Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 16.05.2007

OVG NRW: flughafen, nacht, vergleich, schallschutz, luftverkehr, zahl, passiven, anwohner, gutachter, entschädigung

Oberverwaltungsgericht NRW, 20 D 138/05.AK
Datum:
16.05.2007
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
20. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
20 D 138/05.AK
Tenor:
Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Kläger - die des Verfahrens zu 7. nach Kopfteilen, die des
Verfahrens zu 9. als Gesamtschuldner - tragen jeweils die bis zur
Verbindung der Verfahren in ihren Verfahren entstandenen Kosten
einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, ferner
die ab Verbindung entstandenen eigenen Kosten und nach folgenden
Anteilen die Gerichtskosten sowie die Kosten des Beklagten und der
Beigeladenen: Die Klägerinnen der Verfahren zu 1. bis 6. jeweils 4/37,
die Kläger des Verfahrens zu 7. 11/37, die Kläger der Verfahren zu 8.
und 9. je 1/37.
Die Klägerinnen und Kläger dürfen die jeweils gegen sie gerichtete
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige
Gläubiger vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit
leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Klägerinnen der Verfahren zu 1. bis 6. sind Städte aus der Umgebung des von der
Beigeladenen betriebenen internationalen Verkehrsflughafens Düsseldorf. Die
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Klägerinnen und Kläger der Verfahren zu 7. bis 9. sind private Anwohner aus den
Städten und S. . Die Klägerinnen und Kläger (im weiteren: Kläger) wenden sich gegen
Änderungen der Betriebsgenehmigung für den Flughafen, die der Beklagte im
Wesentlichen mit Bescheid vom 9. November 2005 verfügt hat.
Der Flughafen ist nach den Passagierzahlen bundesweit der drittgrößte. Er verfügt über
zwei parallele, von Südwesten nach Nordosten verlaufende Start- und Landebahnen.
Wegen ihres geringen Querabstandes können diese Bahnen nur in wechselseitiger
Abhängigkeit genutzt werden. Im Zusammenhang mit der Zulassung des weiteren
Ausbaus der südlichen Bahn (Hauptbahn) auf die gegenwärtige Länge schlossen 1965
der Beklagte, die Beigeladene (seinerzeit: Düsseldorfer Flughafengesellschaft mbH -
DFG) sowie Gemeinden des Amtes Angerland, in deren Rechtsposition zum Teil die
Klägerin zu 5. eingerückt ist, den sog. Angerland- Vergleich. Dieser enthält Aussagen
über die seinerzeit schon ins Auge gefasste nördlich gelegene Bahn (Parallelbahn).
Unter anderem heißt es unter a) 1. Teil, A. "Generalausbauplan":
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II. Die beigeladene DFG erklärt: Die im Generalausbauplan in einem Achsabstand von
mindestens 500 m von der Hauptstartbahn vorgesehene Parallelbahn ist eine
Ausweichbahn (...). Sie wird nur in den Zeiten der Betriebsunterbrechung der
Hauptstartbahn und sonst in den Zeiten des Spitzenverkehrs über Tage betrieben ...
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III. Der Antragsgegner erklärt, dass er keinen Antrag der beigeladenen DFG
genehmigen wird, der hinsichtlich eines Ausbaus eines Start- und Landebahnsystems
über den Umfang des Generalausbauplanes und hinsichtlich des Flugbetriebes über die
in Ziffer II getroffene Regelung hinausgeht.
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Die Parallelbahn wurde in ihrer heutigen Gestalt 1983 planfestgestellt. Zum Umfang
ihrer Nutzung enthält der Planfeststellungsbeschluss unter II. "Änderung der
Genehmigung, Auflagen und Hinweise" u.a. die Aussage, dass sie nur in den Zeiten der
Betriebsunterbrechung der Hauptbahn und sonst in Zeiten des Spitzenverkehrs über
Tage benutzt werden darf. Dabei sind Zeiten des Spitzenverkehrs als Zeiten definiert, in
denen für Luftfahrzeuge im Luftraum oder am Boden Wartezeiten bestehen. Weiter ist
die Nutzung des Parallelbahnsystems danach auf die Kapazität der Hauptbahn
begrenzt (sog. Einbahnkapazität).
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Darüber hinaus sind im gegebenen Zusammenhang erhebliche Regelungen des
Betriebes des Flughafens im Änderungsbescheid vom 21. September 2000 mit
anschließender Änderung vom 5. Juni 2003 enthalten. Ein maßgebliches Mittel zur
Regelung des Betriebsumfanges sind danach Vorgaben zum Umfang der pro Stunde
maximal zulässigen sog. Zeitnischen (Slots), d.h. die Start- und Landemöglichkeiten pro
Stunde, die vom Flughafenkoordinator für die Bundesrepublik Deutschland einzelnen
Flugunternehmen bezogen auf die jeweilige Flugplanperiode für den Flughafen
Düsseldorf für im voraus planbare Flüge eingeräumt werden. Ferner bestehen bereits
seit Ende der 1950ger Jahre Nachtflugbeschränkungen, die der Beklagte im Oktober
2002 befristet bis zum 31. Oktober 2007 neu gefasst hat (MBl. NRW 2002, S. 1159f). Sie
enthalten im wesentlichen Beschränkungen für Strahlflugzeuge. In der mündlichen
Verhandlung hat der Beklagte zu Protokoll die Aufhebung der Fristbestimmung erklärt.
Zugleich hat er mit Wirkung zum 1. November 2007 weitergehende Beschränkungen für
Propellermaschinen mit einem maximalen Abfluggewicht (MTOM) über 9 t verfügt, die
denen entsprechen, die schon bisher für Bonuslisten-Strahlflugzeuge galten.
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Die vorliegend streitige Genehmigungsänderung vom 9. November 2005 enthält im
wesentlichen folgende Neuregelungen:
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Betreffend die Nutzung der Parallelbahn ist die an Wartezeiten anknüpfende Definition
von Zeiten des Spitzenverkehrs durch die Bestimmung ersetzt worden, dass Zeiten des
Spitzenverkehrs höchstens 50 % der Betriebszeit des Flughafens über Tage (6.00 bis
22.00 Uhr) sind (III.5 Satz 2 i.V.m. Satz 1). Weiter ist vorgegeben, die Parallelbahn in der
Zeit von 21.00 bis 22.00 Uhr mitzubenutzen. Dazu hat die Beigeladene die
nutzungsfreie Zeit der Parallelbahn wöchentlich im Voraus festzulegen und der
Regionalstelle der Flugsicherung und dem Beklagten mitzuteilen (III.6.3). Die Anzahl
der Flugbewegungen auf dem Parallelbahnsystem in den sechs verkehrsreichsten
Monaten eines Jahres wird auf insgesamt 131.000 festgeschrieben, davon 122.176 im
Linien- und Charterverkehr (III.6.1). Die bestehenden Vorgaben für die je Stunde im
voraus zu vergebenden Slots werden wie folgt neu geregelt: Der Koordinierungseckwert
für Linien- und Charterflugverkehr (d. h. die maximale Anzahl vergebbarer Slots) wird für
die Zeit von 6.00 bis 22.00 Uhr für die Hälfte der Tagesstunden der Kalenderwoche auf
45 Slots festgelegt; für die restlichen Tagesstunden auf 40 Slots (III.6.2 Satz 1). Der
letztgenannte Wert darf um bis zu 5 Slots je Stunde erhöht werden, wenn nachgewiesen
wird, dass die Kapazität der Hauptbahn ausreicht, auch für diese zusätzlichen
Flugbewegungen Verkehrsüberhänge abzuwickeln, die aufgrund nicht planbarer
exogener verkehrsbedingter Parameter auftreten (III.6.2 Satz 2). Vorher galt für die Zeit
zwischen 6.00 und 21.00 Uhr pro Stunde zuletzt ein Eckwert von 38, für die Zeit
zwischen 21.00 und 22.00 Uhr ein solcher von 35. Für sonstige Flüge nach
Instrumentenflugregeln - sog. IFR-Verkehr - dürfen nach der streitigen Genehmigung in
den Stunden mit den Eckwerten 45 in bis zu 8 Zeitstunden pro Tag bis zu zwei
zusätzliche Slots vergeben werden. Im übrigen müssen sich die sonstigen Flüge im
Rahmen des Koordinierungseckwertes von 40 Slots halten (III.6.5). Früher waren 2
zusätzliche Slots pro Stunde zulässig. In der ersten Nachtstunde, das ist die Zeitstunde
von 22.00 bis 23.00 Uhr, sah die streitgegenständliche Genehmigung zunächst 36 Slots,
beschränkt auf Landungen im Linien-, Charter- und sonstigen IFR-Verkehr vor (III.6.4). In
der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte durch Ergänzende Entscheidung die
Regelung dahin neu gefasst, dass in dieser Zeit die Zahl von 33 koordinierten
Landungen nicht überschritten werden darf. Bisher waren die koordinierten Landungen
in der Winterflugplanperiode auf 15 und in der Sommerflugplanperiode auf 25 begrenzt.
Des weiteren wird die Beigeladene verpflichtet, die Umsetzung der festgesetzten
Betriebsregeln nachzuhalten und hierzu u. a. ein "Slot Performance Monitoring
Committee" (SPMC) einzurichten und das elektronische Flughafeninformationssystem
um ein "Mismatch-Reporting- System" (MMR) zu ergänzen (III.6.6.1 und 2). Der
angefochtene Bescheid regelt ferner Ausgleichsleistungen. Es sind erneut ein
Tagschutzgebiet, ein Nachtschutzgebiet nebst weiterer Nachtkontur sowie ein
Entschädigungsgebiet festgesetzt worden. Für zu Wohnzwecken bebaute Grundstücke
innerhalb des Tagschutzgebietes sind nach näheren Maßgaben Aufwendungen für
bauliche Schallschutzmaßnahmen zu erstatten. Diese haben zu gewährleisten, dass
Maximalpegel von 55 dB(A) in Aufenthaltsräumen bei geschlossenem Fenster
regelmäßig nicht überschritten werden. Das Gebiet ist durch eine nach AzB99
berechnete Kontur Leq(3) = 60 dB(A) bestimmt (III.9.1). Das Nachtschutzgebiet ist durch
eine für die Zeit zwischen 22.00 und 1.00 Uhr berechnete Kontur Lmax = 8 x 71 dB(A)
umrissen. Für Wohngrundstücke, die innerhalb des Gebietes liegen, sind nach näheren
Maßgaben Aufwendungen für Schallschutzmaßnahmen einschließlich
Belüftungsanlagen für Schlafräume zu erstatten. Diese haben zu gewährleisten, dass
bei geschlossenen Fenstern keine höheren Maximalpegel als 55 dB(A) und kein
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höherer Dauerschallpegel als Leq(3) = 35 dB(A) auftreten. Im Bereich der Nachtkontur
(Leq(3) = 50 dB(A)) sind Aufwendungen für Belüftungsgeräte in Schlafräumen zu
erstatten (III.9.2). In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte das genannte
Maximalpegelkriterium für den Tag mit einer zulässigen Pegelhäufigkeit von 16 pro Tag
kombiniert. Das Maximalpegelkriterium für die Nacht hat er dahin ergänzt, dieses sei als
NAT-Kriterium zu verstehen. Zu gewährleisten sei, dass nicht mehr als 8 Einzelpegel
über 55 dB(A) zwischen 22.00 und 1.00 Uhr im Rauminneren auftreten. Das
Entschädigungsgebiet bleibt über eine Kontur nach Leq(3) = 65 dB(A) definiert. Es führt
weiterhin zu einer Entschädigung in Höhe von 2 % des Grundstückswertes zum
Ausgleich für Beeinträchtigungen der Nutzung von Außenwohnbereichen (III.9.3). Die
Beigeladene hat die Konturen des Tagschutz- und Entschädigungsgebietes nach
Ablauf des ersten Betriebsjahres unter Ausnutzung der Genehmigung auf der Grundlage
der Betriebssituation der sechs verkehrsreichsten Monate des Jahres gutachterlich neu
berechnen und kartografisch darstellen zu lassen. Erstmals wird Eigentümern von
Wohngrundstücken, die außerhalb des Tagschutzgebietes und Nachtschutzgebietes
gelegen sind, zudem ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt, durch eine
Einzelfallprüfung das Erfordernis von Schallschutzmaßnahmen nachzuweisen. Soweit
Entsprechendes im Ausgangsbescheid auch für die Außenwohnbereichsentschädigung
formuliert war, hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt,
dass dieser Absatz ersatzlos entfalle. Schließlich ist für einzelne besonders
schutzbedürftige kommunale Einrichtungen die Erstattung von Aufwendungen für den
Einbau von Belüftungsgeräten vorgesehen.
Der den Betriebsregelungen zugrunde liegende Antrag der Beigeladenen aus Oktober
2004 ging in einigen Punkten über das ihr Zugestandene hinaus. So sollte die
Zulassung von 45 Slots im Linien- und Charterverkehr für alle Tagesstunden gelten. In
der ersten Nachtstunde sollten 45 Slots zugelassen werden. Zur Begründung ihres
Antrages verwies die Beigeladene insbesondere darauf, die Erhöhung der
Koordinierungseckwerte sei Voraussetzung dafür, die bei der Genehmigung 2000
vorgestellte Gesamtzahl von Flugbewegungen zu erreichen. Die Anhebung der Zahl der
Landungen in der ersten Nachtstunde sei geboten, um eine wirtschaftliche
Umlaufplanung zu ermöglichen.
10
Gegen die erteilte Genehmigung haben die Kläger rechtzeitig Klage erhoben. Mit Blick
auf die Anordnung der sofortigen Vollziehung sind Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes durchgeführt worden. Diese hatten teilweise Erfolg. Wegen der
Erhöhung der Zahl der zulässigen Landungen in der ersten Nachtstunde hat der Senat
die Notwendigkeit weiterer Prüfungen des Bedarfs gesehen. In dem Verfahren der
Klägerin zu 5. hat er die Regelungen über die vorbehaltene Erstreckung des
Koordinierungseckwertes von 45 Slots auf alle Tagesstunden außer Vollzug gesetzt.
Daraufhin hat der Beklagte im Verlaufe der Klageverfahren gutachterliche
Stellungnahmen zur Bedarfslage hinsichtlich des nächtlichen Flugverkehrs eingereicht
und zugleich unter Vorlage eines begründeten Entscheidungsentwurfs angekündigt, er
werde durch Erklärung in der mündlichen Verhandlung den Koordinierungseckwert für
die erste Nachtstunde auf 33 festsetzen sowie zusagen, den nächtlichen Flugverkehr
mit Propellermaschinen von mehr als 9 t MTOM nach Ablauf der Befristung der
bestehenden Nachtflugbeschränkungen entsprechend den bestehenden Regelungen
für die Bonuslisten-Strahlflugzeuge zu beschränken.
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Zur Klagebegründung bringen die Kläger, namentlich die privaten Kläger zu 7. bis 9., im
wesentlichen Lärmschutzinteressen und Sicherheitsaspekte vor. Die Klägerinnen zu 1.
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bis 6. sehen ihre Planungshoheit und zum Teil den Schutz öffentlicher Einrichtungen
nicht hinreichend beachtet. Namentlich die Klägerinnen zu 2. und 4. machen auch
Lärmschutzinteressen in Bezug auf Dienstwohnungen bzw. sonstiges
Wohnungseigentum geltend.
Im Wesentlichen führen die Kläger zur Klagebegründung folgendes an: Die
zugelassene betriebliche Erweiterung verstoße gegen den Planfeststellungsbeschluss
aus 1983. Insoweit habe sich der Beklagte unzulässigerweise von der planerischen
Vorstellung der sog. Einbahnkapazität des Flughafens verabschiedet. Es hätte ein
Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden
müssen. Jedenfalls ergebe sich aus dem Planfeststellungsbeschluss 1983 ein
schutzwürdiges Vertrauen auf Beibehaltung der bisherigen Betriebsbeschränkungen.
Die Genehmigung sei, jedenfalls in Teilen, nicht ausreichend begründet. Einzelne
Einwendungen seien nicht in die Abwägung einbezogen worden. Wesentliche
Verfahrensgrundsätze, insbesondere das Gebot der Neutralität, seien bei der Prüfung
nicht eingehalten worden. Die Regelungen über das zulässige Verkehrsgeschehen
wiesen schon für sich verschiedene Mängel auf. Sie seien nicht bestimmt genug,
enthielten zum Teil logische Brüche oder seien sonst nicht zielführend. Die Regelungen
zur Mitbenutzung der Parallelbahn seien mit dem Angerland-Vergleich unvereinbar.
Anwohner und umliegende Gemeinden seien in den Schutzbereich des Vergleichs
einbezogen. Jedenfalls habe sich auf seiner Grundlage ein besonderer
Vertrauenstatbestand entwickelt. Denn die Vorgaben aus dem Angerland-Vergleich
seien in den Planfeststellungsbeschluss einbezogen worden. Der Bezug von Zeiten des
Spitzenverkehrs auf 50 % der Wochenbetriebsstunden widerspreche Wortlaut und Sinn
der vertraglichen Regelung. Ferner sei die Ausweitung des Betriebs unnötig. Ein
ausreichender Bedarf lasse sich nicht aus den Slotbestellungen der Flugunternehmen
herleiten. Das derzeitig zur Verfügung stehende Bewegungskontingent sei noch nicht
ausgeschöpft. Ein erforderlicher qualifizierter Bedarf für die verstärkte Nutzung der
ersten Nachtstunde bestehe nicht. Die insoweit nachgereichten Gutachten seien nicht
aussagekräftig, nicht nachvollziehbar. Sie beruhten auf Spekulationen. Jedenfalls sei
nicht erkennbar, dass ein evtl. Mehrbedarf sich nicht gegebenenfalls noch in der letzten
Tagesstunde abwickeln ließe. Positive Effekte für den Arbeitsmarkt seien nicht zu
erwarten. Eine effektive Überwachung der Einhaltung der genehmigten
Flugbewegungen sei nicht gewährleistet. Der zusätzlich genehmigte Verkehr führe zu
einer signifikanten, nicht zumutbaren Zunahme der Lärmbelastung. Die
Lärmauswirkungen seien nicht ausreichend betrachtet worden. Die Lärmprognosen und
die Berechnungen der Vorbelastung seien fehlerhaft. Darauf deuteten privat in Auftrag
gegebene Messungen hin. Es bestünden auch Abweichungen der Berechnungen im
Vergleich zu den Messergebnissen einzelner von der Beigeladenen betriebener
Messstellen. Die den Berechnungen zugrunde liegenden Eingabedaten seien
fehlerhaft. Sie seien zum Teil nicht nachvollziehbar, beruhten auf fehlerhaften
Erwägungen und/oder berücksichtigten naheliegende Entwicklungen nicht bzw. nur
unzureichend. Das betreffe den Flugzeugmix, die Verteilung der Flugbewegungen auf
die Tages- und Nachtzeit, die Belegung der Bahnen, die Flugroutenverteilungen sowie
die Betriebsrichtungsverteilung. Die Beigeladene leiste zur planerischen Bewältigung
des aufgeworfenen Lärmkonflikts keinerlei eigenen Beitrag. Die in der mündlichen
Verhandlung erklärten weitergehenden Einschränkungen des Flugverkehrs für die
Nachtzeit seien nicht ausreichend. Schließlich sei das gewählte Schutzkonzept
unzureichend. Die Regelungen zu den Ausgleichs- und Erstattungsansprüchen seien
zu unbestimmt, in sich inkongruent und unschlüssig. Neuere Erkenntnisse in der
Lärmwirkungsforschung seien unberücksichtigt geblieben. Das gelte sowohl im Hinblick
13
auf die Kriterien, nach denen die Konturen der Schutzzonen bemessen seien, als auch
in Bezug auf die genannten Schutzziele. Die Voraussetzungen eines möglichen
Einzelnachweises hätten weitergehend geregelt werden müssen. Der zugelassene
stärkere Verkehr erhöhe zudem das Unfallrisiko unangemessen. Zusätzlich wird das
Problem der Abdeckung von Häusern im Umfeld des Flughafens durch
Wirbelschleppen, die von Flugzeugen verursacht werden, angesprochen; eine
Bluthochdruckerkrankung wird angeführt, ferner auch das Entstehen von Vibrationen.
Die Kläger zu 1. und 3. bis 9. beantragen,
14
die Genehmigung des Beklagten zur Änderung der Betriebsregelungen für das
Parallelbahnsystem des Verkehrsflughafens Düsseldorf vom 9. November 2005 in der
Fassung der Erklärungen vom 8. Mai 2007 aufzuheben,
15
die Kläger zu 1. und 4. bis 8. beantragen hilfsweise,
16
den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts
erneut zu entscheiden über
17
- in den Verfahren der Klägerinnen zu 1., 5. und 6. -
18
Maßnahmen des aktiven und passiven Schallschutzes für die öffentlichen Einrichtungen
der jeweiligen Klägerin sowie im Verfahren der Klägerin zu 1. die in der Klageschrift
bezeichneten Bebauungsplangebiete,
19
- im Verfahren der Klägerin zu 4. -
20
Maßnahmen des aktiven und passiven Schallschutzes für besonders schutzbedürftige
Einrichtungen sowie über die Entschädigung für Außenbereiche,
21
- im Verfahren der Kläger zu 7. -
22
Bewegungsbeschränkungen unter Neuberechnung der Schutzgebiete,
23
- im Verfahren des Klägers zu 8. -
24
Maßnahmen des aktiven und passiven Schall- und Vibrationsschutzes.
25
Der Kläger zu 8. beantragt weiter hilfsweise,
26
ihm unter Änderung von III.9.3 eine Möglichkeit zu eröffnen, anspruchsbegründend
nachzuweisen, dass sein Wohneigentum im Entschädigungsgebiet liegt, und das
Tagschutzgebiet Leq(3) = 65 dB(A) neu berechnen zu lassen.
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Die Kläger zu 9. beantragen hilfsweise,
28
den Beklagten zu verpflichten, unter Ziffer III.6 folgende Regelung aufzunehmen: "Der
Einsatz der Schubumkehr der Flugtriebwerke ist nur aus Gründen der Flugsicherheit
zulässig. Die Einstellung "Leerlauf-Schubumkehr" ist von dieser Regelung
ausgenommen",
29
das unter Ziffer III.9.1 Absatz 1 Satz 2 enthaltene Schutzziel neu zu bestimmen,
30
die unter Ziffer III.9.3 Absatz 3 der Genehmigung bestimmte Höhe der Entschädigung
unter Berücksichtigung der tatsächlichen Wertminderung und Beeinträchtigung neu zu
bestimmen.
31
Die Klägerin zu 2. beantragt,
32
den Beklagten zu verpflichten, die Genehmigung zur Änderung der Betriebsregelung für
das Parallelbahnsystem des Verkehrsflughafens Düsseldorf vom 9. November 2005
aufzuheben, soweit sie unter A 1 die der Flughafen Düsseldorf GmbH erteilte
Genehmigung vom 3. Oktober 1976 i.d.F. des Anpassungsbescheides vom 25.
November 1992, der Änderungsgenehmigungen vom 17. Juli 1997 und vom 21.
September 2000 in Gestalt der Entscheidung im Ergänzenden Verfahren vom 5. Juni
2003
33
die Ziffer III.5 Satz 2 neu fasst
34
und
35
die Ziffer III.6 zu Ziffern 6.1 bis 6.5 ändert unter Einschluss der am 8. Mai 2007 zu
Protokoll gegebenen Erklärungen des Beklagten,
36
hilfsweise,
37
die Genehmigung des Beklagten zur Änderung der Betriebsregelungen für das
Parallelbahnsystem des Verkehrsflughafens Düsseldorf vom 9. November 2005 in der
Fassung der Erklärungen vom 8. Mai 2007 aufzuheben,
38
ferner hilfsweise
39
den Beklagten zu verpflichten, erneut über Maßnahmen des aktiven und passiven
Schallschutzes für die in der Klageschrift genannten, im Eigentum der Klägerin
stehenden Objekte zu entscheiden und über die Außenbereichsentschädigung erneut
zu befinden.
40
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
41
die Klagen abzuweisen.
42
Sie verteidigen die angefochtene Genehmigung und treten dem Vorbringen der Kläger
im Einzelnen entgegen.
43
In der mündlichen Verhandlung sind weitere Unterlagen überreicht worden. Des
weiteren hat der Senat die Anträge der Klägerin zu 2. und der Kläger zu 7., die
Bundesrepublik Deutschland und/oder den Flughafenkoordinator beizuladen, aus in der
Sitzungsniederschrift genannten Gründen abgelehnt. Auf diese wird Bezug genommen.
Die von den Klägern gestellten Beweisanträge hat der Senat ebenfalls in der
mündlichen Verhandlung durch verkündete Beschlüsse abgelehnt. Die Gründe ergeben
sich im Einzelnen aus der Sitzungsniederschrift. Auch insoweit wird Bezug genommen.
Entsprechendes gilt, soweit die Kläger beantragt haben, die Sache zu vertagen
44
und/oder ihnen eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme nach Schluss der mündlichen
Verhandlung zu gewähren. Die jeweils entscheidungstragenden Gründe sind der
Sitzungsniederschrift zu entnehmen. Auf sie nimmt der Senat Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten einschließlich der Gerichtsakten der zugehörigen Eilverfahren (20 B
2076/05.AK, 20 B 2129/05.AK, 20 B 2151/05.AK, 20 B 2164/05.AK, 20 B 2165/05.AK,
20 B 2178/05.AK, 20 B 173/06.AK, 20 B 237/06.AK und 20 B 453/06.AK) nebst den
jeweils von den Beteiligten eingereichten Unterlagen sowie den Inhalt der
beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
45
Entscheidungsgründe
46
Der Senat macht von der durch § 93 VwGO eröffneten Möglichkeit Gebrauch, Verfahren,
die den gleichen Gegenstand betreffen - hier den Änderungsbescheid des Beklagten
vom 9. November 2005 in der Fassung, die er durch die im Verlaufe der mündlichen
Verhandlung zu Protokoll gegebenen Erklärungen des Beklagten erhalten hat -, zur
gemeinsamen Entscheidung zu verbinden.
47
Die Klagen haben keinen Erfolg. Sie sind zulässig, aber unbegründet.
48
1. Sowohl die Aufhebungsbegehren als auch die hilfsweise geltend gemachten
Ansprüche auf ergänzende Entscheidung bzw. weitergehende (Schutz-)Maßnahmen
betreffen den Bescheid vom 9. November 2005 mit den dazu verfügten Änderungen,
also der vom Beklagten am 8. Mai 2007 zu Protokoll erklärten Ergänzenden
Entscheidung sowie den im Verlauf der Verhandlung abgegebenen weiteren
Protokollerklärungen. Die Notwendigkeit und Statthaftigkeit der Einbeziehung dieser
Rechtshandlungen in die Klagen folgt aus ihrer materiell-rechtlichen Einwirkung auf den
Streitgegenstand. Diese entspricht der aus einem allgemein anerkannten Grundsatz des
Fachplanungsrechts folgenden Befugnis des Beklagten, auch zur Behebung gesehener
Abwägungsdefizite oder sonstiger Unklarheiten Regelungsinhalte einer
luftverkehrsrechtlichen Betriebsgenehmigung noch nach Klageerhebung zu verändern
und Abwägungsgesichtspunkte nachzuschieben.
49
Vgl. allgemein zu diesem Grundsatz: BVerwG, Beschluss vom 18. August 2005 - 4 B
19.05 - und Urteil des Senats vom 10. Dezember 2004 - 20 D 134/00.AK u.a. -, NWVBl.
2005, 38.
50
Damit ist auch klar, dass es weder um etwas eigenständig zum bisherigen
Streitgegenstand Hinzutretendes geht noch ein Aliud gegenüber dem bisherigen
Streitgegenstand entstanden ist. Inhaltlich zu berücksichtigen sind daher zunächst die
am 8. Mai 2007 erfolgte Neufestlegung des Koordinierungseckwertes für die erste
Nachtrandstunde auf 33 und die in diesem Zusammenhang nachgeschobenen
Erwägungen u.a. zu den Gründen für die zugelassene Erweiterung des nächtlichen
Flugbetriebes. Die Änderung ist mit der Protokollerklärung wirksam geworden. Die
Beigeladene hat auf Rechtsmittel verzichtet, so dass der Bestand der Änderung ihr
gegenüber, die als einzige durch die Herabsetzung selbst belastet ist, gewährleistet ist;
die weitergehende ursprüngliche Regelung ist damit nicht (mehr), auch nicht subsidiär
streitgegenständlich. Entsprechendes gilt für die weiteren Erklärungen zum
Regelungsgegenstand der Genehmigung, insbesondere zu den Ausgleichs- und
Erstattungsansprüchen der Anwohner. Sie sind auch gegenüber den Klägern wirksam
51
geworden und deshalb im Rahmen der weiteren Überprüfung möglicher
Rechtsbetroffenheit der Kläger zugrunde zulegen. Das gilt unabhängig davon, ob es
sich insoweit - wie von dem Beklagten zugrundegelegt - letztlich nur um ergänzende
Klarstellungen oder um echte sachliche Änderungen des bisherigen Regelungsgehaltes
handelt.
Die Kläger sind klagebefugt. Sie machen im gegebenen Zusammenhang ausreichend
substantiiert die Möglichkeit geltend, durch die streitigen Änderungen der bisher für den
Flughafen der Beigeladenen bestehenden Betriebsgenehmigung jedenfalls in ihrem
luftverkehrsrechtlichen Anspruch auf hinreichende Berücksichtigung ihrer Belange
verletzt zu sein. Die Klägerinnen zu 1. bis 6. führen zulässigerweise namentlich ihr
Interesse an, von weitergehenden Einschränkungen ihrer Planungsmöglichkeiten sowie
z.T. als Eigentümerin von wohnbebauten Grundstücken von weitergehenden
Lärmbeeinträchtigungen durch Luftverkehr verschont zu bleiben, und heben
nachvollziehbar das Interesse an der Aufrechterhaltung der ungestörten Funktion z.T.
näher benannter öffentlicher Einrichtung hervor. Die privaten Kläger zu 7. bis 9. berufen
sich zulässigerweise auf eine als unzumutbar empfundene Betroffenheit ihres
Eigentums und auf besorgte Gesundheitsbeeinträchtigungen, die sie insbesondere aus
Lärmbelastungen und einer befürchteten Erhöhung des Unfallrisikos herleiten.
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2. Die danach zulässigen Klagen sind unbegründet; die streitige
Genehmigungsänderung weist keine Rechts- oder Abwägungsmängel zu Lasten der
Kläger auf. Sie unterliegt damit weder der gerichtlichen Aufhebung noch können die
Kläger die Ergänzung der angefochtenen Genehmigung beanspruchen.
53
Durchgreifende formelle Fehler zu Lasten der Kläger liegen nicht vor. Der streitige
Bescheid findet seine Grundlage in § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG, wonach eine Änderung
der (Betriebs-)Genehmigung eines Flughafens erforderlich ist, wenn die Anlage oder der
Betrieb wesentlich erweitert oder geändert werden soll. Überlegungen dahin, der hier
streitige Änderungsbescheid gehe - weil er sich auf die Betriebsgenehmigung in der
Fassung bezieht, die sie u.a. auch durch ergänzende Entscheidung im Rahmen von
Klageverfahren gegen die Genehmigungsänderung von 2000 erhalten hat - jedenfalls
für die Kläger fehl, die an jenen Verfahren nicht beteiligt gewesen seien, liegen neben
der Sache. Die seinerzeitige Ergänzende Entscheidung ist wirksamer Bestandteil der
aktuellen Betriebsgenehmigung, begründet in ihrem regelnden Teil allein
weitergehende Ausgleichsansprüche zu Lasten der Beigeladenen, die ihre Bindung
daran nicht in Frage stellt, und ist den Klägern bekannt.
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2.1 Für die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens war kein Raum. § 8 Abs. 1
Satz 1 LuftVG unterwirft nur die baulichen Flugbetriebsanlagen, welche die luftseitige
(technische) Kapazität des Flugplatzes bestimmen, der Planfeststellungspflicht.
Demgegenüber handelt es sich bei den streitigen Neuregelungen ausschließlich um
solche, welche die bautechnisch festgelegte Kapazität unberührt lassen und nur deren
betriebliche Nutzung verändern. Sie unterliegen der Genehmigungsanpassung nach § 6
Abs. 4 Satz 2 LuftVG. Es wird allein der Umfang (neu) geregelt, in welchem die
vorhandene Infrastruktur, wie sie Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses aus
1983/1985 ist, der Allgemeinheit zur Verfügung stehen soll. Die Neufestsetzung von
Koordinierungseckwerten wirkt sich nur im Sinne eines rechtlichen Dürfens auf die
Kapazität der planfestgestellten Anlage aus; der Bestand der flugbetrieblichen Anlagen
und deren luftseitige technische Kapazität sind nicht betroffen.
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Selbst ein Einwirken auf die Nutzungsart ist mit den neuen Regelungen nicht
verbunden. Die Bereitstellung der Infrastruktur als Verkehrsflughafen für den
internationalen Luftverkehr mit der Nutzung beider Bahnen als Start- und Landebahnen
für den zivilen Luftverkehr bleibt unverändert erhalten. Schon deswegen greift auch der
Aspekt einer baulich wirkenden Nutzungsänderung als Anknüpfungspunkt für das
Erfordernis einer Planfeststellung nicht. Das gilt auch, soweit der Beklagte davon
ausgeht, mit der Zulassung von 45 Slots in 56 Wochenbetriebsstunden, jedenfalls aber
in Verbindung mit den zugelassenen weiteren zwei Flugbewegungen, werde die
Kapazität der Hauptbahn überschritten, sowie für die Neugestaltung der (Mit-)Benutzung
der Parallelbahn. Auch insoweit geht es ausschließlich um den Umfang der zulässigen
Nutzung der vorhandenen Infrastruktur im Rahmen ihres schon planfestgestellten
(baulichen) Bestandes. Der Beklagte löst sich zwar insoweit ausdrücklich von
planerischen Vorstellungen über die betrieblichen Abläufe, die dem
Planfeststellungsbeschluss für das Parallelbahnsystem zugrunde lagen. Danach sollte
die durch die Anlage der Parallelbahn entstandene zusätzliche Kapazität hinsichtlich
des Bezugszeitraums "sechs verkehrsreichste Monate des Jahres" überhaupt nicht und
hinsichtlich des Bezugszeitraums "Stunde" nicht für zusätzliche flugplanmäßige Flüge
ausgenutzt werden dürfen. Die Neuregelungen zur Nutzung der Parallelbahn und ihre
Grundlagen stehen damit - wie auch die Regelungen über die Koordinierungseckwerte,
soweit sie von der Vorstellung getragen sind, dass die zugelassenen Bewegungen die
Kurz-Zeit-Kapazität der Hauptbahn übersteigen - zwar in engem Zusammenhang mit
einem wesentlichen Element des planerischen Konzepts des planfestgestellten
Flughafens. Eine weitergehende verfahrensrechtliche Bindung folgt daraus allerdings
nicht. Die klägerischen Überlegungen dazu, dass die hierauf bezogenen Regelungen
im Planfeststellungsbeschluss für die Anlage und ihren planfestgestellten Bestand
inhaltsbestimmende Wirkungen entfalten, greifen nicht. Denn es handelt sich nicht um
Aussagen, die den Regelungskern des Planfeststellungsbeschlusses, die Änderung
eines bereits angelegten Flughafens, § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG, durch die Errichtung
einer zusätzlichen Verkehrsanlage, betreffen. Vielmehr sind allein aus Anlass der
baulichen Erweiterung des Bahnsystems der Umfang der Nutzung der vorhandenen
Infrastruktur in ihrem (planfestgestellten baulichen) Bestand, d.h. betriebliche Vorgaben
geändert worden. Entsprechend sind die Regelungen im Planfeststellungsbeschluss
auch unter II. "Änderung der Genehmigung, Auflagen und Hinweise 1. Flugbetrieb"
verortet worden. Betriebliche Regelungen unterliegen aber gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2
LuftVG ausdrücklich und uneingeschränkt auch dann (nur) der Änderungsmöglichkeit für
Genehmigungen nach § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG, wenn sie zusammen mit den
Regelungen über die Errichtung bzw. Erweiterung der Flughafenanlage im Rahmen des
Planfeststellungsbeschlusses getroffen worden sind; danach, ob ihnen maßgebliche
Erwägungen zur Schaffung des Flughafens oder einzelner Bestandteile zugrunde
liegen, ist nicht weiter differenziert. Das schließt es allerdings je nach den Umständen
des Einzelfalls nicht aus, die Abkehr von früher bedeutsamen Vorstellungen im Rahmen
der Abwägung einstellen zu müssen.
