Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 22.04.2002

OVG NRW: schüler, realschule, lehrer, besuch, wiederholung, erlass, voreingenommenheit, notiz, rechtsschutz, konrektor

Oberverwaltungsgericht NRW, 19 B 575/02
Datum:
22.04.2002
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
19. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
19 B 575/02
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 10 L 413/02
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.000,- EUR
festgesetzt.
Gründe:
1
Die gemäß § 146 Abs. 4 VwGO statthafte Beschwerde ist ungeachtet der Frage, ob der
Antragsteller antragsbefugt ist, jedenfalls nicht begründet. Aus den in der
Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO
die Prüfung durch das Oberverwaltungsgericht beschränkt ist, ergibt sich nicht, dass die
Voraussetzungen gemäß § 123 VwGO für den Erlass der beantragten einstweiligen
Anordnung erfüllt sind.
2
Der Antragsteller begehrt mit seinem Antrag,
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"die Antragsgegnerin unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom
11. März 2002 zu verpflichten, ihm bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den
Bescheid vom 27. Juni 2001 den weiteren Besuch der Klasse 6 der J. -B. -Realschule
zu gestatten",
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eine Vorwegnahme der Entscheidung in dem bereits beim Verwaltungsgericht
anhängigen Klageverfahren. Eine solche Vorwegnahme der Hauptsache im
einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO kommt nur dann in Betracht,
wenn der Antragsteller gemäß § 123 Abs. 3 VwGO iVm § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft
gemacht hat, dass ihm ohne den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung
schlechthin unzumutbare Nachteile drohen, die durch die Entscheidung in der
Hauptsache nicht mehr beseitigt werden können, (Anordnungsgrund) und ein Obsiegen
im Hauptsacheverfahren überwiegend wahrscheinlich ist (Anordnungsanspruch). Diese
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Voraussetzungen sind bei der im Verfahren nach § 123 VwGO nur möglichen
summarischen Prüfung nicht erfüllt.
Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes erscheint bereits zweifelhaft.
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Der Sohn des Antragstellers besucht seit Beginn des Schuljahres 2001/2002 die Klasse
7 der Hauptschule. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist erst im
Februar 2002 und damit nach Beendigung des ersten Halbjahres des Schuljahres
2001/2002 gestellt worden. Der Unterricht im zweiten Halbjahr des Schuljahres
2001/2002 endet am 17. Juli 2002, so dass der Sohn des Antragstellers bezogen auf
den für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt der
Entscheidung des Senats im Falle einer ihm günstigen Entscheidung über die
Beschwerde seines Vaters die Klasse 6 der Realschule (nur) noch etwa 12 Wochen
besuchen könnte.
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Vor diesem Hintergrund spricht viel dafür, dass dem Antragsteller ohne den Erlass der
beantragten einstweiligen Anordnung keine schlechthin unzumutbaren Nachteile
drohen, sondern im Gegenteil der durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung
ermöglichte (vorläufige) Besuch der Klasse 6 der Realschule für den Sohn des
Antragsteller mit erheblichen Nachteilen verbunden wäre. Denn auch mit Rücksicht
darauf, dass er im Schuljahr 2000/2001 - allerdings erfolglos - die Klasse 6 der
Realschule besuchte, erscheint es nicht möglich, dass er in den verbleibenden wenigen
Wochen des 2. Halbjahres des Schuljahres 2001/2002 derart in der Klasse 6 der
Realschule mitarbeiten und gefördert werden kann, dass es ihm noch möglich wäre, die
Voraussetzungen für die Versetzung in die Klasse 7 der Realschule zu erfüllen oder
zumindest nachzuweisen, dass er im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 iVm Abs. 2 AVO-S I
für den Besuch der Realschule geeignet ist.
8
Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes bedarf jedoch keiner näheren Erörterung. Der
Antragsteller hat jedenfalls einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
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Dabei kann dahinstehen, ob die vom Antragsteller allein geltend gemachten
Verfahrensfehler bei der Entscheidung über den Übergang seines Sohnes zur
Hauptschule (§ 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und Abs. 4 AVO-S I) überhaupt den geltend
gemachten Anspruch auf (erneuten) Besuch der Klasse 6 der Realschule begründen
können. Bei summarischer Prüfung spricht einiges dafür, dass die in der
Beschwerdebegründung angeführten Verfahrensfehler, wenn sie vorlägen, allenfalls
einen Anspruch auf Wiederholung der Klassen 5 und 6 der Realschule begründen.
