Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 08.06.2010

OVG NRW (geschichte, zulassung, verwaltungsgericht, beschwerde, teilnahme, abschluss, freiheit, angebot, vorschrift, antrag)

Oberverwaltungsgericht NRW, 13 B 533/10
Datum:
08.06.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
13 B 533/10
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Be-schluss des
Verwaltungsgerichts Köln vom 31. März 2010 wird auf ihre Kosten
zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfah-ren auf 5.000, Euro
festgesetzt.
Gründe:
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Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den
Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO zu
Recht abgelehnt.
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Dies gilt zunächst für den ersten Hauptantrag, dem Antragsgegner zu 1. im Wege
einstweiliger Anordnung aufzugeben, die Antragstellerin nach den Rechtsverhältnissen
des Sommersemesters 2010 im dritten, hilfsweise im zweiten, hilfsweise im ersten
Fachsemester innerhalb der Kapazität zum Magister-Nebenfachstudium Alte Geschichte
zuzulassen.
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Das Verwaltungsgericht hat hierzu unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des
Senats ausgeführt, dass der Zulassung zum gewünschten Magisterstudium § 33 Abs. 6
der Ordnung für die Magisterprüfung der philosophischen Fakultät zu Köln vom 13. März
1997 in der Fassung der Neunten Änderungsordnung vom 9. März 2007 entgegenstehe.
Nach dessen Satz 1 ist nach dem Sommersemester 2007 eine Einschreibung im ersten
Fachsemester in einem der im Magisterstudium gemäß § 3 Abs. 1 und 2 der Ordnung
wählbaren Fächer (dies betrifft auch das Fach Alte Geschichte) nicht mehr zulässig.
Nach Satz 3 Halbsatz 1 erfolgt die Zulassung zum Studium des Grundstudiums in einem
der betreffenden Fächer in einem höheren Fachsemester letztmalig im Wintersemester
2008/2009. § 33 Abs. 6 entspricht den hochschulrechtlichen Vorgaben des § 60 Abs. 4
und 5 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen
(Hochschulgesetz - HG) vom 31. Oktober 2006, der die Umstellung von
Diplomstudiengängen auf Bachelor- und Magisterstudiengänge im Zuge des sog.
Bologna-Prozesses regelt. Nach § 60 Abs. 4 HG stellen die Hochschulen ihr bisheriges
Angebot von Studiengängen, die zu einem Diplomgrad führen, zu einem Angebot von
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Studiengängen um, welche zum Erwerb eines Bachelorgrads oder eines Mastergrads
führen. Demgemäß werden nach § 60 Abs. 5 Satz 1 HG zum und ab dem
Wintersemester 2007/2008 in den Studiengängen, die zu einem Diplomgrad führen,
keine Studienanfänger mehr aufgenommen. Die fragliche Ordnung vollzieht auf der
Grundlage von § 2 Abs. 4 Satz 1 HG diese formalgesetzlichen Vorgaben.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Oktober 2008 13 C 259/08 -, NVwZ-
RR 2009, 109, sowie - 13 C 260/08 -, juris.
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Die von der Antragstellerin begehrte Zulassung zum Magisterstudium in dem Nebenfach
Alte Geschichte hat das Verwaltungsgericht zutreffend als Studiengang im Sinne dieser
Vorschrift gewertet. Es widerspräche in der Tat der gesetzlichen Regelung von § 60
Abs. 4 und 5 HG NRW, wenn das Studium einzelner Fächer mit dem Abschluss
Magisterprüfung nicht unter diese Regelung fiele. Die Deutung des Merkmals
Studiengang orientiert sich an dem erkennbaren Sinn und Zweck der gesetzlichen Norm
einer Umstellung des Studiensystems auf Bachelor- und Masterstudiengänge. Hiermit
wäre die Möglichkeit einer unbegrenzten Aufnahme einzelner Fächer mit dem
Abschluss Magisterprüfung nicht zu vereinbaren.
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Mit diesem Grundverständnis erklärt sich ebenfalls der auslegungsfähige Begriff
"Studienanfänger" in § 60 Abs. 5 Satz 1 HG. Studienanfänger ist hier derjenige, der -
wie die Antragstellerin - sich zum und ab dem Wintersemester 2007/2008 erstmals in
der auslaufenden Fachrichtung einschreiben möchte. Auf schutzwürdiges Vertrauen
kann er sich nicht berufen, weil er nicht die Fortführung und den Abschluss des an dem
Studienort bereits aufgenommenen Studiums anstrebt.
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Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Oktober 2008 13 C 259/08 und 13 C
260/08 -, a. a. O.