56
Ebenso wenig entfalten die im Planfeststellungsbeschluss getroffenen betrieblichen
Regelungen materiellrechtlich keine zwingenden Bindungswirkungen.
57
2.2 Aus Vorstehendem folgt zugleich, dass der Beklagte zu Recht von einer
Umweltverträglichkeitsprüfung abgesehen hat. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LuftVG ist die
Umweltverträglichkeit im Genehmigungsverfahren (nur) für Flugplätze zu prüfen, die
einer Planfeststellung bedürfen. Vorhaben, die - wie hier - lediglich eine Veränderung
des Betriebs eines bereits angelegten und planfestgestellten Flughafens betreffen, sind
58
nicht UVP-pflichtig. Selbst eine Vorprüfung ihrer Auswirkungen nach § 3e Abs. 1 Nr. 2
i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG ist nicht erforderlich. Gemäß § 3 Abs. 1 UVPG i.V.m.
Anlage 1 Nr. 14.12 unterliegt allein der Bau eines Flugplatzes der Verpflichtung zur
Durchführung einer UVP. Das entspricht dem in der zugrundeliegenden Richtlinie des
Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten
öffentlichen und privaten Projekten - 85/337/EWG - (Abl. L 175/40), zuletzt geändert
durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 (Abl. L 156/17), verwendeten
Merkmal. Entsprechend erfordern unter dem Aspekt der Änderung nur solche Vorhaben
gemäß § 3e UVPG eine (erneute) UVP oder jedenfalls eine Vorprüfung, welche die
Errichtung des Flughafens selbst betreffen, d.h. auf eine Änderung der den zivilen
Flughafen ausmachenden Infrastrukturanlage oder einzelner ihrer Teile zielen. Dazu
zählen keine Vorhaben, die sich allein auf den Umfang der zulässigen Nutzung bei
ansonsten unveränderter Infrastrukturanlage und Betriebssituation beziehen.
2.3 Auch im Übrigen weist die angefochtene Genehmigung keine durchgreifenden
formellen Mängel auf. Die Kläger mussten weiter als im Verwaltungsverfahren
geschehen nicht beteiligt werden. Diese Informations- und Äußerungsmöglichkeit deckt
in der Sache auch die während des Klageverfahrens erfolgten Änderungen des
angegriffenen Bescheids ab. Die Ergänzende Entscheidung war zudem bereits Monate
vor der Erklärung inhaltlich mitgeteilt worden. Im Übrigen haben die Kläger nichts
aufgezeigt, was sie zusätzlich vorgetragen hätten und für den Ausgang des Verfahrens
von Bedeutung hätte sein können. Unzulänglichkeiten in der Begründung der
Entscheidung, welche deren Wirksamkeit oder Rechtmäßigkeit in Frage stellen, liegen
nicht vor. In den Gründen der Genehmigung sowie der Ergänzenden Entscheidung hat
der Beklagte die aus seiner Sicht für wesentlich erachteten Grundlagen seiner
Entscheidungen angeführt.
59
2.4 Durchgreifende - die Wirksamkeit betreffende - Bedenken gegen die Bestimmtheit
der oder einzelner Neuregelungen zur Nutzung der Parallelbahn und zum Umfang der
zugelassenen betrieblichen Erweiterungen bestehen nicht. Die hierauf bezogenen
Einwände der Kläger greifen nicht. Die Regelungen weisen keine unüberbrückbaren
Widersprüche auf und lassen hinreichend deutlich den zugelassenen und in seinen
Auswirkungen von den Klägern hinzunehmenden Luftverkehr hervortreten.
60
Die Koordinierungseckwerte nebst den zugehörigen zeitlichen Bezugsgrößen sowie die
Vorgaben für die Nutzung der Parallelbahn ergeben zwar ein komplexes
Regelungsgefüge, das aber dennoch hinreichend Aufschluss über den zugelassenen
Flugverkehr gibt. Es lässt auch eine Überprüfung zu, ob der durchgeführte Betrieb
genehmigungskonform abläuft. Die von den Klägern befürchteten Unzulänglichkeiten in
der praktischen Abwicklung betreffen im Kern nicht die Frage, ob die Regelungen
hinreichend bestimmen, was die Beigeladene darf und die Kläger an Flugverkehr zu
erwarten haben. Angesprochen sind damit vielmehr die Frage, ob das zugrunde
liegende Konzept tauglich ist, die vorhandene Lärmproblematik angemessen zu
bewältigen, und die Frage nach einer ausreichenden Sicherung der Einhaltung der
zugunsten der Lärmschutzinteressen der Kläger verbleibenden
Betriebsbeschränkungen.
61
Die Vorgabe von Koordinierungseckwerten anstelle einer (absoluten) Begrenzung der
in einer Stunde maximal zulässigen tatsächlichen Flugbewegungen ist Gründen der
Praktikabilität geschuldet und vom Senat auch schon früher als hinreichend bestimmt
und im Übrigen auch als Methode zur angemessenen Begrenzung des Fluglärms zur
62
Konfliktlösung akzeptiert worden.
Vgl. schon Urteil vom 28. April 1989 - 20 A 1853/87 -.
63
Es führt auch zu keinem inneren - unauflöslichen und damit die Bestimmtheit der
Regelungen ausschließenden - Widerspruch, wenn einerseits für die Beurteilung, ob ein
Flug den Betriebsvorgaben entspricht, auf den jeweiligen Stand der Koordinierung vor
dem Flugereignis abgestellt wird, anderseits aber die Forderung gestellt wird, die
nutzungsfreien vollen Zeitstunden der Parallelbahn unter Beachtung des aktuellen
Koordinierungsstandes wöchentlich im Voraus festzulegen. Die Regelungen beziehen
sich auf jeweils andere Sachverhalte, wobei ersichtlich ein zulässiger Betrieb nur der ist,
der beiden Anforderungen gleichermaßen genügt. Einerseits geht es um Vorgaben,
nach denen sich bemisst, ob bei Durchführung einer koordinierten Bewegung die
zahlenmäßigen flugbeschränkenden Regelungen aus III.6.2 eingehalten sind.
Anderseits geht es um die Beschränkung des zeitlichen Umfangs der Nutzung der
Parallelbahn. Das eine schließt das andere nicht aus. Entsprechendes gilt für das
Verhältnis der höchst zulässigen Stundeneckwerte zum zulässigen Betriebsumfang
über die sechs verkehrsreichsten Monate. Nur soweit beide Vorgaben eingehalten
werden, ist der Betrieb zulässig. Werden die Koordinierungseckwerte zwar während der
sechs verkehrsreichsten Monate genau eingehalten, wird die Gesamtbewegungszahl
jedoch überschritten, was rein rechnerisch durchaus möglich ist, liegt ein unzulässiger
Betrieb vor.
64
Die Vorgaben zur Nutzung der Parallelbahn sind ebenfalls hinreichend bestimmt. Die
Nutzung darf wie bisher nur in Zeiten der Betriebsunterbrechung und in Zeiten des
Spitzenverkehrs erfolgen. III.5 Satz 1 der geltenden Betriebsgenehmigung bleibt
unverändert. Die anschließende Definition des Begriffs des Spitzenverkehrs ist
allerdings weggefallen; der neu verfügte Satz 2 enthält nicht etwa eine neue Definition,
sondern legt nur eine Höchstdauer der Nutzung fest. Bezugspunkt sind die
Wochenbetriebsstunden tagsüber und zwar gemessen nach vollen Zeitstunden. Dies
erschließt sich aus der Verpflichtung, die nutzungsfreien Zeiten der Parallelbahn nach
vollen Zeitstunden wöchentlich im Voraus festzulegen. Zudem ist Entsprechendes
ausdrücklich in der Begründung der Genehmigung ausgeführt, die zur Auslegung der
Regelung herangezogen werden kann. Fragen der Zulässigkeit einer summierenden,
blockweisen Nutzung oder der Betrachtung flexibler - rollender - Stunden verbleiben
danach nicht. Zweifel, dass die in III.6.3 zwingend vorgegebene Mitnutzung in der Zeit
von 21.00 bis 22.00 Uhr in die Höchstbegrenzung von 50 % der Betriebszeiten
einbezogen ist, ergeben sich - zumal angesichts der bestätigenden Erklärungen des
Beklagten und der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung - nicht. Ebenso klar
ist, dass die Regelung III.6.3 Satz 3 die Nutzung der Parallelbahn ohne Anrechnung auf
die 50 % in Fällen der Unterbrechung des Betriebes auf der Hauptbahn zulässt; diese
Funktion ist schon im Angerland- Vergleich anerkannt und neben der Nutzung während
der Spitzenzeiten möglich.
65
Der Wegfall der bisherigen Definition des Begriffs des Spitzenverkehrs führt nicht zur
Unbestimmtheit und damit Unwirksamkeit der künftig maßgeblichen Regelungen über
die Nutzung der Parallelbahn. Der Begriff "Zeiten des Spitzenverkehrs" ist den
Aussagen des Angerland-Vergleichs über die Nutzung der Parallelbahn entnommen. Er
ist wie in jenem Vertrag ohne eine weitergehende inhaltliche Definition zwar
auslegungsbedürftig, aber zugleich auslegungsfähig.
66
Vgl. Urteil des Senats vom 5. September 2002 - 20 D 53/99.AK -.
67
Zeiten des Spitzenverkehrs liegen danach vor bei besonders starker Inanspruchnahme
einer Verkehrsanlage in Abweichung vom Grad der üblichen Nutzung.
68
Vgl. Urteil des Senats vom 10. Dezember 2004 - 20 D 134/00.AK u.a. -, a.a.O.
69
Ob die Mitbenutzungsregelungen gemäß dem streitigen Bescheid diesem Kriterium
genügen und ob es der Beklagte zu Recht weitestgehend der Beigeladenen überlässt,
die entsprechenden Stunden festzulegen, weil die Mitnutzung allein für die letzte
Tagesstunde vorgegeben und im Übrigen bis zur Hälfte der Wochenstunden über Tage
zur wöchentlichen Vorabbestimmung freigestellt ist, betrifft schon die Frage der
materiellen Rechtmäßigkeit. Insofern sind die Regelungen nach den
Ausgangsüberlegungen des Beklagten zur Kapazität und zum bestehenden
Nachfragedruck ersichtlich von der Erwartung getragen, dass diejenigen Stunden für die
Mitbenutzung gewählt werden, in denen das Verkehrsinteresse besonders hoch ist.
Unter Bestimmtheitsgesichtspunkten ist jedenfalls nichts zu erinnern; wie im weiteren
noch ausgeführt wird, steht damit auch keine Verkehrssituation zu erwarten, deren
Genehmigung dem Beklagten nach dem Angerland-Vergleich verboten wäre.
70
Die Regelung III.6.2 Abs. 1 Satz 2, wonach die Möglichkeit der Koordinierung weiterer 5
Slots in den Zeiten, in denen vorerst 40 Slots zugelassen werden, von dem Nachweis
einer entsprechenden Kapazität abhängt, ist ebenfalls bestimmt genug. Gefordert ist ein
Beleg über einen näher bestimmten Sachverhalt. Dabei ist mit "nicht planbare exogene
verkehrsbedingte Parameter" ein Begriff verwendet, der eine abstrakte Umschreibung
einer Vielzahl von Einzelfällen erfasst, an Hand dessen sich ein konkreter Sachverhalt
hinreichend zuordnen oder ausscheiden lässt. Es ist auch klar, dass sich der Nachweis
auf die Kapazität im Sinne der Möglichkeit und Verlässlichkeit einer bestimmten
Verkehrsabwicklung zu beziehen hat. Dabei wird an das Begriffsverständnis
angeknüpft, das der Entscheidung über die Zulassung der Koordinierungseckwerte für
die Tageszeit auch im Übrigen zugrunde liegt. Soweit weitere Anforderungen an den
Beleg mit der Beklagten abzustimmen sind, betrifft dies nicht die Frage der
Bestimmtheit, sondern die der materiell-rechtlichen Zulässigkeit eines solchen
Vorbehalts.
71
3. In materieller Hinsicht ergeben sich ebenfalls keine durchgreifenden Mängel zu
Lasten der Kläger.
72
Inmitten steht der Anspruch auf abwägungsfehlerfreie Beachtung klägerischer Rechte
und Belange, auf die sich die genehmigte Erweiterung des Betriebes vorrangig durch
die Lärmwirkungen auswirkt, wobei jede nicht nur geringfügige Lärmbelastung erheblich
ist. Das gilt auch für die Klägerinnen zu 1. bis 6., denen als lärmbetroffene
Gebietskörperschaften in der Flughafenumgebung ein subjektiv- öffentliches Recht auf
gerechte Abwägung namentlich ihrer planerischen Kompetenzen zusteht. Die
luftverkehrsrechtliche Genehmigung ist Unternehmergenehmigung und
Planungsentscheidung, wobei letzteres vor allem dann Bedeutung erlangt, wenn es -
wie vorliegend - um die Erhöhung und zeitliche Verteilung von Flugbewegungen und
Änderungen im bisherigen Lärmschutzkonzept geht. Solcherart Regelungen stehen
ohne Frage in einem engen sachlichen Zusammenhang mit der Konzeption des
Flughafens und der Gesamtplanung seiner Verwendung.
73
Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. April 2005 - 4 C 18.03 -, BVerwGE 123, 261.
74
Folgen und Alternativen der erstrebten Betriebsänderung sind abzuwägen und die
aufgeworfenen Probleme durch planerische Reaktionen zu bewältigen. Dabei steht der
Genehmigungsbehörde der planerische Gestaltungsspielraum zu. Für die Frage der
Rechtmäßigkeit der Entscheidung kommt es dementsprechend nicht darauf an, ob auch
andere planerische Reaktionen, einschließlich der, von dem Vorhaben Abstand zu
nehmen oder es nur unter weiteren modifizierenden Einschränkungen oder Auflagen
zuzulassen, rechtlich zulässig wären. Maßgeblich ist allein, ob die äußeren Grenzen
eingehalten sind, die dem planerischen Gestaltungsspielraum der
Genehmigungsbehörde durch die Rechtsordnung gesetzt sind. Dementsprechend
haben Anwohner und kommunale Gebietskörperschaften (nur) einen Anspruch darauf,
dass für die betrieblichen Änderungen als Grundvoraussetzung für jede
Abwägungsentscheidung, die mit Einwirkungen auf Rechte Dritter verbunden ist, eine
hinreichende Rechtfertigung anzuführen ist und im Übrigen ihre Belange, insbesondere
ihr Interesse, von (weiterem) Fluglärm (weiterhin) verschont zu bleiben, mit dem ihnen
zustehenden Gewicht in die planerische Abwägung eingestellt und mit den für das
Vorhaben angeführten Verkehrsbelangen in einen Ausgleich gebracht werden, der zum
objektiven Gewicht der Belange nicht außer Verhältnis steht. Mit dem Gewicht der
gegenläufigen Belange, insbesondere der Lärmschutzbelange, steigen dabei die
Anforderungen an die Darlegung des Bedarfs, der die geplante Änderung rechtfertigen
soll und sind im Hinblick auf die Zulassung von (weiterem) Nachtflugverkehr
insbesondere die Wertungsvorgaben des § 29b Abs. 1 LuftVG zu beachten.
75
Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. April 2005 - 4 C 18.03 -, a.a.O., m.w.N.; zu den
Anforderungen an die Abwägung im Hinblick auf den Nachtflug vgl. auch BVerwG Urteil
vom 9. November 2006 - 4 A 2001.06 -, NVwZ 2007, 445.
76
Eine weitergehende umfassende Überprüfung, ob das Vorhaben insgesamt den
objektiv-rechtlichen Vorgaben entspricht, können die Kläger nicht verlangen.
Insbesondere entfaltet die Genehmigungsänderung für keinen der privaten Kläger
enteignungsrechtliche Vorwirkungen.
77
Vgl. hierzu allgemein: BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 2005 - 4 VR 2000.05 -, NVwZ
2005, 940, m.w.N.
78
Das wäre nur der Fall, wenn sie als Planungsentscheidung unmittelbar die Entziehung
des Eigentums oder einer entsprechenden Rechtsposition der Kläger zur Folge haben
könnte. Soweit Eigentumsbetroffenheiten geltend gemacht werden, geht es vorliegend
indes nicht um Rechtsentzug, sondern um Beeinträchtigungen der Nutzbarkeit von
Wohneigentum wegen als gesundheitsgefährdend empfundenen Lärmeinwirkungen.
79
Dass die Betriebsgenehmigung für einen Flughafen grundsätzlich geändert werden
kann, es also keinen allgemeinen Rechtsanspruch auf Fortbestand bisheriger
Regelungen gibt, zeigt bereits § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG und wird auch von den Klägern
nicht in Frage gestellt. Entgegen der Auffassung der Kläger gibt es in Bezug auf den
Flughafen der Beigeladenen auch keine besonderen Umstände, die einer
betriebserweiternden neuen Planungsentscheidung der hier angefochtenen Art von
vornherein entgegenstehen. Sie können daher lediglich beanspruchen, dass bei der
Änderung der Regelungen die Vorschriften und Grundsätze beachtet werden, die ihrem
Schutz dienen. Dabei ist auch das Interesse an der Erhaltung wesentlicher Bestandteile
80
des bisherigen Lärmschutzkonzeptes gegen die Interessen an der beabsichtigten
Änderung abzuwägen.
Den Klägern steht aus dem sog. Angerland-Vergleich kein über den
Abwägungsanspruch hinausgehender vertraglicher Abwehranspruch zu. Von den
Klägern ist ohnehin allein die Klägerin zu 5. als Nachfolgerin einzelner an dem
Vergleich beteiligter Gemeinden begünstigt. Auf die Rechtsprechung des Senates, die
den Beteiligten bekannt ist, wird insoweit Bezug genommen.
81
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Dezember 2004 - 20 D 134/00.AK u.a. -, a.a.O., m.w.N.
82
Insbesondere ist auch nach den letzten Erklärungen der Klägerin zu 3. nicht ersichtlich,
dass sie in den Kreis der durch den Vergleich rechtlich Begünstigten einbezogen sein
könnte. Ihre Anerkennung des Angerland-Vergleichs im Zusammenhang mit ihrer
Aufnahme in die Fluglärmkommission hat keine solche Rechtsfolge. Letztlich mag all
dies aber ebenso dahinstehen, wie die Frage, ob und in welchem Umfang die Kläger an
den Besonderheiten des Nachbarschaftsverhältnisses zwischen der Beigeladenen und
der Klägerin zu 5. dadurch teilhaben, dass der Vergleich die bisherige
Genehmigungslage und das zum Interessenausgleich geschaffene Lärmschutzkonzept
maßgeblich bestimmt hat. Denn es wird mit den betrieblichen Neuregelungen keine
Betriebssituation zugelassen, deren Genehmigung nach dem Angerland-Vergleich dem
Beklagten untersagt wäre.
83
Im Hinblick auf die Erhöhung der Koordinierungseckwerte für die erste Nachtstunde
scheidet eine Vertragsverletzung von vornherein aus, weil die Genehmigung weiterhin
die Nutzung der Parallelbahn außer in Fällen der Betriebsunterbrechung der Hauptbahn
nur über Tage zulässt.
84
Der genehmigte Umfang des Betriebes über Tage verstößt ebenfalls nicht gegen den
Vertrag. Es wird keine betriebliche Situation ermöglicht, die den Regelungen des
Vertrages widerspricht. Die Parallelbahn bleibt eine Ausweichbahn im Sinne der
vertraglichen Regelung, die nicht außerhalb von "Zeiten des Spitzenverkehrs" betrieben
wird.
85
In der Rechtsprechung des Senats,
86
vgl. Urteil vom 10. Dezember 2004 - 20 D 134/00.AK u.a. -, a.a.O.,
87
ist geklärt, dass die in dem Vertrag angesprochene Ausweichfunktion nicht mehr
bedeutet als eine Nachrangigkeit der Nutzung und die Bezugnahme auf die "Zeiten des
Spitzenverkehrs über Tage" letztlich eine bewusst weitgefasste Spezifizierung in
Anknüpfung an den Sprachgebrauch enthält. Nähere Aussagen über die zulässige
Anzahl der auf den einzelnen Bahnen abwickelbaren Bewegungen oder das Verhältnis
der Nutzungsanteile der jeweiligen Bahnen beinhaltet der Vertrag dabei ebenso wenig
wie eine Bindung an die Leistungsfähigkeit der Hauptbahn. Ihm lässt sich auch keine
Festlegung der zulässigen Benutzung auf bestimmte Uhrzeiten, Stunden oder sonstige
Zeiträume entnehmen, auf die sich der Begriff des Spitzenverkehrs beziehen soll.
Konkretere Vorstellungen zu Einzelheiten und Voraussetzungen der Nutzung haben
keine vertragliche Absicherung gefunden. Insbesondere ist keine Festschreibung auf
die sog. Einbahnkapazität erfolgt und/oder die Nutzung der Parallelbahn auf die
Abwicklung von unplanmäßigen Nachfrageüberhängen beschränkt worden. Das ist
88
nicht zuletzt auch aus der Zielsetzung der Regelung erklärlich. Das
Nachbarschaftsverhältnis zwischen Flughafen und Umlandgemeinden sollte betreffend
die Zulassung der Parallelbahn (nur) im Grundsatz geregelt werden. Dabei war - wie der
Senat schon in seinem Urteil vom 28. April 1989 - 20 A 1853/87 - zum Ausdruck
gebracht hat - klar, dass die gebilligte Zulassung der Mitbenutzung der Parallelbahn in
Zeiten des Spitzenverkehrs eine deutliche - und gewollte - Erweiterung der
Nutzungsmöglichkeit des Bahnsystems jedenfalls in Kurzzeiträumen bedeutet.
Angesichts dessen wäre zu erwarten gewesen, dass weitergehende detaillierte
Vorstellungen über Nutzungszeiten und den Umfang, in dem die Infrastruktur der
Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden soll - wenn sie denn übereinstimmend dem
Willen aller Vertragsparteien entsprochen hätten - ausdrücklich zum
Vertragsgegenstand gemacht worden wären. Das ist nicht geschehen, wodurch dem
Beklagten als Genehmigungsbehörde ein weiter Raum für eine konkretisierende
Ausgestaltung des Betriebs belassen worden ist. Diese Sicht steht in Einklang mit der
erwähnten Zielsetzung und führt angesichts der erheblichen Beschränkungen, denen
die Beigeladene zum einen in der Nutzung der Parallelbahn, zum anderen aber auch in
der Entwicklung der Gesamtanlage des Flughafens weiterhin unterworfen bleibt,
keineswegs zu einer Unausgeglichenheit des Vergleichs.
Davon ausgehend hält sich die Neuregelung noch im Rahmen des Vertrags. Das
Kriterium "Zeiten des Spitzenverkehrs", wie es in den Zusammenhängen des
Angerland-Vergleiches zu verstehen ist, bleibt gewahrt. Es wird insbesondere nicht
dadurch in Frage gestellt, dass der Beklagte die bisherige Beschränkung der Nutzung
der Parallelbahn auf die Abwicklung unplanmäßig anfallender Flüge in Kurzzeiträumen
aufgehoben hat und den Abbau sowie die Verhinderung von Verspätungen nur noch
und beschränkt auf die Zeit von 21.00 bis 22.00 Uhr als Argument für die Mitbenutzung
anführt. Die bisherige Einschränkung war - wie der Senat bereits in seinem Urteil vom
10. Dezember 2004 - 20 D 134/00.AK u.a. - ausgeführt hat, allein dem zum
Planfeststellungsbeschluss entwickelten Lärmschutzkonzept geschuldet, das den
Betrieb auf die sog. Einbahnkapazität beschränkte. Hiervon durfte der Beklagte aber -
wie dargelegt - abweichen, soweit das Kriterium "Zeiten des Spitzenverkehrs"
eingehalten bleibt. Dies ist hier der Fall. Konkrete zeitliche Einschränkungen oder die
Spezifizierung weiterer qualitativer Vorgaben sind nicht gefordert. Das Kriterium "Zeiten
des Spitzenverkehrs" setzt nicht schon vom Wortsinn her einen wesentlich geringeren
Zeitrahmen als 50 % der Betriebszeiten pro Woche voraus. Die seitens der Kläger in
diesem Zusammenhang angeführten namentlich auf abstrakte mathematische bzw.
geometrische Vorstellungen zurückgehenden Überlegungen zum Wortsinn "Spitze"
werden der gegebenen Problemlage nicht gerecht. Es geht um die Bewertung von
Verkehrsquantitäten in Ansehung der gegebenen konkreten Situation des Flughafens
unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Angerland-Vergleichs. Dabei ist zunächst
zu vergegenwärtigen, dass der Angerland-Vergleich zu einem Zeitpunkt abgeschlossen
worden ist, zu dem der Flughafen noch keiner relevanten faktischen und/oder
rechtlichen Einengung durch Koordinierung unterlag, und deshalb für die Abgrenzung
der Zeiten des Spitzenverkehrs von Normalzeiten offensichtlich die Vorstellung
zugrunde lag, dass die Hauptbahn in Kurzzeiträumen einer konkret und unmittelbar an
den Flughafen herangetragenen Nachfrage von Luftverkehrsgesellschaften nach Start-
und Landemöglichkeiten zur reibungslosen Verkehrsabwicklung nicht mehr genügte. In
solcher Situation sollte die Möglichkeit bestehen, Verkehrsvorgänge auf die
Parallelbahn zu verlagern und so die zusätzliche Kapazität, die sich aus dem
Vorhandensein einer zweiten Bahn ergibt, zumindest in begrenztem Umfang
verkehrssteigernd zu nutzen. Diesem Vorstellungsbild entspricht auch die mit dem
89
Planfeststellungsbeschluss aus 1983 in die Betriebsgenehmigung eingeführte und
nunmehr aufgegebene Definition der Zeiten des Spitzenverkehrs als Zeiten, in denen
"in der Luft oder am Boden Wartezeiten bestehen". Aufgrund der Entwicklung zum
vollkoordinierten Flughafen mit Koordinierungsvorgaben, die auf die Kapazität der
Hauptbahn abgestimmt sind, hat das gewählte Wartezeitenkriterium allerdings seine
Tauglichkeit als Indiz für Zeiten einer besonderen - aus der Normalzeit herausragenden
- Verkehrsnachfrage weitgehend eingebüßt. Durch den Bezug der Slotvorgaben auf die
Stunde und die Beschränkung der Koordinierungseckwerte auf die vorgestellte
Kapazität allein der Hauptbahn entfernt sich der tatsächlich zugelassene und
abgewickelte Verkehr immer mehr von einer sich frei entfaltenden Nachfrage. Entwickelt
sich nämlich bei einem vollkoordinierten Flughafen wie dem der Beigeladenen die
Slotvergabe so, dass schon die geplante Inanspruchnahme die zur Verfügung
stehenden Slots wenn nicht durchweg so doch schon in ganz erheblichem zeitlichen
Umfang erschöpft, kann der Ansatz der Wartezeiten in der Luft oder am Boden nicht
(mehr) vergleichbar dazu dienen, dem Flughafen über die Mitbenutzung der
Parallelbahn jedenfalls in den Zeiten einer besonders hohen Nachfrage nach
Verkehrsleistungen die Möglichkeit zu eröffnen, seine Kapazität - ausnahmsweise - über
das Einbahnsystem hinaus zu erhöhen. Diese Möglichkeit sollte aber nach dem
Vergleich dem Flughafen durchaus bleiben. Die Wartezeit als brauchbares Indiz einer
Nachfragespitze versagt in einer solchen Situation. Anknüpfend an das Vorstellungsbild
des Vergleichs erscheint es dann aussagekräftiger, auf diejenigen Stunden abzustellen,
in denen der Druck auf die Verfügbarkeit einer erhöhten Kapazität besonders stark ist.
Dies verfolgt die streitige Neuregelung, indem sie die Koordinierungseckwerte nicht
mehr zwingend und durchgehend auf eine vorgestellte Stunden-Kapazität der
Hauptbahn ausrichtet, sondern die Parallelbahnnutzung unter Überschreiten der
vorgestellten Stunden-Kapazität für einen bestimmten Teil der Wochentagesstunden
zulässt. Dabei ist - ein wirtschaftliches Verhalten der Beigeladenen sowie ein
verkehrsorientiertes Verhalten des Flughafenkoordinators, bei dem die
Slotanmeldungen erfolgen und dem die Beigeladene nach ihrer Darstellung in der
mündlichen Verhandlung die Bestimmung der Stunden der Mitbenutzung überlässt, als
selbstverständlich zugrundegelegt - hinreichend gesichert, dass die Stunden, in denen
mehr Slots als nach der von der Genehmigung vorgestellten Einbahnkapazität
koordiniert werden, gemessen an den Slotanmeldungen die jeweils nachfragestärksten
Stunden sind, und sich die Festlegung der nutzungsfreien Zeit der Parallelbahn
entsprechend ausrichtet. Dies belegen auch die von der Beigeladenen im Verfahren der
Klägerin zu 5. beschriebenen und in der mündlichen Verhandlung weiter erläuterten
Abläufe im Jahre 2006, in denen der Betrieb über Tage auf der Grundlage der
angeordneten sofortigen Vollziehung bereits in Ausnutzung der
Genehmigungsänderung erfolgt ist.
Angesichts des für den Flughafen der Beigeladenen bestehenden hohen
Nachfragedrucks widerspricht auch die Ausdehnung der Möglichkeit der Mitbenutzung
der Parallelbahn auf 50 % der Betriebswochenstunden über Tage nicht dem Kriterium
der Spitzenzeit. So zeigt beispielsweise die von der Beigeladenen eingereichte, auf die
Stunden gegliederte Darstellung "Beantragung" für die Musterwoche S 2006 (37. KW),
dass selbst eine mit 45 Slots angesetzte Kapazität der Hauptbahn in nahezu allen
Tagesstunden erreicht wird, das Interesse darüber hinaus - ausgenommen die
Wochenendtage - zunächst relativ stabil bleibt und erst ab 60 Slotnachfragen mit 47
Stunden ansetzend spürbar zeitlich ausgedünnt wird; das trägt die Vorstellung einer
herausragenden Nachfrage. Weitergehende Untersuchungen zur Größenordnung der
für bestimmte Zeiten zu erwartenden Nachfrageüberhänge und eine darauf aufbauende
90
Festlegung konkreter Stunden zur Gewährleistung der Zeiten des Spitzenverkehrs sind
nicht erforderlich. Denn der Beklagte konnte der Beigeladenen eine flexiblere Steuerung
ihrer betrieblichen Abläufe jedenfalls schon deshalb eröffnen, weil zugrunde gelegt
werden kann, dass der Flughafenkoordinator und die Beigeladene entsprechend ihrer
eigenen Aufgabe bzw. Interessenlage ohnehin Stunden auswählen, für die sich über die
Nachfrage nach Slots ein besonders hohes Verkehrsinteresse zeigt.
Auch soweit die Genehmigung unabhängig von den für diese Stunde im
Koordinierungsverfahren beantragten Slots die Nutzung der Parallelbahn in der letzten
Tagesstunde vorschreibt, verhält sich der Beklagte vergleichskonform. Die Verpflichtung
soll erklärtermaßen Verspätungen in die erste Nachtstunde verhindern. Es wird also
dem Umstand Rechnung getragen, dass auf der letzten Tagesstunde wegen der
nachfolgenden Restriktionen auch jenseits der im voraus vergebenen Slots ein
besonderer Nachfragedruck liegt.
91
Insgesamt gesehen verbleibt es bei der im Angerland-Vergleich angelegten Abstufung
der Bahnen. Schon in zeitlicher Hinsicht kann von einer gleichwertigen Nutzung bei
einem Verhältnis von 112 Wochenbetriebstunden über Tage für die Hauptbahn zu
maximal 56 Wochenbetriebsstunden der Parallelbahn keine Rede sein. In verkehrlicher
Hinsicht steht bei den vorgegebenen Koordinierungseckwerten ebenfalls nicht in Rede,
dass über die Parallelbahn eine auch nur annähernd vergleichbare Menge abgewickelt
wird wie über die Hauptbahn. Unter Berücksichtigung vorgegebener saisonaler und
tageszeitlicher Schwankungen der Nachfrage steht vielmehr zu erwarten, dass die
Nutzung der Parallelbahn bezogen auf alle Flugbewegungen unter dem Anteil bleiben
wird, der sich bei der Ausnutzung der bisherigen Genehmigung ergeben hat und zuletzt
bei über 35 % lag.
92
4. Dem Anspruch der Kläger auf eine gerechte Abwägung ihrer sich auf die
Auswirkungen des Vorhabens, vorrangig auf die Lärmwirkungen des Luftverkehrs
beziehenden Rechte und Belange ist genügt. Für das Vorhaben ist eine ausreichende
Planrechtfertigung als Grundvoraussetzung für eine jede Abwägungsentscheidung mit
möglicher Drittbelastung belegt (4.1). Der Beklagte hat die aus dem nunmehr
zugelassenen Flugbetrieb resultierenden Folgen für die Umgebung ohne
durchgreifende Mängel gewertet und ermittelt (5.) und auch die Interessen, die für die
betriebliche Erweiterung sprechen, zutreffend erfasst und gewichtet (6.). Schließlich hat
er die Belange der Kläger und die Verkehrsbelange zu einem angemessenen Ausgleich
geführt (7.).
93
Anlass zu zweifeln, ob der Beklagte überhaupt eine abwägende Entscheidung getroffen
hat, sieht der Senat nicht. Die diesbezüglich seitens der Kläger vorgebrachten
Einwände greifen nicht. Insbesondere hat der Beklagte, wie seine Ausführungen in der
Genehmigung ab S. 163 ff. belegen, eine umfassende Betrachtung der
Fluglärmentwicklung vorgenommen und auf dieser Grundlage die für und wider das
Vorhaben sprechenden Interessen gegeneinander abgewogen. Vorgebrachte
Bedenken, der Beklagte habe mangels Sachkompetenz die Ergebnisse der Gutachten
nicht verantwortlich in seine eigene Willensbildung übernehmen können, sind zum
einen ausweislich der Bescheidbegründung haltlos und betreffen im Übrigen nicht den
Abwägungsvorgang, sondern das Abwägungsergebnis. In Bezug auf die zugelassene
Erweiterung des nächtlichen Flugbetriebes ergeben sich keine Besonderheiten. Die
Behauptung, der Beklagte habe jedenfalls bei der in der mündlichen Verhandlung
getroffenen Ergänzenden Entscheidung mit Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der
94
angefochtenen Genehmigungsänderung in ihrer jetzigen Gestalt einseitig und im Sinne
eines Abwägungsausfalls allein die Interessen der Beigeladenen betrachtet, namentlich
die Lärmbetroffenheiten der Kläger nicht (mehr) im Auge gehabt, entbehrt jeglicher
Grundlage. Es ging vielmehr stets und gerade um die Frage eines verantwortbaren
Ausgleichs.
