eine Kürzung des
Haushaltsvolumens des Landesjugendplanes von 102 Mio. Euro um 8,8 Mio. Euro
beabsichtigt sei und 5,5 Mio. Euro dieser einzusparenden Mittel durch die Herausnahme
des Jugendwohnens aus der Förderung realisiert werden sollten. Unter dem 23. Juli
2002 unterrichtete der Beklagte auf Weisung des Ministeriums die LAG KJS auch
schriftlich darüber, dass beabsichtigt sei, sozialpädagogisch begleitetes Wohnen in
Jugendwohnhei-men und anderen Wohnheimen nach Position VIII des
Landesjugendplans ab dem Haushaltsjahr 2003 nicht mehr zu fördern. Als am 24. Juli
2002 eine tele-fonische Unterrichtung über die Einstellung der Förderung des
sozialpädagogisch betreuten Jugendwohnens nachfolgte, erklärten sich die
Trägergruppen als be-reits informiert. Die beabsichtigte Kürzung wurde von der
Ministerin in einem Ge-spräch mit der LAG KJS am gleichen Tage nochmals bestätigt. In
der Folgezeit versuchten die LAG KJS und andere Betroffene auf politischem Wege –
nämlich in Gesprächen mit den Entscheidungsträgern, mittels offener oder an die Partei-
en gerichteter Briefe, durch die Einholung eines Rechtsgutachtens und durch ei-ne
intensive Pressearbeit – die angekündigte Haushaltsentscheidung abzuwen-den.
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Anlässlich der Beratung des Einzelplanes 11 des Haushaltsgesetzes 2003 (spä-ter
Einzelplan 5) im Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie führte die Mini-sterin Birgit
Fischer am 26. September 2002 unter anderem aus, der Landes-jugendplan weise mit
93,4 Millionen EUR einen um 8,851 Millionen EUR ge-ringeren Ansatz als 2002 auf.
Betroffen hiervon seien die Förderung des Ju-gendwohnens und einige Einzelansätze.
Mit Ende dieses Jahres solle die För-derung der sozialpädagogischen Kräfte in
Jugendwohnheimen, die bisher mit 5,5 Millionen EUR veranschlagt gewesen sei,
eingestellt werden. Dies bedeute jedoch nicht das Ende des Jugendwohnens. Dieses
werde schon heute aus unterschiedlichen Quellen finanziert. Deshalb würden die
Jugendlichen auch weiter dort wohnen bleiben können. Die Landesförderung habe sich
ausschließ-lich auf die pädagogischen Fachkräfte konzentriert und einen Anteil von
rund 16 % an den Gesamtkosten für die Jugendwohnheime mit Landesförderung
getragen. Dieser wegfallende Betrag könne dort, wo tatsächlich Fachkräfte erforderlich
seien, durch eine Erhöhung der Tagessätze um ca. 3,50 EUR pro Tag und Teilnehmer
kompensiert werden. Weitere rund 3,351 Millionen EUR würden mit einer globalen
Minderausgabe erwirtschaftet, wobei die Einzelkür-zungen noch nicht festgelegt seien
(Ausschussprotokoll 13/658 S. 4). Die Frak-tion der CDU ging demgegenüber in den
Ausschussberatungen davon aus, dass der Anteil der bisherigen Förderung des
Jugendwohnens 25 % betrug. Am 14. November 2002 beschäftigte sich der Ausschuss
für Kinder, Jugend und Familie erneut mit der beabsichtigten Kürzung der Mittel für das
Jugendwohnen (Aus-schussprotokoll 13/714, S. 14 f.). Dabei führt die CDU-
Abgeordnete Kastner aus, seitens der betroffenen Einrichtungen sei erklärt worden, man
sei mittlerweile bei Tagessätzen von 30,-- EUR angelangt und komme ohne die
Landeszuschüsse auf Tagessätze von ungefähr 40,-- EUR. Eine Erhöhung der
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Tagessätze um 3,50 EUR reiche also zur Kompensation nicht aus. Anträge der CDU-
und der FDP-Fraktion, die darauf gerichtet waren, die Kürzungen im Untertitel 18
"Schul- und berufsbezogene Angebote der Jugendsozialarbeit (LJP VIII) des Titels
68461 in Höhe von 5,5 Millionen EUR zurückzunehmen, wurden mit den Stimmen der
Re-gierungsfraktion abgelehnt (Bericht über das Ergebnis der Beratungen des Aus-
schusses für Kinder, Jugend und Familie vom 28. November 2002).
Am 11. Dezember 2002 erfolgte die zweite Lesung des Haushaltsgesetzes 2003 und
dabei unter anderem des Einzelplanes 11. Dabei wurde ebenfalls die beab-sichtigte
Streichung der Mittel für das Jugendwohnen behandelt (Plenarprotokoll 13/76, S. 7653,
7656, 7659, 7660, 7663). Seitens der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN wurde eine
Hilfestellung dort, wo es keine anderen Finanzierungsquellen gebe, die pädagogische
Arbeit im Rahmen des Jugendwohnens aber tatsächlich notwendig sei, in Aussicht
gestellt bzw. der Einsatz für Übergangslösungen angekündigt. Die Ministerin Ute
Schäfer führt u. a. aus, man müsse hinschauen, wer denn in den Jugendwohnheimen
lebe. Dies seien hauptsächlich Erwachsene. Da frage man sich, ob diese noch eine
pädagogische Betreuung in dieser Dichte brauchten. Insofern sei es legitim, wenn man
über diese Förderprogramme einmal nachdenke.
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Mit Erlass vom 11. Dezember 2002 bat das Ministerium ( jetzt Ministerium für Schule,
Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen) den Beklagten, für den
Förderbereich "schul- und berufsbezogene Angebote der Jugendsozialarbeit" des
Landesjugendplans – Einzelförderrichtlinie VIII, Nr. 3.2 und 3.3 (nicht auch für Kapitel
VIII, Nr. 3.1) – unter näher bestimmten Bedingungen die Zuwen-dungsbescheide für die
ersten beide Monate des Jahres 2003 zu fertigen und die erste Rate – unter Vorbehalt –
im Dezember 2002 auszuzahlen. Insoweit würden 1.017.790,00 EUR zur Verfügung
gestellt .
8
In den ab 1. Januar 2003 geltenden Richtlinien zum Landesjugendplan (Runderlass des
Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-
Westfalen vom 30. Oktober 2002) heißt es unter B) VIII.1 "Gefördert werden
sozialpädagogische Angebote für sozial benachteiligte junge Menschen mit dem Ziel,
deren soziale und berufliche Integration zu fördern sowie zur Stärkung von deren
Persönlichkeit beizutragen. Hinweise zur Zugehörigkeit zu der Zielgruppe "sozial
benachteiligte junge Menschen" liefern u.a. das Vorliegen von Migrationshintergründen,
Geschlecht, das schulische Leistungsniveau sowie die Schulabschlüsse, die familiäre
und Wohnsituation sowie der Wohnort, gesundheitliche Aspekte, die soziale
Lage/beruflicher Status, Kontakte zu anderen Hilfesystemen und Straffälligkeit. Die
Angebote können sich von den letzten drei Jahren der Erfüllung der Vollzeitschulpflicht
bis zur erfolgreichen Einmündung in den Beruf erstrecken. Die Aktivitäten beziehen sich
auf: a) sozialpädagogisch begleitetes Wohnen.........." Ferner heißt es unter B) VIII.3:
"Gefördert werden: 3.1 Personalkosten für Angebote nach Nr. 1 a). Die Förderung
erstreckt sich auf Fachkräfte und Berufspraktikanten im Anerkennungsjahr....". Ein
Rundschreiben des Beklagten vom 29. August 2002, mit dem die Träger von
Maßnahmen der Pos. VIII LJP "schul- und berufsbezogene Angebote der
Jugendsozialarbeit" in seinem Bereich unter Bezugnahme auf entsprechende
Richtlinien aufgefordert wurden, rechtzeitig für derartige Maßnahmen auf den
beigefügten Antragsvordrucken nach Maßgabe im einzelnen angeführter
Voraussetzungen Förderungsleistungen zu beantragen, verhielt sich demgegenüber zur
Förderung des sozialpädagogisch begleiteten Wohnen im Gegensatz zur
sozialpädagogischen Beratung und werkpädagogischen Maßnahmen nicht.
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Am 18. Dezember 2002 wurde der Haushaltsplan für das Jahr 2003 verabschie-det. Im
53. Landesjugendplan (Beilage 2 zu Einzelplan 5) waren insgesamt För-dermittel für die
Kinder- und Jugendarbeit in Höhe von 96.553.700,00 EUR in Ansatz gebracht. Davon
entfielen in Pos. VIII auf schul- und berufsbezogene An-gebote der Jugendsozialarbeit
13.927.900,00 EUR. An globalen Minderausgaben waren 5.500.000,00 EUR
veranschlagt. In den Erläuterungen zu Pos. VIII war unter a) – e) aufgeschlüsselt,
welche Personal- und Sachkosten der Förderung unterfallen. Eine Förderung von
Personalkosten in Jugendwohnheimen wurde in Abweichung vom Jugendhilfeplan für
das Jahr 2002 nicht genannt. Die Förderung von Jugendberatungsstellen und
Jugendwerkstätten war hingegen weiter vorgesehen.
10
Am 23. Dezember 2002 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Bezuschussung der
Personalkosten ihres Jugendwohnheimes "gemäß Position VIII 1 a Landesjugendplan
NRW" für das Jahr 2003.
11
Am 7. Januar 2003 wurden die Landesjugendämter durch das Ministerium mündlich
angewiesen, Anträge der Jugendwohnheime auf Förderung ablehnend zu bescheiden.
12
Mit Bescheid vom 13. Januar 2003 lehnte der Beklagte die Gewährung des Zu-
schusses ab und begründete dies damit, dass der Landeshaushalt 2003 keine Mittel
mehr für begleitetes Wohnen vorsehe.
13
In seiner Sitzung vom 16. Januar 2003 wurde der Landesjugendhilfeausschuss durch
die Verwaltung über die Kürzung des Landesjugendplanes um einen Betrag von 5,5
Mio. Euro im Bereich des Jugendwohnens informiert. Die mündliche Weisung vom 7.
Januar 2003 wurde unter dem 24. Januar 2003 schriftlich bestätigt.
14
Bei der durch Verfügung des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder des Landes
Nordrhein-Westfalen vom 24. Januar 2003 angeordneten Überprüfung, inwieweit
Einrichtungen des Jugendwohnens für eine in der parlamentarischen Debatte in
Aussicht gestellte und schon im Schreiben der SPD-Fraktion an die LAG KJS vom 9.
Dezember 2002 avisierte Härtefallregelung in Betracht kommen, kam der Beklagte
kurze Zeit später zu dem Ergebnis, dass die Klägerin auch die insoweit vom Ministerium
aufgestellten Kriterien nicht erfülle.
15
Gegen den ablehnenden Bescheid vom 13. Januar 2003 legte die Klägerin am 27.
Januar 2003 Widerspruch ein.
16
Mit besonderer Verfügung gem. § 34 Landeshaushaltsordnung (LHO) des Mi-nisteriums
für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen (MSJK) vom 19. März
2003 zu Einzelplan 11, Kap. 11050 (richtig: Einzelplan 5, Kapitel 05050), Titel 68461 UT
18 sowie Titel 63361 UT 18 wurde für das Haushaltsjahr das bisherige Soll von
1.017.790,00 EUR um 6.719.917,00 EUR auf 7.737.761,00 EUR erhöht. In den
Bemerkungen hierzu hieß es u. a., die gem. Erlass vom 11. Dezember 2002 erteilten
Zuwendungsbescheide seien ab dem 1. März 2003 bis zum 31. Dezember 2003 zu
ergänzen. Die Mittelzuteilung nach Nr. 3.1 der ab 1. Januar 2003 gültigen
Einzelförderrichtlinie zu Pos. VIII entfalle. Etwa im gleichen Zeitraum nahm das
Ministerium im Lichte der knappen Haushaltslage und sich abzeichnender
Rechtsstreitigkeiten auch von Übergangslösungen für Jugendwohnheime insgesamt
Abstand.
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Am 1. April 2003 beantragte die Klägerin beim Verwaltungsgericht Düsseldorf, ihr für
das Jahr 2003 im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig Zuschüsse zu den
Personalkosten für sozialpädagogische Fachkräfte in Höhe von 61.500,00 EUR zu
bewilligen und auszuzahlen.
18
Zur Begründung des Widerspruchs und des Antrags auf einstweiligen Rechts-schutz
trug die Klägerin im wesentlichen vor: Der Ablehnungsbescheid vom 13. Januar 2003
sei schon deshalb rechtswidrig, weil er ohne die vorgeschriebene Mitwirkung des
Landesjugendhilfeausschusses zustande gekommen sei. Entgegen der Auffassung des
Antragsgegners handele es sich nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung, da
sich aus § 10 Abs. 2 AG-KJHG ergebe, dass es sich bei Bescheiden über die
Verwendung der vom Land für die Jugendhilfe bereitgestellten Mittel generell nicht um
Geschäfte der laufenden Verwaltung handele. Der Landesjugendhilfeausschuss hätte
auch über die Zuwendungen für die Einrichtungsformen nach den Nrn. 3.2 und 3.3 der
Einzelförderrichtlinie VIII entscheiden müssen; tatsächlich habe er insoweit aber nicht
entschieden. Daher seien sämtliche diesbezüglichen Zuwendungsbescheide wegen
formeller Rechts-widrigkeit zurückzunehmen.
19
Zudem sei es unzutreffend, dass der Landeshaushalt für das Jahr 2003 keine Mittel für
die Förderung sozialpädagogischer Fachkräfte für das Jugendwohnen vorsehe. Der
Einzeltitel im Haushaltsplan sehe nämlich wie bisher die Förderung der schul- und
berufsbezogenen Angebote der Jugendsozialarbeit vor. Nur diese im Einzeltitel zum
Ausdruck kommende Bestimmung binde den Antragsgegner für seine
Förderentscheidung. Die Erläuterungen in der Beilage würden eine sol-che
Bindungswirkung nicht entfalten. Diese sei gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 LHO NRW nur
eine unverbindliche Erläuterung des Haushaltsplans. Im Übrigen er-gebe auch die
Beilage nichts dafür, dass die dortige Aufzählung abschließend gemeint sei. Dass
tatsächlich kein Ausschluss der Förderung für sozialpädagogisch begleitetes Wohnen
für sozial benachteiligte Jugendliche gewollt sei, folge überdies aus den ab 1. Januar
2003 gültigen Förderrichtlinien, die wie bisher Zuwendungen zu diesem Zweck
vorsähen.
20
Namentlich sei der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, da die Jugendbera-
tungsstellen und –werkstätten demgegenüber wie im Vorjahr weitergefördert würden.
Bei Förderung gleichartiger Maßnahmen müssten aber gleiche Grundsätze und
Maßstäbe angelegt werden. Sämtliche Angebote der Jugendwohnheime,
21
–beratungsstellen und –werkstätten seien normativ gleichermaßen in § 13 SGB VIII
verankert und sie verfolgten übereinstimmend das gleiche Ziel der Förderung der
sozialen und beruflichen Integration sowie der Stärkung der Persönlichkeit der
Jugendlichen. Bei der Gleichartigkeit der Jugendhilfemaßnahmen komme es darauf an,
dass sie das gleiche Arbeitsfeld beträfen und der gleichen Zielsetzung des Gesetzes
dienten. Gerade hier diene auch die Förderung in Form der Über-nahme von
Personalkosten sozialpädagogischen Personals dem einheitlichen
sozialpädagogischen Ziel. Deshalb seien bislang die Fördermaßnahmen für alle
Einrichtungsarten einheitlich in Ziffer 3.2 der Position VIII des Landesjugendplans unter
der Überschrift "Berufsbezogene Angebote der Jugendsozialarbeit" zusam-mengefasst
und Fördermittel gegenseitig anrechnungsfähig gewesen. Der grund-rechtliche
Gleichheitssatz stehe nicht unter dem Vorbehalt der verfügbaren Haus-haltsmittel, zumal
in den Förderrichtlinien weiterhin Zuwendungen für sozialpädagogisch begleitetes
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Wohnen vorgesehen seien.
