Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 17.05.1999

OVG NRW (genehmigung, aufschiebende wirkung, antragsteller, planung, körperliche unversehrtheit, verhältnis zu, belastung, angemessene frist, wirkung, betrieb)

Oberverwaltungsgericht NRW, 20 B 2493/98.AK
Datum:
17.05.1999
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
20. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
20 B 2493/98.AK
Tenor:
Die aufschiebende Wirkung der Klagen der Antragsteller zu 3... bis 4.
und 6. bis 10. - OVG NW 20 D 41/98.AK - und des Antragstellers zu 5. -
OVG NW 20 D 22/98.AK - gegen die Genehmigung des Antragsgegners
vom 10. Dezember 1997 - 612-31-21/3 DL - wird mit Wirkung vom 3...
November 1999 wiederhergestellt. Der Antragsgegner trägt die Kosten
des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen, die diese selbst trägt. Der Streitwert wird auf 100.000,--
DM festgesetzt. Der Beschluß soll den Beteiligten vorab per Telefax
bekanntgegeben werden.
Gründe Die Anträge, die aufschiebende Wirkung der vorbezeichneten Klagen der
Antragsteller gegen die Genehmigung des Antrags- gegners vom 10. Dezember 1997
wiederherzustellen, sind zulässig und - mit der aus dem Beschlußausspruch
ersichtlichen Modifizierung - begründet. Die dem Senat nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5
VwGO aufgegebene Interessenabwägung fällt schon deshalb zugunsten der
Antragsteller aus, weil die im Antrag bezeichneten Anfechtungsklagen nach derzeitigem
Sach- und Streitstand voraussichtlich Erfolg haben werden. Die Erfolgsaussichten als
Element der Abwägung sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats verstärkt in die
Entscheidung nach § 80 a Abs. 3 VwGO einzubeziehen, weil das Postulat des
Suspensiveffektes als Regelfall, vgl. § 80 Abs. 3.. VwGO, bei der Anfechtung eines
begünstigenden Verwaltungsakts durch Drittbetroffene wegen der notwendigerweise
gebotenen gleichrangigen Berücksichtigung der Rechtsposition des durch den
Verwaltungsakt Begünstigten (hier der Beigeladenen) an Grenzen stößt; die
Rechtsposition des Begünstigten ist nämlich im Ausgangspunkt nicht weniger
schützenswert als diejenige des Drittbetroffenen. Auch das besondere öffentliche
Interesse an der Verwirklichung des genehmigten Vorhabens, das der Antragsgegner in
Anspruch nehmen darf, gebietet eine intensivere Prüfung. Vgl. Senatsbeschluß vom 24.
April 1998 - 20 B 960/97.AK - m.w.N.; ferner BVerwG, Beschluß vom 21. Januar 1998 - 4
VR 3.97 -, NVwZ 1998, 616 (unter II.). Die im Beschlußausspruch bezeichneten
Anfechtungsklagen versprechen Erfolg. Zwar kann mit ihnen keine uneingeschränkte
Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Genehmigung beansprucht werden, wie sie die
Antragsteller nach ihrem Vorbringen zu erstreben scheinen. Als Drittbetroffene können
sie mit Aussicht auf Erfolg vielmehr grundsätzlich nur die Verletzung ihren Schutz
bezweckender Vorschriften oder - weil ein Planungsakt vorliegt - des
1
Abwägungsgebotes geltend machen. Ständ. Rspr., BVerwG, Urteil vom 14. Februar
1975 - 4 C 21.74 -, BVerwGE 48, 56 (65 ff.). Doch ergibt die unter diesem Blickwinkel
vorgenommene Prüfung gewichtige Anhaltspunkte dafür, daß die Genehmigung aus
Gründen rechtswidrig ist, die eine Rechtsverletzung der Antragsteller beinhalten und
eine Aufhebung der Genehmigung rechtfertigen. Allerdings lassen sich die gerügten
Form- und Verfahrensfehler nicht feststellen. Die Entscheidungen unter A. I. bis IV. der
angefochtenen Genehmigung sind zu Recht auf der Grundlage von § 6 Abs. 4 Satz 3.
LuftVG als Änderungen der Betriebsgenehmigung vom 3. Oktober 1976 getroffen
worden. Der Antragsgegner war nicht gehalten, gemäß § 8 Abs. 3.., § 10 LuftVG ein
Planfeststellungsverfahren durchzuführen. Das Erfordernis der Planfeststellung betrifft
nur die (baulichen) Anlagen des Flugplatzes; Betriebsregelungen bedürfen keines
Planfeststellungsverfahrens. Dies entspricht von jeher allgemeiner Meinung, kommt
nunmehr aber auch in § 8 Abs. 4 LuftVG zum Ausdruck. Vgl. Senatsurteil vom 3..
Februar 1995 - 20 A 3485/91 -, amtlicher Umdruck S. 26; Hofmann/Grabherr,
Luftverkehrsgesetz, Loseblatt- Kommentar, 3.. Aufl. (Stand: November 1997), § 8 Rdnr.
26. Die genehmigten Änderungen sind als rein betriebliche Regelungen zu
qualifizieren. Sie betreffen die Auflagen unter III. der Betriebsgenehmigung vom 3.
Oktober 1976, die sie zu Nrn. 6, 8 und 9 neu fassen, ersetzen und ergänzen sowie um
eine Nr. 10 vervollständigen. Dies alles erweitert die Nutzbarkeit des Flughafens der
Beigeladenen, nicht aber die dort vorhandenen Anlagen. Keine andere Beurteilung ist
geboten, weil die Auflage III. Nr. 6 der Genehmigung bereits in den
Nebenbestimmungen (A II. Nr. 3...3.) des Planfeststellungsbeschlusses (PFB) vom 16.
Dezember 1983 wesentlich neu gefaßt und mit Planänderungsbeschluß vom 18.
