Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 09.12.2010

OVG NRW (verwaltungsgericht, antragsteller, beurteilung, polizei, annahme, begründung, abweichung, wert, gkg, veränderung)

Oberverwaltungsgericht NRW, 6 B 1044/10
Datum:
09.12.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 B 1044/10
Schlagworte:
Beförderung Polizei Regelbeurteilung Beurteilungsmaßstab
Vergleichsgruppe Richtsätze Abweichungsbegründung
Leitsätze:
Erfolgloser Antrag eines Polizeikommissars auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Verpflichtung des Dienstherrn,
freie Beförderungsplanstellen der Besoldungsgruppe A 10 BBesO
vorläufig nicht mit den Beigeladenen zu besetzen.
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit
Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese
jeweils selbst tragen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
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Aus den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen, die der Senat gemäß §
146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, ergibt sich nicht, dass das
Verwaltungsgericht dem erstinstanzlich gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung hätte stattgeben müssen.
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Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Auswahlentscheidung zu Gunsten der
Beigeladenen sei nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner habe ihr zu Recht die
dienstliche Regelbeurteilung des Antragstellers vom 18. November 2008 zu Grunde
gelegt. Die vom Antragsteller gegen diese Beurteilung erhobenen Rügen griffen nicht
durch. Zur weiteren Begründung hat es auf sein Urteil vom 28. Juni 2010 - 1 K 1212/09 -
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Bezug genommen. Dort hat es ausgeführt, die Beurteilung stehe im Einklang mit den
Beurteilungsrichtlinien im Bereich der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen in der
hier maßgeblichen Fassung des Runderlasses des Innenministeriums des Landes
Nordrhein-Westfalen vom 25. Januar 1996 - IV B 1 - 3034H - i.d.F. der Änderung vom
19. Januar 1999 (BRL Pol a.F.). Durch die Erlasse des Innenministeriums des Landes
Nordrhein-Westfalen vom 3. Juli und 6. November 2008 sei nicht unter Abweichung von
diesen Richtlinien eine "landesweite Vergleichsgruppe" gebildet worden. Diese Erlasse
hätten zum Beurteilungsstichtag 1. August 2008 auch nicht zu einer vom Wortlaut der
Nr. 8.2.2 BRL Pol a.F. abweichenden Verwaltungspraxis geführt. Nicht sämtliche
Kreispolizeibehörden des Landes Nordrhein-Westfa-len hätten die in den Erlassen für
die 4- und 5-Punkte-Beurteilungen angegebenen Vomhundertsätze als strikt
einzuhaltende Quoten verstanden. Das Polizeipräsidium F. habe bei der Festlegung
der jeweiligen Gesamtnote die in Nr. 8.2.2 BRL Pol a.F. genannten Richtsätze weiterhin
lediglich als Orientierungsrahmen berücksichtigt. Es sei auch hinsichtlich der
Beurteilung des Antragstellers vom 18. November 2008 von seinem bisherigen
Verständnis der Richtsatzanwendung ausgegangen. Die Beurteilung genüge ferner den
Begründungsanforderungen der Nrn. 8.1 Abs. 2 und 9.2 Abs. 2 BRL Pol a.F.
Die hiergegen gerichteten Einwände des Antragstellers rechtfertigen die begehrte
Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht.
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Soweit der Antragsteller sinngemäß rügt, die Annahme des Verwaltungsgerichts, das
Polizeipräsidium F. habe bei der Festlegung der Gesamtnoten die Richtsätze
lediglich als Orientierungsrahmen berücksichtigt und habe damit die in den genannten
Erlassen angegebenen Vomhundertsätze nicht als strikt einzuhaltende Quoten
verstanden, gründe auf bloßen Mutmaßungen, lässt er außer Acht, dass das
Verwaltungsgericht für diese Annahme Belege angeführt hat. So hat es auf das die
Maßstabsbesprechungen betreffende Protokoll vom 24. Juni 2008, auf die Ergebnisse
der Endbeurteilungen sowie auf den Schriftwechsel zwischen dem Polizeipräsidium
F. und dem Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der
Polizei Nordrhein-Westfalen (LAFP) hingewiesen.
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Die Aussagekraft dieser Belege wird durch das weitere Beschwerdevorbringen nicht
durchgreifend in Zweifel gezogen. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die
Ergebnisse der Endbeurteilungen beim Polizeipräsidium F. wiesen in weiten
Bereichen quer durch die Besoldungsgruppen A 9, A 10, A 11 und A 12 BBesO
spürbare Abweichungen von den Richtsätzen auf. Es ergäben sich sowohl deutliche
Überschreitungen als auch Unterschreitungen. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht
berücksichtigt, dass in Nr. 8.2.2 BRL Pol a.F. kein gemeinsamer Richtsatz für die 5- und
4-Punkte-Beurteilungen, sondern ein Richtsatz für die 5-Punkte-Beurteilungen und ein
weiterer Richtsatz für die 4-Punkte-Beurteilungen angegeben ist. Folgerichtig hat es die
4- bzw. 5-Punkte-Beurteilungen jeweils gesondert betrachtet. Schon vor diesem
Hintergrund ist der Einwand des Antragstellers verfehlt, die Summe der 4- und 5-Punkte-
Beurteilungen pendele sich "immer sehr nah bei dem vorgegebenen Richtwert",
gemeint ist offensichtlich der Wert, der sich aus einer Addition des für 4- und des für 5-
Punkte-Beurteilungen in Nr. 8.2.2 BRL Pol a.F. genannten Richtsatzes ergibt, ein. Im
Übrigen wird dieser Wert jedenfalls in der Vergleichsgruppe A 9 BBesO, zu der auch der
Antragsteller gehört, deutlich überschritten.
