Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 14.06.2005

OVG NRW: bebauungsplan, öffentliche parkanlage, numerus clausus, bestandteil, nutzungsänderung, gemeinde, breite, ausnahme, grundstück, offenlegung

Oberverwaltungsgericht NRW, 7 D 97/03.NE
Datum:
14.06.2005
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 D 97/03.NE
Tenor:
Die Anträge der Antragsteller zu 5. bis 12. und zu 17. werden abgelehnt.
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 03/1 ​N.------straße /O. ​ der
Stadt E. ist unwirksam.
Von den Kosten des Verfahrens tragen die Antragsgegnerin 8/17 und
die Antragsteller zu 5. bis 12. und zu 17. jeweils 1/17, wobei die
Antragsteller zu 5. bis 8. und zu 11. bis 12. für ihren Kostenanteil
gesamtschuldnerisch haften; außergerichtliche Kosten der
Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Antragsteller wenden sich gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 03/1
"N.------straße /O. " der Antragsgegnerin.
2
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan erfasst ein Areal, das sich auf rd. 180 m Länge
mit einer Breite von 100 bis 85 m entlang der Nordwestseite der N.------straße (L 551)
erstreckt, die als Hauptverkehrsstraße in Richtung Nordosten aus E. herausführt. Im
Norden wird das Plangebiet begrenzt von der Straße O. (L 580). Das Plangebiet des
vorhabenbezogenen Bebauungsplans und seine Umgebung ergeben sich aus der
nachfolgenden Übersicht 1:5000.
3
Das Plangebiet wird zum großen Teil von einem früher als Bau- und Heimwerkermarkt
genutzten Baukörper eingenommen. Zur N.------straße hin befinden sich Stellplätze. Der
südwestliche Bereich des Plangebiets ist unbebaut. Entlang der dem Plangebiet
gegenüber liegenden Südostseite der N.------straße befindet sich wie an beiden Seiten
4
des nördlich der O. gelegenen Abschnitts der N.------straße umfangreiche gewerblich
genutzte Bebauung. Südlich des Plangebiets liegt unmittelbar an der N.------straße eine
Tankstelle. Das sich westlich an die Tankstelle anschließende Gelände, das durch
einen von Süden als Stichstraße bis dicht an das Plangebiet heranführenden Abschnitt
des T. Wegs erschlossen ist, wird zu Wohnzwecken genutzt. Wohnbebauung befindet
sich auch beiderseits der Straße An der M. , die in einem Abstand von 180 bis 120 m
westlich der N.------ straße etwa parallel zu dieser verläuft. Zwischen den rückwärtigen
(östlichen) Hausgärten der an der Ostseite der Straße An der M. gelegenen
Wohnhäuser und dem Geltungsbereich des strittigen vorhabenbezogenen
Bebauungsplans sowie der südlich anschließenden Wohnbebauung des T. Wegs
erstreckt sich eine öffentliche Parkanlage, die im Süden knapp 50 m breit ist und sich
nach Norden bis zur Straße O. auf eine Breite von rd. 10 m verjüngt.
Die Antragsteller sind (Mit-)Eigentümer von Wohnhäusern bzw. Eigentumswohnungen,
die an dem als Stichstraße ausgebildeten Abschnitt des T. Wegs sowie an der Ostseite
der Straße An der M. liegen. Die Grundstücke der Antragsteller zu 1. bis 4. (T. Weg, 9,
9a, 11 und 11a) grenzen unmittelbar an den Südrand des Plangebiets des strittigen
vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Die weiteren am T. Weg gelegenen
Grundstücke der Antragsteller zu 5. bis 12. sind bis maximal rd. 90 m vom Plangebiet
entfernt. Die Entfernung der an der Straße An der M. gelegenen Grundstücke der
Antragsteller zu 13. bis 17. zum Plangebiet beträgt zwischen gut 25 und knapp 80 m.
5
Die Grundstücke der Antragsteller liegen im Geltungsbereich des Ende 1995 bekannt
gemachten Bebauungsplans Nr. 93/4 "M. /T. Weg". Dieser erfasst den gesamten
Bereich westlich der N.------straße , der im Norden von der Straße O. , im Westen von
der Straße An der M. und im Süden vom T. Weg begrenzt wird. Für den Bereich des
strittigen vorhabenbezogenen Bebauungsplans, für den der Bebauungsplan Nr. 93/4
zeitgleich mit Erlass des vorhabenbezogenen Bebauungsplans aufgehoben wurde,
setzte der Bebauungsplan Nr. 93/4 ein Sondergebiet "Bau- und Heimwerkermarkt mit
Gartenmarkt" fest, wobei entlang der N.------straße Stellplätze ausgewiesen waren. Der
südwestliche Bereich des nunmehr mit dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan
überplanten Areals war als Fläche zum Anpflanzen von Bäumen und Sträuchern bzw.
als Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und
Landschaft (u.a. Anlage von Feuchtbereichen) ausgewiesen. Zur südlich angrenzenden
Wohnbebauung hin war ein Lärmschutzwall mit einer Kronenhöhe von mindestens 2 m
festgesetzt. Die Bereiche beiderseits des als Stichstraße ausgewiesenen Abschnitts des
T. Wegs (Grundstücke der Antragsteller zu 1. bis 12.) sowie östlich der Straße An der M.
(u.a. Grundstücke der Antragsteller zu 13. bis 17.) sind als allgemeine Wohngebiete mit
Nutzungseinschränkungen ausgewiesen. Der als solcher tatsächlich auch vorhandene
Grünstreifen zwischen den östlich der Straße An der M. gelegenen Wohngrundstücken
und dem Sondergebiet bzw. der Bebauung entlang der Stichstraße T. Weg ist als
öffentliche Parkanlage mit zusätzlichen naturbezogenen Regelungen ausgewiesen.
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Der strittige vorhabenbezogene Bebauungsplan trifft nunmehr für das ehemalige
Sondergebiet "Bau- und Heimwerkermarkt mit Gartenmarkt" und die südlich
anschließenden Flächen folgende Festsetzungen:
7
Der Bereich um das bestehende Gebäude des früheren Bau- und Heimwerkermarkts ist
als Sondergebiet "Großflächiger Einzelhandel und Gastronomie" mit einer maximal
zulässigen Grundfläche (GR) und einer maximal zulässigen Geschossfläche (GF) von
jeweils 5.800 qm ausgewiesen. Nach den textlichen Festsetzungen sind hier
8
Einzelhandelsbetriebe mit einer Gesamtverkaufsfläche von max. 5.000 qm
verschiedener näher umschriebener Branchen (mit jeweiliger
Verkaufsflächenbegrenzung, deren Summe 13.000 qm beträgt), Gaststätten mit max.
