Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 13.12.2007

OVG NRW: bebauungsplan, einkaufszentrum, gebäude, zukünftige nutzung, passiven, schallschutz, grundstück, gemeinde, wohnhaus, bekanntmachung

Oberverwaltungsgericht NRW, 7 D 122/06.NE
Datum:
13.12.2007
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 D 122/06.NE
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 80 "T. " der
Antragsgegnerin, weil dieser in der Nachbarschaft seines Wohngrundstücks
Sondergebiete insbesondere für Einzelhandelsnutzungen nebst Stellplätzen ausweist.
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Der strittige Bebauungsplan überplant ein Areal im Ortsteil N. der Antragsgegnerin, das
sich auf rd. 300 m Länge entlang der Ostseite der von Norden nach Süden führenden L.
Straße (B 7) erstreckt und von der teilweise in den Geltungsbereich einbezogenen
Straße zwischen 40 und 90 m nach Osten reicht. Bei dem Plangebiet handelt es sich im
Wesentlichen um den Altstandort eines ehemaligen metallverarbeitenden Betriebs (H. -
X. ). Zwischen den Betriebsgebäuden und der L. Straße fließt die I. von Süden nach
Norden. Im Norden endet das Plangebiet mit der W. Straße, die von der L. Straße nach
Osten führt und von der nach knapp 100 m die nach Süden führende X1.-----straße
abzweigt. An der X1.-----straße befindet sich neben Wohnhäusern ein Altenheim.
Wohnbebauung liegt auch östlich bzw. südöstlich des Plangebiets an der L1.----straße ,
die südlich des Plangebiets von der L. Straße abzweigt und zunächst nach Osten und
sodann nach Nordosten hangaufwärts führt. Die nach Westen ausgerichteten Gärten der
Wohnhäuser an der L1.----straße , zu denen auch das Haus des Antragstellers (L1.----
straße 25) gehört, reichen teilweise bis an das tiefer liegende Plangebiet heran.
Unmittelbar südöstlich an das Plangebiet grenzt auch das Gelände einer Kisten- und
Palettenfabrik, die von der X1.----- straße aus erschlossen wird.
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Knapp 100 m südöstlich der Einmündung der X1.-----straße zweigt von der W. Straße
die O.--straße (L 702) ab, die zunächst nach Osten bis zur F. und sodann entlang des
Flusses nach Südosten führt. An dem von dieser Kreuzung nach Südosten führenden
Abschnitt der W. Straße beginnen Einzelhandelsnutzungen in den Erdgeschossen der
Häuser an der W. Straße. Nach weiteren rd. 130 m beginnt die Fußgängerzone von N. ,
an der sich zunächst ein Kaufhaus befindet und zwischen dem Kaufhaus und der N1.----
straße der N2.----platz anschließt.
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Der nachfolgende Plan gibt das Plangebiet mit der früher vorhanden gewesenen
Bebauung und dessen Umgebung wieder.
5
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6
Der Bebauungsplan trifft im Wesentlichen folgende Festsetzungen:
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Die L. Straße - soweit sie vom Plangebiet erfasst wird - ist als Straßenverkehrsfläche
ausgewiesen. Deren Breite greift teilweise etwas über den vorhandenen Bestand der
Straße hinaus, um deren Ausbau zu ermöglichen. Der Wasserlauf der I. ist als
Wasserfläche ausgewiesen. Zwischen dieser und der Straßenverkehrsfläche der L.
Straße ist ein schmaler - maximal knapp 10 m breiter - Streifen öffentliche Grünfläche
festgesetzt. Östlich der I. sind im Plangebiet insgesamt drei Sondergebiete
ausgewiesen, und zwar
8
- im Norden ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung "Einkaufszentrum" (SO 1),
9
- im mittleren Bereich ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung "Parkpalette" (SO 3)
und
10
- im Süden ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung "Gebiet für einen großflächigen
Einzelhandelsbetrieb" (SO 2).
11
Im SO 1-Gebiet sind ein Verbrauchermarkt (Vollsortimenter) mit max. 2.000 qm
Verkaufsfläche, weitere Einzelhandelsbetriebe mit einer maximalen Verkaufsfläche von
2.900 qm, Praxis- und Büroräume mit einer maximalen Nutzfläche von 500 qm sowie
Schank- und Speisewirtschaften mit einer maximalen Nutzfläche von 250 qm zulässig.
Für die zulässigen Einzelhandelsnutzungen sind verschiedene Sortimente als
Kernsortimente - beim Verbrauchermarkt auch als Nebensortimente - jeweils mit
maximalen Verkaufsflächen vorgegeben. Im SO 1-Gebiet ist die Gesamtverkaufsfläche
auf 4.900 qm und die Geschossfläche auf 9.400 qm beschränkt. Im SO 2-Gebiet ist ein
SB-Discounter mit einer maximalen Verkaufsfläche von 1.000 qm sowie einer näher
bestimmten Sortimentsaufteilung zulässig; die Geschossfläche ist auf 1.800 qm
beschränkt. Im SO 3-Gebiet ist eine Stellplatzanlage in Form einer Parkpalette zulässig.
12
Der Bebauungsplan setzt für alle drei Sondergebiete die Grundflächenzahl (GRZ) auf
0,9 fest und gibt unterschiedliche Höhen der baulichen Anlagen vor, nämlich
13
- im SO 1-Gebiet eine Firsthöhe des Pultdachs von 195 m über NN,
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- im SO 2-Gebiet eine Firsthöhe des Satteldachs von 195 m über NN sowie
15
- im SO 3-Gebiet eine maximale Höhe der Oberkante der Fahrbahndecke der oberen
Parkebene von 185,5 m über NN.
16
Die überbaubaren Grundstücksflächen der Sondergebiete sind nach Westen (zur
Wasserfläche der I. hin) und nach Norden (zur W. Straße hin) durch Baugrenzen
abgegrenzt. Nach Süden und nach Osten sind sie durch Baulinien abgegrenzt, die
weitgehend mit der Süd- bzw. Ostgrenze des Plangebiets identisch sind. Lediglich
neben dem Wohnhaus X1.-----straße 8 im Norden des Plangebiets rückt die zunächst
mit der Plangebietsgrenze identische Baulinie in Richtung Norden um 5 bis 7 m von der
Plangebietsgrenze ab und geht sodann entlang des restlichen Verlaufs der X1.-----
straße in Richtung Norden in eine Baugrenze über. Für den knapp 30 m langen
nördlichen Abschnitt des Bereichs, in dem die Baulinie mit der Ostgrenze des
Plangebiets identisch ist, nämlich entlang eines Teilbereichs des angrenzenden
Geländes der Kisten- und Palettenfabrik bzw. des Grundstücks X1.----- straße 8, ist
entlang der Ostgrenze des Plangebiets zugleich eine Anlage zum Schutz vor
schädlichen Umwelteinwirkungen mit der Zweckbestimmung "Einhausung der
Anlieferung" festgesetzt.
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Die Andienung der Sondergebiete soll sowohl von der L. Straße als auch der W. Straße
aus erfolgen. Von der L. Straße aus ist über die Wasserfläche der I. hinweg eine
Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung "Brücke über die I. " festgesetzt, die zum
südlichen Teil der Parkpalette (SO 3) führt, und zwar zu deren Obergeschoss. Von der
W. Straße aus, die als Straßenverkehrsfläche ausgewiesen ist, um auch deren Ausbau
zu ermöglichen, führt zwischen dem SO 1-Gebiet und der Wasserfläche der I. eine
private Verkehrsfläche nach Süden bis zur Parkpalette (SO 3), und zwar zu deren
Untergeschoss.
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Der Plan weist das Überschwemmungsgebiet der I. als Fläche für die Regelung des
Wasserabflusses (§ 9 Abs. 1 Nr. 16 BauGB) aus und setzt eine private Grünfläche, zu
erhaltende Bäume, Flächen mit Bindungen für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern
und sonstigen Bepflanzungen sowie Sichtfelder im Bereich der L. Straße fest.
Schließlich enthält der Plan örtliche Bauvorschriften nach § 86 BauO NRW und stellt
den räumlichen Bereich einer externen Kompensationsmaßnahme im Bereich X2.---
ringhausen dar.
19
Das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans nahm folgenden Verlauf:
20
Am 29. März 2001 beschloss der Rat der Antragsgegnerin, den Bebauungsplan Nr. 80
"T. " aufzustellen. Nachdem die KR GmbH als Vorhabenträgerin mit Schreiben vom 24.