4.1 Für das Vorhaben ist eine ausreichende Planrechtfertigung belegt. Dieses
Erfordernis als Grundvoraussetzung für eine jede Abwägungsentscheidung ist (bereits)
erfüllt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben gemessen an den Zielsetzungen des
Luftverkehrsgesetzes ein Bedarf besteht, die geplante Maßnahme unter diesem
Blickwinkel also erforderlich ist.
95
BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116.
96
Dem ist hier genügt. Die betriebliche Erweiterung zielt darauf, den gewachsenen und
wachsenden Verkehrsinteressen im Einzugsbereich des Flughafens, dem Rhein- Ruhr-
Ballungsraum als dem größten Verkehrsmarkt in Deutschland und drittgrößten in
Europa, entgegen zu kommen. Der Flughafen soll nach den planerischen Vorstellungen
des Beklagten gemäß seiner Funktion und Aufgabe als internationaler Flughafen den
auf seinen Einzugsbereich bezogenen Verkehrsinteressen weitergehend als bisher
geöffnet werden, nachdem er seit 1995 trotz weitgehender Nutzung seiner betrieblichen
Möglichkeiten im Verhältnis zu anderen internationalen Flughäfen nur ganz
unterproportional in der Lage war, mit der allgemeinen Luftverkehrsentwicklung Schritt
zu halten. Das nachhaltig geringere Wachstum am Flughafen der Beigeladenen hat
nach Überzeugung des Gerichts eine wesentliche Ursache in den geltenden
betrieblichen Beschränkungen. Denn gewichtige andere Gründe wie etwa regionale
Nachfrageschwäche oder sonst fehlende Attraktivität des Flughafens sind nicht
festzustellen. Es geht also darum, einen aktuellen und sich noch weiter entwickelnden
Nachfrageüberhang nach Dienstleistungen im Luftverkehr zu bedienen. Dieses Ziel
verliert sein Gewicht nicht dadurch, dass nicht für jede Stunde und jeden Tag ein nicht
zu befriedigendes Verkehrsinteresse gleicher Größe gegeben ist. Denn ein Auf und Ab
der Nutzungsintensität über kürzere und längere Phasen ist für eine
Verkehrsinfrastruktur geradezu typisch und resultiert aus unterschiedlichen
verkehrsunabhängigen Bedarfslagen über den Tag oder über das Jahr. Hierin liegt auch
ein maßgeblicher Grund dafür, dass sich die mit der voraufgegangenen
Genehmigungsänderung aus dem Jahr 2000 verfolgte Verkehrsentwicklung auf dem
Flughafen nicht voll eingestellt hat - was nach der Vorstellung des Beklagten mit der
jetzt erfolgten Änderung im Wesentlichen nachgeholt werden soll. Eine Orientierung am
Verkehrsbedürfnis und der Verkehrserwartung entspricht jedenfalls eher den Zielen der
Verkehrsgesetze als eine mangels dirigistischer Eingriffsmöglichkeiten faktisch
zwangsweise Steuerung des Verkehrs durch Kapazitätsengpässe.
97
Die Betriebserweiterung steht mit den Zielen des Luftverkehrsgesetzes im Einklang
(fachplanerische Zielkonformität). Es geht darum, eine bereits vorhandene Infrastruktur
quantitativ in einem erweiterten Umfang als bisher zur Verfügung zu stellen, um eine im
Wesentlichen bereits vorhandene Nachfrage von Fluggesellschaften besser abschöpfen
zu können. Die Planung kann zugleich für sich in Anspruch nehmen, in der konkreten
Situation erforderlich zu sein. Die betriebliche Erweiterung ist in Ansehung der
Bedarfslage vernünftigerweise geboten; es handelt sich keinesfalls um eine greifbare
Fehlplanung. Im Einzelnen ist dazu zu bemerken:
98
Für die zugelassene Erweiterung des Umfangs des Betriebes über Tage einschließlich
der vorgesehenen Möglichkeit, bei entsprechenden Nachweisen 5 weitere Slots in den
Zeiten vorauszuplanen, in denen bisher nur 40 zugelassen sind, manifestiert sich ein
bestehender Bedarf schon hinreichend in der Größenordnung, in der in der
Vergangenheit Anfragen um eine Zeitnischenzuteilung für den Flughafen in den
Betriebszeiten zwischen 6.00 und 22.00 Uhr zurückgewiesen worden sind. Das gilt
unabhängig von den dokumentierten Schwankungen in der Größenordnung des
Nachfrageüberhanges. Diese rechtfertigen nicht einmal im Ansatz die Annahme, dass
die Nachfrage in absehbarer Zeit insgesamt und gar unter die bisher zugelassenen
Slotzahlen sinken könnte. Tragfähige Anknüpfungspunkte für bevorstehende
einschneidende Einschränkungen des Luftverkehrs, welche die vorliegende betriebliche
Erweiterung tangieren, waren zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen
Genehmigungsänderung nicht absehbar und zeichnen sich letztlich auch heute nicht
konkret ab. Das betrifft namentlich die in diesem Zusammenhang von Seiten der Kläger
angeführte Diskussion zum "Klimawandel".
99
Die planerische Vorstellung, durch die Erhöhung der Koordinierungseckwerte unter
Festschreibung von maximal 131.000 Bewegungen innerhalb der sechs
verkehrsreichsten Monate eine bessere Auslastung der Infrastrukturanlage erreichen zu
können, ist sachlich fundiert. Die Nachfrage von Flugunternehmen nach Slots lässt auf
ein bestehendes, jedenfalls aber ohne Weiteres generierbares Interesse an
Luftverkehrsleistungen in der Bevölkerung im Einzugsbereich des Flughafens
schließen. Denn dem gezeigten Nachfrageverhalten seitens der Luftfahrtunternehmen
liegen zweifellos entsprechende Rentabilitätserwägungen zugrunde. Der Einholung
eines sachverständigen Prognosegutachtens zum Verkehrsbedarf bedurfte es bei dieser
Sachlage nicht. Im Übrigen spricht für die Validität der Annahmen des Beklagten zur
weitergehenden Nutzung des Flughafens der Beigeladenen der Umstand, dass es
schon bei teilweiser Ausnutzung der erweiternden Genehmigungsänderung im Jahre
2006 erstmals seit 20 Jahren wieder deutliche Zuwachsraten im Passagierbereich gab.
Bestätigend - ohne dass es entscheidend darauf ankäme - lassen sich in diesem
Zusammenhang auch das J. - und das L. -Gutachten anführen. Die Gutachten
verdeutlichen, dass der in einem überschaubaren Prognosezeitraum zu erwartende
Verkehrsbedarf im Einzugsgebiet des Flughafens - gerade auch was den Bedarf für
Tagesflüge angeht - noch weit über dem liegen wird, was nach der Neuregelung
zulässigerweise an Bewegungen abgewickelt werden kann. Die Änderungen der
Koordinierungseckwerte für den Tag entspringen damit einer vernünftigen und im Sinne
des Luftverkehrsgesetzes zielführenden Planung im Sinne der Planrechtfertigung.
100
Die von der Klägerin zu 4. bemängelte Inkongruenz der Anzahl der zulässigen VFR-
Flüge mit der im Genehmigungsverfahren geäußerten Prognoseannahme der
Beigeladenen zu diesen Flügen führt auf keine unsinnige Zulassung von
Verkehrsgeschehen. Die Größenordnung der zulässigen VFR-Flüge ist dem Umstand
geschuldet, dass nach Einschätzung des Beklagten kein verkehrspolitisches Interesse
daran besteht, den VFR-Verkehr vom Flughafen der Beigeladenen zu verdrängen. Die
Regelung begrenzt zugleich den möglichen Zuwachs an IFR-Bewegungen, den die
Beigeladene mit ihrem Antrag verfolgt hatte. Die Festlegung ist damit auch ohne den
Nachweis eines unmittelbar korrespondierenden aktuellen Bedarfs im Gesamtgefüge
der Regelungen gerechtfertigt. Im Übrigen erschließt sich nicht, warum insoweit
Belange der Kläger betroffen sein sollten.
101
Für die Erweiterung des Betriebes in der ersten Nachtstunde reicht auf der Ebene der
102
Planrechtfertigung ebenfalls ein Blick auf die Nachfragesituation. Die vorgelegten
Unterlagen dokumentieren für diese Zeit zwar einen geringeren Überhang als für andere
Wochenstunden, eine regelmäßige Nachfrage in einer Größenordnung von bis zu 40
Slots lässt sich ihnen indes sicher entnehmen. Auch insoweit ist - zumal angesichts des
Interesses an frühen Verkehrsverbindungen, dessen Befriedigung eine hohe Zahl von
am Flughafen über Nacht verbleibenden Flugzeugen verlangt - das auf die Erweiterung
von Landemöglichkeiten in der ersten Nachtstunde gerichtete Vorhaben planerisch
ausreichend veranlasst.
5. Der Beklagte hat die der Betriebserweiterung widerstreitende Interessenlage der
Kläger zutreffend und hinreichend differenziert erfasst und damit insoweit eine
tragfähige Basis für eine fehlerfreie Abwägung gegenüber den für das Vorhaben
sprechenden Belangen eingestellt; mit den in der Genehmigung zum Schutz der
Umgebung getroffenen Maßnahmen ist der erforderliche neue Interessenausgleich ohne
durchgreifende Abwägungsfehler erfolgt.
103
5.1 Der Beklagte hat das in der Umgebung zu erwartende Lärmniveau an Hand
sachverständig erstellter Berechnungen auf der Grundlage prognostizierter
Flugbewegungen in den Blick genommen und unter Einbeziehung der bestehenden
und geänderten Vorgaben zur Gewährung von passivem Schallschutz und von
Entschädigungsleistungen die Interessen umfassend neu bewertet, ohne sich auf eine
Betrachtung allein der räumlichen Ausweitung der kritischen Zonen bei den einzelnen
Szenarien zu beschränken. Der Beklagte hat auch nicht tragend abgestellt auf die
Lärmerwartungen, die der aktuellen Genehmigung bei ihrer Erteilung zugrunde lagen.
Das träfe auch die Interessenlage nicht, weil Lärmerwartungen so einzustellen sind, wie
sie sich im Zeitpunkt der Entscheidung über die Betriebserweiterung darstellen. Zu
diesem Zeitpunkt aber hatte sich ergeben, dass die betrieblichen Restriktionen die volle
Ausschöpfung des zugelassenen Verkehrsumfangs behinderten. Mit dem sog.
Referenzszenario hat der Beklagte eingestellt, was an Flugzeugbewegungen und
Fluggerät ausgehend von den bisher erreichten Bewegungen ohne betriebliche
Erweiterung realistischerweise abgewickelt würde.
104
Die Berechnungen für das Prognoseszenario wie für das Referenzszenario boten dem
Beklagten eine hinreichend verlässliche Grundlage für die Abschätzung der
Auswirkungen des Vorhabens in lärmmedizinischer Hinsicht. Gleiches gilt für die
Ausweisung der Ausgleichs- und Entschädigungszonen und trifft zugleich für die
Neuberechnung der Nachtschutzzonen zu.
105
5.1.1 Mängel, die die Tauglichkeit der Methodik insoweit in Frage stellen, liegen nicht
vor; auch fehlen tragfähige Anknüpfungspunkte für die Notwendigkeit weitergehender
Ermittlungen. Insbesondere bedarf und bedurfte es weder der Veranlassung
weitergehender Messungen noch des Abwartens weiterer Messergebnisse.
Entsprechend ist auch nichts dagegen zu erinnern, dass der Beklagte bei der Frage
nach der Vorbelastung bzw. in den Aussagen zum Referenzszenario sich nicht
weitergehend mit Ergebnissen der Messstellen auseinandergesetzt hat. Die in diesem
Zusammenhang geltend gemachten Beanstandungen der Kläger greifen nicht, weil sie
die Bedeutung von Messungen überbewerten. Im Wege der Messung ermittelte Werte
reichen zur Beschreibung, Charakterisierung und Qualifizierung des Lärmgeschehens
dann grundsätzlich nicht aus, wenn es darum geht, das Lärmgeschehen anhand von
Aussagen zu beurteilen, die für eine Vielzahl von unterschiedlichen und wechselnden
Rahmenbedingung getroffen worden sind und umfassend Geltung beanspruchen, oder
106
wenn es um den Abgleich mit einer erst für die Zukunft erwarteten Situation geht. Der
die Nachbarschaft eines Flughafens treffende Fluglärm setzt sich aus einer Vielzahl von
Komponenten zusammen, die ihrerseits durch vielfältige Umstände bestimmt sind, die
ständigen Veränderungen unterliegen. Einzustellen sind beispielsweise neben der
Anzahl der Flugbewegungen und dem eingesetzten Fluggerät auch die
Routenbelegung, das Verhalten der Piloten und die meteorologischen Gegebenheiten.
Um angesichts dessen zu Kriterien zu gelangen, die bei der Entscheidung über den
Flugbetrieb brauchbar sind, bedarf es ungeachtet der Frage, ob auf eine
Durchschnittsbelastung oder aber auf die ungünstigste Situation - und jeweils bezogen
auf welchen Zeitraum - abgestellt werden soll, bei jeder Messung oder sonstigen
Beobachtung des gleichzeitigen Festhaltens zahlreicher Rahmenbedingungen. Insofern
sei für den Flughafen der Beigeladenen nur beispielhaft und plakativ auf die Bedeutung
der Windrichtung in der ersten Nachtstunde verwiesen, die für einen ansehnlichen Teil
der Umgebung ein weitgehendes Freihalten von Fluglärm zur Folge haben kann, ohne
dass mit dieser Beobachtung die Situation der unter diesem Anflugsektor liegenden
Grundstücke zu Beginn der Nachtzeit tauglich zu umschreiben wäre. Nur durch
Einbeziehen weiterer Faktoren kann die Grundstücksituation sachgerecht erfasst und in
Relation zu anderen Zeiten und anderen Orten gesetzt werden. Dies führt zwingend zu
einer theoretischen Überlagerung der Beobachtungen oder Messungen und zu einer
Standardisierung der Vorgehensweise. Hier büßen tatsächliche Feststellungen auch als
Kontrolle oder Korrektiv umso stärker an Bedeutung ein, wie die Methode erprobt und
verfeinert wird und die Eingabeseite zwangsläufig durch prognostische Annahmen
mitbestimmt wird. Der Schwerpunkt auch der gerichtlichen Überprüfung der Aussagen
zum Lärmgeschehen betrifft daher die Eingaben in die Berechnungen und die
Einhaltung der Methode. Zeitliche und räumliche Feststellungen von mehr oder weniger
punktueller Art können Anstoß geben zu der Überlegung, ob die Berechnung Mängel
aufweist oder die Methode an ihre Grenzen stößt.
Die pauschalierende Betrachtung der Lärmauswirkungen eines Vorhabens anhand von
Berechnungen, wie sie hier vorgenommen worden ist, entspricht auch rechtlichen
Vorgaben. Was der Nachbarschaft an Beeinträchtigung zugemutet werden kann, ist
anhand eines typisierenden und generalisierenden Maßstabes zu bestimmen. Eine
interessengerechte Abwägung setzt insoweit keine parzellenscharfe, jeder lage- und
grundstücksbezogenen Besonderheiten Rechnung tragende Analyse der
Lärmbetroffenheiten voraus. Dass eine pauschalierende Berechnung bei der
Berücksichtigung von tatsächlichen Besonderheiten an Grenzen stößt, ist bekannt. Das
ist jeder pauschalierenden Betrachtung immanent und bei Lärmprognosen ohnehin
nicht zu vermeiden. Das betrifft u.a. im Einzelfall vermutete Lärmverstärkungen durch
Reflektionen sowie besondere Lärmereignisse durch Konfigurationsänderungen beim
Landeanflug oder durch bestimmtes Kurvenverhalten, die von den
Berechnungsmethoden nicht ausreichend erfasst werden.
107
Es spricht nichts dafür, dass vorliegend die Lärmsituation insgesamt derart weit von den
Vorstellungen des Beklagten abweicht, dass seiner Abwägung eine unrealistische
Einschätzung der bereits gegebenen Lärmauswirkungen und/oder derjenigen
Lärmauswirkungen, die durch die beabsichtigte Erweiterung des Betriebes zu erwarten
stehen, zugrunde liegt.
108
5.1.2 Die vom Beklagten in seiner Entscheidung berücksichtigten Lärmwerte wurden
gemäß dem Berechnungsverfahren der sog. AzB99 (Anleitung zur Berechnung von
Fluglärm mit der Flugzeuggruppeneinteilung aus 1999) ermittelt. Die Heranziehung
109
dieser Berechnungsmethode ist nicht zu beanstanden. Sie hat allgemeine, auch
internationale Anerkennung gefunden, wie der Gutachter des lärmtechnischen
Gutachtens Dr. J1. im einzelnen in der mündlichen Verhandlung erläutert hat. Sie liegt
zudem den vergleichsweise heranzuziehenden wissenschaftlichen Aussagen über
Lärmwirkungen zugrunde. In der beschlossenen Neufassung des Gesetzes zum Schutz
gegen Fluglärm sind die Grundsätze in der Anlage zu § 3 FluglärmG ebenfalls
übernommen; die naturwissenschaftlich- technischen Einzelheiten sollen in einer
Rechtsverordnung geregelt werden. Die Aktualität der Berechnungsmethode wird durch
das Klägervorbringen nicht in Frage gestellt. Anhaltspunkte für Erkenntnisfortschritte in
Wissenschaft und Technik, die die Methode als unzeitgemäß erscheinen ließen, fehlen.
Vgl. dazu auch: BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 -, a.a.O.
110
Zu der der Spitzenpegelbestimmung zugrunde liegenden Zeitbewertung "slow"
beispielsweise mag es durchaus diskussionswürdige Alternativen geben. Bei dem
derzeitigen Erkenntnisstand, der bisherigen Genehmigungspraxis und der Handhabung
bei anderen Lärmquellen sind die tradierten Pegelgrundlagen weiterhin als hinreichend
aussagekräftig anzuerkennen, die neben der q=3-Berechnung die A- Frequentierung,
die Zeitbewertung "Slow" und die Einstufung der Flugzeugtypen entsprechend AzB99
beinhalten. Dass die nunmehr klägerseitig reklamierte Zeitbewertung "impuls" nominell
gesehen einen höheren Wert ergeben würde, kann unterstellt werden; das besagt nichts
darüber, dass die Lärmwirkung bei mit "slow" ermittelten Werten nicht tauglich erfasst
wird. Auf einigermaßen gesicherte oder anerkannte Erkenntnisse, inwieweit die
Zeitbewertungen "impulse" oder "slow" oder "fast" jeweils der menschlichen
Hörempfindung entsprechen, kann derzeit nicht verwiesen werden. Die rechnerische
Verwendung "slow" hat jedenfalls auch den Vorteil, der Einstellung der in der Praxis
verwendeten Fluglärmmessanlagen zu entsprechen, d.h. insbesondere auch bei den
Messstellen, die die Beigeladene nach § 19a LuftVG betreibt, und insofern
kontrollierend zurückgreifen zu können.
111
Es ist nichts dagegen zu erinnern, dass die zur Verdeutlichung der Lärmsituation
erstellten Lärmkonturen unter Berücksichtigung der wechselnden Betriebsrichtungen
erstellt worden sind. Ob die geforderte 100:100-Berechnung den zu betrachtenden
Flugbetrieb realitätsnah zu erfassen vermag, hängt von den schon oben aufgezeigten
Fragen ab, ob einem Durchschnittswert über einen langen oder einen kürzeren Zeitraum
oder ob einer Maximalbelastung über einen kurzen oder einen längeren Zeitraum der
entscheidende Aussagewert zukommt. Die AzB99 stellt für die bestimmenden Faktoren
auf die sechs verkehrsreichsten Monate ab. Dem liegt - mit der Folge einer
entsprechenden Durchschnittsbildung - die Vorstellung von einem Aussagewert über
einen Langzeitraum zugrunde. Dieser Betrachtung entspricht es am ehesten, durch die
Einbeziehung der tatsächlichen Betriebsrichtungsverteilung auch dem Umstand
Rechnung zu tragen, dass über längere Zeiträume hinweg die jeweils mit dem Vorgang
des Startens oder des Landens in Verbindung stehenden Belastungsfaktoren wechseln.
Dass bei einem abweichenden Ansatz und unter Bezugnahme auf spezifische
(andersartige) Schutzziele die Betrachtung einer 100%-igen Nutzung jeder Richtung für
jeweils alle Starts oder alle Landungen erforderlich werden kann, liegt auf der Hand. Die
Aussagekraft, die einem für eine solche Situation ermittelten Lärmwert für langfristige
Lärmwirkungen, um die es hier geht, zukommen kann, ist aber weder rechtlich noch
wissenschaftlich abgesichert.
112
Vgl. neuerlich zum Einfluss wechselnder Fluglärmbelastungen auf die
113
Belästigungsreaktion: Abschlussbericht des Forschungsvorhabens: Wirkungsgerechte
Berechnung der Fluglärmbelastung bei wechselnder Betriebsrichtung im Auftrag des
Umweltbundesamtes, September 2006.
Nach alldem ist die Entscheidung des Beklagten für eine Orientierung an den Vorgaben
der AzB99 und damit die Mittelung der Lärmbelastung über die sechs verkehrsreichsten
Monate sowie die Berücksichtigung der Betriebsrichtungsänderungen in längeren
Zeiträumen nicht zu beanstanden. Dies gilt auch für die Bewertung der nächtlichen
Betroffenheit, zumal die Neuregelungen des Fluglärmgesetzes in der Änderung der
Anlage zu § 3 für die Berechnung der Schutzkonturen einschließlich der für die Nacht
ebenfalls auf die sechs verkehrsreichsten Monate abstellen und die Betriebsrichtungen,
wenngleich mit Modifizierungen, einbeziehen.
114
Was die Modellierung der Schallimmissionen im Bereich von gekrümmten Flugstrecken
angeht, mag die AzB99 - wie Dr. J1. in der mündlichen Verhandlung erläutert hat -
Schwächen aufweisen, die allerdings häufig nicht zum Tragen kommen. Nach den
plausiblen Angaben des Sachverständigen, die sich anhand der gegebenen Flugrouten
nachvollziehen lassen, ist dies auch in Düsseldorf weitestgehend der Fall.
Problematisch bleibt - räumlich begrenzt - bei Starts in westlicher Richtung das
Abbiegen auf die sog. Nordroute, auf das auch der Kläger zu a) im Verfahren zu 7.
verwiesen hat. Des Weiteren wird von den Berechnungen auch das einmalige
punktuelle Lärmereignis, das mit dem Ausfahren der Landeklappen bzw. des Fahrwerks
verbunden ist, nicht erfasst, das nach Dr. J1. 10 bis 14 NM vor der Landeschwelle
auftritt. Damit erklären sich auch hinlänglich die Abweichungen, die sich bei einem
Vergleich der vorgelegten Auswertung der von der Beigeladenen in F. -L1. betriebenen
Messstelle MP 14 mit den Berechnungen auf der Grundlage des Prognoseszenarios
und Messstelle ergeben. Andere Einflussfaktoren für die Abweichungen scheiden nach
den plausiblen Ausführungen des Sachverständigen aus.
115
Es ist unmittelbar einsichtig, dass sich solche lokal begrenzten, flugverfahrensbedingten
Einflussfaktoren nur schwierig modellieren lassen. Sie werden nach Aussagen von Dr.
J1. auch von den Übrigen in der internationalen Praxis eingesetzten Rechenverfahren
nicht hinreichend erfasst. Die Tauglichkeit der gewählten Methode, einen Überblick über
die zu erwartenden Lärmbelastungen als Grundlage für die Abwägung zu erhalten und
die Festlegungen von Lärmkonturen zu ermöglichen, wird nicht in Frage gestellt. Es
handelt sich um bekannte Phänomene, die aus fachwissenschaftlicher Sicht auch keine
pauschale Beaufschlagung rechtfertigen. Dr. J1. hat in der mündlichen Verhandlung in
diesem Zusammenhang auf den Umstand verwiesen, dass die AzB99 ohnehin schon
Lärmzuschläge enthält. Dagegen ist nichts zu erinnern. Es leuchtet ein, dass es
andernfalls andernorts zu einer weitgehenden Überschätzung der Lärmsituation käme,
und sich die Ergebnisse immer weiter von einer realtitätsnahen Erfassung von
Lärmbetroffenheiten entfernten. Nach den Äußerungen von Dr. J1. stehen, was die
Kurvenmodellierung angeht, Abweichungen allein begrenzt im Innenbereich kritischer
Kurven in Rede. Eine Abschätzung in den 1990iger Jahren hat danach im
Kurvenbereich zur NOR-Route Werte um Leq = 2 dB(A) ergeben. Was den spezifischen
Lärm angeht, der von dem Vorgang der Konfigurationsänderung ausgeht, wirkt sich
dieser nach den Angaben von Dr. J1. weniger im Bereich des Dauerschalls Leq(3) aus,
als vielmehr im Bereich der Häufigkeit von Maximalpegeln, d.h. im Bereich der NAT-
Kriterien.
116
Insgesamt geht es hier um Einflussfaktoren, die - da lokal begrenzt - die Planung in
117
ihren Grundzügen nicht berühren. Denn es lässt sich ausschließen, dass in den
betreffenden Bereichen Lärmbelastungen entstehen, die über diejenigen hinausgehen,
die der Beklagte andernorts unter Einbeziehung gewährter Schallschutzmaßnahmen
und betrieblicher Beschränkungen als zumutbar erachtet hat, ohne dass insoweit
Abwägungsfehler vorliegen. Soweit mit Blick auf die bekannten Schwächen der
Berechnungsmethode Ausgleichs- und Schutzmaßnahme außerhalb der Schutzgebiete
gemäß dem angefochtenen Bescheid einzustellen sind, bleiben diese mit Sicherheit
unter einer Schwelle, die beim Beklagten ergebnisrelevante Bedenken gegen die
Verhältnismäßigkeit der Belastung der Beigeladenen hätte aufkommen lassen können.
Bezogen auf eventuelle Betroffene hat der Beklagte - wie im weiteren noch näher
erläutert wird - mit dem gefundenen Lärmschutzkonzept, namentlich der verbliebenen
Dimensionierung der Nachtschutzzonen nach der ursprünglichen Fassung des
angefochtenen Bescheids sowie der verbleibenden Möglichkeit eines
Einzelnachweises einen hinreichenden Ausgleich gefunden. Auch ist einzustellen, dass
es sich um keine Lärmphänomene handelt, die allein mit der streitigen Erweiterung
verbunden sind; sie treten auch schon bei dem früher zugelassenen
Verkehrsgeschehen auf und sind von den Klägern in diesem Umfang jedenfalls
hinzunehmen.
5.1.3 Die den lärmphysikalischen Berechnungen zugrunde liegenden Eingangsdaten
weisen keine Defizite auf, welche ihre Brauchbarkeit für die Abwägung sowie für die
Ermittlung der Lärmschutz- und Entschädigungszonen, die der Durchsetzung von
Ansprüchen bestimmter Betroffener dienen, in Frage stellen.
118
Die Einwände der Kläger betreffen im wesentlichen das Datenerfassungssystem, das
allgemein der Szenarienberechnung zugrunde liegt, und auch dasjenige für die
Bestimmung der Nachtkontur. Es geht dabei um die Windrichtungsverteilung (1), den
Flugzeugmix (2), die Flugroutenbelegung (3), die Bahnbelegung (4) sowie den
eingestellten Tages- bzw. Nachtanteil (5). Dabei gilt es zu berücksichtigten, dass die
Eingabedaten weithin auf Prognosen aufbauen und größere Zeiträume einbinden, so
dass sie nicht den Anspruch erheben und erheben können, ein jederzeit überprüfbares
reales Lärmgeschehen darzustellen. Es fehlen Anknüpfungspunkte dafür, dass die bei
der Ermittlung der Eingabedaten zahlreich eingeflossenen prognostischen Bewertungen
relevante Mängel aufweisen.
119
(1) Gegen das in alle Berechnungen eingestellte Verhältnis der Betriebsrichtung 20 : 80
ist rechtlich nichts zu erinnern. Es ist aus langjährigen Erfahrungen zur Häufigkeit
bestimmter Betriebsrichtungen abgeleitet und entspricht seit langem der
Beurteilungspraxis für den Flughafen der Beigeladenen. Wenngleich immer wieder auf -
zum Teil beträchtliche - Abweichungen verwiesen werden kann, so bleibt es doch
letztlich gut vertretbar, dass der Beklagte an dieser Größenordnung der Aufteilung, die
als solche, wie gesagt, sachgerecht ist, festgehalten hat. Es handelt sich um einen
Hilfsfaktor, mit dem nicht etwa die Anzahl der zu berücksichtigenden Lärmereignisse
beeinflusst wird, sondern lediglich den Unterschieden im Lärmgeschehen bei Starts und
Landungen Rechnung getragen wird. Damit ist zunächst festzuhalten, dass bezogen auf
die Gesamtumgebung eines Flughafens ein grundlegend falsches Bild vom
Lärmgeschehen nicht entstehen kann, wenn die Betriebsrichtungsverteilung nicht
zutreffend zugrunde gelegt wird. Es geht letztlich um Feinheiten der Grenzziehung für
die Darstellung von Schutz- und Entschädigungsbereichen, die als solche freilich nicht
über Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen entscheiden. Daneben ist zu
sehen, dass feste Vorgaben zur Handhabung dieses Faktors zum maßgeblichen
120
Entscheidungszeitpunkt nicht existierten, also etwa weder der zu betrachtende Zeitraum
nach der Anzahl der Jahre, deren Auswahl und eventuelle Gewichtung noch der
maßgebliche Zeitraum innerhalb eines Jahres - sechs verkehrsreichste Monate oder
alle zwölf Monate - vorgegeben waren. Es kann sich daher nur um eine
Auswahlentscheidung handeln, die sich an der Grundstruktur der Lärmbewertung zu
orientieren hat und dem behördlichen Einschätzungsermessen zuzuweisen ist. Deren
Tauglichkeit und Vertretbarkeit kann allein mit der klägerseits für geboten erachteten
und zur Anwendung gebrachten Methodik nicht in Frage gestellt wird. Aber auch unter
Einbeziehung dieser Ermittlung und Einschätzung - wie etwa der eingereichten Kurven
über mathematische Mittelwerte der Windrichtungsverteilung in den sechs
verkehrsreichsten Monaten bei unterschiedlichen Zeiträumen - sowie anderer
vorliegender länger oder kürzer greifender Aussagen bleibt festzustellen, dass - zumal
mit dem Vorteil der Vergleichbarkeit früherer und neuerer Lärmaussagen - das
Verhältnis 20:80 innerhalb der Streubreite der wechselnden Windverhältnisse eine gut
vertretbare Stellung hat, bei der weder die Brauchbarkeit der errechneten
Lärmaussagen für die Abwägung der Lärmbelange in der Gesamtheit noch für die
Einzelnen in Frage gestellt ist.
(2) Die für die Lärmbetrachtung herangezogenen Szenarien wurden anhand der
vorliegenden flugbetrieblichen Daten des Jahres 2002 prognostizierend auf den
erwarteten Termin der Genehmigungserteilung im Jahre 2005 gebildet. Die Berechnung
der Nachtzonen wurde in vergleichbarer Weise fortgeschrieben. Die diesem Vorgehen
zugrunde liegende Annahme, dass sich der zusätzliche Verkehr strukturell nicht
wesentlich von dem Verkehr unterscheiden wird, der sich bisher am Flughafen
entwickelt hat, ist schlüssig. Eine weitergehende sachverständige Analyse des
zukünftigen Verkehrsgeschehens war danach entbehrlich.
121
Der Ausgangspunkt, die Verteilung der Flugbewegungen auf die Flugzeuggruppen
werde sich bis 2005 nur unwesentlich ändern, ist ebenso plausibel wie die erfolgte
Berücksichtigung absehbarer Änderungen. Es besteht kein durchgreifender Anhalt,
dass grundlegende Entwicklungen verkannt worden wären. Hinreichend verdeutlicht ist
insbesondere, dass die Änderungen im Flugzeugmix gegenüber demjenigen, der der
Berechnung der Lärmschutz- und Entschädigungszonen der Genehmigung 2000/2003
zugrunde lag, eine Reduzierung des durchschnittlichen MTOWs einschließen, was sich
auch auf die Lärmkonturen, jedenfalls was den Tageslärm angeht, in einzelnen
Bereichen im Sinne einer Verringerung ausgewirkt hat. Daraus erklärt sich im Übrigen
die von dem Kläger zu 9. gerügte Differenz zwischen der dem TÜV im Jahre 2004
erteilten Auskunft über die zu erwartenden Lärmwerte, die Lärmschutzansprüche auf der
Grundlage der bisherigen Genehmigung betrafen, und der nunmehr auf der Grundlage
der streitigen Genehmigung für sein Grundstück angeführten Lärmerwartung. Soweit die
Kläger eine Umkehrung der Entwicklung zu Lasten größerer Maschinen befürchten, sind
allein allgemeine Prognoseunsicherheiten angesprochen, die sich im Rahmen dessen
halten, was jeder Prognose innewohnt. Konkrete Anhaltspunkte für eine Umkehr der
Entwicklung waren nicht abzusehen und sind es auch heute nicht. Der Hinweis auf die
Bedeutung eines sog. "ethnischen Verkehrs" verfängt nicht. Das Lärmgeschehen am
Flughafen wird - wie die zuständige Mitarbeiterin der Beigeladenen C. und der
lärmtechnische Gutachter in der mündlichen Verhandlung überzeugend bestätigt haben
- nach wie vor durch den Umfang der den Flugzeugklassen S 5.3 und S 5.2
zuzurechnenden Flugzeuge bestimmt.
122
Anknüpfungspunkte für eine Manipulation des Flottenmixes fehlen. Die Kläger sprechen
123
in diesem Zusammenhang letztlich nur den Bereich der üblichen und unvermeidbaren,
wegen der regelmäßig nur gering anzusetzenden Auswirkungen auch hinnehmbaren
Prognoseunsicherheiten an, ohne Mängel in der Prognoseerstellung erkennbar zu
machen und in Relation zu ihren Belangen zu stellen. Das betrifft neben der
zutreffenden Zuordnung von vereinzelt verkehrendem, insgesamt aber für den
Flughafen der Beigeladenen untypischem Fluggerät etwa die Verteilung von
Flugzeugen der Gruppe P 1.3 und P 1.4 auf die nächst höheren Flugzeuggruppen, die
nach den überzeugenden Erläuterung des lärmtechnischen Gutachters eher zu einer
Überschätzung der Lärmauswirkungen führt. Für ein bewusst manipulatives Vorgehen
der Beigeladenen bei der Übermittlung der Datengrundlagen an den Lärmgutachter
spricht ohnehin nichts. Auch die seitens der Kläger angebrachte Kritik an Angaben, die
die Beigeladene bezogen auf andere Sachfragen und in anderen
Sachzusammenhängen gemacht hat bzw. gemacht haben soll, bietet für eine solche
Schlussfolgerung keine Grundlagen. Dies betrifft etwa die Angriffe gegen einzelne
Aussagen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 30. April 2007 im Verfahren der
Klägerin zu 5. und die behaupteten Abweichungen eingereichter
Messstellenauswertungen von Messberichten, die an anderer Stelle abgegeben worden
sind. Die Kritikpunkte liegen zum Teil bereits neben der Sache und sind ungeachtet
dessen nicht geeignet, über den jeweiligen Zusammenhang hinaus Aussagekraft für die
allgemeine Verlässlichkeit von Angaben zu entfalten. Insgesamt sind jedenfalls
prognostische Unzulänglichkeiten mit Ergebnisrelevanz in diesem Zusammenhang
nicht ersichtlich.
