Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 15.06.1998

OVG NRW (entfernung, kläger, baum, verhältnis zu, weide, eigentümer, unterschutzstellung, grundstück, öffentliche sicherheit, wohnhaus)

Oberverwaltungsgericht NRW, 7 A 759/96
Datum:
15.06.1998
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 A 759/96
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 14 K 8202/94
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 1994 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 21. September 1994 wird
aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Der Kläger wendet sich gegen eine Anordnung der Beklagten, als Ausgleich für einen
von ihm gefällten Baum auf seinem Grundstück eine Ersatzpflanzung vorzunehmen.
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Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks D. - H. bach-Straße 66 in B. -B. G. . Das von
der Straße weg zunächst steil ansteigende Grundstück ist mit einem am Hang
gelegenen Wohnhaus bebaut. Seitlich versetzt neben dem Wohnhaus stand auf der
Geländeoberkante, die den Übergang vom Hang zum dahinterliegenden flacheren
Gelände bildet, eine ca. 50 bis 60 Jahre alte Silberweide. Die Silberweide, die sich in
ca. 2 bis 3 m Höhe in einen West- und einen zum Wohnhaus des Klägers hin gelegenen
Oststämmling gabelte, wies bei einer Höhe von ca. 15 m am Stammfuß einen
Stammumfang von 2,64 m auf.
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Im März 1991 erlangte die Beklagte Kenntnis davon, daß eine Fachfirma im Auftrag des
Klägers damit begonnen hatte, die Silberweide zu fällen. Die eingeschalteten
Polizeibeamten stellten am 22. März 1991 vor Ort fest, daß der Oststämmling der
Silberweide bereits gekappt worden war und untersagten nach Rücksprache mit der
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Beklagten die Vornahme weiterer Fällarbeiten.
Am 25. April 1991 führten Bedienstete der Beklagten eine Ortsbesichtigung auf dem
Grundstück des Klägers durch. In dem hierüber angefertigten Protokoll wurde folgendes
festgehalten:
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"Weide STU 264 cm hat stark eingemorschte Altastabschnitte in 0,70 m u. 1,80 m Höhe
mit vermutlicher Morschung bis in den Stammfuß sowie erkennbarer
Stammunterversorgung auf der Ostseite. Dies erklärt auch, daß an dem entfernten
Stämmling Richtung Osten, Totholz bis ? 15 bis 20 cm vorhanden war. An dem
gelagerten Astwerk ist erkennbar, daß der Totholzanteil vermutlich ca. 20 bis 30 %
betrug. Einstufung des Gesamtzustandes, auch unter Berücksichtigung des Standortes
an einer Geländebruchkante ca. 15 m über der Straße und Haus, ist maximal
ausreichend. Bei Antragstellung wäre einer Entfernung fachlich zugestimmt worden."
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Darüber hinaus wurde in dem Protokoll vermerkt, daß im Ortstermin die mündliche
Genehmigung zur Entfernung des Restbaumes erteilt worden war, da von ihm eine
Gefahr ausgegangen sei.
7
Mit Schreiben vom 8. Mai 1991 bestätigte die Beklagte dem Kläger nochmals die bereits
mündlich erteilte Genehmigung zur Entfernung des Restbaumes und hörte ihn zur
beabsichtigten Anordnung einer Ersatzpflanzung an.
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Mit einem ersten Bescheid vom 21. Oktober 1991 forderte die Beklagte den Kläger -
gestützt auf Vorschriften der Baumschutzsatzung der Stadt B. - auf, als Ersatz für die
entfernte Silberweide mindestens drei Weiden mit einem Stammdurchmesser von
mindestens 20 cm auf dem Grundstück anzupflanzen. Den hiergegen eingelegten
Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juni
1992 zurück. In dem sich anschließenden ersten verwaltungsgerichtlichen Verfahren
hob das Verwaltungsgericht Köln mit Urteil vom 19. April 1994 den Bescheid des
Beklagten vom 21. Oktober 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides auf. Zur
Begründung führte es u.a. aus, die aufgegebene Ersatzpflanzung mehrerer Weiden für
den entfernten Baum sei angesichts des nur als maximal ausreichend eingestuften
Zustandes der Weide rechtswidrig.