November 1985 (klarstellend) präzisiert worden war. § 8 Abs. 4 Satz 3. LuftVG i.d.F. des
Art. 4 Nr. 3.. d des Planungsvereinfachungsgesetzes vom 17. Dezember 1993 (BGBl. I
S. 2123) stellt ausdrücklich klar, daß im Wege der Planfeststellung getroffene
Betriebsregelungen durch bloße Genehmigung nach § 6 Abs. 4 Satz 3. LuftVG geändert
werden dürfen. Daran läßt sich auch mit der Argumentation der Antragsteller nicht
deuteln: Betriebsregelungen der vorliegenden Art stehen zwangsläufig in einem engen
sachlichen Zusammenhang mit den Flughafenanlagen, deren Ausnutzbarkeit sie
bestimmen, wie auch die Ausführungen in der Klageschrift des Verfahrens 20 D
41/98.AK (S. 35) für den vorliegenden Fall verdeutlichen. Gerade wegen des
zwangsläufig gegebenen planungsrechtlichen Zusammenhangs flugbetrieblicher
Regelungen mit den Flughafenanlagen ist das Kriterium ihrer "Anlagebezogenheit" kein
denkmöglicher Ansatzpunkt für eine einschränkende Auslegung des § 8 Abs. 4 Satz 3.
LuftVG. Ebensowenig begründet § 76 Abs. 3.. VwVfG NW die Notwendigkeit eines
Planfeststellungsverfahrens. Dabei mag dahinstehen, ob die angefochtene
Genehmigung überhaupt den mit Beschluß vom 16. Dezember 1983 festgestellten
"Plan" im Sinne des § 76 Abs. 3.. VwVfG NW ändert; jedenfalls ginge auch bei dieser
Sicht § 8 Abs. 4 Satz 3. LuftVG als speziellere Norm mit der Folge vor, daß derartige
Änderungen von der Planfeststellungspflicht ausdrücklich ausgenommen sind. Mithin
bedarf die Meinung der Antragsteller, das Vorhaben sei im Sinne des § 76 Abs. 3..
VwVfG NW noch nicht fertiggestellt, keiner Erörterung, zumal sich die Behauptung, es
fehle an der Bekanntmachung "der Fertigstellung", als unzutreffend herausgestellt hat.
Von alldem abgesehen wäre mit einem etwa falsch gewählten Verfahren keine
Rechtsverletzung verbunden. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, daß § 8 Abs. 3..
LuftVG mit dem Erfordernis einer Planfeststellung keine drittschützende Wirkung
entfaltet. Vgl. Senatsurteile vom 17. September 1998 - 20 A 3483/91 -, amtlicher
Umdruck S. 21, und vom 3.. Februar 1995, amtlicher Umdruck S. 27 ff., letzteres
bestätigt durch BVerwG, Beschluß vom 14. März 1996 - 4 B 124.95 -, amtlicher Umdruck
S. 5 f. Die Änderungsgenehmigung leidet aber an gravierenden - offensichtlichen und
erheblichen - Abwägungsmängeln zu Lasten der Antragsteller.
Änderungsgenehmigungen haben sowohl in ihrem verwaltungsverfahrensrechtlichen
Entstehungsvorgang als auch in ihren materiellen Voraussetzungen alle Anforderungen
zu beachten, die für die Erteilung einer Betriebsgenehmigung gelten. Vgl. BVerwG,
Beschluß vom 11. März 1998 - 11 B 11.98 -, amtlicher Umdruck S. 7; Beschluß vom 7.
November 1996 - 4 B 170.96 -, Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 13; Urteil vom 22. Juni
1979 - 4 C 40.75 -, Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 11 (S. 28). Dabei kommt den
Entscheidungen unter A. I. bis IV. der Genehmigung eine Doppelfunktion als
Unternehmergenehmigung und als Planungsentscheidung zu, weil mit ihnen die
luftverkehrsrechtliche Zulassung der Änderungen des Flugbetriebes abschließend
bewirkt wird. Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. Juli 1989 - 4 C 35.88 -, Buchholz 442.40 §
6 LuftVG Nr. 22 (S. 20 f.) m.w.N. Als Planungsentscheidung unterliegt die Genehmigung
den Anforderungen des Abwägungsgebotes. Dieses verlangt, daß - erstens - eine
Abwägung überhaupt stattfindet, daß - zweitens - in die Abwägung an Belangen
eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muß, und daß -
drittens - weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange
verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur
objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Angesichts der
planerischen Gestaltungsfreiheit, die innerhalb des dadurch gezogenen Rahmens
verbleibt, beschränkt sich die verwaltungsgerichtliche Kontrolle auf die Prüfung, ob die
Behörde das Abwägungsmaterial zutreffend ermittelt, d.h. die abwägungserheblichen
Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich richtig bestimmt hat, und ob sie - auf der
Grundlage des Abwägungsmaterials - die Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung
gegenläufiger Belange eingehalten hat. Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1975,
a.a.O. S. 63 f. m.w.N.; zur luftverkehrsrechtlichen Fachplanung: Urteile vom 29. Januar
1991 - 4 C 51.89 -, BVerwGE 87, 332 (341) und vom 7. Juli 1978 - 4 C 79.76 u.a. -,
BVerwGE 56, 110 (122 f.). In zeitlicher Hinsicht hat die gerichtliche Beurteilung auf die
Sach- und Rechtslage bei Erteilung der Genehmigung abzustellen; auch die planende
Behörde ist auf diese Sicht festgelegt. Denn ob eine ausgewogene,
abwägungsfehlerfreie Planungsentscheidung getroffen worden ist, läßt sich von den
Gerichten nur an Hand der tatsächlichen und rechtlichen Situation beurteilen, die bei
Ergehen der Planungsentscheidung vorlag. Dieser für Planfeststellungsbeschlüsse seit
langem anerkannte Grundsatz, BVerwG, Urteil vom 23. April 1997 - 11 A 7.97 -,
BVerwGE 104, 337 (347); Beschluß vom 26. Juni 1992 - 4 B 3..- 11.92 -, DVBl. 1992,
1435 (Ls. 5c) und amtlicher Umdruck S. 37, 42 f.; Beschluß vom 9. Mai 1989 - 7 B
185.88 -, NVwZ 1989, 967; Urteil vom 3... Juli 1988 - 4 C 49.86 -, BVerwGE 80, 7 (13);
Urteil vom 7. Juli 1978, a.a.O. S. 121, gilt wegen des hier in gleicher Weise bestehenden
fachplanerischen Abwägungsspielraums der Behörde auch für luftrechtliche
Änderungsgenehmigungen nach § 6 Abs. 4 Satz 3. LuftVG. Nach diesen Maßstäben
geht der Antragsgegner bei seiner Genehmigung von unzutreffenden Voraussetzungen
aus, deren Befolgung die Genehmigung zu Lasten der Belange der Antragsteller
abwägungsfehlerhaft macht. Ausgangspunkt der getroffenen Regelungen ist die
Überlegung, daß die in Plankarte 9 des Planfeststellungsbeschlusses vom 16.