Aus den haushaltsrechtlichen Unterlagen ergebe sich außerdem, dass die ver-
meintlichen Differenzierungskriterien schon im Ansatz von unzutreffenden Prä-missen
ausgingen und deshalb nicht tragfähig seien. Die Grundannahme der Ministerin " in den
Jugendwohnheimen lebten hauptsächlich Erwachsene", sei unzutreffend. Nach der
selbst erstellten Härtefallliste liege der Anteil der Minderährigen bei einer Reihe von
Jugendwohnheimen bei 50 bis 60 %. Unabhängig davon widerspreche die
vorgenommene Differenzierung Minderjähriger/Erwach-sener den gesetzlichen
Vorgaben des SGB VIII und den förderrechtlichen Be-stimmungen, die als Zielgruppe
"junge Menschen" benennen. Diese seien in § 7 Abs. 1 Nr. 4 SGB VIII legaldefiniert als
Menschen, die noch keine 27 Jahre alt seien. Der nach den Ausführungen der Ministerin
maßgebliche Grund für die Streichung der Förderung verstoße damit gegen die
Vorschriften des SGB VIII und die Förderrichtlinien. Auf die vordergründige Erwägung,
je jünger die Betroffenen seien, desto intensiver müsse die pädagogische Betreuung
ausfallen, dürfe jedenfalls bei der Jugendsozialarbeit nicht abgestellt werden, weil
dieser Bereich der Jugendhilfe sich an junge Menschen umfassend wende. Diese
bedürften in gleicher Weise der sozialpädagogischen Betreuung. Eine
Ungleichbehandlung, die auf einem Differenzierungskriterium beruhe, das gesetzlichen
Vorgaben widerspreche, könne per se nicht gerechtfertigt sein.
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Das Förderermessen sei auch darüber hinaus nicht sachgerecht ausgeübt worden. Die
besondere Bedeutung der Jugendwohnheime für die vom Gesetzgeber verfolgten Ziele
sei außer Acht gelassen worden. Jugendwohnheime nähmen eine überörtliche
Versorgung wahr und müssten daher eher als nur örtliche Angebote durch den
überörtlichen Träger gefördert werden. Es würden zudem ganz überwiegend sozial
benachteiligte Jugendliche im Sinne von § 13 Abs. 1 SGB VIII betreut. Das
Leistungsermessen verdichte sich insoweit gemäß § 13 Abs. 3 SGB VIII zu einem
Leistungsanspruch der Jugendlichen und damit auch zu einer Pflicht zur Förderung von
Jugendwohnheimen freier Träger (§ 4 Abs. 2 SGB VIII), in denen der Leistungsanspruch
der Jugendlichen verwirklicht werde. Ohne die Förderung könnten keine
sozialpädagogischen Fachkräfte mehr beschäftigt und damit keine sozial
benachteiligten Jugendlichen aufgenommen werden. Bei Weg-fall derartiger Angebote
könnten die sozial benachteiligten Jugendlichen nicht mehr an außerhalb ihres
Wohnortes angebotenen Bildungsmaßnahmen teilneh-men. Diese Jugendlichen wären
faktisch aufgrund ihrer sozialen Benachteiligung in der durch Art. 12 Abs. 1 GG
garantierten Berufs- und Ausbildungswahl erheb-lich beschränkt. Auch diese
grundrechtliche Bedeutung für die betroffenen Ju-gendlichen sei in die
Ermessensausübung einzustellen, was sich nicht nur an § 74 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB
VIII, sondern auch an § 74 Abs. 4 SGB VIII zeige.
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Zudem habe der Wegfall der Förderung für die Träger der Jugendwohnheime
existenzbedrohende Wirkung. Es helfe ihnen nicht, dass die örtlichen Träger der
Jugendhilfe verpflichtet wären, nach §§ 77, 78a ff. SGB VIII höhere Entgelte zu
vereinbaren. Die externen Kostenträger, die zu 90 % betroffen seien, würden nämlich
eine Unterbringung bei den derart erhöhten Kosten ablehnen.
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Infolge des Ausbleibens der Fördergelder sei gerade auch das Wohnheim der Klägerin
in seiner Existenz gefährdet. Eine Kostenreduzierung durch kurzfristige Kündigung des
Personals sei nicht möglich. Auch alternative Finanzierungsmög-lichkeiten bestünden
tatsächlich nicht. Bereits jetzt bestünden wegen der Höhe der Entgelte
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Belegungsschwierigkeiten. Da durchweg Jugendlich aus sozial be-nachteiligtem Milieu
aufgenommen würden, könnte an sie eine Erhöhung von Leistungsentgelten nicht
weitergegeben werden. Ohnehin sei, da es auf Landesebene zu einem neuen
Rahmenvertrag gemäß § 78f SGB VIII ohne Regelungen über das Procedere der
Kalkulation der Entgelte gekommen sei, damit zu rechnen, dass es bei der
Vereinbarung neuer Entgeltsätze mit den Jugendhilfeträgern zu Schwierigkeiten
kommen werde. Ein Schiedsstellenverfahren gemäß § 78g SGB VIII werde
höchstwahrscheinlich nicht zu der erforderlichen Erhöhung der Tagessätze führen. So
hätten bereits andere Wohnheime infolge des Wegfalls eines Drittels ihrer Finanzierung
schließen müssen bzw. würden im laufenden Jahr schließen.
Ferner zwängen Gründe des Vertrauensschutzes jedenfalls für das Jahr 2003 dazu,
noch eine Übergangsförderung zu bewilligen. Im Hinblick auf die noch in den Heimen
lebenden Minderjährigen bedürften die Betriebe des sozialpädagogisch betreuten
Wohnens nach Maßgabe von § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII weiterhin zwingend der
durchgängigen pädagogischen Betreuung. Es müsse ihr
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– der Klägerin – die Möglichkeit gegeben werden, die Personalsituation so
umzugestalten, dass einerseits die Anforderungen an die sozialpädagogische
Betreuung eingehalten würden, dies aber künftig ohne Personalkostenzuschüsse
möglich sei. Es gelte auch der 25jährigen Zweckbindungsdauer in dem der Klägerin
erteilten Bauinvestitionsbescheid Rechnung zu tragen.
28
Mit Beschluss – 19 L 1094/03 – vom 3. Juni 2003 folgte das Verwaltungsgericht den
Gegenargumenten des Beklagten und lehnte den Antrag der Klägerin auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung ab, weil sie einen Anordnungsanspruch aus § 74 SGB VIII i. V.
m. Art. 3 GG und dem Haushaltsansatz im Haushaltsplan für das Jahr 2003 oder aus
dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht hinreichend glaubhaft gemacht habe.
29
Im Beschwerdeverfahren wiederholte und vertiefte die Klägerin ihren früheren Vortrag
zur fehlenden Beschlussfassung durch den Landesjugendhilfeausschuss, zur
mangelnden Verbindlichkeit der Erläuterungen zum Haushaltsplan, zur
anspruchsbegründenden Bedeutung der Nr. 3.1 der Richtlinien zum Landesjugendplan
i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG, zur Vergleichbarkeit von Jugendwohnheimen mit den sonstigen
– weiterhin geförderten – schul- und berufsbezogenen Angeboten der
Jugendsozialarbeit, zur mangelnden Einschlägigkeit der Ermessenskriterien
30
– wie etwa der Zahl der erreichten jungen Menschen, der Verzichtbarkeit der
Maßnahmen und dem unterschiedlicher Grad des nach § 13 Abs. 1 und 3 SGB VIII
anzulegenden Ermessens – für eine einseitige Streichung der Förderung von
Jugendwohnheimen und zum Gesichtspunkt des bei überraschenden Maßnahmen
stattfindenden Vertrauensschutzes. Dabei stützte sich die Klägerin maßgeblich auf die
Rechtsprechungspraxis des Verwaltungsgerichts Köln, wie sie etwa in dem Beschluss
vom 22. Juli 2003 im Verfahren 26 L 795/03 zum Ausdruck gekommen war.
31
Mit Beschluss vom 26. September 2003 – 12 B 1278/03 – wies der Senat die Be-
schwerde der Klägerin zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Weder
aus § 74 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG noch aus § 74 Abs. 3 Satz 1
SGB VIII i. V. m. dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes und den
einschlägigen jugendhilferechtlichen Grundsätzen folge nach summarischer Prüfung ein
Anspruch auf die volle oder teilweise Weiterführung der bisherigen Förderung. Der
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durch das Haushaltsgesetz vom 18. Dezember 2002 festgestellte Haushaltsplan des
Landes für das Jahr 2003 ermächtige bei überschlägiger Betrachtung die Verwaltung
nicht zu Ausgaben zur Bezuschussung von Personalkosten für sozialpädagogische
Fachkräfte in Jugendwohnheimen. Das ergebe sich ausdrücklich aus der den Willen
des Haushaltsgesetzgebers wiedergebenden Beilage 4 zu Einzelplan 11 (Beilage 2 zu
Einzelplan 05), dem 53. Landesjugendplan, in dem, anders als in den
Landesjugendplänen der Vorjahre, das sozialpädagogisch begleitete Jugendwohnen
als zu fördernde Maßnahme der Jugendsozialarbeit nicht mehr aufgeführt sei. Ein
wichtiges Indiz für den Zweck des Haushaltsgesetzgebers, die in den
Landesjugendplan 2003 eingestellten Mittel für andere Maßnahmen als die
sozialpädagogische Betreuung in Jugendwohnheimen zu verwenden, das
Jugendwohnen also von der Landesförderung auszunehmen, liege bereits in der
Abschmelzung des im Jahre 2002 für die Jugendsozialarbeit insgesamt vorgesehenen
Fördervolumens im Haushaltsjahr 2003 um den Betrag, der 2002 für die
Bezuschussung des Jugendwohnens zur Verfügung gestanden habe. Dem entspreche
auch der Gang der parlamentarischen Beratung, wie er im Protokoll der Sitzung des
Ausschusses für Kinder, Jugend und Familie vom 26. September 2002 niedergelegt sei.
Es stehe auch nach dem Akteninhalt nicht fest, dass die Verwaltung trotz fehlender
Bereitstellung von Mitteln im Landeshaushaltsplan ohne erneute Befassung des
Haushaltsgesetzgebers berechtigt gewesen sei, eine Hilfestellung "dort, wo es keine
anderen Finanzierungsquellen gebe, die pädagogische Arbeit im Rahmen des
Jugendwohnens aber tatsächlich notwendig sei", also bei sogenannten Härtefällen, zu
leisten. Ein strikter Anspruch, der auch erfüllt werden müsse, wenn keine
Haushaltsmittel bereitstehen, liege nicht vor. Der Ausschluss weiterer Förderung
verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, wie er im Jugendhilferecht durch § 74
Abs. 5 Satz 1 SGB VIII konkretisiert sei. Denn bei der Jugendberatung und der
Betreuung in Jugendwohnheimen handele es sich ebenso wenig um gleichartige
Maßnahmen im Sinne des § 74 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII wie bei der Betreuung in
Jugendwohnheimen und der in Jugendwerkstätten. Vielmehr seien diese jeweils anders
geartet, so dass eine ungleiche Behandlung gerechtfertigt sei. Nach überschlägiger
Prüfung sei auch nicht gegen den im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatz des
Vertrauensschutzes i. V. m. den einschlägigen jugendhilferechtlichen Grundsätzen
verstoßen worden. Einer der Fälle, in denen ausnahmsweise das Vertrauen auf eine
Weiterförderung rechtlich geschützt sei, liege nicht vor. Insbesondere ergebe sich ein
Schutz nicht aus einer den gesetzlichen Rang der betroffenen Jugendhilfemaßnahme
und die Möglichkeit, sich auf die veränderte Bewilligungspraxis einzustellen,
einbeziehenden Betrachtung. Es lasse sich nicht feststellen, dass die Klägerin nicht
hinreichende Möglichkeit gehabt hätte, sich auf das Ausbleiben weiterer Zuschüsse zu
ihren Personalkosten für die sozialpädagogische Betreuung einzustellen. Die
Förderung sei in der Vergangenheit jeweils nur für ein Jahr erfolgt und die
Zuwendungsbescheide an die LAG KJS hätten in den letzten Jahren als
Nebenbestimmung den Hinweis auf einen möglichen Wegfall der Förderung enthalten,
der angesichts der offenkundigen und damit auch dem Antragsteller bekannten äußerst
angespannten Situation des Landeshaushalts auch kein bloß formelhafter Anhang ohne
Warnwert gewesen sei. Zudem sei die LAG KJS bereits mit Schreiben vom 23. Juli 2003
über die Absicht unterrichtet worden, das sozialpädagogisch begleitete Wohnen in
Jugendwohnheimen nach Position VIII des Landesjugendplans ab dem Haushaltsjahr
2003 nicht mehr zu fördern, und diese Information sei in einem Gespräch mit der
damaligen Ministerin unterstrichen worden. Dass diese Hinweise nicht ausgereicht
hätten, eine Situation ohne Förderung aus dem Landeshaushalt zu bewältigen, sei nicht
glaubhaft gemacht. Ein schutzwürdiges Vertrauen sei auch nicht durch die
unterbliebene Anpassung der Richtlinien zum Landesjugendplan an die Vorgaben des
Haushalts entstanden. Denn vor dem Hintergrund der übrigen aufgezeigten Umstände
und Abläufe sei hinreichend deutlich geworden, dass eine Förderung auf der Grundlage
der Richtlinien nicht mehr in Betracht gekommen sei. Das Jugendwohnen sei auch in
den Regelungen des Achten Buches Sozialgesetzbuch nicht in einer das Vertrauen auf
Weiterführung einer staatlichen Förderung besonders schützenden Weise ausgestaltet.
Die Gewährung von Unterkunft in sozialpädagogisch begleiteten Wohnformen nach
§ 13 Abs. 3 SGB VIII sei lediglich als "Kann-Leistung" geregelt. Auch § 79 Abs. 2 SGB
VIII, wonach die öffentlichen Jugendhilfeträger bestimmte Grundausstattungen
gewähren müssten, führe nicht zu einem geschützten Vertrauen auf weitere
Subventionierung der Jugendwohnheimträger. Insoweit bestehe ein Unterschied etwa
zur Förderung privater Kindergartenträger. Anhaltspunkte für eine willkürliche
Herausnahme des Jugendwohnens aus der weiteren Landesförderung bestünden nicht.
Die im Einzelnen zur Begründung der Haushaltsentscheidung angeführten Erwägungen
könnten politisch anfechtbar sein oder sich als nicht tragfähig erweisen. Es sei aber
nicht glaubhaft gemacht, dass die Willkür-Grenze damit schon erreicht sei. Der Beklagte
habe keine andere Entscheidung als die Ablehnung des Förderantrags treffen können.
Deshalb könne dahingestellt bleiben, ob die funktionelle Zuständigkeit für den Erlass
des Ablehnungsbescheides beim Landesjugendhilfeausschuss gelegen habe, wofür
aber angesichts der starken Stellung des Landesjugendhilfeausschusses viel spreche.
Vor dem Hintergrund der vorstehenden Entscheidung des Senats wies der Be-klagte
den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 23. März 2004 als unbegründet zurück.
Zur Begründung führte er ergänzend aus, dass es sich bei der Aufnahme der Nr. 3.1 der
Pos. B VIII in den Richtlinien zum Landesjugendplan den Umständen nach um ein
schlichtes redaktionelles Versehen gehandelt haben dürfte, aus dem keine
Rechtsansprüche abgeleitet werden könnten. Soweit es in einem Schreiben des Landes
NRW vom 6. Juni 2003 in Hinblick auf anfängliche Vorbereitungen sogenannter
Härtefallregelungen geheißen habe, es seien "entsprechende Mittel reserviert worden",
habe dennoch keine Ermächtigung des Beklagten bestanden, trotz fehlender
Bereitstellung von Mitteln im Landeshaushaltsplan ohne erneute Befassung des
Haushaltsgesetzgebers mit der Förderung des Jugendwohnens entgegen dem
ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers und entgegen ausdrücklicher ministerieller
Weisung z. B. durch Umschichtungen und Einsparungen an anderer Stelle
erwirtschafteter Mittel Zuschüsse zu den Personalkosten für sozialpädagogische
Fachkräfte in Jugendwohnheimen zu gewähren. § 5 der Landschaftsverbandsordnung
sehe insoweit vor, dass den Landschaftsverbänden die Förderung öffentlicher und freier
Träger einschließlich der Ausführung des Landeshaushalts vom Fachminister (nur) im
Rahmen der von ihm erlassenen Richtlinien und Weisungen übertragen werden könne.