September 2003 die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beantragt
hatte, beschloss der Rat der Antragsgegnerin am 16. Oktober 2003, den
Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 80 in einen vorhabenbezogenen
Bebauungsplan umzustellen und die frühzeitigen Beteiligungen durchzuführen. Die
frühzeitige Bürgerbeteiligung fand gemäß Bekanntmachung vom 25. Februar 2004 in
Form einer Bürgerversammlung am 4. März 2004 statt, an der auch der Antragsteller
teilnahm. Träger öffentlicher Belange wurden mit Anschreiben vom 19. November 2003
beteiligt. Das Staatliche Umweltamt I1. wies mit Schreiben vom 3. Dezember 2003
darauf hin, eine abschließende Stellungnahme aus immissionsschutzrechtlicher Sicht
setze eine Begutachtung der Lärmimmissionen voraus. Der Vorhabenträger legte
daraufhin eine Schalltechnische Untersuchung vom Februar 2005 - im Nachfolgenden
"Schallgutachten 2005" genannt - vor.
21
Am 17. März 2005 nahm der Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung
der Antragsgegnerin die Ergebnisse der Beteiligungen zur Kenntnis und beschloss die
erste Offenlegung des Planentwurfs, die gemäß Bekanntmachung vom 24. März 2005 in
der Zeit vom 4. April bis 4. Mai 2005 stattfand. Es gingen zahlreiche Stellungnahmen
ein, die sich insbesondere mit den Auswirkungen der Planung auf den lokalen
Einzelhandel befassten; der Antragsteller wandte sich vornehmlich gegen das
Heranrücken der baulichen Anlagen bis an die Ostgrenze des H. -X. -Geländes sowie
die Auswirkungen der vorhabenbedingten Immissionen auf sein Wohngrundstück.
Träger öffentlicher Belange wurden mit Anschreiben vom 24. März 2005 beteiligt.
Nachdem der Planentwurf insbesondere hinsichtlich der Verkaufsflächenregelungen
überarbeitet worden war, beschloss der Ausschuss für Stadtentwicklung und
Wirtschaftsförderung der Antragsgegnerin am 23. Juni 2005 die erneute Offenlegung
des Planentwurfs, die gemäß Bekanntmachung vom 7. Juli 2005 in der Zeit vom 15. Juli
bis 15. August 2005 stattfand; Träger öffentlicher Belange wurden mit Anschreiben vom
13. Juli 2005 beteiligt. Es gingen erneut zahlreiche Einwendungen gegen den Plan -
darunter auch des Antragstellers - ein. Das Staatliche Umweltamt I1. wies mit Schreiben
vom 5. August 2005 zunächst darauf hin, dass die immissionsschutzrechtliche
Behandlung des Plans kompliziert sei und einer sehr eingehenden Betrachtung bedürfe;
eine Stellungnahme könne erst Ende September 2005 vorgelegt werden. Mit weiterem
Schreiben vom 29. August 2005 führte das Staatliche Umweltamt aus, im
Schallgutachten würde empfohlen, die zweigeschossige Stellplatzanlage nach
Betriebsschluss zu verschließen; dem werde zugestimmt und danach ergäben sich aus
immissionsschutzrechtlicher Sicht keine Bedenken.
22
Im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des OVG NRW zu § 12
BauGB beschloss der Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung der
Antragsgegnerin am 29. September 2005 die Umstellung des Verfahrens auf einen
Angebotsbebauungsplan und die erneute, nunmehr auf zwei Wochen verkürzte
Offenlegung des Planentwurfs. Diese fand gemäß Bekanntmachung vom 8. Oktober
2005 in der Zeit vom 17. bis 31. Oktober 2005 statt. Es gingen wiederum Einwendungen
gegen den Plan - darunter solche des Antragstellers - ein. Träger öffentlicher Belange
wurden mit Anschreiben vom 10. Oktober 2005 beteiligt. Das Staatliche Umweltamt I1.
äußerte sich mit Schreiben vom 28. Oktober 2005 nur noch zu wasserrechtlichen
Fragen. Im Januar 2006 wurde eine neue Schalltechnische Untersuchung - im
Nachfolgenden "Schallgutachten 2006" genannt - vorgelegt. Diese kam zu dem
Ergebnis, dass die Geräuschimmissionen aus gewerblichen Vorgängen im Sinne der
TA Lärm nicht zu einer übermäßigen Geräuschbelastung der Anwohner führen würden,
wenn die angesetzten Schallschutzmaßnahmen im Bereich der Anlieferung X1.-----
straße und an der Ostseite der Parkpalette umgesetzt würden; lediglich am Gebäude
L1.----straße 29 sei mit einem Beurteilungspegel von 56,3 dB (A) eine geringfügige
Überschreitung des Orientierungswerts für allgemeine Wohngebiete von 55 dB (A) zu
erwarten. Die Veränderungen im Straßenraum führten im Bereich beider Zufahrten zu
einer wesentlichen Änderung im Sinne der 16. BImSchV; da aktiver Schallschutz nicht
möglich sei, werde passiver Schallschutz erforderlich.
23
Am 23. Februar 2006 befasste sich der Rat der Antragsgegnerin mit den während der
drei Offenlegungen eingegangenen Stellungnahmen und beschloss sodann den
Bebauungsplan sowie die dazugehörige Begründung als Satzung. Der
Satzungsbeschluss wurde am 1. Juni 2006 bekanntgemacht.
24
Unter dem 29. November 2006 wurde der L2. GmbH vom Bürgermeister der
Antragsgegnerin eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Fachmarktzentrums im
Plangebiet erteilt, die die in den drei Sondergebieten zulässigen Nutzungen ausschöpft.
Ein Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines
Widerspruchs gegen die Baugenehmigung vom 29. November 2006 hatte in beiden
Instanzen keinen Erfolg (VG Arnsberg, Beschluss vom 23. April 2007 - 12 L 10/07; OVG
NRW, Beschluss vom 27. Juli 2007 - 7 B 718/07). Ein weiteres Verfahren einer anderen
Antragstellerin (Eigentümerin des Grundstücks X1.-----straße 8) auf einstweiligen
Rechtsschutz gegen die Baugenehmigung vom 29. November 2006 ist noch beim Senat
anhängig (12 L 516/07 VG Arnsberg; 7 B 1810/07 OVG NRW).
25
Der Antragsteller hat bereits am 2. Oktober 2006 den vorliegenden
Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung trägt er insbesondere vor, der
Bebauungsplan leide an verschiedenen Mängeln.
26
Der Plan verstoße gegen den "Grundsatz der Konkordanz", weil er der Zielsetzung des
Bebauungsplans Nr. 15 widerspreche, der die Innenstadt des Ortsteils N. über
Kaufkraftgewinnungsaktivitäten stärken solle. Als Magnet hierfür seien Fußgängerzonen
und verkehrsberuhigte Zonen eingerichtet worden. "Parker und Käufer", die das hier
geplante Projekt nutzten, würden nicht mehr den Weg in die "Flaniermeile" finden,
zumal exakt die Sortimente, die in der City angeboten würden, von dem Discounter
abgefangen würden.
27
Das Vorhaben könne keinen Bestandsschutz für sich reklamieren. Wegen der
Funktionslosigkeit der Industriebrache sei die L1.----straße , an der sein - des
Antragstellers - Wohnhaus liege, als reines Wohngebiet zu klassifizieren. Ein solches
mit einem verkehrsintensiven Einzelhandelsprojekt zu überziehen, verstoße gegen den
Gebietsgewährleistungsanspruch. Es entstehe eine Gemengelage, die nach den
Kriterien des BauGB nicht mehr erlaubt und hinzunehmen sei. Auch die erforderlichen
Abstandflächen, nämlich die nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz geforderte
Trennung inkompatibler Nutzungen, sei nicht eingehalten. In Bezug auf das nicht
eingehauste Parkhaus sei diesem Grundsatz keinerlei Rechnung getragen. Die
Planung sei wegen der alleinigen Ausrichtung auf den Investor und den Vollzug seines
Programms bewusst defizitär.
28
Im Hinblick auf den Schallschutz sei die vorhandene Geländeformation von Bedeutung.
So verursache der Geländeanstieg eine spezifische Schallausbreitung, wenn
Freiflächen mit schallintensiven Baukörpern belegt würden. Auch unterliege das
eingesetzte Rechenprogramm grundsätzlichen Zweifeln. Zudem seien verschiedene
Faktoren unberücksichtigt geblieben, nämlich die über die B 7 abzuwickelnden
Anlieferungsverkehre, der schon jetzt durch Staugeschehen minimierte Verkehrsfluss,
die Überschreitung von gesetzlich vorgesehenen Ruhezeiten sowie die Freigabe der
Ladenöffnungszeiten.