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Es trifft zwar zu, dass, wie der Antragsteller im Weiteren anführt, das Polizeipräsidium
F. , nachdem es vom LAFP um eine Korrektur oder eine ergänzende aussagekräftige
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Begründung zu den Richtsatzüberschreitungen gebeten worden war, fünf
Beurteilungsentwürfe im Bereich der Vergleichsgruppe A 10 BBesO geändert und damit
die Anzahl der Prädikatsbeurteilungen in diesem Bereich verringert hat. Auch dies
zwingt jedoch nicht zu dem Schluss, dass, wie der Antragsteller zu meinen scheint, das
Polizeipräsidium F. die in den genannten Erlassen für die 4- und 5-Punkte-
Bewertungen angegebenen Vomhundertsätze als - strikt einzuhaltende - Quoten
verstanden hat bzw. dass die Anwendung der Richtsätze nicht im Einklang mit Nr. 8.2.2
BRL Pol a.F. erfolgt ist. Das Gegenteil unterstreicht nicht zuletzt sein Schreiben vom 10.
Oktober 2008 an das LAFP, in dem es weitere Änderungen ablehnt und anmerkt, dass
"es sich bei der Vorschrift der Ziffer 8.2.2 der Beurteilungsrichtlinien der Polizei NRW
um einen Orientierungsrahmen handelt, der gemäß Abs. 2, Satz 1, 2. Teilsatz nicht dazu
führen darf, dass dadurch die Zuordnung der jeweils zutreffenden Gesamtnote
verhindert wird".
Nach alledem gibt das Beschwerdevorbringen für die Annahme des Antragstellers, das
LAFP habe in zu beanstandender Weise Einfluss auf das Beurteilungsverfahren
genommen, nichts her. Soweit der Antragsteller überdies eine Einflussnahme des LAFP
auf seine Regelbeurteilung vom 18. November 2008 rügt und auch insoweit die vom
LAFP am 8. Oktober 2008 erbetene nachträgliche Korrektur anführt, lässt er
unberücksichtigt, dass das Polizeipräsidium F. an dem zuvor erstellten
Beurteilungsentwurf festgehalten hat.
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Die die Begründung nach Nr. 8.1 Abs. 2 BRL Pol a.F. betreffenden Einwände des
Antragstellers rechtfertigen die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses
ebenfalls nicht. Seine Rüge, der Antragsgegner habe entgegen den Ausführungen des
Verwaltungsgerichts nicht nachvollziehbar aufgezeigt, dass er, insbesondere was das
Sozialverhalten betreffe, während seiner Tätigkeit bei der Polizeiwache Mitte, nur den
Anforderungen im Allgemeinen entsprochen habe, bleibt ohne jede Erläuterung und
genügt schon damit nicht den Darlegungsanforderungen (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3
VwGO). Soweit er weiter anführt, das Verwaltungsgericht habe sich ausschließlich auf
die "Beurteilung des EPHK L. " - gemeint ist offensichtlich dessen
Beurteilungsbeitrag vom 5. Juli 2007- gestützt, irrt er. Unverständlich ist überdies sein
Einwand, dieser Beurteilungsbetrag hätte kritisch hinterfragt werden müssen, weil er in
der Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Oktober 2005 "im Sozialverhalten erheblich
besser abgeschnitten" habe. Die Bewertungen der zum Hauptmerkmal
"Sozialverhalten" gehörenden Submerkmale in der Vorbeurteilung zum Stichtag
1. Oktober 2005 weichen gegenüber den entsprechenden Bewertungen im
Beurteilungsbeitrag vom 5. Juli 2007 lediglich um einen Punkt ab. Eine solche
Abweichung liegt, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angemerkt hat, nicht
außerhalb der Lebenserfahrung. Zudem sind die im Beurteilungsbeitrag vom 5. Juli
2007 enthaltenen Bewertungen umfassend und nachvollziehbar erläutert worden. Auch
die hiergegen gerichteten Einwände des Antragstellers sind nach wie vor nicht
hinreichend substantiiert.
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Die Einwände, die die Abweichungsbegründung nach Nr. 9.2 Abs. 2 BRL Pol a.F.
betreffen, sind ebenfalls nicht nachvollziehbar. Es obliegt dem Endbeurteiler, der den
erforderlichen Überblick über die gesamte Vergleichsgruppe hat, für die Anwendung
eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabes zu sorgen (vgl. Nr. 9.2 Abs. 1 BRL Pol a.F.).
Hat der Erstbeurteiler einen abweichenden - sei es einen zu wohlwollenden, sei es
einen zu strengen - Beurteilungsmaßstab angelegt, ist es gerade Aufgabe des
Endbeurteilers, für eine Korrektur zu sorgen und seine Abweichung von der
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Erstbeurteilung in einer den Anforderungen der Nr. 9.2 Abs. 2 BRL Pol a.F. genügenden
Weise zu begründen. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass das Vorgehen der
Endbeurteilerin insoweit zu beanstanden sein könnte, sind dem Beschwerdevorbringen
nicht zu entnehmen. Unzutreffend ist die Annahme des Antragstellers, das
Verwaltungsgericht habe die Veränderung der maßgeblichen Vergleichsgruppe, die auf
der Zusammenlegung des Polizeipräsidiums N. an der S. und des
Polizeipräsidiums F. gründe, als Plausibilisierung ausreichen lassen. Das
Verwaltungsgericht hat lediglich ausgeführt, der Antragsgegner habe durch die
Darstellung dieser Veränderung seine Abweichungsbegründung ergänzend
plausibilisiert.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die
Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3
Satz 3 GKG).
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