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Die Entscheidung darüber, ob ein Schüler für den Besuch der Realschule geeignet oder
ein Übergang zur Hauptschule erforderlich ist, ist auf der Grundlage der
Leistungsfähigkeit, des Leistungsstandes und der Gesamtentwicklung des Schülers zu
treffen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 AVO-S I). Diese Entscheidung setzt voraus,
dass die zuständige (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 AVO-S I) Versetzungskonferenz den
Lernprozess des Schülers nicht nur in der Klasse 6, sondern in den Klassen 5 und 6 in
den Blick nimmt. Das ergibt sich daraus, dass gemäß § 11 Abs. 1 AVO-S I die gesamte
Erprobungsstufe, die aus den Klassen 5 und 6 besteht (§ 2 Abs. 2 AVO-S I), der
Erprobung, Förderung und Beobachtung der Schülerinnen und Schüler dient, um in
Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten die Entscheidung über die Eignung
für die gewählte Schulform sicherer zu machen. Beide Klassen bilden gemäß § 11 Abs.
2 AVO-S I eine pädagogische Einheit. Mit dieser durch den Verordnungsgeber
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vorgegebenen pädagogischen Einheit der Klassen 5 und 6 als Grundlage für die
Entscheidung über die Eignung für die gewählte Schulform wäre es nicht vereinbar,
einem Schüler, dessen Lernprozess während der Erprobungsstufe etwa auf Grund der
vom Antragsteller geltend gemachten Voreingenommenheit der unterrichtenden Lehrer
oder auf Grund des "unsachgemäßen Umgangs" bzw. "mangelnden Befassung" der
Lehrer mit dem Schüler nicht zutreffend ermittelt worden ist und deshalb nicht Grundlage
der gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und Abs. 4 zu treffenden Entscheidung sein kann,
durch eine gerichtliche Entscheidung die Möglichkeit zu eröffnen, die Voraussetzungen
für einen weiteren Besuch der Realschule allein durch Wiederholung der Klasse 6 zu
erfüllen. Dem widerspräche auch der Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1
GG), der es verbietet, einem Schüler unter erleichterten oder wesentlich anderen
Bedingungen zu ermöglichen, für ihn positive Entscheidungen der Schule zu erreichen.
Hinzu kommt, dass allein die Wiederholung der Klasse 6 für den betroffenen Schüler
auch von Nachteil sein kann. Er hätte nämlich nicht die Chance, bei etwaigen
schlechten Leistungen in der Klasse 6 durch bessere Leistungen in der Klasse 5 die
Prognoseentscheidung zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
Einem Anordnungsanspruch steht jedenfalls entgegen, dass der Antragsteller das
Vorliegen der von ihm geltend gemachten Verfahrensfehler nicht glaubhaft gemacht hat.
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Der Antragsteller macht ohne Erfolg geltend, dass die negative Prognoseentscheidung
mangelnde Eignung seines Sohnes zum weiteren Besuch der Realschule bzw. den
Übergang seines Sohnes zur Hauptschule nicht hinreichend begründet worden sei.
13
Der Schulleiter der Antragsgegnerin hat dem Antragsteller mit Schreiben vom 27. Juni
2001, das eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, mitgeteilt, dass die
Versetzungskonferenz entschieden habe, dass der Sohn des Antragstellers die
Realschule verlassen und eine Hauptschule besuchen müsse, weil die bisher gezeigten
Leistungen nicht erwarten ließen, dass die Realschule erfolgreich abgeschlossen
werden könne. Abgesehen davon, dass, wie noch ausgeführt, diese Begründung von
der Versetzungskonferenz später konkretisiert worden ist, genügt im vorliegenden Fall
bereits die in dem Schreiben vom 27. Juni 2001 enthaltene Begründung den an sie zu
stellenden Anforderungen.
