Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 12.12.1997

OVG NRW (kläger, geschäftsführer, person, juristische person, satzung, arbeitnehmer, verwaltungsgericht, 1995, vorstand, arbeitgeber)

Oberverwaltungsgericht NRW, 24 A 7234/95
Datum:
12.12.1997
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
24. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
24 A 7234/95
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 17 K 1215/95
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, für das
Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird
nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor
in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von
Zuschüssen an den Kläger aus Mitteln des Ausgleichsabgabenfonds zur besonderen
Förderung der Einstellung und Beschäftigung Schwerbehinderter.
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Der Kläger ist ein eingetragener Verein, dessen Aufgaben entsprechend seiner Satzung
insbesondere in der Beratung und Betreuung behinderter und kranker Menschen und
Senioren bestehen. Nach Ziffer 8.3 der Satzung wird der Kläger durch je zwei
Vorstandsmitglieder gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Gemäß Ziffer 8.4 der
Satzung ist der Vorstand verantwortlich für die Geschäftsführung, insbesondere führt er
die laufenden Geschäfte des Klägers.
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Erster Vorsitzender des Klägers ist Herr N. L. , der aufgrund eines Unfalles
querschnittsgelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Der Grad der Minderung
der Erwerbsfähigkeit beträgt 100 %. Nachdem Herr L. bis einschließlich Februar 1994
ehrenamtlich für den Kläger tätig gewesen war, schlossen der Kläger und Herr L. am 8.
Februar 1994 einen Vertrag, auf Grund dessen Herr L. ab 1. März 1994 gegen ein
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Bruttogehalt von monatlich DM 12.000,-- als Geschäftsführer des Klägers angestellt war.
Am 14. Juni 1994 beantragte der Kläger beim Beklagten finanzielle Hilfe aus Mitteln der
Ausgleichsabgabe für die Arbeitsplatzeinrichtung von Herrn L. , und zwar im einzelnen
für eine zweifache PC-Computerausstattung, einen Treppenschrägaufzug im privaten
Wohnhaus von Herrn L. , spezielle Büromöbel und ein Autotelefon.
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Mit Bescheid vom 11. August 1994 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Da Herr L.
Arbeitgeberfunktionen wahrnehme, komme eine Förderung nach § 15
Schwerbehinderten- Ausgleichsabgabenverordnung nicht in Betracht.
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Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuß
bei der Hauptfürsorgestelle beim Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 16.
Dezember 1994, dem Kläger zugestellt am 6. Januar 1995, als unbegründet zurück.
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Am 30. Januar 1995 hat der Kläger Klage erhoben.
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Der Kläger hat die Ansicht vertreten, daß zwischen der Tätigkeit des Herrn L. als
Vorstandsmitglied und als Geschäftsführer zu differenzieren sei. Letztere Tätigkeit sei
die eines Arbeitnehmers. Da Herr L. insoweit einen Arbeitsplatz innehabe, könnten auch
die beantragten Zuschüsse nicht wegen der Arbeitgeberfunktionen des Herrn L. in
seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied verweigert werden.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 11. August 1994 und des
Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 1994 zu verpflichten, ihm auf seinen
Antrag vom 14. Juni 1994 einen Zuschuß aus Mitteln der Ausgleichsabgabe für die
Einrichtung des Arbeitsplatzes von Herrn N. L. zu gewähren.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte hat weiterhin die Auffassung vertreten, daß Herr L. wegen seiner
Organfunktionen als Arbeitgeber anzusehen sei, auch wenn er u.a. Tätigkeiten
ausführe, für die der Kläger ebenso einen Arbeitnehmer einstellen könne. Aus diesem
Grunde komme die begehrte Arbeitsplatzförderung nicht in Betracht.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch das am 6. November 1995 zugestellte
Urteil vom 17. Oktober 1995 abgewiesen, auf dessen Entscheidungsgründe wegen der
Einzelheiten Bezug genommen wird.