(3) Für die Verteilung des Fluggeschehens auf die Flugrouten gelten die vorstehenden
Ausführungen entsprechend. Auch hier ist - unter Einbeziehung voraussehbarer
Änderungen - eine Ableitung aus dem Verkehrsgeschehen erfolgt, wie es sich bis 2002
darstellte. Dies ist anzuerkennen, da mit den streitgegenständlichen betrieblichen
Erweiterungen - wie bereits ausgeführt - keine nennenswerten strukturellen Änderungen
für den Verkehr am Flughafen der Beigeladenen einhergehen. Für die Notwendigkeit
oder auch nur Sachdienlichkeit einer neuen verkehrswissenschaftlichen Untersuchung
zu den für die Routenbelegung relevanten Flugzielen spricht daher nichts.
124
Ein tauglicher Anknüpfungspunkt für Fehler bei der Einstellung der Routenbelegung
ergibt sich insbesondere nicht aus dem Einwand der Klägerin zu 2. zur Nutzung der
MODRU-Route. Die vorgelegten Grafiken zur Prognose und zur realen Verteilung
weisen, wenn nicht sogar eine angesichts typischer Prognoseunsicherheiten noch
hinlängliche Übereinstimmung, so jedenfalls keine Abweichungen auf, die aus sich
heraus Gewicht genug haben, an der Validität der Prognoseentscheidung zu zweifeln.
Auch die Belegung der LIMA-Route mag sich aufgrund einer von der DFS veranlassten
Änderung der Verkehrsverteilung auf den Routen von den ursprünglich prognostizierten
5 % bis 2006 auf 2 % reduziert haben. Anhaltspunkte, dass die Entwicklung zum
Zeitpunkt der ursprünglichen Prognoseerstellung voraussehbar war, fehlen. Sollte sie -
wie auch eine Änderung des Routenverlaufs im Bereich der Klägerin zu 1. - zum
Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides erkennbar gewesen sein, bestand für den
Beklagten dennoch kein zwingender Anlass, vor der Genehmigungsänderung die
Prognosen entsprechend nachzuzeichnen. Denn es handelt sich insoweit - wie Dr. J1.
in der mündlichen Verhandlung bekräftigt hat - mit Blick auf die Lärmwirkungen um
keine entscheidenden Veränderungen, sondern um solche, die sich in der Spannbreite
des Prognoserahmens halten. Für die LIMA-Belegung hat Dr. J1. von Änderungen im
Dauerschallpegelbereich über Tage von ¼ dB(A) gesprochen. Für eine Relevanz beim
nächtlichen Flugverkehr erschließt sich nichts.
125
(4) Beim Belegungsumfang der Parallelbahn, der aus dem durch den Angerland-
Vergleich vorgegebenen Nutzungsumfang unter Einbeziehung der beantragten
Neuregelungen abgeleitet worden ist, ergaben sich schon deshalb beträchtliche
Prognoseunsicherheiten, weil der Beklagte nicht von der Annahme einer gesicherten
Kapazität der Hauptbahn ausging und zudem eine Festschreibung der maximalen
Nutzung an 56 Wochenbetriebsstunden erfolgte. Damit standen ersichtlich keine
ausreichenden Faktoren für eine verlässliche Prognose der Intensität der Nutzung der
Parallelbahn zur Verfügung. Dieses Problem hat der Beklagte erkannt und ihm
ausreichend durch die Verpflichtung der Beigeladenen Rechnung getragen, die
Tagschutz- und die Entschädigungszone - für die Nachtzeit scheidet die
Parallelbahnnutzung grundsätzlich aus - ein Jahr nach Betriebsaufnahme neu zu
berechnen, und zwar mit der erklärten Zielsetzung, die den Kreis der
Anspruchsberechtigten kennzeichnenden Gebiete entsprechend auszudehnen. Die
Erwartung, dass sich allenfalls geringfügige Veränderungen in der Ausdehnung der
Lärmschutzzonen ergeben, ist plausibel. Die in der mündlichen Verhandlung
vorgelegten, auf der Grundlage der Verhältnisse in den sechs verkehrsreichsten
Monaten des Jahres 2006 neuberechneten Kurven stützen diese Annahme zusätzlich.
Bei der Berechnung sind nach Erklärung der Beigeladenen im Vergleich zur
Ausgangsberechung im Wesentlichen nur die prozentualen Anteile der Nutzung der
Bahnen geändert worden. Einer weitergehenden Prüfung, ob die Nachberechnung den
Anforderungen genügt, bedarf es hier nicht, weil nicht diese, sondern allein ihr Vorbehalt
Gegenstand des Verfahrens ist. Die Befürchtung, dass sich der volle Betrieb unter der
Genehmigung erst später einstellen werde, so dass eine spätere Nachberechnung
angezeigt gewesen wäre, trifft nicht zu. Es geht - wie auch das Vorgehen der
Beigeladenen zeigt - nicht um die Berechnung an Hand des Verkehrsgeschehens des
ersten Geschäftsjahres, sondern um eine Neuberechnung des Prognoseszenarios unter
Einbeziehung der Erfahrungen zu den Nutzungsanteilen der Bahnen. Die Vorstellung,
die Beigeladene könne die Belegung im ersten Jahr der Nutzung der geänderten
Betriebsgenehmigung manipuliert haben, um eine Veränderung der Lärmkurven zu
verhindern, ist angesichts der geringen Größenordnung, in der hier allenfalls an eine
Verschiebung der Lärmkurven zu denken ist, rein spekulativ. Da die Ausgangsprognose
eine Kapazität der Hauptbahn von 45 Flugbewegungen pro Stunde unterstellt und die
Neuberechnung auch auf das Prognoseszenario zielt, bedurfte es keiner
Nachberechnung für den Fall der Zulassung weiterer 5 Slots in den Stunden, in denen
bisher nur 40 genehmigt sind.
126
(5) Was den Tag- und Nachtfluganteil an den Gesamtbewegungen angeht, ist die
nunmehr maßgebliche Genehmigungssituation zwar nur unzureichend berücksichtigt.
Das wirkt sich aber im Ergebnis nicht zu Lasten der Kläger aus.
127
Für den Nachtlärm ist - auch was die Dimensionierung der Kurven angeht - von einer
Überschätzung des Lärmgeschehens auszugehen, da die bisherigen Betrachtungen
von einer höheren Zahl zulässiger Bewegungen bis 23.00 Uhr und für die gesamte
Nacht vom Verkehr auch mit größeren Propellermaschinen ausgingen. Anhaltspunkte
dafür, dass der zuletzt eingestellte Nachtanteil von 7,5 % des zu betrachtenden
Gesamtaufkommens auf einer unzureichenden Abschätzung beruht, fehlen. Die
Beigeladene hat den Wert, wie bereits den ursprünglichen Wert von 9 %, unter
Einstellung insbesondere der nunmehr reduzierten Landungsmöglichkeiten und eines
Verspätungsanteils, der wiederum aus den Erfahrungen des bisherigen
Verkehrsgeschehens abgeleitet ist, ermittelt. Dies erhellt insbesondere, dass im DES
128
2005 im Vergleich zum DES 2002 nicht etwa in jeder Flugzeugklasse eine anteilig
gleiche Reduzierung vorgenommen worden ist. Es fehlt jeder Anhalt dafür, dass die
Ausgangspunkte der Bewertung fehlerhaft wären oder die daraus gezogenen
Folgerungen sich sachlich nicht vertreten ließen - und mehr ist in diesem
Zusammenhang nicht zu fordern. Entsprechendes gilt für die vorgelegten Berechnungen
auf der Basis der nunmehr zugelassenen 33 Bewegungen.
Bezogen auf den Lärm über Tage ist allerdings weiterhin mit einem Taganteil von 91 %
gerechnet worden, der im Verhältnis zu dem reduzierten Nachtanteil nicht mehr stimmig
ist. Eine Korrektur der Schutzzonenausweisung ist nicht erfolgt. Mit der Ergänzenden
Entscheidung, die gegenüber den Grundannahmen des Lärmgutachtens zu einer
weiteren Reduzierung des nächtlichen Betriebsumfangs führt, ist der Umfang der über
Tage möglichen Bewegungen zusätzlich gestiegen. Relevante Betroffenheiten der
Kläger ergeben sich daraus indes nicht. Die Auswirkungen sind angesichts der
Größenordnung der Gesamtzahl der Flugbewegungen zu vernachlässigen. Wie auch
die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Karten bestätigen, sind die
Verschiebungen marginal. Der Übergang von 91 % auf 92,5 % ist bezogen auf eine
Leq(3) = 60 dB(A) im Zeichnerischen kaum zu erkennen; die Kurve liegt damit
entsprechend der ausgewiesenen Tagschutzzone im Wesentlichen innerhalb der nach
der Genehmigung 2000/2003 ausgewiesenen Tagschutzzone, was auch die weiter
eingereichte Darstellung von Kurven nach einer Lärmkontur Leq(3) = 62 dB(A) belegt.
Aber auch bei einer Erhöhung um weitere 1,5 % ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass
es sich - wie das eingereichte Kartenmaterial bestätigt - eher um Randunschärfen
handelt, die die Möglichkeit einer anderen Entscheidung in der Sache jedenfalls
ausschließen. Bezogen auf den Kreis der Betroffenen und deren Ansprüche werden sie
im Rahmen des gewählten Schallschutzkonzept hinreichend aufgefangen, wenn nicht
schon durch eine ohnehin tendenzielle Überschätzung der nach AzB errechneten
Belastungen, so jedenfalls durch die - im Weiteren noch näher abzuleitende -
verbleibende Möglichkeit, im Einzelfall - gemessen an den statuierten Schutzzielen -
das Erfordernis von (weitergehenden) Maßnahmen nachzuweisen.
129
5.1.4 Die Ausgangsberechnung für die Lärmschutzkurven ist tauglich. Weder die
vorgelegten Auswertungen der von der Beigeladenen betriebenen Messstellen noch die
von einzelnen Kläger in Auftrag gegebenen Messungen geben Anlass zu einer
abweichenden Bewertung. Auch insoweit ist nicht ersichtlich, dass das gewählte
Verfahren zur Erfassung der Lärmauswirkungen und der Vorbelastung zu einer
unrealistischen, unbrauchbaren Einschätzung führt.
130
Die vorgelegte Auswertung der Messstellenergebnisse belegt, wenn man einmal von
den bereits angeführten Besonderheiten am MP 14 in F. -L1. absieht, dass die
Messungen bei der Häufigkeit bestimmter Maximalpegel eher niedriger liegen als die
berechneten Werte. Dies wird deutlich, wenn man die Werte des Referenzszenarios mit
der Auswertung für das Jahr 2004 vergleicht, das nach Dr. J1. im Hinblick auf die
Windrichtungsverteilung und die Bewegungszahlen den Berechnungsgrundlagen für
das Referenzszenario nahe kommt. Die tendenziell konservative Ausrichtung der
Berechnungen nach der AzB zeigt sich deutlich. Was den Messpunkt 13 angeht,
erschließen sich die erhöhten Werte daraus, dass der Messpunkt im März 2004 verlegt
worden ist, was bei den lärmtechnischen Berechnungen noch nicht berücksichtigt
worden war. Die daneben noch verbleibenden Abweichungen sind gering und ohne
Aussagewert. Sie bewegen sich in der Bandbreite, die jeder pauschalierenden
Berechnung auf der Grundlage eines prognostischen Verkehrsgeschehens innewohnt
131
und um ein solches handelt es sich ja auch bei dem Referenzszenario. Dabei versteht
es sich von selbst, dass die Gewichtung einer Abweichung nicht an der Höhe ihres
prozentualen Anteils festzumachen ist, namentlich dann nicht, wenn nur geringe
Häufigkeiten von Schallereignissen in Rede stehen.
Für die von einzelnen Klägern in Auftrag gegebenen Messungen gilt im Ergebnis nichts
anderes. Das betrifft zunächst die von der Klägerin zu 1. in Auftrag gegebene
Untersuchung der Fa. B. . Nach dem Gutachten vom 22. November 2004 wurden zwar
an ausgewählten Messpunkten auch Pegel von über 80 dB(A) festgestellt und damit das
Bestehen eines Belästigungspotentials. Die Maximalpegel blieben aber insgesamt
betrachtet auf niedrigem Niveau. Die untersuchten Bereiche lagen bei den festgestellten
Belastungen während der jeweils mindestens einwöchigen Messphasen um mehr als
15 dB(A) unter den Grenzwerten der Schutzzonenausweisung. In der Höhe der Pegel ist
durch die zugelassenen betrieblichen Änderungen keine Verschlechterung zu erwarten,
allein die Häufigkeit entsprechender Ereignisse steigt.
132
Das in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin zu 5. vorgelegte Gutachten der
Firma C1. vom 4. Mai 2007 über Messungen, die in der Zeit von November 2006 bis
Februar 2007 in S. -U. durchgeführt wurden, ist ebenfalls nicht aussagekräftig für eine
relevante Unzulänglichkeit der Entscheidungsgrundlage des Beklagten infolge von
Mängeln in der Berechnung. Aus den Messungen an der T. ergab sich nach den
Ausführungen des Gutachters Dr. L2. für den Tag ein Wert von Leq(3) = 62,1 dB(A), der
damit unter dem nach AzB99 berechneten Wert des Referenz- und des
Prognoseszenarios von 63,3 dB(A) liegt. Für die Nacht wird hingegen eine
Überschreitung des berechneten Wertes in einer Größenordnung von 3,2 dB(A)
angegeben. Auf welche Mängel in der Berechnungsmethode der AzB99 und/oder ihrer
Anwendung das schließen lassen könnte, erörtert der Sachverständige nicht. Allerdings
beruht seine Feststellung ihrerseits auf weitgehenden Abschätzungen, die ihren
Aussagewert relativieren, namentlich wegen der Ableitung einer Leq(3) - Nachtkontur
bezogen auf das Referenzszenario aus der Nachtkontur, die in der angefochtenen
Genehmigungsänderung für eine Anzahl von Flugbewegungen gemäß dem
Prognoseszenario ausgewiesen ist. Die Abschätzung mag angesichts der von Dr. L2.
mangels Verfügbarkeit des einschlägigen Datenerfassungssystems eingestellten
Ausgangsdaten fachlich vertretbar sein, verliert aber schon deshalb nachhaltig an
Gewicht, weil er nicht alles verfügbare Material mit Aussagegehalt berücksichtigt hat.
Denn der von Dr. L2. auf diesem Weg für den Messpunkt abgeschätzte Wert im
Referenzszenario von 54 dB(A) liegt unter demjenigen, der sich aus den
lärmtechnischen Berechnungen, die der Genehmigung zugrunde liegen, ergibt. Anhand
der Koordinaten, die für die von der Beigeladenen in U. betriebene Messstelle MP 11 in
Bild A-1 des lärmtechnischen Gutachtens ausgewiesen sind, ist nachzuvollziehen, dass
der Messpunkt an der schule satt innerhalb der für das Referenzszenario in Bild A-14
ausgewiesenen Kurve Leq(3) = 55 dB(A) liegt. Damit mindert sich die vom
Sachverständigen konstatierte Diskrepanz so weit, dass die weiter eingestellten
Prämissen für seine Berechnungen, die in der Sache seine Messungen überlagern,
solches Gewicht erlangen, dass der Schluss auf ein Versagen der Berechnungen in
dem im Verwaltungsverfahren vorgelegten Gutachten nicht vertretbar ist.
133
Der ebenfalls eingereichte "Vergleich Fluglärmmessung mit Prognose und Messungen
des Flughafens" aus September 2006 der Firma C2. kommt schon deshalb zu keinen
verwertbaren Angaben, weil in dem Vergleich übersehen wird, dass die Messstelle 13,
in deren Nähe die Messungen vorgenommen worden sind, - wie bereits angeführt - im
134
Jahre 2004 näher an die Landeroute verlegt worden ist, ohne dass dies im
lärmtechnischen Gutachten, das der Genehmigungsänderung zugrunde liegt,
berücksichtigt worden wäre.
Soweit noch sonstige privaten Messungen angesprochen werden, fehlt schon eine
hinreichende Darlegung einer verlässlichen Durchführung, Auswertung und
Aufbereitung.
135
Auch im Übrigen weist die Lärmbetrachtung keine durchgreifenden Fehler auf. Der
Bodenlärm ist betrachtet und bei der Festlegung der Tagschutzzone einbezogen
worden. Dass erhebliche Lärmquellen am Boden nicht berücksichtigt worden wären, ist
nicht ersichtlich. Von einer über den Luftverkehrsbezug hinausgreifenden
Gesamtlärmbetrachtung durfte der Beklagte absehen. Die Ermittlung eines
Lärmsummenpegels unter Einbeziehung insbesondere des Straßenlärms, können die
Kläger nicht beanspruchen. Eine solche Summation wird für konkrete
Planungsvorhaben durch keine normativen Bestimmungen - auch nicht solche in
Umsetzung der Umgebungslärmrichtlinie (Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002, ABl. L 189/12) - gefordert noch sind für
die Ergebnisse einer solchen Betrachtung Maßstäbe, Grenzwerte und Konsequenzen
fixiert. Bis dahin kann eine derartige Betrachtung von Lärmeinwirkungen nur dann
geboten sein, wenn der zu ändernde Verkehrsweg (hier der Flughafen der
Beigeladenen) im Zusammenwirken mit Vorbelastungen durch andere Lärmquellen
insgesamt zu einer Lärmbelastung führt, die mit Gesundheitsgefahren oder einem
(erstmaligen) Eingriff in die Substanz des Eigentums verbunden ist.
136
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Dezember 2004 - 20 D 134/00.AK u.a. -, a.a.O.
137
Solche Folgen stehen hier indes unter Einbeziehung der jetzt bzw. bereits früher
geregelten Lärmschutzvorkehrungen und des freiwilligen Aufkaufprogramms nicht
ernsthaft in Rede. Der insoweit von den lärmmedizinischen Gutachtern gesehene
Bereich der kritischen Häufung höchster Lärmpegel - 19 x 99 dB(A) - betrifft keinen der
Kläger. Was die Dauerbelastungen über Tage angeht, liegen einzelne Kläger zwar
bereits schon heute in Lärmbereichen von mehr als 70 dB(A) und damit über dem sog.
kritischen Toleranzwert für das Schutzziel Außenwohnbereich. Die Eignung des
Grundstückes zu (Innen-)Wohnzwecken bleibt davon unberührt und
Gesundheitsgefährdungen sind schon wegen der umfangreich bestehenden
Schallschutzvorkehrungen bzw. diesbezüglichen Ansprüche auszuschließen.
138
5.2 Auch hinsichtlich der außerhalb des Fluglärms eintretenden Wirkungen sind die
Belange der Kläger hinreichend beachtet.
139
5.2.1 Die Annahme des Beklagten, auch bei Ausnutzung der betrieblichen
Erweiterungen sei ein sicherer Flugbetrieb gewährleist, ist berechtigt. Bei ihren
Einwänden verkennen die Klägern von vornherein, dass die erweiterten
Betriebsmöglichkeiten nicht zu bestimmten Verkehrsabläufen zwingen, insbesondere
nicht von den allgemeinen Sicherheitsanforderungen suspendieren. Ob und wann
genau ein Start oder eine Landung tatsächlich stattfindet, hängt derzeit wie auch in
Zukunft, unabhängig von der Zuteilung eines Slots allein von Faktoren ab, die vorrangig
durch Aspekte der Flugsicherheit bestimmt werden, über die die Piloten und vor allem
die Flugsicherung befinden. Es hieße, verschiedenen Personen eine grobe
Verantwortungslosigkeit zu unterstellen, wenn zugrunde gelegt würde, es könne allein
140
wegen der Erhöhung der Stundeneckwerte zu einer kritisch engen Abfolge von
Flugbewegungen kommen. Die Hinweise der Kläger, dass es insoweit bereits in der
Vergangenheit zu Unzulänglichkeiten gekommen sei, ergeben nichts für spezifisch
genehmigungsbedingte Ursachen. Jedenfalls deutet nichts darauf, dass Piloten oder
Fluglotsen durch die Abwicklungspraxis am Flughafen der Beigeladenen dazu
angehalten oder verleitet würden, allgemeine Sicherheitserfordernisse zu missachten.
Es spricht auch nichts dafür, dass gerade die strittige Genehmigungsänderung geeignet
wäre, sicherheitsrelevante Verstöße zu provozieren.
Ungeachtet dessen ist die Annahme des Beklagten auch hinreichend gutachtlich
abgesichert. Das plausible sicherheitstechnische Gutachten bietet keine Anhaltspunkte
für eine besondere Risikoerhöhung, die im Rahmen der Zulassung der betrieblichen
Erweiterungen einer planerischen Bewältigung zugunsten der Kläger bedurft hätte.
Dieses lässt sich, da insofern weitere Verantwortlichkeiten angesprochen sind,
insbesondere nicht aus der im Gutachten aufgezeigten höheren
Überwachungsbelastung von Fluglotsen und Piloten ableiten. Deshalb ist auch nichts
dagegen zu erinnern, dass der Beklagte den Vorschlag des Gutachters, weitergehende
technische Unterstützungssysteme für die Fluglotsen einzuführen, im Rahmen der
streitigen Genehmigung nicht weiter aufgegriffen und damit der zuständigen Stelle
überlassen hat. Das Gutachten genügt - wie im Genehmigungsbescheid im einzelnen
unter eingehender Auseinandersetzung mit den geltend gemachten Bedenken und
Einwänden überzeugend dargetan - den Anforderungen an eine sicherheitstechnische
Überprüfung. Dazu ist auch auf die Stellungnahme der B1. vom 14. Oktober 2005 zu
verweisen, in der die Korrektheit der Aussagen des Gutachtens bestätigt wird. Des
weiteren hat der Beklagte entgegen den Angriffen seitens der Kläger auch die
Interdependenzen mit dem Verkehrsflughafen N. hinreichend eingestellt. Soweit das
Gefährdungsgutachten zu dem Ergebnis kommt, dass eine Abstimmung der
Instrumentenflugregeln notwendig sei, um eine sichere Abwicklung des An- und
Abflugverkehrs zu gewährleisten, ergibt sich im Zusammenhang der vorliegenden
Genehmigungsänderung in der Sache nichts Neues. Anlass, noch Weitergehendes im
Rahmen des hier streitigen Bescheids zu regeln, bestand nicht. Gegenüber den
Bedenken der Kläger ist vor allem auch von Gewicht, dass die DFS, die in unmittelbarer
Verantwortung bei den tagtäglichen Abläufen steht, keine Sicherheitsbedenken gegen
die betriebliche Erweiterung erhoben hat. Dafür, dass unzutreffende Streckenverläufe
zugrundegelegt oder unzulässige Mindeststaffelungen angenommen worden wären und
daraus trotz der jeweiligen fachkundigen Einschätzung im Einzelfall relevante Risiken
folgen könnten, spricht nach alldem nichts. Das gilt auch, soweit es um die unter
flugbetrieblichen und sicherheitstechnischen Gesichtspunkten aufgeworfene
Wirbelschleppenproblematik sowie die Forderung einer Risikobewertung unter
Berücksichtigung des Verkehrsaufkommens unter Einbeziehung der Gewichtsklasse
"Light" geht. Die Vernachlässigung von Light-Flugzeugen erklärt sich hier - ebenso wie
bei der Lärmbetrachtung - daraus, dass ihr Anteil stetig sinkt und die Beigeladene eine
weitere Reduzierung anstrebt.
141
5.2.2 Für das Problem von Schäden - insbesondere an Gebäuden - durch
Wirbelschleppen fehlt eine ausdrückliche vertiefte Erörterung und Regelung im
angefochtenen Bescheid, ohne dass daraus allerdings ein Fehler in der Abwägung
resultiert. Wirbelschleppenschäden sind ein bekanntes Phänomen und in der
Vergangenheit auch schon in der Umgebung des Flughafens der Beigeladenen
vorgekommen. Dass der Beklagte in dieser Hinsicht etwas ausgeblendet hätte, ist nicht
anzunehmen, insbesondere nicht aus dem Fehlen einer Regelung zu schließen. Anlass
142
zu einer Regelung - zumal im Rahmen der vorliegenden Genehmigungsänderung -
hätte nur bestanden, wenn sich insoweit Unzulänglichkeiten ergeben hätten. Das aber
ist unter Berücksichtigung der Probleme der Analyse und Prognose von
Wirbelschleppenvorfällen ersichtlich nicht der Fall. Die Beigeladene übernimmt - wie die
Vergangenheit gezeigt hat - die Schäden. Sie nimmt bei entsprechenden Meldungen
von Betroffenen den Schaden auf, führt verkehrssichernde Maßnahmen durch,
beauftragt gegebenenfalls einen Vertragsdachdecker und erstattet unabhängig davon,
ob sich der für das konkrete Ereignis Verantwortliche - also grundsätzlich der Halter des
verursachenden Flugzeugs - ermitteln lässt, die Kosten. Sie finanziert weiter
Maßnahmen zum vorbeugenden Schutz. Den vorgelegten Plänen ist zu entnehmen,
dass solcherlei Maßnahmen in den als besonders gefährdet anzusehenden Bereichen
S. - U. und -M. in weitem Umfang bereits erfolgt sind. Bei dieser Sachlage bestand kein
zwingender Grund, aus Anlass der jetzigen Betriebserweiterung, zumal mit ihr keine
Veränderungen in dem am Flughafen eingesetzten Fluggerät verbunden und fundierte
neue Erkenntnisse zur Bewältigung des Gefährdungspotentials nicht bekannt geworden
sind, die Problematik aufzugreifen. Die Besorgnis, dass in den angesprochenen
Gebieten Eigentümer von den bestehenden Möglichkeiten für ihre Gebäude keinen
Gebrauch machen und so Dritte, insbesondere Anwohner, gefährden könnten, führt auf
keine andere Bewertung. Dabei ist schon zweifelhaft, ob eine Inpflichtnahme der
Eigentümer von wohnbebauten Grundstücken in der Flughafenumgebung durch eine
Auflage zur Betriebsgenehmigung für den Flughafen überhaupt rechtlich möglich und
dergleichen nicht der baurechtlichen Ordnungspflicht zuzuweisen wäre. Jedenfalls
bestand vorliegend für eine solche Verpflichtung schon deshalb kein Anlass, weil nichts
Tragfähiges dafür bekannt ist, was ernstlich auf ein relevantes Risiko eines
Personenschadens als Folge eines durch Wirbelschleppen verursachten
Gebäudeschadens deutet.
Vgl. hierzu auch: OVG NRW, Urteil vom 13. Dezember 2005 - 20 D 119/03.AK -.
143
Auch für die Notwendigkeit zumindest einer bescheidmäßigen Verlautbarung der
Behandlung der Wirbelschleppenproblematik durch die Beigeladene spricht nichts, weil
es in höchstem Maße nahe liegt, dass sich eventuell betroffene Gebäudeeigentümer bei
Besorgnis oder konkretem Vorfall ganz unmittelbar an die Beigeladene wenden.
144
5.2.3 Für den Beklagten bestand kein Anlass, dem von dem Kläger zu 8. angeführten
Phänomen von Vibrationen/Erschütterungen am Haus nachzugehen. Dabei mag
dahinstehen, ob der Kläger die gesehene Problemlage im Einwendungsverfahren
gegenüber der Einwendungsbehörde überhaupt schon hinreichend konkret
angesprochen hat. Denn insoweit ist jedenfalls ersichtlich eine besondere bauliche
Situation angesprochen, die aus dem Rahmen der von normalen Gegebenheiten
ausgehenden pauschalierenden Bewertung, wie sie einer in den Auswirkungen weit
reichenden Betriebsgenehmigung zugrunde gelegt werden darf, herausfällt. Wie die
Beigeladene und der lärmtechnische Gutachter Dr. J1. in der mündlichen Verhandlung
überzeugend erklärt haben, findet sich in der umfänglichen Literatur zu den
Auswirkungen von Flugverkehr kein Hinweis auf Auswirkungen auf Gebäude in der
Form, wie sie der Kläger anführt; im Einzelfall sei allenfalls vorstellbar, dass je nach
Schallfrequenz durch die Fensterscheiben hindurch lokale Vibrationen ausgelöst
würden, die etwa Vitrinenscheiben oder Gläser ins Schwingen brächten. Diese
Erklärung lehnt der Kläger zu 8. für sich ab. Demgegenüber fehlen aber Anhaltspunkte,
dass der Vorstellung des Klägers gemäß Flugzeuge die Eigenschwingung des
Gebäudes anregen. Da insbesondere entsprechende Klagen von Anwohnern auch
145
großer Flughäfen nicht bekannt geworden sind, spricht alles für besondere Umstände
der vom Kläger zu 8. bewohnten Baulichkeit, deren Bewältigung nicht Sache der
Genehmigungsbehörde ist und sein kann. Das deckt sich mit der ursprünglichen
Schilderung des Klägers, wonach die Problematik massiv (erst) nach einer neuen
Dacheindeckung mit Betonziegeln aufgetreten ist.
5.2.4 Empfundenen Beeinträchtigungen durch sonstige Wahrnehmungen des
Flugverkehrs, insbesondere dem Überflugerleben, eventuellen Schattenwürfen oder
den vorerwähnten lokal auftretenden Vibrationen, war nicht weiter nachzugehen. Es
handelt sich um zwangsläufige Begleiterscheinungen eines jeden Flughafenbetriebs in
der Nähe von Wohnbebauung, deren Belästigungswirkung nach den nachvollziehbaren
Aussagen des lärmmedizinischen Gutachters Prof. Dr. T1. hinter das beim Luftverkehr
ebenso unvermeidliche Lärmerleben zurücktritt. Sie unter dem Aspekt der
psychologischen Auswirkungen näher zu untersuchen, besteht kein Anlass, weil sie -
wie Prof. Dr. T1. in der mündlichen Verhandlung näher dargelegt hat - durch das
lärmmedizinische Gutachten und die Empfehlungen zu bestimmten Richt- und
Toleranzwerten zur Beurteilung des Lärmgeschehens mit hinreichendem Aussagewert
erfasst werden. Es leuchtet ohne weiteres ein, dass die Aussagen von Anwohnern von
Flughäfen zu den Belästigungswirkungen von Fluglärm, an die die medizinischen
Empfehlungen anknüpfen, von der vollen Spannweite der psychisch relevanten
Faktoren abhängen und insoweit auch die zwar nicht unmittelbar lärm-, aber doch auch
eindeutig luftverkehrsbedingten Umstände widerspiegeln.
146
5.2.5 Nennenswerte Schadstoffbelastungen stehen nach den vorgelegten
sachverständigen Aussagen, gegen die aufzugreifende Einwände nicht vorgebracht
worden sind, nicht in Rede. Es handelt sich um eine parallel zur Steigerung der
Flugbewegungen zu erwartende Zusatzbelastung zu einer nach den bisherigen
Bewertungen als weit von begründeten Gesundheitsbedenken entfernt liegenden
Belastung. Vor diesem Hintergrund ist auch die von der Klägerin zu 5. geäußerte
Befürchtung, die städtischen Trinkwasserquellen könnten durch die betriebliche
Erweiterung beeinträchtigt werden, haltlos. Denn die Aussagen zur - unbedenklichen -
Veränderung der Luftbelastung betreffen diejenigen Emissionen, die auch für die
angeführte Besorgnis der Klägerin in Betracht zu ziehen sind; damit fehlt schon jeglicher
tatsächliche Anhaltspunkt für eine eigenständige Risikoerhöhung für die städtische
Trinkwasserversorgung.
147
5.2.6 Die Möglichkeit von Auswirkungen der Betriebserweiterung auf die von den
Klägerinnen zu 1. bis 6. geltend gemachten Planungsinteressen hat der Beklagte
ebenfalls gesehen. Zu Recht hat er zugrunde gelegt, dass die betrieblichen
Erweiterungen weder hinsichtlich der Tages- noch der Nachtzeit auf einen zugunsten
der Klägerinnen zu lösenden Konflikt mit deren Planungshoheit führt, und dabei darauf
abgestellt, dass sich aus dem genehmigten Flugbetriebsumfang keine Beschränkungen
für die Bauleitplanung der Nachbargemeinden ergeben, die nicht ohnehin schon
bestehen, mithin eine diesbezügliche negative Beeinflussung ihrer Entwicklung nicht in
Rede steht. Den verbleibenden Interessen - jenseits einer nachhaltigen
Beeinträchtigung der Planungshoheit - durfte der Beklagte die landesplanerische
Vorentscheidung, welcher die Gemeinden bereits in der Vergangenheit Rechnung zu
tragen hatten und immer noch Rechnung zu tragen haben, sowie die Vorteile, die die
gemeindliche Entwicklung durch die Nähe zum Flughafen erfährt, gegenüberstellen. Im
Übrigen fehlt hier bezogen auf die Klägerinnen jeder Anhalt, dass die Fachplanung des
Beklagten nachhaltig eine hinreichend bestimmte und konkretisierte Planung einer der
148
klagenden Gemeinden stört oder wegen ihrer Großräumigkeit wesentliche Teile eines
Gemeindegebietes einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung entzieht. Soweit
überhaupt konkretisierte Planungsvorhaben geltend gemacht werden, ist nach allen
rechtlichen, planerischen und technischen Wertungen die Ausweisung von
Wohngebieten in den jeweils angeführten Bereichen durch die angegriffenen
Regelungen nicht weitergehend eingeschränkt als schon infolge des bestehenden
Planfeststellungsbeschlusses und der bisher bestehenden betrieblichen Regelungen.
Insbesondere werden infolge der Genehmigungsänderung die auf Grund von § 2 Abs. 2
des Fluglärmgesetzes durch Rechtsverordnung vom 4. März 1974 (BGBl. I S. 657)
festgesetzte Schutzzone 2 und die im LEP "Schutz vor Fluglärm" in der Fassung der
Bekanntmachung vom 17. August 1998 (GV.NRW. S. 512) festgesetzte Schutzzone C
nicht überschritten. Dafür, dass die genannten Vorgaben unwirksam geworden sein
könnten, spricht nichts. Die tatsächliche Lärmentwicklung der vergangenen Jahre, die
namentlich durch Fortschritte der Flugzeugtechnik im Bereich der Lärmminderung
gekennzeichnet war, bietet hierfür keine Anknüpfung. Dies gilt nicht zuletzt mit Blick auf
im Weiteren noch aufzugreifenden landesplanerischen Aussagen, die eine
weitergehende Entwicklung des Flughafens und die erweiterte Nutzung der bereits
vorhandenen baulichen Kapazitäten anerkennen. Soweit die Klägerinnen Planungen
außerhalb der genannten Schutzzonen C und 2 ansprechen, ergibt sich nichts anderes.
