Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 01.09.1999

OVG NRW: verzinsung, gemeinde, treu und glauben, abschreibung, bestehende anlage, gewährleistung, investition, begriff, anschaffungswert, haushalt

Oberverwaltungsgericht NRW, 9 A 5715/98
Datum:
01.09.1999
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
9. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 A 5715/98
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 13 K 8767/96
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens beider Instanzen als
Gesamtschuldner.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden
Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks F. straße 214 in G. , das an die städtische
Einrichtung der Entwässerung angeschlossen ist.
2
Mit Heranziehungsbescheid für Grundbesitzabgaben vom 12. Januar 1996 zog der
Beklagte die Kläger für das genannte Grundstück und das Jahr 1996 unter anderem zu
Entwässerungsgebühren heran; wegen der Berechnung der Gebühren im einzelnen
wird auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides Bezug genommen.
3
Nach erfolglosem Vorverfahren haben die Kläger Klage erhoben. Zur Begründung
haben sie im wesentlichen folgendes geltend gemacht: Die Ermittlung der
Gebührensätze verstoße gegen das Kostenüberschreitungsverbot. Nach
betriebswirtschaftlichen Grundsätzen sei die in der Gebührenkalkulation praktizierte
Kombination von Abschreibung auf der Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten
und kalkulatorischen Zinsen auf der Grundlage von Anschaffungswerten i.V.m. einem
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Nominalzinssatz unzulässig. Ob die Verteilung der Kosten für die Beseitigung des
Schmutzwassers einerseits und die Beseitigung des Niederschlagswassers
andererseits sachgerecht erfolgt sei, sei zweifelhaft. Auch seien die Bedenken
hinsichtlich der Übernahme der ungeprüften Angaben der Gebührenpflichtigen zur
befestigten Grundstücksfläche nicht ausgeräumt. Der Begriff der "befestigten
Grundstücksfläche" sei unbestimmt. Die Gebührenbemessung lediglich nach der
"befestigten" Fläche trage dem Differenzierungsgebot nicht genügend Rechnung, da je
nach Oberflächenbelag der jeweilige Versiegelungsgrad und damit der prozentuale
Anteil des abfließenden bzw. versickernden Niederschlagswassers höchst
unterschiedlich sein könne.
Die Kläger haben beantragt,
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den Grundbesitzabgabenbescheid vom 12. Januar 1996 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 29. November 1996 hinsichtlich der Schmutz- und
Niederschlagswassergebühr aufzuheben.
6
Der Beklagte hat beantragt,
7
die Klage abzuweisen.
8
Er hat die Auffassung vertreten, daß die Gebührensätze gemäß den insoweit geltenden
rechtlichen Anforderungen kalkuliert worden seien und der auf dieser Grundlage
erlassene Heranziehungsbescheid daher rechtmäßig sei.
9
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage wegen Verstoßes
gegen das Kostenüberschreitungsverbot stattgegeben. Zur Begründung hat es im
wesentlichen ausgeführt, daß die zur Anwendung gelangte Kalkulationsmethode der
Kombination von Abschreibungen auf der Grundlage von
Wiederbeschaffungszeitwerten i.V.m. einer kalkulatorischen Verzinsung mit einem
Nominalzinssatz nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen unzulässig sei. Darüber
hinaus sei der Ansatz der kalkulatorischen Zinsen überhöht, weil in dem der Verzinsung
zugrundegelegten Anschaffungswert von 432.442.100,00 DM Kosten für Anlagen im
Bau in Höhe von 4.620.000,00 DM berücksichtigt worden seien. Derartige
Vorfinanzierungskosten dürften jedoch nicht in die Gebührenkalkulation eingestellt
werden. Des weiteren sei der Anschaffungswert teilweise durch Rückrechnung aus dem
Wiederbeschaffungszeitwert ohne die insoweit erforderlichen Abschläge ermittelt
worden. Auch die zwischenzeitlich vorgelegte Betriebsabrechnung weise eine
Überdeckung aus. Wegen der weiteren Begründung im einzelnen wird auf den Inhalt
des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
10
Hiergegen richtet sich die zugelassene Berufung des Beklagten, zu dessen Begründung
er im wesentlichen geltend macht, die angewandte Kalkulationsmethode entspreche
den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes und der neueren Rechtsprechung des
Berufungsgerichts. Die des weiteren beanstandeten Kostenansätze würden insgesamt
weniger als 3 % der zulässigen Gesamtkosten ausmachen, so daß allein deshalb die in
der Gebührensatzung festgelegten Gebührensätze nicht unwirksam seien.
11
Der Beklagte beantragt,
12
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
13
Die Kläger beantragen,
14
die Berufung zurückzuweisen.
15
Zur Begründung wiederholen sie ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren
und machen sich die Auffassung des Verwaltungsgerichts zu eigen. Ergänzend tragen
sie vor, daß in der bislang vom erkennenden Senat des Berufungsgerichts bei dem
Ansatz der kalkulatorischen Kosten tolerierten doppelten Erfassung des
Inflationsausgleichs ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1, 19 Abs. 4 des Grundgesetzes für
die Bundesrepublik Deutschland (GG) sowie gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzips
abzuleitende Äquivalenzprinzip zu sehen sei. Der Beklagte werde des weiteren
aufgefordert, anhand vorzulegender Unterlagen substantiiert darzulegen, daß für die
prognostizierten Personalausgaben nur Personal Berücksichtigung gefunden habe, was
ausschließlich im Bereich Abwasserbeseitigung tätig sei, und daß auf mehreren
Verwaltungssektoren tätiges Personal bei der Ermittlung der Kosten für die
Entwässerungsgebühren nur anteilig (sektoral) mit den entsprechenden Zeitanteilen
Berücksichtigung gefunden habe.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der hierzu beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Beklagten, auf das Lehrbuch von Wöhe "Einführung in die
allgemeine Betriebswirtschaftslehre", 19. Auflage 1996, sowie auf weitere
betriebswirtschaftliche Lehrbücher (Schmidt, Kostenrechnung, 1996; Mayer/Liess-
mann/Mertens, Kostenrechnung, 6. Aufl. 1996; Steger, Kosten- und Leistungsrechnung,
1996; Hoitsch, Kosten- und Erlösrechnung, 2. Aufl. 1997; Freidank, Kostenrechnung, 6.
Aufl. 1997; Kicherer, Kosten- und Leistungsrechnung, 1998; Schweitzer/Küpper,
Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, 7. Aufl. 1998) Bezug genommen; die
vorgenannten Verwaltungsvorgänge und sonstigen Unterlagen sind zum Gegenstand
der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
17
Entscheidungsgründe:
18
Die zugelassene Berufung des Beklagten ist begründet.
19
Der Grundbesitzabgabenbescheid des Beklagten vom 12. Januar 1996 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 29. Novem-ber 1996 ist rechtmäßig und verletzt die
Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit darin für das Jahr
1996 Entwässerungsgebühren festgesetzt worden sind.
20
Rechtsgrundlage der angefochtenen Gebührenerhebung sind die §§ 1 - 5, 7 - 10 der
Entwässerungsgebührensatzung der Stadt G. vom 17. Dezember 1992 in der Fassung
der 5. Änderungssatzung vom 13. Dezember 1995 (EGS).
21
Die genannten Bestimmungen sind formell gültiges Satzungsrecht; sie sind, soweit hier
von Belang, auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
22
Dies gilt sowohl für den in § 3 EGS enthaltenen Frischwassermaßstab als
Gebührenmaßstab zur Bemessung der Schmutzwassergebühren als auch für den in § 4
EGS geregelten Maßstab der bebauten oder befestigten angeschlossenen
Grundstücksfläche zur Bemessung der Niederschlagswassergebühren. Beide
23
Maßstäbe genügen den nach § 6 Abs. 3 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes für das
Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Oktober 1969, GV NRW S. 712, in der für den
Veranlagungszeitraum 1996 geltenden Fassung des Änderungsgesetzes vom 16.
Dezember 1992, GV NRW S. 561 (KAG a.F.) an einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu
stellenden Anforderungen.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. März 1997 - 9 A 1921/95 -, NWVBl. 1997, 422, Urteil vom
24. Juni 1998 - 9 A 1924/98 -.
24
Der in § 3 Abs. 2 EGS im Rahmen des Frischwassermaßstab enthaltene Grenzwert für
den Abzug von nachweislich nicht in die öffentliche Abwasseranlage gelangte
Abwassermengen von 20 cbm ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
25
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. März 1997, a.a.O.
26
Auch für den Veranlagungszeitraum 1996 sind die durch den vorgenannten Grenzwert
bedingten Ungleichbehandlungen innerhalb der Gruppen der Gebührenpflichtigen
durch den Grundsatz der Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt, zumal die sich
ergebenden Jahresbeträge für die Schmutzwasserbeseitigung mit 45,20 DM
(Nichtverbandsmitglieder) und 24,20 DM (Verbands-mitglieder) nach wie vor im
Bagatellbereich anzusiedeln sind.
27
Der in § 4 Abs. 1 Satz 1 EGS verwandte Begriff der "befestig-ten Grundstücksfläche" ist
hinreichend bestimmt.