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Mit seiner rechtzeitig eingelegten Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein
erstinstanzliches Vorbringen. Er macht geltend, die vom Verwaltungsgericht angeführte
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Februar 1994 sei für den
vorliegenden Fall nicht ergiebig. Dieser weiche von der Fallkonstellation, die das
Bundesverwaltungsgericht habe beurteilen müssen, insoweit ab, als Herr N. L. eine
Doppelstellung innehabe: Er sei einmal Vorstandsmitglied des Vereins und zum
anderen „leitender Angestellter", der für die laufenden Geschäfte zuständig sei. Diese
Aufgabe sei mit derjenigen nicht identisch, die er als Mitglied des Organs des Klägers
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zu erfüllen habe. Als Vorstandsmitglied habe er nur eine Stimme bei der Abstimmung
über zu treffende Entscheidungen. Als er seinerzeit einstimmig zum Geschäftsführer des
Vereins bestellt worden sei, hätte der Vorstand statt seiner auch einen vereinsfremden
Dritten auswählen können, der dann zweifellos einen Arbeitsplatz im Sinne des § 7
SchwbG innegehabt hätte. Wenn angesichts der Person des Herrn L. etwas anderes
zugrundegelegt werde, bedeute dies eine Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund
und damit eine Verletzung des Gleichheitssatzes.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag zu
erkennen.
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Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
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Zur Begründung verweist er auf die ergangenen Bescheide und die Gründe des
angefochtenen Urteils.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens 24 A 2059/97 OVG NW
sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (ein Heft) Bezug
genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
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Die Klage ist zulässig, aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheides, auf
die Bezug genommen wird, jedoch unbegründet. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt
kein anderes Ergebnis.
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Der Geschäftsführer des Klägers, Herr N. L. , ist nicht auf einem Arbeitsplatz im Sinne
des § 7 Abs. 1 SchwbG beschäftigt.
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Arbeitsplätze im Sinne des Schwerbehindertengesetzes sind gemäß § 7 Abs. 1
SchwbG alle Stellen, auf denen Arbeiter, Angestellte, Beamte und Richter sowie
Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden.
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Erfaßt sind damit nur abhängig Beschäftigte. Soweit es um eine Beschäftigung als
Arbeiter oder Angestellter in der privaten Wirtschaft geht, kommt es darauf an, ob die
betreffende Stelle von einem Arbeitnehmer eingenommen wird.
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So schon zu § 5 des Gesetzes über die Beschäftigung Schwerbeschädigter
(Schwerbeschädigtengesetz) vom 16. Juni 1953 (BGBl. I S. 389):
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 16. Dezember 1959 - V C 138.57 -,
Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 10, 70.
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Wann ein Beschäftigter als Arbeitnehmer anzusehen ist, bestimmt sich auch im Rahmen
des § 7 Abs. 1 SchwbG nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen. In seinem die Frage, ob
ein GmbH-Fremdgeschäftsführer auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 7 Abs. 1
SchwbG beschäftigt ist, betreffenden Urteil vom heutigen Tage - 24 A 4419/95 - hat der
Senat insoweit ausgeführt:
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„Ob der schwerbehinderte Geschäftsführer einer GmbH als Arbeitnehmer anzusehen ist,
hat Bedeutung nicht nur im Rahmen des § 7 Abs. 1 SchwbG, sondern insbesondere
auch bei der Prüfung, ob der Sonderkündigungsschutz nach §§ 15 ff SchwbG eingreift.
Es spricht nichts dafür, im Rahmen der verschiedenen Vorschriften desselben Gesetzes
unterschiedliche Maßstäbe anzuhalten. Bei der Anwendung der §§ 15 ff SchwbG liegt
es indes schon wegen des systematischen Zusammenhangs mit dem
Kündigungsschutzrecht nahe, arbeitsrechtliche Grundsätze zugrunde zu legen und
insbesondere die Regelung des § 14 des Kündigungsschutzgesetzes zu beachten.
