Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 24.11.1997

OVG NRW (bundesrepublik deutschland, sprache, deutsch, muttersprache, kläger, besondere härte, neues recht, 1995, familie, russisch)

Oberverwaltungsgericht NRW, 2 E 471/96
Datum:
24.11.1997
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 E 471/96
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 19 K 1374/94
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens zu je einem Drittel.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
G r ü n d e :
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Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf
Gewährung von Prozeßkostenhilfe zu Recht abgelehnt, da die beabsichtigte
Rechtsverfolgung nicht die nach § 114 der Zivilprozeßordnung - ZPO - erforderliche
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
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A. Als Rechtsgrundlage für das Begehren der Kläger, ihnen Aufnahmebescheide zu
erteilen, kommen nur die §§ 26, 27 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die
Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz - BVFG
-) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juni 1993 (BGBl. I S. 829), geändert
durch das Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (Pflege-
Versicherungsgesetz-PflegeVG) vom 26. Mai 1994 (BGBl. I 1014) in Betracht.
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I. Für die Beurteilung des Anspruchs der Klägerin zu 1) ist insgesamt neues Recht
maßgebend. Denn nach der hier für die Anwendung des bisherigen Rechts gemäß §
100 Abs. 1 BVFG allein in Betracht zu ziehenden Vorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG
kann Aussiedler nur (noch) sein, wer das Aussiedlungsgebiet vor dem 1. Januar 1993
verlassen hat.
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Vgl. BVerwG, Urteile vom 16. Februar 1993 - 9 C 25.92 -, BVerwGE 92, 70 (72f), und
vom 29. August 1995 - 9 C 391.94 -, DVBl 1996, 198.
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Die Klägerin zu 1) lebt jedoch heute noch in Rußland.
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Die Klägerin zu 1) hat gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG keinen Anspruch auf Erteilung
eines Aufnahmebescheides, da sie nach der Aufgabe ihres Wohnsitzes und dem
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Verlassen des Aussiedlungsgebietes die Voraussetzungen als Spätaussiedler nicht
erfüllt.
Spätaussiedler aus dem hier in Rede stehenden Aussiedlungsgebiet der ehemaligen
Sowjetunion kann nach § 4 Abs. 1 BVFG nur sein, wer deutscher Volkszugehöriger ist.
Da die Klägerin zu 1) nach dem 31. Dezember 1923 geboren ist, ist sie nach § 6 Abs. 2
Satz 1 BVFG deutsche Volkszugehörige, wenn sie von einem deutschen
Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
BVFG), ihr die Eltern, ein Elternteil oder andere Verwandte bestätigende Merkmale, wie
Sprache, Erziehung, Kultur vermittelt haben (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG) und sie sich
bis zum Verlassen des Aussiedlungsgebietes zur deutschen Nationalität erklärt, sich bis
dahin auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt hat oder nach dem Recht des
Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehörte (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BVFG).
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1. Die Klägerin zu 1) erfüllt die Voraussetzung des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BVFG, da sie
von einem deutschen Staatsangehörigen und Volkszugehörigen abstammt. Unter den
Beteiligten ist unstreitig, daß der Vater der Klägerin zu 1) 1944 die deutsche
Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erworben hat und außerdem deutscher
Volkszugehöriger war.
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2. Die Klägerin zu 1) erfüllt aber nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
BVFG, da nicht festgestellt werden kann, daß ihr das in dieser Bestimmung genannte
bestätigende Merkmal der Sprache vermittelt worden ist.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist unter Sprache im Sinne
des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG grundsätzlich die deutsche Sprache als Muttersprache
oder - bei Zwei- oder Mehrsprachigkeit - als bevorzugte Umgangssprache zu verstehen.
Dabei ist die deutsche Sprache dann als bevorzugte Umgangssprache anzusehen,
wenn sie jemand wie eine Muttersprache spricht, ihr gegenüber den sonstigen von ihm
beherrschten Sprachen im persönlich-familiären Bereich den Vorzug gegeben und sie
damit in diesem Bereich regelmäßig überwiegend gebraucht hat. Dabei wird nicht
verlangt, daß Deutsch als Hochsprache beherrscht wird. Es reicht aus, wenn die
deutsche Sprache - als Muttersprache oder bevorzugte Umgangssprache - so vermittelt
worden ist, wie sie im Elternhaus - z.B. in Form des Dialekts - gesprochen wurde.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 1996 - 9 C 8.96 -, NVwZ 1997, 381 = DVBl.
1997, 897.