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Mit dem im vorliegenden Verfahren angefochtenen neuen Bescheid vom 14. Juli 1994
forderte die Beklagte den Kläger auf, eine Ersatzpflanzung in Form einer Silberweide
(Hochstamm, Stammumfang 20 bis 25 cm, dreimal verpflanzt) oder aber einer anderen,
mit der Beklagten abzustimmenden Baumart durchzuführen. Zur Begründung war
ausgeführt: Nach § 4 Abs. 5, 6 und 8 der örtlichen Baumschutzsatzung sei der Kläger
verpflichtet, für die Entfernung der Weide eine Ersatzpflanzung vorzunehmen (und zu
erhalten). Die Forderung der ersatzweisen Pflanzung nur noch einer Silberweide
berücksichtige die Art, den Gesamtzustand und den Standort des gefällten Baumes. Die
Weide habe vor der Entfernung des Oststämmlings noch einen ausreichenden
Gesamtzustand aufgewiesen. Die festgestellte Stammfußmorschung und ein
Totholzanteil von 20 bis 30 % seien für einen alten Baum dieser Art nicht ungewöhnlich.
Es sei auch nicht feststellbar, daß von der Silberweide vor Entfernung des
Oststämmlings eine solche Gefahr für die öffentliche Sicherheit, insbesondere die
Passanten auf der unterhalb des Grundstücks gelegenen Straße, ausgegangen sei, die
eine unaufschiebbare Entfernung des Baumes, welche ohne Verpflichtung zur
Vornahme einer Ersatzpflanzung zulässig sei, gerechtfertigt hätte.
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Den hiergegen eingelegten, nicht weiter begründeten Widerspruch wies die Beklagte
mit Widerspruchsbescheid vom 21. September 1994, zugestellt am 29. September 1994,
zurück.
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Der Kläger hat daraufhin am 25. Oktober 1994 Klage erhoben, zu deren Begründung er
vorgetragen hat: Die maßgeblichen, hier angewandten Regelungen der
Baumschutzsatzung seien nicht mit der Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 GG
vereinbar. Die Anknüpfung der belastenden Pflicht zu Ersatzpflanzungen an die
Erteilung von Fällerlaubnissen bzw. die Erforderlichkeit solcher Erlaubnisse sei nur
dann gerechtfertigt, wenn diese Erlaubnis eine Begünstigung für den jeweils betroffenen
Grundstückseigentümer gewähre. Eine solche Vergünstigung sei aber in den Fällen, in
denen die Fällerlaubnis einen durch Alter und Krankheit geschädigten, nicht mehr
erhaltensfähigen Baum betreffe, nicht gegeben. In derartigen Fallgestaltungen sei der
Zweck, dem die satzungsrechtliche Unterschutzstellung von Bäumen diene und der den
damit verbundenen Eigentumseingriff legitimiere, entfallen. Angesichts dessen könne
der jeweilige Grundstücksinhaber einen nicht mehr erhaltensfähigen Baum schon kraft
seines Eigentums entfernen. Die Erteilung der Erlaubnis zur Fällung eines solchen
Baumes begründe mithin keine Begünstigung, sondern erschöpfe sich in ihrer
rechtlichen Bedeutung lediglich in der bloßen formellen Bestätigung des schon kraft
Verfassungsrechts gegebenen Eigentumsrechts. So liege der Fall auch hier. Die Weide
sei irreparabel krank und geschädigt gewesen und habe in diesem Zustand auf der
Oberkante des zu seinem Wohnhaus und zur Straße hin abfallenden Steilhanges eine
Gefahr für Personen und Sachen begründet. Das Vorliegen derartiger Gefahren werde
auch durch die Erklärungen der Beklagten selbst bestätigt. So sei etwa in der
schriftlichen Bestätigung der Fällerlaubnis im Anhörungsschreiben vom 8. Mai 1991
ausgeführt worden, die Genehmigung zur Erteilung des Baumes sei erteilt worden, da
von diesem eine Gefahr ausgegangen sei. Diese Erklärung sei dann in einem
Schriftsatz der Beklagten vom 12. Mai 1993 im ersten verwaltungsgericht-lichen
Verfahren noch um die Feststellung ergänzt worden, der Baum sei krank gewesen und
von ihm seien Gefahren für Personen und Benutzer der Straße und des Wohnhauses
ausgegangen, die nur durch eine Fällung zu beheben gewesen seien. Namentlich
durch den Oststämmling seien in besonderem Maße Gefahren hervorgerufen worden,
da dieser aufgrund seiner freien Stellung wesentlich kräftiger als der Weststämmling
habe wachsen können. Die durch das verstärkte Wachstum benötigten Wassermengen
habe er jedoch am konkreten Standort auf der Oberkante des Steilhanges nicht erhalten,
was zu der im Ortstermin festgestellten Unterversorgung und Totholzbildung geführt
habe. Dementsprechend seien auch zweimal schwere Äste aus dem Oststämmling
herausgebrochen, was ihn, den Kläger, dann, nicht zuletzt wegen der geringen
Entfernung des Oststämmlings zu seinem Wohnhaus, sofort dazu veranlaßt habe, die
Beseitigung der Weide in Auftrag zu geben. Demzufolge sei er kraft seines Eigentums
zur Entfernung der nicht mehr dem Schutzzweck der Baumschutzsatzung unterfallenden
Weide berechtigt gewesen. Dieses Recht werde durch die Auferlegung der Pflicht zur
Ersatzpflanzung in verfassungswidriger Weise belastet. Im übrigen werde auch der
Gleichheitsgrundsatz in mehrfacher Weise verletzt. So sei etwa eine Pflicht zur
Ersatzpflanzung nicht vorgesehen, wenn das Einholen einer behördlichen Fällerlaubnis
wegen der besonderen Eilbedürftigkeit nicht möglich sei. Auch entfalle dann eine
Ersatzpflanzungspflicht, wenn der Eigentümer abwarte, bis ein geschützter Baum durch
Sturm, Auswaschung, Unwetter o.ä. beseitigt werde. Es könne mit Blick auf die
Ersatzpflanzungspflicht aber keinen Unterschied machen, ob im Einzelfall das Einholen
einer behördlichen Fällerlaubnis noch möglich sei oder nicht bzw. ob der nicht mehr
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erhaltensfähige Baum durch das Einwirken von Naturkräften oder durch den Eigentümer
selbst zu Fall gebracht werde.
