Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 17.04.1997

OVG NRW (verlängerung der frist, stadt, parkplatz, der rat, benutzung, antrag, sozialeinrichtung, antragsteller, parkhaus, mitbestimmung)

Oberverwaltungsgericht NRW, 1 A 1854/94.PVL
Datum:
17.04.1997
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 A 1854/94.PVL
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 3c K 5604/93.PVL
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
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I.
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Am Rathaus der Stadt M. befindet sich ein Parkplatz, der bisher, von einigen für
Dienstfahrzeuge und Behinderte reservierten Parkplätzen abgesehen, von den
Beschäftigten der Stadt M. sowie Besuchern des Rathauses, eines nahegelegenen
Einkaufszentrums und sonstigen Einrichtungen (Amtsgericht, Arbeitsamt, Arztpraxen
usw.) kostenlos ohne zeitliche Einschränkung genutzt werden konnte. Das Gelände
steht im Eigentum der Stadt M. .
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Mit Schreiben vom 8. Dezember 1992 erläuterte der Beteiligte dem Antragsteller das
Konzept zur Beeinflussung der Verkehrsmittelwahl im Zentrum der Stadt M. und teilte
ihm u. a. mit, es sei beabsichtigt, hinsichtlich des Parkplatzes am Rathaus folgende
Regelungen zu treffen:
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- gebührenpflichtig über Parkscheinautomaten, - keine Begrenzung der Parkdauer, -
Ausweisung von neun Behindertenstellplätzen, - Reservierung einer Ebene im I. -
Parkhaus für Beschäftigte des Rathauses ohne finanzielle oder zeitliche
Bewirtschaftung.
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In dem Schreiben heißt es sodann weiter: Für alle anderen Parkflächen, ob städtisch
oder privat, solle keine Regelung getroffen werden. Diese Flächen stünden, soweit
öffentlich zugänglich, ohne zeitliche und finanzielle Beschränkung zur Verfügung; eine
Überwachung und Ahndung durch die Stadt M. finde nicht statt. Die Beschäftigten des
Rathauses seien von diesen Regelungen insoweit betroffen, daß nicht mehr kostenfrei
am Rathaus geparkt werden könne. Parkmöglichkeiten bestünden auf den nicht
bewirtschafteten Flächen, insbesondere auf der im I. -Parkhaus reservierten Ebene. Er
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bitte um Zustimmung zu dem Konzept für die geplante Parkraumbewirtschaftung am
Rathaus gemäß § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 LPVG NW.
Nach Verlängerung der Frist zur Stellungnahme teilte der Antragsteller dem Beteiligten
mit Schreiben vom 5. Januar 1993 mit, er beabsichtige der Maßnahme nicht
zuzustimmen. Daraufhin erwiderte der Beteiligte mit Schreiben vom 26. Februar 1993,
es sei irrtümlich vom Bestehen eines Mitbestimmungsrechts ausgegangen worden. Ein
Mitbestimmungsrecht sei nur gegeben, wenn Stellplätze auf einem diensteigenen
Parkplatz zugewiesen oder verteilt werden sollten. Bei keiner der zur Bewirtschaftung
vorgesehenen Flächen handele es sich um einen diensteigenen Parkplatz. Der Antrag
auf Zustimmung werde daher zurückgenommen. Mit Schreiben vom 6. April 1993 teilte
der Beteiligte dem Antragsteller darüber hinaus mit, daß die ursprünglich vorgesehene
Maßnahme nicht mehr durchgeführt werden solle. Insbesondere wurde die
ursprüngliche Absicht, Parkplätze im I. -Parkhaus für die Beschäftigten zu reservieren,
fallengelassen.
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Am 1. Juli 1993 beschloß der Rat der Stadt M. eine Gebührenordnung gemäß § 6 a Abs.
6 StVG. Für die Benutzung des Parkplatzes am Rathaus wurde sodann folgende
Regelung vorgesehen: Vier Stellplätze auf dem Parkplatz am Rathaus sollten für
Dienstfahrzeuge reserviert und der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden. Die
Straßenverkehrsbehörde solle darüber hinaus nach Zeichen 314 der
Straßenverkehrsordnung mit Zusatzschild neun Behindertenstellplätze ausweisen. 150
Stellplätze könnten von jedermann gebührenfrei, die verbleibenden Stellplätze gegen
eine Parkgebühr von 0,50 DM je halbe Stunde genutzt werden.
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Der Antragsteller hat am 14. Juli 1993 das vorliegende Beschlußverfahren eingeleitet.