12
Es ist nicht ausreichend, daß Deutsch lediglich in der Jugendzeit bis zur Selbständigkeit
bevorzugte Umgangssprache gewesen ist. Dieses Bestätigungsmerkmal muß vielmehr
auch im maßgeblichen Zeitpunkt des Verlassens des Aussiedlungsgebietes noch
vorliegen. Sind zu diesem Zeitpunkt Merkmale im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
BVFG nicht oder nicht mehr gegeben, fehlt es an der objektiven Bestätigung des
Bekenntnisses zum deutschen Volkstum.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1997 - 9 C 10.96 -.
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Nach dem Vortrag und den Angaben, die die Klägerin zu 1) bei ihrer Vorsprache in der
Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau im Jahre 1994 gemacht hat, ist
davon auszugehen, daß Deutsch nicht die Muttersprache und auch nicht die bevorzugte
Umgangssprache der Klägerin zu 1) war und ist.
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Dies ergibt sich zunächst aus dem Vortrag der Kläger. Zwar ist im Aufnahmeantrag als
Muttersprache "Deutsch" angegeben. Gleichzeitig ist aber erklärt worden, daß die
Klägerin zu 1) Deutsch "überhaupt nicht" spricht, versteht und schreibt. Auf Nachfrage
der Beklagten ist ergänzend angegeben worden, sie schreibe und lese und verstehe
etwas. Dies ist später dahin korrigiert worden, daß die Klägerin zu 1) ab Geburt
"Deutsch" und ab dem Kindergarten auch "Russisch" gesprochen habe. In der Familie
sei mit den Kindern deutsch gesprochen worden. Ab der Schulzeit sei das Deutsche
weniger geworden. Sie habe jedoch Deutsch als Fremdsprache in der Schule gelernt.
Dem entsprechen in etwa die Angaben, die die Klägerin zu 1) bei der Botschaft der
Bundesrepublik Deutschland in Moskau gemacht hat. Danach hat sie ab dem 2.
Lebensjahr deutsch und russisch gesprochen und spricht heute nur selten deutsch. Der
Sprachtest hat ergeben, daß die Klägerin zu 1) nur wenig deutsch versteht und nur
einzelne Wörter spricht. Daraus ergibt sich insgesamt, daß die Klägerin zu 1) auch mit
Russisch und somit zweisprachig aufgewachsen ist und deshalb Deutsch nicht ihre
Muttersprache ist.
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Vgl. zum Begriff der Muttersprache: BVerwG, Urteil vom 12. November 1996 - 9 C 8.96 -,
NVwZ 1997, 381 = DVBl. 1997, 897.
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Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, daß sie Deutsch als bevorzugte
Umgangssprache zumindest im familiären Bereich gesprochen hat und spricht. Im
Aufnahmeantrag ist "russisch" als jetzige Umgangssprache in ihrer Familie bezeichnet
worden. Dementsprechend hat sie bei ihrer Vorsprache angegeben, daß sie selten
deutsch und häufig russisch spreche. Ihre dort festgestellten sehr geringen deutschen
Sprachkenntnisse bestätigen diese Angabe. Diese Erklärungen werden auch nicht
substantiiert korrigiert. Im Beschwerdeverfahren wird lediglich angegeben, der
Prozeßbevollmächtigte habe mit der Klägerin zu 1) 1996 ein einfaches Gespräch führen
können. Daraus ergibt sich allenfalls, daß die Klägerin zu 1) nunmehr die deutsche
Sprache besser beherrscht. Da diese Behauptung jedoch nicht näher substantiiert ist,
läßt sie weder den Schluß zu, daß die Bewertung der Sprachkenntnisse der Klägerin zu
1) in der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1994 falsch war, noch daß
entgegen allen früheren Angaben der Klägerin zu 1) Deutsch ihre bevorzugte
Umgangssprache in der Familie war und ist.
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Es liegen auch keine sonstigen in § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG benannten oder
unbenannten bestätigenden Merkmale im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG vor.
Fehlt - wie hier - das Merkmal der deutschen Sprache, so kann nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
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vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 1996 - 9 C 8.96 -, aaO.,
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der sich der Senat angeschlossen hat, wegen des engen Zusammenhanges zwischen
Sprache, Erziehung und Kultur ohne das Hinzutreten besonderer Umstände, die die
Kläger nicht vorgetragen haben und die nicht ersichtlich sind, auch nicht von einer
deutschen Erziehung der Klägerin zu 1) oder von der Vermittlung deutscher Kultur an
sie ausgegangen werden. Wer nicht Deutsch, sondern Russisch als Muttersprache oder
bevorzugte Umgangssprache spricht, ist regelmäßig Angehöriger des russischen
Kulturkreises, was zugleich eine Erziehung im Sinne des russischen Volkstums
indiziert.