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Den nunmehr als zweiten Hauptantrag gestellten Antrag, dem Antragsgegner zu 2. im
Wege einstweiliger Anordnung aufzugeben, die Antragstellerin nach den
Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2010 außerhalb der festgesetzten
Kapazität zum Magister-Nebenfachstudium Alte Geschichte zuzulassen, hat das
Verwaltungsgericht gleichfalls zu Recht abgelehnt. Mit dem "Auslaufen" der bisherigen
Studiengänge und dem Wegfall der Zulassung von Studienanfängern scheidet die
Berechnung und Festsetzung einer Aufnahmekapazität aus. Eine andere Sichtweise
widerspräche den normativen Vorgaben, nach denen das bisherige Studienangebot
gerade nicht mehr aufrechtzuerhalten ist.
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Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Oktober 2008 13 C 259/08 und 13 C
260/08 -, a. a. O.
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Hieran kann auch das Vorbringen der Antragstellerin nichts ändern, bestehende
Kapazitäten müssten ermittelt werden, um ihr die Beendigung des begonnenen
Magisterstudiums zu ermöglichen. Denn der der Sache nach geltend gemachte
Gesichtspunkt, ein begonnenes Magisterstudium aus Gründen schutzwürdigen
Vertrauens abschließen zu dürfen, verfängt nicht, weil es hier um die Zulassung zu
einem für die Antragstellerin neuen Nebenfach geht. Schutzwürdiges Vertrauen konnte
insoweit gar nicht entstehen.
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Soweit die Antragstellerin vor dem Verwaltungsgericht mit einem weiteren Hauptantrag
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begehrt hatte, ihr die Teilnahme an den Lehrveranstaltungen des Nebenfachstudiums
Alte Geschichte zu ermöglichen, verfolgt sie dieses gegen den Antragsgegner zu 2.
gerichtete Begehren nunmehr als Hilfsantrag weiter. Ihre Beschwerde gegen die
Ablehnung dieses Antrags bleibt gleichfalls ohne Erfolg.
Es fehlt bereits am notwendigen Rechtsschutzinteresse, soweit es um die Frage einer
grundsätzlichen Befugnis der Teilnahme an Lehrveranstaltungen des Fachs Alte
Geschichte geht. Unstreitig darf die Antragstellerin, wie der Antragsgegner zu 2. mit
seiner Beschwerdeerwiderung erneut ausgeführt hat, an den gewünschten
Lehrveranstaltungen teilnehmen.
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Grundsätzlich hat der eingeschriebene Studierende gemäß § 59 Abs. 1 des
Hochschulgesetzes NRW (HG NRW) das Recht zum Besuch von Lehrveranstaltungen
außerhalb des gewählten Studiengangs. Anderenfalls wäre die Freiheit des Besuchs
von Lehrveranstaltungen nach Maßgabe dieser Vorschrift nicht umfassend
gewährleistet. Das Zugangsrecht kann allerdings durch den Fachbereich beschränkt
werden, wenn ohne die Beschränkung eine ordnungsgemäße Ausbildung der für einen
Studiengang eingeschriebenen Studierenden nicht gewährleistet werden kann (§ 59
Abs. 1 HG NRW). Der Zugangsbeschränkung, die auch in § 4 Abs. 2 Satz 3 HG NRW
enthalten ist, kommt demnach weichenstellende Bedeutung zu. Auf diese Grundsätze
hat der Senat bereits in seiner den Beteiligten bekannten Entscheidung vom 15. Januar
2009 (- 13 B 1893/08 -, juris) mit ausführlicher Begründung hingewiesen. Auf die
dortigen Ausführungen zu den dem Fachbereich zur Verfügung stehenden
Einschränkungsmöglichkeiten nimmt der Senat Bezug.
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Eine entsprechende Zugangsregelung findet sich in § 12 der Studienordnung für Alte
Geschichte (Magisterprüfung). Nach dessen Satz 1 baut das Hauptstudium auf den im
Grundstudium erworbenen Kenntnissen und auf der in der Zwischenprüfung
nachgewiesenen Beherrschung der Grundlagen des Faches Alte Geschichte auf und
leistet eine exemplarische Vertiefung in ausgewählten Gebieten dieses Fachs. Nach
Satz 2 unterscheidet sich das Hauptstudium in Umfang und Anforderungen nach Haupt-
und Nebenfach. Zutreffend geht der Antragesgegner zu 2. davon aus, dass mit dieser
satzungsrechtlichen Regelung die Freiheit des Besuchs von Lehrveranstaltungen
wirksam beschränkt ist. Denn die Teilnahme an der Veranstaltung wie ein in dem
Studiengang eingetragener Studierender und die Erbringung von Leistungsnachweisen
setzen die Absolvierung des Grundstudiums voraus. Hieran fehlt es bei der
Antragstellerin.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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