Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 19.05.2004

OVG NRW: gemeinde, windkraftanlage, ausweisung, windenergie, befreiung, ausschluss, aussonderung, landschaft, gerichtsakte, rechtfertigung

Oberverwaltungsgericht NRW, 7 A 3368/02
Datum:
19.05.2004
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 A 3368/02
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Arnsberg, 4 K 2210/01
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die mit Bauvoranfrage vom
10. Oktober 2000 begehrte Bebauungsgenehmigung zur Errichtung
einer Windkraftanlage - unter Ausklammerung der forstrechtlichen
Fragen - zu erteilen.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt der Beklagte mit
Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht
erstattungsfähig sind. Die im Berufungsverfahren angefallenen
Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der
Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte; ihre eigenen im
Berufungsverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten tragen sie
jeweils selbst.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Bebauungsgenehmigung - unter Ausklammerung
der forstrechtlichen Fragen - für die Errichtung einer Windkraftanlage.
2
Mit Bauvoranfrage vom 10. Oktober 2000 beantragte der Kläger die Erteilung eines
Vorbescheids für die Errichtung einer Windkraftanlage des Typs ENERCON- 40/6.44
mit 77,9 m Nabenhöhe und einer Nennleistung von 600 kW auf dem Grundstück
Gemarkung O. -X. Flur 13 Flurstück 78. Das Grundstück liegt im Wald sowie in einem
Landschaftsschutzgebiet gem. ordnungsbehördlicher Verordnung zur Festsetzung von
Landschaftsschutzgebieten in den Städten/Gemeinden B. , I. , O. -X. , T. , X. vom 12.
3
Februar 1992. Es ist im Flächennutzungsplan der Beigeladenen als Fläche für
Forstwirtschaft dargestellt. Der Flächennutzungsplan stellt ferner in der Fassung seiner
10. Änderung, die am 11. September 1998 öffentlich bekannt gemacht wurde, eine
"Vorrangzone (V 1) für Windenergieanlagen als zusätzliche Nutzungsmöglichkeit" dar.
Diese Vorrangzone, in der bereits eine vom Kläger betriebene Windkraftanlage steht,
befindet sich rd. 400 m südöstlich des Standorts der vom Kläger geplanten
Windkraftanlage in einem Bereich, der im Flächennutzungsplan als Fläche für die
Landwirtschaft dargestellt ist.
Im Erläuterungsbericht zur 10. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen
ist die Wahl der Vorrangzone V 1 folgendermaßen begründet worden: Bei der Ermittlung
möglicher Vorrangzonen im Gemeindegebiet seien zunächst folgende Flächen
ausgeschlossen worden: - Flächen mit mittlerer bis geringer Windhöffigkeit (3,5 bis 4,7
m/sec Geschwindigkeit in 50 m Höhe),
4
- Naturschutzgebiete,
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- Waldflächen,
6
- Siedlungsbereiche einschl. Abstandsflächen von 500 m,
7
- Einzelhäuser einschl. der Abstandsflächen von 300 m,
8
- Richtfunktrassen mit Abstandsflächen von beidseitig 100 m,
9
- Freileitungen mit Abstandsflächen von 100 m,
10
- 35 m Abstandsflächen zum Waldrand.
11
Die verbliebenen 13 Restflächen seien daraufhin unter den Kriterien
12
- Natur und Landschaft
13
- Wasserschutz
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- Erschließung
15
- Netzanschlussmöglichkeit
16
- Orts- und Landschaftsbild
17
- Denkmalschutz
18
- Altlasten
19
- sonstige Planungen
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auf ihre Eignung zur Windkraftnutzung überprüft worden. Das Ergebnis sei eine
Auswahl von 6 geeigneten Standorten für die Errichtung von Windkraftanlagen
gewesen. Die Flächen seien bedingt durch die Topografie und die freizuhaltenden
Abstandsflächen relativ klein, so dass die Zulassung aller Standorte dazu führen würde,
21
dass im gesamten oberen Gemeindebezirk verstreut Einzelanlagen errichtet werden
könnten. Die damit verbundene gravierende Beeinträchtigung des Orts- und
Landschaftsbilds würde dem Bestreben zur Schaffung von Konzentrationszonen
zuwider laufen, das diesen Effekt gerade verhindern solle, zumal die Aufnahmekapazität
der Elektromark für die von Windkraftanlagen erzeugte Energie nur die Errichtung von
zwei Anlagen der 500-kW-Klasse zulasse. Alle Vorrangzonen lägen ferner im
Landschaftsschutzgebiet. Zum Schutz des Orts- und Landschaftsbilds sowie aus
Gründen des Naturschutzes und der Landschaftspflege sei von der unteren
Landschaftsbehörde lediglich für zwei Vorrangzonen - I "W. " und V "I. " - eine Befreiung
von den Bauverboten der Landschaftsschutzverordnung in Aussicht gestellt worden. Mit
Rücksicht auf die Ortschaft I. , in der sich neben einem landwirtschaftlichen Betrieb auch
einige Wohngebäude befänden, ließen sich bei einem Abstand von nur 300 m zur
nächstgelegenen Wohnbebauung Beeinträchtigungen durch den Betrieb einer
Windkraftanlage nicht ausschließen, so dass lediglich die Vorrangzone I "W. " verbleibe.
Mit Bescheid vom 12. Februar 2001 lehnte der Beklagte den beantragten Vorbescheid
ab. Das Vorhaben liege nicht in einer für Windkraftanlagen ausgewiesenen
Konzentrationsfläche, sondern im Außenbereich. Nach § 35 BauGB sei es unzulässig.
Das Vorhaben widerspreche der Darstellung als Fläche für die Forstwirtschaft im
Flächennutzungsplan. Es beeinträchtige auch die natürliche Eigenart der Landschaft,
weil es sich um eine ihrer Umgebung wesensfremde Anlage handele. Schließlich habe
die Bezirksregierung Arnsberg als höhere Verwaltungsbehörde die erforderliche
Zustimmung versagt.
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Gegen den Ablehnungsbescheid erhob der Kläger am 19. Februar 2001 Widerspruch,
über den bislang nicht entschieden ist. Auf seinen Antrag vom 7. Februar 2001 wurde
ihm vom Beklagten als untere Landschaftsbehörde für die Errichtung der
Windkraftanlage unter dem 3. August 2001 eine Befreiung von den Verboten der
Landschaftsschutzverordnung - mit näheren Maßgaben - erteilt. Eine
Waldumwandlungsgenehmigung ist dem Kläger versagt worden. Das diesbezügliche
Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg (1 K 2247/01) ist mit Rücksicht
auf das vorliegende Verfahren zum Ruhen gebracht worden.