28
Vgl. die Definition in OVG NRW, Urteil vom 20. März 1997, a.a.O.
29
Den insoweit geäußerten - pauschalen - Bedenken schließt sich der erkennende Senat
nicht an.
30
Eine weitere Differenzierung in der Gebührensatzung hinsichtlich der Art und Weise der
jeweiligen Befestigung ist nicht geboten. Denn wenn - wie hier - der Satzungsgeber
berechtigt ist, überhaupt einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu wählen, ist er in der
Auswahl des Maßstabes weitgehend frei.
31
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. März 1996 - 9 A 428/93 -.
32
Es genügt dabei, daß der von der Maßstabsregelung vorausgesetzte Zusammenhang
zwischen Gebührenbemessung und Art und Umfang der Inanspruchnahme denkbar und
nicht offensichtlich unmöglich ist.
33
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. August 1995 - 9 A 3907/93 -.
34
Diesen Anforderungen genügt der vom Satzungsgeber gewählte Maßstab der
"befestigten" Grundstücksfläche. Dieser berücksichtigt zwar nur einen der für das Maß
der Inanspruchnahme aussagekräftigen Parameter, nämlich die Befestigung als solche.
Die damit verbundene Vernachlässigung aller übrigen Parameter, wie etwa der
Verschmutzung des Niederschlagswassers, des jeweiligen Neigungswinkels und der
Art der Befestigung und - damit verbunden - des Grades der Bodenverdichtung, ist
jedoch gerechtfertigt. Denn im Rahmen der zulässigen Pauschalierung kann davon
ausgegangen werden, daß bei der mit einer Befestigung verbundenen Verdichtung des
35
Bodens das bei Regenfällen schlagartig auftretende Niederschlagswasser mangels
ausreichender Versickerung oder Verdunstung zur Beseitigung abgeleitet werden muß,
und daß die Menge des abzuleitenden Wassers steigt, je größer die befestigte
Grundstücksfläche ist.
Daß mit dem Begriff der "befestigten Grundstücksfläche" die unterschiedlichen
Befestigungsmaterialien und -arten und das damit korrespondierende, differierende Maß
der Oberflächenverdichtung und - damit zusammenhängend - die Menge des
abgeleiteten Oberflächenwassers nicht im einzelnen berücksichtigt werden, liegt auf der
Hand, aber auch im Rahmen des dem Ortsgesetzgeber bei der Ausgestaltung des
Wahrscheinlichkeitsmaßstabes im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG a.F.
zukommenden, weiten Ermessensspielraums.
36
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. März 1997, a.a.O..
37
Konkrete Anhaltspunkt dafür, daß insoweit der im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG zu
beachtende Grundsatz der Typengerechtigkeit,
38
vgl. zum Grundsatz der Typengerechtigkeit und der in diesem Rahmen zur Anwendung
gelangenden 10%-Regel etwa: BVerwG, Urteil vom 1. August 1986 - 8 C 112.84 -,
David, Abgabenrecht, Nr. 63; OVG NRW, Urteil vom 15. April 1991 - 9 A 803/88 -, Urteil
vom 25. April 1997 - 9 A 4821/95 -,
39
verletzt ist, sind nicht vorgetragen und drängen sich dem Senat auch im übrigen nicht
auf.
40
Soweit aufgrund der Verwendung besonderer Befestigungsmaterialien das auf dem
jeweiligen Grundstück anfallende Niederschlagswasser insgesamt dort verbleibt, wird
diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, daß nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EGS
Niederschlagswassergebühren nur insoweit erhoben werden, als von dem jeweiligen
Grundstück überhaupt Niederschlagswasser "in die öffentliche Abwasseranlage
gelangt".
41
Eine andere rechtliche Bewertung ist auch nicht deshalb geboten, weil in § 4 Abs. 1
Satz 3 EGS bei begrünten Dachflächen der durch die technische Ausstattung bedingten
teilweisen Zurückhaltung von Oberflächenwasser durch einen Gebührennachlaß
Rechnung getragen wird. Dies beruht auf der im Rahmen einer pauschalierenden
Betrachtung gewonnenen Erkenntnis, daß eine ordnungsgemäß dimensionierte und
ausgeführte Dachflächenbegrünung grundsätzlich geeignet ist, dauerhaft einen
signifikanten Teil des bei Niederschlägen auftreffenden Oberflächenwassers
aufzunehmen, ohne ihn - auch nicht verzögert - abzuleiten. Demgegenüber konnte
jedenfalls für den Veranlagungszeitraum 1996 eine entsprechende Eignung anderer
Materialien zur Oberflächenbefestigung, insbesondere unter dem Aspekt der
Gewährleistung einer dauerhaften Absorption, nicht generell unterstellt werden. Denn
anders als bei der Dachflächenbegrünung kommt es zur Beurteilung der
Absorptionsfähigkeit nicht nur auf das zur Bodenbefestigung unmittelbar verwendete
Material sondern auch auf die Art und Weise der jeweiligen Gründung im Einzelfall an,
was der Annahme einer der Dachflächenbegrünung entsprechenden generellen
Eignung dieser Materialien zur Aufnahme von Niederschlagswasser von vornherein
entgegensteht.
42
Auch die hier streitigen Gebührensätze für die Bemessung der Schmutzwasser- und
Niederschlagswassergebühren begegnen keinen durchgreifenden materiell- recht-
lichen Bedenken.
43
Ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F.
liegt im Ergebnis nicht vor.
44
Dies gilt zunächst in bezug auf die kalkulatorischen Kosten (Abschreibung und Zinsen).
Ihre Ermittlung ist in methodischer Hinsicht nicht zu beanstanden.
45
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der Ansatz kalkulatorischer
Zinsen auf der Grundlage von Anschaffungs(rest)werten in Verbindung mit einem
Nominalzins auch dann nach § 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz i.V.m. § 6 Abs. 1 KAG a.F. in
der Gebührenkalkulation zulässig, wenn die kalkulatorischen Abschreibungen, wie hier
teilweise, auf der Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten berechnet werden.
46
Dies entspricht nach wie vor betriebswirtschaftlichen Grundsätzen i.S.d. § 6 Abs. 2
Sätze 1 u. 2 KAG a.F. und der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats.
47
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, GemH 1994, 233 m.w.N.,
zuletzt bestätigt unter Bezugnahme auf das mittlerweile in der 19. Auflage erschienene
betriebswirtschaftliche Standardwerk des anerkannten Betriebswirtschaftlers Prof. Dr.
Dr. h.c. mult. Wöhe, "Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre", S. 1263,
1266: OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 1998 - 9 A 5709/97 -, StuGR 1998, 310.
48
Soweit das Verwaltungsgericht zu der Auffassung gelangt ist, daß die Ausführungen in
dem vorgenannten betriebswirtschaftlichen Lehrbuch zu den einzelnen kalkulatorischen
Kosten, insbesondere Abschreibungen nach Wiederbeschaffungszeitwert und
Nominalzinsen vom Anschaffungsrestwert, nur jeweils für sich zu betrachten seien,
ohne eine Aussage über eine Kombination beider Rechenweisen zu treffen, fehlt es für
eine derartige einschränkende Interpretation an konkreten Anhaltspunkten. Vielmehr
enthält das entsprechende Kapitel - bezeichnenderweise unter der Überschrift "II. Die
Betriebsabrechnung, 1. Die Kostenartenrechnung, b) Die Erfassung der wichtigsten
Kostenarten, dd) Die kalkulatorischen Kostenarten" - unter den Gliederungspunkt "(1)
Begriff und Aufgaben" eine Auflistung der wichtigsten in der Betriebswirtschaft
anerkannten kalkulatorischen Kostenansätze (Die kalkulatorischen Abschreibungen, die
kalkulatorischen Zinsen, der kalkulatorische Unternehmerlohn, die kalkulatorischen
Wagniszuschläge und die kalkulatorische Miete), die in den folgenden
Gliederungspunkten (2) - (6) näher erläutert werden und in ihrer Gesamtheit gerade
ohne jede wechselseitige Einschränkung dem Zweck dienen sollen, die Genauigkeit
der Kostenrechnung zu erhöhen.
49
Die isolierte, traditionelle Kostenbetrachtung im Rahmen betriebswirtschaftlicher
Grundsätze, wie sie im Ergebnis in der Rechtsprechung des erkennenden Senats zum
Ausdruck kommt, ist auch nach neuesten Erkenntnissen (weiterhin) zulässig, weil die
damit verbundenen Kostenanschauungen in der Betriebswirtschaftslehre unverändert
mit beachtlichem wissenschaftlichen Gewicht vertreten werden "und in der Praxis sogar
überragende Bedeutung haben."