Nach dessen Abs. 1 Nr. 1 gelten die Vorschriften des ersten Abschnitts des
Kündigungsschutzgesetzes über den allgemeinen Kündigungsschutz nicht in Betrieben
einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das für die gesetzliche Vertetung
der juristischen Person berufen ist, und damit nicht für den Geschäftsführer einer GmbH,
weil dieser die Gesellschaft nach § 35 Abs. 1 GmbHG gerichtlich und außergerichtlich
vertritt.
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Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Auffassung vertreten, daß es eine
unverhältnismäßige Beschränkung der grundgesetzlich geschützten unternehmerischen
Direktionsbefugnisse bedeutete, wenn Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH für
die Kündigung eines Arbeitgeberfunktionen wahrnehmenden schwerbehinderten
Geschäftsführers auf die vorherige Zustimmung der Hauptfürsorgestelle angewiesen
wären.
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Für die Anwendung arbeitsrechtlicher Maßstäbe auch im Rahmen des § 7 Abs. 1
SchwbG spricht ferner, daß nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
der Begriff des Arbeitsplatzes jedenfalls insoweit dem „sonst im Arbeitsrecht üblichen"
entspricht, als darunter die Gesamtheit der dem Arbeitnehmer im Betrieb zugewiesenen
Tätigkeitsbereiche mit allen sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten zu
verstehen ist.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 1987 - 5 C 42.84 -, Buchholz 436.61 § 6 SchwbG
Nr. 1 , und Urteil vom 24. Februar 1994 - 5 C 44.92 -, DVBl 1994,1300.
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Nach allem ist es - anders als die Klägerin geltend macht - nicht erheblich, wie die
Stellung des Geschäftsführers einer GmbH nach dem Sozialversicherungsrecht zu
beurteilen ist.
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Dem hier gewonnenen Ergebnis, daß der Geschäftsführer einer GmbH unabhängig von
der Frage einer Beteiligung am Stammkapital und von der Ausgestaltung der
vertraglichen Beziehungen zur GmbH keinen Arbeitsplatz im Sinne des § 7 Abs. 1
SchwbG innehat, steht nicht entgegen, daß § 5 Abs. 2 Buchstabe b des
Schwerbeschädigtengesetzes vom 16. Juni 1953 (BGBl. I S. 389 ) als einschlägige
Vorgängerreglung durch Artikel I Nr. 2 des Gesetzes zur Weiterentwicklung des
Schwerbeschädigtenrechts vom 24. April 1974 (BGBl. I S. 981) nicht in die
entsprechende Regelung des § 7 Abs. 2 SchwbG übernommen worden ist.
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Im Ergebnis ebenso: Neumann/Pahlen, Schwerbehindertengesetz, 8. Auflage, § 7 Rdnr.
46.
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In § 5 Abs. 2 Schwerbeschädigtengesetz hieß es: „ Als Arbeitsplätze zählen nicht die
Stellen, auf denen beschäftigt sind .... b) in Betrieben einer juristischen Person die
Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen
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ist". Eine Differenzierung etwa nach einer wirtschaftlichen Beteiligung am Stammkapital
der in Rede stehenden Gesellschaft oder nach etwaigen Besonderheiten im
Innenverhältnis der juristischen Person war danach nicht vorgesehen. Bei
Zugrundelegung dieser Regelung konnte insbesondere auch ein Fremdgeschäftsführer
einer GmbH nicht als auf einem Arbeitsplatz im Sinne des Schwerbeschädigtenrechts
beschäftigt angesehen werden.
Als der Gesetzgeber bei der Verabschiedung des Schwerbehindertengesetzes im Jahre
1974 die frühere Regelung des § 5 Abs. 2 des Schwerbeschädigtengesetzes nicht in § 7
SchwbG übernommen hat, beabsichtigte er teilweise zwar auch eine Ausdehnung der
Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber (vgl. A. II. 6. der Begründung zum Gesetzentwurf
der Bundesregierung, Bundestagsdrucksache 7/656, S. 21). Das gilt jedoch nur
hinsichtlich der Streichung des § 5 Abs. 2 Buchstabe a des
Schwerbeschädigtengesetzes, dem eine Erweiterung des § 7 Abs. 1 SchwbG
gegenüber § 5 Abs. 1 des Schwerbeschädigtengesetzes hinsichtlich der
Schwerbehinderten entsprach, die ausgebildet oder umgeschult werden. Bezüglich der
übrigen gestrichenen Tatbestände des § 5 Abs. 2 SchwbG läßt sich den
Gesetzesmaterialien eine Ausdehnungsabsicht des Gesetzgebers nicht entnehmen.