Auch in jenen Bereichen hatte und hat eine verantwortliche Bauleitplanung unterhalb
der spezifischen Ge- und Verbote die jeweilige Nähe zu den genannten Schutzzonen
und den Bestand des Flughafens einzubeziehen. Ferner war den landesplanerischen
Entscheidungen, die den Standort des Flughafens bestätigen und seine
Entwicklungsinteressen anerkennen, Rechnung zu tragen. Sind aber mit der streitigen
betrieblichen Erweiterung letztlich keine neuen Einschränkungen untergeordneter
Planung verbunden, greifen auch die klägerischen Erwägungen zum
Gegenstromprinzip aus § 1 Abs. 3 ROG nicht. Das betrifft etwa die von der Klägerin zu
1. angeführten Planungsgebiete in I. , N1. und T2. ; hier stehen im Übrigen eher geringe
Lärmbelastungen in Rede, die ohne gravierende Einschränkung bauleitplanerisch zu
bewältigen sind. Verbleibenden Friktionen - etwa auch was die angesprochene
Befürchtung angeht, die gemeindlichen Grundstücke schlechter vermarkten zu können -
durfte der Beklagte die auch positiv auf die Gemeinden zurückwirkenden
landesplanerischen Vorstellungen über die weitere Entwicklung des Flughafens
gegenüberstellen. Entsprechendes gilt für die von der Klägerin zu 5. in der mündlichen
Verhandlung vorgestellte Planung für den Stadtteil M1. . Für die von der Klägerin zu 4.
angeführte Planungssituation in den S1. und im Bereich von F. -L1. ergibt sich letztlich
nichts anderes. Hier ist schon nicht ersichtlich, welche neuen planerischen Vorhaben
betroffen sein sollen; jedenfalls aber lassen sich die aufgeworfenen Lärmprobleme
bauleitplanerisch durchaus bewältigen, und zwar auch, soweit Bereiche betroffen sind,
die innerhalb der Nachtkontur belegen sind.
5.2.7 Inwieweit landschaftsplanerische Interessen, wie sie die Klägerin zu 4. vor allem
mit dem Hinweis auf nach einem Landschaftsplan schutzwürdige Entwicklungsbereiche
für die S1. geltend macht, letztlich auf rechtlich beachtliche Belange führen, sei
dahingestellt. Jedenfalls ist, soweit gemeindliches Handeln und Wollen in Frage steht,
auch hier auf die Vorbelastung und die landesplanerische Vorentscheidung für den
Flughafen sowie die Ausdehnung der entsprechenden Lärmzone C des LEP "Schutz
gegen Fluglärm" zu verweisen. Diese hatte und hat die Klägerin bei allen ihren
raumbezogenen planerischen Entscheidungen zu berücksichtigen. Im Übrigen fehlen
auch - ausgehend von der tatsächlichen und nicht allein rechtlichen Vorbelastung -
durchgreifende Anhaltspunkte für zu besorgende nennenswerte weitergehende
149
Beeinträchtigungen der angeführten Gebiete. Das gilt zunächst für deren
Erholungsfunktion, die sich jedenfalls schwerpunktmäßig auf den Tag bezieht.
Tagsüber aber stehen im Bereich des Dauerschalls allein äußerst geringe
Lärmzuwächse in Rede; auch das Zahlenmaterial zu Einzelpunkten rund um den
Flughafen und namentlich auch in F. -L1. lässt daran keine Zweifel aufkommen. Die für
den Bereich des Messpunktes 14 in F. -L1. festzustellenden besonderen
Lärmsituationen, die mit den Änderungen der Konfiguration anfliegender Flugzeuge
verbunden sind, treten nur punktuell auf und wirken sich im Bereich des
Dauerschallpegels nicht entscheidend aus. Das Erreichen eines kritischen Lärmniveaus
lässt sich, ohne dass es hierzu näherer sachverständiger Ermittlung bedarf, mit Blick auf
die vorliegenden Erkenntnisse sicher ausschließen.
Für eine wesentliche Beeinträchtigung der Fauna, die mittelbar den Erholungswert der
S1. oder deren Wert in natur- oder landschaftsschutzrechtlicher Hinsicht betreffen
würde, fehlt es ebenfalls an substantiierten Anknüpfungspunkten. Insbesondere ist
nichts dafür ersichtlich, dass Brutvögel in nennenswertem Umfang durch die
betrieblichen Erweiterungen betroffen wären. Der Hinweis der Klägerin zu 4. auf eine
besondere Lärmempfindlichkeit von Brutvögeln reicht angesichts der allein in Rede
stehenden Erhöhung der Zahl der Flugereignisse nicht aus. Der Verweis darauf, dass in
der Wissenschaft für besonders schutzwürdige Gebiete ein Schwellenwert von 47 dB(A)
gefordert werde, ist selbst für Gebiete innerhalb der nach Leq(3) = 50 dB(A) gebildeten
Nachtkontur schon deshalb nicht ergiebig, weil der Wert nach den - auch von der
Klägerin unwidersprochen gebliebenen - Ausführungen der Beigeladenen anhand von
niederländischen Berechnungsvorschriften für den Straßenbau entwickelt worden ist.
Des Weiteren kann nicht übersehen werden, dass der im Verwaltungsverfahren
beteiligte, fachkundige und mit den örtlichen Verhältnissen vertraute NABU NRW im
Einwendungsverfahren in Bezug auf die Beeinträchtigung von Vögeln (nur) angeführt
hat, dass sich im näheren Umfeld des Flughafens zwei Rast- und
Überwinterungsgewässer für Wasservögel der roten Liste befinden, und hierauf
bezogen die Befürchtung geäußert hat, dass sich das Vogelschlagrisiko erhöht. Bei
dieser Sachlage besteht kein Anlass zu einer weitergehenden sachverständigen
Aufklärung, wie sie die Klägerin zu 4. schriftsätzlich angeregt hat.
150
6. Die angefochtene Genehmigungsänderung leidet auch nicht an Abwägungsfehlern
zu Lasten der Kläger wegen Mängeln bei der Einbeziehung der für das Vorhaben
sprechenden Belange.
151
6.1 Der Beklagte knüpft mit der allgemeinen planerischen Zielsetzung, aktuell bereits
gegebenen und wachsenden Verkehrsinteressen mit einer Erweiterung des
Betriebsumfangs entgegenzukommen, in nicht zu beanstandender Weise in erster Linie
an die Bestimmung des Flughafens zum internationalen Verkehrsflughafen, seine
exponierte Stellung in einem bedeutenden Wirtschafts- und Ballungsraum und die
besondere Struktur des sich dort entwickelnden Luftverkehrs nebst seiner Nachfrage an.
Zu den Verkehrsinteressen wird hier zunächst auf die obigen Ausführungen zur
Planrechtfertigung Bezug genommen, die insbesondere mit den Hinweisen auf die
Slotnachfrage und das weder durch Besonderheiten des Einzugsgebiets noch sonst zu
erklärende Zurückbleiben der Verkehrsentwicklung am Flughafen der Beigeladenen
gegenüber dem Verkehrsgeschehen an vergleichbaren Flughäfen und dem generellen
Luftverkehr den Schluss auf ein bestehendes Entwicklungspotential dieser der
Allgemeinheit zur Verfügung stehenden Infrastruktureinrichtung tragen. Für den Verkehr
tagsüber hat der Beklagte diese Aspekte als ausreichend angesehen und ergänzend
152
noch - in der Sache richtig - darauf hingewiesen, dass er sich mit seinen für die
Erweiterung des zulässigen Flugbetriebs tragenden Vorstellungen in Einklang sehe mit
dem Entwicklungskonzept gemäß § 28 Abs. 4 LEPro und den in den
Landesentwicklungsplänen genannten Zielvorstellungen sowie mit den
Ausbauvorstellungen, wie sie sich im Gebietsentwicklungsplan (heute: Regionalplan)
für den Regierungsbezirk (GEP 99) finden. Dies ist in der Begründung der
Genehmigung im Einzelnen auf S. 106 ff ausgeführt und wird auch durch das
klägerische Vorbringen nicht ernsthaft in Frage gestellt. Diese Aspekte vermögen dem
Vorhaben eigenständig Gewicht zu verleihen; im Kern umfassen sie insbesondere eine
Bestätigung des Luftverkehrsstandortes Düsseldorf und die Anerkennung der
Entwicklungsinteressen des Flughafens. Der auf eine Relativierung der Bedeutung
zielende klägerische Einwand, dass es sich dabei im wesentlichen um politische
Zielsetzungen handle, greift daneben. Politische Zielsetzungen und
Grundentscheidungen sind aufgrund der demokratischen Legitimierung ihrer
Entscheidungsträger die maßgebliche Konkretisierung von Vorstellungen über eine
anzustrebende gesamtgesellschaftliche Entwicklung und umreißen das
anzuerkennende und zu verfolgende öffentliche Interesse und zwar mit um so größerem
Gewicht, je weiter sie sich in entsprechenden Programmen und Plänen mit
rechtstatsächlichen Auswirkungen in der Raumplanung verdichtet haben.
Auch dem Vorbehalt der Kläger gegen eine gewichtige Berücksichtigung der
Slotanmeldungen im Rahmen einer Überzeugungsbildung zum Verkehrsinteresse, weil
diese zu einem beträchtlichen Teil nur auf Vorrat gingen oder Versuche des Auslotens
von Alternativen seien, brauchte der Beklagte nicht weiter nachzugehen. Denn bei
diesem Ansatzpunkt in der Motivation von Luftverkehrsunternehmen gerät jede
Betrachtung in den Bereich des Spekulativen, wobei die angestellte Spekulation im
Übrigen keinesfalls mehr für sich hat als diejenige, Luftverkehrsunternehmen könnten in
Kenntnis der Situation am Flughafen der Beigeladenen von vornherein von einer
Slotanmeldung abgesehen haben. In Verbindung mit der Betrachtung der allgemeinen
Entwicklungen im Luftverkehr hat der Blick auf die Slotanmeldungen jedenfalls einen
Aussagewert.
153
Der Beklagte hat keine in diesem Zusammenhang relevanten Gesichtspunkte als solche
oder in ihrer Bedeutung übersehen und keine unzutreffenden Aspekte einbezogen.
154
6.2 Dass mit der für das Vorhaben angeführten Nachfrage nach Luftverkehrsleistungen
zugleich wirtschaftliche Interessen der Beigeladenen sowie der nachfragenden
Flughafenunternehmen angesprochen sind, verschiebt die Bedeutung der
Betriebserweiterung nicht auf eine private Schiene. Denn dieser Umstand mindert das
Gewicht des letztlich aus der Allgemeinheit resultierenden Verkehrsinteresses an der
Nutzung einer vorhandenen Infrastrukturanlage als einem öffentlichen Interesse nicht.
Wenn ein Flughafen wie der der Beigeladenen unbeschadet seiner Zugehörigkeit zur
öffentlichen Infrastruktur in privatrechtlicher Organisationsform betrieben und die
Nutzungsintensität gerade durch die gewerbliche wettbewerbsorientierte Nachfrage von
Luftverkehrsgesellschaften bestimmt wird, verhält sich der Beklagte systemkonform,
wenn er bei betrieblichen Maßnahmen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eines
planfestgestellten Verkehrsflughafens im Blick hat. Das Interesse eines privaten
Flughafenbetreibers und der privaten Anbieter von Verkehrsleistungen, auf die die
eigentlichen Transportinteressenten angewiesen sind, an einem rentierlichen und
flexiblen Betrieb eines planfestgestellten Flughafens ist eben nicht bloß ein privater
abwägungsrelevanter Belang; die Stützung der Wirtschaftlichkeit eines
155
planfestgestellten und privat betriebenen Flughafens betrifft vielmehr zugleich den
Umfang und die Verlässlichkeit von Verkehrsgeschehen als Aspekte des öffentlichen
Interesses.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. April 2005 - 4 C 18.03 -, a.a.O., und vom 26. Juli 1989 - 4
C 35.88 -, BVerwGE 82, 246.
156
Die relevanten Anforderungen, die sich daraus ableiten, sind dabei nicht ohne Blick auf
die gegebenen Strukturen im Luftverkehr zu beurteilen, d.h. unter Einbeziehung nicht
zuletzt auch der für das Anbieten von Luftverkehrsleistungen bestehenden
Wettbewerbsbedingungen.
157
6.3 Dass der Beklagte strukturelle Effekte anführt, namentlich den Arbeitsmarkt
betreffend, ist nicht zu beanstanden. Der Eintritt solcher Effekte in Verbindung mit der
Erweiterung des Flugbetriebes und steigenden Fluggastzahlen ist ohne weiteres
nachvollziehbar und wird durch das Gutachten L. ergänzend bestätigt. Durchgreifendes
haben die Kläger dem nicht entgegengesetzt. Gestritten wird im Grunde allein um Art
und Höhe der Effekte. Darauf kommt es aber nicht entscheidend an, weil das Vorhaben
nicht auf diese Wirkungen, sondern auf die Verkehrsinteressen zielt mit ihrer vielfältigen
und umfassenden Bedeutung für die Mobilität des Einzelnen, die vom Urlaub bis zu
geschäftlichen Verbindungen reicht, für die Abläufe im Wirtschaftsleben und für die
Wertschätzung einer Region. Dies und nicht mittelbare, wenngleich wünschenswerte
Folgen sind die tragenden Elemente des öffentlichen Interesses in der
luftverkehrsrechtlichen Planung.
158
6.4 Der Einwand, den die Kläger der vom Beklagten gesehenen Unzulänglichkeit der
bisherigen betrieblichen Regelungen entgegenhalten, nämlich, die Beigeladene möge
zunächst die Möglichkeiten der bisherigen Regelung ausschöpfen, sprich die sog.
"Nachfragetäler" zu bestimmten Stunden und Wochentagen auffüllen, greift nicht. Der
korrespondierende Vorwurf, es sei ohne sachlichen Grund willkürlich und einseitig auf
Änderungswünsche der Beigeladenen eingegangen worden, liegt neben der Sache.
Die vorgelegten Bewegungszahlen aus den Jahren 2000 bis 2005 belegen die von der
Beigeladenen angeführten Schwierigkeiten, auf der Grundlage der Genehmigung in der
Fassung 2000/2003 gerade die Entwicklungsziele zu erreichen, die mit jener
Neuregelung erklärtermaßen hatten gefördert werden sollen. Das betrifft schon die
seinerzeit angeführte konservative Erwartung, im Falle der Erweiterungsstufe rund
104.000 IFR-Flugbewegungen im Linien- und Charterflugverkehr in den sechs
verkehrsreichsten Monaten bedienen zu können, und erst recht die Erwartung, bei
gegebener Akquisition und optimaler Koordinierung 110.000 IFR-Flugbewegungen
abwickeln zu können. Es fehlen auch jegliche tragfähigen Anknüpfungspunkte dafür,
dass und wie der Beklagte oder die Beigeladene durch weitergehende Maßnahmen
ernsthaft in einem überschaubaren Zeitraum eine optimalere Koordinierung im Sinne
der Genehmigungsfassung 2000 erreichen könnte. Selbst bei Einbeziehung der
klägerischen Überlegungen erhellen die tatsächlichen Bewegungszahlen und ihre
zeitliche Verteilung, wenn man sie ins Verhältnis zu den unstreitigen
Nachfrageüberhängen an Slots stellt, dass solches schwerlich zu erreichen wäre; böte
sich eine erfolgversprechende Möglichkeit, wäre nicht erklärbar, warum
Luftverkehrsunternehmen und die Beigeladene unter Inkaufnahme wirtschaftlicher
Einbußen diese Möglichkeit zu einer genehmigungsangepassten Akquise ungenutzt
gelassen hätten. Die Dienlichkeit gerade des neuerlichen Vorhabens für den Luftverkehr
ist danach nicht in Frage gestellt. Auch ist selbst dann kein Grund für einen generellen
159
Vorrang der optimalen Ausnutzung bestehender flugbewegungsbeschränkenden
Regelungen gegenüber Änderungswünschen in der Betriebsgestaltung ersichtlich,
wenn ein Betriebskonzept - wie hier bezogen auf den Tag - im Besonderen dem
Lärmschutz geschuldet war. Denn es unterliegt jedenfalls der verantwortlich
abwägenden Entscheidung der Genehmigungsbehörde, ob und in welchem Umfang sie
bei sich wandelnden Erkenntnissen oder Verhältnissen die Lärmproblematik neu angeht
und ob sie die faktische Nichterreichbarkeit eines bestimmten vorgestellten Verkehrs
zum Vorteil der Nachbarschaft - entgegen früherer Bewertung der Zumutbarkeit -
dauerhaft durchschlagen lässt oder die flugbewegungsbeschränkenden Regelungen im
Sinne einer erhöhten Flexibilität neu fasst und zwar auch, soweit sie damit in
Teilbereichen über die Zielvorstellungen der bisherigen Genehmigungslage hinausgeht.
Dies gilt erst recht, wenn Anknüpfungspunkte für eine Neubewertung auch anderer
abwägungsrelevanter Aspekte bestehen. Das betrifft hier etwa die Annahme der
Beigeladenen, auf der Hauptbahn realistisch mehr Bewegungen pro Stunde abwickeln
zu können als bisher zugrunde gelegt, ferner die Änderungen im Flugzeugmix
gegenüber demjenigen, der den früheren Lärmprognosen zugrunde lag, und nicht
zuletzt auch die Forderung verschiedener Anwohner, die Kontrolle der Einhaltung der
zulässigen Stundeneckwerte zu intensivieren, die erklärtermaßen nicht zuletzt Anlass
war, im Rahmen der nunmehr angefochtenen Änderungsgenehmigung weitergehende
Regelungen zur Absicherung der betrieblichen Vorgaben zu ergreifen.
Auch der Hinweis der Kläger, dass die am Flughafen der Beigeladenen verkehrenden
Flugzeuge eine zunehmend geringere Auslastung aufwiesen, mindert das Gewicht der
Möglichkeit, weitere Flüge durchführen zu können, nicht entscheidend. Zum einen
fehlen die rechtlichen Möglichkeiten einer entsprechenden Steuerung der
Inanspruchnahme von Luftverkehrsdienstleistungen. Zum anderen besteht ein gewisses
faktisches Korrektiv bei der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit der einzelnen
Flugangebote durch Luftverkehrsunternehmen.
160
6.5 Ernsthafte alternative Maßnahmen, mit denen die Planungsziele auf vergleichbar
geeignete Art erreicht werden könnten und die deshalb unter Berücksichtigung der bei
ihnen hervorgerufenen Auswirkungen auf Dritte in die abwägende Entscheidung hätten
eingestellt werden müssen, hat der Beklagte nicht außer Betracht gelassen. Solche
können insbesondere nicht darin gesehen werden, den Nachfrageüberhang auf andere
Flughäfen zu verweisen oder eine Kooperation mit anderen Flughäfen zu bilden. Damit
wird nämlich keine alternative Lösung aufgezeigt, sondern wird der bisherige Zustand
beschrieben, der gerade den Planungszielen nicht entspricht. Der Nachfrageüberhang
hat sich nicht in einer das Interesse an der Inanspruchnahme des Flughafens der
Beigeladenen mindernden Weise verlagert noch zeigt sich von Seiten der Flughäfen
eine Bereitschaft zum Zusammengehen. Da dirigistische Maßnahmen nicht zur
Verfügung stehen, ist diese "Alternative" in Wirklichkeit die Befürwortung von Stillstand
auf dem status quo.
161
Im Übrigen ist in der angefochtenen Genehmigung auch hinlänglich und
nachvollziehbar aufgezeigt, dass und warum weder die Einbringung des Flughafens in
ein förmliches Flughafensystem mit anderen Flughäfen noch Maßnahmen zur
Verlagerung des Flugtouristikverkehrs und des Kurzstreckenverkehrs etwa auf die für
Instrumentenflugbetrieb genehmigten Regionalflughäfen N. und E. oder das Vorhaben
Flughafen O. als realistische Möglichkeiten in Betracht gezogen werden und auch die
Neuanlage eines Flughafens im Braunkohlengebiet H. keine ernsthafte Alternative
darstellt. Die Ausführungen auf S. 54ff. der Genehmigung sind plausibel und lassen
162
weder planerische Fehlvorstellungen noch sonst abwägungsfehlerhafte Erwägungen
erkennen. Der Ausgangspunkt, dass im Verkehrswesen ein Reise- bzw.
Transportbedürfnis nur am Ort des Entstehens der Nachfrage optimal befriedigt werden
kann und Düsseldorf der Ort einer zugespitzten Nachfrage ist, leuchtet unmittelbar ein.
6.6 Die Angriffen der Kläger gegen die Annahmen des Beklagten zur Kapazität greifen
nicht. Die Betroffenheit eigener Rechte und Belange erschließt sich nicht. Die
Lärmberechnung und -beurteilung ist auf den Zeitraum der sechs verkehrsreichsten
Monate und auf 131.000 Flugereignisse bei klaren Vorgaben hinsichtlich der
Nutzungszeiten und der benutzbaren Bahn(en) ausgelegt; sollte die genannte Zahl
angesichts der Leistungsfähigkeit der Hauptbahn und/oder der Leistungsfähigkeit beider
Bahnen unter Berücksichtigung der Zeitkomponente nicht erreichbar sein, läge eine
nicht relevante Überschätzung der der Flughafenumgebung drohenden Lärmbelastung
vor. Was die Erwägung angeht, der Beklagte unterlasse eine aus Sicherheitsgründen
gebotene mengenmäßige Verkehrsbeschränkung, wird auf die obigen Ausführungen zu
befürchteten Gefahren durch Unfälle in der Flughafenumgebung verwiesen.
Entsprechendes gilt für die Befürchtung vermehrter Verspätungen und den angeführten
Aspekt zusätzlichen Lärms durch Wartezeiten in der Luft. Hier greift jedenfalls der
Verweis des Beklagten auf das Korrektiv der Flughafenkoordinierung. Sonstige für die
Kläger relevante Anknüpfungspunkte sind nicht zu sehen.
163
Davon abgesehen greifen die Einwände der Kläger nicht durch. Der Ausgangspunkt,
wonach auf dem Flughafen der Beigeladenen voraussichtlich dauerhaft jedenfalls 40
Bewegungen ohne Mitnutzung der Parallelbahn abgewickelt werden können, ist auf der
Grundlage der vorliegenden Untersuchungen rechtlich nicht zu beanstanden. Dabei ist
namentlich einzustellen, dass es grundsätzlich in der Hand der planenden
Luftfahrtbehörde liegt, die kapazitätsbestimmenden Faktoren, soweit sie nicht rein
faktischen Feststellungen zugänglich, sondern auch wertender Natur sind, vorzugeben.
Der Beklagte knüpft hier einerseits an die Festlegungen gemäß der bisherigen
Genehmigungslage mit einer maximalen stündlichen Koordination für Linien- und
Charterverkehr von 38 Slots an. Für diese Zahl hatte die DSF seinerzeit die
flugsicherungstechnische Realisierbarkeit im Instrumentenflug unter Zugrundelegung
einer 8 Minuten-Verzögerung gutachterlich bestätigt. Das im vorliegenden
Genehmigungsänderungsverfahren vorgelegte Gutachten bietet keinen Anlass für eine
andere Bewertung; denn soweit es im analytisch-mathematischen
Berechnungsverfahren zur praktischen Kapazität bei einem Verhältnis von 50/50 von
An- und Abflügen und wiederum einer durchschnittlichen Verzögerungsrate von 8
Minuten einen Wert von (nur) 37 ausweist, liegt dies noch im Ergebnisbereich der
früheren Berechnung. Mit der Erhöhung auf 40 vorausplanbare Bewegungen stellt der
Beklagte andererseits in Rechnung, dass bisher schon über die 38 vorausplanbaren
Bewegungen hinaus zwei weitere Flugbewegungen zugelassen und abgewickelt
worden waren und diese zwei zusätzlichen Bewegungen in der Praxis zu einem
erheblichen Teil auf Flugzeuge entfallen, die üblicherweise auch im Linien- und
Charterverkehr eingesetzt werden. Der Ansatz des Beklagten zur Kapazitätsaussage ist
danach schlüssig und hinreichend abgesichert. Die Umsetzung dieser Vorstellung ist -
solange der Beklagte nicht ohnehin die Zahl von 45 möglichen Slots auf der Hauptbahn
als nachgewiesen betrachtet - durch die Einschränkung gemäß der Nebenbestimmung
III.6.5 Satz 2 gewährleistet. Danach dürfen außerhalb der Zeiten, in denen 45 Slots
zugelassen sind, zusätzliche Flüge nur koordiniert werden, wenn der Eckwert von 40
damit nicht überschritten wird.
164
6.7 In Bezug auf die klägerseitig in besonderer Weise angegriffene Erhöhung der Zahl
der in der ersten Nachtstunde zulässigen Landungen ist dem Beklagten ebenfalls kein
Mangel in der Betrachtung der öffentlichen Belange und ihrer Gewichtung anzulasten.
Insbesondere hat er die sich aus § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG für die Zulassung
nächtlichen Luftverkehrs ergebenden Gewichtungsvorgaben beachtet. Nach dieser
Vorschrift ist auf die Nachtruhe der Anwohner in besonderem Maße Rücksicht zu
nehmen, was auf das Erfordernis einer zusätzlichen Qualifikation des Interesses an der
Zulassung nächtlichen Luftverkehrs hinausläuft. Die Entscheidung, weiteren
Nachtflugverkehr zuzulassen, bedarf daher einer gesteigerten Rechtfertigung.
Luftverkehr darf nicht ohne erkennbare Notwendigkeit in die Nachtzeit gelegt werden.
Neben der Betrachtung der Auswirkungen des nächtlichen Flugbetriebes unter den
konkreten Gegebenheiten ist eine differenzierte Betrachtung und Gewichtung der
Verkehrsinteressen, die für die (weitere) Öffnung der Nachtzeit für den Luftverkehr
sprechen, erforderlich. Abwägungsrelevant sind dabei insbesondere die betrieblichen
und wirtschaftlichen Erfordernisse des Nachtflugverkehrs, die sich aus der jeweiligen
Verkehrsfunktion des Flughafens und seiner Stellung im Luftverkehrsnetz ergeben. Je
gewichtiger die Lärmschutzinteressen sind, die nach den örtlichen Verhältnissen auf
dem Spiel stehen, desto dringlicher muss der Verkehrsbedarf sein, der als
Rechtfertigung von Nachtflugmöglichkeiten dient. Es geht also um einen
standortspezifischen Nachtflugbedarf. Der sog. Kernzeit der Nacht von 0.00 - 5.00 Uhr
kommt eine besondere Bedeutung zu; sie ist grundsätzlich von Flugaktivitäten
freizuhalten. Aber auch die Inanspruchnahme der Nachtrandstunden, wie sie hier mit
der ersten Nachtstunde allein in Rede steht, bedarf einer spezifischen Begründung.
Allerdings besitzt der Lärmschutz in diesen Stunden nicht dasselbe hohe Gewicht.
Daraus folgt, dass sich hier schon plausibel nachgewiesene sachliche Gründe, weshalb
ein bestimmter Verkehrsbedarf oder ein bestimmtes Verkehrssegment nicht befriedigend
innerhalb der Tagesstunden abgewickelt werden kann, im Zuge der Abwägung gegen
die Belange des Lärmschutzes durchsetzen können.
165
Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 2006 - 4 A 2001.06 -, a.a.O., m.w.N., und
Beschluss vom 22. Februar 2007 - 4 B 2.07 -, NVwZ 2007, 594.
166
Solche können sich z. B. aus den Erfordernissen einer effektiven Flugzeug-
Umlaufplanung, aus den Besonderheiten des Interkontinentalverkehrs (Zeitzonen,
Verspätungen, Verfrühungen) oder aus dem Umstand ergeben, dass der Flughafen als
Heimatflughafen oder Wartungsschwerpunkt von Fluggesellschaften genutzt wird, deren
Bedürfnis nachvollziehbar nicht ausschließlich in den Tageszeiten abgedeckt werden
kann. Eine ausschließliche Betrachtung wirtschaftlicher Betreiber- und Nutzerinteressen
- etwa die Möglichkeit eines zusätzlichen Flugangebots zu einer kaum Konkurrenz
aufweisenden Zeit - verbietet sich dabei allerdings. Damit würde kein besonderer
standortspezifischer Nachtflugbedarf aufgezeigt, der es rechtfertigen könnte, die
Lärmschutzbelange der Anwohner weitergehend zurückzustellen als auf anderen
(deutschen) Flughäfen üblich. Eine weitergehende Bedürfnisprüfung und Bewertung
des Anliegens, das einer Nachfrage nach Nachtflugmöglichkeiten zugrunde liegt,
scheidet allerdings aus.
167
Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 2006 - 4 A 2001.06 -, a.a.O.
168
Diesen Anforderungen wird die Betrachtung des Beklagten zur Erweiterung der Nutzung
der ersten Nachtstunde gerecht. In fehlerfreier Weise hat er unter Auswertung der
vorliegenden sachverständigen Stellungnahmen die Dringlichkeit eines Bedarfs für die
169
erste Nachtstunde bejaht, was ihn zur Erweiterung der Landemöglichkeiten in dieser
Zeit von bisher 25 im Sommer und 15 im Winter auf 33 veranlasst hat.
Zutreffend hat der Beklagte eingestellt, dass die - von der Beigeladenen in noch
wesentlich höherem Maße beantragte - betriebliche Erweiterung einer aktuellen
Nachfrage entspricht und die zukünftige Nachfrage voraussichtlich noch deutlich höher
liegen wird. Seine Einschätzung wird durch das bereits genannte J. - Gutachten sowie
die B1. -Gutachten aus Dezember 2006 untermauert. Auch danach ist von einem im
Vergleich zu der durch die Genehmigungsänderung aus dem Jahre 2000 eröffneten
Möglichkeit schon heute bestehenden Mehrbedarf für Landungen nach 22.00 Uhr
auszugehen. Die prognostische Annahme ist in ihrer Ableitung überzeugend und wird -
ohne dass es darauf ankäme - durch die nach Erlass des streitigen Bescheids erfolgte
überproportionale Nachfrage nach Slots in der ersten Nachtrandstunde im Jahr 2006
bestätigt. Dem Aspekt, die betriebliche Erweiterung für die Nachtzeit könne zu einer
Verlagerung von Landungen aus der letzten Tagesrandzeit in die erste Nachtstunde
führen, hat der Beklagte angesichts der durchgängig hohen Nachfragesituation zu Recht
kein Gewicht gegeben. Auch dies hat sich bestätigt. Denn die Nachfragesteigerung
betraf alle Betriebszeiten, insbesondere war auch für die letzte Tagesstunde seit der
Umsetzung der streitigen Genehmigung eine überproportionale Steigerung der
Slotnachfrage zu verzeichnen.
170
Der Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass der Nachfrage nach erweiterten
Nachtflugmöglichkeiten ein anzuerkennendes öffentliches Verkehrsinteresse zugrunde
liegt, das im Grundsatz geeignet ist, entgegenstehende Lärmschutzbelange der
Umgebung zu überwinden. Er leitet die Dringlichkeit des Bedarfs nachvollziehbar und
gutachterlich plausibel belegt aus den besonderen strukturellen Verhältnissen am
Flughafen und in seinem Einzugsbereich ab. Hierzu verweist er auf die Funktion des
Flughafens im internationalen Verkehr bei hohem Verkehrsaufkommen, seine
Anbindung an verschiedene Drehkreuze - etwa an den Flughäfen München und
Frankfurt - und seine Abhängigkeit von diesen wegen der dort startenden
Anschlussflüge, die Bedienung von Segmenten wie vor allem dem Geschäfts-, aber
auch dem Touristikverkehr mit einer entsprechenden zeitlichen Interessenlage der
Passagiere und schließlich auf die Funktion als home-base bzw. Wartungsschwerpunkt
für verschiedene Fluggesellschaften. Der Beklagte geht dabei fehlerfrei davon aus, dass
ein Teil des in der Nachfrage zum Ausdruck kommenden Verkehrsbedarfs zeitlich kaum
disponibel ist. Den vorliegenden gutachterlichen Aussagen ist nachvollziehbar zu
entnehmen, dass sich für den Verkehr in der letzten Tagesstunde und ersten
Nachtstunde folgende Marktsegmente herausstellen: Spätverbindungen von den großen
Hubs (Frankfurt/München - Anschluss an die späten Drehkreuze dort), Spätflüge aus
Großbritannien wegen Zeitverschiebung und Landungen von Touristikflügen aus den
Feriengebieten. Die Auswertung einer Beispielswoche aus dem September 2006 von J.
zeigt für den Verkehr im Inland und Europa ohne den Mittelmeerraum, also für das
Segment, das im wesentlichen den Geschäftsverkehr bedient, Spitzen in der Zahl der
ankommenden Passagiere zwischen 19.00 und 20.00 Uhr sowie zwischen 21.00 und
22.00 Uhr auf. Dazu wird erläutert, dass sich bei Rückflügen mit einer Landezeit noch
vor 22.00 Uhr für Geschäftsreiseziele mit einer Flugzeit von über zwei Stunden die
nutzbare Tageszeit am Geschäftsort reduziere und problematisch werde, wenn eine
Zeitverschiebung, wie bei Flügen von den britischen Inseln, mit im Spiel sei. In Bezug
auf Privatreisende ist nachvollziehbar aufgezeigt, dass von diesen bei typischen
Flugzielen im Mittelmeerraum, d.h. zwischen zwei und vier Stunden, ein Abflug am
frühen Morgen und die Rückkehr am frühen Abend gewünscht wird. Weitere
171
Spätverbindungen ergeben sich aus der Anbindung des Flughafens an die großen
Drehkreuze in Deutschland sowie an die von Air-Berlin auf den Balearen und in
Großbritannien unterhaltenen Drehkreuze. Angesichts dieser Erkenntnis ist die
Annahme des Beklagten berechtigt, der zusätzliche Verkehr werde sich strukturell
entsprechend gestalten.
In den Gutachten werden zugleich auch die Grenzen deutlich, die der Vorstellung zu
ziehen sind, die beim Flughafen der Beigeladenen durch die vorgenannten Umstände
bedingte Nachfrage von Luftfahrtunternehmen für die erste Nachtstunde auf den Tag zu
verteilen. Das betrifft neben der Abhängigkeit von Drehkreuzen und sonstigen
Anschlussverbindungen namentlich die Landungen von Flugzeugen im Geschäftsreise-
und Touristikverkehr, die den letzten Flug des Tages auch deshalb zum Flughafen der
Beigeladenen durchführen, weil sie dort stationiert sind und/oder ihren
Wartungsschwerpunkt haben. Die in den B1. - bzw. J. -Gutachten erläuterten
Bewegungs- und. Rotationsplanungen für Flugzeuge, die unter Ausnutzung der
streitigen Genehmigung im Jahre 2006 nach 22.00 Uhr am Flughafen gelandet sind,
belegen, dass Planungsmöglichkeiten unter Aussparung der ersten Nachtstunde ohne
Minderung der Wirtschaftlichkeit durch geringere tägliche Flugzeit nur bedingt
vorhanden sind. Die Ausführungen des bei zuständigen Bediensteten in der mündlichen
Verhandlung ergaben ein entsprechendes Bild. Inwieweit nach den dargestellten
Umlaufplänen noch zu sehende Optimierungsmöglichkeiten im Sinne einer Schonung
der ersten Nachtstunde ohne Abstriche an den zu absolvierenden Flugstrecken im
Einzelfall tatsächlich und ohne das Risiko beträchtlicher Unpünktlichkeiten umsetzbar
sind, mag dahinstehen. Zum einen ist es einer öffentlichen Infrastruktureinrichtung
fremd, jede einzelne Inanspruchnahme auf ihre Berechtigung zu überprüfen, zum
anderen erfordert das in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts -
172
vgl. u.a. Urteil vom 20. April 2005 - 4 C 18.03 -, a.a.O. -
173
für die Nachtrandstunde herausgebildete Erfordernis, Luftverkehr nicht unnötig in die
Nachtzeit zu verlagern, nicht etwa eine absolute Unausweichlichkeit der
Inanspruchnahme. Es reicht vielmehr aus, dass in Ansehung von Struktur, Aufgabe und
Stellenwert des Flughafens ein typischer Verkehrsablauf oder Verkehrsbedarf bzw. ein
entsprechendes Verkehrssegment bei strikter Beschränkung auf die Tageszeit nicht
befriedigend abzuwickeln ist.
