Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 06.02.2007

OVG NRW: lebensgemeinschaft, unterhalt, erwerbstätigkeit, besuch, wochenende, versicherung, ausländer, anfang, unternehmen, erkenntnis

Oberverwaltungsgericht NRW, 18 B 2550/06
Datum:
06.02.2007
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
18. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
18 B 2550/06
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 24 L 1874/06
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- EUR
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, auf
deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen
keine Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Beschlusses.
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Der Beschwerdevortrag des Antragstellers genügt bereits nicht dem in § 146 Abs. 4 Satz
3 VwGO normierten Darlegungserfordernis. Danach muss die Beschwerdebegründung
unter anderem die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder
aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Dies
erfordert, dass der Antragsteller mit schlüssigen Gegenargumenten auf die
entscheidungstragenden Gründen des erstinstanzlichen Beschlusses eingeht. Dabei
hat sich die Beschwerde an der Begründungsstruktur der angegriffenen Entscheidung
zu orientieren.
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Vgl. etwa Senatsbeschluss vom 9. Februar 2006 - 18 B 1153/05 -.
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Diesen Anforderungen ist nicht genügt, wenn der Antragsteller - wie hier - die
erstinstanzliche Entscheidung beanstandet, ohne auch nur hinreichend zu
verdeutlichen, ob seine Ausführungen die Richtigkeit der Feststellungen zum von ihm
gestellten Haupt- oder zum Hilfsantrag in Frage stellen sollen.
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Abgesehen davon greifen die Beanstandungen des Antragstellers auch nicht durch.
Dies gilt zunächst, soweit die Beschwerde die Feststellungen des Verwaltungsgerichts
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zum Nichtvorliegen einer familiären Lebensgemeinschaft als Voraussetzung für einen
Anspruch aus § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG bzw. § 28 Abs. 1 Satz 2 AufenthG
angreift. Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens, zu dem noch
Erklärungen der geschiedenen Ehefrau des Antragstellers sowie seiner Lebensgefährtin
vorgelegt worden sind, ist nicht anzunehmen, dass eine solche Lebensgemeinschaft
des Antragstellers mit seinen Kindern bestünde oder sich darum auch nur ernsthaft
bemüht hätte. Mit dem Verwaltungsgericht ist insoweit auf die Mitteilungen des vom
Antragsgegner herangezogenen Jugendamts der Stadt L. -M. zu verweisen, aus denen
eindrucksvoll hervorgeht, dass sich der Antragsteller in der Zeit nach der Trennung von
seiner Ehefrau bis zur Erstellung der Stellungnahmen im April bzw. Mai 2006 offenbar
so gut wie nicht um seine Kinder gekümmert hat. Neben den bereits von
Verwaltungsgericht dazu mitgeteilten Einzelheiten ist insoweit darauf zu verweisen,
dass der Antragsteller für seine Töchter offenbar noch nie Unterhalt gezahlt hat, er sich
auf Anfrage zur Prüfung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht gemeldet hat, er die
Schulen, die seine Kinder besuchen, nicht nennen konnte und die damals siebenjährige
Tochter N. auf Befragen zunächst mit der Frage nach ihrem Vater nichts anfangen und
nicht angeben konnte, dass bzw. wann sie diesen gesehen oder mit ihm gespielt hatte.
Bezeichnend für das seitens des Antragstellers an den Tag gelegte Desinteresse an
seinen Kindern und den mangelnden Umgang ist ferner, dass dieser dem
Antragsgegner weder deren Anschrift noch deren Geburtsdatum angeben konnte. Die
Angaben der Kindesmutter dem Antragsgegner gegenüber stützen das hieraus
gewonnene Bild. Der Kontakt des Antragstellers mit den Kindern beschränkte sich in der
Vergangenheit demnach offenbar im Wesentlichen auf deren gelegentliches Abliefern
oder Antreffen bei ihrer Tante (der Schwester seiner geschiedenen Ehefrau, die
gleichzeitig eine Cousine des Antragstellers ist). Dies begründet allerdings keine
familiäre Lebensgemeinschaft.
Vor diesem Hintergrund ist das diesbezügliche Beschwerdevorbringen nicht geeignet
zu belegen, dass eine Lebensgemeinschaft des Antragstellers mit seinen Töchtern
nunmehr bestünde oder sich darum auch nur ernsthaft bemüht hätte. Die
entsprechenden Erklärungen sind vielmehr als verfahrensangepasstes Vorbringen zu
werten, veranlasst durch die Erkenntnis, dass die Behauptung, eine solche
Lebensgemeinschaft zu führen, einen Ansatz für das begehrte Aufenthaltsrecht in
Deutschland bieten könnte. Hierfür spricht nachdrücklich der lange Zeitraum, in dem
sich der Antragsteller - wie die oben beschriebenen Stellungnahmen in
bemerkenswerter Deutlichkeit belegen - nicht um seine Kinder gekümmert hat. Dieser
lebt von seiner Ehefrau nämlich bereits seit Februar 2002 getrennt. Hat er sich mithin
über einen Zeitraum von über vier Jahren so gut wie nicht um seine Töchter gekümmert
und macht erst im Verfahren um die - seit Sommer 2006 - drohende Beendigung seines
Aufenthalts in Deutschland geltend, dass sich dies nun geändert habe bzw. ändern
solle, drängt sich die Annahme auf, dass es dem Antragsteller mit dem entsprechenden
Vorbringen allein um die Abwendung der Aufenthaltsbeendigung geht.
