Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 13.08.2003

OVG NRW: behörde, körperschaft, feuerwehr, versetzung, verfügung, bach, auflösung, zulage, kreis, wechsel

Oberverwaltungsgericht NRW, 1 A 1029/03
Datum:
13.08.2003
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 A 1029/03
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 3 K 4891/98
Tenor:
Der Antrag wird auf Kosten des Beklagten abgelehnt.
Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen
Streitwertfestsetzung für das Verfahren erster Instanz und für das
Zulassungsverfahren einheitlich auf die Wertstufe bis zu 3.500,00 EUR
festgesetzt.
Gründe Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die geltend
gemachten Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils i.S.v. §
124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache
i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (1.), einer der Rechtssache zukommenden
grundsätzlichen Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (2.) und des Vorliegens
eines der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangels, auf
dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, (3.) ), nicht greifen.
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1. "Ernstliche Zweifel" i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nur solche, die erwarten
lassen, dass die Berufung in einem durchzuführenden Berufungsverfahren mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit jedenfalls im Ergebnis Erfolg hätte. Derartige Zweifel
sind auf der Grundlage des Antragsvorbringens nicht begründet.
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Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf die Erwägung
gestützt, dass dem Kläger die begehrte Ausgleichszulage nach § 13 Abs. 5 BBesG in
der Fassung des Gesetzes vom 28. Mai 1990 (BGBl. I, S. 967) zu gewähren sei, weil der
Kläger vor seiner Versetzung in die Dienste des Beklagten mehr als zehn Jahre
(feuerwehr-)zulageberechtigend verwendet worden sei. Der Kläger sei aus der
zulageberechtigenden Verwendung zumindest auch aus dienstlichen Gründen
ausgeschieden, weil er nach seinem nicht näher infrage gestellten Vorbringen von dem
Beklagten in L. "abgeworben" worden sei. In der Leitstelle der Feuerwehr des Beklagten
habe aus verschiedenen Gründen Personalmangel geherrscht, an dessen Behebung
ein erhebliches dienstliches Interesse bestanden habe. Dass der Kläger die Versetzung
zum S. - C. Kreis zumindest auch in eigenem Interesse verfolgt haben dürfte, falle
demgegenüber nicht ins Gewicht.
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Dieser Ansatz mit seinen zugrunde liegenden tatsächlichen Annahmen wird durch das
Antragsvorbringen nicht durchgreifend infrage gestellt. Soweit der Beklagte darauf
abhebt, dass der Kläger nur vom 07. April 1977 bis zum 31. März 1988 im Einsatzdienst
der Berufsfeuerwehr L. und damit beim früheren Dienstherrn weniger als zehn Jahre - in
Wirklichkeit waren es fast elf Jahre - zulageberechtigend verwendet worden sei, hat sich
der Beklagte verrechnet. Dies ist offensichtlich und bedarf keiner weiteren Vertiefung.
Hinzu kommt, dass es vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts,
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vgl. BVerwG, Urteil vom 14. März 2002 - 2 C 26.01 -, ZBR 2002, 218,
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auch nicht auf die weitere - im Zulassungsverfahren nicht erneut aufgeworfene - Frage
ankommt, ob der Kläger die Zulage damals auch über zehn Jahre tatsächlich erhalten
hat. Es genügt die zulageberechtigende Verwendung im feuerwehrtechnischen
Einsatzdienst.
