Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 09.01.1997

OVG NRW (kläger, anlage, rechtskraft, 1995, streitgegenstand, höhe, eigentum, erfüllung, umfang, rechtsnachfolger)

Oberverwaltungsgericht NRW, 7 A 2231/96
Datum:
09.01.1997
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 A 2231/96
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 2 K 3676/94
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Beschluß ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 50.000,-- DM
festgesetzt
G r ü n d e :
1
Gemäß § 130 a VwGO kann das Oberverwaltungsgericht die Berufung durch Beschluß
zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche
Verhandlung nicht für erforderlich hält. Von dieser Möglichkeit macht der Senat
Gebrauch, nachdem er den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.
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Die zulässige Berufung mit dem sinngemäßen Antrag,
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das angefochtene Urteil zu ändern und die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 29.
Oktober 1993 sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung L. vom 31. März
1994 aufzuheben,
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ist unbegründet.
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 29. Oktober 1993 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung L. vom 31. März 1994 ist rechtmäßig.
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Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 2 BauO NW 1984 (nunmehr § 61 Abs. 1 Satz 2 BauO NW
1995) haben die Bauaufsichtsbehörden in Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach
pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Erforderlich war
es, Herrn A. D. aufzugeben, die von ihm aufgrund der Baugenehmigung vom 16. Mai
1984 errichteten baulichen Anlagen abzureißen, denn die bauliche Anlage
beeinträchtigt die Beigeladene derart in nachbarschützenden Rechten, daß der
Beklagte ihren Abriß zu verlangen hatte. Dies steht aufgrund des rechtskräftigen Urteils
des Verwaltungsgerichts Köln vom 22. April 1986 - 2 K 2953/85 - fest. Gemäß § 121
VwGO binden rechtskräftige Urteile, soweit über den Streitgegenstand entschieden
worden ist. Bei Verpflichtungsklagen ist Streitgegenstand die Rechtsbehauptung des
Klägers, er sei durch die rechtswidrige Ablehnung oder Unterlassung des beantragten
Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. November 1985 - 6 C 22.84 -, Buchholz 316 § 51 Nr. 18.
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Die Rechtsbehauptung ist hier die Behauptung der im vorliegenden Verfahren
Beigeladenen gewesen, daß die aufgrund der Baugenehmigung vom 16. Mai 1984
errichtete bauliche Anlage sie in nachbarschützenden Rechten verletzt und der
Beklagte gegen die Verletzung einschreiten müsse. Aus dem Tenor des
verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 22. April 1986 ergibt sich zugleich, wie der
Rechtsverletzung zu begegnen war. Die in einem rechtskräftig gewordenen Urteil aus
einem Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge darf bei unveränderter Sach- und
Rechtslage nicht erneut zum Gegenstand eines Verfahrens zwischen denselben
Beteiligten gemacht werden. Die Rechtskraft schafft vielmehr ein unabdingbares, in
jeder Verfahrenslage von Amts wegen zu beachtendes Prozeßhindernis für eine
gerichtliche Nachprüfung des Anspruchs, über den bereits entschieden worden ist.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1995 - 8 C 8.93 -, Buchholz 310 § 121 Nr. 70.
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Auf die vom Kläger mit der Berufung aufgeworfenen Fragen, ob die Beigeladene von
der Baumaßnahme "nur wenig... betroffen" werde und ob die "Abrißverfügung... den
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzen" würde, kommt es daher nicht an.
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Der Kläger ist an die rechtskräftige Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 22. April
1996 im oben dargelegten Umfang gemäß § 121 Nr. 1 VwGO jedenfalls als
Rechtsnachfolger des Herrn A. D. im Eigentum gebunden; ob sich der Kläger auch als
Beigeladener des Verfahrens 2 K 2953/85 VG Köln; 7 A 1357/86 OVG NW die
Rechtskraft des Urteils vom 22. April 1986 entgegenhalten lassen müßte, ist daher
unerheblich. Das Eigentum an der 6. Obergeschoßwohnung des Hauses L. straße 23 a
nebst Miteigentumsanteil an von der beanstandeten Baumaßnahme betroffenen, über
das Sondereigentum hinausgehenden Hausteilen war belastet mit der Verpflichtung,
Anlagenteile in Erfüllung einer Ordnungsverfügung, die auf der Grundlage des Urteils
des Verwaltungsgerichts vom 22. April 1996 zu ergehen hatte, abzureißen. Derartige auf
Wohneigentum bezogene Ordnungspflichten gehen auf den Erwerber im Wege der
Einzelrechtsnachfolge über.
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Vgl. zu grundstücksbezogenen Ordnungspflichten: BVerwG, Urteil vom 7. September
1984 - 4 C 19.83 -, NJW 1985, 281; Beschluß vom 6. Mai 1992 - 4 B 139.91 -, NJW
1993, 79; OVG NW, Urteil vom 9. September 1986 - 11 A 1538/86 -, BRS 46 Nr. 196.
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Ob die von der Ordnungsverfügung betroffene bauliche Anlage durch andere als die
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vom Beklagten angeordnete Maßnahmen in einen rechtmäßigen Zustand gebracht
werden kann, ist für die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung ohne Bedeutung,
sondern allenfalls hinsichtlich der Frage von Belang, ob der Beklagte dem Kläger
gestatten kann, ein die Vollstreckung der Ordnungsverfügung entbehrlich machendes
anderes Mittel anzuwenden (vgl. § 21 OBG NW).
Die Ordnungsverfügung vom 29. Oktober 1993 ist auch insoweit rechtmäßig, als der
Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,-- DM angedroht hat. Die Rechtskraft des
Urteils vom 22. April 1986 erstreckt sich zwar auf die Zwangsgeldandrohung nicht. Die
Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000,-- DM ist jedoch rechtsfehlerfrei
erfolgt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 161 Abs. 2 VwGO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 173 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht vorliegen.
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Die Streitwertentscheidung folgt aus § 13 Abs. 1 GKG.
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