23
Der Kläger hat am 26. Mai 2001 Untätigkeitsklage erhoben. Zur Begründung hat er
insbesondere vorgetragen:
24
Die 10. Änderung des Flächennutzungsplans sei nichtig, weil sie an verschiedenen
Mängeln leide. Die abwägungsbeachtliche Bedeutung der Nutzung erneuerbarer
Energien sei verkannt worden. Bei der Darstellung nur einer Konzentrationszone, in der
wegen der einen bereits vorhandenen Anlage praktisch keine neuen Anlagen mehr
möglich seien, handele es sich um reine "Feigenblattplanung". Auch die Gründe für die
Auswahl nur dieser Fläche seien mangelhaft.
25
Der Ausschluss von Gebieten mit mittlerer Windhöffigkeit sei verfehlt. Eine
Windenergienutzung sei bereits bei Mittelwerten von 4,2 bis 4,5 m/sec wirtschaftlich
darstellbar. Zudem seien im Aufstellungsverfahren Zweifel an der Richtigkeit der
zugrunde gelegten Windkarte der VEW dargelegt worden. Die Abstände zu
Wohnnutzungen von 500 bzw. 300 m seien nicht gerechtfertigt. Nicht nachvollziehbar
sei, dass Wald generell als "Tabuzone" gewertet sei, auch seien die gewählten
Abstände zu Waldflächen nicht nachvollziehbar. Ungerechtfertigt seien ferner die
gewählten Abstände zu Freileitungen und Richtfunktrassen.
26
Die Ausschlüsse der nach der Grobaussonderung verbliebenen geeigneten Flächen
seien gleichfalls fehlerhaft. Nicht nachvollziehbar sei, wieso die Flächen Nr. 2, 3, 8 und
9 wegen der "Lage und schwierigen Topografie" ausgeschlossen wurden. Der
angebliche erhebliche Aufwand für den Netzanschluss sei nur behauptet. Das
Landschaftsbild sei bereits beeinträchtigt und weise keine markanten
landschaftsprägenden Strukturen auf. Im übrigen gehörten Windkraftanlagen wegen
ihrer Privilegierung generell in die Landschaft und seien dem Außenbereich nicht
wesensfremd. Der Landschaftsschutz sei im betroffenen Raum flächendeckend
festgesetzt, was bereits seine Rechtfertigung zumindest fraglich erscheinen lasse. Im
übrigen lägen konkrete Vorbelastungen vor und für die hier strittige Anlage sei auch
eine Befreiung erteilt worden. Die Festsetzung einer maximalen Höhe im
Flächennutzungsplan sei von § 5 BauGB nicht gedeckt. Ferner hänge der Grad einer
Beeinträchtigung nicht von der Höhe, sondern von der durch die Drehbewegungen
bewirkten "Unruhe" ab.
27
Im übrigen lägen Versagungsgründe für die begehrte Bebauungsgenehmigung nicht
vor.
28
Der Kläger hat beantragt,
29
den Bescheid des Beklagten vom 12. Februar 2001 aufzuheben und den Beklagten zu
verpflichten, seine Bauvoranfrage vom 10. Oktober 2000 betreffend die Errichtung einer
Windkraftanlage vom Typ Enercon- 40/6.44 mit einer Nennleistung von 600 kW und
einer Nabenhöhe von 77,90 m auf dem Grundstück Gemarkung O. -X. , Flur 13,
Flurstück 78, positiv zu bescheiden unter Ausklammerung der forstrechtlichen Fragen.
30
Der Beklagte hat beantragt,
31
die Klage abzuweisen.
32
Er hat sich insbesondere auf seinen Ablehnungsbescheid bezogen.
33
Die Beigeladene hat keinen Sachantrag gestellt.
34
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Es hat
insbesondere darauf abgestellt, die 10. Änderung des Flächennutzungsplans der
Beigeladenen sei nicht unwirksam.
35
Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 6. Juni 2003 die Berufung
zugelassen. Der Kläger hat rechtzeitig einen Berufungsantrag gestellt und die Berufung
begründet.
36
Er bezieht sich im wesentlichen auf sein bisheriges Vorbringen und betont nochmals,
die mit der 10. Änderung getroffene Darstellung einer Vorrangfläche könne schon
wegen ihrer geringen Größe und der Höhenbeschränkung eine Ausschlusswirkung
nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht entfalten. Durch nachträgliche Erwägungen könne
die Fehlerhaftigkeit der Abwägung im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die 10.
Änderung des Flächennutzungsplans nicht nachgebessert werden. Im übrigen sei die
Wirtschaftlichkeit eines Windenergieprojekts durch die hier in Rede stehenden
Möglichkeiten zur Erschließung und Einbindung in das Stromnetz nicht gefährdet.
37
Der Kläger beantragt,
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das angefochtene Urteil zu ändern und nach seinem Klageantrag zu erkennen.
39
Der Beklagte beantragt,
40
die Berufung zurückzuweisen.
41
Er trägt insbesondere vor, die untere Landschaftsbehörde habe im
Planaufstellungsverfahren zwar die Standorte I und V befürwortet, aus heutiger Sicht
treffe dies für den Standort V jedoch nicht mehr zu. Gegen die Standorte II, III, IV und VI
seien aus landschaftlicher Sicht Bedenken geltend gemacht worden, weil hiermit eine
erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbilds in Blickrichtung der I. straße L 692
nach Osten verbunden gewesen wäre. Der Errichtung und dem Betrieb von
Windenergieanlagen habe wegen der besonderen Bedeutung des Raums für die
Erholung aus landschaftsfachlicher Sicht nicht zugestimmt werden können. Die bereits
seit langem bestehenden Strom- bzw. Sendemasten stünden dem nicht entgegen; die
Landschaft sei trotz ihres Vorhandenseins unter Schutz gestellt worden.
42
Die Beigeladene beantragt gleichfalls,
43
die Berufung zurückzuweisen.
44
Sie trägt insbesondere vor, dass sie nur eine einzige Vorrangzone ausgewiesen habe,
sei kein Indiz für eine Verhinderungsplanung, sondern das Ergebnis eines
rechtsfehlerfreien Abwägungsvorgangs. Die Vorabaussonderung der "Tabuflächen"
entspreche der einschlägigen Rechtsprechung. Von den 13 verbliebenen Flächen seien
vier (Nrn. 2, 3, 8 und 9) wegen nicht ausreichender Erschließung ausgesondert worden,
weil sie - die Beigeladene - dann unangemessenen Kosten für die Erschließung
ausgesetzt gewesen wäre. Die Fläche Nr. 13 sei wegen untragbar hoch erscheinender
Netzanschlusskosten aus rein wirtschaftlichen Gründen ausgeschlossen worden. Von
den dann verbliebenen sechs Flächen seien vier Flächen (II, III, IV und VI) wegen der
Bedenken der unteren Landschaftsbehörde ausgeschlossen worden; insoweit sei eine
Befreiung von den Verboten der Landschaftsschutzverordnung nicht in Aussicht gestellt
worden. Die Vorrangzone V sei, wie sich aus dem Protokoll über die Sitzung ihres
Ausschusses für Planung, Verkehr und Umwelt ergebe, unter dem Aspekt des Schutzes
der Naherholung ausgeschlossen worden, weil sie mitten in einem Erholungsgebiet
liege. Im übrigen sei auch der zweite Grund des Abstands von nur 300 m zur
nächstgelegenen Bebauung nicht zu beanstanden, da dieser Abstand noch unterhalb
der Schwelle liege, die hinsichtlich der Lärmimmissionen auf der sicheren Seite liege.