Durch den angefochtenen Beschluß hat die Fachkammer für
Landespersonalvertretungssachen des Verwaltungsgerichts den Antrag,
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festzustellen, daß die Veränderung der bisherigen Parkplätze auf dem
Rathausgrundstück der Mitbestimmung des Antragstellers nach § 72 Abs. 4 Nr. 9 und
nach § 72 Abs. 2 Nr. 4 LPVG NW unterliegt,
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mit im wesentlichen folgender Begründung abgelehnt: Die Veränderung der
Parkplatzsituation rund um das Rathaus unterliege nicht der Mitbestimmung des
Antragstellers gemäß § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 LPVG NW. Der Parkplatz rund um das
Rathaus M. sei zwar nicht als öffentliche Verkehrsfläche gewidmet, unstreitig aber seit
jeher der Öffentlichkeit zugänglich. Damit handele es sich bei dem Parkplatz um eine
öffentliche Verkehrsfläche, hinsichtlich deren Nutzung eine Regelung, die das Verhalten
der Beschäftigten oder die Ordnung in der Dienststelle betreffe, nie getroffen worden sei.
Die Beschäftigten hätten vielmehr rein tatsächlich Vorteile daraus gezogen, daß sie die
Möglichkeit gehabt hätten, dienststellennah ihre Fahrzeuge abzustellen. Die
Einschränkung solcher tatsächlichen Möglichkeiten durch eine Regelung der
Parkraumbewirtschaftung, die sich an die Allgemeinheit und als Teil der Allgemeinheit
auch an die Beschäftigten richte, unterliege nicht der Mitbestimmung gemäß § 72 Abs. 4
Satz 1 Nr. 9 LPVG NW. Dies gelte insbesondere, soweit der Beteiligte Stellplätze für
Dienstfahrzeuge freihalten wolle. Hinsichtlich der Sonderregelung zugunsten von
Schwerbehinderten handele es sich nicht um eine Regelung für schwerbehinderte
Beschäftigte, sondern um eine Begünstigung schwerbehinderter Verkehrsteilnehmer.
Bei den Parkplätzen handele es sich auch nicht um eine Sozialeinrichtung iSd § 72
Abs. 2 Nr. 4 LPVG NW. Die Abschaffung der tatsächlichen Vorteile einer kostenlosen
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Parkraumbenutzung stelle daher keine Auflösung einer Sozialeinrichtung dar.
Gegen diesen den Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers am 28. März 1994
zugestellten Beschluß haben diese am 28. April 1994 Beschwerde eingelegt und
letztere am 27. Mai 1994 im wesentlichen wie folgt begründet: Der Parkplatz am
Rathaus stelle eine Sozialeinrichtung iSd § 72 Abs. 2 Nr. 4 LPVG NW dar. Die
Benutzung auf dem Parkplatz habe der Beteiligte mittels seines Hausrechts geregelt.
Auch die bloße Mitbenutzung einer an sich für andere geschaffenen Einrichtung könne
eine Sozialeinrichtung darstellen. Die Einschränkung der Parkmöglichkeiten stelle eine
Regelung der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten iSd §
72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 LPVG NW dar.
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Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
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den angefochtenen Beschluß zu ändern und seinem erstinstanzlichen Antrag zu
entsprechen.
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Der Beteiligte beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Er hält den angefochtenen Beschluß für zutreffend und tritt dem Vorbringen des
Antragstellers entgegen.
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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung
einverstanden erklärt.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug
genommen.
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II.
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Aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten entscheidet der Fachsenat über die
Beschwerde gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 LPVG NW, §§ 90 Abs. 2 und 83 Abs. 4 Satz 3
ArbGG ohne mündliche Verhandlung.
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Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und
begründet worden. Sie hat jedoch keinen Erfolg.
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Der Antrag ist zulässig.
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Für den weiterhin auf den konkreten personalvertretungsrechtlichen Vorgang
bezogenen Feststellungsantrag besteht das Rechtsschutzinteresse fort, weil sich die
streitgegenständliche Maßnahme nicht in der Weise erledigt hat, daß sie sich nicht mehr
wenigstens teilweise rückgängig machen ließe. Nur in einem derartigen Fall müßte zu
einem abstrakten Antrag übergegangen werden.
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Vgl. BVerwG, Beschluß vom 2. Juni 1993 - 6 P 3.92 -, BVerwGE 92, 295 = PersV 1994,
126 = ZTR 1993, 525 = PersR 1993, 450 = RiA 1994, 94.
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Die Neuordnung der Benutzung des Parkplatzes am Rathaus ist zwar vollzogen
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worden. Die Rechtswirkungen dieser Maßnahme dauern jedoch an und lassen sich
zumindest für die Zukunft abändern bzw. rückgängig machen.
Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
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Es fehlt bereits an einer Maßnahme des Beteiligten iSd § 66 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1
LPVG NW. Der Beteiligte hat die streitgegenständliche Neuregelung der Benutzung des
Parkplatzes am Rathaus nicht in seiner Eigenschaft als Leiter der Stadtverwaltung
getroffen, sondern als Straßenverkehrsbehörde. Denn die Neuregelung der Benutzung
des Parkplatzes am Rathaus ist Teil des Konzepts zur Beeinflussung der
Verkehrsmittelwahl im Zentrum der Stadt M. . Eine derartige Maßnahme verläßt den
dem Personalrat zugewiesenen innerdienstlichen Bereich. Die Mitbestimmung würde
auf die nach außen gerichtete Aufgabenerfüllung der Dienststelle erheblichen Einfluß
nehmen. Derartige Entscheidungen mit Außenwirkung sind der Mitbestimmung des
Personalrats entzogen.
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Vgl. zur Asbestsanierung von Schulräumen: BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1995
- 6 P 27.93 -, PersR 1996, 151, 152 und vom 29. Januar 1996 - 6 P 1.93 -, PersR 1996,
280.
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Hiervon abgesehen sind auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 72 Abs. 2 Nr. 4
und Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 LPVG NW nicht erfüllt.
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Nach der zuerst genannten Vorschrift hat der Personalrat in sozialen Angelegenheiten
mitzubestimmen bei der Einrichtung, Verwaltung und - nur diese Alternative kommt im
vorliegenden Fall in Betracht - Auflösung von Sozialeinrichtungen ohne Rücksicht auf
ihre Rechtsform. Unter Sozialeinrichtungen sind auf Dauer berechnete, organisierte
Veranstaltungen zu verstehen, die von der Verwaltung allein oder mit den Beschäftigten
gemeinsam errichtet werden, um ihnen oder einzelnen Gruppen Vorteile zukommen zu
lassen. Dabei muß es sich um eine Einrichtung handeln, die verwaltet werden kann.
Erforderlich ist deshalb ein abgesonderter Teil konkreter Mittel mit einer gewissen
eigenen Organisation.
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Vgl. Beschluß des Senats vom 6. November 1985 - CL 21/84 -, RiA 1986, 188, 189.
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Auch die Möglichkeit der Mitbenutzung einer Einrichtung, die an sich nicht für die
Beschäftigten geschaffen worden ist, kann eine Sozialeinrichtung darstellen.
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Vgl. Cecior/Dietz/Vallendar, Personalvertretungsrecht NW, § 72 RdNr. 269.
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Es fehlt bereits an dem entscheidenden Merkmal für eine Sozialeinrichtung, der
Vorteilsgewährung an Beschäftigte. Denn die bisherige Möglichkeit der kostenlosen
Benutzung des Parkplatzes am Rathaus war den Beschäftigten nicht als Angehörigen
der Stadtverwaltung eingeräumt worden, sondern stand ihnen wie jedem anderen
Verkehrsteilnehmer offen. Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob ein
Parkplatz als "ein abgesonderter Teil konkreter Mittel mit einer gewissen eigenen
Organisation" angesehen werden kann.
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Ob etwas anderes bei einem Beschäftigten zum kostenlosen Parken zur Verfügung
gestellten städtischen Parkhaus gilt,
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vgl. Hess. VGH, Beschluß vom 24. Juni 1993 - HPV TL 490/92 -, PersR 1994, 87
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kann dahingestellt bleiben, da ein derartiger Fall, nachdem der Beteiligte nicht mehr
beabsichtigt, den Beschäftigten eine Ebene im Insel-Parkhaus zur Verfügung zu stellen,
nicht vorliegt.
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Auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 LPVG NW sind
nicht erfüllt. Nach der genannten Vorschrift hat der Personalrat, soweit - wie hier - eine
gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen über die Regelung
der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten. Bei der "Ordnung
in der Dienststelle" und dem "Verhalten der Beschäftigten" handelt es sich um einen
einheitlichen Tatbestand, der die Gesamtheit der Regelungen umfaßt, die einen
störungsfreien, reibungslosen Ablauf des Lebens in der Dienststelle gewährleisten
sollen.
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Vgl. Havers, LPVG NW, 9. Aufl., § 72 Erl. 65.1.
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Soweit vier Parkplätze für Dienstfahrzeuge reserviert werden sollen, handelt es sich
nicht um eine Regelung der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der
Beschäftigten. Vielmehr hat die Stadt Marl insoweit im Interesse einer
ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben von ihrem Eigentumsrecht Gebrauch
gemacht und die vier Parkplätze der allgemeinen Nutzung entzogen. Im übrigen
beziehen sich die auf das Straßenverkehrsgesetz gestützten Regelungen nicht auf die
Beschäftigten der Stadt M. , sondern auf sämtliche Verkehrsteilnehmer. Nur in letzterer
Eigenschaft sind die Beschäftigten der Stadt M. mittelbar betroffen. Dies reicht jedoch
nicht aus, um eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme iSv § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9
LPVG NW annehmen zu können.
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Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren.
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Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht
vorliegen.
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