Der Kläger hat beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 1994 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 21. September 1994 aufzuheben.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem dem Kläger am 10. Januar 1996
zugestellten Urteil vom 13. Dezember 1995, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug
genommen wird, abgewiesen.
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Der Kläger hat sodann am 6. Februar 1996 Berufung eingelegt, die er nicht weiter
begründet hat.
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Der Kläger beantragt - sinngemäß ,
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das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu
erkennen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von der Beklagten vorgelegten
Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung ist begründet.
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Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage des Klägers zu Unrecht abgewiesen.
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Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 1994 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 21. September 1994 ist rechtswidrig und verletzt den
Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Beklagte kann die in dem angefochtenen Bescheid von dem Kläger verlangte
Ersatzpflanzung einer Silberweide (bzw. einer anderen auszuwählenden Baumart) nicht
auf die insoweit allein in Erwägung zu ziehenden Regelungen der §§ 4 Abs. 5 Satz 1, 7
Abs. 1 Satz 1 der Satzung zum Schutz des Baumbestandes in der Stadt B. vom 8. Mai
1985 (im folgenden: BSchS) stützen.
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Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 BSchS ist demjenigen, dem gemäß § 4 Abs. 1 a) - d) BSchS
eine Ausnahme von dem Entfernungsverbot des § 2 BSchS erteilt wird, aufzuerlegen,
auf dem Grundstück Bäume bestimmter Art und Größe als Ersatz für den entfernten
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Baum auf seine Kosten zu pflanzen und zu erhalten. In § 7 Abs. 1 Satz 1 BSchS ist
bestimmt, daß derjenige, der entgegen § 2 BSchS ohne Erlaubnis geschützte Bäume
entfernt, zerstört, schädigt oder ihren Aufbau wesentlich verändert, verpflichtet ist, dem
Wert der entfernten oder zerstörten Bäume entsprechende Neuanpflanzungen
vorzunehmen oder zu veranlassen oder die sonstigen Folgen der verbotenen
Handlungen zu beseitigen.
Zwar spricht einiges dafür, daß die Voraussetzungen dieser Regelung bei strikter
Anwendung des Wortlautes vorliegend erfüllt sind. Der Kläger hat im Sinne von § 7 Abs.
1 Satz 1 BSchS ohne Erlaubnis zunächst den Oststämmling der Silberweide entfernt
und den Baum insofern zumindest geschädigt bzw. in seinem Aufbau wesentlich
verändert. Anschließend ist dem Kläger mündlich im Ortstermin vom 25. April 1991 eine
nachfolgend nochmals schriftlich im Anhörungsschreiben vom 8. Mai 1991 bestätigte
Erlaubnis zur Entfernung des Restbaumes wegen von ihm ausgehender Gefahren
gemäß § 4 Abs. 1 c) BSchS erteilt worden, welche nach § 4 Abs. 5 Satz 1 BSchS
grundsätzlich mit der Auflage einer Neuanpflanzung zu verbinden ist.
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Gleichwohl erweist sich die in dem Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 1994 getroffene
Anordnung der Ersatzpflanzung als rechtswidrig. Bei der gebotenen
verfassungskonformen Auslegung und Anwendung der in der Baumschutzsatzung
enthaltenen Vorschriften über Ersatzpflanzungen mußte die Beklagte hier entsprechend
der Regelung des § 4 Abs. 8 BSchS, die in begründeten Fällen den Verzicht auf
Ersatzpflanzungen zuläßt, von der Aufforderung zur Vornahme einer Ersatzpflanzung
absehen.