14
Aus dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) ergibt sich zwar
dem Grunde nach die Pflicht, (auf Nachfrage) die wesentlichen Gründe für eine
schulische Leistungsbewertung, zu der auch die vom Antragsteller angefochtene
Entscheidung über die mangelnde Eignung seines Sohnes zum Besuch der Realschule
gehört, darzulegen und bekannt zu geben. Der Schüler ist nämlich nur dann in der Lage,
gegen eine aus seiner Sicht unzutreffende Bewertung und Prognoseentscheidung um
gerichtlichen Rechtsschutz nachzusuchen, wenn ihm die dafür tragenden Erwägungen
bekannt sind, zumal der Umfang der gerichtlichen Kontrolle davon abhängt, welche
Einwände der Schüler gegen die Bewertung bzw. Entscheidung geltend macht und ob
diese Einwände schlüssig und substantiiert sind.
15
Vgl. auch BVerwG, Urteile vom 6. September 1995 - 6 C 18. 93 -, BVerwGE 99, 185
(189 f.), und vom 9. Dezember 1992 - 6 C 3.92 -, NVwZ 1993, 677 (678); OVG NRW,
Beschlüsse vom 13. Februar 2002 - 19 B 1601/01 -, und 23. November 2001 - 19 B
1480/01 -; vgl. ferner Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 1, 3. Auflage, Rdn. 607,
16
Der Umfang des Begründungsanspruchs hängt dementsprechend wie bei
17
berufsbezogenen Prüfungen,
vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 16. April 1997 - 6 C 9.95 -, Buchholz 421.0,
Prüfungswesen, Nr. 382, S. 182 (189), und 6. September 1995 - 6 C 18.93 -, a. a. O.,
191,
18
von den Erfordernissen eines wirksamen Rechtsschutzes des Schülers ab. Dabei ist
allerdings den sich aus dem Schulverhältnis ergebenden Besonderheiten, die
schulische Leistungsbewertungen insbesondere von berufsbezogenen
Prüfungsentscheidungen unterscheiden, angemessen Rechnung zu tragen.
19
Aus dem Schulverhältnis ergeben sich nicht nur Informationspflichten der Schule,
sondern auch umfangreiche Informationsrechte der Schüler und
Erziehungsberechtigten. Der Schüler hat unter anderem das Recht, über ihn betreffende
wesentliche Angelegenheiten informiert (§ 3 Abs. 3 Nr. 2 ASchO), auf Wunsch jederzeit
über seinen Leistungsstand unterrichtet (§§ 3 Abs. 3 Nr. 3, 21 Abs. 5 ASchO) und in
Fragen der (weiteren) Schullaufbahn beraten (§ 3 Abs. 3 Nr. 4 ASchO) zu werden. Die
Erziehungsberechtigten des Schülers, die zur engen und vertrauensvollen
Zusammenarbeit mit der Schule verpflichtet sind (§ 38 Abs. 1 Satz 1 ASchO), haben das
Recht, sich von der Schule beraten zu lassen und über die Entwicklung ihres Kindes
informiert zu werden (§ 39 Abs. 1 ASchO). Die Schule soll den Erziehungsberechtigten
Elternsprechstunden außerhalb des Unterrichts zur Verfügung stellen (§ 39 Abs. 2
ASchO) und je Schulhalbjahr einen Elternsprechtag durchführen (§ 39 Abs. 3 ASchO).
Darüber hinaus sind die Erziehungsberechtigten berechtigt, am Unterricht und sonstigen
Schulveranstaltungen teilzunehmen (§ 39 Abs. 4 ASchO). Von diesen Informations- und
Beratungsmöglichkeiten sollen die Erziehungsberechtigten Gebrauch machen (§ 40
Abs. 3 ASchO).
20
Angesichts dieser umfangreichen Informationsrechte und -pflichten ist es zur Wahrung
des individuellen Rechtsschutzes unnötig und folglich auch nicht geboten, bei
schulischen Leistungsbewertungen in jedem Falle eine schriftliche oder auch nur
mündliche Begründung der Bewertung zu geben ohne Rücksicht darauf, ob der
jeweilige Schüler bzw. seine Erziehungsberechtigten überhaupt erwägen, Einwände zu
erheben. Deshalb hängt der konkrete Begründungsanspruch des Schülers und der
Erziehungsberechtigten davon ab, ob sie eine Begründung verlangen, wann sie dies
tun, welches Begehren sie damit verfolgen und mit welcher Begründung dies geschieht.
Erst durch eine solche Spezifizierung wird aus dem allgemeinen Begründungsanspruch
ein konkreter Anspruch.