Gemessen daran, dass Maßnahmen der Jugendhilfe dann gleichartig seien, wenn die
zwischen ihnen in qualitativer, quantitativer und zeitlicher Hinsicht bestehenden
Unterschiede nicht von solcher Art und solchem Gewicht seien, dass sie eine ungleiche
jugendhilferechtliche Behandlung rechtfertigen könnten, handele es sich bei der
Jugendberatung und der Betreuung in Jugendwohnheimen ebensowenig um
gleichartige Maßnahmen i. S. d. § 74 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII wie bei der Betreuung in
Jugendwohnheimen und der in Jugendwerkstätten. Das Jugendwohnen sei vielmehr so
anders geartet als die Jugendberatung und als die Jugendhilfetätigkeit in
Jugendwerkstätten, dass eine ungleiche Behandlung gerechtfertigt sei. Eine
Gleichartigkeit werde auch weder durch die einheitliche gesetzliche Zuordnung der
genannten Maßnahmen zum Leistungsspektrum des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII noch
durch deren einheitliche Behandlung in den jeweiligen Richtlinien zum
33
Landesjugendplan NRW geschaffen. Diese Zuordnungen stellten nur eine äußere
formelle Klammer her. Die im Verlaufe der parlamentarischen Haushaltsberatung
erwähnte Schaffung einer sog. Härtefallregelung und die sich anschließende
Aufstellung von entsprechenden Beurteilungskriterien, an denen laut einer Liste die
einzelnen Einrichtungen gemessen worden seien, habe keine Vertrauensgrundlage für
eine Weiterförderung geschaffen, weil es sich bei der Liste um ein reines Arbeitspapier
ohne abschließenden Charakter und ohne Außenwirkung gehandelt habe. Ungeachtet
der Ausgestaltung der Gewährung von Unterkunft in sozialpädagogisch begleiteten
Wohnformen nach § 13 Abs. 3 SGB VIII lediglich als "Kannleistung" sei auch die
objektiv-rechtliche Gesamtverantwortung der Träger der Jugendhilfe nach § 79 Abs. 1
SGB VIII, derzufolge gem. § 79 Abs. 2 SGB VIII u. a. die dort beschriebene
Grundausstattung zu gewährleisten sei, anders als bei der Förderung privater
Kindergartenträger oder Schulträger kein Rechtstatbestand, der ein Vertrauen auf die
Fortsetzung der Subventionierung von Jugendwohnheimträgern zu rechtfertigen
vermöge. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Herausnahme des
Jugendwohnens aus der weiteren Landesförderung willkürlich erfolgt sei. Da in der
Sache keine andere Entscheidung als die Ablehnung des Förderantrags habe getroffen
werden können, sei es unerheblich, welches Organ diese Entscheidung vorgenommen
habe.
Die Klägerin hat am 21. April 2004 Klage erhoben.
34
Mit Schriftsatz vom 23. August 2004 haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerseite
für das Rubrum erklärt, "dass aufgrund interner Umstrukturierung bei der Klägerin das
Jugendwohnheim (Pflegevorschule), für das die Förderung beantragt wird, inzwischen
zur B1. für H. gGmbH gehört. Es handelt sich hierbei um eine rechtlich
verselbständigte Tochter der bisherigen Klägerin. Die B1. für H. gGmbH,
die nunmehr Klägerin ist, wird vertreten durch ihren Geschäftsführer, (...)."
35
Das Gericht hat hierauf der Klägerseite mit Fristsetzung nach § 87b Abs. 1 und 2 VwGO
bis zum 20. September 2004 aufgegeben, "den Vertrag betreffend die Gründung der
B1. für H. gGmbH nebst etwaiger den Streitgegenstand betreffenden
Zusatzvereinbarungen vorzulegen".
36
Mit Schriftsatz vom 20. September 2004 haben die Prozessbevollmächtigten der
Klägerin den Gründungs- sowie den Gesellschaftsvertrag der B1. für H.
gGmbH, nicht aber einen Registerauszug bezüglich der Eintragung der B1. für
H. gGmbH in das Handelsregister oder weitere Unter-lagen vorgelegt.
Ergänzend haben sie hierbei vorgetragen, dass die B1. für H. gGmbH, wie
sich aus den Verträgen ergebe, Rechtsnachfolgerin der L. St. B2. gGmbH
geworden sei. Diese Rechtsnachfolge führe grundsätzlich zu einem gesetzlichen
Parteiwechsel, der – im Gegensatz zur Ansicht des Beklagten – keine Klageänderung
darstelle. Klägerin dürfe deshalb – so schließe sie – nunmehr die B1. für
Gesundheitsberufe gGmbH sein, die in die Rechte und Pflichten der bisherigen Klägerin
betreffend die Pflegevor-schule eingetreten sei; dazu gehöre auch der geltend gemachte
Förderanspruch für 2003.
37
Der Gründungsvertrag vom 21. Mai 2004 sieht die Gründung einer GmbH mit dem
beiliegenden Gesellschaftsvertrag zwischen der L. St. B2. gGmbH in X. und
dem D. X. e.V. vor. Weitere Ein-zelheiten bezüglich der B1. für
H. gGmbH ergeben sich aus dem Gründungsvertrag nicht. Der
38
Gesellschaftsvertrag mit insgesamt 18 Paragraphen benennt die B1. für H.
gGmbH als eine Einrichtung der L. St. B2. und des Caritasverbandes X. .
Als Unternehmensgegenstand wird in § 2 des Gesellschaftsvertrages (Gegenstand des
Unternehmens) unter Nr. 2, Spiegelstrich 7 der Betrieb einer Pflegevorschule genannt,
allerdings ohne Bezugnahme auf eine bereits existierende Pflegevor-schule der L.
St. B2. gGmbH. Aus § 5 des Gesellschaftsvertrages (Stammkapital) ergibt sich
weiter, dass die L. St. B2. gGmbH Mehrheitsgesellschafterin der neuen B1.
für H. gGmbH sein und bleiben soll und der Einlageanteil von 150.000 EUR
geleistet sei. In beiden Verträgen finden sich keine Regelung dergestalt, dass das
Jugendwohnheim als Pflegevorschule von der L. St. B2. gGmbH auf die B1.
für Ge-sundheitsberufe gGmbH übertragen wird.
Mit Verfügung vom 28. September 2004 hat das Gericht den Beteiligten mitge-teilt, dass
nunmehr die B1. für H. gGmbH als neue Klägerin geführt werde.
39
Zur Begründung der Klage in der Sache ist u.a. darauf verwiesen worden, dass nach der
Rechtsprechung des 16. Senats des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-
Westfalen (Urteil vom 10. Juli 2003 – 16 A 2822/01 –) Maßnah-men freier Träger bereits
dann gleichartig seien, wenn es sich von der Zielrich-tung her um eine im wesentlichen
vergleichbare Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe handele. Im übrigen hat die
Klägerseite den bisherigen Vortrag im wesentlich wie folgt wiederholt und vertieft:
40
Der angegriffene Bescheid müsse bereits wegen funktionaler Unzuständigkeit des
Landesjugendamtes aufgehoben werden. Die Jugendämter auf kommunaler wie
Landesebene seien zweigliedrig organisiert. Gerade der Ausschuss habe die Arbeit des
Jugendamtes zu leiten. Der Ausschuss habe prinzipiell Vorrang vor der Verwaltung. Der
Landesjugendhilfeausschuss sei ebenso wie der Jugend-hilfeausschuss zur
Beschlussfassung berufen. § 46 VwVfG/§ 42 SGB X gelte für den hier vorliegenden Fall
funktionaler Unzuständigkeit auch nicht entsprechend.
41
Der Beklagte sei zudem fehlerhaft davon ausgegangen, dass keine andere
Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Der
Landesjugendhilfeausschuss sei zwar bei seiner nach § 10 Abs. 2 des Ersten Gesetzes
zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes AG KJHG NRW) zu treffenden
Entscheidung über die Verwendung der Landesmittel an den Rahmen der Richtlinien
zum Landesjugendplan gebunden. Diese Richtlinien hätten aber zur Zeit der
angegriffenen Entscheidung unter B) VIII. nach wie vor – an erster Stelle – die
Förderung des sozialpädagogischen Wohnens genannt. Erst mit dem neuen
Landesjugendplan 2004/2005 seien die Richtlinien geändert worden. Der ministe-rielle
Erlass vom 11. Dezember 2002 sei nicht einschlägig gewesen. Die beson-dere
Verfügung vom 19. März 2003 datiere erst nach dem Ablehnungsbescheid und habe
den Landesjugendausschuss bei der von ihm zu treffenden Entschei-dung nicht binden
können. Jedenfalls die Zusage einer Härtefallregelung im par-lamentarischen Verfahren
habe dem Landesjugendausschuss einen ausreichen-den Entscheidungsspielraum
eröffnet. Die nachträgliche Information des Landes-jugendhilfeausschusses in dessen
Sitzung vom 16. Januar 2003 habe keine Hei-lung bewirkt.
42
Der Zuständigkeitsverstoß habe einen materiell-rechtlichen Verstoß nach sich gezogen.
Der Beklagte sei unzutreffend von einer negativen Bindung durch den Haushaltsplan
ausgegangen. Letzterer habe sehr wohl die Förderung von sozialpädagogischen
Fachkräften in Jugendwohnheimen zugelassen. Denn der Untertitel 18 der Titelgruppe
43
61 zu Kapitel 11050 (richtig: Kapitel 05050) des Haus-haltsplans habe mit den "schul-
und berufsbezogenen Angeboten der Jugend-sozialarbeit", für die knapp 14 Millionen
EUR vorgesehen gewesen seien, auch das Jugendwohnen umfasst. Die Erläuterungen
in Beilage 4 zu Einzelplan 11 (richtig: Beilage 2 zu Einzelplan 05) seien nämlich gemäß
§ 17 Abs. 1 Satz 2 LHO nur dann verbindlich, wenn sie ausdrücklich für verbindlich
erklärt worden seien. Dies sei aber nicht geschehen. Der Landesjugendhilfeausschuss,
dem auch nach der Entscheidung des 16. Senats des Oberverwaltungsgerichts ein
Entscheidungsbereich von "substantiellem Gewicht" verbleiben müsse, hätte also als
paritätisch besetztes Gremium eine andere Verteilung der Zuschüsse vorneh-men
können. Eine Entscheidung von substantiellem Gewicht fehle, wenn der
Haushaltsgeber die Entscheidung des Ausschusses über die Verteilung der Mittel zur
Förderung der freien Jugendhilfe insgesamt vorwegnehme oder vereitele. Die bei der
parlamentarischen Beratung geäußerten Absichten der Landesregierung und die
Erläuterungen zum Haushaltsplan hätten zwar in die Ermessensent-scheidung des
Landesjugendhilfeausschusses einfließen dürfen, es habe hier-aus aber keine Bindung
abgeleitet werden können. Demgegenüber beträfen die Richtlinien mit ihrer Nr. 3.1 zur
Pos. VIII i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG angesichts der mit Untertitel 18 der Titelgruppe 61
ausgewiesenen Mittel nicht nur das Innen-verhältnis, sondern begründeten einen
materiellen Förderungsanspruch im Außenverhältnis.
Auch bei fehlenden Haushaltsmitteln habe sie wegen Verstößen gegen den
Gleichheitsgrundsatz des § 74 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII, der Art. 3 Abs. 1 GG im Kinder-
und Jugendhilferecht konkretisiere, einen Förderanspruch, da es sich bei der Betreuung
in Jugendwohnheimen, Jugendberatungsstellen und Jugendwerk-stätten um
gleichartige Maßnahmen handele. Alle fielen einheitlich unter den Auf-gabenkatalog
des § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII und gehörten seit jeher einheitlich zu den "schul- und
berufsbezogenen Angeboten der Jugendsozialarbeit". Gerade wegen der Gleichartigkeit
seien die Fördermittel bislang stets gegenseitig anrech-nungsfähig gewesen, d. h. die
Fördermittel hätten zwischen Jugendwohnheim, Jugendberatungsstelle und
Jugendwerkstatt ausgetauscht werden dürfen, sofern ein Träger über mehrere
Einrichtungen oder Beratungsstellen verfügt habe. Das habe sogar übergreifend für die
gesamte Trägergruppe gegolten. Bei den Maß-nahmen handele es sich von der
Zielrichtung, der Zielgruppe und dem Stand der Integration her um im Wesentlichen
vergleichbare Tätigkeiten auf dem Gebiet der Jugendhilfe und zwar in Form
sozialpädagogischer Angebote für sozial benach-teiligte junge Menschen, wobei es
wegen ihrer Abhängigkeit von den individuel-len Bedürfnissen der Nutzer nicht auf die
Unterschiede in den Angebotsstruktu-ren ankomme. Auch in zeitlicher Hinsicht
entsprächen sich die Maßnahmen, was aus den Förderrichtlinien, Pos. VIII Nr. 1 Satz 2
folge. Danach griffen alle Maßnahmen "in den letzten drei Jahren der Erfüllung der
Vollzeitschulpflicht bis zur erfolgreichen Einmündung in den Beruf". Es dürfe nicht zu
sehr auf Details der Konzepte abgestellt werden. Insoweit verweise sie ebenfalls auf die
Rechtspre-chung des 16. Senats (Urteil vom 5. Dezember 1995 – 16 A 5462/94 –,
OVGE 45, 153). Der 12. Senat habe unzutreffend u.a. auf die "Soll"- und "Kann"-Rege-
lungen in § 13 Abs. 1 und 3 SGB VIII abgestellt. Die Förderung sei Vorausset-zung
dafür, dass entsprechende Angebote entstünden, die dann die jungen Men-schen nach
§ 13 Abs. 1 oder 3 SGB VIII in Anspruch nehmen könnten. Soweit es sich um sozial
benachteiligte junge Menschen handele, bleibe für sie § 13 Abs. 1 SGB VIII ("Soll-
Regelung") anwendbar. Aus dem Schreiben der LAG Jugendsozi-alarbeit NRW vom 4.
März 2002 ergebe sich zur Gleichartigkeit der Maßnahmen nichts anderes.
44
Der Ausschluss des Jugendwohnens von der Förderung sei ohne sachlich recht-
45
fertigenden Grund erfolgt. Zum einen habe das Ministerium angenommen, eine
rechtliche Begründung sei nicht erforderlich. Zum anderen sei man unzutreffend von der
Annahme ausgegangen, in den Heimen lebten hauptsächlich Erwach-sene und diese
seien zudem nicht zu fördern. Dass beides unzutreffend sei, folge aus der ursprünglich
entwickelten Härtefallliste und der Tatsache, dass der Hilfe-anspruch des § 13 SGB VIII
sich an junge Menschen, also solche bis zum Alter von 27 Jahren, richte. Ungeachtet
dessen entfielen hier nach der Betriebserlaubnis 35 von 39 Plätzen auf Minderjährige.
Wenn eine bestimmte Leistung der Jugendsozialarbeit, hier das Jugendwohnen,
kategorisch von der Förderung ausgeschlossen werde, werde zudem das Wunsch- und
Wahlrecht der Leistungsberechtigten nach § 5 Abs. 1 SGB VIII außer Acht gelassen.
Eine Begründung dafür, dass die Förderung von Jugendwerkstätten und Bera-
tungsstellen demgegenüber ungekürzt bleibt, finde sich in den parlamentarischen
Quellen ebensowenig wie bei der Verteilung der insgesamt verfügbaren Haus-
haltsmittel erkennbar Überlegungen zur Freisetzung von Mitteln durch Einsparungen in
anderen Bereichen angestellt worden seien.
46
Aufgrund des Rechtsverstoßes habe sie nicht nur einen Anspruch auf Neube-
scheidung, sondern auf eine im Vergleich zum Vorjahr ungekürzte Förderung. Die
Jugendwerkstätten und Jugendberatungsstellen seien in Höhe des Vorjahresniveaus
gefördert worden. Anzeichen für eine Differenzierung in der Höhe der Förderung
bestünden nicht, vielmehr sei eine "alles oder nichts"-Entscheidung zulasten der
Jugendwohnheime ohne Prüfung im Einzelfall erfolgt. Anlass dafür, dass nur das
sozialpädagogisch begleitete Jugendwohnen von Kürzungen betroffen wurde, sei
seiner Ansicht nach der Umstand, dass diese Leistung zu fast 100 % von freien Trägern
angeboten würde, während Jugendwerkstätten und Jugendberatungsstellen zu einem
beachtlichen Teil in öffentlicher Trägerschaft stünden. Wegen des Gleichheitsverstoßes
liege für die Entscheidung nach § 74 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII eine
Ermessensreduzierung auf Null vor.
47
Die Klägerseite hat beantragt,
48
1. den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 13. Januar 2003
und des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2004 zu verpflichten, der Klägerin
für das Jahr 2003 Zuschüsse zu den Personalkosten für sozialpädagogische
Fachkräfte in der beantragten Höhe zu bewilligen und auszuzahlen,
49
50
2. hilfsweise, den Antrag der L. St. B2. gGmbH in X. auf Bewilligung von
Zuschüssen zu den Personalkosten für sozialpädagogische Fachkräfte unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden,
51
52
Der Beklagte hat beantragt,
53
die Klage abzuweisen.
54
Das beigeladene Land hat keinen Antrag gestellt.