174
Bei dieser Bewertung darf auch eingestellt werden, dass eine wirtschaftliche
Umlaufplanung den bestehenden internationalen Verflechtungen des Luftverkehrs und
gegebenen Wettbewerbsstrukturen Rechnung zu tragen hat. Insoweit leuchtet es
unmittelbar ein, dass die Verengung der planbaren letzten Landungen auf den Zeitraum
bis 22.00 Uhr für die Halter von am Flughafen stationierten Flugzeugen mit der
Erschwernis verbunden ist, etwa bei Nachfrageverschiebungen für einzelne Flugziele
flexibel reagieren zu können, zumal sie dabei auf eine nicht abgesicherte Verfügbarkeit
von Slots zu anderen Tageszeiten verwiesen wären. Die besonderen Schwierigkeiten,
an vollkoordinierten internationalen Flughäfen insbesondere zu attraktiven Zeiten einen
neuen Slot zu erhalten, sind aus allgemein zugänglichen Quellen bekannt. Sie sind
darauf zurückzuführen, dass im Koordinierungsverfahren zum größten Teil Slots auf der
Basis historischer Prioritäten zugeteilt werden. Bestätigend sei insoweit auf die in der
mündlichen Verhandlung eingeführten E-Mail- Notizen des Flughafenkoordinators
verwiesen, wonach etwa für Düsseldorf für die Wintersaison 2006/2007 80 % und für
Frankfurt und Berlin-Tegel 89,4 bzw. 90,1 % der Slots auf dieser Basis vergeben worden
175
sind und die Zahlen für München und Stuttgart in ähnlicher Größenordnung liegen. Die
Attraktivität des Flughafens der Beigeladenen als home-base korrespondiert mit der
Erreichbarkeit als Ziel des letzten Flugs im Tagesumlauf, die auch unmittelbar auf das
verfügbare Angebot in den frühern Morgenstunden zurückwirkt.
Die Richtigkeit des methodischen Vorgehens von B1. und J. sowie die Richtigkeit der
wesentlichen zugrunde gelegten tatsächlichen Annahmen werden durch das
klägerische Vorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt. Im Kern messen die Kläger
der vom Beklagten hervorgehobenen und eingangs erwähnten strukturellen Prägung
des Flughafens mit Blick auf die Lärmbetroffenheiten (nur) ein anderes Gewicht bei,
ohne aufzuzeigen, dass die Gewichtung des Beklagten an rechtliche Grenzen stößt
oder solche gar überschreitet. Das betrifft insbesondere die Angriffe gegen Details der
untersuchten Flugbewegungen und Umlaufplanungen sowie die geäußerte Skepsis
gegenüber den angeführten Aussagen der Fluggesellschaften, welche
Mindestblockzeiten sie für eine wirtschaftliche Umlaufplanung für erforderlich halten.
Dabei wird schon übersehen, dass es - wie schon gesagt - eben nicht um die
Rechtfertigung jedes einzelnen Flugs gehen kann, sondern nur eine Gesamtbetrachtung
der Parameter veranlasst ist, von denen die Nachfrage nach Luftverkehrsleistungen
auch über die Tageszeit hinaus voraussichtlich abhängen wird. Auf dieser Grundlage
sind die widerstreitenden Interessen zu gewichten.
176
Der Beklagte führt in der Sache plausibel und gutachterlich bestätigt weiter an, dass die
Verkehrsnachfrage in der ersten Nachtstunde signifikant von den betrieblichen
Möglichkeiten, die tagsüber bestehen, abhängt und das Nachfrageverhalten speziell für
die ersten Tagesstunden von der Möglichkeit der Nutzung der ersten Nachtstunde
bestimmt wird. Nach den Erläuterungen in den B1. -Gutachten zu den untersuchten
Rotationsplanungen der vier aufkommensstärksten Home-Carrier am Flughafen sowie
den entsprechenden Ausführungen im J. - Gutachten ist ohne weiteres einsehbar, dass
infolge der Erhöhung der Kapazitäten über Tage, namentlich in den frühen Stunden,
auch die Nachfrage nach Landemöglichkeiten in der erste Nachtstunde am Flughafen
zunimmt. Dies ist der gegebenen wettbewerblichen Situation unter Einbeziehung der
korrespondierenden Wünsche der Passagiere geschuldet. Die durch B1. erfolgte
Auswertung der Anzahl der Starts von am Flughafen stationierten Flugzeugen in den
ersten drei morgendlichen Stunden belegt, dass diese Zahlen mit denen der Landungen
in den letzten Betriebsstunden gut korrelieren. B1. gelangt unter Berücksichtigung der
untersuchten Rotationen zur Notwendigkeit von - gegenüber den bisher maximal 25 im
Sommerflugplan zulässigen - acht weiteren Landungen allein schon bei Umsetzung der
für den Tag vorgesehenen betrieblichen Erweiterungen. Das J. - Gutachten gelangt,
wenn auch über eine andere Analysemethode, ausgehend von der mit der streitigen
Genehmigung eröffneten Nutzungsmöglichkeit über Tage, zu einer Notwendigkeit von
heute 35 und ab 2015 von 36 Landlungen in der ersten Nachtstunde. Das J. -Gutachten
setzt bei der Prognose der Entwicklung des allgemeinen Luftverkehrs an und leitet
daraus plausibel eine für den Flughafen Düsseldorf spezifizierte Verkehrsentwicklung
für die erste Nachtstunde ab.
177
Entsprechend nachvollziehbar ist auch die Besorgnis des Beklagten und der
Beigeladenen, dass ohne die Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten des Flughafens
in der ersten Nachtrandstunde die Verkehrsleistungen des Flughafens auch im
Tagesbetrieb im Verhältnis zu vergleichbaren internationalen Flughäfen in einem noch
stärkeren Maße als bislang nur unterproportional wachsen würden. Betroffen ist damit
auch die Zielsetzung, welche die betriebliche Erweiterung über Tag legitimiert.
178
Es geht damit nicht maßgeblich darum, der Beigeladenen und den bei ihr angesiedelten
Flugunternehmen aus Gründen der wirtschaftlichen Besserstellung einen Standortvorteil
zu vermitteln. Im Vordergrund steht der Luftverkehr, der freilich zum Funktionieren unter
den gegebenen Umständen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private und in
privatrechtlicher Form auch der Wirtschaftlichkeit der ihn tragenden Unternehmen
bedarf. Es ist sachgerecht, in diesem Zusammenhang einzustellen, dass an anderen
internationalen Flughäfen im In- und Ausland mit vergleichbaren Verhältnissen wie am
Flughafen der Beigeladenen durchaus großzügige Regelungen für Landungen bis
23.00 Uhr jedenfalls für die jeweiligen Home-Carrier bestehen. Das betrifft namentlich
die im J. -Gutachten in Vergleich gesetzten (Nicht-Hub-)Flughäfen mit hohem
Verkehrsaufkommen und - mit Ausnahme des Flughafens Dortmund - die von B1.
angeführten Flughäfen mit Home-Carriern. Was einen Verweis auf Dortmund anlangt,
durfte der Beklagte insbesondere einstellen, dass Düsseldorf der größte internationale
Flughafen in Nordrhein-Westfalen ist, der bereits heute die erste Nachtrandstunde
nutzen darf, während es sich bei Dortmund um einen Verkehrsflughafen mit einer
geringeren Auslastung handelt, für den eine Verspätungsregelung ausreicht.
179
7. Die Sachentscheidung, die der Beklagte auf der Basis der - nach dem Vorstehenden
zutreffend gesehenen - Interessenlage getroffen hat, genügt auch den Anforderungen,
die an eine gerechte Abwägung zu stellen sind.
180
7.1 Der Beklagte hat erkannt und eingestellt, dass die für die Erweiterung sprechenden
Belange, auch wenn sie für sich schon ein erhebliches Gewicht haben, nicht schon von
vornherein Vorrang vor den Belangen der Anwohner und Umlandgemeinden genießen.
Die Lösung des Nachbarschaftskonflikts ist der Kern der Entscheidung in der
gegebenen Interessenlage, die ja keine neue ist, sondern im Wesentlichen schon der
Änderung 2000/2003 und allen voraufgehenden Entscheidungen zur Ausstattung und
Nutzung des Flughafens der Beigeladenen zugrunde lag. Zur Förderung der
Wirtschaftlichkeit des Flughafens und der Erhöhung der Attraktivität des Standortes
sollen jetzt betriebliche Einschränkungen gelockert werden, die Teil eines - auch
gerichtlich gebilligten - Konzeptes waren, das bezogen auf die Kontingentierung
ausdrücklich auch den Lärmschutzinteressen der Anwohner diente und zugleich die
Akzeptanz der Auswirkungen, die von dem Flughafen ausgehen, fördern sollte bzw. -
und bezogen auf die erste Nachtstunde - durch die Festschreibung eines Status-Quo in
der Nachfrage faktisch eine weitergehende Ausdehnung des nächtlichen Luftverkehrs
verhindern sollte. Insoweit hat der Beklagte insbesondere in den Blick genommen, dass
der Standortvorteil des Flughafens inmitten des Rhein-Ruhr-Ballungsraumes und seine
exponierte Stellung als größter Flughafen Nordrhein-Westfalens und drittgrößer der
Bundesrepublik zugleich Standortnachteile wegen der sehr hohen Zahl der von sehr
starkem Lärm Betroffenen mit sich bringt. Der Beklagte hat den sich daraus ergebenden
Konflikt ausreichend in den Blick genommen und unter umfänglicher Ermittlung der
Lärmsituation der Flughafenumgebung mit den gefundenen Regelungen
abwägungsfehlerfrei zu einem neuerlichen Ausgleich gebracht.
181
Zur Bewältigung der im Vordergrund stehenden Lärmproblematik hat er unter
vertretbarem Verzicht auf einschneidende betriebliche Maßnahmen zur
Lärmvermeidung oder -minderung oder zu sonstigen Möglichkeiten der
Belastungserleichterung den Ausgleich durch passiven Schallschutz und
Geldleistungen in Orientierung an Schutzzielen geschaffen, die er anhand fundierter
fachlicher Aussagen und mit Blick auch auf die Beeinträchtigungen unterhalb der
182
Schwelle des planerisch Zumutbaren festgelegt hat, und die Zielerreichung sachgerecht
sichergestellt.
7.2 Mit seiner Einschätzung, dass die nach der Erweiterung des Betriebsumfangs zu
erwartenden Lärmbeeinträchtigungen unter Einbeziehung der bestehenden und der in
der angefochtenen Genehmigung neuerlich verfügten Schutzauflagen zuzumuten seien
und gegenüber den für das Vorhaben angeführten Interessen zurücktreten, verlässt der
Beklagte den ihm zustehenden planerischen Gestaltungsspielraum nicht. Aus Anlass
des Antragsbegehrens der Beigeladenen weitere Maßnahmen des aktiven
Schallschutzes zu verfügen als die Reduzierung der ursprünglich zugelassenen 36 auf
33 Landungen und die Beschränkungen für den Nachtflug von Propellerflugzeugen,
kam ernstlich nicht in Betracht, weil sie sich zwangsläufig auf den abwickelbaren
Verkehr auswirken und dem Ziel zuwiderlaufen würden, die Nutzungsintensität des
Flughafens zu erhöhen.
183
Eine Schieflage weist die Planung infolgedessen nicht auf. Der Beklagte hat die
besonders Lärmbetroffenen nicht in einseitiger Betrachtung auf passiven Schallschutz
verwiesen, um unter diesem Schutz der Beigeladenen ein Maximum an betrieblichen
Möglichkeiten zu eröffnen. Er hat sich vielmehr überzeugt, dass auch ein öffentliches
Interesse an der Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten des Flughafens und einer
Erhöhung der Flexibilität der Verkehrsabläufe besteht, hat dies in Relation zu
vorgegebenen Schranken aus dem Angerland-Vergleich gesetzt, ist den möglichen
Ursachen des Nichterreichens des Verkehrs, der bei der Genehmigungsänderung im
Jahre 2000 zugrunde gelegt worden war, nachgegangen und hat für den kritischen
Bereich der Nutzung der ersten Nachtstunde dem Begehren der Beigeladenen nur
beschränkt entsprochen.
184
Die Forderung der Kläger nach weitergehenden flugbetrieblichen Beschränkungen auf
der Grundlage von § 6 Abs. 1 Satz 4 LuftVG, also jenseits der Grenze der bloßen -
teilweisen - Ablehnung des Begehrens der Beigeladenen, greift nicht. Bei der
gegebenen Sachlage ist nichts dagegen zu erinnern, dass der Beklagte die streitige
betriebliche Erweiterung nicht zum Anlass genommen hat, über die bereits für den
Flughafen geltenden und aufrecht erhaltenen Regelungen hinaus den Betrieb
einzuschränken.
185
Dabei gilt es namentlich zu berücksichtigen, dass den Betroffenen kein Anspruch auf
vorgehende Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Vermeidung oder Reduzierung des
Lärms an der Quelle zusteht, wenn sich die verbleibenden Beeinträchtigungen unter
Einbeziehung der gewährten passiven Schallschutzmaßnahmen und
Entschädigungsleistungen - wie hier - im Bereich des planerisch Zumutbaren bewegen.
Es geht bei der gerichtlichen Kontrolle allein um die sachliche Vertretbarkeit der
getroffenen Entscheidung. Ob andere Maßnahmen, die den Interessen der Kläger weiter
entgegenkämen, ebenfalls sachlich gerechtfertigt werden könnten, ist unerheblich. Eine
"Meistbegünstigung" in diesem Sinne ist von der Rechtsordnung jedenfalls nicht - auch
nicht im Sinne eines Planungsleitsatzes - vorgegeben.
186
Auch die Richtlinie 2002/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.
März 2002 über Regeln und Verfahren für lärmbedingte Betriebsbeschränkungen auf
Flughäfen der Gemeinschaft führt auf keinen unbedingten Vorrang von lärmmindernden
Betriebsverfahren oder Betriebsbeschränkungen vor passivem Lärmschutz bei
kapazitätserweiternden betrieblichen Regelungen. Im Kern dient die Richtlinie der
187
Erleichterung einer kohärenten Einführung von Betriebsbeschränkungen für Flughäfen,
um gemeinschaftsweit die Zahl der von nachteiligen Auswirkungen des Fluglärms
betroffenen Menschen zu begrenzen oder zu reduzierten (Art. 1 a); andererseits hat sie
aber auch die Förderung eines langfristig tragbaren Ausbaus der Flughafenkapazitäten
im Auge (Art. 1 c). Mit der Forderung in Art. 4 nach einem ausgewogenen
Betriebslärmkonzept geht die Richtlinie letztlich über das nach nationalem Recht
bestehende Abwägungsgebot nicht hinaus. Soweit die Richtlinie die Prüfung von
Betriebsbeschränkungen für lärmintensive, knapp die Vorschriften erfüllende
Strahlflugzeuge (vgl. § 48b Abs. 1 LuftVZO) anspricht, ist dem der Beklagte hinreichend
nachgekommen. Unter Hinweis auf den eher geringen Anteil dieser Flugzeuge am
Gesamtaufkommen und die erfolgte Begrenzung der Gesamtflugbewegungen für die
sechs verkehrsreichsten Monaten konnte der Beklagte von ausdrücklichen
Beschränkungen abgesehen. Aus der besonderen Lage des Flughafens in einem
Ballungsgebiet ergibt sich nichts anders; er zählt insbesondere nicht zu den in der
Richtlinie besonders angeführten Stadtflughäfen, weil er zwar in einem Ballungsraum
gelegen ist, aber über eine Piste mit einer Startrollstrecke von mehr als 2000 Meter
verfügt. Er ist auch weitergehend in den Internationalen Luftverkehr eingebunden.
7.2.1 Der Beklagte durfte ferner von einer zeitlichen Differenzierung des Umfangs des
zulässigen Verkehrs über Tage sei es nach Tages- oder Wochenzeiten absehen. Die in
der mündlichen Verhandlung im Rahmen der abgegebenen Protokollerklärung
nachgeschobenen Erwägungen sind tragfähig und lassen keine Fehler erkennen.
Insbesondere ist der Ausgangspunkt der Einschätzung ohne weiteres nachvollziehbar
und durch das Slotnachfrageverhalten belegt, wie es sich aus den vorgelegten
Aufstellungen erschließt, dass sich abgrenzbare Zeiten geringeren Verkehrsinteresses
nicht verlässlich ableiten lassen. Die Überlegungen des Beklagten zur Flexibilität und
zu den Schwierigkeit der sachgerechten Zeitraumfestlegung überzeugen, zumal eine
weithin zeitlich unreglementierte Zulassung des Flugbetriebes dem Grundgedanken
entspricht, dass Verkehrsflughäfen als Infrastruktureinrichtungen ihrer Zielsetzung nach
zur Benutzung durch die Öffentlichkeit nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 LuftVG offen
stehen. Die geforderten zusätzlichen tageszeitlichen und wöchentlichen
Beschränkungen würden den Flugbetrieb weiter einengen und dem erklärten
Planungsziel widersprechen, eine maßvolle Erhöhung der Bewegungen unter Erhaltung
einer möglichst großen Flexibilität zu eröffnen. Hinzukommt, dass eine wirklich spürbare
Begünstigung der Flughafenumgebung schon erhebliche Einschnitte erfordern würde
und es für Verkehrsvorgänge während der Tageszeit - anders als für solche während
der Nachtzeit - grundsätzlich keiner besonderen Rechtfertigung bedarf.
188
7.2.2 Auch was den Schutz vor nächtlichem Lärm angeht, hat der Beklagte
abwägungsfehlerfrei von weitergehenden betrieblichen Regelungen abgesehen. Die
Forderung, die zulässigen Landungen nach 22.00 Uhr etwa auf bestimmte Segmente
oder Luftfahrtunternehmen oder gar in Abhängigkeit vom Auslastungsgrad der
Flugzeuge zu beschränken, ist nicht berechtigt. Der Beklagte durfte bei der gegebenen
Bedarfslage davon absehen, zumal eine weitergehende Prüfung und Bewertung des
Anliegens, das einer Nachfrage nach Nachtflugmöglichkeiten zugrunde liegt, ohnehin
dem typisiert zu betrachtenden Verkehrsgeschehen widerspricht. Angesichts der von
den genannten Gutachten aufgezeigten Struktur des Luftverkehrs nach 22.00 Uhr
stehen zudem ohnehin Landungen anderer als am Flughafen stationierter Flugzeuge
oder solcher mit Wartungsschwerpunkt am Flughafen nicht in nennenswertem Umfang
in Rede. Schließlich hat der Beklagte auch nach anderen Wegen einer
Lärmreduzierung während der Nacht gesucht und durch Erklärung in der mündlichen
189
Verhandlung die im Herbst dieses Jahres auslaufenden Nachtflugbeschränkungen vom
10. Oktober 2002 (MBl. NRW 2002, S. 1159f.) um den Ausschluss von
Propellerflugzeugen mit mehr als 9 t MTOM ergänzt und im Übrigen entfristet. Die
genannten Maschinen - es handelt sich weithin um Frachtflugzeuge, die auch in der
Kernzeit der Nacht verkehren und deren Betrieb mit beträchtlichem Lärm bei hohen
Maximalpegeln verbunden ist - unterliegen damit den gleichen Beschränkungen wie
Bonuslisten-Strahlflugzeuge. Die Erwartung des Beklagten, dass mit der vorgesehenen
Regelung eine gegenüber der bisherigen merkbare Lärmentlastung für die betroffenen
Anwohner verbunden ist, erscheint danach berechtigt. Auf die genaue Größenordnung
der Entlastung kommt es nicht an, weshalb auch den diesbezüglichen Abschätzungen
im Einzelnen nicht weiter nachgegangen werden muss. Im Übrigen werden bisher
bestehende Entwicklungsmöglichkeiten im Frachtverkehr unterbunden. Dabei ist im
Ergebnis unerheblich, ob der Beklagte nur das untersagt hat, wozu er ohnehin
verpflichtet wäre, weil die Dringlichkeit des nächtlichen Frachtverkehrs bisher nicht
weiter untersucht worden ist. Der Beklagte hat mit seiner ergänzenden Regelung
jedenfalls verhindert, dass mit einem zeitlichen Auslaufen der Regelungen über die
Beschränkung von Nachtverkehr weiterer Verkehr (wieder-)eröffnet wird. Die
Betriebsgenehmigung selbst sieht nämlich - jenseits der
Koordinierungsbeschränkungen für die erste Nachtstunde und der Herausnahme der
Parallelbahn - letztlich keine Nachtflugbeschränkungen vor. Seit 1959 wird in diesem
Bereich allein mit gesonderten und zeitlich befristeten Beschränkungen gearbeitet. Eine
Verlängerung der Frist oder Entfristung der Beschränkung kann damit Rechte der
Anwohner grundsätzlich nicht betreffen. Entsprechend berührt auch die Entscheidung,
die Nachtflugbeschränkungen für die übrigen Propellerflugzeuge unverändert zu lassen,
die streitgegenständliche Genehmigungsänderung letztlich allenfalls mittelbar, nämlich
als Faktor in der Lärmbestimmung für die gesamte Nacht. Relevante Abwägungsfehler
ergeben sich im vorliegenden Zusammenhang jedenfalls nicht. Die Entscheidung des
Beklagten beruht insofern auf der Erwartung, dass mit der Zunahme an Bewegungen
unterhalb der ausgeschlossenen Gewichtsklasse nicht zu rechnen ist, was ohne
weiteres plausibel wird aus den für die Jahre 2004 bis 2006 zu verzeichnenden Starts
und Landungen.
Den Klägern kann auch zugemutet werden, dass die Entlastung durch das Entfallen von
Verkehr mit bestimmten Propellermaschinen erst im November 2007 greift, der
erweiterte Betrieb bis 23.00 Uhr aber bereits unmittelbar zulässig sein soll. Der Beklagte
kann sich in diesem Zusammenhang auf seinen planerischen Gestaltungsspielraum
berufen; die unterschiedliche zeitliche Anknüpfung hat in der Frist der bisher geltenden
Nachtflugbeschränkungen einen hinreichenden sachlichen Grund. Im Übrigen betrifft
die zahlenmäßig stärkere Erhöhung der Landungen in der ersten Nachtstunde, nämlich
die von 15 auf 33, die Winterflugplanperiode, also die Zeit ab Oktober.
190
7.2.3 Kein Fehler ist auch darin zu sehen, dass der Beklagte davon abgesehen hat, die
Nachtflugbeschränkungen hinsichtlich der Verspätungsregelungen zu modifizieren. Das
vom Beklagten in diesem Zusammenhang hervorgehobene Interesse, an
Verkehrsflughäfen der in Rede stehenden Größenordnung eine angemessen flexible
Abwicklung verspäteter Landungen zu ermöglichen, ist grundsätzlich anzuerkennen. Es
spricht hier auch nichts dafür, dass der Beklagte gerade durch die angefochtene
Neuregelung merklich auf die Ausnutzung der Verspätungsregelung einwirkt. Denn mit
33 vorausplanbaren Landungen ist die Kapazität der Hauptbahn sicherlich nicht
ausgeschöpft. Zudem hat der Beklagte, um Wartezeiten zu verhindern, zwingend die
Mitbenutzung der Parallelbahn in der Zeit von 21.00 bis 22.00 Uhr vorgegeben. Das gilt
191
unabhängig davon, dass sich die Entlastungswirkung der Mitbenutzungsregelung nur
eingeschränkt dahin einstellen kann, dass eine Verschiebung von Landungen infolge
von Wartezeiten am Boden und in der Luft, die sich am Flughafen selbst bilden,
unterbleibt. Andere Verzögerungen, etwa am Abflugort, werden naturgemäß nicht
beeinflusst. In jenem Umfang ist die Regelung aber durchaus zielführend. Dabei ist
angesichts der im Übrigen bestehenden Einschränkungen bei der Mitbenutzung der
Parallelbahn durchaus plausibel, dass hier tatsächlich eine Entlastung zu erwarten
steht. Sie führt zudem dazu, dass sich die Möglichkeit, kapazitätserweiternd die
Parallelbahn im Übrigen mitzubenutzen, mit den entsprechenden Auswirkungen auf die
tatsächliche Kapazität auf 49 Wochenstunden reduziert.
7.2.4 Auch die übrigen von Klägern angebrachten Forderungen nach weitergehenden
Maßnahmen zur Lärmreduzierung greifen nicht. Sowohl beim Vorschlag des
Anflugverfahrens "continuous-decent-approach" (cda) wie bei der Frage des Einsatzes
der Schubumkehr durfte der Beklagte berücksichtigen, dass dabei auch Elemente der
Flugsicherheit in Rede stehen, deren Wahrung grundsätzlich der DFS und den Piloten
zugewiesen ist. Es mag daher auch dahinstehen, ob nicht ohnehin allenfalls begrenzte
Lärmentlastungen zu erwarten stehen. Die Faktoren sind im Übrigen in den
Lärmberechnungen auf der Grundlage der AzB - pauschalierend - abgedeckt. Ihre
Auswirkungen sind durch die vorliegenden Berechnungen und damit bei der
Dimensionierung der Lärmschutzkurven ausreichend berücksichtigt. Der Beklagte durfte
es daher bei der bestehenden Regelung für den Flughafen belassen, nach der in der
Zeit von 21.00 bis 5.00 UTC (22.00 bis 6.00 Uhr lokaler Zeit) die Schubumkehr nur in
dem Umfang angewandt werden darf, wie dies aus Sicherheitsgründen erforderlich ist.
192
7.2.5 Die Ausgestaltung der danach im Hinblick auf den Drittschutz fehlerfrei als
ausreichend bewerteten betrieblichen Regelungen durch den Beklagten ist nicht zu
beanstanden. Fehler, die die Tauglichkeit bzw. Handhabbarkeit des gewählten
betrieblichen Konzeptes betreffen und zu Zweifeln an der Rechtfertigung des Vorhabens
oder sonst zu Abwägungsmängeln führen, sind nicht ersichtlich. Die Neuregelungen
sind dabei namentlich nicht an den Zielvorstellungen der Genehmigungsänderung aus
dem Jahre 2000 zu messen, auch soweit diese Anlass für die jetzt gewünschten
betrieblichen Änderungen waren. Maßstab ist allein die nunmehr erklärte Zielsetzung,
einen Zuwachs an Flugbewegungen gegenüber der bisherigen Genehmigungslage,
auch was die Tagesstunden angeht, zu ermöglichen. Dazu sind die getroffenen
Regelungen zielführend. Auf die These, die maximal nach den Koordinierungsvorgaben
jeweils zulässigen Bewegungen ließen sich ohnehin nicht realisieren, kommt es nicht
an. Damit wird weder die Richtigkeit des prognostizierten Erweiterungsbedarfs noch die
Stimmigkeit des Konzeptes zur Erreichung der erklärten Planungsziele in Frage gestellt.
Denn dass die Zahlen aufgrund saisonaler und tageszeitlicher Schwankungen im
Nachfrageverhalten in einigen Stunden oder an einigen Tagen nicht ausgeschöpft
werden, ist systemimmanent und wird vorausgesetzt. Dementsprechend ist auch ohne
Weiteres plausible, dass es in der Umsetzung der Regelungen nicht zwangsläufig zu
Überschreitungen der maximal zugelassenen Gesamtbewegungen kommen wird.
193
Der Beklagte hat flankierende Maßnahmen verfügt, die die Einhaltung der betrieblichen
Beschränkungen sichern sollen und damit im Rahmen von deren Funktion auch den
Lärmschutzinteressen der Umgebung Rechnung getragen.
194
Die Pflicht, die Nutzungszeiten der Parallelbahn im voraus festzulegen und zu
verlautbaren, ist im Sinne der planerischen Zielsetzung des Beklagten geeignet, die
195
Beschränkung der Nutzungszeiten der Parallelbahn zu gewährleisten, und den
Nutzungsumfang transparent zu machen. Die nachträgliche Berichtspflicht zielt in
dieselbe Richtung und eröffnet kurzfristig regulierende Eingriffe bei sich abzeichnenden
Fehlentwicklungen. Gegen die Beschränkung der Berichtspflicht auf die Tageszeit ist
nichts zu erinnern, weil die Parallelbahnnutzung auf diese Zeit beschränkt ist.
Abwägungsfehlerfrei ist von einer Berichtspflicht zur Kontrolle der Einhaltung der
Koordinierungsvorgaben abgesehen worden. Dies würde zum einen eine Kontrolle der
pflichtgemäßen Amtsausübung des Flughafenkoordinators darstellen, die dem
Beklagten nicht zusteht, und wäre zum anderen für die Frage, ob ein konkret
abgewickelter Verkehr den Betriebsregelungen genügt, wegen der neben der
Koordinierung zu betrachtenden Faktoren wie Verspätungen oder Home-Carrier- Vorteil
ohnehin nur von begrenztem Aussagegehalt. Soweit es in der Vergangenheit gerade
hierauf bezogen zu Unzulänglichkeiten auch in der Nacht gekommen war, hat der
Beklagte nicht zuletzt dies zum Anlass genommen, ein Slot Performance Monitoring
Committee (SPMC) einzurichten und das elektronische Flughafeninformationssystem
um ein Mismatch-Reporting System (MMR) zu ergänzen. Weitergehendes war nicht
geboten, weil nichts zu erkennen ist, was in Relation zum gegebenenfalls
einzustellenden Aufwand verhältnismäßig erscheint. Aufgaben und Zuständigkeiten bei
der Überwachung des Betriebs sind vorgegeben. Außerdem bestehen Verpflichtungen
der Beigeladenen zur Offenlegung von lärmrelevanten Ereignissen und Entwicklungen -
gerade auch im Zusammenhang mit dem Betrieb der Fluglärmmessstellen - gegenüber
der Fluglärmkommission (vgl. § 19a LuftVG).
196
Bedenken dagegen, der Einführung des MMR bzw. des SPMC auch den Effekt
zuzuschreiben, die genehmigungsrechtlichen Koordinierungsvorgaben verlässlicher
einzuhalten, bestehen nicht. Zwar ist beides auf eine Optimierung der Koordinierung
ausgerichtet, was (zugleich) den wirtschaftlichen Interessen der Beigeladenen
entspricht. Der Senat teilt aber die von den Klägern geäußerten Befürchtungen einer
Vernachlässigung der Lärmschutzbelange der Anwohner nicht. Das MMR erleichtert
indirekt auch die Kontrolle der Einhaltung der Koordinierungsvorgaben einschließlich
der Gesamtvorgaben. Das SPMC wiederum zielt auf die kontinuierliche Überwachung
einer ordnungsgemäßen Slotnutzung, was auch die zeitliche Einhaltung umfasst. Es hat
damit jedenfalls indirekt Einfluss auf die Einhaltung der genehmigungsrechtlichen
Koordinierungsvorgaben und lässt erwarten, dass im Koordinierungsverfahren für die
Flugpläne wie bei der Nachkoordinierung zeitnah auf Unzulänglichkeiten reagiert wird,
zumal das für die Flugplatzkoordinierung zuständige Bundesministerium ebenso an
dem Gremium beteiligt ist wie die DFS. Da das SPMC aber zweifellos seiner
unmittelbaren Zielsetzung nach nicht der Überwachung von genehmigungsrechtlichen
Vorgaben zum Drittschutz dient, sondern der Einhaltung der im Koordinierungsverfahren
nach § 27a LuftVG vergebenen Slots, ist nicht zu beanstanden, dass Mitglieder anderer
Gremien, wie der Fluglärmkommission oder von Initiativen von Lärmbetroffenen, nicht
eingebunden sind.
197
8. Der Beklagte durfte zugrunde legen, dass - gegebenenfalls bei Einsatz von passivem
Schallschutz und Geldzahlungen - die künftigen Lärmauswirkungen des Flughafens der
Beigeladenen im Bereich des planerisch Zumutbaren halten.
198
8.1 In diesem Zusammenhang misst der Senat weiterhin den Aussagen der Synopse
"Fluglärmkriterien für ein Schutzkonzept bei wesentlichen Änderungen oder
Neuanlagen von Flughäfen/Flugplätzen" von Griefhahn/Jansen/Scheuch/Spreng (im
199
weiteren Synopse) erhebliches Gewicht bei. In dessen Rahmen bewegen sich auch die
Aussagen des von der Beigeladenen im Verwaltungsverfahren vorgelegten
lärmmedizinischen Gutachtens. Der Senat sieht nach wie vor darin eine fundierte
wissenschaftliche Betrachtung, die auch den allgemeinen Stand der
Lärmwirkungsforschung einbindet. Die Autoren sind anerkannte und langjährig durch
eigene Forschung hervorgetretene Lärmwirkungsforscher. Sie vertreten die
maßgeblichen Fachrichtungen, gehen die Fragen unter unterschiedlichen Blickwinkeln
an und haben von ihren je eigenen Ansätzen aus ihre Erkenntnisse
zusammengetragen. Dies ist auf der Grundlage von Einzelgutachten geschehen, die
das einschlägige wissenschaftliche Spektrum abdecken. Die Ergebnisse sind
untereinander abgeglichen und zur gemeinsamen Empfehlung verbunden worden.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Juli 2005 - 20 D 87/05.AK u. a. -, m.w.N.
200
Die Synopse bietet von daher für die erforderlichen Bewertungen einen gewichtigen
Anhalt. Von dem aus können bei der - mangels normativer Vorgaben - im Einzelfall
jeweils erforderlichen Einschätzung der planerischen Zumutbarkeit von Fluglärm auch
eventuelle Besonderheiten betrachtet und gewichtet werden. Erkenntnisse, die die
Synopse insgesamt oder in relevanten Punkten fundiert in Frage stellen und aufgrund
weiterer Forschungsergebnisse oder Beobachtungen brauchbare Kriterien von höherer
Verlässlichkeit oder Aussagekraft geben, liegen nicht vor. Die Synopse ist grundsätzlich
auch für die Verhältnisse am Flughafen Düsseldorf verwertbar. In diesem auch vom
Bundesverwaltungsgericht gebilligten Rahmen -
201
vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 -, a.a.O. -
202
bewegen sich die in der Genehmigung zugrunde gelegten Werte.
203
8.2 Das gilt zunächst für die Betrachtung der Lärmbelastung von Wohngrundstücken am
Tag. Die den Lärmschutzzonen und der Entschädigungszone gemäß dem
angegriffenen Bescheid zugeordneten Zahlenwerte sind zur Bewertung und Bejahung
der Zumutbarkeit des Lärmgeschehens in der Umgebung des Flughafens der
Beigeladenen tauglich. Sie gewährleisten unter Berücksichtigung des Standes der
Lärmwirkungsforschung ein angemessenes Schutzniveau.
204
Nach den Berechnungen geht es für die Kläger um Lärmunterschiede im
Dauerschallpegelbereich von etwa 1 dB(A); dabei mag einzustellen sein, dass die für
die klägerischen Grundstücke erfolgten vergleichenden Berechnungen nur den
Fluglärm betreffen. Anknüpfungspunkte, dass sich für sie unter Einbeziehung des
Bodenlärms am Flughafen eine wesentliche Verschiebung der Differenz ergeben
könnte, fehlen jedoch. Der Zuwachs liegt damit unter demjenigen, der nach den
verabschiedeten Neuregelungen des Fluglärmgesetzes schon für sich auf eine die
planerische Bewältigung erfordernde wesentliche Änderung deutet. Eine Veränderung
der Lärmbelastung ist danach insbesondere dann als wesentlich anzusehen, wenn sich
die Höhe des äquivalenten Dauerschalpegels an der Grenze der Tagschutzzone 1 bzw.
der Nachtschutzzone um mindestens 2 dB(A) ändert (§ 4 Abs. 5 Satz 2 Fluglärmgesetz).