50
Vgl. Gawel, Zur Interdependenz kalkulatorischer Kostenarten in der
Gebührenbedarfsberechnung, KStZ 1999, 61 (91); im übrigen auch: Tettinger, Entgelte
51
in der Entsorgungswirtschaft, NWVBl. 1996, 81 (84), sowie die in der Fachhochschul-
und Universitätsausbildung verwendeten aktuellen Werke, wie z. B.: Schmidt,
Kostenrechnung, 1996, S.61 ff. und 75 ff.; Mayer/Liess-mann/Mertens, Kostenrechnung,
6. Aufl. 1996, S. 123 ff. und 130 ff.; Steger, Kosten- und Leistungsrechnung, 1996, S. 189
ff. und 219 ff.; Hoitsch, Kosten- und Erlösrechnung, 2. Aufl. 1997, S. 233 ff.; Freidank,
Kostenrechnung, 6. Aufl. 1997, S. 111 ff. und 125 ff.; Kicherer, Kosten- und
Leistungsrechnung, 1998, S. 97 ff. und 106 ff.; Schweitzer/Küpper, Systeme der Kosten-
und Erlösrechnung, 7. Aufl. 1998, S. 114 ff..
Aufgrund der durch die ständige Befassung mit der Materie vorhandenen und durch die
vorzitierten betriebswirtschaftlichen Werke dem erkennenden Senat zusätzlich
vermittelten Sachkunde war die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach
dem Amtsermittlungsgrundsatz nicht geboten.
52
Vgl. zur Entbehrlichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens bei eigener
Sachkunde des Gerichts etwa: BVerwG, Urteil vom 10. November 1983 - 3 C 56.82 -,
BVerwGE 68, 177 (182), Beschlüsse vom 19. November 1998 - 8 B 148.98 -, und vom
11. Februar 1999 - 9 B 381.98 -, InfAuslR 1999, 365.
53
Ein allgemeiner Wandel in den betriebswirtschaftlichen Lehrmeinungen dahingehend,
daß es im Veranlagungszeitraum (1995) allgemein bei Wirtschaftsbetrieben (und nicht
nur bei Wirtschaftsbetrieben der öffentlichen Hand) nur noch zulässig gewesen sein soll,
eine kalkulatorische Nominalverzinsung auf der Grundlage von
Anschaffungs(rest)werten ausschließlich i.V.m. Abschreibungen auf
Anschaffungswertbasis zu berechnen, ist damit entgegen der Meinung des
Verwaltungsgerichts nicht eingetreten.
54
Vgl. Gawel, a.a.O., S. 94 f..
55
Nicht gefolgt werden kann der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Definition des
Begriffs der betriebswirtschaftlichen Grundsätze seitens des erkennenden Senats
verstoße gegen juristische Auslegungsgrundsätze und sei mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu
vereinbaren, weil eine gesetzliche Zielbestimmung bei der Auswahl der
betriebswirtschaftlichen Grundsätze außer acht gelassen werde.
56
Vgl. das angefochtene Urteil, S. 7 UA, zugleich VG Gelsenkirchen, Urteil vom 5.
November 1998 - 13 K 8767/96 -, GemH 1999, S. 18 ff. (19).
57
Abgesehen davon, daß der innere Zusammenhang der hier zu entscheidenden
materiell-rechtlichen Fragen mit der vom Verwaltungsgericht angeführten prozessualen
Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG jedenfalls nicht ohne weiteres erkennbar ist,
trifft die Kritik auch in der Sache nicht zu. Die Definition der betriebswirtschaftlichen
Grundsätze i.S.d. § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. als beachtliche Lehrmeinungen, die für
allgemeine Wirtschaftsbetriebe und nicht für Wirtschaftsbetriebe der öffentlichen Hand
gelten, entspricht dem insoweit eindeutigen Willen des Gesetzgebers.
58
Der Landesgesetzgeber hat über § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F. gerade in Anerkennung der
Regelungsdefizite der öffentlichen Haushaltswirtschaft in bezug auf die nach § 4 Abs. 2
KAG a.F. erforderliche periodengerechte Kostenverteilung den in der Privatwirtschaft
maßgebenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen bewußt den Vorrang eingeräumt,
im übrigen aber sogar ausdrücklich auf eine erschöpfende Regelung des
59
betriebswirtschaftlichen Kostenbegriffs aufgrund der in der Betriebswirtschaftslehre
herrschenden Meinungsverschiedenheiten verzichtet.
Vgl. LT-Drucks. 6/810 S. 34, 35.
60
Die damit intendierte Übernahme betriebswirtschaftlicher Grundsätze der
Privatwirtschaft unter bewußtem Verzicht auf eine umfassende normative Entscheidung
zwischen divergierenden betriebswirtschaftlichen Auffassungen schließt eine
Verengung des zu berücksichtigenden Kreises der beachtlichen betriebswirtschaftlichen
Lehrmeinungen durch die Rechtsprechung grundsätzlich aus, es sei denn, dem Gesetz
selbst sind - sei es durch Auslegung sei es durch ausdrückliche Regelungen -
bestimmte Festlegungen zu den ansatzfähigen Kosten zu entnehmen.
61
Vgl. zum Vorrang gesetzlicher Vorgaben etwa: OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994,
a.a.O., S. 233.
62
Soweit es an solchen Vorgaben fehlt, beanspruchen sämtliche in der Betriebswirtschaft
mit beachtlichem Gewicht vertretenen Lehrmeinungen über § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F.
Rechtsgeltung und eröffnen der Gemeinde ein diesbezügliches Wahlrecht.
63
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 233 m.w.N..
64
Es ist nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte zu entscheiden, welche insoweit zu
berücksichtigende betriebswirtschaftlich begründete Auffassung "richtig" ist.
65
Vgl. schon: OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 1982, a.a.O., S. 117.
66
In bezug auf die Ansatzfähigkeit der kalkulatorischen Kosten sind finanzwirtschaftliche
Festlegungen des Landesgesetzgebers, die eine Beschränkung der zulässigen
Kalkulationsmethoden allein auf das vom Verwaltungsgericht alternativ für zulässig
erachtete Anschaffungswert- oder Wiederbeschaffungswertmodell geböten, nicht
festzustellen. Im Gegenteil, eine derartige Zielbestimmung widerspricht eindeutig der
Intention des Landesgesetzgebers, wie sie sich in bezug auf die kalkulatorischen
Kosten aus dem Gesetz selbst und den zur Auslegung heranzuziehenden
Gesetzesmaterialien ergibt.
67
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat der erkennende Senat in
seinem Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., den Sinn und Zweck des Gesetzes
dahingehend interpretiert, daß die Gemeinden in die Lage versetzt werden sollen, die
dem gemeindlichen Betrieb obliegende Aufgabenerfüllung ohne Belastung des
allgemeinen Verwaltungshaushalts auf Dauer dadurch sicherzustellen, daß
kostendeckende Gebühren erhoben werden. "Aus dieser Zielsetzung folgt, daß nicht nur
die mit dem Betrieb der Anlage verbundenen pagatorischen Ausgaben über
Gebühreneinnahmen erwirtschaftet werden müssen, sondern auch ausreichende
finanzielle Mittel für die Ersatzbeschaffung der Anlage anzusammeln sind".
68
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236.
69
Hieraus allerdings den Schluß zu ziehen, daß danach die Gemeinde durch die
Gebühreneinnahmen am Ende der Nutzungszeit wirtschaftlich so gestellt werden solle
wie zu deren Beginn,
70
vgl. das angefochtene Urteil, S. 10 UA, zugleich VG Gelsenkirchen, Urteil vom 5.
November 1998, a.a.O., S. 20,
71
bzw. daß der Gemeinde durch die in einen eigenen Betrieb getätigten Investitionen auf
Dauer weder Nutzen entstehen noch ein solcher entzogen werden dürfe,
72
vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 9. Oktober 1997 - 13 K 3766/95 -, NWVBl. 1998, 32
(33),
73
erweist sich als unzutreffend. Denn eine derartige Zielbestimmung widerspricht
eindeutig der Intention des Landesgesetzgebers.
74
Hiernach sind entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Interdependenz der
kalkulatorischen Kostenarten (Abschrei-bungen und Zinsen) die kalkulatorischen
Zinsen einerseits und die kalkulatorischen Abschreibungen andererseits in ihrer
jeweiligen finanzwirtschaftlichen Funktion zu trennen.
75
Den kalkulatorischen Zinsen ist dabei gerade nicht eine unmittelbar auf die
Substanzerhaltung der jeweiligen zur Leistungserbringung eingesetzten Anlage
gerichtete Funktion zuzumessen; Zweck und innere Rechtfertigung der über die
Gebühren umzulegenden Kosten der kalkulatorischen Verzinsung ist vielmehr (und
allein) die Gewährleistung eines Ausgleichs für die durch die Aufbringung des in der
Anlage gebundenen Kapitals seitens der Gemeinde zu tragenden finanziellen
Belastungen.
76
Der Begründung der Landesregierung zum (zweiten) Entwurf eines
Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Juli 1968 ist zu
entnehmen, daß die gebührenrelevante Kapitalverzinsung sowohl das Fremdkapital als
auch das Eigenkapital umfaßt. Sie sei zusammengefaßt worden, um einen einheitlichen
Satz für das gesamte Kapital (soweit es nicht nach dem letzten Halbsatz von der
Verzinsung ausgeschlossen sei) zuzulassen. Dies ermögliche einen gleichmäßigen
Gebührensatz auch bei schwankender oder - wie bei Annuitätendarlehen - jährlich
abnehmender Höhe der Fremdkapitalzinsen. Es bleibe den Gemeinden aber freigestellt,
den Fremdkapitalzins in voller Höhe (Hervorhebung durch den Senat) und im übrigen
einen angemessenen Eigenkapitalzins anzusetzen.