55
Der Beklagte hat sich zur Begründung seines Klageabweisungsantrages maß-geblich
auf den Beschluss des Senates vom 26. September 2003 im Beschwer-deverfahren 12
B 1278/03 bezogen und seine dahingehende Argumentation aus dem
Widerspruchsbescheid vertieft. Ergänzend hat er vorgetragen: Auch wenn nach
Maßgabe des Urteils des OVG NRW vom 15. Januar 1997 – 16 A 2389/96 – (OVGE 46,
108) in Hinblick auf § 71 SGB VIII grundsätzlich von einer Zuständig-keit des
Jugendhilfeausschusses auszugehen sei, seien nach der angeführten Ent-scheidung
durchaus Sachverhalte denkbar, bei denen dennoch eine Entscheidungsbefugnis des
Jugendamtes vorliegen könne, wenn nämlich zu der Förderungsentscheidung
entsprechende Richtlinien vorgegeben seien oder – wie hier – in der Sache keine
andere Entscheidung getroffen werden könne. Vor dem Hintergrund der politischen
Willensbildung, deren Umsetzung im Landeshaushalt durch den Haushaltsgesetzgeber,
der ministeriellen Umsetzung im Erlass vom 11. Dezember 2002 sowie der besonderen
Verfügung gem. § 34 LHO vom 19. März 2003 sei nur die Einstellung der Förderung im
Bereich der Jugendwohnheime für das Jahr 2003 in Frage gekommen. Entgegen der
Auffassung der Klägerin sehe die Rechtsprechung im Rahmen der funktionalen
Zuständigkeit durchaus eine entsprechende Anwendung des § 46 VwVfG bzw. § 42
SGB XI vor, wonach die Aufhebung eines Verwaltungsaktes wegen Verfahrens- und
Formfehlern dann nicht beansprucht werden könne, wenn in der Sache selber keine
andere Entscheidung möglich sei.
56
Der – aus der Historie heraus begründeten – Platzierung des sozialpädagogisch
begleiteten Wohnens in den Richtlinien zum Landesjugendplans an erster Stelle sei
unter Berücksichtigung der Ausführungen des Senats im zugehörigen Verfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes keine Ausweisung weiterer Mittel für das Jugendwohnen
im Haushaltsjahr 2003 zu entnehmen.
57
Die angesprochenen Maßnahmen der Jugendsozialarbeit seien im Lichte des
Klagevorbringens auch nicht gleichartig. Die gegenseitige Deckungsfähigkeit der
Fördermittel für die verschiedenen Maßnahmen stelle lediglich eine haushalts-rechtliche
Maßnahme dar, die zudem für die gesamten Fördermittel des Landes-jugendplanes
gelte, ohne Indizwirkung für die Gleichartigkeit nach § 74 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII zu
haben. Das von der Klägerin zur Stützung ihrer Auffassung angeführte Urteil des OVG
NRW vom 5. Dezember 1995 – 16 A 5452/94 – ver-möge die Gleichartigkeit der
Maßnahmen von Jugendberatung, Jugendwerk-stätten sowie Jugendwohnen nicht zu
stützen, da danach trotz der Zusammen-fassung im Aufgabenkatalog der Jugendhilfe
des § 2 Abs. 2 und 3 SGB VIII unterschiedliche Zielrichtungen denkbar seien, so dass
sich die Annahme einer Gleichartigkeit verbiete. Die von der Klägerin angestellte
Unterscheidung zwischen der Gleichartigkeit von Maßnahmen und der von Angeboten
finde sich im Gesetz nicht wieder, und auch die zitierte Entscheidung des OVG NRW
verwen-de die Begriffe Maßnahme, Angebot und Aufgabe synonym. Im übrigen sei das
zitierte Urteil des 16. Senats hier nicht einschlägig, da es dort um eine kommu-nale
Angelegenheit gegangen sei, bei der der kommunale Träger die Gleichar-tigkeit zweier
Horte i. S. v. § 3 GTK verkannt habe.
58
Das beigeladene Land hat sich mit Schriftsätzen vom 26. August 2004 und vom 11.
November 2004, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, dem Vortrag des Beklagten
vollinhaltlich angeschlossen.
59
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage als unzuläs-sig
abgewiesen. Der als alleinige Klägerin zu behandelnden B1. für Ge-
sundheitsberufe gGmbH fehle sowohl für Haupt- als auch Hilfsantrag die Klage-befugnis
gem. § 42 Abs. 2 VwGO, weil sie nicht geltend zu machen vermöge, durch die
angefochtenen ablehnenden Entscheidungen in eigenen Rechten ver-letzt zu sein. Es
liege nämlich weder eine Einzelrechtsnachfolge in die Position der L. St. B2.
gGmbH vor noch eine entsprechende Gesamtrechts-nachfolge nach dem insoweit allein
in Frage kommenden Umwandlungsgesetz. Der vorgelegte Gründungs- bzw.
Gesellschaftsvertrag erfüllte nicht die Anforde-rung, die § 126 UmWG an einen Vertrag
zwecks Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmWG stelle. Ungeachtet dessen bewirke
eine Ausgliederung nach der Recht-sprechung nicht die Rechtsnachfolge auch für
Prozessrechtsverhältnisse.
60
Die L. St. B2. gGmbH und die B1. für H. gGmbH begründen ihre –
mit Senatsbeschluss vom 5. Juli 2005 zugelassene – Berufung gegen das Urteil im
wesentlichen wie folgt: Zwar fehlten im Gesellschaftsvertrag die – für eine eventuell
auch das Prozessrechtsverhältnis umfassende Rechtsnachfolge infolge Ausgliederung
erforderlichen – Aussagen über die vermögensrechtliche Zuordnung von Ansprüchen.
Vor diesem Hintergrund hätte die Klage aber nicht unter Annahme eines gewillkürten
Klägerwechsels ausschließlich gegenüber der B1. für H. gGmbH ent-
schieden werden dürfen. Eine subjektive Klageänderung von der Klägerin zur B1.
für H. gGmbH nach § 91 VwGO sei weder von der Klägerin selbst noch durch
ihre Prozessbevollmächtigten erklärt worden. Auch das Gericht habe die abgegebenen
schriftsätzlichen Erklärungen ausweislich der Verfügungen des Vorsitzenden vom 27.
August 2004 und vom 14. September 2004, wonach das Rubrum nicht geändert und
lediglich "vorsorglich" um Vorlage der eine Rechtsnachfolge begründenden Unterlagen
gebeten worden sei, nicht so verstanden. Wegen ihrer einschneidenden Bedeutung für
die eigene Rechts-stellung des Handelnden, aber auch die der anderen
Prozessbeteiligten gelte für Prozesshandlungen eine gewisse Formstrenge; schlüssiges
Verhalten könne deshalb nur in den vom Gesetz ausdrücklich genannten Fällen die
Wirkung einer Prozesshandlung haben. Tatsächlich habe die Klägerin durch ihre
Prozessbe-vollmächtigten lediglich "für das Rubrum mitgeteilt", dass aufgrund interner
Um-strukturierung bei der Klägerin nunmehr das Jugendwohnheim zur B1. für
H. gehöre. Ein prozessualer Erklärungswille könne dieser For-mulierung nicht
entnommen werde. Sie sei so gestaltet, dass der Schriftsatz da-hin habe verstanden
werden müssen, dass der Verfasser von einem gesetzlich begründeten Eintritt der
B1. für H. gGmbH in den Rechts-streit als einer außerhalb einer gezielten
Willenserklärung eingetretenen Rechts-folge ausgegangen sei. Diese – wohl letztlich
nicht zutreffende – Auffassung der Klägerseite finde auch in dem darauffolgenden
Schriftsatz vom 20. September 2004 einen deutlichen Niederschlag, wenn sich dort die
Formulierung finde, "die Rechtsnachfolge führt grundsätzlich zu einem gesetzlichen
Parteiwechsel, der keine Klageänderung darstellt ... Klägerin dürfte deshalb nunmehr
die B1. für H. gGmbH sein ...". Wenn sich die Klägerin aber lediglich auf
einen – tatsächlich nicht eingetretenen – gesetzlich begründeten Übergang ihres
streitbefangenen Rechts habe berufen wollen, müsse davon ausgegangen wer-den,
dass sie ihre eigene Rolle als Prozesspartei im Falle der irrtümlichen Annahme eines
gesetzlichen Parteiwechsels habe aufrecht erhalten wollen.
61
In der Sache wiederholt und ergänzt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag dazu,
dass 1. die funktionelle Unzuständigkeit des anstelle des Landesjugend-
hilfeausschusses allein tätig gewordenen Landesjugendamtes nicht unbeachtlich sei,
sondern zur formellen Rechtswidrigkeit der eine Weiterförderung ablehnen-den
Entscheidung führe, dass 2. das Ermessen nach § 74 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII vor dem
Hintergrund der beibehaltenen Nr. 3.1 der Förderrichtlinien und der mangelnden
Verbindlichkeit der Erläuterungen zum Haushaltsplan nicht ord-nungsgemäß ausgeübt
worden sei, und dass 3. eine einseitige Streichung nur der Fördermittel für das
Jugendwohnen in Anbetracht der - für alle drei in Be-tracht kommenden
Maßnahmeformen unter Berücksichtigung der Regelungen in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und § 13
SGB VIII sowie in den Förderungsrichtlinien im wesent-lichen gleichen -
Zweckausrichtung gegen das Gebot der Anwendung gleicher Grundsätze und
Maßstäbe bei der Förderung gleichartiger Maßnamen nach § 74 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII
als spezialgesetzlicher Ausformung des Gleichheitssatzes des Art § 3 Abs. 1 GG
verstoße, mangels sachlicher Rechtfertigung nach den vom Beklagten angeführten
Unterscheidungskriterien, wegen Unrichtigkeit der im paramentarischen Raum
angestellten Überlegungen und aufgrund der Nichtbe-achtung des § 79 SGB VIII
willkürlich und bei der Förderentscheidung nicht zu beachten sei.
62
Ferner macht die Klägerin erneut geltend, dass der Gleichheitsverstoß des Beklagten zu
einer entsprechenden Ermessensreduzierung auf Null führe, so dass ein Anspruch auf
Förderung nach § 74 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII und Art. 3 Abs. 1 GG gegeben sei.
Anhaltspunkte, nach denen abweichend von der früheren Förderungspraxis eine
Differenzierung in der Höhe der Förderung zwischen Jugendwohnheimen,
Jugendwerkstätten und Jugendberatungsstellen zu beachten sei, fänden sich nicht.
Eine konkrete, an den Besonderheiten der betroffenen Heime ausgerichtete Prüfung
habe nicht stattgefunden. Das Bundesverwal-tungsgericht habe in seiner Entscheidung
vom 13. Mai 2004 – 3 C 2.04 – aber ausgeführt, dass eine sparsame und wirtschaftliche
Mittelverwendung eine Ab-kehr von dem "Gießkannenprinzip" nur rechtfertige, wenn
anders eine gleiche sparsame Mittelverwendung nicht möglich wäre; es bestünden aber
Möglichkeiten, die Förderung nach dem Grad der tatsächlichen Inanspruchnahme einer
Einrichtung zu bemessen oder sie an die wirtschaftliche Bedürftigkeit der Bewohner zu
knüpfen.
63
Die Klägerin beantragt,
64
das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung
seines Bescheides vom 13. Januar 2003 in der Fassung des Wider-
spruchsbescheides vom 23. März 2004 zu ver-pflichten, ihr – der Klägerin –
für das Jahr 2003 Zuschüsse zu den Personalkosten für die sozial-
pädagogischen Kräfte in ihrem Jugendwohnheim in der beantragten Höhe
zu bewilligen und aus-zuzahlen,
65
hilfsweise,
66
ihren Antrag auf Bewilligung von Zuschüssen zu den Personalkosten für die
sozialpädagogischen Fachkräfte in ihrem Jugendwohnheim unter Be-
achtung der Rechtsauffassung des Gerichts er-neut zu bescheiden.
67
Der Beklagte beantragt,
68
die Berufung zurückzuweisen.
69
Der Beklagte tritt dem Berufungsbegehren der Klägerin mit den schon im bishe-rigen
Verfahren angebrachten Argumenten entgegen und führt zur Begründung ergänzend an:
Die Klägerin lasse unberücksichtigt, dass für den Landesjugendhilfeausschuss nach §
71 Abs. 4 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 SGB VIII – anders als für den kommunalen
Jugendhilfeausschuss in dem von der Klägerin angeführten Urteil des OVG NRW vom
15. Januar 1997 (– 16 A 2389/96 –, OVGE 46, 108 ff.) – nur ein Beratungs- bzw.
Befassungsrecht vorgesehen sei, während sich sein Beschlussrecht erst aus § 10 Abs.
2 AG-KJHG ergebe und danach im Rahmen der von der zuständigen obersten
Landesjugendbehörde erlassenen Richtlinien und Weisungen auszuüben sei. Die von
dem 16. Senat behandelte Fallgestaltung, dass bei der getroffenen Entscheidung des
Jugendamtes ohne zwingenden Anlass von den Richtlinien des
Jugendhilfeausschusses abgewichen worden sei, liege hier gerade nicht vor, weil auch
der Landesjugendhilfeausschuss nur die eine Entscheidung habe treffen können,
nämlich die Förderung im Bereich der Jugendwohnheime für das Jahr 2003
einzustellen. Dies ergebe sich vor dem Hintergrund der politischen Willensbildung, der
damit verbundenen Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers und der entsprechenden
ministeriellen Umsetzung. Es sei – wie selbst das OVG NRW in seinem Urteil vom 15.
Januar 1997 feststelle – jedenfalls der Rechtsgedanke des § 46 VwVfG/§ 42 SGB X
anwendbar. Auch der Hinweis der Klägerin auf die in der parlamentarischen Beratung in
Aussicht gestellte Härtefallregelung in Einzelfällen könne nicht zu der Annahme führen,
damit habe ein Entscheidungsspielraum des Landesjugendhilfeausschusses
vorgelegen. Aufgrund der sich verschärfenden finanziellen Lage Anfang 2003 sei- en
die zunächst vom Ministerium für möglich gehaltene Härtefallregelung und die damit
verbundenen Prüfungen bezeichnenderweise nicht fortgeführt worden. Mit der
Verneinung einer Gleichartigkeit der Maßnahme der Betreuung in Jugendwohnheimen
einerseits und Maßnahmen der Jugendberatung und der Jugendhilfetätigkeit in
Jugendwerkstätten andererseits stehe die behördliche Auffassung auch im Lichte des
Berufungsvorbringens nicht im Widerspruch zu dem angeführten Urteil des OVG NRW –
16 A 2822/01 – vom 22. Juli 2003, das wegen der Befassung mit der kommunalen
Förderung einer Kindertagesstätte nicht einschlägig sei.
70
Das beigeladene Land stellt keinen Antrag und vertrittt den Standpunkt, bei seiner
Entscheidung, die Förderung des Jugendwohnens einzustellen, nicht den Bindungen
des § 74 SGB VIII unterlegen zu haben, sondern in seiner Entscheidung nach § 82 SGB
VIII frei gewesen zu sein.
71
Einen Antrag der Klägerin, zur Ähnlichkeit der Jugendsozialarbeit in Form der
Jugendberatung, der Jugendwerkstätten und der Jugendwohnheime sowie zu der
Größe der zwischen diesen Maßnahmeformen bestehenden Unterschiede Be-weis
durch Einholung eines Sachverständigengutachtens einzuholen, hat der Senat in der
mündlichen Verhandlung als unzulässig abgelehnt, weil der Be-weisantrag nicht auf die
Feststellung von Tatsachen, sondern auf dem Gericht obliegende Wertungen gerichtet
sei.
72
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten
wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte des Verfahrens 19 L 1094/03 VG
Düsseldorf = 12 B 1278/03 sowie der im Klageverfahren beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Beklagten und des Beigeladenen Bezug genommen.
73
Entscheidungsgründe:
74
Die zugelassene und auch im übrigen zulässige Berufung hat in der Sache keinen
Erfolg.
75
Die Klage ist zwar in der juristischen Person der L. St. B2. gGmbH zulässig,
jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf die begehrten
Zuschüsse zu den Personalkosten für sozialpädagogische Fachkräfte im Haushaltsjahr
2003 noch auf eine Neubescheidung ihres dahingehenden An-trages vom 20.
Dezember 2002. Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 13. Januar 2002 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2004 ist vielmehr rechtmäßig und
verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
76
Die im Rubrum aufgeführte Klägerin hat die Klage als alleinige Klägerin erhoben. Ihre
Beteiligtenstellung i. S. v. § 63 Nr. 1 VwGO hat sie weder durch einen gesetzlichen noch
durch einen gewillkürten Parteiwechsel verloren.
77
Mit dem Schriftsatz vom 23. August 2004 sollte nicht kraft eigener Entscheidung ein
Wechsel in der Person der Klägerin bewirkt werden. Prozesshandlungen stellen
besondere Anforderungen an Bestimmtheit und Klarheit der erstrebten Rechtsfolge.
Gemessen daran zielte die Mitteilung nicht auf eine subjektive
78
– nach § 91 Abs. 1 VwGO unter dem Vorbehalt des Einverständnisses der übrigen
Beteiligten bzw. der Einschätzung als sachdienlich durch das Gericht stehende –
Klageauswechslung, sondern ist der vermeintliche Fall einer Gesamtrechtsnachfolge
angezeigt worden, aus der heraus die Prozessbevollmächtigten auf einen
automatischen Wechsel in der Person der Klägerin geschlossen haben. Die durch
Ausgliederung eingetretene – partielle – Gesamtrechtsnachfolge kann nämlich einen
gesetzlichen Parteiwechsel zur Folge haben.