29
Die vom Projekt erst eröffneten Problemfelder seien keiner Lösung zugeführt worden,
vielmehr seien nur Ausfälle und keine Problembewältigung zu konstatieren. Ein
Umweltbericht sei nicht erstellt. Auch entspreche die Planung nicht dem
Rücksichtnahmegebot.
30
Der Antragsteller beantragt,
31
den Bebauungsplan Nr. 80 "T. " der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.
32
Die Antragsgegnerin beantragt,
33
den Antrag abzulehnen.
34
Sie hält den Antrag für unbegründet und trägt hierzu insbesondere vor:
35
Die Zielsetzungen des Bebauungsplans Nr. 15 würden nicht konterkariert, sondern
gestützt. Ziel des vorliegenden Plans sei es, die infrastrukturelle Ausstattung des
zentralen Versorgungsbereichs N. im Bereich des Einzelhandels aufzuwerten und zu
einer Steigerung der Attraktivität des gesamten Innenstadtkerns von N. beizutragen.
Negative Auswirkungen auf ihre - der Antragsgegnerin - zentralen Versorgungsbereiche
seien von dem geplanten Vorhaben nicht zu erwarten. Sein Standort werde nach der
Realisierung selbst Bestandteil des zentralen Versorgungsbereichs von N. sein und zu
einer Stärkung von dessen Aufgabenwahrnehmung beitragen.
36
Das Gebiet, in dem sich das Wohnhaus des Antragstellers befinde, sei nicht als reines,
sondern als allgemeines Wohngebiet zu qualifizieren, wie im Verfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes (7 B 718/07 OVG NRW) bereits festgestellt worden sei.
Das Einkaufszentrum werde auch nicht in dem Wohngebiet errichtet, sondern
angrenzend an dieses in einem vormals als faktisches Gewerbegebiet zu
qualifizierenden Bereich. Ein Abstellen auf den Gebietsgewährleistungsanspruch sei
verfehlt.
37
Ein Nebeneinander von Wohn- und gewerblicher Nutzung sei nach dem BauGB
keineswegs grundsätzlich unzulässig, es sei hier abwägungsfehlerfrei beschlossen
worden. Insbesondere seien die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und
Arbeitsverhältnisse sowie die Belange der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen
Struktur im Sinne einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, in nicht zu
beanstandender Weise abgewogen worden. Schädliche Umwelteinwirkungen seien
nicht zu erwarten. Nach dem Schallgutachten 2006 würden die Orientierungswerte der
DIN 18005 für allgemeine Wohngebiete, die mit den Immissionsrichtwerten der TA Lärm
identisch seien, eingehalten; dabei seien auch die gesamten Anlieferverkehre für die im
Plangebiet zu errichtenden Vorhaben eingestellt worden. Die lediglich für das Gebäude
L1.----straße 29 prognostizierte geringfügige Überschreitung sei in nicht zu
beanstandender Weise im Rahmen der Abwägung hingenommen worden. So sei zu
Recht berücksichtigt worden, dass das Plangebiet bis zur Überplanung ein faktisches
Gewerbegebiet und daher eine Gemengelage anzutreffen gewesen sei, die eine
geringfügige Überschreitung der Orientierungswerte rechtfertige. Auch ein Verstoß
gegen das Trennungsgebot des § 50 BImSchG liege nicht vor.
38
Die Topografie des Geländes sei im Schallgutachten berücksichtigt worden, denn das
Gutachten sei auf einer digitalen Geländegrundlage erstellt worden. Worin die Zweifel
an dem eingesetzten Rechenprogramm bestehen sollten, sei nicht dargelegt. Auch die
weiteren Bedenken gegen das Schallgutachten seien nicht nachvollziehbar.
39
Die gebotene Konfliktbewältigung sei nicht verletzt, vielmehr sei eine Konfliktlösung auf
der Ebene der Vorhabenzulassung noch möglich, wie die im Eilverfahren ergangenen
Entscheidungen bestätigten. Dies gelte auch im Hinblick auf die Freigabe der
Ladenöffnungszeiten sowie die "Überschreitung der gesetzlichen Ruhezeiten".
40
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der von der Antragsgegnerin
vorgelegten Aufstellungsvorgänge, der von den Beteiligten in der mündlichen
Verhandlung vorgelegten sonstigen Unterlagen, der Gerichtsakte 12 L 10/07 VG
Arnsberg (7 B 718/07 OVG NRW) nebst der in jenem Verfahren vorgelegten Bauakten
sowie der Gerichtsakte 12 L 516/07 VG Arnsberg (7 B 1810/07 OVG NRW) ergänzend
Bezug genommen.
41
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
42
Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
43
Die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis des Antragstellers
steht außer Streit. Sie folgt im Übrigen bereits daraus, dass das Interesse des
Antragstellers daran, dass sein Wohngrundstück keinen nachteiligen Immissionen durch
eine Neubebauung des H. -X. -Geländes ausgesetzt wird, im vorliegenden Verfahren
abwägungsrelevant war.
44
Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet.
45
Der Einwand des Antragstellers, ein Umweltbericht sei nicht erstellt worden, geht fehl.
Zwar ist bei der Aufstellung von Bauleitplänen nach § 2a Sätze 2 und 3 BauGB ein
Umweltbericht als gesonderter Teil der Begründung zu erstellen, in dem die auf Grund
der Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB ermittelten Belange des Umweltschutzes
darzulegen sind. Die genannte Vorschrift war im vorliegenden Fall jedoch (noch) nicht
anzuwenden. Sie ist erst durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau vom 24. Juni
2004 (BGBl. I S. 1359) - EAG Bau - mit Wirkung ab 20. Juli 2004 in das BauGB
eingefügt worden. Einschlägig für die Frage einer Anwendung des neuen Rechts auf
das vorliegenden Planverfahren ist § 244 Abs. 2 BauGB. Hiernach finden auf
Bebauungsplanverfahren, die in der Zeit vom 14. März 1999 bis zum 20. Juli 2004
förmlich eingeleitet worden sind und die vor dem 20. Juli 2006 abgeschlossen werden,
die Vorschriften des BauGB in der vor dem 20. Juli 2004 geltenden Fassung weiterhin
Anwendung. So liegt der Fall hier. Das vorliegende Planverfahren ist durch den
Aufstellungsbeschluss des Rates der Antragsgegnerin vom 29. März 2001 förmlich
eingeleitet und mit der Bekanntmachung vom 1. Juni 2006 - mithin noch vor dem 20. Juli
2006 - abgeschlossen worden. Der Umstand, dass das Planungsverfahren mit
Ratsbeschluss vom 16. Oktober 2003 in ein solches für einen vorhabenbezogenen
Bebauungsplan und mit Beschluss des Ausschusses für Stadtentwicklung und
Wirtschaftsförderung vom 29. September 2005 wiederum in ein solches für einen
Angebotsbebauungsplan umgestellt wurde, ist ohne Belang, denn an der Einheitlichkeit
des Planungsverfahrens hat sich dadurch nichts geändert.
46
Sonstige Form- und Verfahrensmängel sind nicht gerügt. Form- und Verfahrensmängel,
die auch ohne Rüge beachtlich sind, liegen nicht vor.
47
Der strittige Plan ist auch materiell nicht zu beanstanden.
48
Die städtebaurechtliche Rechtfertigung der strittigen Planung nach § 1 Abs. 3 Satz 1
BauGB steht außer Streit. Sie folgt im Übrigen bereits aus den in der Planbegründung
verlautbarten Zielsetzungen. Hiernach handelt es sich bei dem Plangebiet um den
49
Altstandort des ehemaligen metallverarbeitenden Betriebes "H. -X. ", der mit seit
geraumer Zeit leer stehenden Produktionshallen, Nebengebäuden und versiegelten
Hofstellen nahezu vollständig bebaut ist und künftig im Wesentlichen als
Einkaufszentrum genutzt werden soll. Mit dieser Umgestaltung verfolgt die
Antragsgegnerin legitime städtebauliche Zielsetzungen gemäß § 1 Abs. 6 Nrn. 4 und 8a
BauGB, nämlich die Fortentwicklung, Anpassung und den Umbau vorhandener Ortsteile
sowie die Berücksichtigung der Belange der Wirtschaft auch in ihrer mittelständischen
Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung. Darüber
hinaus hat die Antragsgegnerin ihre Planung nach den weiteren Ausführungen in der
Planbegründung auch maßgeblich daran ausgerichtet, dass das Plangebiet innerhalb
des Zentrums von N. liegt und der zentrale Geschäftsbereich mit dem Bereich W. Straße
an das Plangebiet angrenzt. Es geht ihr mit der zusätzlichen Einzelhandelsansiedlung
demgemäß - wie sie im vorliegenden Normenkontrollverfahren betont hat - auch darum,
die Attraktivität des gesamten Innenstadtkerns zu steigern, mithin um die Erhaltung und
Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche und damit um einen städtebaulich
gewichtigen Belang, der nunmehr ausdrücklich von der seit 1. Januar 2007 geltenden
Neufassung des § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB erfasst ist.
