Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 04.03.2005

OVG NRW: eheähnliche gemeinschaft, unterkunftskosten, wohnung, bauarbeiten, behörde, beweislast, beschränkung, haus, zugang, vermieter

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberverwaltungsgericht NRW, 12 B 141/05
04.03.2005
Oberverwaltungsgericht NRW
12. Senat
Beschluss
12 B 141/05
Verwaltungsgericht Köln, 5 L 3307/04
Der angefochtene Beschluss wird teilweise geändert. Der Antragsgegner
wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, den
Antragstellern für die Zeit vom 8. bis 31. Dezember 2004 Hilfe zum
Lebensunterhalt nach den Regelsätzen - hinsichtlich des
Regelsatzbedarfs der Antragstellerin zu 1. allerdings beschränkt auf 80 %
des Regelsatzes -, Unterkunftskosten und 50 % des Mehrbedarfs für
Alleinerziehende unter Anrechnung des Kindergelds und von
Unterhaltsvorschussleistungen zu gewähren.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist überwiegend begründet. Die Antragsteller verfolgen erkennbar (vgl. §
88 VwGO) den erstinstanzlichen Antrag weiter und begehren danach sinngemäß die
vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners, laufende Hilfe zum Lebensunterhalt für den
Streitzeitraum in der bis zum November 2004 gezahlten Höhe (Regelsatzleistungen und
Unterkunftskosten sowie Mehrbedarf für Alleinerziehende unter Anrechnung des um den
Absetzungsbetrag nach § 76 Abs. 2 Nr. 5 BSHG reduzierten Kindergelds und von
Unterhaltsvorschussleistungen) zu gewähren. Die dargelegten Beschwerdegründe (vgl. §
146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen die mit der Beschwerde beantragte Änderung der
angefochtenen Entscheidung im Umfang der aus dem Tenor ersichtlichen
Beschwerdestattgabe.
Einem Anordnungsanspruch steht summarischer Prüfung zufolge nicht gemäß §§ 122 Satz
1, 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen des Herrn C.
M. entgegen. Auf der Grundlage des Vorbringens im Beschwerdeverfahren teilt der Senat
für den Streitzeitraum nicht die Einschätzung des Antragsgegners, es bestehe eine
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eheähnliche Gemeinschaft zwischen der Antragstellerin zu 1. und Herrn M. . Die
Antragsteller berufen sich mit ihrem Beschwerdevorbringen nämlich zu Recht dem Sinne
nach darauf, dass das Hauptindiz für eine eheähnliche Gemeinschaft, ein gemeinsames
Wohnen, für den Streitzeitraum nicht durch hinreichend konkrete Ergebnisse der
Ermittlungen zu den Wohnverhältnissen belegt ist. Der Hausbesuch vom 9. November
2004 fand zu einem Zeitpunkt statt, als aufgrund vom Vermieter veranlasster Bauarbeiten
die Wohnsituation durch außergewöhnliche Umstände geprägt war. Die mitgeteilten
Ergebnisse der Besichtigung der Wohnung der Antragsteller - insbesondere, dass die
Antragstellerin zu 1. Zugang zu der im Erdgeschoss befindlichen Wohnung hatte und dazu,
in welchem Raum die Antragstellerin zu 1. nächtigte - reichen deshalb nicht zur
Untermauerung der Einschätzung des Antragsgegners aus. Entsprechendes gilt für den
vom Antragsgegner im gerichtlichen Verfahren hervorgehobenen Umstand, dass sich die
Katzentoilette vor der Eingangstür im Erdgeschoss befunden habe. Die Feststellungen des
Bedarfsfeststellungsdienstes zu im Bad vorgefundenen "mehreren männlichen
Hygieneartikeln" sind weder im Vermerk vom 9. November 2004 noch im nachfolgenden
gerichtlichen Verfahren vom Antragsgegner konkretisiert worden und rechtfertigen
abgesehen von der Einlassung der Antragstellerin zu 1. hierzu keine hinreichend sichere
Schlussfolgerung auf eine auf Dauer angelegte gemeinsame Badnutzung mit Herrn M. .
Weitere Ermittlungen zu den maßgeblichen Umständen, etwa durch einen Hausbesuch
nach Abschluss der Bauarbeiten und dem Einzug des Herrn M. in die im gleichen Haus
befindliche Erdgeschosswohnung am 20. Dezember 2004, hat der Antragsgegner nach
Lage der Akten nicht durchgeführt. Die in diesem Zusammenhang letztlich verbleibende
Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen einer eheähnlichen
Gemeinschaft geht zu Lasten des Antragsgegners. Für das Vorliegen der Voraussetzungen
des § 122 BSHG trägt grundsätzlich die Behörde die Darlegungs- und Beweislast.
Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 25. Februar 2004 - 12 B 1968/03 -, Az. des
Antragsgegners: 501/21-711/03 -VGL 504/7 - m. w. Nachw.
Eine abschließende Klärung muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Hinsichtlich des vollen Mehrbedarfs für Alleinerziehende gemäß § 23 Abs. 2 BSHG, der
Berücksichtigung des Absetzungsbetrags gemäß § 76 Abs. 2 Nr. 5 BSHG und der
Regelsatzleistungen für die Antragstellerin zu 1., die den Umfang des Unerlässlichen, d.h.
80 % des Regelsatzes eines Haushaltsvorstands übersteigen,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2003
- 22 B 1198/03 - (zu § 23 Abs. 2 BSHG), Beschluss vom 24. April 2002 - 16 B 531/02 - (zu §
76 Abs. 2 Nr. 5 BSHG), Beschluss vom 7. Januar 2004 - 12 B 2065/0 - (zur Beschränkung
der Regelsatzleistungen),
ist ein Anordnungsgrund im Sinne von § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO hingegen nicht
dargelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 3, 188 Satz 2 VwGO.
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.