79
Vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. April 2000 – 5 S 1136/98
–, NVwZ 2001, 101.
80
Der gesetzliche Parteiwechsel, für den gemäß § 173 VwGO die Regelungen der §§ 239
ff. entsprechend anwendbar sind,
81
vgl. BVerwG, Urteil vom 2. November 1973 – IV C 55.70 –, BVerwGE 44,
148 (150); Urteil vom 14. Dezember 1989 – 3 C 30.87 –, NJW 1991, 766
(767) m. w. N.
82
stellt gerade keine Klageänderung i. S. v. § 91 VwGO dar und ist dementsprechend
lediglich durch schlichte Rubrumsberichtigung zu berücksichtigen.
83
Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juni 2001
84
– 5 C 21.00 –, NVwZ 2002, 483.
85
Gerade "für das Rubrum" haben sich die Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom
23. August 2004 erklärt und mit dem ergänzenden Schriftsatz vom 20. Sep-tember 2004
die Rechtsnachfolge der B1. für H. gGmbH als Grundlage eines
86
gesetzlichen Parteiwechsels geltend gemacht. Anders als beim gewillkürten
Parteiwechsel nimmt der Rechtsvorgänger bei Anzeige eines gesetzlichen
Parteiwechsels auf der Klägerseite seine Klage gegenüber dem (im Prozess
bleibenden) Beklagten nicht zurück.
Weil der Gründungs- bzw. Gesellschaftsvertrag nicht die Anforderungen erfüllt, die § 126
UmWG an einen Vertrag zwecks Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmWG stellt, ist die
angenommene Gesamtrechtsnachfolge der B1. für H. gGmbH aus den
erstinstanzlichen Gründen, denen sich der Senat anschließt, jedoch gescheitert und
somit kein gesetzlicher Parteiwechsel eingetreten. Die Bezeichnung der B1. für
H. gGmbH im Rubrum als alleinige Klägerin war mithin falsch und ist
dementsprechend von Amts wegen durch Rückänderung zu berichtigen.
87
Vgl. zum Passivrubrum: BVerwG, Beschluss vom 6. Februar 1995 – 8 B
14.95 –, Buchholz 310 § 78 VwGO Nr. 11.
88
Richtige Klägerin ist und war ausschließlich die L. St. B2. gGmbH, deren
Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO als Trägerin des Jugendwohnheimes im
Anspruchszeitraum nicht in Frage stehen kann.
89
Die Klage ist als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO statthaft, da die begehrte
Handlung des Beklagten einen Verwaltungsakt darstellt. Die Auszahlung der von der
Klägerin letztlich erstrebten Fördermittel erfordert zunächst eine Entscheidung darüber,
ob, in welcher Form und welchem Umfang eine Förderung gewährt wird. Hierbei handelt
es sich um einen Verwaltungsakt i. S. v. § 31 Satz 1 SGB X.
90
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Juli 2003 – 16 A 2822/01 –, EStT NRW
2004, 85, m. w. N.
91
Das Verpflichtungsbegehren ist ebenso wie das Bescheidungsbegehren nicht etwa
deshalb unzulässig, weil der Beklagte tatsächlich oder rechtlich gehindert wäre, dem
Zuschussbegehren für das Haushaltsjahr 2003 jetzt noch zu entsprechen.
92
Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. April 2002 – 5 C 18.01 –, BVerwGE 116, 226,
und – 5 C 23.01 –, FEVS 54, 97; OVG NRW, Urteil vom 10. Juli 2003 – 16 A
2822/01 –, a. a. O., m. w. N.
93
Der Klägerin steht aber für das Jahr 2003 kein Anspruch auf Gewährung von
Zuschüssen zu den Personalkosten für sozialpädagogische Fachkräfte in ihrem
Jugendwohnheim zu.
94
Als alleinige oder gegebenenfalls in Verbindung mit weiteren Rechtssätzen zu sehende
Anspruchsgrundlage gegenüber dem Beklagten kommt hier nur § 74 SGB VIII in
Betracht. Aus der Zusammenschau von § 74 Abs. 1 und § 74 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII
ergibt sich, dass ein Träger der freien Jugendhilfe gegen den Träger der öffentlichen
Jugendhilfe jedoch (lediglich) einen Anspruch darauf hat, dass dieser über die Art und
Höhe der beantragten Förderung einer jugendhilfe-rechtlichen Maßnahme im Rahmen
der verfügbaren Haushaltsmittel nach pflicht-gemäßem Ermessen entscheidet. Ein
strikter Anspruch auf eine bestimmte För-derung ist damit jugendhilferechtlich nicht
normiert.
95
Vgl. Sächsisches OVG, Urteil vom 12. April 2006 – 5 B 328/04 –, juris, OVG
NRW, Urteile vom 15. Januar 1997 – 16 A 2389/96 , OVGE 46, 108, 109 =
FEVS 47, 394 und vom 10. Juli 2003
96
– 16 A 2822/01 – , a. a. O., m. w. N.; Beschlüsse vom 10. Juli 2003 – 16 A
2822/01 –, a. a. O., und vom 26. September 2003 – 12 B 1727/03 –, FEVS
55, 371; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. September 1997 – 12 A
10610/97 –, FEVS 48, 208, 209; OVG Berlin, Beschluss vom 14. Oktober
1998 - 6 S 94.98 -, FEVS 49, 368, 372 f.; Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 3.
Aufl., § 74 Rdnr. 41; W. Schellhorn, in: Schellhorn/Fischer/
97
Mann, SGB VIII, 3. Aufl., § 74 Rdnr. 12; Heinrich, in: Fieseler/Schleicher
(Hrsg.) Kinder- und Ju-gendhilferecht, § 74 SGB VIII, Rn. 29 m.w.N.;
Münder, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 5. Aufl., § 74 Rdnr. 27 – 31
m.w.N.; a. A. Baltz, Förderung der freien Jugendhilfe, NDV 1996, 360 f.,
Wabnitz, Subventionsfinanzierung nach § 74 SGB VIII, ZfJ 2003, 165 (169);
Kunkel/Steffan, in: Kunkel, SGB VIII, 3. Aufl., § 74 Rdnr. 20 - 24 m.w.N.
98
Dieser Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung ist verletzt, wenn die Behörde
das ihr eingeräumte Ermessen nicht oder nicht in vollem Umfang ausgeübt, die
gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer
dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl.
§ 114 Satz 1 VwGO). Eine solche Verletzung kann hier nicht festgestellt werden. Der
Beklagte hat nämlich den Förderantrag ohne Ermessensfehler abgelehnt. Er hat zu
Recht angenommen, dass ein Anspruch auf die volle oder auch nur teilweise
Weiterführung der bisherigen Förderung mangels entsprechender Haushaltsmittel
ausscheidet.
99
Dem behaupteten Anspruch steht, soweit dieser auf Förderung des Jugendwohnens mit
Mitteln des Landeshaushalts 2003 abzielt, bereits entgegen, dass der
Haushaltsgesetzgeber solche Mittel nicht zur Verfügung gestellt hat und die
vollziehende Gewalt – mithin auch der Beklagte – an diese Vorgabe gebunden ist, ohne
dass ein auszuschöpfender Ermessensspielraum eingeräumt wäre.
100
Soweit – wie hier – die Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln des Landes in Rede steht,
richtet sich diese nach den einschlägigen landesrechtlichen Haushaltsbestimmungen.
Hiernach ist bei einem Einzelplan (wie hier dem Landesjugendplan), der nicht durch das
Ressort selbst bewirtschaftete Hauhaltsmittel aufweist, eine gesonderte Zuteilung der
Mittel durch das Ministerium an die nachgeordnete Dienststelle erforderlich (vgl. Nr. 1.2
VV zu § 34 LHO NRW). Diese kann durch die gezielte Übersendung des maßgeblichen
Teils des Einzelplanes (vgl. Nr. 1.2.1 VV zu § 34 LHO NRW), eine Zusammenstellung
der für sie maßgebenden Einnahmen, Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen
(vgl. Nr. 1.2.2 VV zu § 34 LHO NRW) oder – namentlich bei Einzelansätzen – durch eine
besondere Verfügung (vgl. Nr. 1.2.3 VV zu § 34 LHO NRW) erfolgen. Gem. Nr. 1.4 VV
zu § 34 LHO NRW ist die Ermächtigung zur Bewirtschaftung an die nachgeordnete
Dienststelle – hier den Beklagten als Landesjugendamt – erst mit einer solchen
Verteilung der Haushaltsmittel und nicht schon durch ihren Ansatz im Haushaltsplan
erteilt. Vorliegend hat das Ministerium dem Beklagten aber – bezogen auf die Förderung
des Jugendwohnens – weder einen Teil des Einzelplanes oder eine Zusammenstellung
noch eine – in erster Linie in Betracht kommende – besondere Verfügung übersandt.
Der Erlass vom 11. Dezember 2002 stellte Fördermittel nur für den Förderbereich
101
"Schul- und berufsbezogene Angebote der Jugendsozialarbeit" des Landesjugendplans
– Einzelförderrichtlinie VIII, Nr. 3.2 (Personal- und Sachkosten für sozialpädagogische
Angebote der Beratung, Begleitung, Vermittlung und gezielter Unterstützung im
Übergang von der Schule in den Beruf (Nr. 3.2 i. V. m. Nr. 1a der Richtlinien), für
Beratungs- und präventive Angebote in oder in Kooperation mit Schulen zur
Verbesserung der Integrationschancen (Nr. 3.2 i. V. m. Nr. 1b der Richtlinien) und für
andere Angebotsformen zur Vermeidung von Ausgrenzung und Förderung von
Integration und Reintegration (Nr. 3.2 i. V. m. Nr. 1d der Richtlinien)) und Nr. 3.3 (Kosten
für Bildungsver-anstaltungen und Lehrgänge, die der Persönlichkeitsbildung, der
sozialen Integration oder dem Ausgleich schulischer und berufsbezogener Defizite
dienen) zur Verfügung; die besondere Verfügung nach § 34 LHO vom 19. März 2003
ordnete sogar ausdrücklich an, dass eine Mittelverteilung nach Nr. 3.1 der EFR VIII
(Personalkosten für sozialpädagogisch begleitetes Wohnen (Nr. 3.1 Satz 1 i. V. m. Nr.
1a der Richtlinien)) entfällt.
Diese Beschränkung entsprach auch dem durch das Haushaltsgesetz vom
18. Dezember 2002 (GV. NRW. S. 660) festgestellten Haushaltsplan des Landes
Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2003. Zwar sieht der einschlägige Einzeltitel
im Haushaltsplan (05 050/633 61-18, 684 61-18, Kapitel VIII) wie im Vorjahr (2002) in
der maßgeblichen Zweckbestimmung Haushaltsmittel für "Schul- und berufsbezogene
Angebote der Jugendsozialarbeit" vor, ohne hiervon das unter diesen Begriff fallende
(vgl. § 13 SGB VIII) und hierunter auch im Haushalt 2002 subsumierte Angebot des
sozialpädagogisch begleiteten Jugendwohnens ausdrücklich auszunehmen. Eine
Auslegung dieser Zweckbestimmung führt aber zu dem Ergebnis, dass eine Förderung
des Jugendwohnens durch den Haushaltsgesetzgeber für das Jahr 2003
ausgeschlossen worden ist. Dieser Ausschluss ergibt sich vor allem aus den
Erläuterungen zu Position VIII, die der Haushaltsgesetzgeber in der Beilage 2 (= 53.
Landesjugendplan 2003) zu Einzelplan 05 gegeben hat. Denn dort ist die in den
Landesjugendplänen der Vorjahre jeweils enthaltene Erläuterung "a) Personalkosten für
sozialpädagogisch begleitetes Jugendwohnen in Jugendwohnheimen und anderen
Wohnformen mit Festbeträgen, die vom MFJFG festgesetzt werden" ersatzlos entfallen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Inhalt dieser Erläuterungen nicht
unbeachtlich. Zwar hat der Haushaltsgesetzgeber nicht von der ihm nach § 12 Abs. 4
Satz 2 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) ausnahmsweise eröffneten Möglichkeit
Gebrauch gemacht, diese Erläuterungen für verbindlich zu erklären (vgl. auch § 17 Abs.
1 Satz 2 LHO). Dies macht die in §§ 12 Abs. 4 Satz 1 HGrG, 17 Abs. 1 Satz 1 LHO
ausdrücklich vorgesehenen Erläuterungen aber nicht unbeachtlich. Die
haushaltsrechtlichen Erläuterungen sind vielmehr für die Auslegung der
Zweckbestimmung heranzuziehen. Ihre Bedeutung geht über die Motive des
Gesetzgebers, die nicht im Haushaltsplan niedergelegt werden, erheblich hinaus. Sie
geben den Willen des Haushaltsgesetzgebers authentisch wieder und haben deshalb
den Charakter von Interpretationsleitlinien. Enthalten sie z. B. einen abschließenden
Katalog vorgesehener Maßnahmen, dürfen andere Maßnahmen nicht aus dem Ansatz
finanziert werden.
102
Vgl. Heuer, Kommentar zum Haushaltsrecht, Stand: September 2006, § 17
BHO, Erl. III 3 (zu der inhaltsgleichen Regelung des § 17 BHO).
103
Danach unterliegt es hier keinen Zweifeln, dass aus dem Einzeltitel "Schul- und
berufsbezogene Angebote der Jugendsozialarbeit" im Haushaltsjahr 2003 nach dem
Willen des Gesetzgebers keine Förderung des Jugendwohnens mehr stattfinden darf,
104
weil dieses Angebot der Jugendsozialarbeit in dem abschließenden Katalog ("Im
einzelnen umfasst dies: a) ..... e) ..... ") anders als in den Vorjahren nicht mehr aufgeführt
ist. Bestätigt wird dieses anhand der Erläuterungen gewonnene Auslegungsergebnis im
übrigen durch das Indiz, dass das im Jahre 2002 für die Jugendsozialarbeit insgesamt in
Ansatz gebrachte Fördervolumen (19.427.900,00 Euro) im Haushaltsplan 2003 genau
um den Betrag (5.500.000,00 Euro) verringert worden ist, der 2002 für die
Bezuschussung des Jugendwohnens zur Verfügung gestanden hatte. Dem entspricht
als weiteres Indiz für das Auslegungsergebnis der Gang der parlamentarischen
Beratungen. Anlässlich der Beratung des Einzelplans 11 (später 05) des
Haushaltsgesetzes 2003 im Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie hat die damals
zuständige Ministerin ausweislich des Ausschussprotokolls 13/658 am 26. September
2002 u. a. ausgeführt, die Förderung der sozialpädagogischen Kräfte in Jugendwohn-
heimen, die bisher mit 5,5 Mio. Euro veranschlagt gewesen sei, solle mit Ende des
Jahres eingestellt werden. Aus der Vorlage 13/1933 des erwähnten Aus-schusses an
den Haushalts- und Finanzausschuss vom 28. November 2002 ergibt sich ferner, dass
zwischenzeitlich Anträge der Fraktionen der FDP bzw. der CDU, die beabsichtigte
Kürzung in Bezug auf die schul- und berufsbezogenen Angebote der Jugendsozialarbeit
zurückzunehmen und das Jugendwohnen wie im Vorjahr zu fördern, mit den Stimmen
der Regierungsfraktionen abgelehnt worden waren. Schließlich belegt die über den
Einzelplan 11 (später 05), Teilbe-reich Jugend, geführte Debatte während der zweiten
Lesung des Haushaltsge-setzes am 11. Dezember 2002 (Plenarprotokoll 13/76) in aller
Deutlichkeit die beabsichtigte Streichung der Fördermittel für das Jugendwohnen. So
hat die sei-nerzeit zuständige Ministerin u. a. ausgeführt: "Wir sollten auch einmal in
diese Jugendwohnheime genau hineinschauen. Wer lebt denn darin? Das sind haupt-
sächlich Erwachsene. Da fragt man sich wirklich, ob sie noch eine pädagogische
Betreuung in dieser Dichte brauchen. Insofern ist es legitim, dass man über diese
Förderprogramme einmal nachdenkt. Und das macht man in wirtschaftlich schwierigen
Zeiten, wie wir es jetzt auch getan haben."
Schon in Anbetracht der Klarheit, mit der die in den Erläuterungen zu sehenden
Interpretationsleitlinien und die dargelegten weiteren Indizien für einen Ausschluss der
Förderung des Jugendwohnens sprechen, spielt es für die Ermittlung des vom
Haushaltsgesetzgeber mit der Veranschlagung von Mitteln für die Jugendsozialarbeit
verfolgten Zwecks keine Rolle, dass die von dem Beigeladenen erlassenen, zum 1.