Der städtebaulichen Rechtfertigung des strittigen Plans nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB
steht auch nicht entgegen, dass die Planung maßgeblich durch den
Ansiedlungswunsch eines bestimmten Investors motiviert worden ist. Solche
Ansiedlungswünsche, die mit dem bestehenden Baurecht nicht vereinbar sind, kann
eine Gemeinde durchaus zum Anlass nehmen, durch ihre Bauleitplanung
entsprechende Baurechte zu schaffen, wenn dies ihren städtebaulich motivierten
Zielvorstellungen entspricht.
50
Vgl.: OVG NRW, Urteil vom 22. Juni 1998
51
- 7a D 108/96.NE - BRS 60 Nr. 1 m.w.N.
52
Insoweit geht auch der Hinweis des Antragstellers auf S. 10 der Antragsschrift fehl, bei
einem "Bestandsschutz" der früheren Nutzung des H. -X. -Geländes hätte man das
Vorhaben "über einen gedachten Bebauungszusammenhang aktivieren können". Aus
einer bauplanungsrechtlichen Wertung des mit den Anlagen des früheren
metallverarbeitenden Betriebs bebauten Geländes nach § 34 BauGB ließ sich die
Zulässigkeit des hier in Rede stehenden Projekts schon deshalb nicht ableiten, weil es
als Einkaufszentrum nach § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO nur in einem Kern- oder einem
speziell für diesen Nutzungszweck festgesetzten Sondergebiet zulässig gewesen wäre
und eine Beurteilung des H. -X. - Geländes als eines solchen faktischen Kern- oder
Sondergebiets ersichtlich ausschied; auch ein für die bauplanungsrechtliche
Zulässigkeit nach § 34 Abs. 1 BauGB erforderliches Vorbild - nämlich ein in der näheren
Umgebung vorhandenes Einkaufszentrum - fehlt. Um an dem hier in Rede stehenden
Standort ein Projekt mit der hier gewollten Zusammenfassung von
Einzelhandelsnutzungen in einem Einkaufszentrum
53
- zu den Anforderungen an ein solches Einkaufszentrum vgl.: BVerwG, Urteil vom 27.
April 1990
54
- 4 C 16.87 -, BRS 50 Nr. 67 -
55
verwirklichen zu können, hat es vielmehr der Schaffung neuen Baurechts durch einen
56
Bebauungsplan bedurft.
Die strittige Planung wahrt auch die Anforderungen des Abwägungsgebots nach § 1
Abs. 7 (früher: § 1 Abs. 6) BauGB.
57
Der Rat der Antragsgegnerin hat die für seine Abwägung relevanten Belange, mithin
das Abwägungsmaterial, sachgerecht ermittelt und bewertet (vgl. § 2 Abs. 3 BauGB). Im
Einzelnen ist hierzu im Hinblick auf den Vortrag des Antragstellers anzumerken:
58
Eine fehlerhafte Bewertung der für die Planung angeführten Belange - vornehmlich die
angestrebte Aufwertung des zentralen Versorgungsbereichs von N. - ist nicht erkennbar.
Insbesondere liegen angesichts der mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung
eingehend erörterten örtlichen Gegebenheiten im Geschäftszentrum von N. keine
hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, die Kunden des geplanten Projekts würden -
wie der Antragsteller meint - nicht mehr "den Weg in die Flaniermeile" von N. finden.
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Der Rat der Antragsgegnerin hat sich im Rahmen der Planaufstellung eingehend mit
den Auswirkungen der Neuansiedlung auf die Innenstadt von N. befasst und dabei
insbesondere auch gutachterliche Untersuchungen verwertet. Die letztlich
maßgebenden Erwägungen dafür, an dem gewählten Standort und Konzept
festzuhalten, sind insbesondere in folgenden Ausführungen der Beschlussvorlage Nr.
380/2005 zusammengefasst, denen der Rat der Antragsgegnerin bei seinem
Satzungsbeschluss vom 23. Februar 2006 gefolgt ist:
60
"Durch die Ausrichtung des Baukörpers zur W. Sraße wird das geplante Gebäude
wirksam in die Innenstadt integriert. Dies wird durch die offene Architektur, der
transparenten Glasfassade und der Lage des fußläufigen Haupteingangs zur W. Straße
unterstrichen. Ein über das verträgliche Maß liegendes Eigengewicht wird durch die
Festsetzung einer maximalen Verkaufsfläche ausgeschlossen. Die Bestandsbebauung
der W. Straße soll durch die zu erwartende erhöhte Kundenfrequenz profitieren. Die
Befürchtung eines erzwungenen strukturellen und städtebaulichen Funktionswandels
kann daher nicht nachvollzogen werden.
61
Der Standort wird im Gutachten von K. und L3. als integriert angesehen und bewertet.
Die Beschränkung der Sortimente erfolgt durch die mit der Bezirksregierung, der Stadt,
der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer und dem Einzelhandelsverband
Südwestfalen abgestimmten Verkaufsflächengrößen...
62
...Auch das im Jahr 1998 vom Gutachterbüro GMA erstellte Einzelhandelskonzept sieht
die Fläche als geeignet zur Komplettierung der innerstädtischen Einzelhandelsstruktur
und sieht aufgrund der räumlichen Nähe zur Hauptgeschäftszone der W. Straße
fußläufige Wechselwirkungen. Aus Sicht beider Gutachten kann durch die Schaffung
eines großflächigen Magneten im Zusammenhang mit dem Hauptgeschäftsbereich eine
Steigerung der Attraktivität der Innenstadt erreicht werden. Eine zukünftige Nutzung des
H. -X. - Geländes wird aus einzelhandelsrelevanter und städtebaulicher Sicht positiv
bewertet."
63
Diese Erwägungen lassen keine Fehleinschätzung erkennen. Das neu geplante
Einkaufszentrum ist nur rd. 100 m vom Beginn der Geschäftszone an der W. Straße
entfernt, die ihrerseits nach rd. 130 m in eine Fußgängerzone mit einem Kaufhaus sowie
dem anschließenden N2.----platz übergeht. Der Abstand zwischen der neuen
64
Parkpalette im hier strittigen Objekt und dem Kaufhaus, hinter dem sich wiederum ein
Parkhaus befindet, beträgt nur rd. 350 m, wobei sich dazwischen lediglich auf einer
kurzen Strecke von rd. 100 m keine Einzelhandelsnutzungen befinden. Angesichts
dessen ist nachvollziehbar, dass die Antragsgegnerin von einer fußläufigen Entfernung
des hier neu anzusiedelnden Magnetbetriebs - als solcher kann der hier für zulässig
erklärte Verbrauchermarkt (Vollsortimenter) mit 2.000 qm Verkaufsfläche mit seiner
Ergänzung durch verschiedene Fachmärkte durchaus angesehen werden - zum
weiteren bereits vorhandenen Geschäftsbereich ausgegangen ist. Die daraus gezogene
Schlussfolgerung, dass die neuen Einzelhandelsnutzungen einen deutlichen Beitrag
zur Steigerung der Attraktivität des Geschäftsbereichs leisten können, weil - wie in der
bereits erwähnten Beschlussvorlage unter Bezugnahme auf gutachterliche Äußerungen
ausgeführt ist - "ein positiver Agglomerationseffekt für die Bestandsgeschäfte der W.
Straße" zu erwarten sei, ist gleichermaßen plausibel.
Ob diese prognostische Sicht durch die tatsächliche Entwicklung letztlich bestätigt wird
oder nicht, ist ohne Belang. Bei Entscheidungen, die - wie alle planerischen
Entscheidungen - auf Grund einer prognostischen Einschätzung zukünftiger
tatsächlicher Entwicklungen getroffen werden müssen, ist hinsichtlich ihrer Prognose
vorauszusetzen, aber auch ausreichend, dass sie in einer der Materie angemessenen
und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden ist. Gegenstand der
gerichtlichen Prüfung ist daher die - im Vorstehenden bejahte - Frage, ob die der
Planungsentscheidung zugrunde liegende Prognose den an sie zu stellenden
Anforderungen genügt, nicht aber, ob die Prognose durch die spätere Entwicklung mehr
oder weniger bestätigt oder widerlegt wird.
65
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 7. Juli 1978
66
- 4 C 79.76 -, BRS 33 Nr. 1.