Dezember 1983 zeichnerisch dargestellte Fluglärmbelastung, die der beschließende
Senat bereits als hinzunehmend und das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit
nicht verletzend bewertet habe, den im Flughafenumfeld liegenden Grundstücken kraft
ihrer Situationsgebundenheit anhafte und deshalb auch künftig hinzunehmen sei
(Genehmigung S. 115 f., 134, 194 f.). Indes ist diese Grundannahme, auf der die
weiteren Erwägungen der Genehmigung aufbauen, nicht zu rechtfertigen. Der
Antragsgegner hat einen Ansatz gewählt, nach dem die Zumutbarkeit der durch die
Genehmigung ausgelösten Immissionen für die betroffenen Grundstücke im
Einwirkungsbereich des Flughafens wesentlich von einem Vergleich mit der
Vorbelastung abhängt. Hiergegen ist zwar im Grundsatz nichts zu erinnern; doch liegt
eine Vorbelastung im angenommenen Umfang nicht vor. Der Antragsgegner kann sich -
entgegen seiner Annahme - insoweit nicht auf die zitierte, vom Senat in den Urteilen
vom 28. April 1989 - 20 A 2427/86 und 20 A 2430/86 - (n.v.) sowie - 20 A 1853/87 -, ZLW
1991, 61 ff. getroffene Bewertung stützen, eine den Konturen der Plankarte 9 des
Planfeststellungsbeschlusses entsprechende Lärmbelastung sei von der Umgebung
hinzunehmen. Das Maß des von der Nachbarschaft hinzunehmenden, d.h. ihr im
Rechtssinne zumutbaren Fluglärms muß mangels normativer Festlegungen "individuell"
und "relativ" bestimmt werden, nämlich nach der Schutzbedürftigkeit und
Schutzwürdigkeit der jeweils betroffenen Grundstücke im Einzelfall. Die dafür
maßgeblichen Kriterien sind namentlich die bebauungsrechtliche Gebietsstruktur, die
tatsächlichen Verhältnisse und Vorbelastungen einerseits sowie Widmungszweck des
Flugplatzes und Bedeutung des Vorhabens andererseits. Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.
Januar 1991, a.a.O. S. 361 f., 372 und 386; Urteil vom 30. Mai 1984 - 4 C 58.81 -,
Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 3 (S. 18 f.); Urteil vom 21. Mai 1976 - 4 C 80.74 -,
BVerwGE 51, 15 (33 f.). Wenn der Senat in den vorbezeichneten Urteilen vom 28. April
1989 die im Planfeststellungsbeschluß 1983/85 prognostizierte Lärmbelastung als
zumutbar gebilligt hat, so geht dies in Anwendung der genannten Grundsätze auf einen
Vergleich der bei Planfeststellung für das Jahr 1990 prognostizierten Belastung
(entsprechend Plankarte 9) mit der Lärmsituation des Jahres 1978 zurück: Zumutbar war
der planfestgestellte Betrieb seinerzeit unter dem Gesichtspunkt, daß er gegenüber dem
Ist- Flugbetrieb 1978, der im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
- vgl. Beschluß vom 20. August 1990 - 4 B 146-148.89 -, ZLW 1991, 50 (57 zu Nr. 18);
Urteil vom 22. März 1985 - 4 C 63.80 -, BVerwGE 71, 150 (155) - bei Erlaß des
Planfeststellungsbeschlusses als nicht grundrechtsverletzende und deshalb
berücksichtigungsfähige tatsächliche Vorbelastung gelten konnte, zu keiner
Verschlechterung führte. Vgl. Senatsurteil vom 28. April 1989 - 20 A 1853/87 -, a.a.O. S.
83. Diese Überlegungen sind heute nicht mehr tragfähig. Die zeichnerischen
Darstellungen der Plankarte 9 vermögen die Grundstückssituation der
Flughafenanwohnerschaft - im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der
Genehmigungserteilung - weder im Sinne einer plangegebenen Vorbelastung zu
prägen noch entspricht ihnen eine tatsächliche Vorbelastung: Als plangegebene (Vor-
)Belastung können die Lärmkonturen der Plankarte 9 nicht angesetzt werden.
Plangegebene Vorbelastungen beeinflussen Gebietscharakter und Schutzwürdigkeit
von Grundstücken, weil die Anwohner aufgrund einer bereits verfestigten (wenn auch
noch nicht verwirklichten) Planung mit Immissionen in einem bestimmten Umfang
rechnen müssen. Ausgangspunkt für das Maß dessen, was aufgrund einer
plangegebenen Vorbelastung hinzunehmen ist, ist der Inhalt der verfestigten Planung
selbst. In diesem Umfang verändert sich - das Ergebnis der Planung vorwegnehmend -
die Situation, die Wert und Ausnutzbarkeit der Grundstücke prägend beeinflußt. Das
Maß einer plangegebenen Vorbelastung im Sinne der Beeinträchtigungen, die der
Betroffene durch die Planung auf sich zukommen sehen muß, entspricht deswegen
grundsätzlich dem Umfang der gemäß den behördlich getroffenen Festlegungen
objektiv zu erwartenden Immissionen auf dem jeweils in Rede stehenden Grundstück.
Diese bestimmen die Einwirkungen auf die Rechte der jeweiligen Dritten und damit Art
und Gewicht der Belange, die diese im Rahmen der Abwägung geltend machen
können. Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 33-35.83 -, BVerwGE 77, 285
(294); Urteil vom 11. November 1983 - 4 C 40, 41.80 -, DVBl. 1984, 338 (Ls. 3. und S.
340); Beschluß vom 20. August 1990, a.a.O. S. 58; Kühling, Fachplanungsrecht (1988),
Rdnr. 276. Der Inhalt der Planung wird hier bestimmt durch den festgestellten Plan und
diejenigen lärmrelevanten Betriebsregelungen, die die Beigeladene als
Vorhabenträgerin bei dessen Verwirklichung zu beachten hat. Auf die - letztlich
unverbindlich bleibende - prognostische Einschätzung der Planungsfolgen (etwa der
Schallast) durch die Behörde, auch wenn sie den getroffenen Regelungen bestimmend
zugrunde liegen, kommt es nicht an: Derlei Einschätzungen steuern das Verhalten des
Vorhabenträgers unter keinem denkbaren Gesichtspunkt und können sich, wie gerade
der vorliegende Fall zeigt, als durch die tatsächliche Entwicklung überholt erweisen,
ohne daß dies auf die Rechtsbeständigkeit der Planungsentscheidung Einfluß hätte.