Auch die Höhenbegrenzung von 85 m sei nicht zu beanstanden, da sie zur Eingrenzung
von Beeinträchtigungen des Orts- und Landschaftsbilds diene.
45
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte 1 K 2247/01 VG Arnsberg, den
Verwaltungsvorgang des Beklagten und die von der Beigeladenen vorgelegten
Aufstellungsvorgänge zur Flächennutzungsplanänderung und sonstigen Unterlagen
ergänzend Bezug genommen.
46
Entscheidungsgründe:
47
Die Berufung ist zulässig.
48
Dem Kläger fehlt nicht etwa das Bescheidungsinteresse für die begehrte
Bebauungsgenehmigung, weil von vornherein erkennbar ist, dass der Errichtung des
Vorhabens anderweitige rechtliche Gründe entgegenstehen. Dies mag zu erwägen sein,
wenn feststeht, dass dem Kläger die für die Errichtung seines Vorhabens erforderliche
Waldumwandlungsgenehmigung nicht erteilt werden kann. Davon kann hier jedoch
schon deshalb keine Rede sein, weil das beim Verwaltungsgericht Arnsberg anhängige
Verfahren auf Erteilung einer Waldumwandlungsgenehmigung - 1 K 2247/01 - im
Hinblick auf das vorliegende Verfahren zum Ruhen gebracht wurde und bei einem für
den Kläger günstigen Ausgang des vorliegenden Verfahrens möglicherweise mit einer
Erteilung dieser Genehmigung zu rechnen ist.
49
Die Berufung ist auch begründet.
50
Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Bebauungsgenehmigung,
weil das strittige Vorhaben - abgesehen von den ausdrücklich nicht zu prüfenden
forstrechtlichen Fragen - bauplanungsrechtlich zulässig ist.
51
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des im Außenbereich geplanten Vorhabens des
Klägers beurteilt sich nach § 35 BauGB.
52
Insoweit ist im Hinblick auf die Ausführungen des Beklagten in seinem
Ablehnungsbescheid vom 12. Februar 2001 zunächst klarzustellen, dass die vom
Kläger geplante Windkraftanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB im Außenbereich
privilegiert ist. Demgemäss ist sie nicht etwa bereits dann planungsrechtlich unzulässig,
wenn sie im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB öffentliche Belange "beeinträchtigt". Die
planungsrechtliche Zulässigkeit ist - abgesehen von der Frage der Sicherung der
ausreichenden Erschließung - vielmehr nur dann zu verneinen, wenn dem Vorhaben im
Sinne von § 35 Abs. 1 BauGB öffentliche Belange "entgegenstehen".
53
Ein solches Entgegenstehen öffentlicher Belange ist bei privilegierten Windkraftanlagen
nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB "in der Regel" u.a. dann zu bejahen, wenn für solche
Vorhaben durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer
Stelle erfolgt ist. Im vorliegenden Fall enthält der Flächennutzungsplan der
Beigeladenen in seiner Fassung der am 11. September 1998 bekannt gemachten 10.
Änderung zwar eine solche Ausweisung an anderer Stelle, nämlich durch Darstellung
der südöstlich des Standorts der strittigen Anlage ausgewiesenen Vorrangzone "V 1".
Diese Darstellung kann dem Vorhaben des Klägers jedoch nicht entgegen gehalten
werden, weil die 10. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen - in
Nachfolgenden FNP-Änderung genannt - unwirksam ist.
54
Die FNP-Änderung ist allerdings nicht etwa bereits deshalb unwirksam, weil ihr die
städtebauliche Rechtfertigung nach § 1 Abs. 3 BauGB fehlt.
55
Die FNP-Änderung soll nach den Ausführungen auf Seite 1 des Erläuterungsberichts
vom 19. März 1998, der vom Rat der Beigeladenen am 25. Mai 1998 gemeinsam mit der
FNP-Änderung beschlossen worden ist, die mit der Windenergienutzung verbundenen
"Zielkonflikte im Gemeindegebiet lösen und eine geordnete städtebauliche Entwicklung
von Windkraftanlagen ermöglichen". Damit verfolgt die FNP-Änderung eine legitime
56
städtebauliche Zielsetzung. Dies folgt schon daraus, dass der Gesetzgeber die
Privilegierung von Windkraftanlagen ausdrücklich unter einen "Planvorbehalt", nämlich
den Vorbehalt ihrer planerischen Steuerung u.a. durch die gemeindlichen
Flächennutzungspläne, gestellt und die Gemeinden damit ermächtigt hat, im Rahmen
ihrer Flächennutzungsplanung durch eine "Kanalisierung" bzw. "planerische
Kontingentierung" u.a. der Windkraftanlagen die städtebauliche Entwicklung in ihrem
Gemeindegebiet in geordnete Bahnen zu lenken.
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 - BRS 65 Nr. 95 (S. 454).
57
Der FNP-Änderung fehlt auch nicht etwa deshalb die städtebauliche Rechtfertigung
nach § 1 Abs. 3 BauGB, weil sie sich als vollzugsunfähig erweist. Dies wäre dann
anzunehmen, wenn ihrer Umsetzung auf unabsehbare Zeit unüberwindbare rechtliche
oder tatsächliche Hindernissen im Wege stehen würden, etwa weil wegen der Lage der
dargestellten Vorrangfläche im Landschaftsschutzgebiet die Errichtung von
Windkraftanlagen zwangsläufig an den durch die einschlägige
Landschaftsschutzverordnung festgesetzten Bauverboten scheitern müsste. Eine solche
Vollzugsunfähigkeit liegt nicht vor, wenn sich die Erteilung einer Befreiung für die
Zukunft abzeichnet, weil eine Befreiungslage objektiv gegeben ist und einer
Überwindung der Verbotsregelung auch sonst nichts im Wege steht.
58
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 - BRS 65 Nr. 95 (S. 452).
59
So liegt der Fall hier. Im Aufstellungsverfahren waren jedenfalls für die zuletzt noch
erwogenen Vorrangzonen I und V Befreiungen von den entsprechenden Verboten der
Landschaftsschutzverordnung in Aussicht gestellt worden. Im übrigen wird das
Vorliegen einer Befreiungslage auch dadurch verdeutlicht, dass sogar für die strittige,
nahe der Vorrangzone I im Wald vorgesehene Windkraftanlage ausdrücklich eine
landschaftsschutzrechtliche Befreiung erteilt worden ist.
60
Die FNP-Änderung ist jedoch unwirksam, weil sie nicht den Anforderungen des
Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 6 BauGB genügt.