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Wird somit das von der Klägerin zu 1) geltend gemachte Bekenntnis zum deutschen
Volkstum nicht durch Sprache, Erziehung, Kultur objektiv bestätigt, wie es nach § 6 Abs.
2 Satz 1 Nr. 2 BVFG erforderlich ist, kann die Klägerin zu 1) keine deutsche
Volkszugehörige sein, weil auch sonstige für die Bestätigung eines Bekenntnisses zum
deutschen Volkstum in Betracht kommende Umstände von ähnlichem Gewicht und
ähnlicher Beschaffenheit wie die in § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG ausdrücklich
angeführten Bestätigungsmerkmale,
22
vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 1996 - 9 C 8.96 -, aaO.,
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nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich sind.
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3. Bestätigungsmerkmale nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG sind hier auch nicht
gemäß Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz der Vorschrift entbehrlich. Nach dieser Vorschrift
gelten die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG als erfüllt, wenn die
Vermittlung bestätigender Merkmale wegen der Verhältnisse im Herkunftsgebiet nicht
möglich oder nicht zumutbar war.
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Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Der Senat vermag auch für die Zeit ab
1955 für die Gebiete Altai und Swerdlowsk nicht festzustellen, daß die Vermittlung der
deutschen Sprache nicht möglich oder nicht zumutbar war. Nach Auswertung der dem
Senat vorliegenden und den Prozeßbevollmächtigten der Kläger und den übrigen
Beteiligten bekannten Erkenntnisse ist der Senat davon überzeugt, daß auch im Gebiet
Swerdlowsk in den fünfziger und sechziger Jahren eine Vermittlung der deutschen
Sprache im häuslichen Bereich möglich war. Den Auskünften und Stellungnahmen läßt
sich nämlich nicht entnehmen, daß es der deutschen Volksgruppe im Herkunftsgebiet
der ehemaligen Sowjetunion außer Estland, Lettland und Litauen nicht zumutbar oder
nicht möglich war, die deutsche Sprache in der Familie zu überliefern. Die darin
enthaltene Darstellung der Sprachsituation läßt vielmehr erkennen, daß ein Gebrauch
der deutschen Sprache als Muttersprache oder als bevorzugter Umgangssprache bei
der Kommunikation zumindest innerhalb des häuslichen Bereichs grundsätzlich ohne
die Befürchtung von Diskriminierungen oder Benachteiligungen jederzeit und überall
möglich war.
26
Vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an OVG NW vom 13. September 1995 (513-542.40
GUS), S. 1 und Anlage 1 S. 2 ff.; Hilkes, Stellungnahme an OVG NW vom 17.
September 1995, S. 3 ff.; Weydt, Stellungnahme an OVG NW vom 23. September 1995,
S. 2 f. und Eisfeld, Stellungnahme an OVG NW vom 24. November 1995, S. 6 ff.
27
Zwar war danach die Verwendung von Deutsch als Muttersprache oder als bevorzugter
Umgangssprache durch die Angehörigen der deutschen Volksgruppe nach dem
Zweiten Weltkrieg mit erheblichen Schwierigkeiten und Einschränkungen verbunden.
Denn Deutsch galt in dieser Zeit als "Sprache der Faschisten" und war in einer
nichtdeutschen Öffentlichkeit kraß stigmatisiert. Deshalb waren viele Angehörige der
deutschen Volksgruppe auch noch lange nach ihrer Deportation teilweise bis heute
dazu gezwungen, sich aus Furcht vor Diskriminierung und Repressionsmaßnahmen in
der Öffentlichkeit auch untereinander des Russischen zu bedienen. Aus den Auskünften
und Stellungnahmen ergeben sich aber keine Anhaltspunkte dafür, daß eine
Überlieferung der deutschen Sprache grundsätzlich ausgeschlossen war. Gerade die
Feststellung, daß ein rechtliches Verbot der deutschen Sprache in der ehemaligen
Sowjetunion nie ausgesprochen worden ist und sich die Benutzung der deutschen
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Sprache fast ausschließlich auf die Familie oder - soweit noch geschlossene deutsche
Siedlungsgemeinschaften vorhanden waren - auf Kontakte unter den Dorfbewohnern
beschränkte, belegt, daß die Vermittlung der deutschen Sprache in den genannten
Aussiedlungsgebieten der ehemaligen Sowjetunion seit dem Zweiten Weltkrieg
zumindest innerhalb der Familien grundsätzlich möglich und zumutbar war.