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Dies ergibt sich im einzelnen aus folgendem: Die in der Baumschutzsatzung der Stadt
B. enthaltenen Verbote (§ 2 BSchS) sind Bestimmungen von Inhalt und Schranken des
Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG.
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Vgl.: BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 47.89 - BVerwGE 84, 361 (370 f.);
BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1993 - 7 C 26.92 - UPR 1993, 384 ff.; BGH, Urteil vom 26.
Januar 1984 - III ZR 216/82 - BGHZ 90, 17 (24 f.).
33
Dem liegt die Vorstellung zugrunde, daß jedes Grundstück durch seine Lage und
Beschaffenheit sowie die Einbettung in seine Umwelt, also durch seine jeweilige
Situation, geprägt wird. Diese "Situationsgebundenheit" kann den Gesetzgeber, der
gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen
und hierbei den privaten und den sozialen Nutzen des Eigentumsgebrauchs (Art. 14
Abs. 2 GG) in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen hat,
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vgl.: BVerfG, Beschluß vom 30. November 1988 - 1 BvR 1301/84 - BVerfGE 79, 174
(198); BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991 - 4 C 17.90 - BVerwGE 88, 191 (194),
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zu einer entsprechenden Beschränkung der Eigentümerbefugnisse berechtigen. Denn
seine Gestaltungsfreiheit nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ist um so größer, je stärker der
soziale Bezug des Eigentumsobjektes ist; hierfür sind dessen Eigenart und Funktion
von entscheidender Bedeutung.
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Vgl.: BVerfG, Urteil vom 28. Februar 1980 - 1 BvL 17/77 u.a. - BVerfGE 53, 257 (292).
37
Wenn die natürlichen oder landschaftsräumlichen Gegebenheiten eines Grundstücks im
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Interesse der Allgemeinheit erhaltenswert sind und des Schutzes bedürfen, so ergibt
sich hieraus eine Art immanenter, d.h. dem Grundstück selbst anhaftender
Beschränkung der Eigentümerbefugnissse, die durch natur- und
landschaftsschutzrechtliche Regelungen lediglich nachgezeichnet wird.
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1993 a.a.O.
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Die im Rahmen der Schaffung derartiger Inhalts- und Schrankenbestimmungen aus
verfassungsrechtlichen Gründen gebotene Herstellung eines ausgewogenen
Verhältnisses zwischen privaten und sozialen Nutzen des Eigentumsgebrauchs hat zur
Folge, daß die Ausgestaltung der Regelungen einer Baumschutzsatzung gewissen
Anforderungen genügen muß. Wird - wie bei der vorliegenden Satzung - darauf
verzichtet, schon bei der (normativen) Festlegung des Schutzes aller Bäume in einem
bestimmten Bereich, die einen bestimmten Stammumfang überschreiten, die Folgen
dieses Schutzes für den jeweils betroffenen Eigentümer, insbesondere die ihn
treffenden wirtschaftlichen Lasten und Einschränkungen der Nutzbarkeit seines
Grundeigentums, in den Blick zu nehmen und abzuwägen, muß gewährleistet sein, daß
diese den privaten Eigentümer belastenden Aspekte jedenfalls auf der Stufe der
rechtlichen Abwicklung der normativen Regelungen in einer Einzelfallprüfung
hinreichend berücksichtigt werden. Spätestens dann, wenn es um Ausnahmen und
Befreiungen von der Satzung sowie um Ersatzpflanzungen geht, muß gewährleistet
sein, daß die bewirkten Eigentumsbindungen nicht - gemessen am sozialen Bezug, an
der sozialen Bedeutung des Eigentumsobjektes und am verfolgten Regelungszweck -
zu einer übermäßigen und unzumutbaren Belastung für den Eigentümer führen.
40
Vgl.: OVG NW, Urteil vom 8. Oktober 1993 - 7 A 2021/92 - und Beschluß vom 16. Januar
1998 - 10 A 666/96 -.
41
In der Einzelfallprüfung sind bei der Anwendung der einzelnen Ausnahmetatbestände
sowie der Regelungen über Ersatzpflanzungen im Rahmen der verfassungsrechtlich
gebotenen Abwägung der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit die betroffenen
Eigentümerinteressen zu berücksichtigen. Ihnen ist um so eher und um so mehr
Rechnung zu tragen, je geringer im konkreten Fall die Schutzzwecke der Satzung durch
den Verlust eines einzelnen Baumes, etwa im Hinblick auf dessen Alter, Zustand,
Standort usw., berührt werden.