1.000 qm Nutzfläche sowie sonstige nicht störende Gewerbebetriebe i.S.v. § 6 Abs. 1
BauNVO mit einer Geschossfläche von insgesamt 1.000 qm unter Ausnahme von
Einzelhandelsbetrieben und Vergnügungsstätten zulässig. Die für das Sondergebiet
festgesetzten Baugrenzen greifen teilweise - insbesondere im Süden - über den
bestehenden Baukörper des früheren Bau- und Heimwerkermarkts hinaus. Im
Anschluss an den südlichen Bereich des bestehenden Baukörpers befindet sich
innerhalb der durch Baugrenzen festgelegten überbaubaren Grundstücksfläche des
Sondergebiets die Eintragung "Drive IN". Zwischen der überbaubaren Fläche des
Sondergebiets und der N.------straße sind bis auf einen schmalen zu bepflanzenden
Streifen entlang der N.------straße Stellplätze festgesetzt. Der südwestliche Bereich des
Plangebiets, der an die Wohnbebauung T. Weg angrenzt, ist als Gewerbegebiet
ausgewiesen. Hier sind nach den textlichen Festsetzungen Betriebe der Klassen I bis
VII (Nrn. 1 bis 212) des Abstandserlasses 1998 sowie Einzelhandelsbetriebe und
Vergnügungsstätten ausgeschlossen. Nach den festgesetzten Baugrenzen bzw.
Baulinien können im Gewerbegebiet Baukörper mit insgesamt rd. 55 m Länge (parallel
zur südlichen Plangebietsgrenze) errichtet werden. Zulässig ist maximal ein
Vollgeschoss bei einer maximalen Gebäudehöhe von 6,00 m und im Bereich der
südlichen - den Grundstücken der Antragsteller zu 1. bis 4. zugewandten - Baulinie bei
einer Traufhöhe von maximal 4,50 m. Der rd. 7,50 m tiefe Streifen zwischen der
überbaubaren Fläche des Gewerbegebiets und den südlich angrenzenden
Wohngrundstücken der Antragsteller zu 1. bis 4. ist als Fläche mit Bindungen für
Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen
Bepflanzungen ausgewiesen. Das kleinere Flurstück 612, das an die bestehende
Tankstelle angrenzt und im Bebauungsplan Nr. 93/4 als Sondergebiet "Bau- und
Heimwerkermarkt mit Gartenmarkt" ausgewiesen war, ist als Mischgebiet festgesetzt.
Das nördlich und westlich angrenzende Flurstück 613 ist als Straßenverkehrsfläche
ausgewiesen. Hier befindet sich die einzige Zu- und Abfahrt zu dem festgesetzten
Sondergebiet und Gewerbegebiet, die zugleich zu dem südlich anschließenden, vom
vorhabenbezogenen Bebauungsplan im Übrigen nicht erfassten Tankstellengelände
führt. Eine weitere, auf die Einfahrt für den Anlieferverkehr beschränkte Zufahrt ist an der
Nordwestecke des Plangebiets zur O. festgesetzt. Im Übrigen setzt der
vorhabenbezogene Bebauungsplan zur N.------straße und zur O. hin Bereiche ohne Ein-
und Ausfahrt fest. Für den gesamten Bereich zwischen den überbaubaren Flächen des
südlichen Gewerbegebiets und des Sondergebiets sind Stellplätze festgesetzt.
Schließlich setzt der vorhabenbezogene Bebauungsplan - neben anderen
Festsetzungen - verschiedene Lärmschutzwände fest, die zum einen das "Drive In"
nach Westen und Süden sowie das Plangebiet insgesamt nach Westen (zur Bebauung
An der M. hin) und Süden (zur Bebauung T. Weg hin) abschirmen sollen.
Das Verfahren zur Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans sowie zur
Aufhebung des entsprechenden Bereichs des Bebauungsplans Nr. 93/4 nahm
folgenden Verlauf:
9
Mit Schreiben vom 11. Januar 2002 beantragte die Beigeladene, ein Verfahren zur
Teilaufhebung des Bebauungsplans Nr. 93/4 und Aufstellung eines
vorhabenbezogenen Bebauungsplans einzuleiten, u.a. mit dem Ziel, die
planungsrechtlichen Voraussetzungen zur Errichtung eines Schnellrestaurants (Burger
King) zu schaffen. Am 14. März 2002 fasste die Stadtverordnetenversammlung der
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Antragsgegnerin die entsprechenden Beschlüsse. Nach Durchführung einer frühzeitigen
Bürgerbeteiligung beschloss der Bauausschuss der Antragsgegnerin am 6. Februar
2003 die Offenlegung der Planentwürfe, die gemäß Bekanntmachung vom 17. Februar
2003 in der Zeit vom 25. Februar bis 25. März 2003 stattfand. Träger öffentlicher
Belange wurden beteiligt. Anlässlich der Offenlegung regte die Beigeladene als
Vorhabenträgerin an, im Sondergebiet einen Lebensmittelmarkt mit einer
Gesamtnutzfläche von 1.200 qm zuzulassen. Die Antragstellerin zu 4. sprach sich -
zugleich im Namen der Anwohner des Wohngebiets T. Weg/An der M. - gegen die
Planung aus.
Nach Durchführung einer vereinfachten Beteiligung gem. § 3 Abs. 3 iVm § 13 BauGB
hinsichtlich verschiedener Änderungen des Plans, u.a. Änderung einer Festsetzung
über Werbeanlagen, befasste sich die Stadtverordnetenversammlung der
Antragsgegnerin am 22. Juli 2003 mit den eingegangenen Stellungnahmen. Die
Anregung der Beigeladenen wies sie mit der Begründung zurück, die im
vorhabenbezogenen Bebauungsplan getroffenen Festsetzungen zielten darauf ab,
Auswirkungen im Sinne des Einzelhandelserlasses, wie Auswirkungen auf die
Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Stadt oder auf die Versorgung der
Bevölkerung an anderer Stelle im Stadtgebiet zu verhindern. Den Einwendungen der
Antragstellerin zu 4. wurde aus den auf den Seiten 6 ff. der Beschlussvorlage BA
172/2003, der die Stadtverordnetenversammlung am 22. Juli 2003 folgte, dargelegten
Erwägungen nicht gefolgt.