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Abgesehen von dieser Einschätzung ist auch mit den nunmehr vorgelegten Erklärungen
das Bestehen einer familiären Lebensgemeinschaft des Antragstellers und seiner
Kinder nicht belegt. Wie sich diese konkret gestaltet, ist den Erklärungen weiterhin nicht
zu unternehmen. Jede Schilderung des Antragstellers selbst hierzu fehlt. Die
eidesstattliche Versicherung seiner Lebensgefährtin beschränkt sich auf die unkonkret
gehaltenen Behauptungen, der Antragsteller habe "seit längerem regelmäßig Kontakt"
zu den Kindern, sie hätten ihn am letzten Wochenende "besucht", dies sei "nicht der
erste Besuchskontakt" gewesen, sondern diese fänden "relativ regelmäßig" statt. Dies
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führt insbesondere deshalb nicht weiter, weil "Kontakte" zwischen dem Antragsteller
und seinen Kindern auch dann zustande kommen, wenn diese sich zufällig bei der in T.
wohnhaften Schwester seiner geschiedenen Ehefrau und Cousine des Antragstellers
treffen, wie es in der Vergangenheit vorgekommen ist. Soweit die Lebensgefährtin des
Antragstellers weiter auf einen Besuch anlässlich des Geburtstags der Tochter verweist,
ist das Geburtsdatum falsch angegeben. Der Hinweis schließlich, dass der Antragsteller
für den Geburtstag oder Weihnachten Geld gegeben haben soll, ist angesichts des
Umstands, dass dieser Unterhaltszahlungen offenbar noch immer nicht aufgenommen
hat - und zwar auch nicht vor dem Hintergrund seiner behaupteten verbesserten
Einkommensverhältnisse und des vorliegenden Verfahrens -, von geringer Bedeutung.
Die Beschwerde stellt ferner nicht durchgreifend die Feststellung des
Verwaltungsgerichts in Frage, es sei nicht ersichtlich, dass der Lebensunterhalt des
Antragstellers im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG gesichert sein. Gemäß § 2 Abs.
3 Satz 1 AufenthG ist der Lebensunterhalt eines Ausländers gesichert, wenn dieser ihn
einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme
öffentlicher Mittel bestreiten kann. Hierfür mag es zwar ein Indiz, aber kein
ausreichender Beleg sein, dass der Ausländer öffentliche Mittel (noch) nicht in Anspruch
genommen hat. Das allein besagt zum Einen nichts über die Sicherung des
Krankenversicherungsschutzes. Davon abgesehen muss positiv erkennbar sein, dass
der Lebensunterhalt gesichert ist, dies zudem auf gewisse Dauer.
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Vgl. Senatsbeschluss vom 14. August 2006 - 18 B 1392/06 - mit weiteren Nachweisen.
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Im Falle des Antragstellers kommt hinzu, dass er über längere Zeit und bis Anfang Juli
2006 noch öffentliche Leistungen bezogen hat.
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Zu keinem anderen Ergebnis führen die Vorlage der vorläufigen Gewinnermittlung des
Antragstellers für die Monate Mai bis November 2006 sowie das Vorbringen, seine
Lebensgefährtin habe eine Erwerbstätigkeit aufgenommen. Der entsprechend den
Anmerkungen des Antragsgegners nach der vorläufigen Gewinnermittlung zugrunde zu
legende Gewinn, der sich auf den Monat bezogen auf rund 400 EUR belaufen dürfte,
deckt schon den nach SGB XII zugrunde zu legenden Bedarf nicht ab, und zwar selbst
dann nicht, wenn angenommen würde, dass die Lebensgefährtin des Antragstellers die
Hälfte der Warmmiete trägt. Zur Erwerbstätigkeit und dem daraus folgenden Einkommen
der Lebensgefährtin des Antragstellers fehlen jegliche Angaben, so dass hieraus - von
der fehlenden rechtlichen Verpflichtung der Lebensgefährtin zum Unterhalt abgesehen -
nichts für den Antragsteller herzuleiten ist. Ohnehin fehlt weiter jede Angabe zur
Sicherung ausreichenden Krankenversicherungsschutzes.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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