Daher hat die Beurteilung der Planungsfolgen und der nicht durch die Planung
beeinflußten Umstände, aus denen sich die plangegebene (Vor-)Belastung ergibt, hier
nicht auf die Verhältnisse und Erkenntnismöglichkeiten bei Erlaß des
Planfeststellungsbeschlusses 1983/85 abzustellen. Es ist nicht gerechtfertigt, diese
notwendig beschränkte Sicht, die der Senat in seinen vorbezeichneten Urteilen wegen
des seinerzeit maßgeblichen Beurteilungszeitpunktes anzulegen hatte, auch noch einer
nachfolgenden Änderungsplanung zugrunde zu legen; dies gilt um so mehr, wenn sich
die früheren Annahmen, wie hier, längst als hinfällig erwiesen haben. Entscheidend ist
vielmehr - wie oben betont - die Sicht bei Erteilung der angefochtenen
Änderungsgenehmigung. Im Dezember 1997 besaß die Plankarte keine die
Grundstückssituation der Antragsteller prägende Aussagekraft mehr; es stand fest, daß
bei einem dem Planfeststellungsbeschluß entsprechenden Flugbetrieb eine
Lärmbelastung gemäß Plankarte 9 schlechthin nicht mehr eintreten konnte: Aufgrund
der einzuhaltenden Zahlen zulässiger Flugbewegungen (PFB A II. Nr. 3...3. Satz 3.:
91.000, davon 71.000 gewerbliche Flugbewegungen mit Flugzeugen über 5,7 t MTOM)
und des unabhängig von der Genehmigungssituation erzielten technischen Fortschritts
bei der Lärmminderung im Flugzeugbau würden sich Lärmkonturen ergeben, die hinter
denen der Plankarte 9 ganz beträchtlich zurückblieben. Dies liegt aufgrund des von der
Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten lärmphysikalischen Gutachtens
Koppe/Müller/Isermann vom 22. Dezember 1994 auf der Hand, nach dem selbst die
Leq-Kurven der Kapazitätsfälle VK1 und VK2 (mit erheblich höheren
Flugbewegungszahlen) innerhalb der entsprechenden Kurven der Plankarte 9 liegen
(vgl. Genehmigung S. 110 ff.). Daß die Kapazitätsfälle von einer vollständigen
Ausmusterung der (lauteren) Kapitel-3.-Flugzeuge ausgehen (Genehmigung S. 110),
verschlägt nichts: Schon 1995 betrug der Anteil dieser Flugzeuge nur noch 8,0 %, 1996
sogar nur noch 6,4 % (Genehmigung S. 130). Ausweislich der "Beantwortung einiger
Anfragen" zum lärmphysikalischen Gutachten, die die genannten Gutachter unter dem
15. November 1995 abgegeben haben, führt eine theoretische Abschätzung "zu dem
Ergebnis, daß beim Übergang vom Jahr 1995 zu den Kapazitätsfällen VK1 bzw. VK2
die Zunahme der Bewegungszahl nicht mehr durch den Effekt der Ausmusterung der
Kap.3.- Flugzeuge kompensiert werden kann". Daraus folgt, daß bereits ab 1995 für die
Größe der Leq-Kurven vornehmlich die Zahl der Flugbewegungen und nicht die
Typenzusammensetzung des Luftverkehrs ausschlaggebend war. Bei
genehmigungsnaher Verwirklichung des Planfeststellungsbeschlusses wären somit
Lärmkurven zu erwarten gewesen, die noch innerhalb der Kurven des Flugbetriebs der
sechs verkehrsreichsten Monate (Mai bis Oktober) 1998 liegen dürften, in denen
101.413 (statt 91.000) Gesamtflugbewegungen durchgeführt wurden, davon 97.540
lärmrelevante Bewegungen mit Flugzeugen über 5,7 t MTOM, also rund 37 % mehr, als
nach dem Planfeststellungsbeschluß zulässig gewesen wären (vgl. dazu die
gutachterlichen Feststellungen Koppe/Müller/Isermann vom 9. November 1998, S. 3. f.
und Bild 1a). Für den Umfang der (Vor-)Belastung, der bei einer Neuregelung angesetzt
werden darf, ist angesichts dessen rechtlich ohne Bedeutung, daß die
Planfeststellungsbehörde seinerzeit (mit Blick auf das Jahr 1990) eine höhere
Lärmbelastung gebilligt hat. Denn die früher gebilligte Lärmbelastung ist nicht
verbindlich festgeschrieben. Die der angefochtenen Genehmigung augenscheinlich
zugrundeliegende gegenteilige Vorstellung, bereits die bei der Planfeststellung
prognostizierte Lärmbelastung hafte der Umgebung des Flughafens - unbeeinflußt von
jeder gegenläufigen Entwicklung - im Sinne eines "Lärmkontingents" verfestigt an,
entbehrt mithin jeder tragfähigen Grundlage. Bis zur Verbindlichkeit einer abweichenden
Planung rechtfertigt der Planfeststellungsbeschluß mithin die schutzwürdige Erwartung
der Anwohnerschaft, das Lärmgeschehen am Flughafen der Beigeladenen werde sich
gemäß seinen verpflichtenden Regelungen vollziehen. Mindern sich die aus einer
Planung zu gewärtigenden Immissionen wegen eines - gegenüber der Prognose
günstigeren - Wandels nicht planfeststellungsabhängiger Umstände, so mindert sich
daher mit ihnen der Umfang der fortan zu berücksichtigenden (Vor-)Belastung. Die
Maßgeblichkeit der als plangegeben ansetzbaren (Vor-)Belastung entfällt nicht deshalb,
weil der Planfeststellungsbeschluß Gegenstand von Klagen war, von denen eine noch
im Berufungsverfahren 20 A 1138/97 vor dem Senat anhängig ist. Ungeachtet dessen,
daß die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses mit den oben genannten
Senatsurteilen mehrfach bestätigt worden und in der Beschwerdeentscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts (Beschluß vom 20. August 1990 - 4 B 146-148.89 -, a.a.O.)
unbeanstandet geblieben ist, entsteht eine Vorbelastung auf der Grundlage einer
Planung - unabhängig von ihrem Abschluß oder gar ihrer Bestandskraft - bereits mit
ihrer Verfestigung. Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1991, a.a.O. S. 364 - 4 C
51.89 -, Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 7 (S. 43) = BVerwGE 87, 332; Beschluß vom 5.