77
Vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 35, 36.
78
Der danach zugelassene Ansatz der Fremdkapitalzinsen in voller Höhe kennzeichnet
eindeutig die Zielsetzung, über die kalkulatorische Verzinsung des für die jeweilige
Investition aufgenommenen Fremdkapitals einen Ausgleich der tatsächlichen
finanziellen Zinsbelastung (Effektivzinsen, Nominalzinsen) der Gemeinde zu bewirken,
ihr im Rahmen der Bestimmung des "angemessenen" Zinssatzes aber darüber hinaus
die Möglichkeit zu eröffnen, von einer zeit- und kostenintensiven Erfassung
schwankender tatsächlicher Zinsbelastungen abzusehen und insoweit für die
Leistungsperiode einen an der tatsächlichen Zinsbelastung ausgerichteten einheitlichen
Zinssatz der Gebührenkalkulation zugrundezulegen.
79
Entsprechendes galt nach der Vorstellung des Landesgesetzgebers auch für die
ebenfalls über die Gebühren umzulegenden Kosten der Eigenkapitalverzinsung. Der
80
Eigenkapitalzins - wie der Fremdkapitalzins Wertverzehr der Leistungserstellung -
rechtfertige sich aus der Erwägung heraus, daß der Benutzer einer kommunalen
Einrichtung dem allgemeinen Steuerzahler, der die Einrichtung ganz oder teilweise
finanziert habe, dafür einen Zins zu entrichten habe.
Vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 36; im übrigen auch: Protokoll Nr. 1246/69 des
Kommunalpolitischen Ausschusses über die 57. Sitzung vom 23. Mai 1969, S. 2
(Ausführungen zum Änderungsvorschlag Nr. 29 der Vorlage 903).
81
Dies beruht letztlich auf dem Gedanken, daß das in der Anlage gebundene Eigenkapital
der Gemeinde nicht zur Erfüllung anderweitiger öffentlicher Aufgaben eingesetzt werden
und daher an anderer Stelle zu Lasten des allgemeinen Haushalts keine Zinserträge
erwirtschaften bzw. Zinsleistungen für Fremdkapital ersparen kann.
82
Vgl. BVerwG, Beschluß vom 19. September 1983 - 8 B 117.82 -, KStZ 1984, 11; OVG
NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 238.
83
Die somit nach dem Willen des Landesgesetzgebers der kalkulatorischen Verzinsung
des Eigenkapitals zukommende Ausgleichsfunktion zielt ihrer Natur nach ebenfalls auf
die am Kapitalmarkt zu erlangenden tatsächlichen Zinsen (Effektiv- bzw.
Nominalzinsen) ab. Daß während des Gesetzgebungsverfahrens, insbesondere in
bezug auf die Verzinsung des Eigenkapitals, ausschließlich die tatsächlichen
Kapitalmarktkonditionen in den Blick genommen wurden, verdeutlicht etwa die Beratung
des Kommunalpolitischen Ausschusses vom 23. Mai 1969. Im Lauf der Beratungen kam
der Änderungsvorschlag Nr. 31 der Vorlage 903 zur Sprache. Hierbei handelte es sich
um die Anregung des Verbandes der Deutschen Gas- und Wasserwerke, wonach in
dem Gesetz bestimmt werden solle, daß das Eigenkapital zu einem Satz verzinst werde,
der dem Kapitalmarktzins für langfristige Anlagen entspreche. Dieser Anregung wurde
mit der Begründung nicht entsprochen, daß es nicht "den" Zins für langfristige Anlagen
gebe, "sondern es gebe unterschiedliche Zinssätze für die verschiedenen Teilmärkte
des Kapitalmarkts."
84
Vgl. Ausschußprot. Nr. 1246/69, S. 3.
85
Die damit seitens des Landesgesetzgebers der kalkulatorischen Verzinsung
zugedachte finanzwirtschaftliche Funktion eines Belastungsausgleichs für das in der
Anlage gebundene Kapital zugunsten der Fremkapitalgläubiger und des allgemeinen
Haushalts bietet keinen Anhaltspunkt, im Wege der Auslegung zu einer anderweitigen
Zweckbestimmung der aus der kalkulatorischen Verzinsung erwirtschafteten
Gebührenbeträge zu gelangen.
86
Darüber hinaus hindert die Orientierung der kalkulatorischen Verzinsung an den
tatsächlichen Zinskonditionen des Kapitalmarkts die Annahme, der Landesgesetzgeber
habe die Gemeinden verpflichten wollen, nunmehr zu ihren Lasten den Kapitalmarktzins
auf einen sog. "Realzins" zu reduzieren und den insoweit noch offenen
Belastungsausgleich anderweitig zu finanzieren.
87
Erschöpft sich damit die finanzwirtschaftliche Funktion der kalkulatorischen Verzinsung
in der Gewährleistung des Belastungsausgleichs, kommt allein der kalkulatorischen
Abschreibung die Funktion zu, diejenigen finanziellen Mittel zu erwirtschaften, die es
der Gemeinde ermöglichen, eine Ersatzbeschaffung/Wiederbeschaffung der Anlage zu
88
finanzieren. Dementsprechend hat auch der erkennende Senat im Verfahren 9 A
1248/92 bei der Korrektur der Grundlage der kalkulatorischen Verzinsung in
Übereinstimmung mit den Ausführungen des seinerzeit beauftragten Sachverständigen
nicht der kalkulatorischen Verzinsung die Funktion der Substanzerhaltung (der Anlage)
beigemessen. "Dem Substanzerhaltungserfordernis werde schon durch die
Abschreibung vom Wiederbeschaffungszeitwert - und damit innerhalb der zutreffenden
Kostenart - Rechnung getragen".
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 238.
89
Die isolierte Betrachtung der beiden kalkulatorischen Kostenarten Abschreibung und
Verzinsung gilt nach dem Willen des Landesgesetzgebers auch dann, wenn die
Abschreibungen nach dem Wiederbeschaffungszeitwert vorgenommen werden.
Insoweit kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß - worauf das Berufungsgericht in
ständiger Rechtsprechung hingewiesen hat - der Landesgesetzgeber zugunsten der
Gemeinden ausdrücklich die Wahlmöglichkeit eröffnen wollte, Abschreibungen nach
dem Wiederbeschaffungszeitwert vorzunehmen,
90
vgl.: OVG NRW, Urteil vom 21. Juni 1979 - II A 1628/77 -, MittNWStGB 1979, 334, Urteil
vom 26. Februar 1982, a.a.O., Urteil vom 27. Oktober 1992 - 9 A 835/91 -, StuGR 1993,
313, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 235,
91
ohne insoweit mit Blick auf die Funktion der kalkulatorischen Verzinsung und deren
Orientierung an den tatsächlichen Kapitalmarktkonditionen wechselseitige
Einschränkungen - etwa aus dem Verständnis der betriebswirtschaftlichen Grundsätze
als einem übergreifenden Ordnungssystem - auch nur ansatzweise in Betracht zu
ziehen.
92
Angesichts der divergierenden Funktionsbestimmungen der kalkulatorischen
Verzinsung einerseits und der kalkulatorischen Abschreibung andererseits bestand
hierfür auch kein Anlaß. Denn, wie der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom
5. August 1994 ausgeführt hat, ergibt die Summe der Abschreibungen nach
Wiederbeschaffungszeitwerten nicht den Wiederbeschaffungswert für eine Anlage
gleicher Art und Güte,
93
vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236; im übrigen auch: Wöhe,
a.a.O., S. 1263 für den Regelfall eintretender Preissteigerungen,
94
so daß sich angesichts dieser strukturellen Deckungslücke die Frage einer
Überdeckung und hieran anknüpfender Korrekturmechanismen für den
Landesgesetzgeber von vornherein nicht stellte.
95
Das gilt auch in Ansehung etwaiger Zinsgewinne, die mit den je nach Femdkapitalanteil
mehr oder weniger verbleibenden Abschreibungserlösen erwirtschaftet werden können.
Denn mit dem Rückfluß des Investivkapitals über die Abschreibungen gehen die nach
der Schuldtilgung übrigen Abschreibungsbeträge in das Eigenkapital der Gemeinde
über und stehen rechtlich dem allgemeinen Haushalt zur (freien) Verfügung.
96
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236.
97
Hiervon abweichende rechtliche Bindungen sollten durch das Gebührenrecht nicht
98
begründet werden; insbesondere war nicht beabsichtigt, auf der Grundlage des § 6 KAG
a.F. die zurückfließenden Abschreibungsbeträge (und die hiermit etwa erwirtschafteten
Zinsgewinne) allein dem Gebührenhaushalt zuzuordnen, so daß diese einer
rentierlichen Nutzung zugunsten des allgemeinen Haushalts entzogen waren. Denn die
betriebswirtschaftliche Aufgabe der Abschreibungen erschöpfte sich in der
periodengerechten Verteilung der durch die Leistungserbringung und dem damit
verbundenen Wertverzehr entstehenden gegenwärtigen Kosten der Gemeinde.
Vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 34, 35 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Nds. OVG, Urteil
vom 16. November 1967 - III OVG A 111/65 -, KStZ 1968, 77, wonach selbst die
Rücklagenbildung nicht zur Vorfinanzierung künftiger Aufwendungen erfolgt, sondern
bereits einen gegenwärtigen, nämlich den auf Abnutzung beruhenden Wertverzehr
berücksichtigt.
99
Die Beschränkung auf die Funktion der Kostenverteilung folgt schon aus dem Umstand,
daß die Ansatzmöglichkeit kalkulatorischer Kosten in der Kostenrechnung lediglich ein
innerbetriebliches Instrument ist, um die durch den Betrieb bedingte Kostenbelastung
möglichst zutreffend zu erfassen. Dabei mögen betriebswirtschaftliche
Zielbestimmungen zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Art und Weise der
Ermittlung der einzelnen kalkulatorischen Kosten führen. Hierauf kommt es indes nicht
an. Denn die verschiedenen innerbetrieblichen Zielbestimmungen begründen keine
rechtliche Verpflichtung der hiernach kalkulierenden Wirtschaftsbetriebe im
Außenverhältnis gegenüber ihren Abnehmern, die über die Preise vereinnahmten
Gelder nur der kalkulatorischen Zielbestimmung entsprechend zu verwenden. Soweit
mit der jeweiligen Kostenkalkulation bestimmte Zielbestimmungen verbunden sind,
schaffen die Betriebe, wenn sie ihre Preise entsprechend gestalten und auf dem Markt
erzielen können, lediglich die finanziellen Möglichkeiten, der kalkulatorischen
Zielbestimmung entsprechend zu verfahren. Nichts anderes gilt nach der Definition der
betriebswirtschaftlichen Grundsätze, wie sie in der Rechtsprechung des Senats in
Übereinstimmung mit dem Willen des Landesgesetzgebers getroffen worden ist, auch
für die gebührenkalkulierenden Betriebe der öffentlichen Hand.
100
Die weitere Verwendung der eingenommenen Gebührenbeträge, etwa die schon im
Gesetzgebungsverfahren diskutierte - fakultative - Zuführung der Abschreibungsbeträge
zu einer Erneuerungsrücklage nach der seinerzeit geltenden Rücklagenverordnung,
101
vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 35,
102
war daher von vornherein nicht Regelungsgegenstand der gemeindlichen
Kostenrechnung und vollzieht sich danach außerhalb gebührenrechtlicher Bindungen.
103
A.A. VG Köln , Urteil vom 20. Oktober 1998 - 14 K 765 u.a. -, NWVBl. 1999, 228 (229 f.),
unter Hinweis darauf, daß die Abschreibungserlöse mit dem Ziel vereinnahmt würden,
eine notwendige Erneuerung der Anlage zu finanzieren und daher nicht als Fremdmittel
oder zu verzinsendes Eigenkapital behandelt werden könnten.
104
Die beschränkte Kostenverteilungsfunktion war und ist bei Abschreibungen nach dem
Anschaffungs- bzw. nach dem Herstellungswert auch offenkundig, denn insoweit fließt
über die Abschreibungen - verteilt über die mutmaßliche Nutzungsdauer - lediglich von
der Gemeinde vorverauslagtes Kapital zum Nennwert an den Investor zurück, nachdem
der Gebührenpflichtige durch die Leistungserbringung in den Genuß seines Vorteils,
105
vgl. hierzu BVerwG, Beschluß vom 19. September 1983, a.a.O., S. 12,
106
gelangt und damit die Bilanz von Leistung und Gegenleistung innerhalb der
Gebührenperiode ausgeglichen ist. Ein unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG
zwingender sachgerechter Grund, den schon aus der Leistungserbringung an sich
resultierenden Vorteil des Gebührenschuldners noch dadurch zu erweitern, daß das
Eigenkapital, das vor der jeweiligen Investition dem allgemeinen Haushalt der
Gemeinde (frei) zur Verfügung gestanden hat, nach dem Durchlauf durch den
Gebührenhaushalt nunmehr für alle Zukunft allein diesem zugeordnet und zu Lasten der
Gemeinde dem allgemeinen Haushalt entzogen wird, ist nicht erkennbar.
107
Auf die reine Kostenverteilungsfunktion sind die Abschreibungen in ihrer
gebührenrechtlichen Wirkung auch dann begrenzt, wenn nach
Wiederbeschaffungszeitwerten abgeschrieben wird. Denn hinsichtlich des Anteils, über
den der Anschaffungs- bzw. Herstellungswert erfaßt wird, gilt das vorstehend
Ausgeführte. Soweit über den Inflationsindex der Anlagenwert eine Aufwertung zum
"Tageswert" erfährt, die über die Abschreibungsbeträge zeitanteilig der Gemeinde
zufließt, handelt es sich der Sache nach um einen Bemessungsfaktor zur Bestimmung
des Anteils der gegenwärtigen Nutzer an der Substanzerhaltung der im
Veranlagungszeitraum zur Leistungserbringung aktuell eingesetzten Anlage.
108
Vgl. BVerwG, Beschluß vom 25. März 1985 - 8 B 11.84 -, KStZ 1985, 129.
109
Die Einbeziehung der aktuellen Nutzer in die Kostenverteilung auf der Basis des
Tageswertes ist schon deshalb gerechtfertigt, weil der Wertverzehr an der aktuell
eingesetzten Anlage im Rahmen der von der Gemeinde auf Dauer - über die
mutmaßliche Nutzungsdauer der einzelnen Anlage hinaus - zu gewährleistenden
Leistungserbringung die Notwendigkeit der inflationsbedingt teureren Ersatzinvestition
zum Zweck der Substanzerhaltung (mit)begründet.
110
Vgl. Stellungnahme des Städtetages vom 7. Oktober 1968, Zuschrift Nr. 801, S. 9, die
als Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände Eingang in die Beratungsvorlage
Nr. 903 (Änderungs-vorschlag Nr. 26 - fakultative Zulassung der Abschreibung von
Wiederbeschaffungszeitwerten -) gefunden hat; diesem Änderungsvorschlag wurde
letztlich zugestimmt (vgl. u.a. die Ausschußprotokolle 1126/69, S. 28, 1246/69, S. 2, und
den Bericht des Kommunalpolitischen Ausschusses zur 2. Lesung LT-Drucks. 6/1493)
und führte zur Änderung des § 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz des Regierungsentwurfs
"Dazu gehören auch ... Abschreibungen, die nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer
und dem Anschaffungs- oder Herstellungsaufwand gleichmäßig zu bemessen sind, ..."in
die schließlich Gesetz gewordene Fassung "Dazu gehören auch ... Abschreibungen, die
nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer ... gleichmäßig zu bemessen sind, ... ."
111
Damit erlangt der in dieser Weise ermittelte Betrag des anteiligen Wertverzehrs bereits
in der aktuellen Gebührenperiode den Charakter eines gegenwärtigen Kostenbetrages,
112
vgl. auch BVerwG, Beschluß vom 25. März 1985, a.a.O., S. 130,
113
zu dessen Ausgleich die Abschreibungen über die Gebühren umgelegt werden können
und sich in ihrer gebührenrechtlichen Wirkung auch darin - wie in den sonstigen Fällen
des Kostenausgleichs - erschöpfen. Angesichts dessen bedarf es keiner weiteren
114
Darlegung, daß die haushaltsnützige Verwendung der verbleibenden
Abschreibungsbeträge gegenüber den Gebührenpflichtigen keinen Verstoß gegen den
auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in
der Form des widersprüchlichen Verhaltens darstellt.
Vgl. hierzu VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 230.
115
Der der Abschreibung nach Wiederbeschaffungszeitwerten innewohnende
Substanzerhaltungsgedanke (Prinzip der reproduktiven Substanzerhaltung) erfordert
daher nur, daß die Gemeinde entsprechend ihrer auf Dauer angelegten Pflicht zur
Gewährleistung der Leistungserbringung am Ende der Nutzungsdauer der Anlage die
erforderlichen Haushaltsmittel für eine Wiederbeschaffung bereitstellt.
116
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236.
117
Dieser auf den periodengerechten Kostenausgleich beschränkten und damit die weitere
Verwendung der eingenommenen Beträge nicht erfassenden Funktion sowohl der
kalkulatorischen Zinsen als auch der Abschreibungen entspricht folgerichtig der weite
gesetzliche Eigenkapitalbegriff (§ 6 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz KAG a.F.) des
Gebührenrechts, der - bezogen auf die Abschreibungen - keinerlei inhaltlichen
Beschränkungen unterliegt und damit grundsätzlich jedes zur Leistungserbringung
eingesetzte Kapital unabhängig von seiner Herkunft erfaßt.