Januar 2003 in Kraft getretenen ministeriellen "Richtlinien zum Landesjugendplan"
unter Punkt B) VIII. 1 (Zuwendungszweck) offenbar unter Fortschreibung der zuvor
geltenden "Vorläufigen Richtlinien zum Landesjugendplan" die Förderung des
sozialpädagogisch begleiteten Wohnens vorgesehen haben. Dieser Umstand ist zur
Begründung eines anderen Ergebnisses auch deshalb nicht geeignet, weil die
Richtlinien nicht Teil des Gesetzgebungsverfahrens gewesen sind, sondern eine
Maßnahme der Exekutive und darüber hinaus
105
– ebenso wie § 74 Abs. 3 SGB VIII – eine Mittelverteilung nur im Rahmen der
verfügbaren Haushaltsmittel vorsehen (Nr. A.1.2 2. Absatz der Richtlinien). Außerdem
verdeutlicht auch die Richtlinie selbst, dass sie an den im Haushaltsgesetz zum
Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers anknüpfen und nicht etwa zu dessen
Interpretation beitragen will. Denn unter Punkt B) VIII. 4, 4.1 der Richtlinie heißt es, dass
die Höhe der Förderbeträge "in den Erläuterungen zu den betreffenden Positionen des
Landesjugendplans nach Maßgabe des Haushalts festgesetzt" wird. Abgesehen von
alledem stehen die vor allem zur Auslegung heranzuziehenden Erläuterungen, aber
auch der Debattenbeitrag der Ministerin dem Gesetzesbeschluss zeitlich näher. Die
106
Richtlinien datieren nämlich schon vom 30. Oktober 2002. Vor dem Hintergrund, dass
der Ausschluss des Jugendwohnens von einer Förderung schon seit Sommer von der
Landesregierung beabsichtigt war und der Beklagte mit seinem Rundschreiben vom 29.
August 2002 gerade nicht zur Beantragung von Fördermitteln auch für das
sozialpädagogisch begleitete Wohnen aufgefordert hat, spricht im übrigen alles dafür,
dass es sich bei der Aufführung des Jugendwohnens in den Richtlinien lediglich um ein
redaktionelles Versehen handelt, auf das sich zu berufen treuwidrig wäre.
Zu einem anderen Ergebnis führt schließlich auch nicht die in der parlamentarischen
Debatte von den Regierungsfraktionen gegebene politische Zusage einer Hilfestellung
in Einzelfällen dort, wo es keine anderen Finanzierungsquellen ge-be, die
pädagogische Arbeit und Begleitung im Rahmen des Jugendwohnens aber tatsächlich
notwendig sei. Zwar heißt es in einem vom Antragsteller vorge-legten Schreiben des
Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder an die Landes-jugendämter vom 6. Juni
2003 im Hinblick auf anfängliche Vorbereitungen soge-nannter Härtefallregelungen, es
seien "entsprechende Mittel reserviert worden". Dass das Ministerium aber trotz
fehlender Bereitstellung von Mitteln im Landes-haushaltsplan befugt gewesen wäre,
durch Umschichtungen und Einsparungen an anderer Stelle erwirtschaftete
Landesmittel als Zuschüsse zu den Personalkosten für sozialpädagogische Fachkräfte
in Jugendwohnheimen zur Verfügung zu stellen, ist auszuschließen. Denn das
Haushaltsgesetz verpflichtet die vollziehende Gewalt, nicht über die zugewiesenen
Mittel und die festgelegten Verwendungszwecke hinauszugehen,
107
vgl. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 1980, §
49 III 4, S. 1207; Sachs, Grundgesetz, 3. Aufl. 2003, Art. 110 Rn 26 m. w. N.,
108
und eine Ermächtigung durch den Haushaltsgesetzgeber, ohne seine erneute
Befassung mit einer Förderung des Jugendwohnens Mittel als Zuschüsse zu den
Personalkosten für sozialpädagogische Fachkräfte in Jugendwohnheimen
bereitzustellen, lässt sich nach den vorliegenden Unterlagen gerade nicht feststellen.
109
War dem Beklagten nach alledem bei seiner Entscheidung über eine Förderung des
Jugendwohnens aus Mitteln des Landeshaushalts kein Ermessen eröffnet, so ergibt sich
ein solches entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus der Regelung in den
Richtlinien zum Landesjugendplan unter Punkt A) 6, 6.3, Satz 3. Das folgt schon daraus,
dass Verwaltungsvorschriften nicht geeignet sind, eine gesetzliche Regelung
abzuändern. Außerdem hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die
Regelung, nach der in besonders begründeten Einzelfällen Ausnahmen von
Einzelbestimmungen der Einzelförderrichtlinien zugelassen werden dürfen, nicht dazu
ermächtigt, ausnahmsweise eine gesetzlich nicht vorgesehene Förderung im Einzelfall
vorzunehmen.
110
Der Beklagte hat nach alledem im Widerspruchsbescheid vom 23. März 2004 zutreffend
ausgeführt, als Teil der vollziehenden Gewalt an die Vorgaben des Landes – namentlich
die ausschlaggebende Entscheidung des Haushaltsge-setzgebers, das Jugendwohnen
im Haushaltsjahr 2003 nicht mehr zu fördern – gebunden gewesen zu sein und deshalb
der Anweisung der obersten Landes-jugendbehörde vom 7. bzw. 24. Januar 2003,
Anträge der Jugendheimträger auf Förderung ablehnend zu bescheiden, zu Recht Folge
geleistet zu haben.
111
Der Klägerin steht auch kein Anspruch gegen den Beklagten auf eine Förderung des
112
Jugendwohnens unabhängig von der fehlenden Bereitstellung von entsprechenden
Haushaltsmitteln oder auch nur – wegen Ermessensnichtgebrauchs – auf
ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein solches Begehren zu. Zwar steht einem
solchen Anspruch auf Förderung außerhalb zur Verfügung gestellter Landesmittel die
Regelung des § 74 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII, nach der der Träger der öffentlichen
Jugendhilfe (hier als der Beklagte) über die Art und Höhe der Förderung "im Rahmen
der verfügbaren Haushaltsmittel" nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet, (nur)
dann nicht entgegen, wenn die Festlegung des Haushaltsgesetzgebers, die dieser bei
der Aufstellung des Haushaltsplanes im Rahmen der Erfüllung seiner Aufgaben aus §
82 SGB VIII trifft, wegen des Verstoßes gegen
– die gesetzgeberische Freiheit einschränkende – Verfassungsgrundsätze keine
Rechtsgültigkeit beanspruchen kann.
113
Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2002
114
– 3 C 54/01 –, NVwZ 2003, 92: Ein Haushaltsplan, der verfassungswidrige
Vorgaben für die Mittelverwendung macht, ist aus Gründen der Gewährung
effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) bei der
Ermessensentscheidung über die Vergabe außer Betracht zu lassen.
115
Jedoch kann ein solcher Verstoß hier nicht festgestellt werden.
116
Der Ausschluss der Träger der Jugendwohnheime von einer weiteren Förderung (und
damit auch die Ablehnung des Förderantrags der Klägerin verstößt nicht gegen den
allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, der gemäß Art. 1 Abs. 3 GG auch den
Gesetzgeber bindet. Enthält der festgesetzte Haushaltsplan für die Verteilung der
jugendhilferechtlichen Fördermittel Maßgaben, mit denen ungleiche Grundsätze und
Maßstäbe angelegt werden, wären auch die darauf gegründeten
Verteilungsentscheidungen rechtswidrig.
117
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Juni 2001 – 12 A 3045/99 –, FEVS 53,
175 = NVwZ-RR 2002, 127 (zu dem Haushaltsplan eines örtlichen Trägers
der Jugendhilfe).
118
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz kommt in Betracht, wenn eine
Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders
behandelt wird, obgleich zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art
und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehand-lung rechtfertigen
könnten.
119
Vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 29. November 1989 – 1 BvR 1402,
1528/87 –, BVerfGE 81, 108 ff. (117 f.), und Urteil vom 14. März 2000 – 1
BvR 284/96, 1 BvR 1659/96 –, BVerfGE 102, 41 ff. (54).
120
Eine danach nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen den Trägern von
Jugendwohnheimen einerseits und den weiterhin im Vorjahresumfang Projektförderung
erhaltenden Trägern der Jugendberatungsstellen und Jugendwerkstätten andererseits
liegt auch dann nicht vor, wenn die verfassungsrechtliche Prüfung nicht allein an dem
Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG, sondern auch an dessen einfachgesetzlicher, allerdings
bundesgesetzlicher Konkretisierung in § 74 Abs. 5 SGB VIII ausgerichtet wird.
121
Nach der zuletzt genannten Vorschrift, die unter Berücksichtigung des Art. 3 Abs. 1 GG
nicht nur für das "Wie", d. h. die Art und Höhe der Förderung, sondern auch für das "Ob"
einer Förderung gilt
122
– vgl. Beschluss des Senats vom 15. Juni 2001
123
– 12 A 3045/99 –, a. a. O. –-
124
sind bei der Förderung gleichartiger Maßnahmen mehrerer Träger unter
Berücksichtigung ihrer Eigenleistungen gleiche Grundsätze und Maßstäbe anzulegen.
Eine Gleichartigkeit der Maßnahme des sozialpädagogisch begleiteten Jugendwohnens
mit den – weiterhin geförderten - Maßnahmen der Jugendberatung und der
Jugendwerkstätten ist nicht gegeben.
125
Nach welchen Kriterien Maßnahmen freier Träger als "gleichartig" anzusehen sind,
umschreibt das Gesetz nicht näher. Mit Blick auf den bereits hervorgehobenen Umstand,
dass § 74 Abs. 5 SGB VIII eine spezialgesetzliche Ausprägung des allgemeinen
Gleichbehandlungsgrundsatzes darstellt, ist Gleichartigkeit dann anzunehmen, wenn es
sich von der sozialwissenschaftlichen, sozialpädagogischen Zielrichtung her um eine im
wesentlichen vergleichbare Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe handelt. Zu dieser
qualitativen Dimension treten eine quantitative und zeitliche Dimension hinzu.
Gleichartig sind deshalb insbesondere solche Maßnahmen, die dasselbe Arbeitsfeld
betreffen, im Hinblick auf Umfang, Zeitpunkt und zeitliche Dauer in den wesentliche
Aspekten gleich zu bewerten sind und in gleicher Weise der in § 1 SGB VIII genannten
Zielsetzung des Gesetzes dienen.
126
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 5. Dezember 1995 – 16 A 5462/94 –, OVGE 45,
158, und vom 10. Juli 2003 – 16 A 2822/01 –, a. a. O.; Kunkel/Steffan, in:
Kunkel, SGB VIII, a. a. O., § 74 Rn 37; Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, a. a. O., §
74 Rn 49.
127
Gemessen an diesen Kriterien handelt es sich bei der Jugendberatung und der
Betreuung in Jugendwohnheimen ebensowenig um gleichartige Maßnahmen im Sinne
des § 74 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII wie bei der Betreuung in Jugendwohnheimen und der
in Jugendwerkstätten. Das Jugendwohnen ist so anders geartet als die Jugendberatung
und auch als die Jugendhilfetätigkeit in Jugendwerkstätten, dass eine ungleiche
Behandlung gerechtfertigt ist.
128
Vgl. bereits den Senatsbeschluss vom 26. September 2003 – 12 B 1727/03
–, a. a. O.; ihm folgend Wiesner, in Wiesner, SGB VIII, a. a. O., § 74 Rn. 49 a.
E.
129
Dieser Bewertung hat die Klägerin im vorliegenden Klageverfahren keine
durchgreifenden Argumente oder – mit ihrem Beweisantrag – nicht berücksichtigtes
Tatsachenmaterial entgegengesetzt.
130
Namentlich ist es nicht zu beanstanden, wenn bei der Prüfung, ob die zu
vergleichenden Maßnahmen in qualitativer, zeitlicher und quantitativer Hinsicht
gleichartig sind, auf die "Angebote" abgestellt wird, die diese Maßnahmen
typischerweise für junge Menschen vorhalten. Der Beklagte hat insoweit zu Recht
131
darauf hingewiesen, dass das SGB VIII sowohl den Begriff der "Maßnahme" als auch
den Begriff des "Angebots" einsetzt, ohne dass ein inhaltlicher Unterscheid erkennbar
wäre, so etwa in §§ 2, 13 Abs. 2 bis 4 SGB VIII. Zudem gebraucht auch das Urteil des
OVG NRW vom 5. Dezember 1995 diese Begriffe sowie den Be-griff "Aufgabe"
offensichtlich synonym. Nach diesem Urteil ist die der jeweiligen Angebotsform
zugrunde liegende Konzeption maßgeblich, wobei es (lediglich) auf Details des
einzelnen Konzeptes der verschiedenen Anbieter nicht ankommt.
OVG NRW, Urteil vom 5. Dezember 1995
132
– 16 A 5462/94 –, a. a. O.
133
Bei alledem bestehen auch keine Bedenken, für die Frage, welche Aufgabenstellung
die jeweilige Angebotsform hat, auf die Angaben im Schreiben der
Landesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit vom 4. März 2002 an den Beklagten
abzustellen. Denn in diesem Schreiben werden gerade nicht die konkreten Maßnahmen
der einzelnen Anbieter behandelt, sondern fachkundige, noch nicht von dem
vorliegenden Rechtsstreit auch über die Frage der Gleichartigkeit beeinflusste
grundsätzliche Aussagen zu den Angebotstypen getroffen.
134
Jugendberatungsstellen beraten und betreuen junge Menschen, wie es in dem zitierten
Schreiben der Landesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit vom 4. März 2002 heißt,
sehr frühzeitig dergestalt, dass sie einen jeweils individuell passenden und sinnvollen
Entwicklungsweg in die weitere schulische, in die berufliche und soziale Integration
wählten. Sie orientierten dabei auf schulische, berufsbildende und
arbeitsmarktpolitische Angebote. Die Jugendberatung wendet sich damit in aller Regel
an Jugendliche geringeren Alters als die, die in Jugendwerkstätten und
Jugendwohnheimen betreut werden. Besuchern von Jugendberatungsstellen wird ein
deutlich differenziertes Angebot von einer Einfach-Beratung bzw. –Information bis hin zu
einwöchigen Berufsfindungsseminaren mit der Beratungsstelle unterbreitet. Auch eine
intensive einzelpädagogische Betreuung ist möglich. Beratungsstellen haben dabei auf
Grund ihres präventiven Charakters, der sich aufgrund der unterschiedlichen Lebens-
und Gefahrensituation der Zielgruppe von dem der anderen beiden Angebotsformen
unterscheidet, ihre Praxis heute in die Schule verlegt. Aus der Sicht der Jugendberatung
gehören Jugendwerkstätten wie Jugendwohnheime zu dem Katalog der Maßnahmen,
über die für den weiteren schulischen und beruflichen Weg des Jugendlichen beraten
wird.
135
Damit sind die Unterschiede zwischen Jugendwohnheimen mit sozialpädagogischer
Betreuung und Jugendberatungsstellen so groß, dass sie nur in seltenen Fällen und
alles andere als systembedingt in eine auf Gleichartigkeit hindeutende
Konkurrenzsituation treten können. Das wird nur dann der Fall sein, wenn der in einem
Jugendwohnheim wohnende junge Mensch zusätzlich oder alternativ zu dem
sozialpädagogischen Beratungsangebot im Wohnheim wegen seiner
Ausbildungssituation eine Jugendberatungsstelle aufsuchen möchte. Dass sich die
Betreuung in Jugendwohnheimen von der Beratung durch Jugendberatungsstellen
wesentlich unterscheidet, hat im übrigen letztlich auch die Klägerin mit ihrer Äußerung
in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt, die Jugendberatung stelle
sich "relativ anders" dar als die beiden anderen Formen der Jugendsozialarbeit.
136
Auch das Angebot der Jugendwerkstätten unterscheidet sich wesentlich von dem in
137
Jugendwohnheimen mit sozialpädagogischer Betreuung angebotenen
Leistungsspektrum. In dem bereits zitierten Schreiben der Landesarbeitsgemeinschaft
Jugendsozialarbeit vom 4. März 2002 ist ausgeführt, auf die Jugendwerkstätten sei eine
dem § 13 Abs. 1 SGB VIII entsprechende Zielformulierung umfassend anwendbar. Das
Ziel solle ein niedrigschwelliges, frühes Angebot unterhalb des Niveaus von
Maßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit sein. Die Jugendwerkstätten betreuen
Jugendliche, die noch nicht ausbildungsfähig sind und bei denen die
sozialpädagogische Betreuung zum Ziel hat, ihnen entsprechende Kompetenzen für
den Eintritt in ein Ausbildungsverhältnis erst zu verschaffen.