11
Anschließend beschloss die Stadtverordnetenversammlung den Durchführungsvertrag
zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan und die Begründung zur Teilaufhebung des
Bebauungsplans Nr. 93/4 sowie zur Aufstellung des vorhabenbezogenen
Bebauungsplans. Sodann fasste sie die Satzungsbeschlüsse zur Teilaufhebung und
zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan, die am 27. Oktober 2003 bekannt gemacht
wurden.
12
Parallel zur Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans und zur
Teilaufhebung des Bebauungsplans Nr. 93/4 wurde das Verfahren zu einer den
Festsetzungen des vorhabenbezogenen Bebauungsplans entsprechenden Änderung
des Flächennutzungsplans (49. Änderung) durchgeführt. Die Bekanntmachung der
Genehmigung der 49. Änderung des Flächennutzungsplans erfolgte gleichfalls am 27.
Oktober 2003.
13
Unter dem 9. September 2003 waren der Beigeladenen zwei Baugenehmigungen
gemäß § 33 BauGB erteilt worden. Sie erfassen ein Finanzdienstleistungszentrum im
Bereich der östlichen überbaubaren Fläche des festgesetzten Gewerbegebiets sowie
ein Schnellrestaurant mit Drive-In-Schalter und Außengastronomie im südlichen Bereich
der überbaubaren Fläche des festgesetzten Sondergebiets und enthalten beide
zugleich Festlegungen über die Errichtung von Lärmschutzwänden. Beide
Baugenehmigungen sind nicht bestandskräftig.
14
Die Antragsteller haben am 28. Oktober 2003 einen Normenkontrollantrag gestellt, der
sich ursprünglich allein gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan richtete, und
zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO beantragt.
Am 24. November 2003 haben die Antragsteller ihren Normenkontrollantrag ergänzend
auch gegen die Teilaufhebung des Bebauungsplans Nr. 93/4 gerichtet. Das Begehren
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat der Senat mit Beschluss vom 28.
15
November 2003 im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, die Antragsteller
hätten keinen schweren Nachteil im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO dargetan. Mit
weiterem Beschluss vom 28. November 2003 hat der Senat das Verfahren, soweit es
sich gegen die Teilaufhebung des Bebauungsplans Nr. 93/4 richtet, vom vorliegenden
Verfahren abgetrennt. Dieser Normenkontrollantrag ist beim Senat unter dem
Aktenzeichen 7 D 112/03.NE anhängig.
Zur Begründung ihres vorliegenden Begehrens auf Unwirksamkeitserklärung des
vorhabenbezogenen Bebauungsplans tragen die Antragsteller insbesondere vor, sie
seien alle antragsbefugt. Keines ihrer Grundstücke liege weiter als 100 m vom
Baumarktgelände entfernt. Angesichts der u.a. vorgesehenen Nutzung für einen
Gaststättenbetrieb mit 1000 qm Fläche und Außengastronomie sowie verschiedener
Gewerbebetriebe in nicht verlässlich eingrenzbarer Konstellation sei mit
unterschiedlichsten Beeinträchtigungen durch Geräusche und Gerüche sowie
Sichtbehinderungen oder Lichteffekte zu rechnen. Auch die Art der baulichen
Schutzmaßnahmen (Errichtung eines Gebäudes oder einer Lärmschutzwand) sei noch
nicht abschließend festgelegt worden. Die Störungen ließen sich nicht verlässlich auf
einen Radius von maximal 100 Metern begrenzen; auch die bisher vorgelegten
Gutachten könnten diese Besorgnis nicht ausräumen, zumal der Bebauungsplan nicht
sicherstelle, dass die gewählten theoretischen Ansätze auch tatsächlich in die Realität
überführt würden.
16
Ihr Antrag sei auch begründet. Bis heute existiere kein hinreichend konkretes Vorhaben,
welches den Voraussetzungen des § 12 BauGB genüge und damit die Anwendung des
planungsrechtlichen Sonderinstruments vorhabenbezogener Bebauungsplan
rechtfertige. Für den als Publikumsmagnet in Aussicht genommenen Nutzer „Burger
King" sei nur ein geringer Bruchteil des nutzbaren Areals vorgesehen gewesen, für den
Rest der nutzbaren Flächen habe es weder einen konkreten Plan noch irgendwelche
ernsthaften Interessenten gegeben. Ergänzend weisen die Antragsteller auf zahlreiche
weitere ihrer Meinung nach gegebene Mängel des Plans hin.
17
Die Antragsteller beantragen,
18
den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 03/1 "N.-- ----straße /O. " der
Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.
19
Die Antragsgegnerin beantragt,
20
den Antrag abzulehnen.
21
Sie trägt insbesondere vor, zumindest den Antragstellern zu 5. bis 12. sowie zu 17. fehle
die Antragsbefugnis. Im Übrigen sei der Antrag nicht begründet.
22
Die Rechtsprechung zur Reichweite des Planungsinstruments "vorhabenbezogener
Bebauungsplan" nach § 12 BauGB schließe nicht aus, dass das vereinbarte und im
Vorhaben- und Erschließungsplan festgelegte Vorhaben eine gewisse Bandbreite an
Nutzungsmöglichkeiten umfasse. Hier bilde die gesamte Bebauung bzw.
Nutzungsänderung in den als Sonder- bzw. Gewerbegebiet festgesetzten Bereichen
des Plangebiets das Vorhaben, dessen quantitatives Schwergewicht in der
Nutzungsänderung des Gebäudebestandes auf der Grundlage der
Sondergebietsfestsetzung liege. Insoweit sei eine Sondersituation gegeben, zumal der
23
Durchführungsvertrag unter § V 1 einen Abriss und Neubau des Gebäudebestandes
nicht zulasse. Die Etablierung des Fast-Food-Restaurants bilde den zentralen
Gegenstand des vorhabenbezogenen Bebauungsplans, was sich durch alle
Planaufstellungsunterlagen einschließlich der eingeholten Gutachten hindurchziehe
und auch in der Planurkunde selbst hinreichend deutlich werde. Zu verweisen sei auch
auf die enge zeitliche Verzahnung zwischen dem Ablauf des
Planaufstellungsverfahrens sowie der Baugenehmigungsverfahren für das Burger King-
Restaurant und das Finanzdienstleistungszentrum.
Das Gesamtvorhaben umfasse neben dem Projekt "großflächiger Einzelhandel und
Gastronomie" im Rahmen der Bestandsimmobilie, für das eine entsprechende
Sondergebietsausweisung getroffen worden sei, die Etablierung eines untergeordneten
Gewerbe-, namentlich Dienstleistungsobjekts am südlichen Rand des Plangebiets.
