Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 08.03.2005

OVG NRW: stadt, landwirtschaft, umwelt, abwasseranlage, zahl, gewerbe, abnahme, industrie, naturschutz, lwg

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 809/03
08.03.2005
Oberverwaltungsgericht NRW
15. Senat
Beschluss
15 A 809/03
Verwaltungsgericht Minden, 7 K 2001/01
Das Verfahren wird eingestellt. Das angegriffene Urteil des
Verwaltungsgerichts Minden vom 11. November 2002 - 7 K 2001/01 - ist
wirkungslos.
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen der Kläger zu 2/5,
der Beklagte zu 3/5.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 36.177,44 Euro
festgesetzt.
G r ü n d e :
Nachdem die Beteiligten die Hauptsache in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend
für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO, § 269
Abs. 3 Satz 1 ZPO einzustellen und das angegriffene Urteil für wirkungslos zu erklären
sowie gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung
des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten zu entscheiden. Es entspricht der
Billigkeit, die Kosten im Verhältnis 2/5 zu 3/5 zu verteilen,
Die gegen eine Beitragssumme von 70.756,92 DM gerichtete Klage war in Höhe von
14.419,08 DM schon deshalb begründet, weil der Kläger für das Flurstück 394 nicht
beitragspflichtig war und daher den darauf entfallenden angefochtenen Teilbeitrag nicht
schuldet. Dem hat der Beklagte durch entsprechende Teillaufhebung des Bescheides
entsprochen.
In Höhe der restlichen 56.337,84 DM hat sich die Klage zwar im Ergebnis als unbegründet
erwiesen, weil der Beitragsbescheid insoweit rechtmäßig ist. Jedoch hat der Kläger zu
Recht geltend gemacht, dass die Beitragserhebung in der festgesetzten Höhe mit dem Sinn
und Zweck des Kommunalabgabengesetzes nicht vereinbar ist, da ihm durch die
Möglichkeit des Anschlusses des Grundstücks an den Regenwasserkanal wegen der
Notwendigkeit einer privaten Regenrückhaltung vor Einleitung des Niederschlagswassers
in die öffentliche Abwasseranlage nur geminderte wirtschaftliche Vorteile gewährt werden.
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Der damit gegen die Wirksamkeit der Verteilungsregelung der Beitragssatzung gerichtete
Angriff konnte nur deshalb keinen Erfolg haben, weil - wie sich erst auf Grund der
Sachdarstellung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ergeben hat - die Stadt
wegen der Atypik der Fälle notwendiger privater Regenrückhaltung vor Einleitung des
Niederschlagswassers in die öffentliche Abwasseranlage berechtigt ist, keine gesonderte
Verteilungsregelung zu treffen, sondern die Regelung derartiger Einzelfälle einem
Erlassverfahren (§ 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b und Nr. 5 Buchst. a KAG NRW i.V.m. §§ 163
Abs. 1 Satz 1 und 3, 227 AO) vorzubehalten.
Die Beiträge sind nach den Vorteilen zu bemessen. Dabei können Gruppen von
Beitragspflichtigen mit annähernd gleichen Vorteilen zusammen gefasst werden (§ 8 Abs. 6
KAG NRW). Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG fordert, dass wesentlich Ungleiches
nicht willkürlich gleich behandelt wird. Dem Satzungsgeber steht ein weites Ermessen für
die Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen zu, die nur auf die Einhaltung der Grenzen
des sachlich Vertretbaren überprüft werden können. Bei einer bemängelten
Gleichbehandlung ist diese Grenze erst dann überschritten, wenn zwischen den beiden
Gruppen gleich behandelter Fälle Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht
vorliegen, dass die gleichartige Behandlung nicht mehr zu rechtfertigen ist.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. Dezember 2000 - 15 A 4579/97 -, NWVBl. 2001, 233.