67
Die in der mündlichen Verhandlung seitens des Antragstellers geäußerte Einschätzung,
die prognostische Sicht der Antragsgegnerin werde sich nicht bewahrheiten, ist für die
hier vom Senat vorzunehmende rechtliche Prüfung der Abwägungsentscheidung der
Antragsgegnerin daher unerheblich. Zutreffend ist insoweit im
Planaufstellungsverfahren von einem Einwender ausgeführt worden:
68
"Niemand kann sicher vorhersagen, ob die Bevölkerung das Einkaufszentrum I.
annehmen wird oder nicht. Das ist letztlich allein Sache des Wettbewerbs und der
Füsse bzw. des PKW's."
69
Der Rat der Antragsgegnerin hat auch die gegen die Planung sprechenden Belange
ersichtlich fehlerfrei ermittelt und bewertet. Die insoweit seitens des Antragstellers
gerügten Defizite liegen nicht vor.
70
Im Vordergrund der Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin stand die
sachgerechte Ermittlung und Bewertung der bei einer Realisierung des Projekts in der
Nachbarschaft zu erwartenden Immissionen. Von diesen wurden die voraussichtlichen
Schallimmissionen näheren gutachterlichen Prüfungen unterzogen, die Grundlage der
abschließenden Prüfung der Planung waren. Ermittlungsdefizite liegen insoweit nicht
vor; namentlich geht auch der Einwand des Antragstellers fehl, die über die B 7
abgewickelten Anlieferungsverkehre seien nicht berücksichtigt worden.
71
Dem Schallgutachten 2006 sind bezogen auf die von den vorgesehenen Nutzungen
ausgehenden Lärmimmissionen insbesondere folgende Prämissen zugrundegelegt
worden:
72
- Verkehrsaufkommen des Einkaufszentrums und des Discounters in Anlehnung an die
Bayerische Parkplatzlärmstudie mit insgesamt 10.856 Bewegungen am Tag (S. 8 des
Gutachtens);
73
- Aufteilung der Kundenverkehre zu 70 % auf die Zufahrt W. Straße und zu 30 % auf die
Zufahrt L. Straße, da die größere Anzahl aus den östlichen Stadtteilen von F1. erwartet
wird (S. 8 des Gutachtens);
74
- Betriebszeiten des Einkaufszentrums zwischen 7.00 und 20.00 Uhr (S. 9 des
Gutachtens);
75
- Lieferverkehrsaufkommen von maximal sechs Groß- und vier Kleinfahrzeugen (S. 9/10
des Gutachtens) sowie zusätzlich einmal täglich ein Müllfahrzeug;
76
- Konzentrierung sämtlicher Anlieferungsvorgänge auf die Ruhezeiten zwischen 6.00
und 7.00 Uhr sowie zwischen 20.00 und 22.00 Uhr (S. 10 des Gutachtens);
77
- Berücksichtigung einer Gastronomieeinheit mit jeweils 10 Kfz/h in den Stunden von
20.00 bis 23.00 Uhr (S. 9 des Gutachtens).
78
Diese Prämissen sind - gemessen an den bereits dargelegten Anforderungen an die
gerichtliche Überprüfbarkeit von Prognosen - sachgerecht und tragen im Sinne einer
pessimalen Betrachtung den im Zeitpunkt der Planaufstellung zu berücksichtigenden
Schutzbedürfnissen der Nachbarschaft hinreichend Rechnung. So ist namentlich das
Abstellen auf die Erkenntnisse der Bayerischen Parkplatzlärmstudie nicht zu
beanstanden.
79
Vgl.: OVG NRW, Urteil vom 28. August 2007
80
- 7 D 28/06.NE -, JURIS-Dokumentation m.w.N..
81
Auch die angenommene Aufteilung der Parkplatzkunden erscheint nicht als ersichtlich
verfehlt. Der Siedlungsschwerpunkt von F1. liegt in der Tat östlich des hier in Rede
stehenden Zentrums von N. und ist über die O.--straße gut an die W. Straße mit der dort
vorgesehenen Zufahrt zum Einkaufszentrum angebunden. Sachgerecht ist auch die
Annahme, dass Pkw-Kunden, die - wie hier von der W. Straße aus - eine
mehrgeschossige Parkpalette im unteren Geschoss anfahren, dann auch vornehmlich in
diesem unteren Geschoss parken werden, zumal weil es überdacht ist.
82
Den im Gutachten gewählten Prämissen entsprechend liegen den genehmigten
Betriebsbeschreibungen der zwischenzeitlich erteilten Baugenehmigung vom 29.
November 2006 auch lediglich Ladenöffnungszeiten bis 20.00 Uhr zugrunde. Der
Umstand, dass durch Änderung der Ladenöffnungszeiten Einzelhandelsnutzungen
nunmehr auch nach 20.00 Uhr zugelassen werden können, macht die Planung nicht
defizitär. Er wäre in einem späteren Baugenehmigungsverfahren gesondert zu prüfen
und könnte zu zusätzlichen Anforderungen - ggf. auch zu einer Untersagung von
Öffnungszeiten nach 20.00 Uhr - führen. Insoweit musste die Antragsgegnerin im
83
vorliegenden Planungsverfahren die theoretische Möglichkeit längerer Öffnungszeiten
nach 20.00 Uhr noch nicht abschließend abwägend bewältigen, sondern konnte im
Sinne planerischer Zurückhaltung darauf vertrauen, dass die erforderlichen Prüfungen
im nachfolgenden Genehmigungsverfahren erfolgen und entsprechende Lösungen
gefunden werden. Nichts anderes gilt auch für den Umstand, dass im Schallgutachten
2006 davon ausgegangen wurde, dass die Zufahrt L. Straße nach Betriebsschluss der
Geschäfte geschlossen wird. Bei der Planumsetzung wurde dem u.a. dadurch
Rechnung getragen, dass nach der Nebenbestimmung 28 zur Baugenehmigung vom
29. November 2006 die Stellplatzanlage in der Nachtzeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr
durch geeignete Maßnahmen zu schließen ist.
Unerheblich ist auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom
Antragsteller vertiefte Einwand, im Schallgutachten sei von einer asphaltierten
Oberfläche der Stellplätze ausgegangen, während die tatsächliche Bauausführung
hiervon abweiche. Werden bestimmte Prämissen der im Planaufstellungsverfahren
berücksichtigten Begutachtung bei der Planumsetzung nicht eingehalten, mag dies
Anlass zu entsprechend geänderten Ermittlungen im Baugenehmigungsverfahren sein,
dadurch wird die auf sachgerechten Prämissen beruhende Planungsentscheidung
jedoch nicht im Nachhinein rechtswidrig.
84
Gegenstand des Lärmgutachtens waren auch die Auswirkungen einer Planumsetzung
auf das Verkehrsgeschehen auf den angrenzenden öffentlichen Straßen (L. Straße, W.
Straße), die zur sachgerechten Abwicklung des planbedingten Zu- und Abfahrtverkehrs
in gewissem Umfang baulich umgestaltet werden müssen. Dabei wurde für die Zufahrt
von der L. Straße auch eine Signalanlage berücksichtigt (S. 17 des Gutachtens). Das
vom Antragsteller angesprochene "Staugeschehen" ist hingegen nicht Gegenstand der
Ermittlungen nach dem für die Bewertung des von öffentlichen Straßen ausgehenden
Verkehrslärms sachgerechten Ermittlungsverfahren der Anlage 1 zur 16. BImSchV
(Verkehrslärmschutzverordnung).
85
Den konkreten Berechnungen liegen nach den Ausführungen auf S. 17 des
Schallgutachtens Ausbreitungsrechnungen nach der DIN ISO 9613-2
86
- zur Sachgerechtheit dieses Regelwerks für die Schallausbreitungsrechnung vgl.