Dabei seien die Festsetzungen zur Art und zum Maß der baulichen Nutzung auf das
bereits umschriebene Gesamtvorhaben zugeschnitten. Soweit die getroffenen
Festsetzungen eine eng umschriebene Bandbreite möglicher Sortimente eröffneten, um
bei ggf. erforderlichen Marktanpassungen nicht zu laufenden Änderungen gezwungen
zu sein, entspreche dies der Leitentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.
September 2003 und widerspreche auch nicht der weiteren höchstrichterlichen
Rechtsprechung. Die gewerbliche Nutzung im Sondergebiet müsse sich der
vorhabenspezifischen Zweckbestimmung des Sondergebietes unterwerfen, daher seien
lediglich Gewerbebetriebe im Sinne von Dienstleistungsbetrieben zulassungsfähig. Ihr
zulässiger Anteil betrage im Übrigen nur max. 17 % der Geschossfläche im
Sondergebiet. Auch das südliche Gewerbegebiet sei gegenüber dem im Sondergebiet
zu realisierenden Teil des Gesamtvorhabens als untergeordneter Bestandteil desselben
zu werten. Der Anteil des Gewerbegebietes an der gesamten überbaubaren
Grundstücksfläche betrage lediglich 15 %.
24
Die Beigeladene äußert sich zur Sache nicht und stellt keinen Sachantrag.
25
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte 7 D 112/03.NE, der von der
Antragsgegnerin vorgelegten Aufstellungsvorgänge, Pläne und sonstigen Unterlagen
sowie der von den Antragstellern vorgelegten Unterlagen ergänzend Bezug genommen.
26
Entscheidungsgründe:
27
Der Normenkontrollantrag ist nur teilweise zulässig. Lediglich die Antragsteller zu 1. bis
4. und zu 13. bis 16. sind im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt.
28
Die Antragsbefugnis liegt vor, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die
Rechtsvorschrift - hier: die rechtsverbindlichen Festsetzungen des vorhabenbezogenen
Bebauungsplans - in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu
werden. Als solche Rechtsverletzung kommt auch eine Verletzung des subjektiven
Rechts auf Abwägung der eigenen Belange des von einem Bebauungsplan Betroffenen
in Betracht.
29
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 - 4 CN 2.98 -, BRS 60 Nr. 46.
30
Zu den in diesem Sinne abwägungsrelevanten Belangen gehören auch das Interesse
des Planbetroffenen an der Beibehaltung des bisherigen Zustands, namentlich an der
31
Beibehaltung von Ruhezonen.
Vgl.: BVerwG, Beschluss vom 20. August 1992 - 4 NB 3.92 -, BRS 54 Nr. 21.
32
Ebenso abwägungsrelevant ist auch das Interesse von Anliegern, die ihr
Grundeigentum zulässigerweise zu Wohnzwecken selbst nutzen bzw. durch Dritte
nutzen lassen, vor heranrückenden Immissionen neuer Nutzungen geschützt zu werden.
Als Abwägungsposten beachtlich ist das Lärmschutzinteresse nicht erst, wenn
Geräuschbeeinträchtigungen als schädliche Umwelteinwirkungen zu qualifizieren sind,
die einen Kompensationsanspruch nach sich ziehen, oder gar die Schwelle der
Gesundheitsgefährdung überschreiten, die eine absolute Planungssperre markiert.
Auch Lärm, der nicht aufgrund der Wertungen des einfachen oder des
Verfassungsrechts als unzumutbar einzustufen ist, kann im Rahmen der
Abwägungsentscheidung den Ausschlag geben. In die Abwägung braucht er nur dann
nicht eingestellt zu werden, wenn das Interesse, vor ihm bewahrt zu bleiben, nicht
schutzwürdig ist oder mit so geringem Gewicht zu Buche schlägt, dass es als
planungsrechtlich vernachlässigenswerte Größe außer Betracht bleiben kann.
33
Vgl. zum Verkehrslärm: BVerwG, Beschluss vom 8. Juni 2004 - 4 BN 19.04 -, BauR
2005, 829 m.w.N..
34
Gemessen an diesen Maßstäben sind die Antragsteller zu 1. bis 4. sowie zu 13. bis 16.
antragsbefugt. Ihre Grundstücke grenzen entweder unmittelbar an das Plangebiet des
vorhabenbezogenen Bebauungsplans an (Antragsteller zu 1. bis 4.) bzw. sind von
diesem lediglich durch einen im Bereich ihrer Grundstücke knapp 30 bis gut 40 m
breiten Streifen öffentliche Parkfläche getrennt. Bislang waren die Grundstücke dieser
Antragsteller durch die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 93/4 der
Antragsgegnerin davor geschützt, dass der südwestliche Bereich des Plangebiets
baulich bzw. für umfangreiche, gewerblicher Nutzung zugeordnete Stellplatzanlagen
genutzt wird. Demgegenüber sieht der strittige Plan gewerbliche Nutzungen praktisch
unmittelbar neben den Grundstücken der Antragsteller zu 1. und 4. sowie umfangreiche
Stellplatzanlagen vor, die über die öffentliche Parkfläche hinweg unmittelbar auf die
rückwärtigen Hausgärten der Grundstücke der Antragsteller zu 13. bis 16. einwirken
können. Dementsprechend räumt auch die Antragsgegnerin selbst ein, dass die
Antragsbefugnis der Antragsteller zu 1. bis 4. sowie zu 13. bis 16. nicht zu verneinen ist.
35
Den übrigen Antragstellern fehlt hingegen die Antragsbefugnis.
36
Die Wohngrundstücke der Antragsteller zu 5. bis 12. liegen beiderseits des als
Stichstraße ausgebildeten Abschnitts des T. Wegs. Sie sind zwar nur zwischen rd. 25
und rd. 90 m vom Plangebiet des strittigen vorhabenbezogenen Bebauungsplans
entfernt, jedoch gegenüber diesem durch die Wohnhäuser der Antragsteller zu 1. bis 4.
bzw. weiter im Süden durch zunehmend mehr Bebauung abgeschirmt. Diese bebauten
Flächen sind nach den fortbestehenden Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 93/4
als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen. Sie stellen mithin gleichsam einen Riegel
dar, der die weiter südlich liegenden Wohnhäuser bzw. Wohnungen der Antragsteller zu
5. bis 12. davor schützt, dass sie mit beachtlichen negativen Veränderungen durch neue
Nutzungen im Plangebiet des strittigen vorhabenbezogenen Bebauungsplans rechnen
müssen. Zwar können nach diesem Plan künftig in dem bislang nicht bebaubaren
südwestlichen Bereich des Plangebiets gewerbliche Nutzungen aufgenommen werden.