Oktober 1990 - 4 B 249.89 -, Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 6 (S. 21 f.); Kühling, a.a.O.
Rdnrn. 271 ff. Korrespondierend dauert diese Wirkung der Planung bis zu einer rechtlich
beachtlichen Wandlung der Verhältnisse fort, d.h. grundsätzlich bis zu einer
gleichermaßen verfestigten Aufgabe oder Änderung der Planung. Denn bis dahin
müssen die Betroffenen mit der Realisierung des Vorhabens konkret rechnen. Bei
Genehmigungserteilung war die Flughafenumgebung unstreitig auch nicht tatsächlich
mit Fluglärm in einem der Plankarte 9 entsprechenden Ausmaß beaufschlagt. Die
tatsächliche Lärmsituation hat sich nach Erlaß des Planfeststellungsbeschlusses
grundlegend zugunsten der Anwohnerschaft gewandelt, und zwar in einem Ausmaß,
daß sie bereits im Bezugsjahr 1991 hinter der in der Plankarte 9 (für das Jahr 1990)
prognostizierten Belastung zurückblieb. Das läßt sich anhand der Berechnungen im
oben genannten lärmphysikalischen Gutachten vom 22. Dezember 1994 sogar beziffern
(vgl. S. 12 f. und Bilder 3 bis 5). Überdies dokumentieren die Berechnungen der
Gutachter (vgl. zuletzt deren Feststellungen vom 9. November 1998) das Anhalten der
rückläufigen Lärmentwicklung - trotz Anwachsens des Luftverkehrs - in den Jahren nach
1991 bis in die jüngste Zeit hinein. Daraus erhellt zugleich, daß nicht einmal der Betrieb
des Jahres 1991 die Grundstückssituation der Antragsteller zutreffend zu
charakterisieren vermag. Die aus diesem Betrieb abgeleitete Lärmbelastung war für die
Situation bei Genehmigungserteilung in tatsächlicher Hinsicht nicht mehr repräsentativ.
Dies gilt für den seinerzeit tatsächlich abgewickelten Verkehr (sog. Bezugsfall V1) wie
auch für den gemäß den Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses rechnerisch auf
das Parallelbahnsystem verteilten Verkehr (sog. Bezugsfall V2, vgl. Genehmigung S.
16, 107, 124). Beide Bezugsfälle leiden schon an einem bei Genehmigungserteilung
nicht mehr aktuell hohen Anteil an Kapitel-3.-Flugzeugen (28,3 % gegenüber 6,4 % im
Jahre 1996, vgl. Genehmigung S. 130) - ganz abgesehen davon, daß die Umrechnung
für den Bezugsfall V2 die Genehmigungslage vernachlässigt, indem sie eine gegenüber
dem Planfeststellungsbeschluß zu hohe Bewegungszahl mit lärmrelevanten
Flugzeugen über 5,7 t MTOM zugrunde legt (vgl. Genehmigung S. 81: 76.020 statt
71.000). Die rechtlich unzutreffende Einschätzung der Vorbelastungssituation am
Flughafen der Beigeladenen, auf der die Genehmigung tragend aufbaut, begründet nicht
nur einen Begründungsmangel; sie erschüttert das Gerüst der Abwägung im Kern und in
entscheidenden Details: Zunächst sind leitende, selbstgesetzte Ziele der Genehmigung
auf der Grundlage der getroffenen Regelungen nicht zu erreichen: Der Antragsgegner
bezweckt mit ihnen, die Ausnutzung der Flughafenkapazität dergestalt neu zu
strukturieren, daß ein Ausgleich erreicht wird zwischen dem Interesse an der
bedarfsgerechten Befriedigung einer gestiegenen Nachfrage nach
Luftverkehrsverbindungen am Flughafen der Beigeladenen (dazu S. 45-51 der
Genehmigung) und dem gegenläufigen Interesse der Umgebung des Flughafens, von
nachteiligen Auswirkungen des Flugverkehrs möglichst verschont zu bleiben. Dieser
Ausgleich soll mit Hilfe lärmkontingentierender Festlegungen (Genehmigung A. I. Nr.
6.3..) erreicht werden, welche die Fluglärmbelastung dauerhaft unterhalb der
angenommenen Vorbelastung halten (Genehmigung S. 15 f., 124). Damit soll ein Teil
des seit Erlaß des Planfeststellungsbeschlusses erzielten technischen Fortschritts bei
der Geräuschminderung im Luftverkehr an die Flughafennachbarschaft weitergegeben
werden; der verbleibende Teil soll über die Zulassung zusätzlicher Flugbewegungen
der Beigeladenen zugute kommen. Künftig erzielte Geräuschminderungen sollen im
Rahmen eines sog. fluglärmabhängigen Stufenmodells (Genehmigung A. I. Nr. 6.3. und
S. 124 ff.) zu etwa gleichen Teile an die Wohnbevölkerung und an die Beigeladene
weitergegeben werden. Bei zutreffender Betrachtung hingegen wird der Konflikt
zwischen störender und gestörter Nutzung der benachbarten Grundstücke, wie er durch
den Planfeststellungsbeschluß geregelt worden ist, infolge der Genehmigung verschärft,
ohne daß dies erkannt, geschweige denn planerisch bewältigt würde. Die
Genehmigung läßt schon in der Grundstufe (A. I. Nr. 6.3..3..) eine Ausweitung des
Flugbetriebs und der damit verbundenen Belastungen zu. Dies ist ohne weiteres an der
Zahl der künftig zulässigen Einzelschallereignisse ablesbar, aber auch im Vergleich der
Lärmkonturen und Dauerschallpegel greifbar. Ob in den Erweiterungsstufen (A. I. Nrn.