Im Unterschied hierzu wenden sich die Jugendwohnheime im Rahmen ihrer berufs- und
ausbildungsbegleitenden Betreuung an eine Personengruppe, die bereits auf Grund
ihrer intellektuellen, handwerklichen und sozialen Fähigkeiten ausbildungsfähig ist.
Dass sich die Zielgruppen der beiden Maßnahmen von-einander unterscheiden, hat –
dementsprechend – nicht nur der Vertreter der Klägerin von der LAG KJS selbst in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt, sondern kommt auch in dem
erwähnten Schreiben vom 4. März 2002 zum Ausdruck. Darin wird für das
Jugendwohnen festgestellt, eine an § 13 Abs. 1 SGB VIII angelehnte Formulierung
passe nicht. Einschlägig sei § 13 Abs. 3 SGB VIII. Eine eigenständige Zielformulierung
habe die Förderung der beruflichen Mobilität von Jugendlichen und jungen
Erwachsenen zu fokussieren. Der unterschiedlichen Betreuungsbedürftigkeit der in
Jugendwerkstätten und in Jugendwohnheimen betreuten jungen Menschen entspricht
eine unterschiedliche Ausgestaltung der Ansprüche. Nach § 13 Abs. 1 SGB VIII sollen
jungen Menschen, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur
Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf Unterstützung
angewiesen sind, im Rahmen der Jugendhilfe sozialpädagogische Hilfen angeboten
werden, die ihre schulische und berufliche Ausbildung, Eingliederung in die Arbeitswelt
und ihre soziale Integration fördern. Demgegenüber kann jungen Menschen während
der Teilnahme an schulischen oder beruflichen Bildungsmaßnahmen oder bei der
beruflichen Eingliederung nach § 13 Abs. 3 SGB VIII Unterkunft in sozialpädagogisch
begleiteten Wohnformen angeboten werden. Dieses Angebot setzt eine spezifische
Benachteiligung oder Beeinträchtigung des jungen Menschen nicht voraus.
138
Vgl. Struck, in: Wiesner, SGB VIII, a. a. O., § 13 Rn 34; Fischer, in:
Schellhorn/Fischer/Mann, SGB VIII, a. a. O., § 13 Rn 11 m. w. N.
139
Anders als der Kläger meint, ist die nicht auszuschließende Möglichkeit, dass im
Einzelfall das nach § 13 Abs. 3 SGB VIII eröffnete Ermessen zu Gunsten des jungen
Menschen reduziert sein kann oder zusätzlich die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1
SGB VIII vorliegen, kein Aspekt, der geeignet ist, die bezeichneten Unterschiede
einzuebnen.
140
Demgegenüber lässt sich eine Gleichartigkeit hier weder durch die einheitliche
gesetzliche Zuordnung der genannten Maßnahmen zum Leistungsspektrum des § 2
Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII noch durch deren einheitliche Behandlung in den Richtlinien zum
Landesjugendplan NRW begründen. Die Vermutung, dass Tätigkeitsfelder, die der
selben Nummer des Aufgabenkataloges in § 2 Abs. 2 und 3 SGB VIII zugeordnet sind,
auch gleichartig sind
141
– in diesem Sinne: OVG NRW, Urteil vom 5. Dezember 1995 – 16 A 5462/94 –,
a. a. O., und Kunkel/Steffan, in: Kunkel, SGB VIII, a. a. O., § 74 Rn 37; zweifelnd:
142
Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, a. a. O., § 74 Rn 49 –,
greift jedenfalls dann nicht, wenn die so zusammengefassten Angebote
143
– wie hier – unterschiedliche Zielsetzungen haben.
144
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Dezember 1995 – 16 A 5462/94 –, a. a. O.;
Kunkel/Steffan, in: Kunkel, SGB VIII, § 74 Rn. 37.
145
Dementsprechend ist auch die zusammengefasste Darstellung der einzelnen
Angebotsformen in § 13 SGB VIII nicht aussagekräftig. Wenn es in den Richtlinien unter
B. VIII.1 (Zuwendungszweck) heißt:
146
"Gefördert werden sozialpädagogische Angebote für sozial benachteiligte
junge Menschen mit dem Ziel, deren soziale und berufliche Integration zu
fördern sowie zur Stärkung von deren Persönlichkeit beizutragen."
147
stellt auch diese Zuordnung als grobe, zudem unter Punkt d) auch andere
Angebotsformen als die hier in Rede stehenden drei Angebotsformen erfassende
Zielvorgabe vielmehr nur eine äußere, formelle Klammer her. Es kommt nicht auf eine
vereinfachende und bündelnde sozial- oder jugendhilfepolitische Zielsetzung an,
sondern auf die sozialwissenschaftliche bzw. sozialpädagogische Ausrich-tung. Die
bereits im einzelnen dargelegten Unterschiede zwischen der Betreuung in
Jugendwohnheimen einerseits und der Jugendberatung und Betreuung in Ju-
gendwerkstätten andererseits – etwa auch nach dem Stand der Integration der vom
jeweiligen Angebot betroffenen jungen Menschen, nach ihrem Lebensalter und nach
dem sich vor dem Hintergrund des § 13 SGB VIII als Spiegelbild des regulären
Anspruchsverhältnisses zwischen Leistungsträger und Hilfeempfänger ergebenden
"Anforderungsprofil" – werden durch derart grobe Zielvorgabe nicht berührt.
Insbesondere der Begriff der sozialen Benachteiligung, wie die Beteiligten ihn im
vorliegenden Zusammenhang verwendet haben, ist in der Jugendhilfepraxis zu
indifferent und so weitgespannt und unklar, dass aus ihm kein die Gleichbehandlung
erforderndes Merkmal gewonnen werden kann, er also auch nicht die Gleichbehandlung
der in Rede stehenden Maßnahmen der Jugendsozialarbeit erfordert. Die Angaben zu
den Kostenträgern des Jugendwohnens und auch die Überlegungen des Beklagten zu
Kriterien für die Beschreibung von Härtefällen bei den von Subventionsstreichungen
betroffenen Jugendwohnheimen zeigen nämlich, dass eine soziale Benachteiligung
betroffener junger Menschen ohne die stets erforderliche Prüfung im Einzelfall, ob das
gesetzliche Tatbestandsmerkmal erfüllt ist, und damit lediglich pauschal behauptet
worden ist.
148
Die von der Klägerin angeführte haushaltsmäßig vorgesehene gegenseitige
Anrechnungsfähigkeit (Deckungsfähigkeit) der Fördermittel für die verschiedenen
Maßnahmen (Jugendwohnheim, Jugendberatungsstelle und Jugendwerkstatt) indiziert
ebenfalls nicht deren Gleichartigkeit. Sie stellt nämlich lediglich eine haushaltsrechtliche
Regelung dar, die zudem für die gesamten Fördermittel des Landesjugendplanes gilt.
149
Die Entscheidung, das sozialpädagogisch begleitete Jugendwohnen im Gegensatz zu
den nach alledem als nicht gleichartig anzusehenden Maßnahmen der Jugendberatung
und der Jugendwerkstätten nicht weiter zu fördern, beruht auch nicht auf unzutreffenden
rechtlichen und/oder tatsächlichen Prämissen, die die Einstellung der Förderung als
150
willkürlich erscheinen lassen.
Die Erwägung der Ministerin, in den Jugendwohnheimen seien hauptsächlich Er-
wachsene untergebracht, während die Jugendberatungsstellen und –werkstätten
vorrangig Minderjährigen zugute kämen, kann entgegen der Auffassung der Klägerin
schon nicht dahin verstanden werden, Erwachsene seien von vornherein weniger
schutzwürdig als noch nicht volljährige Personen. Insoweit kann der sich zu
Maßnahmen nach § 13 SGB VIII äußernden Fachministerin nicht unterstellt werden, ihr
sei nicht bewusst gewesen, dass zu den von dieser Vorschrift erfassten "jungen
Menschen" nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 SGB VIII alle noch nicht 27 Jahre alten Menschen
zählen, also Erwachsene und Minderjährige gleichermaßen als Anspruchsberechtigte in
Frage kommen. Vor allem aber muss die streitige Äußerung im Kontext des
Debattenbeitrages gesehen werden. Hiernach hat die Ministerin ersichtlich darauf
abstellen wollen, dass eine Mehrzahl der Bewohner von Jugendwohnheimen vom Alter
und Entwicklungsstand her nicht in der Weise ("in dieser Dichte") auf eine
sozialpädagogische Betreuung angewiesen sei wie es für die in Jugendwerkstätten und
durch Jugendberatungsstellen betreuten jungen Menschen der Fall sei. Im übrigen wird
die Erwägung der Ministerin, die Betreuung in Jugendwohnheimen komme – anders als
die übrigen Maßnahmen der Jugendsozialarbeit – überwiegend (in ihrer Entwicklung
weiteren) Erwachsenen zugute, durch den – unsubstantiierten – Hinweis, die Anteile
Minderjähriger in den von der Härtefallliste erfassten Heimen sei "teilweise ganz
erheblich" und liege "bei einer Reihe von Heimen" bei 50 bis 60 %, nicht durchgreifend
in Frage gestellt. Denn für die Beurteilung, ob die bislang geförderten
Jugendwohnheime überwiegend Erwachsenen zugute kommen, kann nicht nur auf die
in der Härtefallliste aufgeführten Heime abgestellt werden, die mit Blick auf das bei der
Erstellung der Liste zugrunde gelegte Auswahlkriterium, dass die Einrichtungen
"ausschließlich oder überwiegend minderjährige Bewohnen haben" sollen, natürlich
einen höheren Minderjährigenanteil aufweisen, sondern muss die Gesamtheit dieser
Heime in den Blick genommen werden, was zu einem geringeren Minderjährigenanteil
führt.
151
Bei der Annahme, dass die Streichung der Förderung angesichts der Möglichkei-ten
einer Kompensation etwa durch die Erhöhung der Tagessätze nicht das Ende der
Einrichtungsform "sozialpädagogisch betreutes Jugendwohnen" bedeute, hat es sich
um eine dem Gesetzgebungsverfahren eigene und unbedenkliche Pro-gnose
gehandelt, für deren nicht sachgerechte Erstellung unter Berücksichtigung des von
verschiedenen Seiten vorgebrachten statistischen Materials weder etwas substantiiert
vorgetragen noch sonst ersichtlich ist und die sich – im übrigen – nach den von der
Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angeführten Zahlen – nur 10 –
15 % der Jugendwohnheime hätten aufgrund des Weg-falls der Förderung schließen
müssen, und einige weitere hätten ihre Aktivitäten von der Jugendhilfe "gelöst" – im
Kern als zutreffend erwiesen hat. Vor dem Hintergrund dieser Prognose kann auch nicht
festgestellt werden, die grundrechtliche Bedeutung des Förderangebotes für die
Betroffenen gem. Art. 12 GG sei unberücksichtigt geblieben. Entsprechendes gilt für die
Schätzung des Anteils von Minderjährigen und Erwachsenen in Einrichtungen des
sozialpädagogisch betreuten Wohnens. Zwar richtet sich das Angebot nach § 13 Abs. 3
SGB VIII an "junge Menschen", also gem. § 7 Abs. 1 Nr. 4 SGB VIII solche unter 27
Jahre, dennoch ist bei typisierender Betrachtungsweise eine Dringlichkeitseinstufung
unter Berücksichtigung des jeweiligen Entwicklungsstandes und des Umfangs der sich
hieraus ergebenden Schutz- und Betreuungsbedürftigkeit sachlich vertretbar. Eine
Sachlage, bei der im Rahmen eines Konzeptes zur sparsamen und wirtschaftlichen
152
Mittelverwendung unter Berücksichtigung der durch Art. 12 GG geschützten Interessen
der privaten Anbieter die flächendeckende Versorgung mit gleichartigen
Jugendhilfeangeboten zu gewährleisten war,
vgl. zu einer solchen Konstellation: BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2004 – 3 C
2.04 –, NDV-RD 2004, 120,
153
bestand nicht, so dass eine Einzelfallprüfung, wie sie der Klägerin vorschwebt, nicht in
Betracht kam.
154
Dafür, dass mit der Herausnahme des Jugendwohnens aus der weiteren
Landesförderung eine Situation geschaffen worden ist, in der die Träger der Jugendhilfe
nicht mehr in der Lage sind, die bundesgesetzlich vorgegebene Gesamtverantwortung
nach § 79 SGB VIII wahrzunehmen, ist nichts ersichtlich, zumal eine
Existenzgefährdung sämtlicher Jugendwohnheime durch den Förderungsausschluss
nicht erkennbar drohte und nach den bereits erwähnten Angaben der Klägerseite in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch nicht eingetreten ist. Unter dem
Gesichtspunkt des § 79 SGB VIII soll es zudem allenfalls unzulässig sein, wenn im
Haushalt – anders als hier – überhaupt keine Mittel für die Träger der freien Jugendhilfe
zur Verfügung gestellt würden.
155
Vgl. Wabnitz, a.a.O. mit Hinweis auf OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.
Juni 1997
156
– 4 M 1219/97 -, FEVS 48, 213 (215).
157
Die Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers, für das Jugendwohnen im Jahr 2003
keine Fördermittel mehr bereitzustellen, verstößt auch nicht gegen den im
Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3, 28 Abs. 1 Satz 1 GG) verankerten Grundsatz des
Vertrauensschutzes i. V. m. den einschlägigen jugendhilferechtlichen Grund-sätzen. Die
Freiheit des Staates, Subventionen zu gewähren oder auch wieder einzustellen,
unterliegt gerade bei der hier in Rede stehenden Leistungsverwaltung mit sozialer
Zielsetzung auch dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG). Zu dessen
Verwirklichung ist dem Staat ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt und sein
Handeln ist nur in einem weniger strengen Sinne als die Eingriffsverwaltung an dem im
Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebot des Vertrauensschutzes zu messen.
158
Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Mai 2006
159
– 5 C 10.05 –, BVerwGE 126, 33, m. w. N.
160
Allein der Umstand, dass die Klägerin über mehrere Jahre jugendhilferechtlich gefördert
wurde, begründet noch kein schutzwürdiges Vertrauen. Auch ein freier Träger der
Jugendhilfe kann wie andere Subventionsempfänger grundsätzlich nicht darauf
vertrauen, dass er weitergefördert wird oder die Weiterförderung in bisheriger Höhe
erfolgt. Nicht anders als allgemein im Subventionsrecht,
161
vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 11. Mai 2006
162
– 5 C 10.05 –, a. a. O., m. w. N. (zur Förderung von sozialem Wohnungsbau)
163
gilt im Jugendhilferecht der Grundsatz, dass ein Subventionsempfänger stets mit dem
künftigen – teilweisen oder gar völligen – Wegfall der Subvention rechnen muss.
164
Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Mai 2006 – 5 C
165
10.05 –, a. a. O., und Beschluss vom 8. April 1997 – 3 C 6.95 –, NVwZ 1998,
273, 275; OVG NRW, Urteil vom 15. Januar 1997 – 16 A 2389/96 –, a. a. O.,
und Beschluss vom 26. September 2003 – 12 B 1727/03 –, a. a. O.; OVG
Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. September 1997 – 12 A 10610/97 -, a. a. O.;
Niedersächsisches OVG, Urteil vom 25. März 1998 – 4 L 3057/96 –, NVwZ-
RR 1999, 127; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. April 2001
166
– 1 S 245/00 –, NVwZ 2001, 1428, 1430; Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII,
a.a.O., § 74 Rdnr. 41b; siehe auch die Nachweise bei Wabnitz, a. a. O., S.
173.
167
Namentlich gegenüber einer Gesetzgebung, die – wie hier – nur für zukünftige
Tatbestände gilt, wird grundsätzlich kein Vertrauensschutz gewährt; anderenfalls würde
die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers unzulässig verkürzt. Vertrauens-schutz wird
allenfalls dann zugebilligt werden können, wenn ein besonderer Ver-trauenstatbestand
begründet ist.
168
Vgl. Sachs, Grundgesetz, a.a.O., Art. 20 Rdnr. 139 m.w.N. zur Rspr. des
BVerfG.
169
Es liegt hier jedoch keiner der Fälle vor, in denen ausnahmsweise das Vertrauen auf
eine Weiterförderung rechtlich geschützt ist. Denn eine Zusage gegenüber den Trägern
der Jugendwohnheime, auch über 2002 hinaus Personalkosten-zuschüsse zu
bewilligen, ist ebensowenig ersichtlich wie ein sonstiges, einer solchen Zusage
gleichkommendes staatliches Verhalten.
170
Auf Grund der Funktion, die privaten Trägern in der Jugendhilfe zukommt (§ 3 Abs. 2
und §§ 4, 74 SGB VIII), kann jedoch zumindest das Vertrauen rechtlich geschützt sein,
dass eine Förderung nicht kurzfristig ohne Übergangsregelung eingestellt wird.