Diese haben jedoch - gleich welcher Art sie sind - bereits bezüglich der unmittelbar
37
südlich angrenzenden Wohnnutzungen der Antragsteller zu 1. bis 4. die
Schutzmaßstäbe einzuhalten, die sich aus der fortbestehenden
Wohngebietsausweisung ergeben. Für die weiter südlich gelegenen Grundstücke der
Antragsteller zu 5. bis 12. ist damit sichergestellt, dass sie schon wegen des größeren
Abstands zum Plangebiet und zusätzlich auf Grund der nicht zu vernachlässigenden
Abschirmung durch die vorhandenen Gebäude nur mit solchen Veränderungen rechnen
müssen, die die für allgemeine Wohngebiete maßgeblichen Werte ersichtlich nicht in
abwägungsrelevantem Ausmaß überschreiten. Angesichts dessen brauchte die
Antragsgegnerin die nachteiligen Folgen für diese Antragsteller im Rahmen ihrer
Abwägung über die Inhalte des strittigen Plans nicht gesondert in den Blick zu nehmen;
deren Interessen waren hier im Sinne der angeführten Rechtsprechung
„vernachlässigenswert".
Nichts anderes gilt auch hinsichtlich des Antragstellers zu 17., dessen Grundstück rd. 80
m vom Plangebiet des strittigen vorhabenbezogenen Bebauungsplans entfernt ist und
von diesem durch die öffentliche Parkanlage getrennt wird. Auch diesem Grundstück ist
zum Plangebiet des strittigen vorhabenbezogenen Bebauungsplans hin die bereits
angesprochene, planungsrechtlich abgesicherte Wohnbebauung vorgelagert. Sie stellt
auch für den Antragsteller zu 17. sicher, dass er nur mit ersichtlich hier zu
vernachlässigenden zusätzlichen Beeinträchtigungen rechnen muss. Dabei ist
unerheblich, dass - wie die Bevollmächtigte der Antragsteller in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat - vom Grundstück des Antragstellers zu 17.
aus jedenfalls Sichtkontakt zum Plangebiet des vorhabenbezogenen Bebauungsplans
besteht. Dieser Sichtkontakt kann sich, wie schon aus dem dem Senat vorliegenden
Kartenmaterial ohne weiteres ablesbar ist, nur auf Teilbereiche des Plangebiets
beschränken, so dass die Bebauung namentlich der Antragsteller zu 3. und 4. jedenfalls
eine gewisse Abschirmwirkung entfaltet. Im Übrigen ändert dies nichts daran, dass eben
diese Bebauung dadurch, dass bei ihr bereits die einschlägigen
Wohngebietsschutzmaßstäbe zu wahren sind, auch für den Antragsteller zu 17.
sicherstellt, dass er mit deutlich geringeren, hier vernachlässigenswerten
Beeinträchtigungen rechnen muss.
38
Soweit der Normenkontrollantrag - bezüglich der Antragsteller zu 1. bis 4. und zu 12. bis
16. - zulässig ist, ist er auch begründet.
39
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 03/1 ist schon deshalb ungültig, weil er in
mehrfacher Hinsicht den Anforderungen des § 12 BauGB nicht gerecht wird. Die drei
Regelungselemente des Plans - Durchführungsvertrag, Bebauungsplan und Vorhaben-
und Erschließungsplan als Bestandteil des Bebauungsplans (vgl. § 12 Abs. 3 Satz 1
BauGB) - sind nicht in dem erforderlichen Maß widerspruchsfrei aufeinander
abgestimmt. Zudem bestimmt der von der Antragsgegnerin als Satzung beschlossene
normative Planinhalt kein hinreichend konkretisiertes Vorhaben im Sinne von § 12
BauGB und wird auch deshalb nicht von dieser Ermächtigungsgrundlage getragen.
40
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass durch den
vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit einzelner Vorhaben bestimmt
wird. Er setzt voraus, dass die Gemeinde mit dem Vorhabenträger einen
Durchführungsvertrag geschlossen hat (§ 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Gegenstand des
Vertrages ist der Vorhaben- und Erschließungsplan, durch den nicht etwa allgemein
irgendeine Bebauung des Plangebiets, sondern die Errichtung eines oder mehrerer
konkreter Vorhaben im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB geregelt wird. Der Vorhaben- und
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Erschließungsplan, der Bebauungsplan und der Durchführungsvertrag müssen
aufeinander abgestimmt sein und dürfen sich nicht widersprechen. Das schließt nicht
aus, dass das vereinbarte und im Vorhaben- und Erschließungsplan festgelegte
Vorhaben von vornherein eine gewisse Bandbreite an Nutzungsmöglichkeiten umfasst
und damit einem Bedürfnis des Vorhabenträgers oder der Gemeinde nach einem nicht
allzu starren planerischen Rahmen Rechnung trägt. Die Festsetzung eines Baugebiets
allein reicht jedenfalls nicht aus. Ebenso wäre ein vorhabenbezogener Bebauungsplan,
der ein anderes Vorhaben als das im Durchführungsvertrag vereinbarte - ein „aliud" -
zulässt, fehlerhaft.
Vgl. zu alledem: BVerwG, Urteil vom 18. September 2003 - 4 CN 3.02 -, BRS 66 Nr. 21.
42
Wo die zulässige Grenze der angesprochenen „Bandbreite an Nutzungsmöglichkeiten"
liegt, hat das Bundesverwaltungsgericht auch in seiner nachfolgenden Rechtsprechung
offen gelassen. Namentlich hat es bislang offen gelassen, ob die zulässige „Bandbreite"
mit der „Variationsbreite" gleichzusetzen ist, durch die der Rahmen verschiedener
Nutzungsarten untereinander abgesteckt wird.
43
In diesem Sinne: OVG NRW, Urteil vom 11. März 2004 - 7a D 51/02.NE -, ZfBR 2004,
575.