6.3..3. und 6.3..3) eine nennenswerte Lärmminderung erzielt und teilweise an die
Wohnbevölkerung weitergegeben werden kann, erscheint nach der vorerwähnten
Äußerung der Gutachter vom 15. November 1995 zumindest fraglich. Weitere Folge der
fehlenden Berechnungen zur genehmigungsnahen Lärmsituation ist eine
Lückenhaftigkeit des Abwägungsmaterials, die - wiewohl vom Ausgangspunkt der
Genehmigung her erklärlich - den durch die Genehmigung in Wahrheit aufgeworfenen
Konflikt und die schutzwürdigen Belange der Anwohnerschaft gar nicht erst in das
Blickfeld der Abwägung kommen läßt. Lediglich die Erhöhung der Zahl der Überflüge ist
Gegenstand der Abwägung gewesen (vgl. Genehmigung S. 147-159), wobei jedoch mit
dem "psychologischen Beeinträchtigungs-Kontingent" des Bezugsjahres 1991 eine
hinsichtlich Zahl und Zusammensetzung des Luftverkehrs nicht repräsentative
Vergleichsbasis zugrunde gelegt worden ist. Insgesamt wird das Gewicht der Belange
der Antragsteller im Verhältnis zum öffentlichen Verkehrsbedürfnis und zu den Belangen
der Beigeladenen zu Lasten der Antragsteller verkannt. Die unzutreffende Erkenntnis
und Gewichtung der Belange der Anwohnerschaft und die dadurch verursachte
unvollständige Zusammenstellung des Abwägungsmaterials sind erheblich und
verletzen die Antragsteller in ihrem Anspruch auf gerechte Abwägung der eigenen
Belange. Die Erheblichkeit eines Mangels im Abwägungsvorgang, wie er hier vorliegt,
setzt voraus, daß er auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen ist. Der damit
geforderte (hypothetisch festzustellende) Kausalzusammenhang ist zu bejahen, wenn
nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, daß die Planung
ohne den Mangel anders ausgefallen wäre. Vgl. BVerwG, Beschluß vom 26. Juni 1992,
DVBl. 1992, 1435 (Ls. 5b) und amtlicher Umdruck S. 42; Urteil vom 21. August 1981 - 4
C 57.80 -, BVerwGE 64, 33 (38 ff.). Dies ist hier anzunehmen. Die verkannten Belange
sind nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand weder nebensächlich noch objektiv
geringwertig oder nicht schutzwürdig. Vgl. dazu BVerwG, Beschluß vom 26. Juni 1992,
amtlicher Umdruck S. 43; Beschluß vom 14. September 1987 - 4 B 179, 180.87 -, NVwZ
1988, 363; Beschluß vom 9. November 1979 - 4 N 3...78 und 4 N 3.-4.79 -, BVerwGE 59,
87 (102 f.). Zwar ist die Vorbelastung, die den Antragstellern rechtmäßigerweise
entgegengehalten werden könnte, bislang nicht bestimmt worden. Doch spricht derzeit
nichts dafür, daß mit der nunmehr dauerhaft zugelassenen Lärmbelastung (d.h. letztlich
gemäß der zweiten Erweiterungsstufe nach A. I. Nr. 6.3..3 der Genehmigung) nur eine
im Sinne der Rechtsprechung geringfügige und damit nicht abwägungserhebliche
Veränderung, vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1991, a.a.O. S. 341 f.; Beschluß
vom 5. Oktober 1990, a.a.O. S. 12, zu verzeichnen wäre. Im Verhältnis zu der durch den
Planfeststellungsbeschluß vorgezeichneten Belastung liegt dies schon wegen der
deutlichen Erhöhung der Einzelschallereignisse auf der Hand, dürfte sich mit Blick auf
die höher belasteten Grundstücke (etwa der Antragsteller zu 3... bis 4.) aber auch aus
einem Vergleich der Dauerschallpegel ergeben, weil in diesen Schallastbereichen
selbst geringe Veränderungen des Dauerschallpegels wahrnehmbar sind. Nichts im
Sinne der Genehmigung Günstigeres gilt für die tatsächliche Situation, soweit erwogen
werden kann, sie zur Bestimmung der Schutzwürdigkeit der Flughafenumgebung
heranzuziehen: Was die Bedeutung der Lärmbelastung des Bezugsjahres 1991 anlangt,
ist das Wesentliche bereits oben gesagt worden; Entsprechendes gilt für die sonstigen
Immissionen. Damit ist zugleich die Erwägung abgeschnitten, im Vergleich zu den
Verhältnissen des Jahres 1991, auf dessen Lärmniveau der künftige Flugbetrieb
festgeschrieben werden soll (Genehmigung S. 124 zu 6.3...3.), bewirke die
angefochtene Genehmigung eine rechtlich nicht zu bemängelnde Verbesserung. Vgl.
dazu BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1991, a.a.O. S. 357; Beschluß vom 23. Juni 1989 -
4 B 100.89 -, NVwZ 1990, 263; Kühling, a.a.O. Rdnrn. 260 ff. Im Ergebnis nichts anderes
dürfte mit Bezug auf den tatsächlichen Luftverkehr gelten, der sich als Einbahnbetrieb in
den Jahren 1994 bis 1996 auf der Basis eines Koordinierungseckwertes von 91.000
gewerblichen Flugbewegungen mit Fluggerät über 5,7 t MTOM entwickelt hat (vgl.
Genehmigung S. 46, 82 f.). Der Senat hegt nachhaltige Bedenken, diesen Betrieb als
die Situation der Flughafenumgebung tatsächlich kennzeichnend anzusehen. Er mag
zwar nicht als rechtswidrig zu bewerten sein, weil die Mitbenutzung der Parallelbahn in
Zeiten des Spitzenverkehrs als integraler Bestandteil der Gesamtregelung bis zur
Vollziehungsanordnung vom 12. Dezember 1997 nicht zulässig war, mit der Folge, daß
die Beigeladene von den Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses nicht in einer
Weise Gebrauch machen konnte, die im Gegenzug eine Beachtung der
Flugbetriebsbeschränkungen rechtlich geboten hätte. Ebensowenig ist zu verkennen,
daß eine etwaige Annahme in der Anwohnerschaft, die Flugbewegungszahlen würden
zugunsten einer Umsetzung der ursprünglichen Planung auf die Vorgaben des
Planfeststellungsbeschlusses zurückgeschnitten, zuletzt eher unrealistisch war: Dies
ergibt sich weniger aus dem allgemein bekannten, mit überproportionalen
Zuwachsraten einhergehenden Anwachsen des Luftverkehrs, das auch am Flughafen
der Beigeladenen mit einem erheblichen Nachfragedruck einherging (Genehmigung S.