61
Allerdings liegt entgegen der Auffassung des Klägers ein beachtlicher
Abwägungsmangel nicht bereits darin, dass die abwägungsbeachtliche Bedeutung der
Nutzung erneuerbarer Energien verkannt worden wäre. Sofern die Gemeinde wie im
vorliegenden Fall keine bindenden rechtlichen Vorgaben zu beachten hat, an denen
sich die gemeindliche Planung, etwa nach Maßgabe von § 1 Abs. 4 BauGB,
auszurichten hat, muss sie dem Belang der Förderung der Windenergie nur insoweit
den Vorrang einräumen, als ihm keine gegenläufigen Belange gegenüberstehen, die sie
als gewichtiger einstufen darf.
62
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 - BRS 65 Nr. 95 (S. 457).
63
Eine solche Abwägung hat die Beigeladene vom Grundsatz her durchaus
vorgenommen, wenn diese auch - wie im Nachfolgenden noch näher darzulegen ist -
verschiedene durchgreifende Mängel aufweist.
64
Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass es der planenden Gemeinde verwehrt ist,
den Flächennutzungsplan als Mittel zu benutzen, um unter dem Deckmantel der
Steuerung Windkraftanlagen in Wahrheit zu verhindern. Mit einer bloßen "Feigenblatt"-
65
Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinausläuft, darf sie es nicht
bewenden lassen. Beschränkt sich die Gemeinde darauf, wie im vorliegenden Fall, eine
einzige Konzentrationszone auszuweisen, so ist dies, für sich genommen, zwar noch
kein Indiz für einen fehlerhaften Gebrauch der Planungsermächtigung. Die Planung der
Gemeinde ist jedoch an dem Anliegen des Gesetzgebers auszurichten, der
Windenergienutzung "an geeigneten Standorten eine Chance" zu geben, die ihrer
Privilegierung gerecht wird.
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 - BRS 65 Nr. 95 (S. 455/458).
66
Gemessen hieran spricht viel dafür, dass die strittige FNP-Änderung der Beigeladenen
schon wegen ihres Ergebnisses eine bloße "Feigenblattplanung" darstellt. Die einzige
für das gesamte Gemeindegebiet ausgewiesene Vorrangzone lässt mit ihrer geringen
Größe selbst nach eigener Einschätzung der Beigeladenen nur die Errichtung von
allenfalls zwei Windkraftanlagen zu. Erschwerend kommt hinzu, dass die hier
vorgenommene Beschränkung der maximalen Höhe der in der Vorrangzone zulässigen
Windkraftanlagen auf nur 85 m, die entgegen der Auffassung des Klägers allerdings
durchaus von § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB gedeckt ist, nur solche Anlagen zulässt, die - wie
die hier strittige Anlage mit einer Nennleistung von weit unter 1 MW - deutlich hinter dem
zurückbleibt, was an technischer und wirtschaftlicher Ausnutzung der Windenergie
möglich ist.
67
Ob die hier in Rede stehende FNP-Änderung schon deshalb unwirksam ist, weil sie
eine "verkappte Verhinderungsplanung" darstellt, kann letztlich jedoch dahinstehen. Die
Planung der Beigeladenen weist jedenfalls im Detail beachtliche Abwägungsmängel
auf, die zur Unwirksamkeit der FNP-Änderung führen.
68
Auszugehen ist davon, dass der Darstellung einer Vorrangzone die ihr zugedachte
Negativwirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nur dann zukommen kann, wenn ihr ein
schlüssiges Gesamtkonzept zugrunde liegt, das sich auf den gesamten Außenbereich
der planenden Gemeinde erstreckt. Dabei kann die Gemeinde bei ihren planerischen
Überlegungen bestimmte Gemeindegebietsteile als so genannte "Tabu-Zonen" von
vornherein außer Betracht lassen.
69
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 - BRS 65 Nr. 95 (S. 458/459).
70
Wenn die Gemeinde nach einer solchen Vorabaussonderung der "Tabu-Zonen" die
verbleibenden potentiellen Vorrangzonen abwägend daraufhin überprüft, ob sie
tatsächlich als solche dargestellt werden sollen, müssen die öffentlichen Belange, die
nach der Einschätzung der Gemeinde für das Ausscheiden einzelner potentieller
Vorrangzonen sprechen, mit dem gesetzgeberischen Anliegen, der
Windenergienutzung "an geeigneten Standorten eine Chance" zu geben,
71
vgl.: BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 - BRS 65 Nr. 95 (S. 458),
72
nach Maßgabe des § 1 Abs. 6 BauGB abgewogen werden. Sie müssen sich aus den
konkreten örtlichen Gegebenheiten nachvollziehbar herleiten lassen. Des weiteren
müssen die gegen eine Darstellung von Vorrangzonen angeführten Erwägungen, um
den Anforderungen eines "schlüssigen Gesamtkonzepts" gerecht zu werden, in sich
sowie auch in Bezug auf die Erwägungen zur Vorabaussonderung der "Tabu-Zonen"
stimmig und widerspruchsfrei sein. Deshalb sind sie konkret zu verlautbaren, damit ihre
73
Vereinbarkeit mit dem gemeindlichen Gesamtkonzept auch nachvollziehbar und
überprüfbar ist. Zudem ist der Rechtfertigungsbedarf für den Ausschluss von Flächen,
die für eine Windenergienutzung regelmäßig ausscheiden sollen, mit zunehmendem
Umfang solcher Ausschlussflächen jedenfalls in dem Sinne erhöht, als die der
Windenergienutzung entgegenstehenden Belange dann für jeweils mehr Flächen
konkret zu benennen sind. Die Gemeinde muss mithin, je umfangreicher diese Flächen
sind, sich um so mehr mit den konkreten Gegebenheiten der Flächen, die nicht schon
von vornherein zu Recht als "Tabu-Flächen" ausgesondert werden konnten,
auseinandersetzen.
Vgl. in diesem Sinne bereits: OVG NRW, Beschluss vom 8. März 2004 - 7 A 2391/03 -.
74
Schließlich sind für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung für einzelne bzw. ggf. nur eine
Vorrangzone(n) allein die Erwägungen maßgeblich, die tatsächlich Grundlage der
Abwägungsentscheidung des Rates der Gemeinde waren. Dies folgt bereits aus § 214
Abs. 3 Satz 1 BauGB, wonach für die Abwägung auf die Sach- und Rechtslage im
Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bauleitplan abzustellen ist. Maßgeblich für
die gerichtliche Überprüfung sind damit in erster Linie die Verlautbarungen in dem
Erläuterungsbericht, der bei der abschließenden Beschlussfassung über den
Flächennutzungsplan bzw. dessen Änderung mitbeschlossen wird, sowie die
Erwägungen z.B. in den entsprechenden Verwaltungsvorlagen, denen der Rat der
Gemeinde bei seiner abschließenden Beschlussfassung gefolgt ist.
75
Nach diesen Kriterien weist die von der Beigeladenen im Rahmen der FNP- Änderung
vorgenommene Abwägung verschiedene Defizite auf, die auch erheblich sind und zur
Unwirksamkeit der FNP-Änderung führen.