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Der weitere Einwand des Beklagten, der 1990 erfolgte Wechsel des Klägers in eine
nicht zulageberechtigende Verwendung in die Leitstelle der Feuerwehr in C. -H. bach
sei nicht im Sinne des § 13 Abs. 5 BBesG a.F. aus dienstlichen Gründen erfolgt, greift
nicht. Die Tatsache, dass die Versetzung von L. zum S. -C. Kreis (d.h. nach C. -H. bach )
auch in seinem Interesse erfolgt sei, weil er sich dorthin beworben und gegebenenfalls
auch einen kürzeren Weg von seiner Wohnung zum Arbeitsplatz angestrebt habe, ist für
die Beurteilung der zugrunde liegenden Rechtsfrage, ob ein Wechsel der Verwendung
aus dienstlichen Gründen anzunehmen ist, unbedeutend. Zudem ist die im
Zulassungsantrag geäußerte Rechtsansicht des Beklagten unzutreffend, dass es
hinsichtlich des Vorliegens dienstlicher Gründe maßgebend auf die Interessen bzw. die
Perspektive der abgebenden Behörde, nicht aber auf die der aufnehmenden Behörde
ankomme. Ein solcher Rechtssatz lässt sich der hier anzuwendenden Fassung der
Vorschrift und den von der Beklagten herangezogenen Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts nicht entnehmen. § 13 Abs. 1 BBesG a.F. sah eine
Ausgleichszulage für den Fall der Umorganisation oder Auflösung einer Behörde vor,
wenn dem Beamten im Zuge dieser Maßnahme ein Amt mit einem geringeren
Endgrundgehalt bei einer anderen Körperschaft übertragen werden musste. Bei
derartigen Interessenlagen knüpfte das Gesetz ersichtlich an die dienstlichen Belange
der Körperschaft an, der der Beamte bisher angehört hatte. Deren Umgestaltung oder
Auflösung war nach dem gesetzlichen Tatbestand schließlich Anknüpfungspunkt der
dienstrechtlichen Maßnahme und Grund für den Verlust der zulageberechtigenden
Verwendung. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist dieser Ansatz nicht auf § 13
Abs. 5 BBesG a.F. zu übertragen. Der Gesetzeswortlaut gibt dafür nichts her. Dieser
lässt es für seinen tatbestandlichen Anwendungsbereich vielmehr genügen, dass
überhaupt dienstliche Gründe für das Ausscheiden aus der zulageberechtigende
Verwendung vorliegen; eine Zuordnung des dienstlichen Interesses an eine bestimmte
Körperschaft oder Behörde sah das Gesetz nicht vor. Dass solche dienstlichen Gründe
für eine Einstellung des aus L. wegversetzten Klägers seitens des Beklagten seinerzeit
vorlagen - namentlich Personalknappheit -, ist nicht weiter bestritten worden; das
Gegenteil anzunehmen widerspräche auch dem Inhalt der Akten.
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Das von dem Beklagten zur Stützung seines Vorbringens herangezogene Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 1997,
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vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1997 - 2 C 9.97 -, ZBR 1998, 312,
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gibt ebenfalls nichts für die Auffassung her, dass es allein auf die dienstlichen
Interessen der abgebenden Behörde ankommen sollte. In dieser Entscheidung hat sich
das Bundesverwaltungsgericht maßgebend mit einer anderen Rechtsfrage befasst,
wann nämlich im Sinne des Gesetzes ein Ausscheiden aus einer zulageberechtigenden
Verwendung anzunehmen sei. Dass das Bundesverwaltungsgericht in dieser
Entscheidung oder anderweitig den von dem Beklagten formulierten Rechtssatz
aufgestellt hätte, ist nicht erkennbar.
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Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zugleich, dass auch eine Zulassung der
Berufung wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten nach § 124
Abs. 2 Nr. 2 VwGO ausscheidet. Eine Zulassung der Berufung wegen besonderer
tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten kommt nämlich nur in Betracht, wenn der
Ausgang des durchzuführenden Berufungsverfahrens offen ist. Das Antragsvorbringen
des Beklagten stellt die angefochtene Entscheidung aus den vorgenannten Gründen
aber nicht einmal im Ansatz in Frage.
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2. Die Grundsatzrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) greift ebenfalls nicht.
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Die nicht ausdrücklich formulierte und nur sinngemäß aufgeworfene Frage, wie § 13
Abs. 5 BBesG in der Fassung des Gesetzes vom 28. Mai 1990 auszulegen sei, ist schon
deshalb nicht grundsätzlich klärungsbedürftig, weil die gesamte Vorschrift mit Gesetz
zur Reform des öffentlichen Dienstrechts vom 24. Februar 1997 (BGBl. I, S. 322) mit
Wirkung zum 01. Juli 1997 vollständig neu gefasst worden ist. Der Umstand, dass die
bis dahin zustehenden Ausgleichszulagen nach Artikel 14 § 2 des vorgenannten
Gesetzes an Personen fortzuzahlen waren, die die Voraussetzungen des § 13 Abs. 5
BBesG a.F. zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Dienstrechtsreformgesetzes 1997
erfüllten, führt insoweit zu keiner anderen Bewertung. Die Fortzahlung dient lediglich der
Rechts- und Besitzstandswahrung begünstigter Personenkreise, weil eine Fortzahlung
der Zulage nach der Neufassung der Norm für diese fraglich erschien.
