Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 22.09.1997

OVG NRW (kläger, beihilfe, verwaltungsgericht, höhe, antrag, grenze, abänderung, bezug, verhandlung, rücknahme)

Oberverwaltungsgericht NRW, 12 A 4319/96
Datum:
22.09.1997
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 A 4319/96
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 15 K 7281/93
Tenor:
Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden,
wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben
Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
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Durch das angefochtene Urteil hat das Verwaltungsgericht die am 22. Oktober 1993
erhobene Klage mit dem Antrag,
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die Beklagte unter Abänderung der Bescheide der Wehrbereichsverwaltung III vom 3.
Mai 1993 und 20. Ok-tober 1993 zu verpflichten, seine Beihilfeanträge bei der
Anwendung der 100 % Grenze nach § 15 BhV so zusammenzufassen/zu ergänzen, wie
er es in seinen Widersprüchen begehrt habe,
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abgewiesen.
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Wegen des wesentlichen Inhalts des Sach- und Streitstandes bis zur Entscheidung des
Verwaltungsgericht wird auf die Feststellungen im Tatbestand der angefochtenen
Entscheidung Bezug genommen, die der Senat sich in vollem Umfang zu eigen macht
(§ 130 b Satz 1 VwGO).
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Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er ist der Ansicht, daß eine
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nachträgliche Zusammenfassung oder Abänderung von gestellten Beihilfeanträgen
rechtlich zulässig sei. Die Wehrbereichsverwaltung selbst habe ihm mit Schreiben vom
5. Mai 1992 anheimgestellt, bereits gestellte Beihilfeanträge zurückzuziehen und neu
zusammenzufassen. Für die Zulässigkeit einer Rücknahme könne es keinen
Unterschied machen, ob die Anträge noch überhaupt nicht beschieden oder nur noch
nicht bestandskräftig geworden seien. Der Gesichtspunkt der Massenverwaltung, auf
den das Verwaltungsgericht für seine abweichende Auffassung abgehoben habe, dürfe
in einem Rechtsstaat keine Rolle spielen. Die Gesetzmäßigkeit des
Verwaltungshandelns und die Rechtssicherheit müßten Vorrang vor derartigen
Überlegungen haben. Außerdem würde der angeblich drohende Verwaltungsaufwand
für den Fall der Möglichkeit einer nachträglichen Zusammenfassung von
Beihilfeanträgen in der Entscheidung unangemessen überbewertet.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
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die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, die in den
Beihilfeanträgen vom 21. März 1992, 5. Dezember 1992, 30. Juni 1993 und 19. Juli
1993 enthaltenen Aufwendungen in einem Antrag zusammenzufassen und ihm auf
dieser Grundlage eine weitere Beihilfe in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie ist der Auffassung, der Kläger unterschätze den Verwaltungsaufwand bei der
Bearbeitung von Beihilfeanträgen. Schon aus verwaltungsökonomischen Gründen
komme eine nachträgliche Abänderung und Neufassung bei der Vielzahl zu
bearbeitenden Anträge nicht in Betracht. Eine Rücknahme von Anträgen könne nur so
lange erfolgen, wie noch kein Beihilfefestsetzungsbescheid ergangen sei. Hierauf sei
auch der Kläger hingewiesen worden, dieser habe aber davon keinen Gebrauch
gemacht.
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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung
einverstanden erklärt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf die Gerichtsakte sowie dem beigezogenen Verwaltungsvorgang.
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Entscheidungsgründe:
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Die Berufung, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche
Verhandlung entscheiden kann (§§ 101 Abs. 2, 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist
unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger
hat keinen Anspruch auf nachträgliche Zusammenfassung von ihm gestellter
Beihilfeanträge.
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Unabhängig davon, ob nach allgemeinem Verwaltungsverfahrensrecht eine
nachträgliche Änderung oder Ergänzung von Anträgen nach ihrer Bescheidung noch
möglich ist, stehen im vorliegenden Zusammenhang die für den zu entscheidenden
Sachbereich vorrangigen Beihilfevorschriften verfahrensrechtlich einer nachträglichen
Zusammenfassung von zunächst einzeln gestellten Beihilfeanträgen, wie vom Kläger
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begehrt, entgegen. An die Bescheidung eines Beihilfeantrages sind über die
Gewährung der konkreten Beihilfe hinaus materiell-rechtliche Wirkungen geknüpft.
Insbesondere bestimmt § 15 Abs. 1 BhV, daß die Beihilfe zusammen mit den aus
demselben Anlaß gewährten Leistungen aus einer Krankenversicherung die dem
Grunde nach beihilfefähigen Aufwendungen nicht übersteigen darf (sog. 100%-Grenze).
Die materiell-rechtliche Begrenzung der Beihilfe der Höhe nach ist dabei bezogen auf
die in einem Antrag zusammengefaßten Aufwendungen. Mit der Bescheidung eines
Beihilfeantrages erfolgt somit zugleich die Festlegung, welche Beihilfe im Hinblick auf
anderweitige Erstattungen für die geltend gemachten Aufwendungen maximal gewährt
werden kann. Diese Entscheidung darf nicht dadurch unterlaufen werden, daß der
Beihilfeberechtigte nachträglich seine einzelnen Beihilfeanträge anders fassen kann,
um auf diese Weise die Auswirkungen der 100%-Grenze auf die zu gewährende
Beihilfe zu beeinflussen. Nur solange über einen Beihilfeantrag von der
Festsetzungstelle noch nicht entschieden worden ist, hat der Beihilfeberechtigte
grundsätzlich die Möglichkeit, seine Anträge zurückzunehmen und neugefaßt wieder bei
der Beihilfestelle einzureichen. Nach einer wirksamen Bescheidung verliert er dagegen
jedenfalls wegen der hiermit verbundenen weitergehenden materiell-rechtlichen
Wirkungen, auf die bereits eingegangen wurde, insoweit seine Dispositionsbefugnis.
Auf die von den Beteiligten in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen gestellten
verfahrensökonomischen Gesichtspunkte kommt es demgegenüber nicht entscheidend
an.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist gemäß § 167 VwGO iVm §§
708 Nr. 10, 711 ZPO erfolgt.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür (§§
132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG) nicht vorliegen.
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