205
Mit einer mangelnden Relevanz der Lärmveränderung hat sich der Beklagte in seiner
Abwägung allerdings von vornherein nicht begnügt. Er hat davon losgelöst als Ziel des
Tagschutzes bei Wohnnutzung die Vermeidung von Kommunikationsstörungen
definiert, die gegebenenfalls durch Maßnahmen des passiven Schallschutzes erreicht
206
werden soll. Als Kriterium für die Erforderlichkeit von Abhilfe und damit für die
Ausweisung der Tagschutzzone steht der Dauerschallpegel von Leq(3) = 60 dB(A)
außen im Vordergrund. Mit dieser Kontur ist ein hinreichender Abstand zu dem gewahrt,
was nach den Feststellungen der Synopse von Flughafenanwohnern regelmäßig als
erheblich belästigend empfunden wird. Sie entspricht auch dem, was nach den
verabschiedeten Neuregelungen des Fluglärmgesetzes für bestehende Anlagen
zugrunde gelegt wird. Allein für Neuanlagen und bei wesentlichen Änderungen, die
nach Erlass des Gesetzes erfolgen, ist die Festsetzung eines Tagschutzgebietes mit
einer Lärmkontur nach Leq(3) = 55 dB(A) vorgesehen. Angesichts der durchschnittlichen
Dämmwirkung von Fenstern ist bei Leq(3) = 60 dB(A) außen durchaus die Annahme
gerechtfertigt, dass in Wohnhäusern außerhalb der Kurve jedenfalls bei geschossenen
Fenstern innen der nach der Synopse als präventiver Richtwert zur Vermeidung von
Kommunikationsstörungen ausgewiesene Wert von Leq(3) = 40 dB(A) eingehalten wird.
Bei spaltbreit geöffneten Fenster ist - bei der gebotenen pauschalierenden Betrachtung -
noch von der Einhaltung des kritischen Toleranzwertes von 45 dB(A) auszugehen.
Die im Innern gewollte regelmäßige Einhaltung von Maximalpegeln von 55 dB(A), die in
der Rechtsprechung als Schutzniveau anerkannt ist -
207
vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - , a.a.O. -,
208
gewährleistet - wie nicht zuletzt die Ausführungen des lärmmedizinischen Gutachters
Prof. Dr. T1. in der mündlichen Verhandlung belegt haben - einen durchaus
weitreichenden Schutz. Unterhalb von Maximalpegeln von 55 dB(A) sind unzumutbare
Kommunikationsstörungen auf der Grundlage der neueren Lärmwirkungsforschung nicht
zu erwarten. Das gilt unabhängig von der Höhe der im Außenbereich zu erwartenden
Maximalpegel; die Forderung nach Einhaltung eines Maximalpegels innen von 45 dB(A)
als Ausgleich für Außenmaximalpegel über 90 dB(A) entbehrt jeglicher Grundlage. Der
vom Beklagten angestrebte Schutz entspricht - ohne dass es auf diesen Aspekt
entscheidend ankäme - auch der bisherigen Regelung. Danach hatte der Anspruch auf
passiven Schallschutz zu garantieren, dass in der Regel innen keine Werte über Lmax =
55 dB(A) erreicht werden.
209
Vgl. dazu Urteil des Senats vom 10. Dezember 2004 - 20 D 134/00.AK u.a -, a.a.O.
210
Den Begrifflichkeiten "in der Regel" und "regelmäßig" kann der Senat in diesem
Zusammenhang keine unterschiedliche Bedeutung entnehmen. Das Merkmal ist
ebenso abwägungsgerecht wie die Bezugnahme auf Aufenthaltsräume mit
geschlossenen Fenstern.
211
Dass die Bewertung von Tageslärm von geschlossenen Fenstern und dabei von einer
durchschnittlichen Dämmwirkung eines normalen Fensters, die bei 25 dB(A) angesetzt
wird, ausgehen darf, ist in der Rechtsprechung anerkannt.
212
Vgl. zu einer vergleichbaren Regelung: BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 4 C
1075.04 -, a.a.O.; zur Dämmwirkung eines geschlossenen Fensters vgl. auch: BVerwG,
Urteil 9. November 2006 - 4 A 2001.06 -, a.a.O.
213
Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass gelegentliches Stoßlüften zur Erhaltung eines
angemessenen Wohnklimas und damit zur Herstellung von zumutbaren
Wohnverhältnissen ausreicht. Das klägerische Vorbringen bietet keinen Anlass für eine
214
Neubewertung oder weitergehende Untersuchungen. Zwar ist die Möglichkeit, nach
Belieben die Fenster von Aufenthaltsräumen tagsüber spaltbreit oder ganz ohne
nennenswerten Einfluss auf die Kommunikationsmöglichkeiten im Rauminnern öffnen
zu können, zweifellos ein wichtiger Aspekt der Wohnqualität. Indes ist einzustellen, dass
er nur im geringeren Teil des Jahres zum Tragen kommt, während es im vorliegenden
Zusammenhang um die Betrachtung und zwangsläufig pauschalierende Bewertung von
Lärmeinwirkungen geht, die ganzjährig auftreten. Lediglich in der Nacht, in der eine
Stoßlüftung ohnehin mit einer ganz beträchtlichen Störung durch Unterbrechen des
Schlafes verbunden wäre, wird ein durchgängiges Lüften inzwischen als zum
allgemeinen Wohnstandard gehörend angesehen, so dass bei der pauschalierenden
Lärmbewertung entsprechend ein dauerhaft spaltbreit geöffnetes Fenster einzustellen
ist.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. September 2006 - 4 C 4.05 -, BVerwGE 126, 340.
215
Für die Nutzung von Aufenthaltsräumen über Tage gilt anderes. Hier besteht - anders
als in der Nacht - ohne Weiteres die Möglichkeit, das Raumklima je nach Wunsch oder
Erfordernis durch gelegentliches Stoßlüften auszugleichen. Die Vorstellung von
ganztägig dauerhaft geöffneten Fenstern ginge - ökologisches und ökonomisches
Handeln vorausgesetzt - für den überwiegenden Teil des Jahres, insbesondere
während der Heizperiode bzw. den größten Teil der Übergangszeiten ohnehin an der
Realität vorbei.
216
Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte das Spitzenpegelkriterium von L(max)
55 dB(A) unter den Vorbehalt "regelmäßig" gestellt und durch die in der mündlichen
Verhandlung erfolgte Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses im Sinne einer
zulässigen Überschreitenshäufigkeit von sechzehn definiert hat. Dem liegen
Erwägungen zu den im allgemeinen Immissionsschutz anerkannten sog. seltenen
Ereignissen mit dem Aspekt des täglichen zeitlichen Gesamtumfangs der Störung bei
Berücksichtigung der zeitlichen Dauer der Einzelgeräusche zugrunde. Mit dieser
Konkretisierung bewegt sich der Beklagte im Rahmen seines Gestaltungsspielraums,
insbesondere setzt er sich nicht in Widerspruch zu dem im Bescheid Verfügten. Die
Einschränkung berücksichtigt, dass es um die Vermeidung von unzumutbaren
Kommunikationsstörungen geht und sich solche erst bei einer Häufung von
Schallereignissen ergeben, die eine Gesprächsführung oder die Verfolgung von Radio-
und Fernsehsendungen nachhaltig einschränken. Es reicht eine 99 %
Satzverständlichkeit.
217
Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 2006 - 4 A 2001.06 -, a.a.O.; OVG Hamburg, Urteil
vom 2. Juni 2005 - 2 Bf 345/02 -, ZUR 2006, 44.
218
Deshalb besteht grundsätzlich kein Anspruch, tagsüber in keinem Fall oder nur ganz
ausnahmsweise durch Flugereignisse stärkeren Lärmeinwirkungen als Lmax = 55 dB(A)
ausgesetzt zu werden. Gegen die Einschätzung des Beklagten, dass eine kritische
Häufung nicht gegeben ist, wenn das Spitzenpegelkriterium durchschnittlich nicht mehr
als einmal pro Stunde überschritten wird, ist nichts zu erinnern. Es kann insofern noch
von seltenen Ereignissen gesprochen werden. Der Umstand, dass es auch bei
Einhaltung des zahlenmäßigen Kriteriums zu einer Häufung kritischer Lärmereignisse in
kürzeren Zeiträumen kommen kann, wird hinreichend durch die dann notwendigen
längeren störungsfreien Zeiten kompensiert.
219
Bezogen auf das Innenraum-Maximalpegel-Kriterium über Tage ergibt sich keine
Ungereimtheit zur ausgewiesenen Lärmkontur. Es ist vorbehaltlich besonderer
Strukturen des Verkehrsgeschehens nicht geboten, für die Tageszeit auch eine
Lärmschutzzone nach Maximalpegelhäufigkeit auszuweisen. Denn typischerweise
bindet - wie allgemein anerkannt - der Mittelungspegel die Maximalpegel nach Höhe
und Häufigkeit so gut ein, dass ersterer mit der wegen der Maximalpegel empfundenen
Lästigkeit von Fluglärm gut korreliert. So berücksichtigt er auch in einer zur Bewertung
von Taglärm geeigneten Weise das Interesse, von einer unzumutbaren Häufung lästiger
Einzelschallereignisse verschont zu bleiben, angemessen. Es spricht nichts dafür, dass
für Grundstücke außerhalb der Kontur Leq(3) = 60 dB(A) außen bei geschlossenen
Fenstern innen das erklärte - durch ein "regelmäßig" relativierte - Schutzziel der
Einzelschallpegel nicht eingehalten wird. Die ausschließliche Anknüpfung an den
Dauerschallpegel ist im Übrigen auch nach dem neuen Fluglärmgesetz vorgesehen.
220
Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass die Beschränkung des Anspruchs auf
Aufenthaltsräume für einen der anspruchsberechtigten Kläger zu einer relevanten
Einschränkung der Lebens- und Wohngestaltung führen könnte. Im Übrigen entspricht
es nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten ohnehin der Praxis der
Beigeladenen, im Tagschutzbereich auch Schallschutzmaßnahmen für Schlafräume zu
erstatten.
221
8.3 Auch die Lösung, die der Beklagte zum Schutz von Wohngrundstücken in der
Nachtzeit gefunden hat, weist keine Defizite zu Lasten der Kläger auf.
222
Vorgesehen ist eine abgestufte Schutzgewährung. Für die Bereiche, in denen nach den
vorliegenden Berechnungen außen in der ersten Nachthälfte 8 Maximalpegel von 71
dB(A) außen und mehr erwartet werden, bestehen Ansprüche auf baulichen
Schallschutz nebst Belüftungsanlage. Damit soll die Wahrscheinlichkeit
fluglärmbedingter Aufwachreaktionen reduziert werden. Bei einem nach AzB99
berechneten, auf die ganze Nacht bezogenen Dauerschallpegel von Leq(3) = 50 dB(A)
und mehr außen besteht Anspruch auf schallgedämmte Belüftungsanlagen. So sollen
entsprechend den Ausführungen im lärmmedizinischen Gutachten durch die
Ermöglichung eines Schließens der Schlafzimmerfenster ohne Einbuße an Frischluft
fluglärmbedingte Schwierigkeiten beim Wiedereinschlafen nach einem Aufwachen
verhindert werden.
223
Der Beklagte knüpft bei der Bewertung dessen, was den Anwohnern zuzumuten ist, an
die Empfehlungen der lärmmedizinischen Gutachter und der Synopse an. Dagegen ist
nichts zu erinnern. Dass die Genehmigungsänderung mit dem NAT- Kriterium 8 x 71
dB(A) außen nicht dem Wert der bereits verabschiedeten Neuregelungen des
Fluglärmgesetzes entspricht, ist unerheblich. Zum Zeitpunkt des Erlasses der
ursprünglichen Fassung der Regelungen über die nächtliche Betriebserweiterung wie
auch zum Zeitpunkt der ergänzenden Entscheidung in der mündlichen Verhandlung war
das Gesetz mangels Verkündung noch nicht wirksam. Nach dem Stand der
Lärmwirkungsforschung lässt sich auch nicht feststellen, dass die im Gesetz genannten
Werte auch ohne normativen Geltungsanspruch Beachtung verdienen, weil sie in jedem
Fall die absolute Grenze des Zumutbaren darstellen. Vielmehr handelt es sich um
mögliche, aber nicht notwendig zwingende Werte, zumal sie nicht auf weitergehenden
Erkenntnissen als denen beruhen, die dem lärmmedizinischen Gutachten und der
Synopse zugrunde liegen, sondern die - freilich gewichtige - parlamentarische Wertung
wiedergeben. Mit der zusätzlichen Nachtkontur Leq(3) = 50 dB(A) außen geht die
224
Genehmigung im Übrigen über das hinaus, was nach dem neuen Fluglärmgesetz neben
dem NAT-Kriterium benannt wird; dort ist selbst für neue oder wesentlich geänderte
Flughäfen erst ab dem 1. Januar 2011 ein Schutz ab Leq(3) = bei 50 dB(A) außen
vorgesehen, während zunächst noch der Wert 55 dB(A) gilt.
Die Erkenntnisse der Synopse sind in der Bewertung des Nachtfluggeschehens auch
nicht durch den Forschungsbericht 2004-07/D des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt e.V. - Nachtfluglärmwirkungen - (im Weiteren: DLR-Studie) aus dem Jahre
2004 überholt. Die DLR-Studie weist auf der Grundlage empirischer Erhebungen eine
Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen Maximalpegel und Aufwachreaktion aus und
entwickelt daraus ein Modell, nach dem sich für jeden Punkt eines
Untersuchungsgebietes die Anzahl von Aufwachreaktionen - verstanden als Wechsel
zur sog. Schlafphase 1 (Leichtschlafphase) - pro Nacht bei den jeweils prognostizierten
Flugbewegungen ermitteln lässt. Dazu, wieviele solcher Aufwachreaktionen Anwohnern
zumutbar und welche Kriterien im Einzelnen insoweit maßgeblich sind, gibt die Studie
freilich keine weiterführenden fundierten Hinweise. Der Schluss, dass eine
Lärmbewertung, die nicht auf der Grundlage einer der DLR- Studie entsprechenden
punktgenauen Berechnung der Aufwachwahrscheinlichkeit vorgenommen worden ist,
abwägungsfehlerhaft sei, verbietet sich daher schon mangels handhabbarer Aussagen
zur Verwendung der errechneten Daten. Da die Synopse in erster Linie erinnerbare
Aufwachreaktionen im Blick hat, während die DLR-Studie bereits einen
fluglärmbedingten Übergang in die sog. Schlafphase 1 erfasst, ergibt letztere in Bezug
auf einen identischen räumlichen Bereich selbstverständlich einen größeren Kreis von
Betroffenen, ohne jedoch etwas zur Vergleichbarkeit des Betroffenseins und zu der
Frage auszusagen, was dem Einzelnen zumutbar ist. Die Umsetzung der DLR-Studie in
einer lärmmedizinischen Beurteilung für ein Nachtschutzkonzept von Basner, Isermann
und Samel (ZfL 2005, 109) ergibt ebenfalls keine im Sinne einer Übertragbarkeit auf
andere Konstellationen überzeugenden Kriterien für die Lärmbewertung in der Nacht.
Das für den Flughafen Leipzig entwickelte Nachtschutzkonzept ist durch spezifische
Elemente des Verkehrs an jenem Flughafen geprägt und stellt eine mögliche, aber
keine auf der Grundlage der heutigen Erkenntnisse aus lärmmedizinischer Sicht in
jedem Fall vorzugswürdige Lösung dar. Dies hat der lärmmedizinische Gutachter Prof.
Dr. T1. in der mündlichen Verhandlung bekräftigt.
225
Vgl. dazu auch schon: Urteil des Senats vom 13. Juli 2006 - 20 D 87/05.AK u.a. - .
226
Die von Seiten der Kläger angeführten Ergebnisse der im Auftrag des
Umweltbundesamtes erstellte Studie von Greiser et.al "Beeinträchtigung durch
Fluglärm: Arzneimittelverbrauch als Indikator für gesundheitliche Beeinträchtigungen"
aus November 2006 führen bei der Ermittlung von Zumutbarkeitskriterien auch nicht
weiter. Die Gutachter stellen fest, dass sich im Umkreis des Flughafens Köln/Bonn von
der Lärmintensität abhängige Erhöhungen der Verordnungshäufigkeit und -menge von
Arzneimitteln zur Behandlung erhöhten Blutdrucks sowie von Herz- und
Kreislauferkrankungen, Tranquilizern sowie Beruhigungs- und Schlafmitteln feststellen
lassen. Zugleich verneinen sie ausdrücklich, dass die Ergebnisse ihrer Studie eine
Basis für die Forderung einer Revision der Grenzwerte für nächtlichen Fluglärm zum
Schutz der Gesundheit der Bevölkerung biete. Die in diesem Zusammenhang
geäußerte Auffassung, die Ableitung von präventiven Werten für den nächtlichen
Fluglärm in der Synopse sei wissenschaftlich nicht nachvollziehbar, bleibt
weitestgehend unkommentiert und kann so keine ernstlichen Bedenken wecken. Zu den
Ergebnissen der DLR-Studie greifen sie in vergleichbar pauschaler Weise die Ansicht
227
an, die dort gewonnenen Ergebnisse ließen für jeden Flughafen der Welt die
Bestimmung der in Abhängigkeit vom Fluglärm stehenden Aufwachreaktionen der
betroffenen Bevölkerung zu.
Vgl. allgemein zu dieser Untersuchung auch: BVerwG, Urteil vom 9. November 2006 - 4
A 2001.06 -, a.a.O.
228
Für weitergehende Ermittlungen zu sonstigen auch nur einigermaßen gesicherten
Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung gibt es keinen Anlass. Angesichts der breit
geführten Diskussion, nicht zuletzt im Rahmen der Beratungen des Fluglärmgesetzes,
hätten sich insofern taugliche Ansätze sicher gezeigt.
229
Ausgangspunkt für die Begründung eines Anspruchs auf baulichen Schallschutz unter
ausreichender Belüftung durch schallgedämmte Belüftungsanlagen ist nach der
Vorstellung der Genehmigungsänderung das von den lärmmedizinischen Gutachtern
angeführte Kriterium von Lmax = 8 x 56 dB(A) innen für die Zeit von 22.00 bis 1.00 Uhr.
Entsprechend ist das Gebiet für die Nachtschutzzone, durch eine Kontur von Lmax = 8 x
71 dB(A) außen ausgewiesen, aufgrund derer für innerhalb liegende Grundstücke
Lärmbelastungen vermutet werden, die zur Herbeiführung der Zumutbarkeit durch
passiven Schallschutz gemindert werden müssen, weil bei einem spaltbreit geöffneten
Fenster regelmäßig nur von einer Dämmwirkung von 15 dB(A) ausgegangen werden
kann.
230
Die Empfehlung aus dem lärmmedizinischen Gutachten entspricht dem präventiven
Richtwert der Synopse für eine Zweiteilung der Nacht. Von der Bewertung anhand einer
solchen Teilung der Nacht durfte der Beklagte angesichts der betrieblichen Situation am
Flughafen der Beigeladenen, die hinsichtlich der Nacht eindeutig durch die
Konzentration des Flugverkehrs auf den ersten Teil gekennzeichnet ist, ohne weiteres
ausgehen. Die Synopse stellt sie in Bezug zu einem Verhältnis zwei Drittel bis drei
Viertel aller Nachtbewegungen zu einem Viertel bis einem Drittel. Der höhere
Maximalpegel in den ersten Nachtstunden von 56 dB(A) innen (statt 53 bezogen auf den
zweiten Teil der Nacht und auch auf die Gesamtnacht) rechtfertigt sich nach den
Erwägungen zur Synopse und den Ausführungen der Gutachter daraus, dass es sich
bei den ersten drei Nachtstunden um den weniger empfindlichen Teil der Nacht handelt,
weil insbesondere der Schlafdruck in dieser Zeit erheblich höher ist und damit das
Einschlafen nach Störungen weniger beeinträchtigt wird. Diese Ableitung ist schlüssig
und überzeugt.
231
Dass die Genehmigungsänderung in der entsprechenden Karte keine Darstellung der
Betroffenheit für den zweiten Teil der Nacht aufweist, ist unschädlich. Anhand der
Unterlagen über den Verkehr, der in dieser Zeit schon wegen der
Nachtflugbeschränkungen stark eingeengt ist, ist klar und sicher nachzuvollziehen, dass
die Kurve der Außenbelastung, die mit dem insoweit lärmmedizinisch empfohlenen
Kriterium 5 x 53 dB(A) innen korrespondiert, in der für die erste Nachtzeit aufgeht und
der hierdurch gewährte Schutz jedenfalls faktisch ausreicht. Denn der Beklagte konnte
zugrunde legen, dass eine Schalldämmung, die für die erste Nachthälfte das
festgesetzte NAT-Niveau gewährleistet, zugleich erwarten lässt, dass für die Nacht
gemessen an dem insoweit zugrunde gelegten Kriterium 5 x 53 dB(A) innen
hinreichender Schutz besteht. Dies gilt umso mehr, als ab dem 1. November 2007
weitergehende Beschränkungen für Propellermaschinen mit einem MTOM über 9 t
verfügt worden sind.
232
Das Schutzziel der Vermeidung von Maximalpegeln über 55 dB(A) innen steht nicht in
Widerspruch zu der mit einer Anzahl an Ereignissen relativierten
Schutzzonenbestimmung. Nach der in der mündlichen Verhandlung erfolgten
Ergänzung der Auflage III.9.2 ist das Maximalpegelkriterium auch hier als NAT-
Kriterium zu verstehen; die Schallschutzvorrichtungen haben mithin zu gewährleisten,
dass nicht mehr als 8 Einzelschallpegel über 55 dB(A) zwischen 22.00 und 1.00 Uhr im
Rauminnern auftreten. Dabei mag dahinstehen, ob die Erklärung eine bloße
Klarstellung ist oder eine sachliche Änderung bringt. Denn sie begegnet keinem
schutzwürdigen Vertrauen der Kläger und führt in keinem Fall zu einer unzumutbaren
Belastung, weil sie der Umsetzung der Vorstellungen des lärmmedizinischen
Gutachtens dient, dem der Beklagte - wie gesagt - folgen durfte. Dass das relevante
Belastungsniveau von geschlossenen Fenstern ausgeht, ist dem Umstand geschuldet,
dass mit dem baulichen Schallschutz ausdrücklich zugleich eine ausreichende
Belüftung durch den Einbau schalldämmender Belüftungsanlagen einhergeht.
233
Dass das erklärte Schutzziel von 55 dB(A) innen bei unterstellter Dämmwirkung eines
spaltbreit geöffneten Fensters von 15 dB(A) um 1dB(A) unterhalb dessen liegt, was bei
der nach der Neuregelung im angefochtenen Bescheid zum unwiderleglich vermuteten
Erfordernis baulicher Schallschutzmaßnahmen führt, ist für die in der Nachtschutzzone
Angesiedelten begünstigend, führt aber auch nicht zu einer rechtlich relevanten
Inkongruenz gegenüber einzelnen Klägern außerhalb der Zone. Dabei mag
dahinstehen, ob sich bei der Berechnung einer Kontur nach 8 x 70 dB(A) außen, die
unter der oben genannten Prämisse dem Schutzziel entspricht, eine entscheidende
Flächenausdehnung ergeben würde. Denn jedenfalls spricht nichts für eine
nennenswerte und rechtlich relevante Belastung in einer - eher theoretisch zu
verstehenden - Randzone. Die Grenze der Zumutbarkeit, an die rechtlich unbedenklich
auch die bestehenden Ausgleichsansprüche geknüpft sind, ist nämlich nach der
allgemeinen Betrachtung in der Genehmigungsänderung grundsätzlich mit den Kriterien
8 x 56 dB(A) innen in der Zeit von 22.00 bis 1.00 Uhr bzw. 6 x 53 dB(A) innen für die Zeit
von 1.00 bis 6.00 Uhr umrissen - jeweils bezogen auf die sechs verkehrsreichsten
Monate. Die Einhaltung kann insofern auch im Grenzbereich als gewährleistet
angesehen werden. Wird dann in der Nachtschutzzone eine leicht erhöhte Qualität des
baulichen Schallschutzes zugesprochen, so ist dies angesichts der ohnehin nie punkt-
und zahlgenauen Dimensionierung des baulichen Schallschutzes auch fern jeder
Bedeutung unter dem Aspekt der Gleichbehandlung.
234
Das ebenfalls formulierte Schutzziel von Leq(3) = 35 dB(A) innen bezieht sich in
Anknüpfung an den Wortlaut der insoweit unverändert gebliebenen Regelung des
Bescheides auf die Gesamtnacht sowie ebenfalls auf den Zeitraum der sechs
verkehrsreichsten Monate eines Jahres. Dieses Verständnis - das auch die Beigeladene
nach ihren Äußerungen in der mündlichen Verhandlung teilt - entspricht nämlich der
offenbar gewollten Kongruenz zu der zugleich ausgewiesenen Nachtkontur, die in
sachgerechter Ergänzung der Nachtschutzzone die Frischluftzufuhr auch dort
gewährleisten soll, wo zur Wahrung zumutbarer Lärmverhältnisse im Schlafraum die
Fenster geschlossen bleiben müssen. Diese Nachtkontur wird nach einem gemäß
AzB99 berechneten Dauerschallpegel von Leq(3) = 50 dB(A) außen bestimmt und ist
auf die Gesamtnacht bezogen.
235
Mit der Wahl der unterschiedlichen Bezüge, einerseits die zwei Nachtscheiben (22.00
bis 1.00 Uhr und 1.00 - 6.00 Uhr) mit NAT-Kriterien als Anknüpfung für bauliche
236
Schallschutzmaßnahmen, andererseits die Gesamtnacht beim Dauerschallkriterium
innen - bzw. außen als Anknüpfung für auf Lüfter beschränkte Ansprüche - wird die
Nachtschutzregelung zwar recht komplex, leidet aber noch nicht an Unverständlichkeit
oder Widersprüchlichkeit. Dies gilt unabhängig davon, ob und in welchem Umfang die
Umhüllende der nach Dauerschall bestimmten Nachtkonturen gemäß der in der
Synopse bei einer Zweiteilung der Nacht vorgesehenen präventiven Richtwerte -
Leq(3,22-1 Uhr) = 50 dB(A) und Leq(3,1-6 Uhr) = 47 dB(A), jeweils außen - letztlich über
die gewählte Kontur Leq(3,22-6 Uhr) = 50 dB(A) außen hinausgehen würde. Denn bei
der Dauerschallbetrachtung im Rahmen der geteilten Nacht geht es um ein
Hilfskriterium, das zum anderweitig erfolgten Ausschluss von Maximalpegeln über 8 x
55 dB(A) innen hinzutritt und auf das Wiedereinschlafen - auch nach einem nicht
fluglärmbedingten Aufwachen - zielt. Auch kann die Zweiteilung der Nacht selbst bei
Vorliegen ihrer oben genannten Voraussetzungen hinsichtlich der Verkehrsverteilung
keinesfalls als unabweisbar für die Zumutbarkeitsbestimmung angesehen werden. Dies
belegen etwa die verabschiedeten Neuregelungen zum Fluglärmgesetz, die gestufte
Nachtschutzanforderungen gerade nicht vorsehen. Auch kann eingestellt werden, dass
der - wie bereits angeführt - höhere Schlafdruck in der ersten Nachthälfte sich auch bei
nicht fluglärmbedingtem Aufwachen in jener Zeit auswirkt. Unabhängig davon kann
unter den konkreten Umständen jedenfalls ausgeschlossen werden, dass
unzumutbaren nächtlichen Störungen nicht hinreichend begegnet wird, weil die Kontur
noch unter Einbeziehung von Propellermaschinen von mehr als 9 MTOM und einem
Bewegungsanteil für die Nacht von 7,5 % der Gesamtbewegungen festgelegt worden ist
und der Wert Leq(3, 22-6 Uhr) = 50 dB(A) über das Dauerschallkriterium hinausgeht,
das nach den verabschiedeten Neuregelungen des Fluglärmgesetzes für die
Gesamtnacht vorerst noch bei Leq(3) = 55 dB(A) außen liegt.
Der Umstand, dass es in Bezug auf den Anspruch innerhalb der Nachtkontur an einem
verlautbarten Lärmschutzziel fehlt, ist unschädlich. Aus dem Regelungszusammenhang
erschließt sich klar, dass die Belüftung (nur) einen Ausgleich dafür bieten soll, dass sich
das Schutzziel eines Dauerschallpegels von Leq(3) = 35 dB(A) innen bei
pauschalierender Betrachtung jenseits der NAT-Kurve 8 x 71 dB(A) voraussichtlich nur
bei geschlossenen Fenstern verwirklichen lässt.
237
8.4 Entsprechend dem Widerstand, der von vornherein gerade einer Erhöhung der Zahl
der zulässigen Landungen in der ersten Nachtstunde entgegengesetzt wurde, hat der
Beklagte den hier gegebenen besonderen Prüfungsbedarf gesehen und - vor allem in
seiner Ergänzenden Entscheidung - bewältigt. Dass seine Wertung zur Frage einer
Anerkennung des Interesses an der Ausdehnung des Verkehrs in dieser Zeit aus
Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist, wurde oben bereits gesagt. Dies entbindet
jedoch nicht von einer genauen Betrachtung der konkreten Situation in den einzelnen
Bereichen der Flughafenumgebung; mit dem allgemeinen Maßstab der Synopse und
seiner Anwendung darf es allein nicht sein Bewenden haben. Insbesondere war und ist
hier einzustellen, dass sich der für die erste Nachtstunde zur Koordinierung
zugelassene Verkehr auf Landungen beschränkt, die typischerweise über die gesamte
Stunde aus einer Richtung erfolgen. Dies birgt eindeutig die Gefahr in sich, dass in einer
an sich schutzbedürftigen Zeit in bestimmten räumlichen Bereichen eine Ballung von
lästig bis störend bemerkbaren Flugverkehrsvorgängen stattfindet, die so sonst nicht
festzustellen ist, weil ein Teil der zugelassenen und koordinierten Flugbewegungen die
auf der anderen Seite des Flughafens liegenden Bereiche belastet. Diesem Umstand
trägt die streitige Genehmigungsänderung, jedenfalls nach ihrer Neufassung durch die
Ergänzende Entscheidung, noch hinreichend Rechnung. Denn es ist zugrunde zu
238
legen, dass die eingeräumte Nutzung der ersten Nachstunde gemäß einem
Koordinierungseckwert von 33 planbaren Landungen - was merklich hinter dem
bestehenden Verkehrsinteresse zurückbleibt - jedenfalls nicht über einem
Belastungsszenario liegt, das auch im Tagesverlauf im Rahmen des Auf und Ab der
Aufteilung der Flugereignisse auf Starts und Landungen auftritt, und zwar auch und
gerade - wie vorliegende Unterlagen über die Verteilung zeigen - im Vergleich mit der
letzten Tagesstunde. Da auch hier schon die Landungen das Verkehrsgeschehen am
Flughafen dominieren, steht nicht zu erwarten, dass die erste Nachtrandstunde für
Anwohner im jeweiligen Anflugsektor zur lautesten Stunde unter Übertreffen des
Tagesgeschehens wird.
Mit der Festlegung der Zahl 33, die erheblich bzw. nennenswert hinter dem Antrag der
Beigeladenen und der ursprünglichen Fassung der Genehmigungsänderung
zurückbleibt und damit auch der Beigeladenen einen Beitrag zur Schaffung einer
vertretbaren Lösung abverlangt, hat der Beklagte noch gerade die besondere
Interessenlage beim Übergang von der letzten Tagesstunde zur ersten Nachtstunde
respektiert, d.h. vom "normalen" Tagesgeschehen zur Nachtruhe.
239
8.5 Der Beklagte hat eingestellt, dass es bei Wohngrundstücken mit der Betrachtung
von Aufenthalts- und Schlafräumen nicht sein Bewenden haben kann. Seine Bewertung
der Beeinträchtigung der Außenwohnbereiche und die getroffenen
Entschädigungsregelungen lassen keine Fehler zu Lasten der Kläger erkennen. Der
Beklagte hat sich im Rahmen der vorliegend strittigen Genehmigungsänderung nicht
damit begnügt, auf die bestehende bestandskräftige Entschädigungsregelung Bezug zu
nehmen. Vielmehr hat er sowohl im Hinblick auf die Frage der Voraussetzungen, unter
denen eine Entschädigung geleistet werden soll, als auch im Hinblick auf die Frage der
Höhe der Entschädigung - wie die Ausführungen Bl. 206ff der Genehmigung
unbeschadet ihrer Kürze und Bezugnahmen belegen - eine neue abwägende
Entscheidung getroffen. Dazu bestand auch hinreichender Anlass angesichts der
ohnehin hohen Lärmbelastung, der besonderen Lage des Flughafens inmitten
dichtbesiedeltem Gebiet sowie der Beaufschlagung der Umgebung mit weiteren
lärmrelevanten Fluglärmereignissen. Es war zumindest in hohem Maße sachgerecht,
die Frage aufzugreifen, ob für bereits Ausgleichsanspruchsberechtigte und neu
Hinzutretende an der bisherigen Regelung festgehalten werden kann.
240
Die Grenze der Entschädigungszone wie schon nach der bisherigen
Genehmigungslage durch ein nach AzB99 berechnetes Gebiet eines äquivalenten
Dauerschallpegels von mindestens Leq(3) = 65 dB(A) zu bestimmen, ist nicht
unvertretbar. Die Entschädigungsleistungen sollen die empfundenen nachteiligen
Auswirkungen des Vorhabens abmildern. Ebenso wie die "Vorkehrungen und Anlagen"
im Sinne von § 9 Abs. 2 LuftVG, § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG nur verlangt werden können,
wenn und soweit die Lärmbelastungen das Maß des Zumutbaren übersteigen, dient die
Entschädigung nur dazu, die aus einem auch dem öffentlichen Interesse dienenden
Verkehr resultierenden unvermeidbaren Nachteile so abzufedern, dass sie zumutbar
werden. Die vorliegend gezogene Grenze, wird den Verhältnissen der Umgebung des
Flughafens der Beigeladenen und den klägerischen Grundstücken weiterhin gerecht,
zumal von einer jahrelang bestehenden und die Grundstücksverhältnisse mitprägenden
Belastungssituation auszugehen ist.
241
Vgl. zu den Kriterien: BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1991 - 4 C 51.89-, BVerwGE 87,
332; OVG NRW, Urteil vom 13. Dezember 2005 - 20 D 19/03.AK -.
242
Die Genehmigung bleibt insbesondere nicht hinter der erstrebten Wirkung zurück, die in
diesem Zusammenhang als maßgeblich erachtet und verlautbart worden ist.
243
Vgl. zu einem solchen Fall: BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 4 C 1075.04 -, a.a.O.
244
Die Regelung knüpft an den in der Synopse als kritischer Toleranzwert zur Vermeidung
erheblicher Belästigungen ausgewiesenen Wert an, wobei zutreffend davon
ausgegangen wird, dass im Außenwohnbereich eine höhere Lärmerwartung als in
Aufenthaltsräumen besteht. Die Entschädigungsregelung ist nicht von der Vorstellung
getragen, dass auf den Grundstücken außen in vergleichbarer Weise wie für den
Innenwohnbereich Kommunikationsstörungen regelmäßig ausgeschlossen sein sollen.
Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern. Die Unterschiede, die beide Bereiche sowohl
im Hinblick auf Art und Umfang der Nutzung als auch im Hinblick auf die Lärmerwartung
aufweisen, rechtfertigen es, für die Bewertung, welche Lärmeinwirkungen unzumutbar
sind, unterschiedlich vorzugehen. Dabei geht es auch an, in Bezug auf das Schutzziel
Kommunikation weiter reichende Duldungspflichten anzunehmen, also nicht den
präventiven Richtwert zur Vermeidung erheblicher Belästigung von Leq(3) = 62 dB(A)
heranzuziehen. Dass dieser Wert in der Synopse zugleich als kritischer Toleranzwert
zur Vermeidung von Kommunikationsstörungen außen genannt ist, führt trotz des
Gewichtes, das der Senat der Synopse gibt, nicht zum Schluss auf einen Fehlgriff des
Beklagten. Die langjährige Entwicklung des Nachbarschaftsverhältnisses, der relativ
geringe Zuwachs an Lärm aus Anlass der vorliegenden Genehmigungsänderung, der
beachtliche Abstand zu Lärmeinwirkungen, die bei üblicher Nutzung des
Außenwohnbereichs extraaurale Gesundheitsschäden befürchten lassen könnten, und
die allgemeinen Wertungen, wie sie in den Neuregelungen des Fluglärmgesetzes mit
einer Lärmkontur von Leq(3) = 65 dB(A) und in den Ausführungen des
Umweltgutachtens 2004 des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen (SRU),
245
BT-Drs. 15/3600, S. 335,
246
zum Ausdruck kommen, tragen die Abweichung. Der Wert von Leq(3) = 65 dB(A) stellt
nach den Aussagen des SRU ein Nahziel für den vorbeugenden Gesundheitsschutz
und den Schutz vor erheblichen Belästigungen dar, der erst mittelfristig durch 62 dB(A)
als Präventionswert und 55 dB(A) als Vorsorgezielwert ersetzt werden sollte.
247
Der Beklagte hat den ihm eingeräumten planerischen Gestaltungsspielraum auch im
Hinblick auf die Festsetzung der Höhe der Entschädigung nicht überschritten.
248
Vgl. insoweit auch Urteil des Senats vom 13. Juli 2006 - 20 D 87/05.AK. u.a. -.
249
Bei der Entschädigung handelt es sich um ein Surrogat für Maßnahmen des passiven
oder aktiven Schallschutzes bei unzumutbaren Beeinträchtigungen der Nutzung des
Außenwohnbereichs, wenn und soweit jene untunlich oder - wie hier etwa in Bezug auf
weitergehende Bewegungsbeschränkungen - mit dem Vorhaben nicht vereinbar sind.
Mit der Entschädigung soll seitens der Beklagten anerkannt und der Beigeladenen in
Form einer Belastung vor Augen geführt werden, dass die Eigentümer der betroffenen
Grundstücke Einbußen bei der Nutzung der Außenwohnbereiche hinzunehmen haben.
In dieser Anerkennung und Klärung der besonderen Nachbarschaftssituation liegt
neben der Geldleistung selbst ein wesentlicher Faktor für die von der Umgebung
erwartete bzw. ihr abverlangte, mit der Zumutbarkeit einhergehende Akzeptanz des
250
Lärmgeschehens. Daran gemessen findet sich eine überzeugende Ableitung von
Bezugspunkten sowie der Größenordnung nicht und verdient jede im weiteren Sinne auf
die Bedeutung des konkreten Wohngrundstücks bezogene und unter Einhaltung des
Gleichheitsgesichtspunktes zu einer substantiellen Leistung führende Lösung
Anerkennung. Das ist bei der gewählten Anknüpfung an den Verkehrswert des
jeweiligen Grundstücks und einem gewählten Anteil von 2 % der Fall. Die anteilige
Entschädigung nach dem Verkehrswert, wie sie der Beklagte vorsieht, ist in der
Rechtsprechung bereits akzeptiert.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 1998 - 11 A 1.97 -, BVerwGE 107, 313, und vom
29. Januar 1991 - 4 C 51.89 -, a.a.O.; OVG NRW, Urteil vom 10. Dezember 2004 - 20 D
134/00.AK u. a. -, a.a.O.
251
Auch dürfte sich der vorgesehene prozentuale Anteil im Bereich der Abschläge
bewegen, die im Verfahren zur steuerlichen Bewertung von Grundstücken nach dem
Ertragsverfahren (§§ 78 ff BewG) für starken Fluglärm in Rede stehen.
252
Vgl. dazu: BFH, Urteil vom 4. August 1983 - III R 79/81u.a. -, BFHE 139, 210;
Viskorf/Glier/Knobel, BewG, 4. Auflage, § 82 Rdn. 3; Kreutzinger/Lindberg/Schaffner,
BewG, § 82 Rdn. 3; Schlepp, DStZ 1993, 759.
253
9. Die Umsetzung des Schutzkonzeptes durch den Beklagten gewährleistet hinreichend
dessen Effektivität. Mehr als die Begründung von Ansprüchen gegen die Beigeladene
und die durch Schutzzonen gebotene Nachweiserleichterung brauchte er nicht zu
verfügen, um den angestrebten Schutz wirksam werden zu lassen.
254
Mit der erkennbaren Zielfestlegung, den zeitlichen Komponenten und der Gliederung
von baulichem Schallschutz, Belüftungsanlagen und Außenbereichsentschädigung hat
der Beklagte die Anspruchsvoraussetzungen und den Anspruchsumfang vorgegeben;
der Anspruchsgegner ist ohnehin klar benannt. Dass sich die Anspruchsberechtigung
vorrangig und maßgeblich davon ableitet, dass zumutbare Verhältnisse nicht ohne
Abhilfe und Ausgleich zu gewährleisten sind, kommt in der Genehmigungsänderung
zwar nicht klar zum Ausdruck - wird insbesondere durch die punktuellen Hinweise auf
die Möglichkeit des Einzelnachweises eher vernebelt -, entspricht aber einer Auslegung
anhand des Ziels der Sicherstellung des Ausschlusses unzumutbarer Belastungen und
vor allem auch dem in der Verhandlung vor dem Senat vom Beklagten und von der
Beigeladenen übereinstimmend bekundeten Verständnis. Daher ist festzuhalten, dass
unabhängig von einer entsprechenden Formulierung im angefochtenen Bescheid die
Lage eines Grundstücks außerhalb bestimmter, in den Karten, die zum Bescheid
gehören, verzeichneter Zonen nicht zum absoluten Ausschluss von Ansprüchen führt,
die den Zonen zugeordnet sind. Die Bedeutung der berechneten und dargestellten
Zonen ist in einer Beweiserleichterung für die Betroffenen zu sehen. Der Beklagte hat
zutreffend erkannt, dass ein Interessenausgleich zur Sicherstellung des Zumutbaren
auch die faktische Realisierung der ausgleichsrelevanten Schritte erfordert und die
Feststellung einer Verfehlung des Schutzzieles durch die jeweiligen
Anspruchberechtigten erheblichen Schwierigkeiten begegnet; diese haben ihren Grund
insbesondere in der weithin nur im Wege der Berechnung festzustellenden
Belastungssituation über den zugrunde gelegten Zeitraum der sechs verkehrsreichsten
Monate eines Jahres. Der vom Beklagten gewählte Weg der Festlegung von Bereichen
der unwiderleglichen Vermutung des Erfordernisses von Abhilfemaßnahmen ist
zweifelsfrei in hohem Grade tauglich, um, wenn nicht alle - wie der Beklagte meint -, so
255
jedenfalls den ganz eindeutig überwiegenden Teil der Eigentümer der in Betracht
kommenden Grundstücke im Umgebungsbereich des Flughafens von einer konkreten
Nachweispflicht freizustellen. Die Berechnung der Zonen hat neben der oben erörterten
Funktion, dem Beklagten ein Bild von der zu bewältigenden Lärmproblematik zu
verschaffen, hier ihre weitere wichtige Aufgabe. In dieser letztgenannten Funktion geht
es um eine wesentliche und notwendige Hilfestellung im Rahmen der Problemlösung,
so dass hier die Grundentscheidung des Beklagten, trotz des zu besorgenden Lärms die
Betriebsgenehmigung zu ändern, nicht mehr in Frage steht. Dies ist bei einer
Entscheidung über die Folgen eventueller Mängel in der Zonenbestimmung zu
berücksichtigen. Ferner ist in diesem Zusammenhang auch zu sehen, dass - wie gesagt
- die Lage eines Grundstückes außerhalb einer Zone nicht von vornherein die
Anerkennung der Notwendigkeit von Abhilfemaßnahmen ausschließt, sondern nur
einen gesonderten Nachweis verlangt. Das relativiert eventuelle Mängel auch in ihrer
Bedeutung für einzelne Betroffene erheblich und macht es entbehrlich, die Aussagen zu
den Zonen punktgenau zu überprüfen. Die Zonenberechnung muss nur für die
Regelfälle tauglich und verlässlich sein, wobei auch Reserven durch auf der sicheren
Seite liegende Annahmen einzustellen sind. In diesem Sinne ist die Berechnung der
Lärmschutzzonen auch in Hinblick auf deren Bedeutung für die Durchsetzung von
Ansprüchen nicht zu beanstanden.
Die Dimensionierung der jeweiligen Schutzzonen weist - wie sich schon aus den oben
stehenden Ausführungen zu den Grundlagen der Lärmbetrachtung erschließt - keine
relevanten Defizite zu Lasten der Kläger auf. Der Schluss, dass bei - in Grenzen -
pauschalierender Betrachtung außerhalb der jeweiligen Zonen keine Verhältnisse
auftreten werden, die gemessen an den Schutzvorstellungen passiven Schallschutz
oder eine Entschädigungsleistung fordern, ist gerechtfertigt. Die aufgezeigten Grenzen
der Berechnungsmethodik stehen - da systemimmanent und nicht vermeidbar - wie
ausgeführt nicht entgegen; Anlass für einen allgemeinen Aufschlag besteht deshalb
allerdings nicht, da nach der Ausführungen des Sachverständigen Dr. J1. insofern eine
Eingrenzung auf relevante Besonderheiten möglich ist. Den bei Erlass des Bescheides
erkannten Unsicherheiten in der Prognose des Umfangs der Belegung der Bahnen nach
der neuen stundenmäßigen Begrenzung der Mitbenutzung der Parallelbahn ist der
Beklagte vertretbar durch die Verpflichtung zur Nachberechung der Tagschutz- und
Entschädigungszone begegnet; dabei spricht auch nichts dagegen, dass schon eine
erste volle Flugplanperiode nach der Neuregelung verbindliche Daten geben sollte, da
so eine kurzfristige Befriedigung eventuellen Änderungsbedarfs abgesichert wurde.
Bedenklich erscheint auf den ersten Blick freilich die fehlende Anpassung des
Bewegungsanteils, der innerhalb der gesamte Bewegungszahl von 131.000 auf den
Tagbetrieb entfällt, gemäß den - nach der Erstellung der Gutachten - verfügten
Einschränkungen beim nächtlichen Flugverkehr. Näher betrachtet bewegt sich die
Veränderung jedoch in einer in diesem Zusammenhang zu vernachlässigenden
Größenordnung. Was mit einem Prozentsatz ausgedrückt bezogen auf den Nachtanteil
eine nennenswerte Änderung bedeuten mag, geht angesichts des insgesamt geringen
Nachtverkehrs bezogen auf den Zuwachs beim Tagverkehr letztlich in den einer
Prognose ohnehin immanenten Unsicherheiten unter, deretwegen die
Berechnungsmethode - wie Dr. J1. bestätigt hat - an vielen Stellen mit Zuschlägen
arbeitet.
256
9.1 Zur Wahrung der Interessen derjenigen Eigentümer, deren Grundstücke in
Bereichen liegen, für die die Methodik an Grenzen stößt, oder die im Bereich von
Randunschärfen der ausgewiesenen Zonen liegen, brauchte der Beklagte keine
257
weitergehenden gesonderten Regelungen zu treffen. Die Möglichkeit, jenseits der
Vermutungsregel, die durch die Schutzgebietsausweisung begründet wird, gegenüber
der Beigeladenen Ansprüche geltend zu machen, wenn nach den tatsächlichen
Verhältnisse gemessen an den Schutzvorstellungen der Nebenbestimmungen in der
neu gefassten Betriebsgenehmigung Bedarf besteht, ist ein ausreichender, zumutbarer
Weg, den der Beklagte - auch im Hinblick auf das Verständnis der Beigeladenen - nicht
weiter regeln musste. Entsprechend allgemeinen Grundsätzen obliegt die Darlegung
von Anspruchsvoraussetzungen auch hier zunächst den jeweiligen Anspruchstellern.
Sie haben - unter Berücksichtigung auch der Stichtagsregelungen und der
Anrechungsvorgaben - den - allerdings mit eigenem Kostenrisiko verbundenen -
Nachweis zu führen, dass die Lärmbelastung, welcher ihre Grundstücke ausgesetzt
sind, den in den Schutzgebietsausweisungen zum Ausdruck gelangten
Zielvorstellungen nicht (mehr) entspricht. Nach dem in der mündlichen Verhandlung
geäußerten Verständnis der Beigeladenen - auch schon zur bisherigen
Genehmigungslage - geht sie mit der Folge einer wesentlichen Erleichterung für die
möglicherweise Betroffenen nach entsprechendem Hinweis jedoch Einzelfällen selbst
nach, wenn etwa bauliche Besonderheiten der jeweiligen Wohnhäuser geltend gemacht
werden oder bekanntermaßen in den Berechnungen nicht zuverlässig zu erfassende
Situationen - wie oben zu F. -L1. angesprochen - vorliegen. Diese Sichtweise der
Beigeladenen ist aus Rechtsgründen auch notwendig, da vor dem Hintergrund der
Vorteile einer unwiderleglichen Vermutung in den Zonen für Grenzfälle, die als solche
erkannt und überzeugend dargetan werden, schon von einer hinreichenden Vermutung
auszugehen ist, die wohl noch nicht zu einer vollen Beweislastumkehr, aber doch zu
einer Mitwirkung der Beigeladenen an der Aufklärung des Sachverhalts auf der
Grundlage des ihr zur Verfügung stehenden Materials und ihrer Kenntnis führt.
Nach alldem bedarf es im vorliegenden Verfahren der Überprüfung der Änderung der
Betriebsgenehmigung auch keiner weiteren Aufklärung der insbesondere im Verfahren
zu 9. aufgeworfenen Frage der Pegeldifferenz zwischen den Lärmereignissen, die auf
die von der Beigeladenen betriebene Messstelle 8 einwirken, und denjenigen, die das
Grundstück der dortigen Kläger betreffen.
258
9.2 In der angefochtenen Genehmigungsänderung bedurfte es auch sonst keiner
weiteren Konkretisierungen der Schritte zur Herbeiführung zumutbarer Verhältnisse.
Insbesondere vermissen einzelne Kläger zu Unrecht eine Regelung der technischen
Anforderungen an die baulichen Schallschutzmaßnahmen und die
Belüftungseinrichtungen. Ebenso wenig wie ein Planfeststellungsbeschluss muss auch
eine betriebliche Regelung zum passiven Schallschutz jedes Detail regeln, wenn und
soweit nach dem Stand der Technik für die zu bewältigenden und - wie hier - durch die
Zielbestimmung hinreichend bezeichneten Problemstellungen geeignete Lösungen zur
Verfügung stehen.
259
Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 2006 - 4 A 2001.06 -, a.a.O.
260
Dagegen bestehen hier keine Bedenken. Unstimmigkeiten zwischen der Beigeladenen
und einzelnen Betroffenen können zwischen diesen - gegebenenfalls auch gerichtlich -
ausgeräumt werden. Allenfalls wenn sich in weitem Umfang gravierende
Unzulänglichkeiten ergeben, kann für den Beklagten Anlass bestehen, die Ansprüche
schon in der Betriebsgenehmigung näher auszugestalten. Im übrigen kann er davon
ausgehen, dass die unmittelbar Beteiligten sich wie in jedem Nachbarschaftsverhältnis
auf gleicher Ebene begegnen und ihre Interessen wahren können. Eklatante Probleme
261
sind im Übrigen dem Gericht nicht verdeutlicht worden. Neben spezifischen
Einzelproblemen ist lediglich der Zeitfaktor der Abwicklung wiederholt beanstandet
worden, ohne dass darin freilich ein über aktuelle Überlastung hinausgehender
Übelstand zu sehen ist. Angesichts der langjährigen Entwicklung ist es auch nicht
unzumutbar, sich mit der Abhilfe eine überschaubare Zeit zu gedulden, zumal die jetzt
zugelassene Gesamtbewegungszahl auch nicht schlagartig voll ausgenutzt werden
dürfte. Daher ist auch nichts dagegen einzuwenden, dass der Beklagte keinen zeitlichen
Vorrang der Herstellung erforderlichen Schallschutzes bzw. der Abwicklung von
Aufwendungs- und Entschädigungsansprüchen vor der Ausnutzung der
Genehmigungsänderung verfügt hat. Es ist nicht ersichtlich, dass es einem der
betroffenen Kläger insoweit unzumutbar sein sollte, mögliche Verzögerungen, was
insbesondere die finanzielle Abwicklung angeht, hinzunehmen. Dies vor allem, weil die
Kläger im kritischsten Lärmbereich ohnehin bereits auf der Grundlage der bisherigen
Genehmigungslage Lärmschutzmaßnahmen verwirklicht haben; Streitigkeiten darüber,
ob diese ausreichen, stellen keinen zwingenden Anlass dar, die Ausnutzung der
Genehmigung von der vorherigen Befriedigung der begründeten Ansprüche auf
passiven Schallschutz abhängig zu machen, was selbst nach den beabsichtigten
Neuregelungen des Fluglärmgesetzes nicht etwa vorgesehen ist.
9.3 Die Beschränkung der Ausgleichs- sowie - beschränkt auf den Tagschutz - der
Erstattungsansprüche auf Grundstücke, auf denen vor dem 4. März 1974 Wohngebäude
errichtet waren bzw. für die eine entsprechende Bebauung genehmigt war, schließt an
Bisheriges an und ist unbedenklich. Sie knüpft an den Zeitpunkt des Erlasses der
Verordnung über die Festsetzung des Lärmschutzbereichs für den Verkehrsflughafen
Düsseldorf vom 4. März 1974 (BGBl. I 657) an, ab dem spätestens in den Dispositionen
hinsichtlich des Wohnbereichs die Nachbarschaft zu einem erheblichen Lärm
veranlassenden Flughafen zu berücksichtigen war. Soweit sie klägerische Grundstücke
erfasst, liegen die Tagschutzzone und Entschädigungszone vollständig innerhalb der
Schutzzone 2 mit einer Lärmerwartung über die sechs verkehrsreichsten Monate von
Leq(4) = 67 dB(A). Sie unterlagen gemäß § 6 i.V.m. § 7 des bisherigen
Fluglärmgesetzes in Bezug auf den erforderlichen Schallschutz weitergehenden
baulichen Beschränkungen. Die anliegenden Grundstückseigentümer mussten auch mit
einer schutzbereichsgemäßen Fluglärmentwicklung rechnen und sich bei der Nutzung
ihrer Grundstücke hierauf einstellen.
262
Auch was die Anrechnungsregelungen angeht, sind Defizite zu Lasten derjenigen
Kläger, die bereits nach der bisherigen Genehmigungslage anspruchsberechtigt waren,
nicht festzustellen. Insbesondere musste der Beklagte die in der Vergangenheit
aufgekommenen - von der Frage der streitigen betrieblichen Erweiterung unabhängigen
- Probleme bei der Frage der Erneuerung vorhandener Schallschutzanlagen aus Anlass
der vorliegenden Genehmigung nicht weiter aufgreifen als dies im Rahmen der
Anrechnungsregelungen geschehen ist. Der Ausgangspunkt des Beklagten, dass mit
den Ausgleichsansprüchen die Anspruchsberechtigten nur in den Stand versetzt
werden sollten, als hätten sie die vom Flughafen ausgehenden Emissionen bereits beim
Bau ihres Wohnhauses und der Dimensionierung von dessen Dämmmaß hinreichend
berücksichtigt, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Von diesem Ansatz her erschließt sich
auch, dass die Beklagte auf die Begründung von Ansprüchen auf Ausgleich von
Instandsetzungsmaßnahmen für bereits erstattete Schallschutzmaßnahmen verzichtet
hat.
263
9.4 Dass in dem Schutzsystem, das der Beklagte für die Wohnnachbarschaft entwickelt
264
hat, auf besondere persönliche Schutzbedürftigkeiten gegenüber Lärm, wie etwa wegen
Erkrankung, nicht eingegangen wird, ergibt - auch soweit zugleich geltend gemacht
wird, dass die Empfindlichkeit auf die jahrelangen Belastungen durch Fluglärm
zurückzuführen sei - keinen rechtserheblichen Mangel. Der Beklagte durfte es
entsprechend den allgemeinen Grundsätzen in der Regelung weitgreifender
raumbezogener Vorhaben bei einer objektiven grundstücksbezogenen Betrachtung
unter Einbeziehung der allgemeinen typischen Lebensgewohnheiten und der damit
verbundenen Bedürfnisse belassen und Besonderheiten in der Person des jeweiligen
Eigentümers oder Nutzers der individuellen Gestaltung der Lebensumstände
zuzuweisen.
Vergleichbares gilt für sonstige Besonderheiten, etwa eine vom durchschnittlichen Maß
abweichende Bausubstanz, wie sie im Verfahren zu 8. mit den das Lärmgeschehen
übersteigenden angeführten Belastungen wohl in Rede steht. Was der Nachbarschaft
bei einer Anlage mit weitreichenden Emissionen an Beeinträchtigung zugemutet
werden kann, bestimmt sich nämlich - auch in angemessener Risikoverteilung - anhand
eines typisierenden und generalisierenden Maßstabes.
265
10. Die gutachterlichen Aussagen zur Lärmentwicklung und Lärmwirkung erlauben auch
eine verlässliche Aussage zur Frage drohender Beeinträchtigungen bei anderen
Objekten als Wohngebäuden. Fehlgewichtungen zu Lasten der insoweit in Betracht zu
ziehenden Klägerinnen zu 1. bis 6. liegen nicht vor, auch nicht für ausdrücklich
angesprochenen Einrichtungen, soweit diese nicht schon ausscheiden, weil sie nicht in
eigener Trägerschaft stehen (vgl. insbes. die Klägerin zu 3.).
266
Im Weiteren geht es im Kern allein um Taglärm. Denn die von den Klägerinnen zu 1. bis
6. im Besonderen aufgezählten öffentlichen Einrichtungen sind solche, die allein über
Tage, d. h. bis maximal 22.00 Uhr, genutzt werden. Die hierauf bezogenen Interessen
hat der Beklagte ohne Abwägungsfehler als gegenüber den angeführten für das
Vorhaben sprechenden Belangen nachrangig eingestuft. Spezifische betriebliche
Regelungen oder sonstige Maßnahmen waren insoweit nicht erforderlich.
267
10.1 Einer ausdrücklichen Aufstellung von besonderen Schutzzielen namentlich für
Schulen, Kindergärten und vergleichbare Einrichtungen im regelnden Teil der
Genehmigung, wie sie für private Wohnbebauung erfolgt ist, bedurfte es nicht. Die
maßgeblichen Ausgangspunkte für den Verzicht erschließen sich ohne weiteres aus der
Begründung der Genehmigung und sind tragfähig. Der Beklagte folgt den
Empfehlungen des lärmmedizinischen Gutachtens und den in der Synopse aufgeführten
Werten von Leq(3) = 36 dB(A) als Innenwert etwa für Kindergärten und Leq(3) = 40
dB(A) für Schulen. Ein ergänzendes Maximalpegelkriterium war für Kindergärten und
Schulen schon deshalb nicht erforderlich, weil die lärmmedizinischen Gutachter
einleuchtend darauf verwiesen haben, dass im Rauminneren die situativen und die
individuellen Einflussfaktoren die Einhaltung eines solchen Wertes nur sehr schwer
zulassen. Prof. Dr. T1. hat dies in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar unter
Verweis auf entsprechende Untersuchungen der Belastungen von Lehrern und
Erzieherinnen im Einzelnen vertieft. Dass der Beklagte nur einzelne der hier erörterten
Einrichtungen gesondert in den Blick genommen und nur für einzelne Kindergärten
gesonderte Regelungen getroffen hat, ist schlüssig, weil diese nach den
vorgenommenen Berechnungen unter Einbeziehung der Aussagen der
lärmmedizinischen Gutachter als kritisch bewertet werden konnten; die Vergleichbarkeit
anderer Einrichtungen ist klägerseitig nicht konkret aufgezeigt.
268
Das Gericht hält es für vertretbar, dass der Beklagte bei seiner Einschätzung der
Zumutbarkeit in Abwägung mit der Bedeutung, die er dem erweiterten Flugbetrieb
gegeben hat und geben durfte, von geschlossenen Fenstern ausgegangen ist.
Dauerhaft geöffnete Fenster sind - auch nach den Aussagen der lärmmedizinischen
Gutachter - für das Unterrichten in Schulen sowie das Spielen in Kindergärten und
Tagesstätten ebenso wenig notwendig, wie ständig geöffnete Fenster zwingend zur
angemessenen Wohnnutzung von Aufenthaltsräumen gehören - und für die
überwiegende Zeit des Jahres bei ökologisch und ökonomisch bestimmtem Handeln
realitätsnah wären. Stoßlüften ist auch hier geeignet, eine angemessene
Frischluftzufuhr sicherzustellen. Der Senat hat auch gegen die Wertung, dass dies nicht
nur bei einem Schulablauf mit regelmäßigen Pausen und der Beschränkung des Lüftens
auf diese Zeiten gilt, sondern auch bei - im Übrigen nicht den typischen Schulalltag
prägenden - länger dauernden Veranstaltungen wie schriftlichen Übungs- und
Prüfungsarbeiten, schon deshalb keine Bedenken, weil auch ohne einen Flugverkehr,
der ein Schließen der Fenster veranlasst, bei teilgeöffneten Fenstern mit deutlichen
Störungen gerechnet werden muss.
269
Hiervon ausgehend deutet nach den gutachterlichen Aussagen zur Lärmentwicklung
nichts darauf hin, dass für eine der von den Klägerinnen angeführten Schulen,
Kindergärten, Kindertagesstätten oder vergleichbaren Einrichtungen Lärmbelastungen
zu erwarten stehen, die Maßnahmen erforderlich machen, um die nach dem
lärmmedizinischen Gutachten angeführten, mit der Synopse übereinstimmenden Werte
einzuhalten. Dabei dürfen vorhandene bauliche Lärmschutzvorkehrungen einbezogen
werden, wie etwa bei der von der Klägerin zu 5. betriebenen Schule. Für einen Teil der
angeführten Einrichtungen, insbesondere für die von den Klägerinnen zu 3. und 4.
angegebenen, lassen sich die angenommenen Regelwerte - ausgehend von 15 dB(A)
als dem mittleren Dämmwert eines teiloffenen Fensters - schon bei halb geöffneten
Fenster einhalten. Besonderheiten, die ausnahmsweise eine andere Bewertung
angezeigt erscheinen ließen, stehen für keine der angeführten Einrichtungen in Rede.
Eine wesentliche, Ausgleichsmaßnahmen erfordernde Beeinträchtigung der Nutzung
von gegebenenfalls vorhandenen Außenbereichen der genannten Einrichtungen durfte
der Beklagte angesichts der in Rede stehenden Lärmbelastung ausschließen, zumal
diese Nutzung ohnehin ihrerseits mit beträchtlicher Lärmentwicklung einhergeht.
270
10.2 Von den Krankenhäusern und Heimen hat der Beklagte nur diejenigen im
angefochtenen Bescheid bedacht, die nach den vorgenommenen Berechnungen unter
Einbeziehung der Aussagen der lärmmedizinischen Gutachter möglicherweise kritisch
erschienen. Dass er hierbei Rechte von klagenden Kommunen verletzt haben könnte,
weil weitere Einrichtungen hätten eingestellt oder weitergreifende Abhilfemaßnahmen
hätten verfügt werden müssen, ist nicht festzustellen. Vielmehr ergibt sich - auch für die
von der Klägerin zu 5. angeführten Altentagesstätten -, dass ausgehend von den
gutachterlichen Aussagen zur Lärmentwicklung die Einhaltung (selbst) des nach der
Synopse empfohlenen Innenwertes für Altenheime zu erwarten ist.
271
10.3 Verwaltungsgebäude, wie sie vor allem die Klägerin zu 2. benennt, sind von dem
Beklagten nicht ausdrücklich weiter in den Blick genommen worden; klägerische
Belange sind dadurch aber nicht unzulässig vernachlässigt geblieben. Soweit die
Nutzung von solchen Einrichtungen innerhalb des Tagschutzgebietes dem Wohnen
gleich zu achten ist, kann aufgrund der Auflage III.9.1 der Betriebsgenehmigung in der
geänderten Fassung - wie vom Beklagten und der Beigeladenen in der mündlichen
272
Verhandlung ausdrücklich als ihr Verständnis bestätigt - Aufwendungsersatz für
baulichen Schallschutz beansprucht werden; sind sie danach ohnehin bereits wie
Wohnungsgrundstücke geschützt, bedurfte es keiner weiteren ausdrücklichen
Regelung.
Vgl. zur bisherigen Genehmigungslage: OVG NRW, Urteil vom 10. Dezember 2004 - 20
D 134/00.AK u.a. -, a.a.O.
273
Im Übrigen war für der Verwaltung dienende Gebäude unter
Zumutbarkeitsgesichtspunkten nichts erforderlich oder abwägend zu problematisieren.
Dass die Arbeitsstättenverordnung, die im Hinblick auf die Lärmbelastung innerhalb
kommunaler Verwaltungsgebäude für die dort Bediensteten gilt, eine weitergehende
Begrenzung fordert, die Klägerinnen also ohne Abhilfemaßnahmen ihrer Schutzpflicht
nicht genügen könnten, ist nicht aufgezeigt. Das gilt auch für die Frischluftzufuhr und
den Verweis auf gelegentliches Stoßlüften. Das zugrundegelegt spricht nichts dafür,
dass innerhalb der benannten Verwaltungsgebäude - zumal unter Einbeziehung von
bereits vorhandenem baulichen Schallschutz - durch die betriebliche Erweiterung
kritische Werte auftreten könnten, die eine weitergehende ausdrückliche Abwägung der
Lärmbetroffenheit erforderten. Eine schützenswerte Außenbereichsnutzung steht für
dieserart Gebäude ohnehin nicht in Rede; mit einer insoweit kritischen
Lärmbeaufschlagung ist auch für keines der angeführten Gebäude zu rechnen.
274
11. Ein zu Lasten der Kläger relevanter Mangel in der Ausgestaltung der von der
Beigeladenen beantragten Betriebserweiterung ergibt sich schließlich auch nicht aus
der Regelung einer möglichen Erhöhung der Slotzahl für die Stunden, in denen
zunächst nur 40 Slots koordiniert werden dürfen. Der geforderte Nachweis, dass die
Kapazität der Hauptbahn ausreicht, auch bei bis zu 5 zusätzlichen Flugbewegungen
unter den gegebenen Rahmenbedingungen Verkehrsüberhänge abzuwickeln, die
aufgrund nicht planbarer exogener verkehrsbedingter Parameter auftreten, stellt eine im
Rahmen einer luftverkehrsrechtlichen Genehmigung ohne weiteres zulässige
Bedingung dar. Abwägungsfehler zu Lasten der Kläger sind dabei nicht unterlaufen.
Maßgeblich ist, dass der Beklagte der Lärmbetrachtung die zugelassene Gesamtzahl an
Flugbewegungen - 131.000 - zugrunde gelegt hat, die auch bei Zulassung von 45 Slots
in den Betriebstunden tagsüber, in denen die Parallelbahn nicht mitgenutzt wird,
unverändert bleibt. Von der Bedingung hängen also nicht zusätzliche und noch nicht
abgewogene Lärmschutzbelange ab. Bei dieser Sachlage konnte die Entscheidung
schon im angefochtenen Bescheid und ohne Vorbehalt einer gesonderten Abwägung in
einem Änderungsverfahren erfolgen. Es ist auch sonst nicht ersichtlich, welche
weitergehenden Klägerbelange durch die künftige Erhöhung der Stundenkapazität, die
allenfalls zu Verschiebungen innerhalb des - aber ohnehin überwiegend der Bewertung
über längerer Zeiträume unterworfenen - Luftverkehrs führen wird, nachhaltig betroffen
sein könnten oder was eine erneute Beteiligung der Klägerinnen zu 1. bis 6. als Träger
öffentlicher Belange erfordern sollte. Insbesondere ergibt sich für die Klägerin zu 5. aus
dem Angerland-Vergleich auch hier keine Besonderheit; entscheidend ist in diesem
Zusammenhang, dass die Regelung der Mitbenutzung der Parallelbahn auch im Fall
der Erweiterung auf 45 Slots für die Hauptbahn bestehen bleibt.
275
Im Übrigen ist die Möglichkeit einer Nutzungserweiterung in einem Rahmen
abgesichert, der es vertretbar erscheinen lässt, die Zulassungsentscheidung dem
Grunde nach schon jetzt zu treffen. Dazu ist auf die vorgelegten Kapazitätsgutachten
und die vom Beklagten eingeholten weiteren gutachterlichen Stellungnahmen zu
276
verweisen. Die Ermittlung der praktischen Kapazität unter Verwendung von
Ergebnissen der durchgeführten Tower-Simulation TOSIM, wie sie die GfL im Oktober
2004 vorgenommen hat, ist auch nach der Stellungnahme der B1. vom 4. November
2005 ein durchaus gangbarer Weg. Die Validität der von der GfL angegebenen Werte
hängt danach von den Verfahren und Möglichkeiten der Flugsicherung unter den
Düsseldorfer Randbedingungen ab. Die Bedenken, welche sich zunächst im Hinblick
auf mögliche Wettereinflüsse ergeben haben, sind im Verlaufe des Verfahrens letztlich
geklärt worden. Hier sind die Aussagen von DFS und DWD maßgebend, dass sich
keinerlei Einfluss auf den betrieblichen Ablauf bis 2000 m Flugsicht und 550ft
Wolkenuntergrenze ergibt. Ein weiterer Klärungsbedarf ist lediglich verblieben im
Hinblick auf den von der GfL in ihrer ergänzenden Stellungnahme aus November 2005
selbst geforderten Umfang von Stichproben (mindestens 50 Ereignisse). Ausweislich
der Stellungnahme der B1. reichen die Werte für die einzelnen Fälle unterschiedlicher
untersuchter Betriebssituationen noch nicht aus. Dass die Anforderungen für den
weiteren Nachweis, d.h. für die Klärung der verbliebenen Unklarheiten, mit der
Genehmigungsbehörde abzustimmen sind, betrifft die Kläger ebenfalls nicht. Dies ist der
Praktikabilität geschuldet und lässt keinesfalls zu, dass hier zu Lasten der umliegenden
Bevölkerung und Gemeinden das mit der Anschlussgenehmigung erklärtermaßen
verfolgte Lärmschutzziel aufgeweicht wird.
12. Dass aus den neben dem Lärm zu bedenkenden Folgen des Flugbetriebs keine aus
Anlass der vorliegenden Genehmigungsänderung planerisch-abwägend anzugehenden
Probleme folgen, die in ihrer Gewichtigkeit die Lärmbelange übersteigen und die
öffentlichen Verkehrsinteressen überwinden könnten, ist nach den obigen Ausführungen
zum Gewicht entsprechender Nachbarschaftsinteressen auszuschließen. Insbesondere
ist es den Kommunen zuzumuten, die aus der Existenz und dem Betrieb des Flughafens
sich ergebenden Anforderungen an ihre gemeindliche Entwicklungsplanung zu
akzeptieren, zumal sie auch Vorteile aus der Nähe des Flughafens ziehen können.
277
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO, §
100 Abs. 1 und 2 ZPO und berücksichtigt vor allem die sich in der Streitwertbestimmung
niederschlagenden unterschiedlichen Interessen der Kommunen und der Privaten. Die
Entscheidung über die Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711
ZPO.
278
Gründe, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
279
280