Insoweit muß zugrunde gelegt werden, daß der Gesetzgeber keine Änderung des bis
dahin geltenden Rechts wollte, sondern den im Gesetz nicht mehr aufgeführten
Tatbeständen entweder keine praktische Bedeutung zugemessen hat oder - so im Falle
der hier in Rede stehenden Regelung des § 5 Abs. 2 Buchstabe b - als
selbstverständlich davon ausging, daß die Angehörigen des angesprochenen
Personenkreises keinen Arbeitsplatz im Sinne des Schwerbehindertenrechts besetzen.
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Wie hier: OVG Lüneburg, Urteile vom 22. Februar 1989 - 4 l 8 und 14/89 -,
Behindertenrecht 1989, 139 und 1990, 96.
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Daß nach den Vorstellungen des Gesetzgebers des Schwerbehindertengesetzes nicht
innerhalb des Kreises der Mitglieder des zur Vertetung der juristischen Person
berufenen Organs zu differenzieren ist, zeigen auch die Beratungen anläßlich der
Wiedereinführung einer Regelung über die Anrechnung von schwerbehinderten
Arbeitgebern auf einen Pflichtplatz (§ 9 Abs. 3 SchwbG heutiger Fassung). So heißt es
etwa in dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 19. Juni 1986
(Bundestagsdrucksache 10/5701, S.10): „Die Vorschrift gilt nur für natürliche Personen,
nicht für Arbeitgeber, die juristische Personen oder Personengesamtheiten sind. Ist der
Arbeitgeber eine juristische Person oder Personengesamtheit, sind schwerbehinderte
Mitglieder des Organs , das zur gesetzlichen Vertetung berufen ist, ebensowenig wie
schwerbehinderte Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft oder
schwerbehinderte Mitglieder einer anderen Personengesamtheit auf die Pflichtplatzzahl
anrechenbar." Diese Ausführungen zeigen zum einen, daß auf Seiten des Gestzgebers
auch in der Folgezeit gedanklich nicht zwischen verschiedenen Kategorien von
Organmitgliedern differenziert worden ist; zum anderen sprechen die im Rahmen des
Gesetzgebungsverfahrens zu § 9 Abs. 3 SchwbG angestellten Erwägungen dafür, daß
eine Erfassung der Organmitglieder über § 9 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 SchwbG ebenfalls
ausscheidet."
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Diese Ausführungen gelten für die vertretungsberechtigten Organe eines Vereins
entsprechend.
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Ob der mit Herrn N. L. vorliegend geschlossene Vertrag über seine Anstellung als
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Geschäftsführer ihn als solcher dazu verpflichtet, als Organ Arbeitgeberfunktionen
wahrzunehmen, kann offenbleiben. Das Gesetz sieht zwar in § 30 BGB vor, daß in der
Vereinssatzung bestimmt werden kann, daß neben dem Vorstand für gewisse Geschäfte
besondere Vertreter zu bestellen sind, und ein solcher Vertreter wäre auch als Organ
des Vereins anzusehen (vgl. § 31 BGB). In der vom Kläger im Verwaltungsverfahren
vorgelegten Satzung ist jedoch ein Geschäftsführer nicht vorgesehen. Organe des
Vereins sind nach dieser Satzung vielmehr allein die Mitgliederversammlung und der
Vorstand. Als Mitglied des Vorstands des Klägers gehört Herr N. L. indes jedenfalls zu
dessen vertretungsberechtigten Organen.