Die Kläger tragen auch nicht vor, daß in der Familie der Klägerin zu 1) aufgrund
besonderer Umstände der Gebrauch der deutschen Sprache Mutter und Vater
abweichend vom Regelfall nicht möglich war. Dies ergibt sich schon aus dem Vortrag,
daß Mutter und Vater der Klägerin zu 1) deutsch gesprochen haben sollen.
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II. Die Klage des Klägers zu 2) ist schon deswegen unbegründet, weil er den geltend
gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides mangels Abstammung
von einem deutschen Volkszugehörigen allenfalls auf § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG stützen
könnte und die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in einen Aufnahmebescheid der
Klägerin zu 1) aus den oben dargelegten Gründen nicht vorliegen.
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III. Hinsichtlich der Klägerin zu 3), die seit 1995 in der Bundesrepublik Deutschland die
Schule besucht, läßt der Senat offen, ob wegen der inzwischen festgestellten deutschen
Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 3) eine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 2
Satz 1 BVFG gegeben ist. Denn auch die Klage der Klägerin zu 3) ist schon deswegen
unbegründet, weil sie den geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines
Aufnahmebescheides mangels Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen
allenfalls auf § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG stützen könnte und die Voraussetzungen für eine
Einbeziehung in einen Aufnahmebescheid der Klägerin zu 1) aus den oben dargelegten
Gründen nicht vorliegen.
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B. Auch für den hilfsweise sinngemäß gestellten Antrag,
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festzustellen, daß den Klägern bei rechtzeitiger Entscheidung vor dem 1. Januar 1993
der Aufnahmebescheid nicht hätte versagt werden dürfen und daß die Sache vor
diesem Datum entscheidungsreif gewesen ist,
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kann den Klägern keine Prozeßkostenhilfe gewährt werden. Auch diesem Antrag fehlt
die gemäß § 114 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht. Er ist unzulässig, unabhängig
davon, ob es sich um einen Fortsetzungsfeststellungsantrag gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4
VwGO oder um eine selbständige Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO handelt.
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Falls die Kläger den Antrag als Fortsetzungsfeststellungsantrag verstehen, ist dieser
unzulässig, weil der Streitgegenstand des Fortsetzungsfeststellungsantrages nicht mit
dem der Verpflichtungsklage identisch ist. Denn die Kläger machen geltend, daß ihnen
bis zum 31. Dezember 1992 ein Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides
zustand und daß die Beklagte die Erteilung des Aufnahmebescheides vor diesem
Zeitpunkt pflichtwidrig unterlassen habe, weil sie nicht entschieden habe, obwohl die
Sache entscheidungsreif war. Die Fragen des Aufnahmeanspruchs nach altem Recht,
der Entscheidungsreife und des pflichtgemäßen Verhaltens der Beklagten sind jedoch
nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens, so daß der
Fortsetzungsfeststellungsantrag dem bisherigen Streitgegenstand nicht entspricht. Für
einen solchen weitergehenden Antrag besteht aber kein Rechtsschutzinteresse, da der
Fortsetzungsfeststellungsantrag lediglich verhindern soll, daß durch eine Erledigung der
Hauptsache der Kläger die Früchte der bisherigen Prozeßführung verliert.
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Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Januar 1992 - 7 C 24.91 -, Buchholz, Sammel- und
Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 310 § 113
Nr.242, und vom 28. August 1987 - 4 C 31.86 -, Buchholz, 310 § 113 Nr. 173 mit
weiteren Nachweisen.
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Wollen die Kläger dagegen im Wege der Klageerweiterung eine selbständige
Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO erheben, so ist diese unabhängig von den
Voraussetzungen des § 91 Abs. 1 VwGO zumindest deswegen unzulässig, weil den
Klägern insoweit kein Rechtsschutzinteresse zusteht. Der Antrag betrifft einen
Anspruch, der sich bereits mit Änderung der Rechtslage zum 1. Januar 1993 erledigt
hat. Zu diesem Zeitpunkt war noch noch kein Klageverfahren anhängig, so daß die
Erledigung bereits vor Rechtshängigkeit eingetreten ist. In einem solchen Falle ist ein
besonderes Rechtsschutzinteresse erforderlich. Ein solches wird nicht durch den
Hinweis begründet, einen Schadensersatzprozeß wegen Amtshaftspflichtverletzung
einleiten zu wollen, da dieser unmittelbar beim Zivilgericht hätte angestrengt werden
können.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Januar 1989 - 8 C 30.87 -, Buchholz, 310 § 73 Nr. 30 und
Beschluß vom 9. Mai 1989 - 1 B 166.88 -, Buchholz, 310 § 113 Nr. 202, mit weiteren
Nachweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1, § 166 VwGO iVm § 100
Abs. 1, § 127 Abs. 4 ZPO.
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Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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