42
Vgl.: OVG NW, Urteil vom 8. Oktober 1993 - 7 A 2021/92 - und Beschluß vom 16. Januar
1998 - 10 A 666/96 -.
43
Entfaltet ein Baum aufgrund seines Alters, Zustandes oder Standortes die typischen
Wohlfahrtswirkungen, wie etwa eine Bedeutung für die Tier- und Pflanzenwelt, für das
Orts- und Landschaftsbild, die Verbesserung des Stadtklimas usw., welche seine
Unterschutzstellung im öffentlichen Interesse angezeigt erscheinen lassen, nicht mehr
oder nur noch in verringerten Maße, so kann dies zur Folge haben, daß sich die mit der
Unterschutzstellung verbundenen Belastungen und Beschränkungen für den
Eigentümer, weil nicht mehr durch einen mindestens gleichgewichtigen öffentlichen
Zweck gerechtfertigt, als unverhältnismäßig und unzumutbar erweisen. Gleiches kann
dann in Betracht kommen, wenn von einem Baum aufgrund seines Erhaltungszustandes
Gefahren ausgehen, die nicht durch gezielte Eingriffe oder ein ansonsten dem
Eigentümer zurechenbares Verhalten hervorgerufen worden sind. Auch durch das
Hinzutreten derartiger Gefahren als weitere Belastung für den Eigentümer neben den
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ohnehin schon regelmäßig durch die Unterschutzstellung bewirkten gewöhnlichen
Belastungen und Einschränkungen kann im Einzelfall, je nach der konkreten Bedeutung
des Baumes für die Schutzzwecke der Satzung, die Zumutbarkeitsschwelle
überschritten werden. Im Rahmen dieser vorzunehmenden Abwägung ist gerade mit
Blick auf ältere, durch Krankheit geschädigte und deshalb Gefahren verursachende
Bäume zu berücksichtigen, daß auch Bäume als Elemente der Natur dem Gesetz des
Kommens und Vergehens unterworfen sind. Auch die Baumschutzsatzung kann für den
einzelnen Baum nur unter diesen Einschränkungen eine Bestandssicherung vorsehen.
Hat ein Baum aufgrund seines Alters oder sonstiger Ereignisse die Endphase seiner
biologischen Existenz erreicht, so entspricht es natürlicher Betrachtung, ihn als
abgängig zu behandeln.
Vgl. OVG NW, Urteil vom 8. Oktober 1993 - 7 A 2021/92 -.
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Diesen natürlichen Gegebenheiten kann sich die Baumschutzsatzung nicht dadurch
entgegenstellen, daß sie für jeden Fall der - gleichsam nur an Stelle des weiteren
biologischen Verfalls tretenden - Entfernung eines kranken, im vorgenannten Sinne
abgängigen Baumes die Anlegung einer Ersatzpflanzung verlangt.
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Einer Baumschutzsatzung kommt nicht die Aufgabe zu, ein bestimmtes ökologisches
Gesamtpotential zu bewahren. Schutzobjekt der Satzung ist der jeweils von der Norm
erfaßte einzelne Baum. Auf diesen ist die abwägende Einzelfallprüfung zu beziehen.
Angesichts dessen kann die Aufrechterhaltung der Unterschutzstellung wie auch die
Forderung nach einer Ersatzpflanzung nicht schon damit gerechtfertigt werden, daß
auch ein kranker und Gefahren verursachender Baum noch einen gewissen Beitrag zu
dem ökologischen Gesamtpotential leisten mag. Entscheidend ist vielmehr, ob der
Baum trotz Alters oder Krankheit noch dauerhafte Wohlfahrtswirkungen mit einem
derartigen Gewicht entfaltet bzw. künftig erwarten läßt, daß auch unter Berücksichtigung
gegebenenfalls bestehender Gefahren die mit der Unterschutzstellung ausgelösten,
durch die Ersatzpflanzung fortgesetzten Beschränkungen und Belastungen für den
Eigentümer noch legitimiert und zumutbar sind. Ist dies nicht der Fall und ist die
Unterschutzstellung eines Baumes deshalb im Zeitpunkt seiner Entfernung nicht mehr in
dem Sinne angemessen und zumutbar, daß das öffentliche Interesse am Erhalt des
Baumes die privaten Eigentümerbelastungen und Einschränkungen zumindest
aufwiegt, so tritt durch die Entfernung eines solchen Baumes mit Blick auf den Bestand
der von der Unterschutzstel-lung im öffentlichen Interesse zu Recht erfaßten Bäume
kein Verlust ein, der durch eine Ersatzpflanzung, die ihrerseits gleichsam den
freigewordenen Platz in diesem Bestand einnimmt, auszugleichen wäre.
