Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 28.10.2010

OVG NRW (verwaltungsgericht, zulassung, begründung, beitrag, arzneimittel, vorschrift, wirksamkeit, sinusitis, prüfung, antrag)

Oberverwaltungsgericht NRW, 13 A 2080/09
Datum:
28.10.2010
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
13 A 2080/09
Tenor:
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil
des Verwaltungsgerichts Köln vom 21. Juli 2009 wird auf ihre Kosten
zurück-ge¬wie¬sen.
Der Streitwert wird für das Zulassungsver¬fah¬ren auf 30.000,- Euro
festgesetzt.
G r ü n d e :
1
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
2
Die von der Klägerin geltend gemachten und sinngemäß auf die sie belastenden Teile
des erstinstanzlichen Urteils beschränkten Zulassungsgründe, die gemäß § 124a Abs. 5
Satz 2 VwGO nur im Rahmen der Darlegungen der Klägerin zu prüfen sind, liegen nicht
vor.
3
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen
Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
4
Zur Begründung seines klageabweisenden Urteils hat das Verwaltungsgericht
ausgeführt: Die mit dem ersten Hauptantrag begehrte Verlängerung der Zulassung des
Arzneimittels sei schon deshalb zwingend zu versagen, weil die Klägerin dem gerügten
Mangel der fehlenden Kombinationsbegründung nicht innerhalb der ihr gesetzten
Mängelbeseitigungsfrist abgeholfen habe. Eine den gesetzlichen Anforderungen
genügende Kombinationsbegründung habe die Klägerin nicht vorgelegt. Den
erforderlichen positiven Beitrag des arzneilich wirksamen Bestandteils Syphytum D6 für
das hier im Streit stehende Kombinationsarzneimittel "P. -F. " habe die Klägerin
im Hinblick auf die Indikationen Nasennebenhöhlenentzündungen und
Kieferentzündungen nicht hinreichend begründet. Bei diesen Indikationen handele es
sich um selbständige Anwendungsgebiete, die nicht einem von der Klägerin benannten
Krankheitsbild einer "dentalen Sinusitis" unterfielen, was maßgeblich aus dem von der
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Klägerin selbst formulierten Wortlaut der Anwendungsgebiete folge.
Auch der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Entscheidung über die Indikation
"Zur ausleitenden Begleittherapie von Zahnherden und davon ausgehenden Kiefer- und
Nebenhöhlenentzündungen" sei unbegründet, da für die Erhebung eines solchen
Anspruchs, der nicht eine bloße Reduzierung der fiktiv zugelassenen
Anwendungsgebiete betreffe, zunächst eine Änderungsanzeige für das
Anwendungsgebiet des Arzneimittels beim BfArM hätte erfolgen müssen. Im Übrigen
fehle es aber auch für die neu geltend gemachte Indikation an einer ausreichenden
Wirksamkeitsbegründung der einzelnen Bestandteile des Arzneimittels.
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Schließlich seien die von der Klägerin angegriffenen Auflagen M2 und M5 rechtmäßig.
Das BfArM sei zur Prüfung und Bewertung des in die Packungsbeilage
aufgenommenen Freitextes nach den §§ 77, 28 AMG befugt. Pflichtangaben und weitere
Angaben stünden in einem untrennbaren Zusammenhang, so dass deren Überprüfung
durch eine Behörde erfolgen müsse. Das BfArM habe wegen eines vorliegenden
Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 Satz 5 und § 8 Abs. 1 Nr. 2a AMG die
streitgegenständliche Auflage M5 erlassen dürfen.
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Die dagegen erhobenen Einwände zeigen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der
angefochtenen Entscheidung nicht auf.
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Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, die Klägerin habe keinen Anspruch
auf Neubescheidung ihres Antrags auf Verlängerung der fiktiven Zulassung, weil sie
keine ausreichende Kombinationsbegründung vorgelegt habe.