118
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. Oktober 1992, a.a.O., Urteil vom 5. August 1994, a.a.O.,
S. 234.
119
Soweit von der kalkulatorischen Verzinsung der aus Zuschüssen und Beiträgen
gebildete Eigenkapitalanteil ausgenommen worden ist, läßt diese beschränkte
Ausnahme des 2. Halbsatzes des Absatzes 2 Satz 2 des § 6 KAG a.F. im
rechtssystematischen Zusammenhang mit dem 1. Halbsatz besonders deutlich
erkennen, daß das Eigenkapital der Gemeinde im übrigen unabhängig von der Herkunft
der einzelnen Einnahmen generell der Verzinsung unterliegt. Bestätigt wird diese
Auffassung dadurch, daß der Landesgesetzgeber etwa die kalkulatorische Verzinsung
als Instrument der Stärkung der Einnahmesituation der Gemeinden - nicht des
Gebührenhaushalts - ansah. Dies "habe den Sinn, der Finanzkraft der Gemeinde eine
Expansion aus sich heraus zu ermöglichen.
120
Vgl. Ausschußprot. Nr. 1246/69, S. 2.
121
Dem finanzwirtschaftlichen Ziel der Gewährleistung oder sogar der Steigerung der
Eigenkapitalausstattung der Gemeinden diente darüber hinaus auch und gerade die
Zulassung der Abschreibung vom Wiederbeschaffungszeitwert.
122
Vgl. Ausschußprot. Nr. 1126/69, S. 28.
123
Diese nicht zuletzt in den Materialien zum Ausdruck kommende Zielsetzung kann daher
bei der Frage nach dem Sinn und Zweck der gemeindlichen Gebührenkalkulation und
damit zusammenhängend bei der Frage nach einer hieraus zu bestimmenden
Kostenobergrenze nicht unberücksichtigt bleiben. Sie läßt die vom Verwaltungsgericht
abgeleitete Zielvorgabe - die Gemeinde dürfe sich nach Ablauf der Nutzungsdauer
wirtschaftlich nicht besser stehen als vor der Investition - schon als im Ansatz
124
unzutreffend erkennen.
Der Einsatz von Abschreibungserlösen für eine Wiederbeschaffung führt zwar im
Ergebnis dazu, daß mit der Aufwendung dieses Kapitals und seiner Bindung in einer
neuen Anlage dessen kalkulatorische Verzinsung zu Lasten des Gebührenpflichtigen
eröffnet wird. Die Erwirtschaftung von Abschreibungserlösen (nach Abzug etwaiger
Tilgungsleistungen) ändert jedoch nichts an dem Umstand, daß diese, wie oben
dargelegt, lediglich dem Ausgleich der in den vergangenen Leistungsperioden durch die
Leistungserbringung verursachten Kosten dienen. Die über die Abschreibungen
zurückgeflossenen Finanzmittel sind daher wie die vorher für die jeweilige Investition
bereitgestellten Mittel Kapital der Gemeinde. Insbesondere handelt es sich nicht um
Kapital des Gebührenschuldners. Im Falle der Aufwendung dieses Kapitals für die
Wiederbeschaffung steht es anderen rentierlichen Zwecken zu Lasten des allgemeinen
Haushalts nicht mehr zur Verfügung. Damit greift die seitens des Landesgesetzgebers
der kalkulatorischen Verzinsung beigemessene finanzwirtschaftliche Funktion des
Belastungsausgleichs ein.
125
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Köln läßt sich aus dem Beschluß
des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. September 1983, a.a.O., S. 12, eine
Zuordnung der über die Abschreibungen erwirtschafteten Finanzmittel ausschließlich
zum Gebührenhaushalt nicht begründen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in dem
genannten Beschluß ausführt, daß, soweit die Grundstückseigentümer mit dem
Entwässerungsbeitrag oder auf andere Weise zu dem Aufwand für die Herstellung oder
Erweiterung der Entwässerungsanlage beigetragen hätten, der Ausgleich über die
Eigenkapitalverzinsung seine Grenze finde und Eigenkapitalzinsen deshalb
sachgerecht nur von dem Herstellungs- bzw. Anschaffungsaufwand berechnet werden
dürften, der um das Aufkommen aus Entwässerungsbeiträgen und diesen
gleichstehenden Leistungen der Benutzer vermindert worden sei, sind mit den
"gleichstehenden Leistungen" jedenfalls nicht die erwirtschafteten
Abschreibungsbeträge gemeint. Denn mit den vereinnahmten Abschreibungsbeträgen
erfolgt, wie oben dargelegt, lediglich der Kostenausgleich für die mit der Benutzung
einhergehende Abnutzung der aktuell eingesetzten Anlage, ohne daß damit eine
Beteiligung an dem Herstellungsaufwand für die Wiederbeschaffung verbunden ist.
Soweit sich die Grundstückseigentümer über die von ihnen gezahlten Abschreibungen
mittelbar an dem Finanzierungsaufwand für die bestehende Anlage beteiligen, wird
diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, daß nur der um die Abschreibungen
verminderte Anschaffungswert (Anschaffungsrestwert) der kalkulatorischen Verzinsung
unterliegt und damit eine Verzinsung der jeweiligen "Beteili-gungsrate" ausgeschlossen
ist. Im übrigen, d.h. im Hinblick auf Beiträge (und Zuschüsse), gewährleistet § 6 Abs. 2
Satz 2 2. Halbsatz KAG a.F., daß das insoweit aufgebrachte Kapital als Beitrag zum
Aufwand für die Herstellung oder Erweiterung der Entwässerungsanlage i.S.d. oben
genannten Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts von der Verzinsung
ausgenommen wird.
126
Die Zuordnung der erwirtschafteten Abschreibungsbeträge zum Gebührenhaushalt
ergibt sich auch nicht aus dem gemeindlichen Haushaltsrecht, dessen Grundsatz der
Gesamtdeckung (§ 16 der Gemeindehaushaltsverordnung - GemHVO -) einer
gesonderten rechtlichen Zuordnung der eingenommenen Abschreibungsbeträge
ausschließlich zum Gebührenhaushalt gerade entgegensteht. Eine rechtliche
Verpflichtung i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 GemHVO, diese Einnahmen auf die Verwendung
für die Wiederbeschaffung zu beschränken und sie damit der Gesamtdeckung zu
127
entziehen, besteht nicht; insbesondere ergibt sich eine solche rechtliche Verpflichtung,
wie oben dargelegt, nicht aus dem Gebührenrecht. Soweit das Verwaltungsgericht Köln
darauf abhebt, daß § 17 Abs. 1 Satz 2 GemHVO eine Zweckbindung von Einnahmen
ermögliche,
vgl. Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 229 f.,
128
mag dies zutreffend sein, ohne daß es insoweit einer Entscheidung bedarf. Denn mit der
fakultativen haushaltsrechtlichen Zweckbindung begibt sich die Gemeinde lediglich
vorweg der Möglichkeit, die Gebühreneinnahmen noch anderweitig haushaltsnützig zu
verwenden. Diese Zweckbindung ist in ihren gebührenrechtlichen Wirkungen aber nicht
anders zu bewerten als die Zurverfügungstellung der entsprechenden Gebührenbeträge
aus allgemeinen Haushaltsmitteln erst unmittelbar vor der jeweiligen Investition. In dem
einen wie in dem anderen Fall werden dem allgemeinen Haushalt Finanzmittel
entzogen und trägt allein die Gemeinde die finanzielle Belastung, die dadurch entsteht,
daß das investierte Kapital nicht mehr zugunsten des allgemeinen Haushalts verwendet
werden kann. Abgesehen davon schließt selbst ein wirksamer Haushaltsvermerk über
die Zweckbindung nicht aus, daß die Ausgaben, auf deren Deckung die
zweckgebundenen Einnahmen beschränkt sind, daneben nicht auch aus allgemeinen
Deckungsmitteln gedeckt werden können.
129
Vgl. Scheel/Steup/Schneider/Lienen, Gemeindehaushaltsrecht Nordrhein- Westfalen, 5.
Aufl. 1997, Rdnr. 1 zu § 17 GemHVO.
130
Soweit zur Begründung des Ausschlusses der erwirtschafteten Abschreibungsbeträge
von der kalkulatorischen Verzinsung auf das Urteil des Senats vom 27. Oktober 1992 - 9
A 835/91 -, a.a.O., S. 101, und die darin verwendete Formulierung der
"vorübergehenden Verausgabung" verwiesen wird,
131
vgl. VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 229,
132
geht dies fehl. Denn die in dem genannten Urteil des Senats für zulässig gehaltene
"vorübergehende Verausgabung" von Abschreibungsbeträgen zugunsten des
allgemeinen Haushalts bezog sich ersichtlich auf die haushaltsnützige Verwendung
dieser Beträge bis zur Wiederbeschaffung und besagt deshalb noch nichts über deren
Behandlung bei der Ermittlung der kalkulatorischen Verzinsung nach diesem Zeitpunkt.
133
Soweit danach über die Gebühren vereinnahmte Abschreibungsbeträge zugunsten des
allgemeinen Haushalts verwendet worden sind, mag dies zu faktischen
Benachteiligungen führen,
134
vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236 f.,
135
ein Verstoß gegen § 6 Abs. 2 KAG a.F. bzw. ein widerrechtliches Verhalten ist darin
nicht zu sehen.