Nach diesen Maßstäben verstößt die volle Teilbeitragserhebung für Grundstücke, bei
denen die Einleitung von Niederschlagswasser in die öffentliche Entwässerungsanlage
lediglich unter der Bedingung der Errichtung einer privaten Regenrückhalteeinrichtung
gestattet wird, gegen § 8 Abs. 6 KAG NRW und den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Der Beklagte macht bei manchen Gewerbegrundstücken (namentlich großen und intensiv
versiegelten) von der Ermächtigung des § 8 Abs. 5 der Satzung der Stadt I. über die
Entwässerung der Grundstücke vom 2. Juli 1990 i.d.F. der 6. Änderungssatzung vom 16.
Dezember 1997 (EWS) Gebrauch, den Bau von Rückhaltebecken für das
Niederschlagswasser vor dessen Einleitung in die Kanalisation zu verlangen. Die beiden
Fallgruppen (einerseits Gewerbegrundstücke, für die eine private Regenrückhaltung
gefordert wird, andererseits sonstige Grundstücke, für die eine private Regenrückhaltung
nicht gefordert wird) sind wesentlich ungleich unter dem Gesichtspunkt des durch die
Möglichkeit der Inanspruchnahme gewährten wirtschaftlichen Vorteils. Dieser besteht bei
Baulandcharakter aufweisenden Grundstücken in der Erhöhung des Gebrauchswertes
dahin, dass erst durch die zur Inanspruchnahme gebotene Entwässerungsanlage eine
bauliche Nutzung möglich wird.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. März 2004 - 15 A 1151/02 -, KStZ 2004, 134 (135 f.).
Die generell durch die öffentliche Entwässerungsanlage gebotene Entwässerungsleistung
ist die Beseitigung des Abwassers (§ 1 Satz 1 EWS). Dazu zählt insbesondere gemäß § 2
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EWS das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder
befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser (Niederschlagswasser). Damit
wird den Anschlussnehmern der genannten Fallgruppen eine den wirtschaftlichen Vorteil
berührende unterschiedliche Entwässerungsleistung geboten, nämlich ungedrosselte
Abnahme des Niederschlagswassers einerseits, gedrosselte Abnahme des
Niederschlagswassers andererseits.
Der wirtschaftliche Vorteil ist unterschiedlich, weil die Anforderungen an die Überlassung
des Niederschlagswassers am Übergabepunkt verschieden sind. Der gewährte
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wirtschaftliche Vorteil der abwassermäßigen Erschließung als Voraussetzung einer
baulichen Nutzung wird in dem einen Fall alleine durch die öffentliche
Entwässerungsanlage, im anderen Fall nur zusammen mit einer zusätzlichen privaten
Rückhalteeinrichtung gewährt. Da der Beitrag sich nach dem wirtschaftlichen Vorteil zu
richten hat, muss diese unterschiedliche Vorteilsgewährung sich grundsätzlich im Beitrag
niederschlagen.
Dem steht nicht entgegen, dass nach den Angaben des Beklagten eine solche private
Regenrückhaltung erforderlich sei, weil das Kanalisationsnetz nur für die Aufnahme von
Regenwasser von bis zu 40 % versiegelter Fläche bemessen sei. Es kommt für die
Beitragsbemessung nicht darauf an, warum unterschiedliche Vorteile gewährt werden,
sondern alleine darauf, dass dies der Fall ist. Hier wird den Grundstücken ohne
Differenzierung nach dem Versiegelungsgrad die Entwässerungsleistung zum Teil mit und
zum Teil ohne das Erfordernis einer privaten Regenrückhaltung gewährt und damit
unterschiedlich.