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Nach § 105 Abs. 4f Satz 1 i. V. m. §§ 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5a, 22 Abs. 3a AMG ist die
Verlängerung der Zulassung zu versagen, wenn bei einem Arzneimittel, das mehr als
einen Wirkstoff enthält, eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder Wirkstoff einen
Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet. Danach verlangt das Gesetz
zwar keinen Nachweis des positiven Beitrags jedes arzneilich wirksamen Bestandteils,
aber eine entsprechende Begründung. Der Beitrag muss entweder die Wirksamkeit des
Präparats in der vorgegebenen Indikation fördern oder unerwünschten Effekten
entgegenwirken. Ausreichend dafür ist, dass der therapeutische erwünschte
Wirkungseintritt früher erreicht, verstärkt, verlängert oder der erstrebte Heilerfolg mit
geringerer Menge der Wirksubstanz erreicht wird.
10
Vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Oktober 1993 - 3 C 21.91 -, BVerwGE 94, S.
215 = NJW 1994, S. 2433 und vom 16. Oktober 2003 - 3 C 28.02 -, NVwZ-
RR 2004, S. 180; Kloesel/ Cyran, Arzneimittelrecht, Kommentar, Stand: 115.
EL. (November 2009), § 25 AMG Anm. 85.
11
Die der Behörde obliegende Darlegung der unzureichenden Begründung geschieht
dadurch, dass das Bundesinstitut die fehlende oder fehlerhafte Schlussfolgerung in der
Begründung des Antragstellers aufzeigt, das Forschungsergebnis benennt, zu dem sich
der Antragsteller nicht geäußert hat, oder die inhaltliche Unrichtigkeit einer wesentlichen
Unterlage nachweist.
12
Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 16. Oktober 2003 3 C 28.02 -, a.a.O., und
vom 16. Oktober 2008 - 3 C 23.07-, Buchholz 418.32 AMG Nr. 53; OVG
NRW, Beschluss vom 30. Juni 2009 - 13 A 3419/07 -, jeweils auch juris.
13
Die Pflicht zur Begründung gilt auch für homöopathische Kombinationspräparate im
Nachzulassungsverfahren, wobei hier die Besonderheiten dieser Therapierichtung
Berücksichtigung finden.
14
Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2008 - 3 C 23.07 -, a.a.O.; OVG NRW,
Urteil vom 29. April 2008 - 13 A 4996/04 -, juris.
15
Aus der das Nachzulassungsverfahren für Arzneimittel der homöopathischen
Therapierichtung erleichternden Vorschrift des § 105 Abs. 4a Satz 2 AMG, wonach dem
Antrag auf Verlängerung der Zulassung die in § 22 Abs. 2 und 3 sowie § 24 Abs. 1 Satz
2 Nr. 2 AMG genannten Unterlagen nicht beigefügt werden müssen, folgt indessen nicht,
dass für homöopathische Arzneimittel im Nachzulassungsverfahren auf die
Kombinationsbegründung verzichtet werden kann.
16
Eingehend dazu OVG NRW, Urteil vom 29. April 2008 - 13 A 4996/04 -,
juris.
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Die für die homöopathische Therapierichtung geltenden Besonderheiten ergeben sich
aus den Bewertungskriterien der Kommission D nach § 25 Abs. 6 und 7 AMG für fixe
Kombinationen homöopathischer Einzelmittel vom 24. April 1997 (Bundesanzeiger Nr.
100 vom 5. Juni 1997, S. 6724) und den Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen
Indikationen in der Homöopathie vom 9. Oktober 2002 (Abdruck bei Kloesel/ Cyran,
a.a.O., A.2.13 g). Auf die ihnen zukommende Qualität als antizipierte
Sachverständigengutachten hat das Verwaltungsgericht hingewiesen.
18
Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2008 - 3 C 23.07 -, a.a.O. und
Beschluss vom 8. Januar 2007 - 3 B 16.06 -, PharmR 2007, S. 159. OVG
NRW Beschluss vom 7. August 2009 - 13 A 2362/08 -, juris.