21
Vgl. auch zur Begründung der Bewertung mündlicher Leistungen in berufsbezogenen
Prüfungen: BVerwG, Urteile vom 16. April 1997 - 6 C 9.95 -, a. a. O., und 6. September
1995 - 6 C 18.93 -, a. a. O., 191 f.
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Nur auf diese Weise wird auch dem berechtigten Interesse der Lehrer, die in einem
Schuljahr jedenfalls in der Regel eine Vielzahl von Schülern unterrichten, angemessen
Rechnung getragen, den Aufwand, der mit jeder Begründung der Bewertung von
schulischen Leistungen verbunden ist, auf dasjenige Maß zu beschränken, das im
Einzelfall zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes des Schülers und seiner
Erziehungsberechtigten geboten ist.
23
Nach Maßgabe dieser Grundsätze genügt die in dem Schreiben des Schulleiters vom
24
27. Juni 2001 enthaltene Begründung jedenfalls unter Berücksichtigung des ungefähr
zeitgleich übermittelten Zeugnisses vom 26. Juni 2001 den an sie zu stellenden
Anforderungen. Der Antragsteller hat nicht hinreichend deutlich gemacht, dass es zur
Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten ist, ihm eine weiter gehende
Begründung zu geben. Mit seinem Widerspruch hat er lediglich geltend gemacht, dass
die in dem Schreiben des Schulleiters enthaltene Begründung "für eine derart
folgenschwere Entscheidung nicht ausreichend" sei. Dieser Vortrag des Antragstellers
ist nicht geeignet, einen weiter gehenden Begründungsanspruch auszulösen. Dazu
hätte es der Darlegung bedurft, dass er während der Erprobungsstufe über den
Lernprozess seines Sohnes überhaupt nicht unterrichtet worden ist, wofür keinerlei
Anhaltspunkte bestehen, oder in welchen konkreten Punkten ihm trotz der Informationen
seitens der Schule, die ihm nicht nur nach seinem eigenen Schreiben an den Schulleiter
der Antragsgegnerin vom 7. Februar 2000 frühzeitig, sondern ausweislich des weiteren
Inhalts der Verwaltungsakte auch in der Folgezeit mehrfach den Übergang seines
Sohnes zur Hauptschule empfohlen hat, unklar geblieben ist, aus welchen Gründen die
Versetzungskonferenz der Auffassung ist, dass sein Sohn für den Besuch der
Realschule nicht geeignet ist. Ein derartiges spezifiziertes Verlangen nach einer weiter
gehenden Begründung ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Antragstellers im
gerichtlichen Verfahren. Im gerichtlichen Verfahren beschränkt er sich darauf, eine nicht
hinreichende Begründung der Schule geltend zu machen. In welchen konkreten
Punkten ein weiter gehender Informationsbedarf zur Gewährleistung effektiven
Rechtsschutzes erforderlich ist, wird nicht spezifiziert aufgezeigt.
Der Antragsteller verkennt im Übrigen mit seiner Rüge, die Entscheidung der
Versetzungskonferenz sei nicht hinreichend begründet, dass die in dem Schreiben des
Schulleiters enthaltene Begründung ausweislich des Protokolls über die - in dem
Protokoll so bezeichnete - "Klassenkonferenz" vom 20. August 2001,
25
in dem Schreiben des Schulleiters an die Bezirksregierung K. vom 27. August 2001 wird
die Konferenz als "Zeugniskonferenz", womit wohl die Versetzungskonferenz gemeint
ist, bezeichnet; dies erscheint insoweit zutreffend als nach dem Protokoll über den
Widerspruch des Antragstellers "die Fachlehrerinnen der ehemaligen Klasse c" beraten
haben; andererseits geht aber aus dem Protokoll hervor, dass an der Konferenz "das
vollständige Kollegium" und damit nicht nur die Lehrerinnen und Lehrer der
Versetzungskonferenz teilnahmen,
26
von den Fachlehrern und Fachlehrerinnen der früheren Klasse 6 c des Sohnes des
Antragstellers konkretisiert worden ist. Danach haben die Fachlehrerinnen und -lehrer
der früheren Klasse 6 c von der Möglichkeit einer Wiederholung der Klasse 6 c durch
den Sohn des Antragstellers abgesehen, da auf Grund der "bisherigen Erfahrungen"
keine Aussicht darauf bestehe, dass er nach einer Wiederholung die Klasse 6
erfolgreich abschließen könne. Hinsichtlich der "bisherigen Erfahrungen" wird auf den
Leistungsstand des Sohnes des Antragstellers, sein Arbeits- und Sozialverhalten sowie
seine persönliche und familiäre Situation, die Gegenstand mehrerer
Klassenkonferenzen gewesen ist, verwiesen. Dass diese Begründung nicht ausreicht,
um effektiven Rechtsschutz in Anspruch nehmen zu können, macht der Antragsteller
nicht geltend und ist auch sonst nicht ersichtlich.