44
Zugleich hat es jedoch ausgeführt, dass sich gute Gründe dafür ins Feld lassen mögen,
den Vorhabenbegriff des § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB eher eng als weit auszulegen. Nicht
von § 12 BauGB gedeckt ist aber ein Plan, der sich darin erschöpft, eine
planungsrechtliche „Hülle" zu schaffen, die der Vorhabenträger „nach Belieben
ausfüllen" kann, bzw. wenn durch die Festsetzungen eine breite Palette
unterschiedlicher baulicher Nutzungsmöglichkeiten eröffnet wird, die zueinander nicht
mehr im Verhältnis einer gewissen Bandbreite stehen, sondern sich jeweils als aliud
darstellen. Der Plan darf in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung nicht nach § 30
Abs. 2 BauGB eine unbestimmte Zahl unterschiedlichster Vorhaben im Sinne von § 29
Abs. 1 BauGB zulassen. Schafft ein vorhabenbezogener Bebauungsplan die
Voraussetzungen für eine breite Nutzungspalette, so kann die Gemeinde es dem
Vorhabenträger zwar überlassen, innerhalb der einzelnen Nutzungssegmente zu
variieren. Sie hat jedoch Vorsorge dafür zu treffen, dass das planerisch vorgegebene
Nutzungsspektrum als solches in seinem Kern erhalten bleibt. Diesem Erfordernis ist
nicht genügt, wenn der Vorhabenträger es in der Hand hat, das im Bebauungsplan
bezeichnete Nutzungsangebot um beliebig viele Nutzungstypen zu verringern oder zu
erweitern.
45
So: BVerwG, Beschluss vom 10. August 2004 - 4 BN 29.04 -, BauR 2004, 1908 = ZfBR
2005, 72.
46
Gemessen hieran wird der strittige Plan den nach der vorstehend umschriebenen
Rechtsprechung jedenfalls geklärten Mindestanforderungen an einen
vorhabenbezogenen Bebauungsplan im Sinne von § 12 BauGB in mehrfacher Hinsicht
nicht gerecht.
47
Allerdings hat die Antragsgegnerin mit dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan, dem
seinen Bestandteil bildenden Vorhaben- und Erschließungsplan und dem
Durchführungsvertrag ein „Regelungspaket" geschaffen, das als solches alle für einen
vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach § 12 BauGB erforderlichen
48
Regelungselemente enthält.
Das Vorhaben ist in § V 1 des Durchführungsvertrags wie folgt umschrieben:
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"Das Vorhaben betrifft die Nutzungsänderung des bestehenden Gebäudes in Form von
Einzelhandelseinrichtungen mit Gastronomie und die Realisierung eines weiteren
Gebäudes im südlichen Abschnitt des Vertragsgebietes zur Unterbringung von, das
Wohnen nicht wesentlich störenden, Gewerbebetrieben sowie die Errichtung
zusätzlicher Stellplätze einschließlich aller mit dem Vorhaben verbundenen
Maßnahmen, die dem Immissionsschutz dienen.
50
Bezüglich weiterer Details wird auf den Vorhaben- und Erschließungsplan selbst sowie
auf die Vertragsbestimmungen des städtebaulichen Vertrages verwiesen."
51
Des Weiteren heißt es in der Präambel des Durchführungsvertrags: „Der
Vorhabenträger beabsichtigt, das in seinem Eigentum befindliche Gebäude N.------
straße 150 einer Nutzungsänderung zuzuführen. Nachdem Ende des Jahres 2002 die
Nutzung als Bau- und Heimwerkermarkt mit Gartenmarkt aufgegeben worden ist,
beabsichtigt er dort ein Schnellrestaurant (Burger King), zusätzliche
Einzelhandelseinrichtungen sowie das Wohnen nicht wesentlich störende
Gewerbebetriebe anzusiedeln.
52
Neben der Umnutzung des bestehenden Gebäudes besteht ferner die Absicht, eine
zusätzliche eingeschossige Bebauung im südwestlichen Teilbereich des in Rede
stehenden Grundstückes zu realisieren, um hier nicht wesentlich störende
Gewerbebetriebe anzusiedeln."
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Die planungsrechtlichen Voraussetzungen zur Realisierung dieses „Vorhabens" sind in
dem Bebauungsplan geregelt, der die nach § 30 Abs. 2 BauGB maßgeblichen
Vorgaben für die Beurteilung der planungsrechtlichen Zulässigkeit von Vorhaben im
Plangebiet festlegt. Dass dieser Bebauungsplan über das im Eigentum der
Beigeladenen stehende Flurstück 614 hinaus im südöstlichen Bereich auch die
Flurstücke 612 und 613 sowie am westlichen und nördlichen Rand des Plangebiets als
Straßenverkehrsfläche ausgewiesene Teilbereiche der N.------straße und der O. erfasst
und damit über den Bereich des „Vorhabens" hinausgreift, ist unschädlich. In der Anlage
1 zum Durchführungsvertrag ist in Übereinstimmung mit § 1 Abs. 1 des gleichfalls
zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen abgeschlossenen
städtebaulichen Vertrags eindeutig festgelegt, dass der zugleich als „Vertragsgebiet"
bezeichnete Vorhaben- und Erschließungsplan im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB
- Plan zur Durchführung der Vorhaben und Erschließungsmaßnahmen - allein das
Flurstück 614 erfasst. Die im Bebauungsplan hiernach erfolgte Einbeziehung einzelner
Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans ist ersichtlich
von § 12 Abs. 4 BauGB gedeckt.
54
Die hier geschaffenen drei Regelungselemente des vorhabenbezogenen
Bebauungsplans - Durchführungsvertrag, Vorhaben- und Erschließungsplan sowie
Bebauungsplan - sind indes nicht in jeder Hinsicht den genannten Anforderungen
entsprechend widerspruchsfrei aufeinander abgestimmt.