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Es wird aufgrund der Darlegungen des Beklagten auch nicht erkennbar, welche
grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts
oder für die erstrebte Entscheidung des Senats im Berufungsverfahren erheblich
(gewesen) sein sollte. Nicht zuletzt nachdem sich das Bundesverwaltungsgericht bereits
wiederholt mit § 13 Abs. 5 BBesG a.F. befasst hat,
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vgl. BVerwG, Urteil vom 14. März 2002 - 2 C 26.01 -, ZBR 2002, 218; Urteil vom 11.
Dezember 1997 - 2 C 9.97 -, ZBR 1998, 312; Urteil vom 24. August 1995 - 2 C 1.95 -,
ZBR 1996, 44; Urteil vom 24. August 1995 - 2 C 29.94 -, ZBR 1995, 375,
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wäre ein grundsätzlicher (weiterer) Klärungsbedarf gezielt aufzuzeigen gewesen. Daran
fehlt es. Der bloße Hinweis, dass es etwa wegen der im Jahre 1996 ergangenen
Rechtsprechung zu der sogenannten Feuerwehrzulage,
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vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 2 C 24.95 -, ZBR 1996, 260 und zuvor schon
Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 C 17.90 -, BVerwGE 88, 337 m.w.N.,
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noch Anwendungsfälle für § 13 Abs. 5 BBesG a.F. geben soll, genügt nicht.
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3. Die von dem Beklagten möglicherweise (sinngemäß) gerügte Verletzung des
Grundsatzes der Gewährung rechtlichen Gehörs, hier durch überraschende gerichtliche
Entscheidung aufgrund unzureichender Tatsachengrundlage, führt nicht zur Zulassung
der Berufung wegen eines der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden
Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5
VwGO).
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Der von dem Beklagten hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen zu der zehnjährigen
zulageberechtigenden Verwendung im Sinne des § 13 Abs. 5 BBesG a.F. angeführte
Einwand, das Gericht habe sich im Wesentlichen auf die Angaben des Klägers gestützt
und die gebotene ergänzende Sachverhaltsaufklärung unterlassen, lässt einen
Verfahrensfehler nicht erkennen. Die Einzelrichterin hat wegen der in tatsächlicher
Hinsicht aufzuklärenden Verwendung des Klägers in den Jahren 1977 bis
einschließlich 1988 oder 1990 festgestellt, dass aussagekräftige schriftliche behördliche
Unterlagen nicht mehr vorhanden seien. Die von ihr daraufhin eingeholten persönlichen
Angaben des Klägers zu dem fraglichen Zeitraum hat sie durch Übersendung an den
Beklagten zu dessen näherer Überprüfung gestellt. Substantiierte Darlegungen und
Einwände, die eine weitere Aufklärung oder Überprüfung geboten hätten, hat der
Beklagte damals ebenso wenig wie im Zulassungsverfahren dargelegt, sodass es mit
Blick auf die im Urteil näher ausgeführte Annahme der Einzelrichterin, dass an dem
entsprechenden Vorbringen des Klägers kein Zweifel bestehe, auch keiner weiteren
Sachverhaltsaufklärung bedurfte. Der Sachverhalt ist - entgegen der Rechtsauffassung
des Beklagten - insbesondere nicht "offen" geblieben.
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Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang auch rügt, die Annahme einer
zehnjährigen zulageberechtigenden Verwendung sei mit Blick auf die an den Kläger
gerichtete gerichtliche Verfügung vom 25. März 2002 überraschend gewesen, ist ein
Verfahrensfehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht hinreichend dargetan. Die
Einzelrichterin hat in einem umfänglichen Begleitschreiben zu der am 25. September
2002 verfügten Ladung ausgeführt, dass "der Kläger die Voraussetzung einer
mindestens 10-jährigen zulageberechtigenden Verwendung im Einsatzdienst (noch bei
der Stadt L. )" erfülle und diese Auffassung unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts näher erläutert. Damit ist erkennbar geworden, dass die
mit Verfügung vom 25. März 2002 unter anderem zu klärende Frage nach der Dauer
einer zulageberechtigenden Verwendung des Klägers aus Sicht des Gerichts zum
Zeitpunkt der Ladung in bestimmter Weise bereits beantwortet gewesen ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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