136
Aufgrund der dargelegten unterschiedlichen finanzwirtschaftlichen Zielsetzungen der
kalkulatorischen Kostenarten erledigt sich auch der - wiederholte - Hinweis des
Verwaltungsgerichts auf den Umstand, daß eine Gebührenkalkulation auf der
Grundlage der Rechtsprechung des erkennenden Senats gegenüber den von ihm, dem
Verwaltungsgericht, alternativ für zulässig erachteten Kalkulationsmodellen zu einem
137
"erhöhten Kapitalendwert" bzw. zu einer "Überdeckung" oder einer "doppelten"
Verrechnung der Geldentwertungsrate führe.
Vgl. das hier angefochtene Urteil des VG Gelsenkirchen, S. 12 UA, zugleich Urteil vom
5. November 1998, a.a.O., S 20 f., VG Gelsenkirchen, Urteil vom 9. Oktober 1997, a.a.O.,
S 34.
138
Dies ist die Folge dieser unterschiedlichen Zweckbestimmungen, mithin
systemimmanent und mit Blick auf die beabsichtigte Stärkung der
Eigenkapitalausstattung der Gemeinde auch gewollt.
139
Die insoweit vom Verwaltungsgericht angeführten und in § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG a.F.
statuierten betriebswirtschaftlichen Grundsätze vermögen an der finanzwirtschaftlichen
Funktions- und Zweckbestimmung der kalkulatorischen Kostenarten nichts zu ändern.
Denn anders als das Verwaltungsgericht meint, hat der Landesgesetzgeber selbst die
Übernahme betriebswirtschaftlicher Grundsätze der Kostenrechnung nicht als
Übertragung (materieller) kaufmännischer Zielsetzungen in die öffentliche
Haushaltswirtschaft verstanden; vielmehr sei die Methode der betriebswirtschaftlichen
Kostenberechnung lediglich ein "Instrument zur optimalen Erreichung
finanzwirtschaftlicher Zwecke",
140
vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 35,
141
um den Anforderungen des Periodenprinzips gerecht zu werden und die mit der
"einfachen Einnahmen-Ausgabenrechnung" allein nicht zu lösende Verteilung der
Ausgaben "entsprechend dem Verbrauch der durch sie beschafften Güter auf die
einzelnen Nutzungsperioden" zu gewährleisten.
142
Vgl. LT-Drucks. 6/810, S. 34.
143
Der Einwand des Verwaltungsgerichts, in bezug auf den Ausschluß der
"Abschreibungen unter Null" weiche die Rechtsprechung des erkennenden Senats
selbst von dem im Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 233, näher erläuterten Begriff
der betriebswirtschaftlichen Grundsätze ab,
144
vgl. das angefochtene Urteil, S. 9 UA, zugleich VG Gelsenkirchen, Urteil vom 5.
November 1998, a.a.O., S. 19,
145
greift nicht durch. Wie bereits ausgeführt, ist auf die betriebswirtschaftlichen Grundsätze
nur abzustellen, soweit das Gesetz keine eigenständige Regelung trifft. Eine solche
Regelung hat der erkennende Senat aber § 6 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz KAG a.F.
entnommen, wonach die Abschreibungen nach der mutmaßlichen Nutzungsdauer
gleichmäßig zu bemessen sind. Ein Rückgriff auf davon abweichende
betriebswirtschaftliche Grundsätze scheidet danach aus.
146
Daß vor diesem Hintergrund die vom Verwaltungsgericht angeführten
Kalkulationsgrundsätze aus anderen Rechtsgebieten, wie etwa aus dem Handels-, dem
Steuer- und dem Preisprüfungsrecht - die im übrigen jeweils eigenen finanzpolitischen
Zielvorgaben folgen -,
147
vgl. die unterschiedlichen Zielsetzungen in der Handels- und Steuerbilanz einerseits
148
und in der Kostenrechnung andererseits: Wöhe, a.a.O., S. 1263,
für die Bestimmung des Sinns und Zwecks der gemeindlichen Gebührenkalkulation
unbeachtlich sind, bedarf keiner näheren Erläuterung.
149
Die Abschreibung nach Wiederbeschaffungszeitwerten in Verbindung mit einer
Verzinsung des aufgewandten Kapitals auf der Grundlage von Anschaffungs-
(rest)werten mit einem Nominalzins führt weder zu einer Verletzung des
Äquivalenzprinzips,
150
vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 235,
151
noch zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Soweit ein solcher Verstoß wegen einer
Ungleichbehandlung der Gebührenpflichtigen gegenüber der Allgemeinheit
angenommen wird,
152
vgl. etwa VG Köln, Urteil vom 20. Oktober 1998, a.a.O., S. 228 f.,
153
wird übersehen, daß Art. 3 Abs. 1 GG dem Gebührengesetzgeber bei der Aufstellung
der Gebührensätze einen weiten Entscheidungsspielraum beläßt. Art. 3 Abs. 1 GG
fordert in dem hier zu beurteilenden Zusammenhang nur, daß sich "die Verknüpfung
zwischen den Kosten der Staatsleistung und den dafür auferlegten Gebühren nicht in
einer Weise gestaltet, die, bezogen auf den Zweck der gänzlichen oder teilweisen
Kostendeckung, sich unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt als sachgerecht erweist".
154
Vgl. BVerfG, Beschluß vom 6. Februar 1979 - 2 BvL 5/76-, BVerfGE 50, 217 (227);
BVerwG, Beschluß vom 19. September 1983, a.a.O., Beschluß vom 25. März 1985,
a.a.O., S. 130.
155
Insoweit ist in die Bewertung der Umstand einzustellen, daß die Gebührenpflichtigen
der Gemeinde gegenüber - anders als die Steuerzahler - in einem besonderen
Leistungs- und Gegenleistungsverhältnis stehen (§ 4 Abs. 2 KAG a.F.) und aus der
Leistungserbringung seitens der Gemeinde einen besonderen Vorteil erlangen (§ 6 Abs.
1 Satz 1 KAG a.F.), der es sachlich grundsätzlich rechtfertigt, die Gebührenpflichtigen
finanziell stärker zu belasten als den Steuerzahler.
156
Auch die Ansätze der kalkulatorischen Kosten im einzelnen ergeben, soweit der
vorliegende Fall Anlaß zur Überprüfung gebietet, zu durchgreifenden rechtlichen
Bedenken keinen Anlaß.
157
Sie haben auf der Grundlage der Gebührenbedarfsberechnung 1996 und der in
zulässiger Weise nachgereichten,
158
vgl. zur Zulässigkeit des Nachschiebens von Betriebsabrechnungen und sonstigen
Nachberechnungen: OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 239 sowie etwa
OVG NRW, Urteil vom 19. September 1997, a.a.O.,
159
Nachberechnung Bestand.
160
Die in der Nachberechnung nunmehr mit 11.388.500,00 DM ausgewiesenen
kalkulatorischen Abschreibungen sind, wie oben dargelegt, in methodischer Hinsicht in
161
zulässiger Weise nach dem Wiederbeschaffungszeitwert berechnet worden. Die zur
Anwendung gelangten Abschreibungssätze von 1,5 % (für vor 1962 hergestellte Kanäle)
und 1,0 % (für ab 1962 hergestellte Kanäle) hat der Senat ebenso für zulässig erachtet,
wie die Einbeziehung von anlagenbezogenen Eigenleistungen in die Ermittlungen des
Wiederbeschaffungszeitwertes. Diese waren bislang lediglich für den Zeitpunkt ab 1987
berücksichtigt worden, sind in der Nachberechnung nunmehr zu Recht auf den Zeitraum
bis 1986 einschließlich in Ansatz gebracht worden. Methodische Fehler bei der
nachträglichen Einbeziehung dieser Kosten sind nicht ersichtlich; insbesondere ist der
neu berücksichtigte Anteil der Ingenieureigenleistung von 5 % lediglich auf den
Wiederbeschaffungszeitwert bis 1986 einschließlich bezogen worden. Die Höhe des
insoweit zur Anwendung gelangten Prozentsatzes von 5 % ist nicht zu beanstanden;
vgl. zum Ganzen: OVG NRW, Urteil vom 20. März 1997, a.a.O., Urteil vom 24. Juni 1998,
a.a.O.,
162
Gegenteiliges ist nicht geltend gemacht worden.
163
Demgegenüber war die Berechnung der kalkulatorischen Zinsen in der
Gebührenbedarfsberechnung (21.441.700,00 DM) fehlerhaft, da in unzulässiger Weise
Zinsen für "Anlagen im Bau" von 275.800,00 DM berücksichtigt worden sind, darüber
hinaus der bei der Ermittlung des Anschaffungswertes im Fall der Rückrechnung
grundsätzlich erforderliche Abschlag,
164
vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. März 1997, a.a.O.,
165
unterblieben und das Abzugskapital nach der unzulässigen Prozentmethode,
166
vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Juni 1997 - 9 A 2933/95 -, StuGR 1998, 306,
167
berechnet worden ist. Mit der vorliegenden Nachberechnung sind diese Fehler jedoch
beseitigt worden. "Anlagen im Bau" sind in der Berechnung des Anschaffungswertes
nicht mehr enthalten.
