Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 06.10.2010

OVG NRW (krankenhaus, fusion, annahme, abteilung, verwaltungsgericht, zahl, ige, auslegung, veränderung, zweifel)

Oberverwaltungsgericht NRW, 13 A 216/10
Datum:
06.10.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
13 A 216/10
Tenor:
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil
des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 25. November 2009 wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt die Klägerin.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfah-ren auf 157.400,--
Euro festgesetzt.
Gründe:
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
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Der geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der
erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der gemäß § 124a Abs. 5
Satz 2 VwGO nur im Rahmen der Darlegungen der Klägerin zu prüfen ist, liegt nicht vor.
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Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seines Urteils ausgeführt, Rechtsgrundlage
der beantragten pauschalen Fördermittel sei § 25 Abs. 10 Satz 1 i. V. m. Abs. 8 Satz 3
KHG NRW. Die auf der Grundlage des Feststellungsbescheids der Beklagten vom 15.
September 2005 erfolgte Fusion der zuvor selbstständigen Krankenhäuser I. und X. sei
als eine wesentliche strukturelle Änderung i. S. dieser Vorschriften anzusehen. Eine
Fusion sei, wie aus § 25 Abs. 10 Satz 2 i. V. m. Satz 1 KHG NRW folge, als
Strukturänderung anzusehen. Es sei auch eine wesentliche Strukturänderung gegeben,
da das fusionierte Krankenhaus in der überwiegenden Zahl der Gebiete eine fachliche
und bettenmäßige Veränderung erfahren habe. Die dagegen erhobenen Einwände
zeigen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht auf.
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Der Senat folgt dem Verwaltungsgericht in der Annahme, dass die Fusion von bislang
selbstständigen Krankenhäusern eine Strukturänderung ist. Rechtlicher
Anknüpfungspunkt hierfür ist § 33 Abs. 2 KHG NRW i. V. m. § 25 Abs. 10 Satz 1 KHG
NRW. Mit der Fusion von Krankenhäusern entsteht ein als rechtliche Einheit zu
betrachtendes Krankenhaus i. S. v. § 33 Abs. 2 KHG NRW, da die Betriebsstellen
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organisatorisch und wirtschaftlich unselbständige und voneinander abhängige
Einrichtungen sind, in denen insbesondere Abteilungen nicht parallel vorgehalten
werden.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. Dezember 2009 - 13 A 98/09 -, juris.
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Wegen dieser grundlegenden Veränderungen von bislang selbstständig bestehenden
Krankenhäusern kann eine Fusion sogar als regelmäßiger Anwendungsfall für eine
Strukturänderung i. S. v. § 25 Abs. 8 Satz 3 KHG NRW angesehen werden. Entgegen
der Auffassung der Klägerin spielt es aber keine Rolle, ob das neue Krankenhaus
pauschale Fördermittel der höheren Anforderungsstufe erhält (§ 25 Abs. 10 Satz 1 KHG
NRW).
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Eingehend hierzu OVG NRW, Beschluss vom
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21. Dezember 2009 - 13 A 98/09 -, a. a. O.
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Zutreffend hat das Verwaltungsgericht auch festgestellt, dass vorliegend eine
wesentliche Strukturänderung anzunehmen ist. Dessen Auslegung von § 25 Abs. 8
Satz 3 und 4 KHG NRW stimmt mit der Rechtsprechung des Senats überein.
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In § 25 Abs. 8 Satz 4 KHG NRW ist bloß ein Regelbeispiel für die Annahme einer
wesentlichen Änderung genannt, was der Begriff "insbesondere" zeigt. Auch die
Schließung einer Abteilung kann eine wesentliche festgestellte strukturelle Änderung
i. S. v. § 25 Abs. 8 Satz 3 KHG NRW sein. Damit aber nicht eine nur formale und
generalisierende Betrachtungsweise Platz greifen kann, die der Wertung des § 25
Abs. 8 Satz 4 KHG NRW widerspräche, weil dort eine Mindestabsenkung der
Planbetten und Behandlungsplatzzahl um mehr als 25 % als Absenkungsvoraussetzung
verlangt wird, muss Vergleichbares auch gelten, wenn die Schließung einer Abteilung
als Umstand maßgeblicher Änderung beachtlich sein soll. Es kann zu berücksichtigen
sein, dass mit der Schließung von Abteilungen eine neue Abteilung errichtet worden ist,
was Schließungen kompensieren kann.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. März 2010 - 13 A 686/09 , juris.
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Der Senat folgt der Klägerin auch nicht, soweit sie nur mehrere wesentliche strukturelle
Änderungen als notwendig für eine Neuberechnung der pauschalen Fördermittel nach §
25 Abs. 2 bis 6 KHG NRW ansieht. Ihr auf § 25 Abs. 8 Satz 3 KHG NRW gestütztes
Wortlautargument ("bei wesentlichen festgestellten strukturellen Änderungen") geht ins
Leere. Aus dieser Bestimmung lässt sich nicht ableiten, dass zugleich mehrere
wesentliche festgestellte strukturelle Änderungen für eine Neuberechnung vorliegen
müssen. Vielmehr weist der Wortlaut unter Berücksichtigung von § 25 Abs. 8 Satz 4
KHG NRW darauf hin, dass bei einer oder bei mehreren wesentlichen
Strukturänderungen die Leistungspauschale anzupassen ist. Satz 4, wo von einer
"wesentlichen Änderung" die Rede ist, enthält eine Begriffsdefinition, aber mit der
Formulierung, dass eine Absenkung der Planbetten und Behandlungsplatzzahl um
mehr als 25 % die Voraussetzungen für die Notwendigkeit einer Neuberechnung erfüllt,
zugleich auch einen Bewertungsmaßstab für eine etwaige Neuberechnung. Dass für die
Annahme einer wesentlichen strukturellen Änderung in dem Krankenhaus etwa eine
mehrfache Absenkung der Planbetten und Behandlungsplatzzahl um jeweils
mindestens 25 % vorliegen muss, lässt sich aus § 25 Abs. 8 Satz 3 und 4 KHG NRW
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offensichtlich nicht ableiten. Der Verwendung des Plurals in Satz 3 kann daher bei der
Auslegung dieser Vorschrift keine entscheidende Bedeutung zukommen.
Die Klägerin hat auch nicht schlüssig aufzuzeigen vermocht, dass die Annahme des
Verwaltungsgerichts eine wesentliche strukturelle Änderung liegt vor, weil das
fusionierte Krankenhaus in der überwiegenden Zahl der Gebiete eine fachliche und
bettenmäßige Veränderung erfahren habe, unzutreffend sei. Mit Rücksicht auf den
Abbau von zwei Belegabteilungen (Frauenheilkunde und Haut- und
Geschlechtskrankheiten), die Neuerrichtung von zwei Fachabteilungen (Thoraxchirurgie
und Pneumologie) innerhalb der (bettenreduzierten) Chirurgie und der
(bettenreduzierten) Inneren Medizin und einem Abbau um insgesamt 106 Betten ist die
Wertung des Verwaltungsgerichts vertretbar und stimmt mit den rechtlichen Vorgaben
des § 25 Abs. 8 und 10 KHG NRW überein. Danach ist eine Gesamtbetrachtung der zu
einer Änderung führenden Umstände nicht nur zulässig, sie kann sogar geboten sein.
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Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. Dezember 2009 - 13 A 98/09 - und
vom 2. März 2010 - 13 A 686/09 , a. a. O.
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Die Klägerin hat weitere Zulassungsgründe nicht geltend gemacht.
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Die Kostentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf
§ 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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