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Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ergibt sich folgender Widerspruch: Sowohl
der Durchführungsvertrag als auch der Bebauungsplan und der seinen Bestandteil
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bildendende Vorhaben- und Erschließungsplan lassen im größeren nördlichen, als
Sondergebiet ausgewiesenen Bereich entsprechend der Umschreibung des
„Vorhabens" im Durchführungsvertrag neben Einzelhandelsnutzungen und der
Errichtung von Gaststätten auch - begrenzt auf 1.000 qm Geschossfläche - „sonstige
nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe" unter Ausschluss von
Einzelhandelsbetrieben und Vergnügungsstätten zu. Der Bebauungsplan weist insoweit
keinen Widerspruch zum Durchführungsvertrag auf. Anders liegt es jedoch hinsichtlich
des südlichen Gewerbegebiets. Hier sollen nach der Umschreibung des „Vorhabens" im
Durchführungsvertrag gleichfalls nur „nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe"
angesiedelt werden. Demgegenüber enthalten die textlichen Festsetzungen des
Bebauungsplans zu den im Gewerbegebiet zulässigen Nutzungsarten nicht dieselbe
Umschreibung. Sie schließen in Abschnitt 1.2 lediglich die Betriebs- und Anlagearten
nach den Klassen I bis VII (Nrn. 1 bis 212) des Abstandserlasses 1998 sowie die gemäß
§ 8 Abs. 2 BauNVO als Gewerbebetrieb allgemein zulässigen Einzelhandelsbetriebe
gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO und die ausnahmsweise zulässigen Vergnügungsstätten im
Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO gemäß § 1 Abs. 6 BauNVO aus. Dem Wortlaut der
textlichen Festsetzungen zu 1.2 ist damit zu entnehmen, dass im festgesetzten
Gewerbegebiet alle Nutzungen nach § 8 BauNVO zulässig sein sollen, soweit sie nicht -
im angeführten Umfang - ausdrücklich durch die textlichen Festsetzungen
ausgeschlossen sind. Allgemein zulässig sind dort mithin neben den nicht dem
Abstandserlass 1998 unterfallenden Gewerbebetrieben, Lagerhäusern, Lagerplätzen
und öffentlichen Betrieben auch Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude,
Tankstellen und Anlagen für sportliche Zwecke; ferner können die Ausnahmen nach § 8
Abs. 3 Nrn. 1 und 2 BauNVO zugelassen werden. Dieses Nutzungsspektrum geht
deutlich über die im Durchführungsvertrag nur erwähnten „nicht wesentlich störenden
Gewerbebetriebe" hinaus.
Den aus dem Wortlaut der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans folgenden
Zulässigkeitsregelungen lässt sich - entgegen der von der Antragsgegnerin in ihrem
Schriftsatz vom 27. Mai 2005 vertretenen Auffassung - nicht etwa entgegenhalten, dass
der Durchführungsvertrag die Zulässigkeitsregelungen des Bebauungsplans begrenzt.
Auf den Durchführungsvertrag kann zur Auslegung des normativen Inhalts eines
vorhabenbezogenen Bebauungsplans nicht zurückgegriffen werden, weil er nicht
Bestandteil der Bauleitplanung ist und von anderen Planbetroffenen nicht eingesehen
werden kann.
57
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 18. September 2003 - 4 CN 3.02 -, BRS 66 Nr. 21.
58
Auch bezogen auf die zulässige Bausubstanz sind die drei Regelungselemente des
vorhabenbezogenen Bebauungsplans nicht im erforderlichen Ausmaß widerspruchsfrei
aufeinander abgestimmt. Bei der Umschreibung des „Vorhabens" hinsichtlich des
nördlichen Bereichs des Plans ist im Durchführungsvertrag ausdrücklich die Rede
davon, dass lediglich eine Nutzungsänderung des bestehenden Gebäudes vorgesehen
ist. Demgegenüber enthält der Bebauungsplan einschließlich des seinen Bestandteil
bildenden Vorhaben- und Erschließungsplans keine entsprechenden Einschränkungen,
obwohl der Antragsgegnerin wegen der aus § 12 Abs. 3 Satz 2 BauGB folgenden
fehlenden Bindung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans an den ansonsten für
„normale" Bebauungspläne geltenden „numerus clausus" der planerischen
Festsetzungsmöglichkeiten entsprechende Festsetzungen im Bebauungsplan ohne
weiteres möglich gewesen wären. Die für das Sondergebiet getroffenen Festsetzungen
lassen ohne weiteres auch die Errichtung vollständig neuer Bausubstanz zu. Deren
59
Dimensionen sind allein durch die teilweise über den vorhandenen Baubestand des
früheren Bau- und Heimwerkermarkts hinausgreifenden Baugrenzen sowie die weiteren
Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung (GR maximal 5.800 qm; GF maximal
5.800 qm; Höhe maximal 8,0 m ab Oberkante Erdgeschossfußboden; maximal ein
Vollgeschoss) und zur Bauweise (als abweichende Bauweise Gebäude mit einer Länge
von mehr als 50 m zulässig unter Einhaltung des seitlichen Grenzabstands) begrenzt.
Neben diesen Mangel der fehlenden Widerspruchsfreiheit zwischen
Durchführungsvertrag, Bebauungsplan und Vorhaben- und Erschließungsplan tritt als
weiterer Mangel, dass das Vorhaben nicht hinreichend konkretisiert ist.
60
Insoweit kann dahinstehen, ob die Festsetzung eines Sondergebiets „Großflächiger
Einzelhandel und Gastronomie" mit den im Bebauungsplan getroffenen
Zulässigkeitsregelungen bezüglich der Einzelhandelsbetriebe und Gaststätten den
genannten, im Detail noch nicht abschließend höchstrichterlich geklärten
Anforderungen genügt. Die Grenze der allenfalls in Erwägung zu ziehenden „Bandbreite
an Nutzungsmöglichkeiten" ist hier jedenfalls insoweit eindeutig überschritten, als der
strittige vorhabenbezogene Bebauungsplan im Sondergebiet auch - wenn auch
flächenmäßig begrenzt - generell sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe
mit Ausnahme von Einzelhandelsbetrieben und Vergnügungsstätten sowie im südlichen
Gewerbegebiet, wie dargelegt, die gesamte Palette der in einem Gewerbegebiet nach §
8 BauNVO zulässigen Nutzungsarten mit Ausnahme der ausdrücklich
ausgeschlossenen Nutzungsarten zulässt. Der Sache nach stellt der strittige
vorhabenbezogene Bebauungsplan damit - nicht anders als ein „normaler"
Bebauungsplan - eine Angebotsplanung dar, die dem Vorhabenträger innerhalb
gewisser Grenzen die freie Wahl lässt, welche konkreten baulichen Nutzungen er an
welchen Standorten im Plangebiet verwirklichen will. Mit der Festsetzung eines
Gewerbegebiets kann die Gemeinde es gerade nicht bewenden lassen, auch wenn das
sich aus dem Katalog des § 8 BauNVO ergebende Zulässigkeitsspektrum wie hier in
einzelnen Punkten gemäß § 1 Abs. 5 und 6 BauNVO modifiziert worden ist. Ähnlich
stellt auch die generelle Zulassung von „nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben"
im Sondergebiet, auch wenn sie insgesamt nur gut ein Sechstel der zulässigen
Nutzfläche einnehmen dürfen, die Zulassung eines weit reichenden, unterschiedlichste
Vorhaben ermöglichenden Spektrums baulicher Nutzungen dar.