171
Vgl. hierzu Schellhorn/Fischer/Mann, SGB VIII, a.a.O., § 74 Rn. 13; Wabnitz,
a. a. O., S. 174; Häbel, Verpflichtung der öffentlichen Träger zur Förderung
der freien Jugendhilfe, ZfJ 1997, 109 (120); Preis/Steffan, Anspruchsrechte,
Planungs-pflichten und Fördergrundsätze im Kinder- und Jugendhilferecht,
FuR 1993, 185 (203 f.); Nieder-sächsisches OVG, Urteil vom 25. März 1998
172
– 4 L 3057/96 –, a. a. O.; VGH Baden-Württem-berg, Urteil vom 10. April
2001 – 1 S 245/00 –,
173
a. a. O.
174
Ob ein solcher Schutz tatsächlich besteht, hängt von dem gesetzlichen Rang der
betroffenen Jugendhilfemaßnahme und der Möglichkeit ab, sich auf die verän-derte
Bewilligungspraxis einzustellen.
175
Nach den hier zu würdigenden Umständen lässt sich auch nach eingehender Prüfung
176
nicht feststellen, dass die Träger der Jugendwohnheime (mithin auch die Klägerin) nicht
hinreichende Möglichkeiten gehabt hätten, sich auf das Ausbleiben weiterer Zuschüsse
zu den Personalkosten für die sozialpädagogische Be-treuung einzustellen. Die
Förderung des Jugendwohnens nach dem Landesjugendplan ist bis 2002
einschließlich jeweils nur für ein Jahr erfolgt und hat sich damit auf einen zeitlich
eindeutig festgelegten Rahmen beschränkt. Dabei enthielten die
Zuwendungsbescheide, die u. a. auch an die Landesarbeitsgemeinschaft Katholische
Jugendsozialarbeit NRW e. V. (LAG KJS) als einem der früheren
Zuwendungsempfänger und Repräsentanten der Klägerin gerichtet waren, vor dem
Hintergrund einer sich verschärfenden Haushaltslage des Landes seit 1998 als
Nebenbestimmung u. a. den Hinweis auf einen auch möglichen völligen Wegfall der
Förderung. So heißt es z. B. in dem der LAG KJS erteilten Zuwendungsbescheid vom 2.
Januar 2002 unter Ziffer 7.3 wörtlich:
"Ich weise darauf hin, dass aus dieser Bewilligung nicht geschlossen werden
kann, dass die Förderung auch in zukünftigen Haushaltsjahren im bisherigen
Umfang erfolgt. Es ist nicht auszuschließen, dass die Entwicklung der Haus-
haltslage des Landes Kürzungen der Zuwendungen im Rah-men der
Haushaltsplanung erfordert oder Zuwendungen deswegen ganz entfallen. Ich
bitte Sie, dieses Finanzie-rungsrisiko, insbesondere bei Abschluss, Änderung
oder Verlängerung von Verträgen ( z. B. für Mietobjekte oder für Personal ), zu
berücksichtigen."
177
Angesichts der offenkundigen und damit auch der Klägerseite bekannten äußerst
angespannten Situation des Landeshaushalts kann diese Nebenbestimmung ent-gegen
der Auffassung der Klägerin nicht als bloß formelhaft wiederholter Hinweis ohne
Warnwert qualifiziert werden. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hinter-grund, dass
diese Hinweise nicht, wie die Klägerin behauptet, "seit 20 oder 30 Jahren"
formularmäßig wiederholt, sondern den Zuwendungsbescheiden erst seit 1998
beigefügt worden sind. Besonderes Gewicht hat, dass die Zuwendungsempfänger –
auch die LAG KJS – bereits im Juli 2002 schriftlich und mündlich über die Absicht
unterrichtet worden sind, das sozialpädagogisch begleitete Wohnen in
Jugendwohnheimen nach Position VIII des Landesjugendplans ab dem Haushaltsjahr
2003 nicht mehr zu fördern. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass vor dem Hintergrund der
seit 1998 erfolgten Hinweise in den Zuwendungsbescheiden der mit der konkreten
Absichtserklärung gegebene fünfmonatige Vorlauf bis zum Ausbleiben weiterer
Förderung für die betroffenen Träger nicht ausreichend gewesen sein soll, sich auf eine
Situation ohne Förderung aus dem Landeshaushalt einzustellen. In Betracht zu
ziehende, ggf. miteinander zu kombinierende Maßnahmen waren bei beabsichtigter
Fortführung der Einrichtung etwa kostensenkende Schritte, wie z.B. die Kündigung von
Arbeitsverhältnissen, die Reduzierung oder Umorganisation des Wohnheimbetriebes,
sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Einnahmeseite, wie z.B. das Hinwirken auf
eine Erhöhung der Entgelte oder die Einwerbung von Drittmitteln. Dass manche
Einrichtungen des sozialpädagogischen betreuten Jugendwohnens später geschlossen
worden sind, ist insoweit nicht aussagekräftig. Bei geänderter Planung bestand
178
i. ü. hinreichend Gelegenheit, bereits begonnene Betreuungsmaßnahmen zu beenden
bzw. eine anderweitige Unterbringung der jungen Menschen sicherzustellen.
179
Zu einer anderen Sichtweise führt nicht die im Verlaufe der parlamentarischen
Haushaltsberatungen politisch zugesagte Schaffung einer sog. Härtefallregelung, die
180
sich anschließende Aufstellung von entsprechenden Beurteilungskriterien und die
Erstellung einer Liste mit den Einrichtungen, die diesen Vorgaben genügen. Diese
Aktivitäten konnten mit Blick darauf, dass ihr Erfolg vor dem Hintergrund der prekären
Haushaltslage von vornherein ungewiss war, bis zu ihrer – im weiteren Verlauf auch
nicht gelungenen – rechtsverbindlichen Umsetzung keinen Vertrauenstatbestand
setzen. Abgesehen davon, dass die Klägerin zudem auch nicht den maßgeblichen
Kriterien für einen Härtefall genügte, ist ferner nicht erkennbar oder dargelegt, dass von
ihr im Vertrauen auf die Härtefallregelung überhaupt Dispositionen getroffen wurden, die
es unzumutbar erscheinen lassen konnten, die Förderung – wie angekündigt -
einzustellen.
Ein schutzwürdiges Vertrauen ist ferner nicht durch die unterbliebene Anpassung der
Regelung B) VIII. 1 der Richtlinien zum Landesjugendplan an die Vorgaben des
Haushalts entstanden. Denn schon seit Juli 2002 war es für die Betroffenen mit Blick auf
die ihnen unter dem 23. Juli 2002 gegebene Information, auf das Rundschreiben des
Beklagten vom 29. August 2002, auf die parlamentarischen Beratungen und auf die
Verabschiedung des Haushaltsgesetzes im Dezember 2002 durchgängig hinreichend
deutlich geworden, dass eine Förderung des Jugendwohnens nach dem Willen der
Landesregierung und der Mehrheitsfraktionen im Parlament nicht mehr in Betracht kam.
Deshalb konnten die Betroffenen auch nicht von einer Weiterförderung auf der
Grundlage von Verwaltungsvorschriften ausgehen, die erkennbar nur redaktionell nicht
hinreichend an die beabsichtigte und dann auch erfolgte Gesetzgebung angepasst
worden waren. Eine genauere Lektüre der Richtlinien hätte im übrigen verdeutlicht, dass
sie an den im Haushaltsgesetz zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers
anknüpfen und nicht etwa gegenläufige Regelungen treffen wollen. Denn unter dem
Punkt B) VIII. 4. 4.1 heißt es dort, dass die Höhe der Förderbeträge "in den
Erläuterungen zu den betreffenden Positionen des Landesjugendplans nach Maßgabe
des Haushalts festgesetzt" wird.
181
Auch der gesetzliche Rang der betroffenen Jugendhilfemaßnahme stützt die Annahme
eines ausnahmsweise gegebenen Anspruchs auf eine Übergangsförderung nicht. Denn
das Jugendwohnen nach dem Achten Buch des Sozialgesetzbuchs ist ungeachtet
seiner besonderen Bedeutung für die Mobilität bei der Suche nach einem
Ausbildungsplatz nicht in einer das Vertrauen auf (vorübergehende) Weiterführung einer
staatlichen Förderung besonders stützenden Weise ausgestaltet. Wie bereits
herausgestellt, ist die Gewährung von Unterkunft in sozialpädagogisch begleiteten
Wohnformen nach § 13 Abs. 3 SGB VIII grundsätzlich lediglich als "Kann-Leistung"
geregelt. Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen ist eine Ermessensreduzierung
dergestalt denkbar, dass die Leistung erbracht werden muss. Im Hinblick hierauf ist
auch die objektiv-rechtliche Gesamtverantwortung der Träger der Jugendhilfe nach § 79
Abs. 1 SGB VIII, der zufolge gemäß § 79 Abs. 2 SGB VIII unter anderem die dort
beschriebene Grundausstattung zu gewährleisten ist, kein Rechtstatbestand, der ein
Vertrauen auf die (vorübergehende) Fortsetzung der Subventionierung von
Jugendwohnheimträgern zu rechtfertigen vermag. Insoweit besteht ein Unterschied etwa
zur Förderung privater Kindergartenträger oder – auf der Grundlage schulrechtlicher
Vorschriften – privater Schulträger.
182
Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich ein Anspruch auf Neubescheidung
auch nicht aus formellen Gesichtspunkten; insbesondere fehlte dem Landesjugendamt
nicht die funktionale Zuständigkeit für die Entscheidung über den Förderantrag der
Klägerin.
183
Nach § 70 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII werden die Aufgaben des Landesjugendamtes, die
nach § 9 des Ersten Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (AG
KJHG NRW) i. V. m. § 5 Abs. 1 a) Nr. 3 LVerbO den Landschaftsverbänden zugewiesen
sind, durch den Landesjugendausschuss und durch die Verwaltung des
Landesjugendamtes wahrgenommen. Gem. § 71 Abs. 2 und 4 Satz 3 SGB VIII hat sich
der Landesjugendhilfeausschuss mit allen Angelegenheiten der Jugendhilfe und
insbesondere auch mit der Förderung der freien Jugendhilfe (vgl. Nr. 3) zu befassen;
erst nach der landesrechtlichen Regelung des § 10 Abs. 2 AG KJHG i. V. m. § 3 Abs. 3
Nr. 1 der Satzung für das Landesjugendamt Rheinland vom 28. September 2001 (GVBl.
2001, S. 756) hat er – weitergehend – die Befugnis, über die Verwendung der vom Land
für die Jugendhilfe bereitgestellten Mittel im Rahmen der von der zuständigen obersten
Landesjugendbehörde erlassenen Richtlinien und Weisungen zu beschließen.
184
Eine Befassung des Landesjugendhilfeausschusses mit der Angelegenheit ist hier
erfolgt, da er in seiner Sitzung vom 16. Januar 2003 über die Kürzung der bisherigen
Förderungsmittel für das Jugendwohnen unterrichtet worden ist und sich Mitglieder zur
Einstellung der Förderung des sozialpädagogisch begleiteten Jugendwohnens
geäußert haben. Dass die Befassung nach Ablehnung des Förderantrags der Klägerin
erfolgte, ist unerheblich, weil die Befassung, wenn sie denn als Mitwirkungshandlung im
Rahmen eines Verwaltungsverfahrens i. S. d. § 41 Abs. 1 Nr. 4, 5 SGB X anzusehen
sein sollte, jedenfalls mit heilender Wir-kung nachgeholt worden ist.
185
Ein Beschlussrecht nach § 10 Abs. 2 AG KJHG NRW hat dem Landesjugend-
hilfeausschuss hingegen von vornherein nicht zugestanden, denn die Vorschrift setzt
sowohl von ihrem Wortlaut als auch ihrem Sinn und Zweck voraus, dass vom Land für
die Jugendhilfe überhaupt Mittel bereitgestellt worden sind, die zu dem jeweiligen
Zweck verteilt werden können. Gerade dies ist – wie oben ausge-führt – in Hinblick auf
eine Förderung des sozialpädagogisch begleiteten Jugend-wohnens jedoch nicht
geschehen.
186
Unabhängig davon handelt es sich entgegen der Ansicht der Klägerin bei der hier
strittigen Entscheidung über die Versagung der Fördermittel für sozialpädagogisch
begleitetes Wohnen in Jugendwohnheimen um ein Geschäft der laufenden Verwaltung,
welches nach § 70 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII ohne die gesetzlich vorgesehene Mitwirkung
des Landesjugendhilfeausschusses von der Verwaltung des Landesjugendamtes
entschieden werden konnte.
187
Zu den Geschäften der laufenden Verwaltung zählen neben der Ausführung der
Beschlüsse des Landesjugendhilfeausschusses alle Entscheidungen und
Rechtshandlungen, deren Erledigung eine Entscheidung der Lenkungsorgane nicht
oder nicht mehr erfordert, weil sie bereits gesetzlich vorbestimmt ist, weil eine
grundsätzliche Vorentscheidung des Lenkungsorgans bereits vorliegt oder weil eine
sachgerechte Entscheidung innerhalb des vom Gesetz oder von Vorentscheidungen
gelassenen Beurteilungs- oder Ermessensspielraums von Verwaltungsfachleuten
selbständig getroffen werden kann; auf die Häufigkeit gleichartiger Geschäfte kommt es
dabei nicht an.
188
Vgl. Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, a.a.O., § 70 Rdnr. 15; W. Schellhorn, in:
Schellhorn/Fischer/
189
Mann, SGB VIII, a.a.O., § 70 Rdnr. 7
190
Nach Maßgabe der obigen Ausführungen hatte hier bereits der Haushaltsgesetz-geber
eine abschließende und bindende Entscheidung darüber getroffen, dass Zuschüsse zu
den Personalkosten des sozialpädagogisch begleiteten Wohnens im Haushaltsjahr
2002 nicht mehr gewährt werden sollten. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende
Fall auch nachhaltig von dem Sachverhalt, der dem Urteil des OVG NRW vom 15.
Januar 1997 – 16 A 2389/96 – (OVGE 46, 108) zugrun-de gelegen hat. Denn anders als
beim Jugendhilfeausschuss, dessen funktionale Zuständigkeit Gegenstand dieses
Urteils war, ist der Haushaltsgesetzgeber hier nicht auf der gleichen (kommunalen)
Ebene angesiedelt, hat keine Vorgaben des Ausschusses zu beachten gehabt und ist
auch nicht verpflichtet gewesen, dem Ausschuss noch einen eigenen
Entscheidungsspielraum zu belassen. Zweifel an der Vorgabe des
Haushaltsgesetzgebers und ihrer Verbindlichkeit mussten sich dem Beklagten nicht
aufdrängen. Die Maßgabe ist auch nicht dadurch offengehalten worden, dass im
Rahmen der politischen Debatte zugesagt wurde, sich für Übergangslösungen in
Härtefällen einzusetzen, und das Ministerium die Erstellung einer sog. Härtefallliste in
Auftrag gegeben hat. Der Einwand der Klägerin schließlich, ein Geschäft der laufenden
Verwaltung liege deshalb nicht vor, weil das im SGB VIII geregelte sozialpädagogisch
begleitete Jugendwohnen seit Jahrzehnten gefördert worden sei, greift nicht durch.
Denn dieser Einwand betrifft die – nach dem Vorstehenden nicht zu beanstandende –
Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers, berührt aber nicht die Einstufung der wegen
dieser Entscheidung und nach Maßgabe ministerieller Weisungen erfolgenden
Ablehnung eines dennoch gestellten Förderantrags als Geschäft der laufenden
Verwaltung.
191
Hat nach alledem mit der Verwaltung des Landesjugendamtes das funktional
zuständige Organ die Ablehnungsentscheidung getroffen, muss vorliegend nicht mehr
entschieden werden, ob der im Erlass eines Verwaltungsakts durch eine funktional
unzuständige Stelle liegende Verfahrensfehler im Wege einer analogen Anwendung
des § 42 Satz 1 SGB X als unbeachtlich behandelt werden darf, wenn offensichtlich ist,
dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
192
Vgl. zum Meinungsstand: etwa Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 46 Rdnr. 21, m. w.
N.; Sachs, in: Stel-kens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 46 Rdnr. 45;
Steinwedel, in: Kasseler Kommentar Bd. II, § 42 SGB X, Rdnr. 7 m. w. N.
sowie VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20. März 1985 – 6 S 118/84 –,
FEVS 36, 135 (137); offengelassen: OVG NRW, Urteil vom 15. Januar 1997
– 16 A 2389/96 –, a. a. O.; zur Bedeutung einer behör-deninternen
Geschäftsverteilung: BVerwG, Be-schluss vom 6. August 1998 – 9 B 773.97
–, juris.
193
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3, 188 Satz 2 VwGO. Dabei
sind die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu
erklären, da er zweitinstanzlich keinen Antrag gestellt und sich damit keinem
Kostenrisiko ausgesetzt hat.
194
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr.
10, 711 ZPO.
195
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO
196
vorliegt.