27
Der Antragsteller hat auch Kenntnis von der in dem Protokoll der "Klassenkonferenz"
vom 20. August 2001 enthaltenen Begründung. Der wesentliche Inhalt der Begründung
ist in dem an ihn gerichteten Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung K. vom 20.
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November 2001 wiedergegeben. Darüber hinaus hat der Prozessbevollmächtigte des
Antragstellers durch Akteneinsicht im Beschwerdeverfahren Kenntnis von dem Protokoll
erhalten. Diese Kenntnis seines Prozessbevollmächtigten ist dem Antragsteller
zuzurechnen (§ 173 VwGO iVm § 85 Abs. 1 ZPO).
Das bloße Bestreiten des Antragstellers, die nach § 13 Abs. 1 Satz 2 AVO-S I
(zwingend) vorgeschriebene Mitteilung des Schulleiters vom 16. Mai 2001 nicht erhalten
zu haben, genügt nicht zur Glaubhaftmachung, dass er die Mitteilung, die sich in Kopie
in den Verwaltungsvorgängen befindet, tatsächlich nicht erhalten hat. Es fehlt bereits ein
Vortrag des Antragstellers dazu, dass er während der Zeit, innerhalb derer bei normalem
Verlauf mit einem Zugang der Mitteilung vom 16. Mai 2001 zu rechnen war,
hinreichende Vorkehrungen dafür getroffen hatte, dass ein zuverlässiger Eingang der an
ihn adressierten Post gewährleistet war, und dass er die bei ihm eingehende Post
regelmäßig kontrolliert hat. Darüber hinaus hat der Antragsteller nicht von der nahe
liegenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, seine Behauptung durch eine eidesstattliche
Versicherung glaubhaft zu machen. Seine eidesstattliche Versicherung vom 12. April
2002 betrifft allein die Richtigkeit des Inhalts der von ihm angefertigten Notiz über den
Elternsprechtag vom 16. November 2000.
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Bei summarischer Prüfung bestehen auch keine durchgreifenden Zweifel daran, dass
die Klassenkonferenz, wie es in der Mitteilung des Schulleiters vom 16. Mai 2001 heißt,
am 16. Mai 2001 beschlossen hat, dem Antragsteller den Übergang seines Sohnes zur
Hauptschule zu empfehlen. Es ist kein hinreichender Anhaltspunkte dafür erkennbar,
dass der Schulleiter der Antragsgegnerin Konferenzbeschlüsse behauptet, die es
tatsächlich nicht gegeben hat. Dahingehende Anhaltspunkte hat auch der Antragsteller,
der lediglich auf das Fehlen eines Protokolls über die Klassenkonferenz vom 16. Mai
2001 verweist, nicht aufgezeigt. Das Fehlen eines Protokolls über die Klassenkonferenz
vom 16. Mai 2001 in den vorliegenden Akten ist kein hinreichendes Indiz dafür, dass der
Mitteilung des Schulleiters vom 16. Mai 2001 nicht die in dieser Mitteilung genannte
Klassenkonferenz vorausgegangen ist.
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Fehl geht die Auffassung des Antragstellers, die Klassenkonferenz sei für die
Empfehlung, die Schule zu wechseln, nicht zuständig. Die Entscheidung hierüber trifft
gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 AVO- S I iVm § 27 Abs. 2 Satz 1 ASchO die
Klassenkonferenz als Versetzungskonferenz.