19
Danach müssen sich die Arzneibilder der homöopathisch wirksamen Einzelbestandteile
hinsichtlich des Indikationsanspruchs gleichen oder ergänzen, was in erster Linie
anhand der Monographien der Einzelstoffe zu belegen ist.
20
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze und Maßstäbe hat das Verwaltungsgericht
zutreffend festgestellt, dass der positive Beitrag des Wirkstoffs Symphytum D6 zu den
Wirkungen des Kombinationspräparats bei Nebenhöhlenentzündungen und
Kieferentzündungen nicht ausreichend begründet sei.
21
Das Verwaltungsgericht hat die beiden letztgenannten Indikationsansprüche zu Recht
nicht als Gesamtbild eines übergeordneten Krankheitsbildes oder Syndroms, sondern
als jeweils eigenständige Anwendungsgebiete angesehen und dabei maßgeblich auf
die von der Klägerin gewählte Formulierung abgestellt. Das Anwendungsgebiet eines
Arzneimittels wird in den Zulassungsunterlagen durch den pharmazeutischen
Unternehmer vorgegeben (vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 6 AMG) und muss einen
Krankheitszustand, eine Funktionsstörung, ein Syndrom oder eine pathologische
Einheit bekannter Art betreffen.
22
Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 20. Juni 2007 - 13 A 744/06 - zur
Bestimmung des Anwendungsbereichs durch den pharmazeutischen
Unternehmer; VG Köln, Urteil vom 4. Juli 2006 - 7 K 5010/01 -; s:
23
Kloesel/Cyran, a. a. 0., § 22 Anm. 35.
Es umschreibt die Zweckbestimmung des Arzneimittels und verdeutlicht so dem
betroffenen Patientenkreis den Nutzen seiner Anwendung. Als Teil der vom BfArM zu
treffenden Zulassungsentscheidung bildet das angegebene Anwendungsgebiet die
Grundlage für die Prüfung der therapeutischen Wirksamkeit und Unbedenklichkeit. Nach
der Konzeption des Arzneimittelgesetzes als Verbraucherschutzgesetz muss der
Verbraucher davon ausgehen können, dass das normativ vorgegebene Maß an
Gewissheit über die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit bezogen auf den angegebenen
Anwendungsbereich nach behördlicher Prüfung vorliegt.
24
Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 23. Mai 2007 - 13 A 3657/04 -, juris.
25
Diesem Verbraucherinteresse trägt das Arzneimittelgesetz durch verschiedene
Informationspflichten (gegenüber den Verbrauchern selbst, aber auch gegenüber
Fachkreisen und Behörden) Rechnung: die Anwendungsgebiete sind nach § 11 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 AMG in der Packungsbeilage anzugeben, was vor allem für die ohne
ärztliche Konsultation erfolgende Selbstmedikation der Verbraucher von Interesse ist. In
die Fachinformation sind nach § 11a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4.a) AMG ebenfalls die
Anwendungsgebiete aufzunehmen.
26
Vgl. dazu Hasskarl, Sicherheit durch Imformation im Arzneimittelrecht, in:
NJW 1988, S. 2265 (2266 - 2268).
27
Dem den Anwendungsgebieten eines Arzneimittels zukommenden Gewicht hat der
Gesetzgeber Rechnung getragen, indem gemäß § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AMG die
Änderung der Anwendungsgebiete grundsätzlich eine erneute Zulassung des
Arzneimittels erforderlich macht. Aus diesen Anforderungen folgt, dass die
Anwendungsgebiete eines Arzneimittels mit größtmöglicher Klarheit für den
Verbraucher, aber auch wissenschaftlicher Genauigkeit mit Blick auf den Fachanwender
formuliert werden müssen. So sollen die Diagnosen möglichst dem üblichen ärztlichen
Sprachgebrauch entsprechen.
28
Vgl. auch Kloesel/ Cyran, a. a. O., § 22 Anm. 35.