168
Für den 31. Dezember 1995/1. Januar 1996 ergibt sich auf der Grundlage der Ist-
Kosten-Rechnung ein Anschaffungswert des Entwässerungsnetzes von 425.990.559,00
DM,
169
vgl. zum identischen Wert: OVG NRW, Urteil vom 24. Juni 1998, a.a.O., S. 23 UA,
170
der aufgrund der Zugänge im Jahr 1996 (8.430.028,00 DM) unter gleichzeitiger
Berücksichtigung der Abgänge (568.716,00 DM) auf 433.851.871,00 DM zu erhöhen ist.
Abzüglich der Gesamtsumme der nicht indexierten Abschreibungen (124.320.424,00
DM) errechnet sich ein Restbuchwert zum 31. Dezember 1996 von 309.531.447,00 DM.
Dieser Wert ist niedriger als der mit 310.020.400,00 DM (ohne die Anlagen im Bau) in
der Gebührenbedarfsberechnung veranschlagte Anschaffungsrestwert und soll daher -
zugunsten der Gebührenpflichtigen - der weiteren Berechnung zugrundegelegt werden.
171
Der genannte Betrag ist um die Ingenieureigenleistungen für den Zeitraum bis 1986 in
Höhe von 12.594.109,00 DM einschließlich,
172
vgl. die Ermittlung in: OVG NRW, Urteil vom 24. Juni 1998, a.a.O., S. 23 UA,
173
auf 322.125.556,00 DM zu erhöhen. Abzüglich des für den Zeitraum der Rückrechnung
bis 1990 einschließlich anzusetzenden Abschlags von 8,44 % (24.679.113,00 DM),
174
vgl. die Ermittlung in: OVG NRW, Urteil vom 24. Juni 1998, a.a.O., S. 23 UA,
175
verbleibt ein Anschaffungsrestbuchwert von 297.446.443,00 DM.
176
Hiervon ist gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz KAG a.F. der noch nicht
abgeschriebene Teil des Abzugskapitals abzuziehen.
177
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. März 1997, a.a.O..
178
Nach der Neuberechnung des Beklagten, die nicht mehr nach der Prozentmethode
vorgenommen worden ist und der Berechnung des Senats im Verfahren 9 A 1921/95
entspricht, ergibt sich ein Betrag von 40.958.712,00 DM. Ausgehend von einem hieraus
zu ermittelnden Restbuchwert von 256.487.731,00 DM errechnet sich unter Anwendung
eines - wie oben dargelegt - zulässigen Nominalzinssatzes von 8 % ein Zinsbetrag von
rund 20.519.018,00 DM. Zuzüglich der veranschlagten Zinsen für Geräte im
Gebührenbereich in Höhe von 15.100,00 DM ergibt sich danach ein Zinsbetrag von
insgesamt 20.534.118,00 DM.
179
Der in Ansatz gebrachte Zinssatz von 8 % entspricht der ständigen Rechtsprechung des
Senats.
180
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 238.
181
Eine Verpflichtung, diesen Zinssatz im Rahmen der Kostenprognose und der der
Gemeinde zum Zweck der Gewährleistung einer "angemessenen Verzinsung" (§ 6 Abs.
2 Satz 2 1. Halbsatz KAG a.F.) eröffneten Befugnis zur Bestimmung eines einheitlichen
Zinssatzes zu reduzieren, bestand nicht. Der Ansatz von 8 % bewegt sich noch
innerhalb des hierdurch eröffneten Prognose- und Ermessensspielraums; insbesondere
erweist er sich nicht als willkürlich. Angesichts der im vorzitierten Verfahren erfolgten
Ermittlung des Zinssatzes auf der Grundlage des langfristigen Durchschnittszinssatzes
für die Jahre 1952 bis 1992 konnte davon ausgegangen werden, daß die - kurzfristige -
Zinsentwicklung der Jahre 1993 bis einschließlich 1996 eine langfristig niedrigere
Tendenz des maßgebenden Durchschnittszinssatzes nicht vermittelte und daher bei der
Bestimmung des ansatzfähigen Zinssatzes außer Betracht bleiben konnte.
182
Schließlich sind die in der Gebührenbedarfsberechnung 1996 aufgeführten
Personalkosten i.H.v. 2.038.000,00 DM ebenso wie die "ZVA-Kosten" entsprechend der
Rechtsprechung des erkennenden Senats,
183
vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. Juli 1995 - 9 A 2251/93 -, StuGR 1995, 486,
184
um die anlagenbezogenen Eigenleistungen bereinigt worden.
185
Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß in den veranschlagten Personalkosten Kosten für
Mitarbeiter enthalten sind, die nach der Prognose im Veranlagungszeitraum 1996 nicht
für die gemeindliche Einrichtung Abwasserbeseitigung tätig werden sollten, oder daß
etwa die anteiligen Kosten der Querschnittsämter der Höhe nach fehlerhaft veranschlagt
186
worden sind, sind nicht ersichtlich. Der veranschlagte Betrag ist auch der Höhe nach
nicht geeignet, den erkennenden Senat im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes zu
weitergehenden Sachverhaltsermittlungen zu veranlassen. Er bewegt sich nach der aus
einer Vielzahl von Verfahren gewonnenen Erfahrung des erkennenden Senats in einem
für gebührenkalkulierende Einrichtungen der Abwasserbeseitigung üblichen Rahmen.
Der Personalkostenansatz läßt auch im Verhältnis zu den veranschlagten
Gesamtkosten von 72.112.646,00 DM (rund 2,8 %) nicht einmal ansatzweise ein
signifikantes Ungleichgewicht erkennen, das auf die unzulässige Einbeziehung
betriebsfremder Kosten hindeuten könnte.
Insgesamt errechnen sich unter Berücksichtigung der übrigen unstreitigen Kosten der
Gebührenbedarfsberechnung 1996 ohne die Kosten für die Fortführung des
Kanalkatasters (35.000,00 DM) Gesamtkosten in Höhe von 71.665.164,00 DM. Der sich
gegenüber dem veranschlagten Gebührenaufkommen von 72.112.646,00 DM
ergebende Differenzbetrag (447.482,00 DM) liegt selbst unter Zugrundelegung des
niedrigeren Anschaffungsrestwertes aus der Ist-Kosten-Rechnung mit rund 0,6 % vom
gerechtfertigten Kostenansatz deutlich unterhalb der Bagatellgrenze von 3 %. Die
Gebührensätze haben danach auch ohne eine Entscheidung darüber, ob Kosten der
Fortführung des Kanalkatasters nur abgeschrieben oder aber in voller Höhe im
Zeitpunkt der Zahlung angesetzt werden können, Bestand.
187
Vgl. zur Tendenz, derartige Kosten als nicht abschreibungsfähig, sondern als im
Zeitpunkt der Zahlung ansatzfähig anzusehen: OVG NRW, Urteil vom 24. Juni 1998,
a.a.O., S. 24 UA.
188
Auch die Ermittlung des Schlüssels für die Verteilung der Kosten auf die Sparten
Schmutzwasser (58 %) und Niederschlagswasser (42 %) in dem der
Gebührenberechnung zugrundeliegenden Gutachten vom 18. August 1995 keinen
durchgreifenden Bedenken. Das Ausgangsgutachten vom 24. Juli 1992 ist bereits vom
erkennenden Senat überprüft und insbesondere von der Methodik her für
beanstandungsfrei erachtet worden.
189
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. März 1997 a.a.O..
190
Die nun vorliegende, an die aktuellen Verhältnisse angepaßte Neubewertung vom 18.
August 1995 ist auf der Grundlage der insoweit bestätigten methodischen Ansätze
erfolgt, wobei lediglich Korrekturen bei der Einzelbewertung aufgrund der Kosten- und
Abgabenentwicklung vorgenommen worden sind. Substantiierte Einwände, die gegen
die Verwertbarkeit des Gutachtens sprächen, sind nicht geltend gemacht worden und
drängen sich dem Senat auch nicht auf.
191
Die von der Stadt G. praktizierte Art und Weise der Ermittlung der befestigten
Grundstücksflächen verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die aufgrund der
"Selbstveranlagung" trotz der von der Stadt G. herangezogenen weiteren
Erkenntnisquellen, der Plausibilitätskontrolle und des ständigen Veränderungsdienstes
verbleibenden Ungerechtigkeiten sind aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität
gerechtfertigt.
192
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. März 1997, a.a.O.
193
Es liegt auf der Hand, daß die Kosten einer Ermittlung/Vermessung der einzelnen
194
befestigten Grundstücksfläche vor Ort bei ca. 33.000 Grundstücken völlig außer
Verhältnis zu dem Gerechtigkeitsgewinn stehen würden.
Anhaltspunkte dafür, daß auf der Grundlage der hiernach wirksamen
Satzungsbestimmungen die individuelle Heranziehung der Höhe nach Fehler aufweist,
sind nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht worden.
195
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
196
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht gegeben sind.
197