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Die geltend gemachte Voreingenommenheit der Fachlehrerinnen und -lehrer, die den
Sohn des Antragstellers an der Realschule unterrichteten, sowie deren vermeintlicher
"unsachgemäßer Umgang" bzw. "mangelnde Befassung" mit dem Sohn des
Antragstellers lässt sich aus dem in der Beschwerdebegründung angeführten Schreiben
des Konrektors der Antragsgegnerin vom 26. Juni 2001 nicht herleiten. Hieraus ergibt
sich nicht, wie der Antragsteller meint, dass "die Schule bzw. der Konrektor" nicht bereit
gewesen seien, den von ihm, dem Antragsteller, mitgeteilten Vorfall vom 21. Juni 2001
aufzuklären, die Namen der an diesem Vorfall neben seinem Sohn beteiligten Schüler
festzustellen und ihm, dem Antragsteller, die Namen dieser Schüler mitzuteilen.
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Aus dem Schreiben des Konrektors vom 26. Juni 2001 wie auch aus seinem Schreiben
an die Bezirksregierung K. vom 23. August 2001 und dem Schreiben der
Bezirksregierung an den Antragsteller vom 9. November 2001 geht hervor, dass
entgegen der Darstellung in der Beschwerdebegründung seitens der Antragsgegnerin
Maßnahmen zur Aufklärung des Vorfalls vom 21. Juni 2001 ergriffen worden sind. Über
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den Vorfall sind Schüler der Klassen 5 und 9 befragt worden. Nach den
übereinstimmenden Aussagen dieser Schüler hatte sich der Vorfall nicht so ereignet,
wie er vom Antragsteller auf der Grundlage der Angaben seines Sohnes der
Antragsgegnerin mitgeteilt worden ist. Dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller die
Namen der neben seinem Sohn an dem Vorfall beteiligten Schüler nicht mitgeteilt hat,
liegt daran, dass die Namen dieser Schüler nicht ermittelt werden konnten, sondern
seitens der Antragsgegnerin lediglich festgestellt werden konnte, dass es sich offenbar
um Schüler der Klasse 10 handelte. Dies ist dem Antragsteller jedenfalls durch das
Schreiben der Bezirksregierung K. vom 9. November 2001 mitgeteilt worden. Vor
diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar und entbehrt einer sachlichen Grundlage,
wenn der Antragsteller in der Beschwerdebegründung eine Voreingenommenheit sowie
einen "unsachgemäßen Umgang" bzw. eine "mangelnde Befassung" der
Fachlehrerinnen und - lehrer (weiterhin) mit der Begründung geltend macht, "die Schule
bzw. der Konrektor" hätten sich geweigert, den Sachverhalt aufzuklären, die Namen der
beteiligten Schüler festzustellen und ihm diese Namen mitzuteilen. Eine solche
Mitteilung ist der Antragsgegnerin und auch dem Konrektor nach dem Ergebnis ihrer
Ermittlungen nicht möglich gewesen.
Eine Voreingenommenheit der Fachlehrerinnen und -lehrer ergibt sich auch nicht aus
dem in der Beschwerdebegründung angeführten "Vorfall M. W. ". Der Antragsteller hat
bereits nicht glaubhaft gemacht, dass bei diesem Vorfall eine Verletzung der
Aufsichtspflicht einer - vom Antragsteller namentlich nicht benannten - "Lehrkraft"
festgestellt worden ist. Der Antragsteller hat diese Behauptung im Beschwerdeverfahren
nicht näher begründet. Auch aus den Verwaltungsvorgängen ergibt sich nichts für die
Richtigkeit seiner Behauptung. Sein Sohn hat den "Vorfall M. W. " und das ihm in
diesem Zusammenhang vorgeworfene Verschulden ausweislich des Protokolls der
Klassenkonferenz vom 24. August 2000 uneingeschränkt eingeräumt. Soweit die gegen
ihn auf Grund des Vorfalls und seines Verschuldens gegen ihn erlassenen
Ordnungsmaßnahmen durch den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung K. vom 8.
September 2000 aufgehoben worden sind, beruht dies allein darauf, dass die
Ordnungsmaßnahmen nicht von der zuständigen Konferenz beschlossen worden sind.
Dagegen ist (auch) in dem Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung von einer
Aufsichtspflichtverletzung eines Lehrers der Antragsgegnerin nicht die Rede.
34
Eine "mangelnde Befassung" der Fachlehrerinnen und -lehrer mit dem Sohn des
Antragstellers lässt sich schließlich nicht aus der in der Beschwerdebegründung in
Bezug genommenen Notiz des Antragstellers über den Elternsprechtag vom 16.