29
Soweit eine Formulierung nicht eindeutig ist, kann sie nach allgemeinen Grundsätzen
mit Blick auf das vorrangige gesetzgeberische Ziel des Patienten- und
Verbraucherschutzes ausgelegt werden. Dabei kommt es ebenso wenig auf die
subjektiven Vorstellungen des pharmazeutischen Unternehmers, der die Formulierung
des Anwendungsgebietes durch seinen arzneimittelrechtlichen Zulassungsantrag
regelmäßig zu vertreten hat, wie auf die eines konkreten, individuellen Verbrauchers an,
sondern auf den objektivierten Empfängerhorizont, mithin die Sichtweise eines
durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers.
30
Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 12. August 2009 - 13 A 2147/06 -, zur
Bezeichnung eines Arzneimittel; VG Köln, Urteil vom 20. Januar 2006 - 18 K
7023/03 - zum subjektiven Verständnis einer Indikation (hier: eines
pharmazeutischen Unternehmers), jeweils juris.
31
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist das Verwaltungsgericht zu dem zutreffenden
Ergebnis gelangt, aus der von der Klägerin vorgegebenen Formulierung der
32
Anwendungsgebiete könne nur auf eine Aneinanderreihung selbständiger Indikationen
geschlossen werden. Das ergibt sich in der Tat aus den auf derselben sprachlich-
textlichen Ebene nacheinander aufgeführten drei Indikationen, ohne dass ein
übergeordneter Bezug der in der Mitte der Aufzählung genannten Indikation "operative
Entfernung von Zahnherden" zu den beiden anderen Indikationen erkennbar wäre. Den
von der Klägerin aufgeworfenen Fragen, ob eine solche übergeordnete Funktion der
Indikation "operative Entfernung von Zahnherden" im Sinne einer "dentalen Sinusitis"
medizinisch möglich ist und für den "ärztlich-klinischen Blick" sogar naheliegt, muss
nicht nachgegangen werden. Denn jedenfalls für den verständigen (aber in
medizinischen Fragen regelmäßig laienhaft denkenden) Durchschnittsverbraucher
drängt sich der in der Zulassungsbegründungsschrift behauptete Schluss einer
einheitlichen Indikation nicht auf, weil ein solcher Schluss weder durch als allgemein
vorauszusetzende Kenntnisse oder solches Erfahrungswissen vorausgesetzt werden
kann noch in der textlichen Formulierung ansatzweise einen Niederschlag gefunden
hat. Ob die Klägerin bereit war, eine Umformulierung der Indikationen vorzunehmen, ist
unerheblich. Da sie ihren Zulassungsantrag jedenfalls nicht entsprechend geändert hat,
kann auch nur dieser unveränderte Antrag bei der gerichtlichen Überprüfung
Berücksichtigung finden.
Da sich für den im Arzneimittel "P. -F. " enthaltenen Wirkstoff Symphytum
dessen positiver Beitrag jedenfalls nicht für die im oben beschriebenen Sinne zu
verstehenden Anwendungsgebiete Nebenhöhlenentzündungen und
Kieferentzündungen aus der Aufbereitungsmonographie ableiten ließ - diese nennt
"Knochen- und Knochenhautverletzungen" - war nach den Bewertungskriterien der
Kommission D vom 24. April 1997 (Abs. 3 der Ziffer 1 unter "Anforderungen") die
Vorlage zusätzlichen wissenschaftlichen Erkenntnismaterials für die Begründung der
Wirksamkeit des Kombinationspräparats erforderlich, wozu nach den Erleichterungen
des § 22 Abs. 3 AMG vor allem nach wissenschaftlichen Methoden aufbereitetes
Erkenntnismaterial im Sinne von § 26 Abs. 2 Satz 2 AMG zählt, etwa aussagekräftige
Anwendungsbeobachtungen des homöopathischen Mittels. Allerdings muss das im
Rahmen eines Nachzulassungsverfahrens - auch für homöopathische Arzneimittel -
eingereichte Erkenntnismaterial nach Sinn und Zweck des § 22 Abs. 3 AMG ein
Gewicht haben, das in etwa dem der Ergebnisse nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3
AMG entspricht.