Nach § 14 Abs. 1 KSchG, der nach den obigen Ausführungen im vorliegenden
Zusammenhang zu beachten ist, gelten die Vorschriften des ersten Abschnitts des
Kündigungsschutzgesetzes über den allgemeinen Kündigungsschutz nicht 1. in
Betrieben einer juristischen Person für Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen
Vertretung der juristischen Person berufen ist, 2. in Betrieben einer Personenmehrheit
für die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der
Personengesamtheit berufenen Personen, und damit weder für die Vorstandsmitglieder
eines rechtsfähigen noch für die eines nichtrechtsfähigen Vereins.
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Vgl. Hueck, Kündigungsschutzgestz, 10. Auflage, § 14 Rdnrn. 3 und 4.
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Für Herrn N. L. ergibt sich danach, daß er als vertetungsberechtigtes Organ des Klägers
keinen Arbeitsplatz im Sinne des § 7 Abs. 1 SchwbG innehat.
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Etwas anderes gilt auch nicht etwa deshalb, weil er neben seiner Organstellung noch
eine weitere, dienstvertragliche Rechtsstellung aus seinem Anstellungsvertrag mit dem
Kläger hat. Vgl. zur entsprechenden Problematik beim schwerbehinderten
Geschäftsführer einer GmbH: BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1994 - 5 C 44.92 - DVBl
1994, 1300.
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Dies macht ihn deshalb nicht zum Arbeitnehmer, weil die ihm als Geschäftsführer durch
Anstellungsvertrag einerseits und als Vorstandsmitglied durch Satzung andererseits
zugewiesenen Aufgaben - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat -
weitgehend deckungsgleich sind. Auszuüben sind nach beiden Regelungen im
wesentlichen Arbeitgeberfunktionen. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall
von dem in der Literatur diskutierten Fall eines mit einem Anstellungsvertrag
ausgestatteten - an sich nicht geschäftsführungs- und vertretungsbefugten -
Kommanditisten einer KG,
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vgl. Gröninger, Schwerbehindertengesetz § 7 Rdnr. 4,
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oder auch von dem vom Kläger gebildeten Fall eines zugleich als Hausmeister tätigen
Vorstandsmitglieds.
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Selbst wenn man in Anlehnung an die Rechtsprechung der Sozialgerichte zum
Sozialversicherungsrecht eine abhängige Beschäftigung nur dann verneinen wollte,
wenn der Betroffene auf Grund seiner rechtlichen Position über seine Arbeitskraft, die
Arbeitszeit und den Arbeitsort frei verfügen kann, ohne insoweit Weisungen unterworfen
zu sein,
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vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 30. September 1992 - 11 Rar 79/91 -,
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Behindertenrecht 1993, 170,
spricht vorliegend alles dafür, daß auch diese Voraussetzungen erfüllt wären. Herr L. ist
als Vereinsgründer und 1. Vorsitzender des Vereins „Motor" des Klägers, von
maßgeblichem Einfluß auf die zu treffenden Entscheidungen und in der Gestaltung
seiner Arbeitsbedingungen weitgehend freigestellt.
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Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt - anders als der Kläger
geltend macht - nicht vor. Mit Hilfe des Schwerbehindertengesetzes sollen
Schwerbehinderte in das Erwerbsleben eingegliedert werden. Angesichts dessen ist ein
Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht gegeben, wenn die Vergünstigungen des
Schwerbehindertenrechts ausschließlich Arbeitnehmern ohne organschaftliche Stellung
zugute kommen. Vgl. zum Gleichbehandlungsgrundsatz im Schwerbehindertenrecht:
BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 1987 - 5 C 42.84 -, Buchholz, Sammel- und
Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts 436.61 § 6
SchwbG Nr. 1, und Urteil vom 24. Februar 1994 - 5 C 44.92 -, DVBl. 1994, 1300.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 VwGO.
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Die Revision hat der Senat gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen der grundsätzlichen
Bedeutung der Frage zugelassen, ob arbeitsrechtliche Grundsätze gelten, wenn
festgestellt werden muß, ob ein bestimmter Beschäftigter einen Arbeitsplatz im Sinne
des § 7 Abs. 1 SchwbG einnimmt.
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