November 2000 herleiten. Zwar mag der Schulleiter der Antragsgegnerin bei diesem
Elternsprechtag geäußert haben, dass Lehrer für den Umgang mit hyperaktiven Kindern,
zu denen nach Auffassung des Antragstellers sein Sohn gehört, nicht ausgebildet seien
und dass die Lehrer bei der Vielzahl der Schüler hierauf nicht besonders eingehen
könnten. Es ist aber nichts dafür ersichtlich und auch nicht substantiiert vorgetragen,
dass die Fachlehrerinnen und - lehrer, die den Sohn des Antragstellers in den Klassen 5
und 6 der Realschule unterrichteten, dieser - zweifelhaften - Auffassung des Schulleiters
gefolgt sind und sich nicht in der gebotenen Weise mit den ihnen zur Verfügung
stehenden Mitteln um den Sohn des Antragstellers gekümmert hätten. Vielmehr geht
aus der Notiz des Antragstellers über den Elternsprechtag vom 16. November 2000
hervor, dass sich die Fachlehrerinnen und -lehrer - offenbar erfolgreich - sogar um eine
Nachmittagsbetreuung des Sohnes des Antragstellers bemüht haben. Darüber hinaus
zeigen etwa auch die zahlreichen Klassenkonferenzen, die aus Anlass des mehrfachen
Fehlverhaltens des Sohnes des Antragstellers erforderlich waren, dass sich die
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Fachlehrerinnen und -lehrer eingehend mit ihm und seinen schulischen wie auch
allgemeinen Problemen auseinander gesetzt haben.
Ohne dass es noch darauf ankommt, weist der Senat mit Blick auf das anhängige
Klageverfahren auf Folgendes hin:
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Entgegen der Auffassung des Antragstellers gibt es keine "allgemeine
Erfahrungstatsache und Lebenserfahrung", dass "allein schon" die Wiederholung einer
Klasse "regelmäßig eine deutliche Verbesserung der schulischen Leistungen erwarten
lässt". Ob eine "deutliche Verbesserung" des Leistungsvermögens erfolgt, hängt von
dem jeweiligen Schüler und seiner Entwicklung ab und ist schon deshalb nicht
"regelmäßig" zu erwarten.
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Sollte nach dem Ergebnis des Klageverfahrens eine erneute Entscheidung über die
Eignung des Sohnes des Antragstellers für den Besuch der Realschule erforderlich und
noch möglich sein (seit dem Unterrichtsende im Schuljahr 2000/2001 sind bereits jetzt
mehr als 8 Monate vergangen), kann diese Entscheidung allein von der zuständigen
Versetzungskonferenz getroffen werden. Das Verwaltungsgericht darf diese
Entscheidung nicht prognostizieren. Bei der Entscheidung über die Eignung zum
Besuch der gewählten Schulform obliegt nämlich der Versetzungskonferenz ein
Beurteilungsspielraum, dessen Umfang im vorliegenden Verfahren keiner näheren
Erörterung bedarf. In diesen Beurteilungsspielraum dürfen die Verwaltungsgerichte
allenfalls ausnahmsweise und nur in Evidenzfällen eingreifen.
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BVerwG, Urteil vom 4. Mai 1999 - 6 C 13.98 -, NVwZ 2000, 915 (919 f.), m. w. N.
39
Hier spricht zwar unter Berücksichtigung der in dem angefochtenen Beschluss des
Verwaltungsgerichts angeführten negativen Leistungen des Sohnes des Antragstellers
und seines sonstigen aktenkundigen (Fehl-) Verhaltens viel dafür, dass die
Versetzungskonferenz ihre hier streitgegenständliche Entscheidung bestätigen wird;
evident ist dies jedoch nicht. Dazu bedarf es der Kenntnis der Gesamtentwicklung des
Sohnes des Antragstellers in den Klassen 5 und 6 der Realschule. Diese
Gesamtentwicklung lässt sich allein anhand der ihm erteilten Noten und des sonstigen
Inhalts der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin nicht in allen Einzelheiten
hinreichend nachvollziehen.
40
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf §§ 13 Abs. 1, 14, 20 Abs. 3 GKG.
41
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG),
42