45-51). Vor allem nämlich belegte die tatsächliche Entwicklung des Flugbetriebs, die in
Abstimmung mit den zuständigen Luftverkehrsbehörden erfolgte, den Willen des
Antragsgegners als zuständiger Planungsbehörde, der Nachfrage nach
Luftverkehrsverbindungen am Flughafen der Beigeladenen weitergehend als bisher
entgegenzukommen. Gleichwohl dürfte der tatsächliche Betrieb der Jahre 1994 bis 1997
den Umfang der Schutzwürdigkeit, der den Antragstellerbelangen bei einer
Neuregelung des Flugbetriebs zuzugestehen ist, nicht entscheidend beeinflußt haben,
denn seine Bedeutung wird von vorrangigen Bewertungen überlagert: Zunächst spricht
einiges dafür, daß sich die Beigeladene nach wie vor an ihrem Willen festhalten lassen
muß, sich dem Regime des Planfeststellungsbeschlusses einschließlich seiner
Flugbetriebsbeschränkungen zu unterwerfen. Dieser Wille dürfte bis zu einer
verbindlichen Neuregelung rechtlich beachtlich sein, und zwar unbeschadet des
Änderungsantrages vom 14. Dezember 1992. Denn allein dieser Antrag läßt keine
verfestigte, prägende Änderung der maßgeblichen Verhältnisse eintreten: Der
Planfeststellungsbeschluß bleibt weiterhin existent, und das Ob und Wie einer
Neuregelung liegt nicht in den Händen der Beigeladenen. Vor allem aber hatte der
Flugbetrieb der Jahre 1994 bis 1997 erklärtermaßen Übergangscharakter: Er sollte die
Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses nicht ablösen, sondern eine im
Koordinierungsausschuß vereinbarte Zwischenlösung schaffen, die ihren Grund in der
"noch gerichtsanhängige[n] Bewegungszahlbegrenzung für das Parallelbahnsystem"
hatte (Genehmigung S. 82) und als vorläufige Selbstbeschränkung begriffen wurde.
Auch dies bestätigt die prinzipielle Anerkennung der Bewegungszahlbegrenzung des
Planfeststellungsbeschlusses. Nach alldem vermochte der tatsächliche Betrieb
zwischen 1994 bis 1997 zwar - nicht anders als die oben erwähnten Umstände - das
Vertrauen zu zerstören, der Planfeststellungsbeschluß werde unmodifiziert umgesetzt
werden; zur Beantwortung der Frage, von welchem Schutzniveau bei einer
modifizierenden Neuplanung auszugehen ist, tragen die tatsächlichen Verhältnisse
indes nichts bei. Mithin dürften die besseren Gründe dafür sprechen, daß die Anwohner
des Flughafens darauf vertrauen durften und dürfen, daß bei einer - den Rechtsschutz
wiedereröffnenden - Neuplanung des Flugbetriebs von einer Schutzwürdigkeit
ausgegangen wird, welche - soweit nicht die persönlichen Verhältnisse in Rede stehen -
durch den Planfeststellungsbeschluß unter den Modalitäten einer genehmigungsnahen
Flottenzusammensetzung vorgezeichnet ist. Sind also die Belange der Antragsteller
abwägungserheblich, so ist hier weiter von der konkreten Möglichkeit auszugehen, daß
bei zutreffender Erkenntnis der Verhältnisse zu ihren Gunsten in anderer Weise geplant
worden wäre; denn das Defizit betrifft den Kernbereich der Abwägung: Zwar mag die
Möglichkeit, daß der Antragsgegner das Vorhaben bei richtiger Einschätzung der
Konfliktlage gänzlich abgelehnt hätte, als theoretisch und eher abstrakt einzustufen sein
- gegen sie streiten die in der Genehmigung betonte Bedeutung des Flughafens der
Beigeladenen, der seit langem bestehende große Nachfragedruck und die wohl
fehlenden Planungsalternativen (S. 44-61, 198). Doch hat der Antragsgegner mit seinen
Entscheidungen einen genau bestimmten Ausgleich angestrebt, der sich bei richtiger
Betrachtung auf der Grundlage der getroffenen Entscheidungen schlechterdings nicht
realisieren läßt. Wäre ihm bewußt gewesen, daß - vom selbstgewählten Ansatz aus -
grundlegend andere Verhältnisse zu bewältigen sind als angenommen und daß sich die
Festlegungen in Wahrheit einseitig zu Lasten der Anwohner auswirken, so hätten sich
zumindest Maßnahmen einer wesentlich anders strukturierten Ausweitung des
Flugbetriebs als ernstlich in Betracht zu ziehende Alternativen aufgedrängt, etwa: eine
geringere Erhöhung der Flugbewegungszahlen, eine gestrecktere Staffelung in
Erweiterungsstufen oder eine andere zeitliche Verteilung der Bewegungen. Nicht zuletzt
hätte nahegelegen, die Wirkungen eines gesteigerten Flugbetriebs durch
weitergehende Schutzanordnungen oder Entschädigungsleistungen aufzufangen,
zumal der Behörde bei der planerischen Bewältigung auch des zumutbaren Lärms
Spielräume zustehen, die sachgerecht (u.U. mit Akzeptanzerwägungen) auszufüllen
sind. In jedem Fall handelt es sich um die begründungsbedürftige Neubewertung von
Belangen, bei der die Situation der Flughafenanwohner erstmals zutreffend erfaßt, das
Abwägungsmaterial vervollständigt und - darauf aufbauend - der sich dann ergebende
Interessenwiderstreit zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden muß. Angesichts
der Reichweite des Abwägungsmangels greift die von der Beigeladenen
angesprochene Möglichkeit nicht, den Mangel behördlicherseits durch schlichte
Genehmigungsergänzung zu beseitigen, mit der Folge, daß in der Hauptsache eine
Aufhebung der Genehmigung nicht mehr verlangt werden könnte und im vorliegenden
Verfahren dem öffentlichen Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens Vorrang
beigemessen werden müßte. Zwar steht dem Antragsgegner das Mittel der
Genehmigungsergänzung grundsätzlich in Form einer entsprechenden Anwendung der
§§ 9 Abs. 3. LuftVG, 74 Abs. 3. Sätze 3. und 3 VwVfG NW zu Gebote, vgl. Senatsurteil
vom 17. September 1998 - 20 A 3483/91 -, amtlicher Umdruck S. 24 m.w.N.; doch
verbietet sich seine Anwendung, wenn - wie hier - der Abwägungsmangel von so
großem Gewicht ist, daß die Gesamtkonzeption der Planung in einem wesentlichen
Punkt berührt und ihre Ausgewogenheit insgesamt in Frage gestellt ist. Vgl. BVerwG,
Urteil vom 18. April 1996 - 11 A 86.95 -, DÖV 1996, 998 (1001); Beschluß vom 12.