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Aus dem Vorstehenden folgt, daß auch Satzungsregelungen über Ersatzpflanzungen
keine "Automatik" in dem Sinne zukommen darf, daß etwa in jedem Fall der Erteilung
einer Erlaubnis zur Entfernung eines Baumes wegen Krankheit oder durch ihn
hervorgerufener Gefahren zwingend eine Verpflichtung zur Ersatz-pflanzung besteht.
Vielmehr ist gerade in diesen Fällen, in denen die Ersatzpflanzung die
Eigentümerbeschränkung und -belastung um des entfernten Baumes Willen
ersatzweise fortführt, eine am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu orientierende
abwägende Einzelfallprüfung im zuvor dargelegten Sinne vorzunehmen.
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Vgl.: OVG NW, Urteil vom 8. Oktober 1993 - 7 A 2021/92 - und Beschluß vom 16. Januar
1998 - 10 A 666/96 -
49
Die danach verfassungsrechtlich gebotene Einzelprüfung auch für die Anordnung von
Ersatzpflanzungen läßt die Baumschutzsatzung der Stadt B. zu. Sie regelt in § 4 Abs. 5
und § 7 Abs. 1 Satz 1 - wie gezeigt - zwar eine grundsätzliche Verpflichtung zur
Vornahme von Ersatzpflanzungen, wenn eine Erlaubnis zur Entfernung des Baumes
etwa wegen Krankheit oder Gefahrverursachung gemäß § 4 Abs. 1 c) - d) BSchS erteilt
wird oder wenn ein Baum ohne erforderliche Erlaubnis entfernt, zerstört, geschädigt
oder in seinem Aufbau wesentlich verändert wird. Diese Ersatzpflanzungverpflichtung
gilt aber nicht vorbehaltslos. Gemäß § 4 Abs. 8 BSchS können vielmehr von der
Verpflichtung zu Ersatzpflanzungen nach § 4 Abs. 5 BSchS in besonders begründeten
Fällen Ausnahmen zugelassen werden. Diese Bestimmung ist - zur Vermeidung einer
ansonsten auftretenden verfassungswidrigen "Automatik" im genannten Sinne -
verfassungskonform dahingehend auszulegen und anzuwenden, daß in ihrem Rahmen
zu prüfen ist, ob sich die Ersatzpflanzungsverpflichtung im konkreten Fall noch als
angemessene und zumutbare Ausgestaltung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums
entsprechend den gezeigten Maßstäben erweist und ist weitergehend so zu verstehen,
daß, wenn dies nicht der Fall ist, eine Ausnahme von der Ersatzpflanzungsverpflichtung
des § 4 Abs. 5 BSchS zuzulassen ist. Zugleich ist die Bestimmung mit diesem Inhalt zur
Herstellung der verfassungsmäßigen Unbedenklichkeit der in § 7 Abs. 1 Satz 1 BschS
geregelten Ersatzpflanzungsverpflichtung auch auf diese Vorschrift, welche ansonsten
ihrem bloßen Wortlaut nach eine abwägende Einzelfallprüfung nicht vorsieht,
anzuwenden.
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Bei Anlegung dieser Maßstäbe erweist sich die Anordnung der Vornahme einer
Ersatzpflanzung in dem Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 1994 als rechtswidrig. Die
Beklagte hätte in Anwendung des § 4 Abs. 8 BSchS im zuvor dargelegten Sinne eine
Ausnahme von der Ersatzpflanzungsverpflichtung, unabhängig davon, ob sich diese
hier grundsätzlich aus § 4 Abs. 5 Satz 1 BSchS oder aus § 7 Abs. 1 Satz 1 BSchS
herleiten läßt, zugunsten des Klägers zulassen müssen.
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Von der Silberweide gingen bereits im Zeitpunkt der ohne Erlaubnis vorgenommenen
Entfernung des Oststämmlings solche, nicht auf andere Weise mit zumutbarem Aufwand
zu behebende Gefahren für Personen oder Sachen aus, die jedenfalls einen Anspruch
des Klägers auf Entfernung des Baumes gemäß § 4 Abs. 1 c) BSchS begründeten. Als
Gefahren im Sinne der genannten Vorschrift sind sowohl Gefahren für Sachgüter als
auch solche für Leib oder Leben von Personen anzusehen. Dabei sind, was die
Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens für die benannten Schutzgüter
anbelangt, im Hinblick auf die Qualität der potentiell gefährdeten Rechtsgüter keine
allzu strengen Anforderungen zu stellen. Hierfür reicht es aus, wenn ein Sachverhalt
vorliegt oder dargelegt wird, der nach den Regeln des Anscheinsbeweises den
Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich erscheinen läßt. Es genügt mithin, wenn
ein Tatbestand vorliegt oder dargelegt wird, der nach allgemeiner Lebenserfahrung auf
den künftigen Eintritt eines Schadens hinweist.