Abschnitt A.2.2 des Anhangs zur TA Lärm, die nach BVerwG, Urteil vom 29. August
2007 - 4 C 2.07 -, JURIS-Dokumentation, ihrerseits eine normkonkretisierende
Verwaltungsvorschrift mit im Gerichtsverfahren zu beachtender Bindungswirkung ist -
87
zugrunde. Angewandt wurde dabei das Rechenprogramm SoundPLAN, Version 6.3,
das zu den gängigen Rechenmodellen für die Berechnung der Schallausbreitung in
komplexer Topografie gehört,
88
- vgl. Abschnitt 6.1 der vom Innenministerium des Landes Baden-Württemberg in
Zusammenarbeit mit dem Amt für Umweltschutz Stuttgart herausgegebenen
"Städtebaulichen Lärmfibel", im Internet abrufbar unter "www.staedtebauliche-
laermfibel.de" -
89
und zwar auf der Basis einer digitalen Geländegrundlage mit den relevanten
Geräuschquellen, Hindernissen und Gebäuden. "Grundsätzlichen Zweifeln" unterliegt
diese Vorgehensweise nicht. Auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
artikulierte Hinweis des Antragstellers auf gewisse Abweichungen bei der Anwendung
90
unterschiedlicher Rechenprogramme gibt keinen hinreichenden Anlass, die
Tauglichkeit des hier - wie in vielen anderen Fällen von Lärmprognosen - gewählten
Rechenverfahrens in Zweifel zu ziehen. Ebenso wenig gibt der Vortrag des
Antragstellers zu den topografischen Gegebenheiten in der Tallage der I. hinreichenden
Anlass, die Tauglichkeit des hier den Ermittlungen zugrunde gelegten digitalen
Geländemodells in Frage zu stellen. Dass die Berechnungen, was den Gewerbelärm
angeht, dabei auf die Rückfronten der Wohnhäuser an der L1.----straße bezogen
wurden, wie aus den Darstellungen in Anlage 10 des Schallgutachtens 2006 folgt,
entspricht den Vorgaben von Abschnitt A.1.3 Buchst. a) des Anhangs zur TA Lärm.
Hiernach liegen die maßgeblichen Immissionsorte bei bebauten Flächen 0,5 m
außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten
betroffenen schutzbedürftigen Raumes. Dass der im Schallgutachten 2006 betrachtete
Immissionsort 7 die-sen Anforderungen nicht entspräche, ist nicht erkennbar. Ebenso
wenig liegen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass die zusätzliche Betrachtung eines
gegenüber dem Immissionsort 8 (Mitte des aus dem Haus des Antragstellers und dem
Nachbarhaus gebildeten Doppelhauses) etwas nach Norden versetzten Immissionsorts
relevante zusätzliche Erkenntnisse gebracht hätte, zumal nach dem Vorstehenden bei
der hier vorzunehmenden Beurteilung von Gewerbelärm nach der TA Lärm gerade nicht
auf den vom Antragsteller angesprochenen Außenwohnbereich abzustellen ist.
Dem Einwand des Antragstellers, sein Wohngrundstück liege wie die übrige Bebauung
an der L1.----straße in einem faktischen reinen Wohngebiet, ist der Senat bereits in
seinem im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss vom 27.
Juli 2007 - 7 B 718/07 - entgegen getreten. Der Senat hat insoweit in Übereinstimmung
mit dem Verwaltungsgericht maßgeblich auf das Vorhandensein verschiedener
wohnfremder gewerblicher Nutzungen abgestellt. Den diesbezüglichen Ausführungen
ist der Antragsteller nicht mehr entgegen getreten, so dass sich weitere Ausführungen
hierzu erübrigen.
91
Nicht zu beanstanden ist auch die Gewichtung der Belange im Hinblick auf die hier
betrachteten Lärmimmissionen.
92
Der Hinweis des Antragstellers auf einen "Gebietsgewährleistungsanspruch" geht
schon deshalb fehl, weil dieser Anspruch sich nur zu der Frage verhält, ob den in einem
Bebauungsplan getroffenen Baugebietsfestsetzungen für die in dem Baugebiet
ansässigen Grundeigentümer kraft Bundesrechts nachbarschützender Charakter
zukommt.
93
Vgl. hierzu grundlegend: BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 - 4 C 28.91 -, BRS 55
Nr. 110.
94
Er hat mithin lediglich Bedeutung für die Frage, ob bei der bauaufsichtlichen Zulassung
bestimmter Vorhaben in durch Bebauungsplan ausgewiesenen oder - im nicht
beplanten Innenbereich - faktischen Baugebieten nachbarliche Abwehrrechte gegen die
Baugenehmigung bestehen. Für die hier allein interessierende Frage, welche
Baugebiete eine planende Gemeinde mit Rücksicht auf die im Umfeld vorhandene
Bebauung durch Bebauungsplan festsetzen kann, hat der
Gebietsgewährleistungsanspruch rechtlich keine Bedeutung. Nichts anderes gilt für das
vom Antragsteller angesprochene Rücksichtnahmegebot. Abgesehen davon, dass das
Rücksichtnahmegebot keine allgemeine Härteklausel ist, die über den speziellen
Vorschriften des Städtebaurechts oder gar des gesamten öffentlichen Baurechts steht,
95
sondern Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des Baurechts ist
- vgl.: BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 1999 - 4 B 128.98 -, BRS 62 Nr. 102 -,
96
ist auch für eine Anwendung des für die Zulassung von Bauvorhaben einschlägigen
Rücksichtnahmegebots in der Bauleitplanung kein Raum. Diese hat sich vielmehr, was
die Berücksichtigung der gegenläufigen Belange angeht, nach den Grundsätzen des
Abwägungsgebots des § 1 Abs. 7 (früher: § 1 Abs. 6) BauGB zu richten, deren
Einhaltung ihrerseits gerichtlich nur in begrenztem Umfang zu prüfen ist.
97
Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Gewichtung der betroffenen Belange ist
ferner nicht bereits deshalb fehlerhaft, weil keine "Einhaltung der vom
Bundesimmissionsschutzgesetz geforderten Trennung inkompatibler Nutzungen"
vorliegt. Der hiermit der Sache nach angesprochene Trennungsgrundsatz des § 50
BImSchG ist, wie die Antragsgegnerin zutreffend hervorgehoben hat, nicht verletzt.
98
Die genannte Vorschrift normiert nicht etwa ein striktes Gebot, sondern enthält eine
Abwägungsdirektive, nach der bei raumbedeutsamen Planungen die für eine bestimmte
Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen sind, dass schädliche
Umwelteinwirkungen so weit wie möglich vermieden werden. Die Durchsetzung des
Trennungsgrundsatzes stößt allerdings auf Grenzen, vor denen auch der Gesetzgeber
die Augen nicht verschließt. In dicht besiedelten Gebieten wird es häufig nicht möglich
sein, allein durch die Wahrung von Abständen schädliche Umwelteinwirkungen auf
Wohngebiete zu vermeiden.
99
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 22. März 2007
100
- 4 CN 2.06 -, NVwZ 2007, 831 = BauR 2007, 1365.
101
Gleichermaßen ist anerkannt, dass das Trennungsgebot für die Überplanung einer
bereits bestehenden Gemengelage keine strikte Geltung beansprucht.
102
Vgl.: BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2004
103
- 4 BN 15.04 -, JURIS-Dokumentation m.w.N..
104
Gemessen an diesen Maßstäben ist hier eine Verletzung der Abwägungsdirektive des §
50 BImSchG nicht erkennbar. Die Antragsgegnerin konnte davon ausgehen, dass die
von den künftigen Nutzungen im Plangebiet - einschließlich der Parkpalette -
ausgehenden Lärmimmissionen der Nachbarschaft, wie noch anzusprechen ist,
zumutbar sind. Dann ist aber den Anforderungen des § 50 BImSchG hinreichend
Genüge getan, zumal sich die Antragsgegnerin - wie gleichfalls noch anzusprechen ist -
auch eingehend abwägend damit auseinandergesetzt hat, ob durch gewisses Abrücken
der neuen baulichen Nutzungen einschließlich Parkpalette von den östlich des
Plangebiets gelegenen Grundstücken die nachteiligen Folgen der strittigen Planung für
die Nachbarschaft, insbesondere für die östlich angrenzende Wohnbebauung der L1.----
straße , zusätzlich gemindert werden können.
