Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 06.03.2003

OVG NRW: kosovo, vereinigtes königreich, erlass, emrk, egmr, duldung, ausreise, datum, bedrohung

Oberverwaltungsgericht NRW, 14 A 1132/03.A
Datum:
06.03.2003
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
14. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 A 1132/03.A
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Minden, 7 K 1500/02.A
Tenor:
Der Antrag wird auf Kosten der Klägerin abgelehnt.
G r ü n d e :
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
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Die allein behauptete grundsätzliche Bedeutung, § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG, kommt der
Rechtssache nicht zu. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage nach der tatsächlich
grundsätzlichen Bewertung der abschiebungsrelevanten Lage für Roma aus dem
Kosovo im Rahmen des § 53 Abs. 6 AuslG würde sich in einem Berufungsverfahren
nicht stellen.
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Der Senat hat bisher in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die besonderen
Gefährdungen, denen Angehörige ethnischer Minderheitengruppen im Kosovo
ausgesetzt sind, es nicht gebieten, in verfassungskonformer erweiternder Auslegung
des § 53 Abs. 6 AuslG diesen Bevölkerungsgruppen individuellen Abschiebungsschutz
zu gewähren, weil durch den aufgrund ministerieller Erlasse bestehenden
Abschiebungsstop für die ethnischen Minderheiten im Kosovo eine Situation besteht,
die einer generellen Regelung nach § 54 AuslG entspricht.
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Vgl. Nr. 2 des Erlasses des Innenministeriums NRW vom 13. Dezember 2000 - I B 3/44
386 - B2/I 14 - Kosovo iVm Ziff. 4 des Beschlusses der ständigen Konferenz der
Innenminister und - senatoren der Länder (IMK) vom 23./24. November 2000 (TOP 8).
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Diese Erlasslage hat der Senat bislang weiterhin als gegeben angesehen.
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Vgl. Nr. II des Erlasses des Innenministeriums NRW vom 8. März 2001, Nr. III 2 des
Erlasses vom 21. Juni 2001 - I B 3/44.386-B 2/I 14-Kosovo - und inzwischen Nr. 1 des
Erlasses vom 28. November 2001 - 14/44.386-I 14-Kosovo/44.342 - .
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Damit war nach seiner Auffassung zugleich etwaigen sich aus Art. 3 EMRK ergebenden
Abschiebungsschutzbedürfnissen wegen der Bedrohung von ethnischen oder religiösen
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Minderheiten durch Angehörige der albanischen und religiösen Bevölkerungsmehrheit
im Kosovo Rechnung getragen.
Vgl. dazu Senatsbeschluss vom 28. November 2000 - 14 A 4183/00.A - und im Übrigen
zu dem Ganzen BVerwG, Beschluss vom 12. April 2001 - 1 B 21.01 -.
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Der Senat hat sich auch insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des
ebenfalls für Asylsuchende aus dem Kosovo zuständigen 13. Senats des Gerichts
befunden.
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Vgl. Beschlüsse vom 4. Mai 2000 - 13 A 307/00.A - und 2. Mai 2001- 13 A 4889/99.A -.
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Eine entscheidungserhebliche Änderung der Verhältnisse ist zwischenzeitlich nicht
eingetreten. Zwar hat die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der
Länder mit Beschluss vom 6. Juni 2002 u.a. festgestellt, dass ein dauerhaftes
Bleiberecht für die Minderheiten aus dem Kosovo ausgeschlossen sei und dass die
Voraussetzungen für erste zwangsweise Rückführungen noch im Laufe dieses Jahres
gegeben seien, aber zugleich auch, dass diese aufgrund der Erklärungen der
Internationalen Zivilverwaltung UNMIK zur Zeit weiterhin nicht möglich seien.
Dementsprechend hat das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen den
Ausländerbehörden mitgeteilt, dass der Zeitpunkt des Beginns der Rückführungen, das
einzuhaltende Verfahren, die zeitliche Staffelung von Rückführungen und weitere
Aspekte mit UNMIK noch näher zu erörtern seien. In demselben Erlass ist geregelt, dass
aufgrund des bis zum Abschluss dieser Verhandlungen weiter bestehenden
Abschiebungshindernisses den ausreisepflichtigen Angehörigen ethnischer
Minderheiten und gemischt-ethnischer Familien, die ihre freiwillige Ausreise
verweigerten, die Duldung zunächst um drei Monate - und damit um den Zeitraum wie in
§ 41 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG - verlängert werden kann. Über die weiteren Einzelheiten
(frühester Zeitpunkt von Rückführungen und die hierbei nach dem Ergebnis der
Gespräche mit UNMIK einzuhaltenden Modalitäten) wird in der zweiten Jahreshälfte ein
gesonderter Erlass ergehen.
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Vgl. Nr. II des Erlasses des Innenministeriums NRW vom 14. Juni 2002 - 14.3/44.386 - I
14 - Kosovo -.
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Ein solcher gesonderter Erlass liegt bisher nicht vor. Vielmehr hat die Ständige
Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder am 6. Dezember 2002 erneut
festgestellt, dass zwangsweise Rückführungen von ethnischen Minderheiten nur nach
entsprechenden Vereinbarungen der Bundesregierung mit UNMIK - bei Straftätern im
Einzelfall und im Übrigen generell - möglich sind.
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Hinsichtlich der von der Klägerin ihrem Berufungszulassungsantrag zugrunde gelegten
und für grundsätzlich erachteten Frage der Beurteilung der derzeitigen Sicherheitslage
für ethnische Minderheiten im Kosovo, wie sie das Verwaltungsgericht seinem Urteil
zugrunde gelegt hat, fehlt es zwar bisher an einer Entscheidung des Senats. Darauf und
auf die im Übrigen vom Verwaltungsgericht nicht aufgeworfene grundsätzliche Frage
der Maßstabsbildung, wie sie sich für § 53 Abs. 6 AuslG im Hinblick auf Art. 3 EMRK
stellt,
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vgl. dazu u. a. die Stellungnahme der Bundesregie-rung in dem Verfahren vor dem
EGMR, wiedergege-ben in den Gründen der Zulässigkeitsentscheidung vom 7. März
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2000 - Beschwerde Nr. 43844/98 (T.I. ./. Vereinigtes Königreich) -, InfAuslR 2000, 321,
kommt es jedoch angesichts der geschilderten Erlasslage gegenwärtig in einem
Berufungsverfahren nicht an.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 83 b Abs. 1 AsylVfG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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