33
OVG NRW, Urteil vom 23. Mai 2007 - 13 A 328/04 -, m.w.N. und Beschlüsse
vom 7. August 2009 - 13 A 2362/08 - und 10. Juli 2009 - 13 A 3252/07 - juris.
34
Diesen Anforderungen gerecht werdendes Erkenntnismaterial hat die Klägerin nicht
vorgelegt. Zu den vorgelegten Kombinationsbegründungen vom 6. September 1999, 27.
Januar 2000 und 18. Mai 2006 hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, die
angeführten Literaturangaben zum Arzneimittelbild von Symphytum seien deshalb nicht
ausreichend, weil sie bereits Eingang in die Monographie der Kommission D gefunden
hätten, danach (und das heißt nach dem Selbstverständnis der homöopathischen
Therapierichtung) aber den versagten Indikationsanspruch der Klägerin nicht stützen
könnten. Nichts anderes gilt für die vorgelegte Anwendungsbeobachtung und die
Fallstudien. Unabhängig von deren inhaltlicher Ergiebigkeit im Übrigen wird dadurch
jedenfalls ein Beitrag des Wirkstoffs Symphytum zu den versagten
Anwendungsgebieten nicht begründet. Dass die Anforderungen an die
Kombinationsbegründung im Sinne von § 22 Abs. 3a AMG nicht erfüllt sind, wenn man
Nebenhöhlenentzündungen und Kieferentzündungen als eigenständige
35
Anwendungsgebiete ansieht, stellt die Klägerin selbst wohl weder im erstinstanzlichen
noch im Verfahren auf Zulassung der Berufung in Abrede.
Die Rechtssache hat auch nicht die ihr von der Klägerin beigemessene grundsätzliche
Bedeutung (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), da sich die aufgeworfenen Fragen ohne
Durchführung eines Berufungsverfahrens beantworten lassen. Über den vorliegenden
Einzelfall hinausgehende, verallgemeinerungsfähige Fragen tatsächlicher oder
rechtlicher Art, die der Rechtsfortbildung und/ oder Rechtsvereinheitlichung dienlich und
in der Berufung klärungsbedürftig und klärungsfähig sind, liegen nicht vor.
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Dies gilt zunächst im Hinblick darauf, ob der Klägerin der hilfsweise geltend gemachte
Anspruch auf Entscheidung über die im gerichtlichen Verfahren geänderte Indikation
"Zur ausleitenden Begleittherapie von Zahnherden und davon ausgehenden Kiefer-
oder Nebenhöhlenentzündungen" ohne vorausgegangene Änderungsanzeige
gegenüber dem BfArM im behördlichen Verfahren zusteht, weil die Beantwortung dieser
Frage für den Ausgang des Rechtsstreits in einem Berufungsverfahren unerheblich
wäre. Denn nach den oben aufgezeigten Maßstäben zur Kombinationsbegründung im
Sinne von § 22 Abs. 3a AMG ist der Beitrag jedenfalls des Mittels Symphytum auch für
die geänderte Indikation nicht ausreichend begründet, wie das Verwaltungsgericht
ausführt hat. Für die geänderte Indikation "Zahnherde" (mit Folgeerkrankungen) ist die
in der Monographie beschriebene Wirkung "Knochen- und Knochenhautverletzungen"
ebenfalls nicht hinreichend. Soweit die Klägerin in der Zulassungsbegründung vorträgt,
eine "dentogene Sinusitis" gehe nahezu immer mit einer Verletzung des Knochens
einher, fehlt es an Belegen für die Übereinstimmung der Indikationen "Zahnherde und
davon ausgehende Kiefer- oder Nebenhöhlenentzündungen" und "dentogene Sinusitis"
sowie an Belegen für eine dabei notwendig auftretende Knochenverletzung im Sinne
der Monographie für Symphytum.
