Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 08.02.2006

OVG NRW: klagebegehren, aushändigung, alter, widerspruchsverfahren, verfahrenskosten, verwaltungsgerichtsbarkeit, billigkeit, belastung, urkunde, chirurgie

Oberverwaltungsgericht NRW, 14 A 429/05
Datum:
08.02.2006
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
14. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 A 429/05
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Münster, 10 K 2220/04
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist unwirksam, soweit es die
Verpflichtung der Beklagten ausgesprochen hat, dem Kläger durch
Aushändigung der Habilitationsurkunde die Lehrbefugnis für das Fach
Chirurgie zu verleihen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 15.000,00 EUR
festgesetzt.
Gründe:
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Das Verfahren war einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts in dem sich aus
dem Tenor ergebenden Umfang für unwirksam zu erklären, nachdem die Beteiligten es
insoweit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben.
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Bei der Kostenentscheidung gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist der Senat nicht
davon ausgegangen, dass die Beklagte aus den Gründen des angefochtenen Urteils im
Berufungsverfahren unterlegen gewesen wäre. Denn es entspricht einem allgemeinen
prüfungsrechtlichen Grundsatz, dass Prüfungsleistungen unter Berücksichtigung des
Zeitpunktes zu bewerten sind, in dem sie erbracht wurden.
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Vgl. die zwischen den Beteiligten ergangene Entscheidung des früher zuständig
gewesenen Senats des erkennenden Gerichts vom 19. November 1993 - 22 B 1651/93 -
, WissR 27, 181 = NWVBl. 94, 137.
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Dass davon im Rahmen eines lang andauernden Habilitationsverfahrens abzusehen
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sein könnte, vermag der Senat nicht zu erkennen. Da nach der Habilitationsordnung der
Beklagten Habilitationsvortrag und Kolloquium nicht vor Annahme der
Habilitationsschrift zu halten bzw. durchzuführen waren, besteht für einen Habilitanden
nicht das Dilemma, bei einer Verzögerung des Verfahrens präsentes Wissen für diese
Prüfungsabschnitte über einen längeren Zeitraum zu bewahren.
Allerdings ist die Beklagte durch Aushändigung einer auf die Habilitation beschränkten
Urkunde der Anregung des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember
2005 gefolgt. Dadurch hat sie dem Klagebegehren teilweise entsprochen und sich in die
Rolle der Unterlegenen begeben. Auf das weitere Klagebegehren, nämlich die Erteilung
der Lehrbefugnis, hat der Kläger zwar - ebenfalls entsprechend der Anregung des
Senats - verzichtet. Es widerspräche jedoch unabhängig von den Erfolgsaussichten
dieses Begehrens der Billigkeit, ihn insoweit mit Kosten zu belasten. Denn für den
Kläger war sein fortgeschrittenes Alter einer der maßgeblichen Umstände, von dem
Wunsch nach einer Lehrtätigkeit bei der Beklagten abzusehen. Dieser Umstand ist
durch die Dauer seines Habilitationsverfahrens verursacht, dessen Verlauf im
Tatbestand des verwaltungsgerichtlichen Urteils zutreffend dargestellt ist. Es ist dadurch
geprägt, dass der Kläger seit Vorlage seiner Habilitationsschrift im Jahre 1981 mehrere
Widerspruchsverfahren und verwaltungsgerichtliche Verfahren führen musste, um ihre
ordnungsgemäße Beurteilung und schließlich im Jahre 2003 ihre Annahme
durchzusetzen. Die überwiegend von der Beklagten zu vertretende Dauer des zum Teil
mit schweren Mängeln behaftet gewesenen Habilitationsverfahrens kann nicht
Grundlage für eine Belastung des Klägers mit Verfahrenskosten sein.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG und entspricht Nr. 36.3 des
Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004.
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