Der Umstand, dass die hier und bei anderen Gewerbegrundstücken mit notwendiger
privater Regenrückhaltung zu entwässernde Fläche gemessen an sonstigen Grundstücken,
für die keine Regenrückhaltung vorgeschrieben wird, relativ groß ist, trägt die
unterschiedslose Beitragserhebung nicht. Die Größe der zu entwässernden Fläche ist
bereits Beitragsmaßstab nach § 3 Abs. 1 der Satzung über die Erhebung eines
Anschlussbeitrages für die Entwässerungsanlage der Stadt I. vom 13. September 1978
i.d.F. der 8. Änderungssatzung vom 30. September 1999 (KABS), sodass sich der insoweit
größere wirtschaftliche Vorteil eines größeren zu entwässernden Grundstücks in einem
höheren Beitrag niederschlägt und daher die zusätzliche Anforderung einer privaten
Regenrückhaltung ohne Auswirkung auf die Beitragshöhe nicht rechtfertigt.
Daher trägt auch der Gesichtspunkt nicht, die geforderte Regenrückhaltung beruhe auf
Besonderheiten des Grundstücks und bedürfe, wie etwa bei einer Hebeanlage bei
Hanggrundstücken, keiner beitragsrechtlichen Berücksichtigung. Das trifft nicht zu, weil die
Besonderheit hier alleine in der Größe der zu entwässernden Fläche liegt, die bereits
beitragsrechtlich durch den Flächenmaßstab erfasst ist.
Die fehlende Differenzierung rechtfertigt sich auch nicht dadurch, dass die Stadt ihrerseits
wasserrechtlich gehalten ist, ihre Einleitung des gesammelten Niederschlagswassers in
den Vorfluter, hier den S. Bach, auf den natürlichen Landabfluss zu drosseln. Das ist Teil
ihrer Abwasserbeseitigungslast (§ 53 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. LWG), sodass sie selbst die
dazu erforderlichen Regenrückhalteeinrichtungen - beitragspflichtig - zu errichten hat (vgl. §
2 Abs. 3 Nr. 1 EWS über die zur öffentlichen Abwasseranlage gehörenden Einrichtungen,
wozu insbesondere Rückhalteanlagen zählen). Wenn sie dazu aus objektiven Gründen
nicht in der Lage ist, wie sie behauptet, so mag sie objektiv außerstande sein, ihrer
Abwasserbeseitigungslast nachzukommen und von daher auch befugt sein, eine
entsprechende private Regenrückhaltung von bestimmten Anschlussnehmern zu
verlangen, wie es hier geschehen ist. Das ändert jedoch nichts daran, dass diesen
Anschlussnehmern gegenüber denjenigen, von denen keine Regenrückhaltung verlangt
wird, durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Entwässerungseinrichtung nicht der
gleiche wirtschaftliche Vorteil gewährt wird.
Schließlich spielt es auch keine Rolle, ob der Kläger von der Auflage zur Errichtung einer
Regenrückhalteeinrichtung in der Baugenehmigung gewusst und diese akzeptiert hat. Die
Rechtmäßigkeit der Regelung steht nicht in Rede. Hier geht es alleine darum, ob die Stadt
dem Kläger durch die öffentliche Entwässerungsanlage einen gleichen wirtschaftlichen
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Vorteil gewährt wie denjenigen Anschlussnehmern, von denen sie eine
Regenrückhalteeinrichtung nicht fordert, und deshalb auch denselben Beitrag verlangen
darf. Das ist, wie ausgeführt, nicht der Fall. Der in der mündlichen Verhandlung erhobene
Einwand, die Stadt habe gerade im Interesse des Klägers den Regenwasserkanal erstellt
und hätte davon auch absehen können mit der Folge, dass das Gelände bis heute nicht
baulich und gewerblich genutzt werden könnte, verkennt, dass der Anschlussbeitrag keine
Beteiligung an den Kosten der konkreten Kanalbaumaßnahme zur Erschließung eines
bestimmten Grundstücks, sondern eine Gegenleistung dafür ist, dass dem
Grundstückseigentümer durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen
Entwässerungsanlage ein wirtschaftlicher Vorteil geboten wird (§ 8 Abs. 2 Satz 2 KAG
NRW). Wenn die Stadt die Überwälzung der Lasten einer - etwa vorgezogenen oder
überhaupt nicht geplanten - Erschließung eines bestimmten Grundstücks erreichen will,
mag sie dies über entsprechende vertragliche Abmachungen (vgl. §§ 11, 124 BauGB)
anstreben,
vgl. zu solchen städtebaulichen Verträgen im Entwässerungsbereich und ihr Verhältnis
zum Kanalanschlussbeitragsrecht Klausing, in: Driehaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht,
Loseblattsammlung (Stand: September 2004), § 8 Rn. 1069 ff.,
kann dies aber nicht einseitig dadurch bewirken, dass sie für die nur einen geminderten
wirtschaftlichen Vorteil bietende Anschlussmöglichkeit einen vollen Beitrag erhebt.