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Vgl.: OVG NW, Urteil vom 8. Oktober 1993 - 7 A 2021/92 -.
53
Hiervon ausgehend war bereits zum Zeitpunkt der Entfernung des Oststämmlings eine
Gefahr im Sinne des § 4 Abs. 1 c) BSchS gegeben. Nach den Feststellungen der
fachkundigen Mitarbeiter der Beklagten im Ortstermin vom 25. April 1991 wies die
Weide stark eingemorschte Altastabschnitte mit vermutlichen Morschungen bis in den
Stammfuß hinein auf. Der vom Kläger zunächst entfernte Oststämmling bestand bis zu
einem Durchmesser von 15 bis 20 cm in seinem inneren Kern - wie auch die von der
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Polizei angefertigten Lichtbilder für den Bereich der Gabelung des Baumes belegen -
aus Totholz. Dies fand nach den Feststellungen im Ortstermin seine Ursache darin, daß
die Weide auf der Ostseite, standortbedingt wegen der Stellung auf der
Geländebruchkante, an einer Stammunterversorgung litt. Hierauf war auch
zurückzuführen, daß nach den Feststellungen im Orts-termin das Astwerk des
Oststämmlings ebenfalls zu einem Anteil von vermutlich immerhin 20 bis 30 % aus
Totholz bestand. Angesichts dessen waren vorliegend Umstände gegeben, die - im
Sinne eines Anscheinsbeweises - nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf den
künftigen Eintritt eines Schadens hinwiesen. Zum einen lag es nahe, daß künftig
insbesondere bei entsprechenden Windverhältnissen stärkere Totholzäste aus der
Krone des Oststämmlings herausgebrochen wären und dann ggfs. auf dem Grundstück
befindliche - und insoweit ebenso wie Straßenpassanten schutzwürdige - Personen
hätten verletzen oder aber zumindest Schäden am nahegelegenen Wohnhaus hätten
verursachen können. Von entsprechenden Vorfällen in der Vergangenheit hat der
Kläger auch berichtet. Zum anderen war angesichts der immerhin nahezu die Hälfte des
Stammumfanges ausmachenden Totholzbildung im Gabelungsbereich des
Oststämmlings - bei anzunehmender Weiterentwicklung dieses Schadens aufgrund der
sie verursachenden, nicht behebbaren Stammunterversorgung - zu befürchten, daß in
absehbarer Zeit der gesamte Oststämmling einem stärkeren Sturm, nicht zuletzt auch
wegen der exponierten Lage des Baumes freistehend auf der Geländebruchkante, nicht
mehr Stand gehalten hätte, abgebrochen wäre und dann ganz erhebliche Schäden für
Personen oder das Wohnhaus verursacht hätte. Diese Gefahren waren auch nicht auf
andere Weise als durch eine Entfernung des gesamten Baumes zu beheben. Sowohl
die Totholzbildung im Astwerk als auch im Gabelungsbereich des Oststämmlings
beruhte nach den Feststellungen des sachverständigen Mitarbeiters der Beklagten im
Ortstermin auf einer standortbedingten Stammunterversorgung des östlichen Teils der
Weide. Wären etwa die Totholzanteile im Astwerk lediglich herausgeschnitten worden,
so hätte sich wegen der Unterversorgung über kurz oder lang erneut entsprechendes
Totholz im Astwerk gebildet. Auch ein die Gefahren noch erhöhendes Fortschreiten der
Totholzbildung im Oststämmling infolge der kontinuierlichen Unterversorgung dieses
Baumteiles wäre mit zumutbarem Aufwand nicht zu unterbinden gewesen. Letztlich war
den durch die Totholzbildung verursachten Gefahren hinreichend sicher nur durch ein
Entfernen des gesamten Oststämmlings mit seinem Astwerk zu begegnen. Der
verbleibende Restbaum begründete für sich genommen als ungleichgewichtiger, nicht
mehr sanierungs- und lebensfähiger "Baumkrüppel", welcher ohnehin im für die
Standfestigkeit bedeutsamen Baumfuß ebenfalls bereits an, eine künftige Bruchgefahr
auslösenden, Durchmorschungen litt, ebenfalls eine Gefahrensituation, die nicht anders
als durch die vollständige Beseitigung zu beheben war. Dies wird letztlich auch dadurch
bestätigt, daß der sachverständige Mitarbeiter der Beklagten bezüglich des Restbaumes
eine solche Gefahr vor Ort angenommen und hierauf gestützt dem Kläger sofort die
zunächst mündlich ausgesprochene und dann schriftlich bestätigte Erlaubnis zur
Entfernung des Restbaumes erteilt hat.