61
Dass eine der Sache nach der klassischen Angebotsplanung entsprechende Palette
unterschiedlichster Nutzungsmöglichkeiten zugelassen werden sollte, entspricht auch
dem im Planaufstellungsverfahren ausdrücklich verlautbarten Willen der
Antragsgegnerin. So ist in der Beschlussvorlage BA 172/2003, der die
Stadtverordnetenversammlung bei ihrem Satzungsbeschluss am 22. Juli 2003 folgte,
hinsichtlich der Zurückweisung der Einwendungen der Antragstellerin zu 4. u.a.
ausgeführt: "Im Zusammenhang mit einer grundsätzlich möglichen zusätzlichen
Bebauung im südlichen Abschnitt des Plangebietes (Gewerbegebiet) wird seitens der
Einwenderin außerdem bemängelt, dass das Vorhaben, da die konkreten zukünftigen
Nutzungen bisher nicht bekannt sind, nicht ausreichend bestimmt sei und damit das
Instrument des Vorhaben- und Erschließungsplanes hier nicht hätte angewendet
werden dürfen. Der Gesetzgeber geht nicht davon aus, dass Voraussetzung für die
Anwendung des § 12 BauGB (Vorhaben- und Erschließungsplan) eine auf konkrete
Nutzungen (Branche) abgestellte Planung ist. Vielmehr ist ausreichend, im Vorhaben-
und Erschließungsplan das Vorhaben so konkret zu beschreiben, dass danach eine
städtebaurechtliche Beurteilung der Zulässigkeit von Vorhaben möglich ist. Insoweit
62
muss der Vorhaben- und Erschließungsplan die Regelungsdichte eines qualifizierten
Bebauungsplanes aufweisen (Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 8. Auflage, §
12 Rd-Nr. 6). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Daneben
muss sich der Vorhabenträger zur Durchführung des Vorhabens verpflichten, was er mit
dem vor Satzungsbeschluss abzuschließenden Durchführungsvertrag zu tun hat."
Klarer kann im Grunde nicht verdeutlicht werden, dass nach den Vorstellungen der
Antragsgegnerin beim Satzungsbeschluss - entsprechend einer seinerzeit in der
Planungspraxis noch durchaus weit verbreiteten Sichtweise - ein vorhabenbezogener
Bebauungsplan gerade nicht im Sinne der erst im September 2003 erfolgten
rechtsgrundsätzlichen Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht eine auf konkrete
Vorhaben abgestellte Planung sein muss, sondern wie ein „klassischer"
Bebauungsplan im Sinne einer Angebotsplanung sich auch darauf beschränken kann,
den Rahmen für ein breites Spektrum möglicher zulässiger Vorhaben zu liefern.
63
Dieses Verständnis des strittigen Plans wird durch verschiedene weitere Anhaltspunkte
aus seiner Entstehungsgeschichte bestätigt. So hat die Beigeladene anlässlich der
Offenlegung des Planentwurfs „angeregt", im festgesetzten Sondergebiet auch räumlich
begrenzten Einzelhandel zuzulassen; die Antragsgegnerin ist dieser Anregung bei
ihrem Satzungsbeschluss nicht gefolgt. Diese Vorgehensweise verdeutlicht, dass die
Antragsgegnerin und die Beigeladene den strittigen Plan im Grunde nur als eine von der
Antragsgegnerin im Detail festzulegende Angebotsplanung verstanden haben, denn der
Planinhalt ist insoweit nicht im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB „mit der Gemeinde
abgestimmt". Auch der zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen ergänzend
zum Durchführungsvertrag abgeschlossene städtebauliche Vertrag, mit dem die
Beigeladene sich u.a. zur „verantwortlichen Ausarbeitung des vorhabenbezogenen
Bebauungsplanes gem. § 12 BauGB" verpflichtete (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 des städtebaulichen
Vertrags), macht deutlich, dass letztlich eine Angebotsplanung im klassischen Sinne
erstellt werden sollte. So ist das von der Beigeladenen zu erstellende Planwerk in § 9
Abs. 1 des städtebaulichen Vertrags wie folgt umschrieben: „Der vorhabenbezogene
Bebauungsplan muss mindestens Festsetzungen enthalten, die für einen qualifizierten
Bebauungsplan erforderlich sind. Maßgeblich sind die Signaturen der
Planzeichenverordnung. Der Bebauungsplan ist mit einem Textteil und der Begründung
zu versehen."
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Entgegen den Ausführungen der Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 27. Mai
2005, der nach dem vom Berichterstatter des Senats durchgeführten Erörterungstermin
eingereicht wurde, ist das strittige Planwerk nicht etwa dahin zu verstehen, dass es im
Grunde ein Vorhaben „Gastronomie-, Einzelhandels- und Dienstleistungszentrum"
absichert. Die rechtsverbindlichen Festsetzungen des Bebauungsplans geben für eine
solche eingeschränkte Sicht nichts her. Soweit die Antragsgegnerin diese Sicht
nunmehr - im Gegensatz zu ihren eigenen Verlautbarungen im
Planaufstellungsverfahren - namentlich aus verschiedenen Ausführungen im
Durchführungsvertrag herleiten möchte, verkennt sie bereits, dass der
Durchführungsvertrag, wie dargelegt, gerade nicht für eine einschränkende Auslegung
des Planinhalts herangezogen werden kann. Im Übrigen geben selbst die Regelungen
des Durchführungsvertrags nichts dafür her, dass etwa mit den dort erwähnten „nicht
wesentlich störenden Gewerbebetrieben" ausschließlich solche des
Dienstleistungssektors gemeint sein sollten.
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Erweist sich nach alledem, dass der strittige vorhabenbezogene Bebauungsplan bereits
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in mehrfacher Hinsicht nicht den aus § 12 BauGB folgenden Anforderungen an die
spezifisch vorhabenbezogene Sonderform eines solchen Bebauungsplans gerecht wird,
kann dahinstehen, ob der Plan auch im Übrigen, wie die Antragsteller weiterhin rügen,
an zu seiner Ungültigkeit führenden Mängeln leidet.
Bei der auf den §§ 154 Abs. 1, 159, 162 Abs. 3 VwGO iVm § 100 ZPO beruhenden
Kostenentscheidung hat der Senat das anteilmäßige Unterliegen mehrerer der
Antragsteller einerseits sowie der Antragsgegnerin andererseits berücksichtigt.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO iVm §§
708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht gegeben sind.
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