105
Die Gewichtung der Belange ist - bezogen auf die gewerblich bedingten
Lärmimmissionen - schließlich auch nicht etwa deshalb zu beanstanden, weil die
Antragsgegnerin es als hinnehmbar angesehen hat, dass nach der Lärmprognose an
106
der Rückfront des neben dem Wohnhaus des Antragstellers etwas dichter zum
Plangebiet gelegenen Wohnhauses L1.----straße 29 als einzigem der an der L1.----
straße gelegenen Wohnhäuser der mit dem Immissionsrichtwert nach der TA Lärm
identische Orientierungswert der DIN 18005 am Tag für allgemeine Wohngebiete von
55 dB (A) mit den Prognosewerten von 55,7 dB (A) für das 1. Obergeschoss und von
56,3 dB (A) für das 2. Obergeschoss geringfügig überschritten wird (vgl. Anlage 4 Seite
1 zum Schallgutachten 2006). Die Hinnahme dieser Überschreitung ist nach den
Ausführungen auf S. 16 der Planbegründung folgendermaßen begründet worden:
"Letztlich kann allerdings auch für den Fall, dass die vorgenommene Worst-case-
Betrachtung eine zutreffende Beurteilung der zu erwartenden Lärmsituation darstellt,
nicht von einer unzumutbaren Lärmeinwirkung ausgegangen werden. Dies beruht
darauf, dass die Wohnbebauung an der L1.----straße zwar als faktisches allgemeines
Wohngebiet einzustufen ist, dieses jedoch durch die unmittelbare Nachbarschaft zu der
ehemaligen Industrienutzung lärmvorbelastet ist. Das unmittelbare Nebeneinander der
Wohnbebauung und der Industrienutzung stellt eine sog. Gemengelage dar. Diese
Gemengelagesituation führt dazu, dass die immissionsschutzrechtliche
Schutzbedürftigkeit der Wohnbebauung gemindert ist. Nach den Vorgaben der TA Lärm
kann in einer solchen Situation auch der Immissionsrichtwert der schutzbedürftigen
Nutzung überschritten werden. Da sich die Überschreitung hier in einem Bereich
verhält, der mit dem menschlichen Gehör ohnehin nicht wahrnehmbar ist, kann eine
eventuelle Überschreitung des Immissionsrichtwerts um max. 1,3 dB (A) hier
hingenommen werden."
107
Diese Erwägungen sind nicht beanstanden. Insbesondere hat sich der Senat in seinem
im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss vom 27. Juli
2007 - 7 B 718/07 - bereits eingehend mit dem dort vorgetragenen Einwand des
Antragstellers auseinandergesetzt, die frühere Funktion des H. -X. -Geländes als eines
faktischen Gewerbegebiets sei wegen der lange zurück liegenden Aufgabe der
gewerblichen Nutzung erloschen. Zwar hat der Antragsteller in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat nochmals betont, die Firma H. -X. habe ihren Betrieb
namentlich in dem an sein Grundstück angrenzenden Bereich bereits vor Jahrzehnten
eingestellt. Den vom Senat im Verfahren 7 B 718/07 berücksichtigten Hinweisen auf
einen Fortbestand gewerblicher Aktivitäten in Teilbereichen des einheitlichen Areals bis
zum Jahr 2002, mithin bis zu einer Zeit, in der die hier strittige Planung bereits
eingeleitet worden war, ist der Antragsteller jedoch nicht entgegen getreten. Die
Einschätzung des Senats, eine gewerbliche Nutzung des Geländes habe im Rahmen
der strittigen Planung noch als fortprägend gewertet werden können, ist daher nicht in
Frage gestellt. Somit kann auch keine Rede davon sein, dass das H. -X. -Gelände im
Zeitpunkt der Planaufstellung gleichsam eine "Grüne Wiese" gewesen sei.
108
Ebenso wenig liegt ein Mangel bei der Gewichtung der Belange insoweit vor, als die
Antragsgegnerin die planbedingten Folgen für den Straßenverkehrslärm als hinnehmbar
gewertet hat. Hierzu heißt es auf S. 17/18 der Planbegründung:
109
"Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass die im Bebauungsplan vorgesehenen
Änderungen an der L. Straße und der W. Straße als erheblicher baulicher Eingriff
bewertet werden... Im Bereich der L. Straße ist das Kriterium der Pegelerhöhung um 3
dB (A) schon wegen des für die Signalanlage anzusetzenden Lästigkeitszuschlags in
Höhe von 3 dB (A) zu bejahen. Im Bereich der W. Straße ist an einigen Gebäuden
ebenfalls von einer wesentlichen Änderung der Straße auszugehen, da dort von einem
110
Erreichen oder
Überschreiten des Tagwertes von 70 dB (A) auszugehen ist...
111
Hieraus ergibt sich zunächst wegen der Überschreitung der Grenzwerte der
Verkehrslärmschutzverordnung ein Anspruch auf aktiven Schallschutz. Dieser Anspruch
besteht nach § 41 Abs. 2 BImSchG lediglich dann nicht, wenn die Kosten der aktiven
Schallschutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen
würden. Weitere Grenzen des aktiven Lärmschutzes können sich aus anderen zu
berücksichtigenden schwerwiegenden öffentlichen und privaten Belangen ergeben.
Eine Lärmschutzwand vor den Gebäuden an der W. Straße und der L. Straße auf der
gegenüberliegenden Straßenseite des Vorhabens scheidet unter diesem Gesichtspunkt
mit Blick auf die Belange der Betroffenen aus...
112
Damit ist die Frage aufgeworfen, ob die weitere Erhöhung der bereits bestehenden
Lärmbelastung überhaupt hingenommen werden kann. Hierbei ist zu berücksichtigen,
dass die Lärmbelastung an den kritischen Immissionspunkten schon heute so hoch ist,
dass gesunde Wohnverhältnisse bei geöffnetem Fenster nicht bestehen.
Schutzbedürftige Außenwohnbereiche, die zur L. bzw. W. Straße ausgerichtet wären,
sind weder vorhanden, noch könnten diese mit Blick auf die jetzige
Verkehrslärmbelastung ohne Gesundheitsgefährdung genutzt werden. Die von der W.
bzw. L. Straße abgewandten Gebäudeseiten werden hingegen durch die abschirmende
Wirkung dieser Bauwerke vor dem Verkehrslärm geschützt. Vor diesem Hintergrund
erscheint es hier vertretbar zu sein, die Nutzer der Gebäude auf passive
Schallschutzmaßnahmen zu verweisen. Diese stellen sicher, dass im Inneren des
Gebäudes gesunde Wohnverhältnisse bestehen. Der Anspruch auf Finanzierung etwaig
erforderlicher passiver Schallschutzmaßnahmen ergibt sich unmittelbar aus § 42
BImSchG. Eine Festsetzung der passiven Schallschutzmaßnahmen im Bebauungsplan
ist daher regelmäßig nicht erforderlich. Auf der Grundlage der Maßstäbe des § 1 Abs. 3
BauGB ergibt sich lediglich dann eine Notwendigkeit zur Festsetzung der passiven
Schallschutzmaßnahmen, wenn sich aus besonderen Umständen Anhaltspunkte dafür
ergeben, dass die Grundstückseigentümer den Anspruch auf passiven Schallschutz
nicht geltend machen werden und daher ein Instrumentarium geschaffen werden muss,
um sie ggf. hierzu mit den Mitteln des Baugebotes anzuhalten. Derartige Anhaltspunkte
bestehen hier jedoch nicht."
113
Diese Erwägungen sind gleichfalls sachgerecht und tragen den einschlägigen
Maßstäben der höchstrichterlichen Rechtsprechung Rechnung. Hiernach hat sich die
Gemeinde Klarheit darüber zu verschaffen, ob und in welchem Ausmaß
Straßenbauvorhaben - oder wie im vorliegenden Fall planbedingte bauliche
Änderungen an vorhandenen Straßen - Maßnahmen des aktiven und passiven
Schallschutzes nach sich ziehen. Dies folgt aus den §§ 50 und 41 BImSchG, die von der
Gemeinde bereits bei der Aufstellung eines Bebauungsplans zu beachten sind. Nach §
41 Abs. 2 BImSchG muss sich die Gemeinde insbesondere vor Augen führen, welche
Dimension der Lärmkonflikt hat, den sie auslöst, wenn sie eine Straße - bzw.
Veränderungen von Straßen - plant. Ihr Interesse, von der Festsetzung aktiver
Schutzvorkehrungen (Lärmschutzwall, Lärmschutzwand) abzusehen, soweit sie mit
unverhältnismäßigen Kosten verbunden sind, ist mit den Lärmschutzinteressen der
betroffenen Grundstücksnachbarn abzuwägen. Kommen aktive Lärmschutzmaßnahmen
- wie hier - aus technischen und/oder finanziellen Gründen nicht in Betracht, hat die
Gemeinde zu prüfen, ob hinreichend gewichtige (Verkehrs)Belange ihre Planung
114
gleichwohl rechtfertigen. Bejaht sie das, wie im vorliegenden Fall unter
Berücksichtigung der gewichtigen für die strittige Planung sprechenden Belange, muss
sichergestellt sein, dass die Betroffenen durch Maßnahmen des passiven Lärmschutzes
vor unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen bewahrt werden. Das gilt auch für bereits
vorhandene Bebauung an der Straße. In diesem Fall haben die betroffenen Anlieger,
wie die Antragsgegnerin zutreffend in der Planbegründung ausgeführt hat, einen
Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Durchführung der erforderlichen (passiven)
Schutzmaßnahmen am Gebäude sowie ggf. einen Anspruch auf angemessenen
Ausgleich für die Beeinträchtigung der Nutzung ihres Außenwohnbereichs.