76
Dass die Vorabaussonderung der "Tabu-Flächen", wie der Kläger meint, mangelhaft
wäre, lässt sich in verschiedenen Punkten allerdings nicht feststellen. Eine
Aussonderung der Naturschutzgebiete, der Waldflächen sowie der Siedlungsbereiche
einschließlich einer Schutzzone von 500 m und der Schutzzonen um Einzelgehöfte
(bzw. Außenbereichsbebauung) von 300 m begegnet als solche keinen Bedenken.
77
Vgl.: OVG NRW, Urteil vom 30. November 2001 - 7 A 4857/00 - BRS 64 Nr. 101 (S.
445ff), be-stätigt durch BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 - BRS 65 Nr.
95.
78
Zu den immissionsschutzbezogenen Abständen ist im Hinblick auf den Vortrag des
Klägers anzumerken, dass die Gemeinde keineswegs gehalten ist, im Interesse von
Bauinteressenten Nutzungen bis an die Grenze dessen zu ermöglichen, was anhand
der Maßstäbe des Immissionsschutzrechts gerade noch zulässig ist, ohne als
schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG qualifiziert werden
zu können.
79
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 - BRS 65 Nr. 95 (S. 460).
80
Gemessen hieran sind die hier gewählten Schutzabstände zu Siedlungsbereichen und
Außenbereichs(wohn)bebauung durchaus sachgerecht, da sie im Interesse der
schutzwürdigen Bewohner von Ansiedlungen und im Außenbereich befindlicher
Wohnhäuser "auf der sicheren Seite" liegen.
81
Zwar trifft es nach den dem Senat vorliegenden Erkenntnissen zu, dass
Windkraftanlagen der heute marktüblichen Art durchaus (etwas) dichter als 300 m an
Wohnnutzungen im Außenbereich heranrücken können, ohne dass die solchen
Wohnnutzungen zukommende Zumutbarkeitsschwelle von 45 dB (A) nachts
82
- vgl. hierzu: OVG NRW, Urteil vom 18. November 2002 - 7 A 2127/00 - BRS 65 Nr. 182
m.w.N. -
83
überschritten wird. Bei der Prüfung der Ausweisung von Vorrangzonen für Windenergie
kann jedoch mitberücksichtigt werden, dass diese ggf. auch die Errichtung einer
Vielzahl von Windkraftanlagen mit entsprechender Summierung der Lärmbelastung an
Schutzobjekten zulassen und dass auch die sonstigen nachteiligen Wirkungen von
Windkraftanlagen
84
- vgl. etwa zur optisch bedrängenden Wirkung besonders hoher Windkraftanlagen: OVG
NRW, Urteil vom 6. August 2003 - 7a D 100/01.NE - JURIS- Dokumentation, m.w.N. -
85
es bei einer an den Maßstäben des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 6 BauGB
auszurichtenden Planungsentscheidung sachgerecht erscheinen lassen, bei der
Abstandswahl nicht bis an die Grenze des gerade noch Zumutbaren zu gehen.
Dementsprechend ist auch nicht zu beanstanden, für größere Ansiedlungen, in denen
ggf. sogar nach den Maßstäben eines reinen Wohngebiet schützenswerte
Wohnbebauung vorhanden sein kann, einen deutlich größeren Abstand - hier 500 m -
zu wählen, um auch gegenüber solchen Wohnnutzungen möglichst auf der sicheren
Seite zu liegen.
86
Nicht geprüft, weil es letztlich nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, hat der
Senat allerdings, ob die Beigeladene sich korrekt an die im Erläuterungsbericht
verlautbarten Schutzzonen gehalten hat. Insoweit werfen namentlich die Eintragungen
in der von der Beigeladenen mit ihrem Schriftsatz vom 25. November 2003 vorgelegten
Karte "Flächenanalyse zur Ausweisung von Vorrangzonen für Windenergie im
Flächennutzungsplan" vom 22. August 1997 (Beiakte Heft 7) zumindest Zweifel auf, ob
die Abstandsbereiche um schützenswerte Wohnbebauung tatsächlich nur an den
Werten von 300 bzw. 500 m orientiert sind.
87
Der Ansatz von Schutzabständen zu Freileitungen ist vom Grundsatz her ebenfalls nicht
zu beanstanden. Der Schutz von Freileitungen betrifft die Berücksichtigung des nach § 1
Abs. 5 Satz 2 Nr. 8 BauGB abwägungsbeachtlichen Belangs der Versorgung mit
Energie. Hierzu ist anzumerken, dass der seitens des Klägers vorgelegte Beitrag
"Mindestabstand zwischen Windenergieanlagen und Freileitungen" (Anlage zur
Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung vom 20. September 2002; Bl.
155ff der Gerichtsakte) verdeutlicht, dass der Betrieb von Windkraftanlagen durchaus
beachtliche Auswirkungen auf Hochspannungsfreileitungen haben kann, so dass der
Ansatz von Schutzabständen gerechtfertigt ist. Da die Flächennutzungsplanung noch
nicht im Detail vorgibt, an welchen Standorten Windkraftanlagen mit welchen
Dimensionen zu errichten sind, ist es auch insoweit nicht zu beanstanden, wenn die
konkret von der Gemeinde angesetzten Abstände so bemessen sind, dass sie in jedem
Fall "auf der sicheren Seite" liegen, wobei aus Anlass des vorliegenden Verfahrens
keiner abschließenden Prüfung bedarf, wann die insoweit auch mit Rücksicht auf die
Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers noch verhältnismäßige Grenze eines
angemessenen Schutzabstands überschritten ist.
88
Nicht unproblematisch sind hingegen die Entscheidungen der Beigeladenen für die
weiteren bei der Vorabaussonderung von "Tabu-Zonen" gewählten Kriterien.
89
Soweit es um die Berücksichtigung der Windhöffigkeit im Gemeindegebiet geht, hat die
Gemeinde allerdings zu berücksichtigen, dass eine Ausweisung von Vorrangzonen,
deren Nutzung durch Anlagen der Windenergie aus faktischen oder offen zutage
liegenden wirtschaftlichen Gründen ausscheidet, dem bereits angesprochenen Anliegen
des Gesetzgebers, der Windenergienutzung "an geeigneten Standorten eine Chance"
zu geben, zuwider laufen würde.
90
Vgl. hierzu bereits: OVG NRW, Urteil vom 30. November 2001 - 7 A 4857/00 - BRS 64
Nr. 101 (S. 448), bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 -
BRS 65 Nr. 95.
91
Demgemäss ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, Bereiche mit ersichtlich nur
geringer, eine wirtschaftliche Nutzung der Windenergie nicht zulassender Windhöffigkeit
von vornherein auszusondern. Andererseits kann es dann, wenn auf Grund der
spezifischen Standortverhältnisse in der betreffenden Gemeinde ohnehin nur wenige
potenzielle Standorte für eine Windenergienutzung in Betracht kommen, gerade dem
genannten Anliegen des Gesetzgebers widersprechen, aus der detaillierten Prüfung
potentieller Vorrangzonen pauschal von vornherein alle Bereiche auszublenden, die
voraussichtlich nur eine wirtschaftlich nicht in jeder Hinsicht optimale Nutzung der
Windenergienutzung zulassen.
