Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 18.02.1998

OVG NRW (nichteinhaltung der frist, bundesrepublik deutschland, kläger, verwaltungsgericht, ehefrau, ermittlungsverfahren, antrag, bezug, verhandlung, gewicht)

Oberverwaltungsgericht NRW, 25 A 553/98.A
Datum:
18.02.1998
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
25 A 553/98.A
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 17 K 5134/94.A
Tenor:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 21. November 1997 wird
abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens, für das
Gerichtskosten nicht erhoben werden.
G r ü n d e :
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Der Antrag hat keinen Erfolg.
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Die allein erhobene Gehörsrüge (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG, § 138 Nr. 3 VwGO) greift
nicht durch. In Bezug auf die Berücksichtigung der Aussage seiner Ehefrau ist dem
Kläger das rechtliche Gehör nicht vorenthalten worden. Das Verwaltungsgericht
brauchte im angefochtenen Urteil die Aussage der Ehefrau des Klägers zu den
Nachstellungen der Sicherheitskräfte nicht ausdrücklich zu behandeln, weil der
diesbezügliche Sachvortrag für die Entscheidung offensichtlich unerheblich war. Für
das Folgeantragsbegehren, das Bundesamt zur Durchführung eines weiteren
Asylverfahrens zu verpflichten, ergibt sich dies daraus, daß hinsichtlich der Angaben der
Ehefrau, die der Kläger sich zu eigen gemacht hat, die Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG
i.V.m. § 71 Abs. 1 AsylVfG nicht eingehalten war; dieser Umstand ist dem Kläger bereits
in der mündlichen Verhandlung vorgehalten worden. Der Kläger hat auf diesen Vorhalt
hin keine tragfähigen Gründe für die Entschuldigung der Nichteinhaltung der Frist
geltend gemacht, so daß eine Auseinandersetzung mit der Fristproblematik in den
Entscheidungsgründen des Urteils nicht mehr erforderlich war. Die Angaben der
Ehefrau waren außerdem auch unter dem Gesichtspunkt eines möglichen
Abschiebungsschutzes nach § 53 AuslG ohne Bedeutung, da der Kläger den Antrag,
das Bundesamt zur Gewährung von Abschiebungsschutz gemäß § 53 AuslG zu
verpflichten, den er in der Klageschrift noch hilfsweise gestellt hatte, in der mündlichen
Verhandlung vom 21. November 1997 nicht mehr aufrecht erhalten hat. Abgesehen
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davon hat das Verwaltungsgericht seinen Ausführungen zu § 53 AuslG (Seite 18 UA)
die Auffassung zugrundegelegt, die vorgenannte Vorschrift erfülle nur eine subsidiäre
Auffangfunktion und erfasse deshalb nicht solche Abschiebungshindernisse, die bereits
unter Art. 16a GG und § 51 Abs. 1 AuslG fallen. Die Angaben der Ehefrau des Klägers
betreffen jedoch Verfolgungsmaßnahmen, die dem Grunde nach von den beiden
letztgenannten Vorschriften erfaßt werden.
In Bezug auf die geltend gemachte Zugehörigkeit zum Stamm der Turunc ist der
Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs ebenfalls nicht verletzt
worden. Da die Frage der Gruppenverfolgung von Kurden einschließlich der
inländischen Fluchtalternative in der Westtürkei in der Senatsrechtsprechung, die das
Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil zugrunde gelegt hat, umfassend geklärt ist,
konnte sich das Verwaltungsgericht am Ende des Abschnitts der Entscheidungsgründe
betreffend die Frage der Gruppenverfolgung auf den zusammenfassenden Satz
beschränken, daß das bisherige Vorbringen des Klägers keinen Anlaß zu einer
Abweichung von der gefestigten Rechtsprechung biete (Seite 14 UA).
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In Bezug auf die Weiterleitung von Daten aus deutschen Ermittlungsverfahren an die
Türkei kann offenbleiben, ob die Antragsbegründung insoweit die
Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG erfüllt. Denn die Gehörsrüge
greift insoweit jedenfalls entsprechend § 144 Abs. 4 VwGO nicht durch. Das
Verwaltungsgericht hat die mangelnde Erheblichkeit der exilpolitischen Aktivitäten, die
nach dem Vortrag des Klägers zu einem deutschen Ermittlungsverfahren geführt haben
sollen, nicht nur auf die fehlende Kenntniserlangung seitens der türkischen Behörden
gestützt, sondern unabhängig davon auch auf den Umstand, daß die Einleitung eines
deutschen Strafverfahrens aus der Blickrichtigung der türkischen Behörden - im Falle
des Bekanntwerdens der exilpolitischen Aktivitäten - kein Indiz für eine hervorgehobene
politische Aktivität sei. Diese Feststellung des Verwaltungsgerichts steht im Einklang mit
der gefestigten Rechtsprechung des Senats, wonach ihrem sachlichen Gehalt
entsprechend niedrig profilierte exilpolitische Aktivitäten nicht dadurch einen
exponierten, für die Gewährung von Asyl oder Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1
AuslG bedeutsamen Charakter erlangen, daß sie öffentlich bekannt werden und eine
Identifikation des exilpolitisch aktiven Asylbewerbers ermöglichen; entsprechendes gilt,
wenn sie auf andere Weise - sei es durch den Asylbewerber selbst, sei es durch
deutsche Stellen - türkischen Behörden unmittelbar zur Kenntnis gebracht werden. Eine
niedrig profilierte exilpolitische Aktivität erreicht auch dadurch kein größeres, die
Annahme hinreichender Exponiertheit rechtfertigendes Gewicht, daß neben ihrem
Bekanntwerden außerdem zur Kenntnis der türkischen Behörden gelangt, daß ein
deutsches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist. Entscheidend ist weder die
Breitenwirkung des Bekanntwerdens von exilpolitischen Aktivitäten noch deren
verfahrensrechtliche Folge in der Bundesrepublik Deutschland; maßgeblich ist vielmehr
das politische Gewicht der Tätigkeit.
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Urteil vom 3. Juni 1997 - 25 A 3631/95.A -, Seite 134 bis 137 u.a.; Urteil vom 4.
November 1997 - 25 A 611/96.A -, Seite 16 UA; Urteil vom 4. November 1997 - 25 A
1185/96.A -, Seite 16 bis 18 UA; Beschluß vom 8. Januar 1998 - 25 A 5015/97.A -, Seite
6 bis 8; Beschluß vom 9. Januar 1998 - 25 A 60/98.A -.
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Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 78 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG abgesehen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 83 b Abs. 1 AsylVfG.
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Dieser Beschluß ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar. Das Urteil des
Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).
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