Demzufolge war im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallprüfung zu berücksichtigen,
daß neben den ohnehin durch die Unterschutzstellung bewirkten gewöhnlichen
Belastungen und Einschränkungen hier als weitere Belastung für den Kläger eine durch
die Weide, und zwar bereits vor der Entfernung des Oststämmlings, hervorgerufene
standort- und altersbedingte nicht unerhebliche Gefahr gegeben war. Demgegenüber
war für das in die Abwägung andererseits einzustellende öffentliche
Erhaltungsinteresse zu bedenken, daß die Silberweide in ihrem Erhaltungszustand
bereits vor Entfernung des Oststämmlings deutliche Schwächungen und
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Beeinträchtigungen aufwies. Zwar mag es sein, daß sie auch in diesem Zustand unter
Berücksichtigung des Aspektes, daß ältere Bäume häufig Erkrankungen aufweisen,
noch Wohlfahrtswirkungen, etwa im Hinblick auf die Verbesserung des Stadtklimas,
entfaltet hat. Gleichwohl handelte es sich aber doch um solche Beeinträchtigungen bzw.
Schwächungen des Gesamtzustandes, die letztlich auch im Hinblick auf den nicht
artgerechten Standort nicht behebbar waren und die in ihrem konkreten Stadium in
absehbarer Zeit zu einem Absterben (Totholzbildung) immer größerer Teile des Baumes
geführt hätten. Dies wird letztlich auch dadurch bestätigt, daß der sachkundige
Mitarbeiter der Beklagten im Ortstermin vom 25. April 1991 den Gesamtzustand des
Baumes als "maximal", d.h. allenfalls noch ausreichend eingestuft und weiter ausgeführt
hat, der Entfernung des Baumes wäre bei entsprechender Antragstellung vor Beginn der
Fällarbeiten fachlich zugestimmt worden.
Bei dieser Sachlage mußte die vorzunehmende Abwägung zu dem Ergebnis führen,
daß das öffentliche Erhaltungsinteresse in keinem angemessenen Verhältnis zu den mit
der Unterschutzstellung bewirkten Belastungen und Einschränkungen für den Kläger
mehr stand. Es war dem Kläger nicht zuzumuten, weiterhin die, sich künftig allenfalls
noch verschärfenden Gefahren, welche im Hinblick auf das durchaus im Bereich des
Möglichen liegende Abbrechen des totholzgeschädigten Oststämmlings von ganz
erheblichem Gewicht waren, hinzunehmen, um einen Baum zu erhalten, der angesichts
seines Alters, seines nicht artgerechten Standortes und der fortschreitenden Erkrankung
die Endphase seiner biologischen Existenz erreicht hatte und als in diesem Sinne
"abgängiger" Baum absehbar in immer stärkerem Maße seine Wohlfahrtswirkungen
eingebüßt hätte.
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Die vorgenannten Umstände, nämlich die durch den Baum hervorgerufenen erheblichen
Gefahren für die Bewohner des klägerischen Grundstücks bzw. die darauf befindlichen
Sachwerte einerseits und das andererseits dem gegenüberstehende, diese Gefahren
nicht mehr aufwiegende verringerte öffentliche Interesse am Erhalt eines Baumes,
hinsichtlich dessen Gesamtzustand eine weitere deutliche Verschlechterung akut zu
erwarten war, führen zu dem Ergebnis, daß die Aufrechterhaltung der
Bestandssicherung des Baumes durch die Regelungen der Satzung nicht mehr länger
angemessen und dem Kläger zumutbar war. Fehlte es infolgedessen bereits im
Zeitpunkt der Entfernung des Oststämmlings durch den Kläger an den Voraussetzungen
für eine auch verfassungsrechtlich unbedenkliche andauernde Unterschutzstellung der
Silberweide, so ist durch deren Entfernung entsprechend den oben dargelegten
Grundsätzen kein Verlust eingetreten, der durch eine Ersatzpflanzung auszugleichen
war.
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Nach alledem war vorliegend ein Sachverhalt gegeben, der bei entsprechender
verfassungskonformer Auslegung und Anwendung des § 4 Abs. 8 BSchS sowohl mit
Blick auf die in § 4 Abs. 5 Satz 1 BSchS wie auch in § 7 Abs. 1 Satz 1 BSchS
enthaltenen Verpflichtungen ein Absehen von der Anordnung zur Vornahme einer
Ersatzpflanzung gebot.
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Die angefochtene Verfügung der Beklagten erweist sich von daher als rechtswidrig und
der Berufung war mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht vorliegen.
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