92
Ob angesichts dessen die Entscheidung der Beigeladenen, alle Bereiche, die nach dem
ihr vorliegenden Material eine Windhöffigkeit von weniger als 4,7 m/sec in 50 m Höhe
aufweisen, noch abwägungsgerecht war, kann letztlich jedoch dahinstehen, da
jedenfalls die konkrete Auswahl der einzigen letztlich ausgewiesenen Vorrangzone aus
den nach der Vorabaussonderung der "Tabu- Zonen" verbliebenen 13 potentiellen
Vorrangzonen nicht den an eine sachgerechte Abwägung zu stellenden Anforderungen
gerecht wird.
93
Aus denselben Gründen kann auch dahinstehen, ob die Ansätze von Schutzstreifen von
100 m entlang Richtfunkstrecken sowie von 35 m zu Waldrändern noch sachgerecht
waren, die jedenfalls aus folgenden Erwägungen problematisch erscheinen:
94
Für Richtfunkstrecken sah der im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die FNP-
Änderung maßgebliche Windenergie-Erlass vom 29. November 1996 (MBl. NRW 1996
S. 1864) in Randnummer 2.4 beidseitig einen Abstand von 35 m vor. Aus welchen
Gründen der hier gewählte ca. 3-fache Abstand von 100 m (beidseitig) gerechtfertigt
sein soll, lässt sich den dem Senat vorliegenden Unterlagen auch nicht ansatzweise
entnehmen. Hinzu kommt, dass in Randnummer 4.2.4.3 des späteren Windenergie-
Erlasses vom 3. Mai 2000 (MBl. NRW 2000 S. 690) - durchaus nachvollziehbar -
lediglich vorgesehen ist, dass kein Teil einer Windkraftanlage die Funkstrecke
unterbrechen darf.
95
Der Ansatz eines Abstands zum Wald geht letztlich zurück auf den Gemeinsamen
Runderlass "Berücksichtigung der Belange des Waldes bei der Bauleitplanung und bei
der Zulassung von Vorhaben" vom 18. Juli 1975 (MBl. NRW 1975, S, 1477). Dieser
sieht in RdNrn. 4.1 und 4.2 einen Sicherheitsabstand der Bebauung vom Wald von 35 m
96
vor, und zwar in erster Linie wegen Gefahren durch umstürzende Bäume oder Brände.
Dementsprechend sah RdNr. 2.4 des Windenergie-Erlass 1996 denselben Abstand
zwischen Windkraftanlagen und Wald vor. Diese Aussage ist in RdNr. 4.2.4.4 des
Windenergie-Erlasses 2000 dahin relativiert worden, dass sich bei kürzeren Abständen
zum Wald als 35 m der Betreiber der Windkraftanlage zu verpflichten hat, im Falle von
Schädigungen an der Anlage durch umfallende Bäume auf einen Ersatzanspruch zu
verzichten. Aus alledem folgt, dass es zumindest problematisch ist, generell um
Waldflächen eine Schutzzone von 35 m zu ziehen. Dies gilt um so mehr, wenn - wie im
vorliegenden Fall - die auf Grund der Vorabaussonderung von "Tabu-Flächen"
verbleibenden potentiellen Vorrangzonen ohnehin nur klein sind und durch den
pauschalen Ansatz der Schutzabstände zu Wald noch deutlich verkleinert werden.
Durchgreifenden Abwägungsmängeln unterliegt bereits die Entscheidung der
Beigeladenen, die auf Seite 2 des Erläuterungsberichts angesprochenen verbliebenen
13 Restflächen (Nrn. 1 bis 13) auf sechs zu reduzieren.
97
Soweit im Erläuterungsbericht eine Vielzahl von Kriterien angeführt worden ist, auf
Grund deren diese Reduzierung erfolgt sein soll, lässt sich ihm schon nicht hinreichend
konkret entnehmen, welche Gründe jeweils für die Aussonderung auf dieser ersten
Stufe der Reduktion maßgeblich waren. Die Erläuterungen zu dieser ersten
Reduzierung im Schriftsatz der Beigeladenen vom 25. November 2003 (Bl. 186ff der
Gerichtsakte), die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergänzt wurden,
vermögen dieses Defizit jedenfalls nicht vollständig zu beheben.
98
Soweit für vier der sieben ausgesonderten Flächen der Aspekt einer fehlenden
ausreichenden Erschließung angesprochen ist, lässt der Vortrag der Beigeladenen
unberücksichtigt, dass das Erfordernis einer gesicherten Erschließung erst bei der
konkreten Zulassung bestimmter - auch privilegierter - Bauvorhaben nach § 35 BauGB
zu prüfen ist. Mit der Darstellung einer Vorrangzone für Windkraftanlage im
Flächennutzungsplan wird noch kein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung
begründet. Diese ist vielmehr u.a. auch dann zu versagen, wenn die Erschließung nicht
gesichert ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Zulassung von privilegierten
Vorhaben nicht an übertriebenen Anforderungen an die Erschließung scheitern darf.
99
Vgl.: Soefker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, 63. Lieferung April 2000, RdNr. 69 zu
§ 35.
100
Dem Vortrag der Beigeladenen, sie wäre als Konsequenz einer Ausweisung ggf.
unangemessenen Kosten für die Herstellung der Erschließung ausgesetzt, ist
entgegenzuhalten, dass sogar die planerische Ausweisung von Bauflächen in einem
Bebauungsplan nur unter besonderen Umständen eine Pflicht der Gemeinde zur
Herstellung der erforderlichen Erschließungsanlagen begründet. Sie kommt etwa (auch)
dann in Betracht, wenn die Gemeinde das Erschließungsangebot eines Dritten ablehnt,
dessen Annahme ihr nach den gesamten Umständen des Einzelfalls zumutbar ist.
101
Vgl. zusammenfassend: BVerwG, Beschluss vom 22. März 1999 - 4 B 10.99 - BRS 62
Nr. 173 m.w.N..
102
Der Argumentation der Beigeladenen des eventuellen Entstehens einer gemeindlichen
Erschließungspflicht hält der Kläger jedoch zu Recht entgegen, es sei der absolute
Regelfall beim Bau von Windkraftanlagen, dass ggf. Wirtschaftswege auch von
103
mehreren 100 m Länge vorher auf Kosten des Bauherrn schwerlastbefahrbar gemacht
werden müssten und dass auch beim Bau nur einer oder zwei Anlagen der 500 kW-
Klasse die Kosten für den Ausbau eines mehrere 100 m langen Feldwegs wirtschaftlich
tragbar seien. Dem hat die Beigeladene weder schriftsätzlich noch in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat hinreichend substantiierte Einwendungen entgegen
gehalten.