Schließlich kann der Verstoß der Beitragserhebung gegen § 8 Abs. 6 KAG NRW und Art. 3
Abs. 1 GG nicht damit in Abrede gestellt werden, dass der Kläger wegen des
Verschmutzungsgrades des Niederschlagswassers ohnehin verpflichtet sei, ein
Regenklärbecken zu errichten, das gleichzeitig auch als Rückhaltebecken diene. Auch
insoweit wird dem Kläger ein geminderter wirtschaftlicher Vorteil gewährt. Es mag sein,
dass - wie einschlägige Ministerialerlasse es vorsehen -,
vgl. zur Erlasslage heute Punkt 2.2 des RdErl. des Ministeriums für Umwelt und
Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 26. Mai 2004 (Anforderungen an
die Niederschlagsentwässerung im Trennverfahren), MBl.NRW 2004, 583; Punkte 12 ff.
des RdErl. des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft vom 18. Mai
1998 (Niederschlagswasserbeseitigung gemäß § 51a des Landeswassergesetzes),
MBl.NRW 1998, 654,
bestimmte Niederschlagswasserarten vor Einleitung in einen Vorfluter der Vorbehandlung
durch ein Regenklärbecken bedürfen. Dann ist es Sache der Stadt als Trägerin der
Abwasserbeseitigungslast nach § 53 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. LWG, die notwendigen
Regenklärbecken zu errichten (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 1 EWS über die zur öffentlichen
Abwasseranlage gehörenden Einrichtungen, wozu insbesondere Regenklärbecken
zählen). Etwas Anderes würde nur gelten, wenn die Entwässerungssatzung die hier in
Rede stehenden Niederschlagswässer allgemein von der Einleitung in die öffentliche
Entwässerungsanlage ohne Vorbehandlung ausschlösse. Dann bezöge sich die
angebotene Entwässerungsleistung allgemein nicht auf diese Abwässer. Das ist jedoch
nicht der Fall. Nach den allgemein anerkannten Regeln der Abwassertechnik im Zeitpunkt
des Entstehens der Beitragspflicht,
vgl. Punkt 4.2 des RdErl. des Ministers für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft vom
4. Januar 1988 (Anforderungen an die öffentliche Niederschlagsentwässerung im
Trennverfahren), MBl.NRW 1988, 164,
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bedurfte Niederschlagswasser aus Gewerbe-, Industrie- und Mischgebieten der
mechanischen Behandlung in Regenklärbecken.
Ähnlich auch heute nach Punkt 2.2 i.V.m. Anlagen 1 und 2 des RdErl. des Ministeriums für
Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 26. Mai 2004
(Anforderungen an die Niederschlagsentwässerung im Trennverfahren), MBl.NRW 2004,
583, wenn nicht sogar eine Zuführung an die Kläranlage als Schmutzwasser erforderlich
ist.
Der Beklagte behauptet jedoch nicht einmal, dass allen Anschlussnehmern von
Grundstücken aus Gewerbe-, Industrie- und Mischgebieten eine Vorbehandlung ihres
Niederschlagswassers in privaten Regenklärbecken aufgegeben wird.