37
Die grundsätzliche Bedeutung der Sache folgt auch nicht aus der von der Klägerin in
Frage gestellten Zuständigkeit des BfArM für die Prüfung, ob in der Packungsbeilage
eines Arzneimittels enthaltene, nach dem Arzneimittelgesetz nicht notwendige Angaben
der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 5 AMG entsprechen. Diese
38
Rechtsfrage lässt sich ohne größere Auslegungsaufwendungen aus dem Gesetz
beantworten. Das Verwaltungsgericht hat hierzu unter Bezugnahme auf seine frühere
Rechtsprechung,
39
vgl. VG Köln, Urteil vom 21. Juli 2009 - 7 K 4046/08 -, juris,
40
ausgeführt, die Norm des § 28 Abs. 2 Nr. 2 AMG müsse das BfArM als einer
zuständigen Behörde zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Pflicht- und freiwilligen
Angaben in der Packungsbeilage ermächtigen. Bereits der Wortlaut der Vorschrift
differenziere hier nicht; nach Sinn und Zweck der Vorschrift könne die
Prüfungszuständigkeit für die in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden
Angaben nicht auseinanderfallen. Dem ist die Klägerin in ihrer Zulassungsbegründung
nicht mit schlüssigen Gegenargumenten entgegengetreten. Die Klägerin beschränkt
sich darin auf allgemeine Ausführungen zur Abgrenzung der dem BfArM nach § 77 AMG
zugewiesenen Kompetenzen von der (ordnungsrechtlichen) Zuständigkeit der
Landesbehörden nach § 64 AMG,
41
vgl. dazu allgemein auch Fleischfresser, in: Fuhrmann/ Klein/
42
Fleischfresser, Handbuch für die pharmazeutische Praxis, 2010, § 5 Rn. 28 -
29,
ohne auf die ermächtigende Vorschrift des § 28 Abs. 2 Nr. 2 AMG und die dort normierte
Zuständigkeit zur Anordnung von Auflagen im Hinblick auf die Packungsbeilage
einzugehen.
43
In der Sache hat die Klägerin die Bewertung des Verwaltungsgerichts, das BfArM habe
die Auflage M2 auf § 28 Abs. 2 Nr. 3 AMG in entsprechender Anwendung und die
Auflage M5 auf § 28 Abs. 2 Nr. 5 AMG stützen können, nicht angegriffen. Unabhängig
davon hält der Senat die entsprechenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts für
zutreffend.
44
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
45
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG und
berücksichtigt den Umfang des mit dem Zulassungsantrag verfolgten Klagebegehrens.
Der Senat hält den vom Verwaltungsgericht gewählten Wertansatz von jeweils 10.000,-
Euro für die beiden Teilindikationen "Nasennebenhöhlenentzündungen" und "
Kieferentzündungen" für zutreffend. Zwar ist nach der Rechtssprechung des Senats im
Fall der Versagung einer Teilindikation regelmäßig von der Hälfte des pauschalierten
Streitwertes von 50.000,- Euro für Zulassungsstreitigkeiten, mithin von 25.000,- Euro
auszugehen,
46
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Juli 2010 - 13 A 1042/09 -, juris.
47
Der vorliegende Fall rechtfertigt aber eine Abweichung im Hinblick auf den Vortrag der
Klägerin, es handele sich bei den Anwendungsgebieten des Arzneimittels um ein
Gesamtkrankheitsbild. Das darin aus der Sicht der Klägerin zum Ausdruck kommende
geringere Gewicht der versagten Teilindikationen wird auch durch die Stellung des
Hilfsantrags offenbar, in der die beiden versagten Teilindikationen (nur noch) als Folge
der Indikation "Zahnherde" genannt sind.
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Gemeinsam mit dem Wertansatz für die Auflagen M2 und M5, den der Senat mit jeweils
5.000,- bemisst, ergibt sich der Streitwert von 30.000,- Euro.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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