Geht es - wie hier - um die Ausweisung einer Vorrangfläche für Windkraftanlagen im
Flächennutzungsplan, kann der Aspekt einer wirtschaftlich tragbaren
Erschließungsmöglichkeit zwar durchaus von abwägungsbeachtlicher Bedeutung sein.
Die Gemeinde darf sich insbesondere nicht dem Vorwurf aussetzen, nur Vorrangzonen
in solchen Bereichen darzustellen, in denen eine Windenergienutzung - wie bereits
angesprochen - aus faktischen oder offen zutage liegenden wirtschaftlichen Gründen
ausscheidet. Auf eine solche Sachlage hat die Beigeladene bezüglich der hier
betrachteten vier potentiellen, wegen fehlender hinreichender Erschließung
ausgeschlossenen Vorrangzonen (Nrn. 2, 3, 8 und 9 der von der Beigeladenen mit
ihrem Schriftsatz vom 25. November 2003 vorgelegten Karte "Flächenanalyse zur
Ausweisung von Vorrangzonen für Windenergie im Flächennutzungsplan" vom 22.
August 1997; Beiakte Heft 7) jedoch nicht abgestellt und es liegen auch keine
hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor.
104
Soweit die Beigeladene die potentielle Vorrangzone Nr. 13 nach ihrem Vortrag auf Seite
5 des Schriftsatzes vom 25. November 2003 unter dem Gesichtspunkt einer
unwirtschaftlichen Netzanschlussmöglichkeit ausgesondert hat, mag dies in der Tat
zutreffen und sich angesichts der geringen Größe dieses - wenn überhaupt - nur für eine
einzige Anlage geeigneten Bereichs als abwägungsgerecht erweisen.
105
Nicht nachvollziehbar ist jedoch der weitere Ausschluss zumindest der Fläche Nr. 11.
Diese soll - wie die Fläche 12 - deshalb ausgeschlossen worden sein, weil sie nach
planerischen Überlegungen in der Gemeinde für eventuelle Gewerbeansiedlungen in
Betracht gezogen wurde. Hierzu hat der Bürgermeister der Beigeladenen in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt, dass die Flächen 11 und 12 im
Zeitpunkt der Beschlussfassung über die FNP-Änderung weder im
Flächennutzungsplan der Beigeladenen noch im maßgeblichen
Gebietsentwicklungsplan als Gewerbeflächen ausgewiesen waren. Zwar habe die
Gemeinde jedenfalls für die Fläche 12 - bzw. Teile hiervon - eine Anmeldung für eine
entsprechende Änderung des Gebietsentwicklungsplans vorgesehen. Sie habe letztlich
jedoch keinen förmlichen Antrag auf Aufnahme der Fläche in den
Gebietsentwicklungsplan gestellt, weil informelle Gespräche die Aussichtslosigkeit
eines solchen Begehrens ergeben hätten. Insoweit kann letztlich dahinstehen, unter
welchen näheren Voraussetzungen Erwägungen, eine der Windenergienutzung
entgegenstehende Nutzungsausweisung im Gebietsentwicklungsplan anzustreben, der
Darstellung einer sonst geeigneten Fläche als Vorrangzone entgegengehalten werden
können, wie dies hinsichtlich der Fläche 12 in Betracht zu ziehen sein mag. Der Fläche
11 konnten die nur vagen planerischen Zukunftserwägungen der Beigeladenen
jedenfalls nicht entgegen gehalten werden, weil sie noch nicht einmal zu dem Bereich
gehörte, für den jedenfalls konkret ein Antrag auf Änderung des
Gebietsentwicklungsplans erwogen wurde.
106
Fehlerhaft sind auch die Erwägungen, mit denen die Beigeladene in der zweiten Stufe
der individuellen Würdigung der sechs verbliebenen potenziellen Vorrangzonen (I bis
107
VI) diese letztlich von sechs auf eine einzige reduziert hat.
Die für diese zusätzliche Aussonderung auf Seite 2 des Erläuterungsberichts angeführte
Begründung, dass die Ausweisung einer größeren Zahl von kleinen Vorrangzonen im
oberen Gemeindegebiet wegen der an vielen Stellen gegebenen Sichtkontakte
zumindest zu einer Anlage eine gravierende Beeinträchtigung des Orts- und
Landschaftsbilds bewirken würde, erscheint zumindest bedenklich. Der Gesetzgeber
gestattet der Gemeinde zwar, das durch § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB rechtlich geschützte
Nutzungsinteresse in der Konkurrenz mit anderen Abwägungsbelangen ggf.
zurückzustellen. Ein solches "Wegwägen" ist indes rechtfertigungsbedürftig. Die
Gemeinde muss der Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers Rechnung tragen
und für die Windenergienutzung in substantieller Weise Raum schaffen.
108
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 - BRS 65 Nr. 95 (S. 455).
109
Diesen Vorgaben wird eine Argumentation, mit der - wie hinsichtlich des vorgenannten
Aspektes einer Verteilung von Windenergieanlagen über größere Flächen des
Gemeindegebiets - praktisch jederorts der Ausschluss einer Ausweisung verschiedener
Vorrangzonen begründet werden kann, nicht gerecht. Wenn das Gemeindegebiet, wie
im vorliegenden Fall, auf Grund der Besiedelung sowie der Topografie und sonstiger
natürlicher Gegebenheiten derart strukturiert ist, dass faktisch größere
zusammenhängende Flächen für die Windenergienutzung nicht in Betracht kommen,
kann dem gesetzgeberischen Anliegen, in substantieller Weise Raum für die
Windenergienutzung zu schaffen, eben nur dadurch Rechnung getragen werden, dass
ggf. kleinere, über das Gemeindegebiet verstreut liegende Vorrangzonen ausgewiesen
werden, sofern diese nicht - sei es jeweils für sich, sei es wegen eines optisch
wirksamen Zusammenhangs - konkret als Beeinträchtigung eines schützenswerten
Orts- oder Landschaftsbilds zu werten sind.
110
Ob diese jedenfalls bedenklichen Erwägungen im vorliegenden Fall einen weiteren
Abwägungsmangel darstellen, kann jedoch letztlich ebenso dahinstehen wie die Frage,
ob die Beigeladene zumindest die Ausweisung von vier der zuletzt in der Betrachtung
verbliebenen sechs Vorrangzonen zusätzlich damit begründen konnte, dass insoweit -
nämlich bezüglich der Zonen II, III, IV und VI - Befreiungen von den Verboten der
Landschaftsschutzverordnung nicht in Aussicht gestellt worden waren.
111
Allerdings ist der Landschaftsschutz in der Tat ein abwägungsbeachtlicher Belang von
Gewicht. Liegen potentielle Vorrangzonen im Landschaftsschutzgebiet, kann und muss
die Gemeinde - wie dargelegt - in Rechnung stellen, ob sich die Erteilung einer
Befreiung von den durch die Landschaftsschutzverordnung festgesetzten Bauverboten
abzeichnet, weil eine Befreiungslage objektiv gegeben ist und einer Überwindung der
Verbotsregelung auch sonst nichts im Wege steht. Insoweit kommt der Stellungnahme
der zuständigen Landschaftsbehörde durchaus eine gewichtige Indizwirkung zu.