Erweist sich somit der gebotene wirtschaftliche Vorteil zwar als beitragsrelevant ungleich,
so ist die satzungsrechtliche Verteilungsregelung dennoch wirksam und der
Beitragsbescheid daher rechtmäßig. Der Satzungsgeber ist nämlich nicht verpflichtet,
jedweden Fall relevanter Ungleichheit normativ zu erfassen. Der Normgeber darf sich
grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils
durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Der Gleichheitssatz fordert nicht eine immer
mehr individualisierende und spezialisierende Normgebung.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. April 1997 - 2 BvL 77/92 -, BVerfGE 96, 1 (6).
Für das Abgabenrecht ist anerkannt, dass Typisierungen und Pauschalierungen -
insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen - durch Erwägungen der
Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt sein können.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. September 2004 - 10 C 3.04 -, juris Nr. WBRE 410011271, Rn.
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Allerdings sind vom Einzelfall abstrahierende Typisierungen nur zulässig, so lange die
durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem
angemessenen Verhältnis zu den erhebungstechnischen Vorteilen der Typisierung steht
und die Zahl der "Ausnahmen" gering ist. Die Grenze liegt dort, wo ein sachlich
einleuchtender Grund für die gesetzliche Gleichbehandlung wesentlich ungleicher
Sachverhalte auch mit Blick auf die Verwaltungsvereinfachung fehlt und die Zahl der dem
"Typ" widersprechenden "Ausnahmen" geringfügig ist. Die Grenze dafür liegt bei 10 %.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. März 1995 - 8 N 3.93 -, Buchholz 401.84
Benutzungsgebühren Nr. 75, S. 36 f.; Urteil vom 1. August 1986 - 8 C 112.84 -, NVwZ 1987,
231 (232); Beschluss vom 19. September 1983 - 8 N 1.83 -, NVwZ 1984, 380 (381); OVG
NRW, Beschluss vom 28. Juni 2004 - 9 A 1276/02 -, Gemhlt. 2004, 215 (216); Urteil vom
28. März 2003 - 9 A 615/01 -, S. 13 des amtl. Umdrucks.
Hier hat der Vortrag des Beklagten im Berufungsverfahren zwar den Anschein erweckt, als
werde bei allen Gewerbegrundstücken mit einem Versiegelungsgrad von mehr als 40 %
eine Regenrückhaltung verlangt, so dass nicht mehr von atypischen Einzelfällen im Sinne
der oben genannten Rechtsprechung ausgegangen werden könnte. Jedoch hat der
Beklagte in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sich die geforderte
Regenrückhaltung auf - in einzelnen Gebieten möglicherweise durchaus häufigere -
Einzelfälle beschränkt (er hat 14 Fälle aus vier Gewerbegebieten benannt), so dass keine
Anhaltspunkte dafür vorliegen, die Zahl dieser "Rückhaltefälle" mache 10 % oder mehr
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aller Anschlussfälle aus.
Angesichts der nur im satzungsrechtlichen Ergebnis nicht erfolgreichen Klage und des
Umstandes, dass der Beklagte den zutreffend geltend gemachten sachlichen
Unbilligkeitsgrund schon bei der Beitragsfestsetzung hätte berücksichtigen können (§ 12
Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG NRW i.V.m. § 163 Abs. 1 Satz 1 AO), entspricht es der Billigkeit,
die Kosten dieses Teils der Klage den Beteiligten je zur Hälfte aufzuerlegen, so dass sich
die im Tenor ausgewiesene Quotelung ergibt. Die Frage der Höhe des zu gewährenden
Erlasses war vom Senat nicht zu prüfen und dementsprechend auch nicht der
Kostenverteilung zu Grunde zu legen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 13 Abs. 2, 14 Abs. 1 Satz 1 des
Gerichtskostengesetzes alter Fassung (anwendbar gemäß § 72 Nr. 1 des
Gerichtskostengesetzes in der zur Zeit geltenden Fassung).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.