Vgl. zu alledem: BVerwG, Beschluss vom 30. November 2006 - 4 BN 144.06 -, ZUR
2007, 205 = Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 125 = JURIS-Dokumentation m.w.N..
115
Nicht zu beanstanden ist auch die Erwägung der Antragsgegnerin, dass im
vorliegenden Fall kein Anlass besteht, den nach der höchstrichterlichen
Rechtsprechung bereits unmittelbar aus § 42 BImSchG folgenden Anspruch auf
Erstattung der Kosten für den erforderlichen passiven Schallschutz
116
- vgl. hierzu auch bereits: BVerwG, Beschluss vom 7. September 1988 - 4 N 1.87 -, BRS
48 Nr. 15 -
117
zusätzlich durch entsprechende Planfestsetzungen für die betroffene Bebauung
abzusichern.
118
Hinsichtlich der vom Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erneut
angesprochenen Lichtimmissionen ist darauf zu verweisen, dass die Antragsgegnerin
hier im Planungsverfahren keinen Anlass hatte, von einer nach Maßgabe der
einschlägigen technischen Regelwerke
119
- vgl. hierzu die Hinweise in dem im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
ergangenen Beschluss des Senats vom 27. Juli 2007 - 7 B 718/07 -
120
anzunehmenden Unzumutbarkeit von Lichtimmissionen unter den Aspekten der
Blendung bzw. Aufhellung auszugehen. Der nicht von der Hand zu weisende Umstand,
dass namentlich in der dunkleren Jahreszeit Lichteinwirkungen der die Parkpalette
nutzenden Kraftfahrzeuge am Wohnhaus des Antragstellers wahrnehmbar sein würden,
reicht hierfür nicht aus. Unter dem Aspekt planerischer Zurückhaltung konnte die
Antragsgegnerin hier vielmehr eine evtl. erforderliche Prüfung und ggf. die Festlegung
bestimmter Vorgaben dem nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren überlassen.
121
Nicht zu beanstanden sind schließlich auch die Erwägungen, die die Antragsgegnerin
dazu veranlasst haben, in den Sondergebieten durch Festsetzung von Baulinien
vorzugeben, dass die dort zulässigen Baukörper bis unmittelbar an die Süd- und
Ostgrenze des Plangebiets heranrücken und damit grenzständig zu den
Nachbargrundstücken gebaut werden müssen. Diese sind auf den Seiten 6 ff. der
Planbegründung im Wesentlichen folgendermaßen umschrieben:
122
"Der Bestand an Altgebäuden bedeckt das Plangebiet fast vollständig. Die Gebäude
sind insbesondere im Süden und Osten direkt an angrenzende Häuser angebaut.
Aufgrund der relativ engen Tallage des Plangebietes konnte der Fabrikkomplex nur
durch Anpassung des natürlichen Geländes (Abgrabungen) etabliert werden. Das
123
Baukonzept des geplanten Vorhabens nimmt dieses ursprüngliche Konzept wieder auf,
was aufgrund der angrenzenden Bebauung im Bereich der Kistenfabrik ohnehin
unerlässlich ist. Die im weiteren Teil angrenzenden privaten Grundstücke weisen
überwiegend lediglich nicht nutzbare hohe Böschungsflächen auf. Eine Neubebauung
auf den Grenzen erzeugt einen Baukörper, der die künstlichen Abgrabungen der
Vergangenheit kaschiert. Das Verkehrsleben befindet sich von Westen gesehen
zukünftig auf der Höhe der L. Straße. Von Seiten der Innenstadt verbleibt das
Eingangsniveau auf dem der W. Straße. Der Neubau fügt sich in das vorhandene
Gelände ein und "glättet" es gegenüber den angrenzenden Flächen.
Um dies erreichen zu können, ist eine Bebauung auf den umgebenden Grenzen im
Süden und Osten des Plangebiets notwendig. Planungsrechtlich ist dies nur statthaft,
wenn an diesen Stellen aufgrund von Festsetzungen des Bebauungsplanes gebaut
werden muss. Das ist durch Festsetzung von Baulinien an den notwendigen
Grenzseiten der Fall.
124
Ein Zurückweichen der geplanten Baukörper von diesen Grenzen in einem Maße, dass
die dann entstehenden Abstandsflächen auf dem eigenen Grundstück untergebracht
werden könnten, hätte so starke einschränkende Wirkung auf das Vorhaben, dass es
die geplanten Funktionen für die Innenstadt von F1. , wie die Stärkung und Erweiterung
der Innenstadt mit zentraler Versorgungsfunktion, sowie Schaffung von Parkraum nicht
nur für das Vorhaben, nicht würde erfüllen können...
125
Die Einhaltung von Abstandsflächen hat aber noch weiter reichende städtebaulich
unerwünschte Folgen. Durch die ehemalige Nutzung ist der Verlauf der natürlichen
Erdoberfläche bereits entscheidend verändert worden. Die Fabrik steht ebenfalls auf der
Grenze. Die angrenzenden Grundstücke steigen von dessen Fundament ab steil an.
Würde man von diesem Geländeniveau aus Abstandsflächen zur Grenze einhalten,
entstünde zwischen dem neuen Gebäude und den bestehenden Böschungen ein
schmaler (3,50 m - 10,80 m breiter) und tiefer, nicht nutzbarer Einschnitt.
126
Mit der Abstandsflächenvorschrift sollen die Schutzgüter Belüftung, Belichtung,
Besonnung und Sozialabstand zwischen Nachbarbebauungen sichergestellt werden.
Diese Schutzgüter sind im vorliegenden Fall weiterhin gesichert. Die Grundstücke an
der L1.---- straße sind in unmittelbarer Grenznähe nicht bebaubar. Das Gebäude X1.-----
straße 8-10 ist von dem geplanten Vorhaben weg orientiert und hat nach Realisierung
der Planung einen unveränderten Abstand zur angrenzenden Bebauung."
127
Diese Erwägungen lassen Defizite bei der Ermittlung der Belange nicht erkennen, sie
erfassen vielmehr erschöpfend die voraussichtlichen Auswirkungen des Plans. Auch die
Bewertung der betroffenen Belange und ihr gewichtender Ausgleich lässt keine Mängel
erkennen. Dies gilt namentlich auch für das besonders betroffene Objekt X1.-----straße
8-10, zu dem dem Senat in der mündlichen Verhandlung diverse Lichtbilder vorgelegt
wurden. Bei diesem Objekt hat die Antragsgegnerin in nicht zu beanstandender Weise
insbesondere berücksichtigt, dass es die eigenen Abstandflächen auf dem eigenen
Grundstück nicht einhält und direkt an einer schmalen Zufahrt zur hinterliegenden
Kistenfabrik liegt, wie das vorliegende Lichtbildmaterial anschaulich belegt. Zudem
wurde auch in die Abwägung eingestellt, dass sich die Situation hier sogar in gewissem
Umfang verbessert. Nach den Festsetzungen des strittigen Plans muss die Bebauung
im Plangebiet, die bislang bis zur X1.-- ---straße hin durchgängig grenzständig war, etwa
ab in der Mitte des parallel zum Plangebiet verlaufenden Abschnitts der nordwestlichen
128
Außenwand des bestehenden Gebäudes X1.----- straße 8-10 von der Grenze zu diesem
Grundstück abrücken und dort auf Grund der festgesetzten Baulinie einen Abstand von
mindestens 5 m zur Grenze einhalten. Für den knapp 30 m langen Abschnitt des
grenzständigen Verlaufs des neuen Baukörpers gibt der Bebauungsplan ferner vor,
dass hier eine Einhausung der Anlieferung für das SO 1-Gebiet vorzunehmen ist, die
unmittelbar neben dem Bereich liegt, der ohnehin als Zufahrt zur bestehenden
Kistenfabrik genutzt wird.
Der vom Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angesprochene
Umstand, dass die frühere Bebauung des H. -X. -Geländes zu seinem Grundstück hin
nicht durchgehend grenzständig verlief, sondern in Richtung Norden zunehmend von
der Grenze abrückte, gebietet keine andere Beurteilung. Auch hier fiel das Gelände zum
Plangebiet hin ab, wobei sich die steile Böschung nach dem dem Senat vorliegenden
Kartenmaterial (vgl. insbesondere die Eintragungen auf dem strittigen Bebauungsplan)
vom Grundstück des Antragstellers über die Grenze hinweg bis zu der vorhandenen
Bebauung hin erstreckte.
129
Sonstige Aspekte für mögliche Defizite bei der Ermittlung und Bewertung der Belange
sowie ihrer abwägenden Gewichtung sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.
130
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
131
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
132
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht gegeben sind.
133
134