112
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 - BRS 65 Nr. 95 (S. 452).
113
Zusätzlich ist hier jedoch zu berücksichtigen, dass, wie die Erörterung in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat gezeigt hat, praktisch der gesamte Außenbereich der
Beigeladenen - wie auch anderer Gemeinden im Märkischen Kreis - flächendeckend
unter Landschaftsschutz gestellt ist. In einem solchen Falle bedarf es in der Regel
zumindest konkreter Anhaltspunkte, wenn Flächen, die im übrigen für
114
Windenergienutzung durchaus geeignet sind, nicht als Vorrangzone dargestellt werden
sollen. Dies gilt um so mehr, wenn die Aspekte des Landschaftsschutzes im hier
betroffenen Raum - wie gerade auch die Erteilung der Befreiung für die im vorliegenden
Verfahren strittige, im Wald geplante Anlage des Klägers bestätigt - durchaus flexible
Handhabungen zulassen.
Auch wenn man die Aussonderung der Zonen II, III, IV und VI wegen fehlender Zusage
einer landschaftsschutzrechtlichen Befreiung als gerechtfertigt ansieht, erweist sich
jedenfalls der hieran anschließende Ausschluss auch der Zone V, für deren Bereich
Befreiungen von den Verboten der Landschaftsschutzverordnung in Aussicht gestellt
wurden, als nicht hinreichend gerechtfertigt.
115
Soweit die Beigeladene diesen Ausschluss auf Seite 3 des Erläuterungsberichts allein
mit der Nähe der Ortslage I. begründet hat, setzt sie sich in Widerspruch zu ihren
eigenen Erwägungen, die im Rahmen der Grobaussonderung der "Tabu- Flächen"
angeführt wurden. Wenn sie bei dieser Grobaussonderung mit Blick auf die
Immissionsschutzbelange einen Abstand von 300 m zu Wohnnutzungen im
Außenbereich - wie dargelegt in nicht zu beanstandender Weise - als ausreichend
angesehen hat, verlässt sie das von ihr selbst gewählte, an sich schlüssige
Gesamtkonzept, wenn sie im Einzelfall eine Fläche, bei der sich sonst kein
Ausschlussgrund finden lässt, trotz ihres Abstands von mindestens 300 m und mehr zur
nächstgelegenen Wohnbebauung unter dem Aspekt des Immissionsschutzes als
Vorrangzone ausschließt.
116
Dieser Mangel ist nicht etwa deshalb unbeachtlich, weil der Ausschluss der Zone V (I. ),
wie die Beigeladene auf Seite 7 ihres Schriftsatzes vom 25. November 2003 vorträgt,
nach der Niederschrift über die Sitzung des Ausschusses für Planung, Verkehr und
Umwelt vom 18. März 1998 (Bl. 90 der Beiakte Heft 3) auch damit motiviert worden sei,
dass die Zone in einem Erholungsgebiet liege. Zwar ist der Aspekt eines Schutzes der
Naherholung in jener Sitzung von mehreren Ratsherren als eines von verschiedenen
Argumenten vorgetragen worden, bevor der Ausschuss - entgegen dem Vorschlag der
Verwaltung, zwei Vorrangzonen darzustellen - die Streichung der Zone V in dem
öffentlich auszulegenden Entwurf der FNP-Änderung beschloss. Dieser Aspekt hat
jedoch keinen Niederschlag in dem Erläuterungsbericht gefunden, den der Rat der
Beigeladenen bei seiner abschließenden Beschlussfassung über die FNP-Änderung
beschlossen hat. Es ist auch sonst nichts dafür dargetan oder ersichtlich, dass sich der
Rat der Beigeladenen den Schutz der Naherholung als ein maßgebliches
Ausschlusskriterium zu eigen gemacht hat.
117
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, das die Planungsentscheidung der
Beigeladenen - abgesehen von der vom Senat letztlich offen gelassenen Frage, ob es
sich im vorliegenden Fall in der Tat um eine "verkappte Verhinderungsplanung" handelt
- jedenfalls insoweit an Abwägungsmängeln leidet, als die Aussonderung mehrerer der
nach der Vorabaussonderung der "Tabu-Flächen" verbliebenen 13 potentiellen
Vorrangzonen, insbesondere der Zonen 11 und V (=10), nicht hinreichend städtebaulich
begründet worden ist bzw. nicht auf einem schlüssigen Gesamtkonzept beruht.
118
Diese Mängel im Abwägungsvorgang sind auch im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2
BauGB erheblich. Sie sind offensichtlich, weil sie sich ohne weiteres aus den
Planunterlagen, insbesondere dem Erläuterungsbericht zur FNP-Änderung ergeben.
Sie sind auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Es liegt auf der
119
Hand, dass die Beigeladene, wenn sie sich der Fehlerhaftigkeit der Ausschlüsse
bewusst gewesen wäre, dazu entschlossen hätte, jedenfalls mehr Vorrangzonen als nur
die eine hier dargestellte auszuweisen. Auch wenn sie sich offensichtlich davon hat
leiten lassen, die Darstellung von Vorrangzonen möglichst gering zu halten, war es ihr
ersichtlich auch darauf angekommen, jedenfalls eine wirksame FNP-Änderung
aufzustellen, der die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zukommt.
Erweist sich nach alledem die FNP-Änderung als unwirksam, kann die
planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens des Klägers, soweit diese vom Senat zu
prüfen ist, nur daran scheitern, dass diesem Vorhaben öffentliche Belange
entgegenstehen. Konkrete Anhaltspunkte dafür sind weder dargetan noch sonst
ersichtlich.
120
Die vom Beklagten in seinem Ablehnungsbescheid angeführte Beeinträchtigung der
natürlichen Eigenart der Landschaft greift schon deshalb nicht, weil es bei diesem
Belang nicht etwa um das Landschaftsbild, sondern nur um die funktionale Bestimmung
des Außenbereichs, also die Erhaltung der "naturgegebenen Bodennutzung" geht.
121
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 15. Mai 1997 - 4 C 23.95 - BRS 59 Nr. 90 (S. 304).
122
Mit der funktionalen Bestimmung des Außenbereichs und einer "naturgegebenen
Bodennutzung" sind Windkraftanlagen schon deshalb vereinbar, weil der Gesetzgeber
sie - wenn auch unter dem Vorbehalt einer planerischen Steuerung durch die
Gemeinden - ausdrücklich im Außenbereich privilegiert hat. Von einer dem
Außenbereich "wesensfremden" Bebauung kann bei Windkraftanlagen daher keine
Rede sein.
123
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1, 162 Abs. 3
VwGO iVm § 100 ZPO.
124
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708
Nr. 10, 711, 713 ZPO.
125
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht gegeben sind.
126