November 1992 - 7 ER 300.92 -, Buchholz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 22 (S. 45, 48); Urteil
vom 14. September 1992 - 4 C 34-38.89 -, BVerwGE 91, 17 (20); Urteil vom 7. Juli 1978,
a.a.O. S. 133. Dies gilt auch dann, wenn man eine Wiederholung der getroffenen
Regelungen auf der Grundlage einer neuen Abwägungsentscheidung unter Anordnung
von Schutzauflagen nicht für ausgeschlossen hielte. Davon abgesehen geht es hier
nicht nur um unzulänglichen Lärmschutz, sondern auch um sonstige Immissionen
(insbesondere Luftverunreinigungen), die ebenfalls auf der Basis eines falschen
Bezugsjahres bewertet worden sind (Genehmigung S. 167), ohne daß insoweit eine
Genehmigungsergänzung in Betracht käme. Aus Art und Schwere des Mangels folgt
schließlich, daß auch dem Senat eine "Heilung" des Abwägungsmangels verwehrt ist.
Vor allem scheidet aus, im gerichtlichen Verfahren die Vorbelastung näher aufzuklären.
Dergleichen wird in der Rechtsprechung außer zur Bekräftigung der Richtigkeit des
Abwägungsergebnisses nur für angängig gehalten, um festzustellen, ob
abwägungserhebliche tatsächliche Umstände, deren Vorliegen die Behörde bejaht oder
verneint hat, in Wahrheit gegeben sind. Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1988 - 4 C
32 und 33.86 -, DVBl. 1988, 844 (845) m.w.N. Darum geht es hier aber nicht, da die
Beseitigung des Mangels eine völlig neue planerische Abwägung erforderlich macht.
Diese aber ist allein Sache des Antragsgegners. Das Gericht darf die behördlichen
Bewertungen, für die immerhin ein nicht überprüfbarer Spielraum besteht, nicht durch
eigene ersetzen oder vorwegnehmen, will es sich nicht eine Funktion anmaßen, die ihm
hinsichtlich seiner kontrollierenden Aufgabe nicht zukommt; anderenfalls verletzte es die
ihm durch §§ 113, 114 VwGO gesetzten Grenzen. Das Gericht hat lediglich zu prüfen,
ob die Planung, so wie erfolgt, rechtsfehlerfrei ist, nicht dagegen, auf welche Weise
rechtsfehlerfrei hätte geplant werden können. Vgl. BVerwG, Beschluß vom 26. Juni
1992, amtlicher Umdruck S. 43; Urteil vom 5. Oktober 1990 - 7 C 55 und 56.89 -,
Buchholz 406.25 § 15 BImSchG Nr. 5 (S. 11); Beschluß vom 10. Februar 1989 - 7 B
171.88 -, UPR 1989, 227 (228); Urteil vom 25. Februar 1988, a.a.O. Bei der nach §§ 80 a
Abs. 3 Satz 3., 80 Abs. 5 Satz 3.. VwGO zugunsten der Antragsteller zu treffenden
Ermessensentscheidung sieht der Senat davon ab, die aufschiebende Wirkung der
Anfechtungsklagen sofort oder gar rückwirkend eintreten zu lassen. Er macht vielmehr
von der Befugnis zur zeitlichen Gestaltung der aufschiebenden Wirkung, vgl. dazu OVG
NW, Beschluß vom 7. Juni 1994 - 10 B 2923/93 -, NWVBl. 1994, 421 (423);
Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Loseblatt- Kommentar
(Stand: September 1998), § 80 Rdnr. 294; Eyermann, VwGO, 10. Aufl. 1998, § 80 Rdnr.
87, in einer Weise Gebrauch, die der Beigeladenen eine angemessene Frist beläßt, um
den auf der Grundlage der angefochtenen Genehmigung laufenden Verkehr
gemeinverträglich zu beenden. Denn mit dem Wegfall der Vollziehbarkeit der
Genehmigung darf die Beigeladene von den sie begünstigenden Regelungen keinen
Gebrauch mehr machen, was - jedenfalls bis zu einer abweichenden Regelung - eine
deutliche Reduzierung der zulässigen Flugbewegungen mit sich bringen wird
(Genehmigung S. 198). Der Senat hält es für schlechthin ausgeschlossen, mit dieser
Wirkung in die laufende Sommerflugplanperiode, die bis zum letzten Wochenende des
Monats Oktober 1999 (30./31.) andauert, einzugreifen. Zum einen wäre es mit einer bloß
zahlenmäßigen Begrenzung der Flugbewegungen nicht getan. Da auf dem Flughafen
der Beigeladenen ganz überwiegend koordinierungspflichtige Flüge durchgeführt
werden (Genehmigung S. 79 f.), müßten Bewegungsrestriktionen mit einer umfassenden
Neuverteilung der obligatorischen und für den Sommerflugplan bereits zugewiesenen
Start- und Landezeiten ("Zeitnischen") einhergehen, was schon tatsächlich kaum
möglich sein dürfte. Zum anderen wären solche Restriktionen mit weitreichenden
Eingriffen in Rechtspositionen von am Verfahren nicht Beteiligten (Fluggesellschaften,
Unternehmen, Reisenden) verbunden, zumal die Sommer-Flugpläne der
Fluggesellschaften auf einer international abgestimmten Zeitnischenverteilung beruhen
und in nationale und internationale Luftverkehrsströme eingebunden sind. Der Senat
geht aber davon aus, daß Bewegungsrestriktionen "jederzeit über die
Flugplankoordinierung umsetzbar" sind und "in der auf eine IATA-Flugplankonferenz
unmittelbar folgenden Flugplanperiode wirksam" werden können (Genehmigung S.
199). Demgegenüber ist die Hinnahme des Flugverkehrs bis zum Ende der laufenden
Sommerflugplanperiode für die Antragsteller nicht mit unzumutbaren Folgen verbunden.
Gesundheitsgefährdende Lärmeinwirkungen oder andersgeartete nachhaltige Einbußen
sind nirgends zu besorgen. Zudem geht der laufende Luftverkehr nur maßvoll über
denjenigen Betrieb hinaus, der sich am Flughafen der Beigeladenen in der
Vergangenheit als Einbahnbetrieb entwickelt hat und den die Antragsteller (wenn auch
aus nachvollziehbaren Gründen) bisher klaglos hingenommen haben. Die
Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 3.. und 3, 162 Abs. 3 VwGO; die
Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 3.. GKG, § 5 ZPO, wobei
entsprechend ständiger Praxis für jeden Antragsteller 10.000,-- DM in Ansatz gebracht
sind.