Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 12.11.2003

OVG NRW: bindungswirkung, zweitwohnung, schulwesen, gleichheit, kultur, verbindlichkeit, aufwand, veranlagung, datum, kongruenz

Oberverwaltungsgericht NRW, 14 A 2917/03
Datum:
12.11.2003
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
14. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 A 2917/03
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 16 K 941/02
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 496,98 Euro
festgesetzt.
Gründe:
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Der Antrag hat keinen Erfolg.
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Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO
(ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (tatsächliche
oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache) und § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO
(grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) sind - ihre ordnungsgemäße Darlegung
unterstellt - jedenfalls nicht gegeben.
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Der Kläger wendet sich dagegen, dass das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der
Erhebung von Zweitwohnungssteuer für eine aus beruflichen Gründen innegehabte
Zweitwohnung bejaht hat. Er macht insoweit verfassungsrechtliche Bedenken geltend
und verweist auf ein angeblich beim Bundesverfassungsgericht anhängiges, diese
Rechtsproblematik betreffendes Verfahren, für das er ein Aktenzeichen nicht benennt.
Ferner verweist er darauf, dass es eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
zu dieser Problematik unter dem Aktenzeichen 1 BvR 1232/00 geben solle.
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Aus diesem Vortrag ergibt sich keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe.
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Dass eine ohne Berücksichtigung der Zwecke für das Innehaben einer Zweitwohnung
aus persönlichen Gründen allein auf den dafür erforderlichen Aufwand abstellende
Veranlagung zur Zweitwohnungssteuer mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, hat das
Bundesverfassungsgericht in seinem auch vom Verwaltungsgericht angeführten
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Beschluss vom 6. Dezember 1983 (2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325) ausdrücklich
festgestellt. Dabei ist entschieden worden, eine Zweitwohnungssteuersatzung, die aus
beruflichen Gründen oder zu Ausbildungszwecken gehaltene Zweitwohnungen von der
Besteuerung ausnehme, verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil das Wesen einer
Aufwandsteuer es ausschließe, auf eine wertende Berücksichtigung der Absichten und
verfolgten ferneren Zwecke für das Innehaben der Wohnung abzustellen. Aus dieser
Auffassung ergibt sich im zwingenden Rückschluss, dass eine
Zweitwohnungssteuersatzung, die - wie hier - eine Differenzierung nach dem Zweck des
Innehabens der Wohnung nicht enthält, mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.
Diese Rechtsprechung ist vom Bundesverfassungsgericht bisher nicht revidiert worden.
Eine dahin gehende Entscheidung ist weder unter dem vom Kläger angegebenen
Aktenzeichen, zu dem der Kläger auch nicht angibt, welchen Inhalts die angebliche
Entscheidung sein soll, noch sonst feststellbar.
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An die dargestellte Rechtsauffassung des Bundesverfassungsgerichts sind die
Verwaltungsgerichte gebunden. Dies ergibt sich aus § 31 Abs. 1 BVerfGG, der die
Verbindlichkeit der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts unter anderem für
alle Gerichte vorschreibt. Die für den Eintritt dieser Wirkung vorausgesetzte
hinreichende Kongruenz der zu beurteilenden Sachverhalte
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- vgl. BVerwG, Urteil vom 12. April 2000 - 11 C 12.99 -, DVBl 2000, 1224; Urteil vom 24.
März 1999 - BVerwG 6 C 9.98 - BVerwGE 108, 355 = Buchholz 421 Kultur- und
Schulwesen Nr. 125 = NJW 1999, S. 3503 ff.-
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ist gegeben.
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Angesichts der Bindungswirkung könnte sich die Frage, ob möglicherweise veränderte
gesellschaftliche Rahmenbedingungen eine andere Sichtweise zur Frage der Gleichheit
nach Art. 3 Abs. 1 GG erfordern oder ermöglichen könnten, nur in einem neuen
Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht stellen. Ob ein solches Verfahren
anhängig ist, wie der Kläger ohne jede konkrete, nachvollziehbare Angabe behauptet,
kann dahinstehen. Selbst wenn dies der Fall wäre, änderte dies an der Rechtslage
nichts. Solange ein solches Verfahren nicht zu einer Änderung der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichtes geführt hat, bleibt die Bindungswirkung der bisherigen
Rechtsprechung bestehen. Eine diese Bindungswirkung beachtende Entscheidung des
Verwaltungsgerichts ist deshalb insoweit weder ernstlichen Zweifeln an ihrer Richtigkeit
ausgesetzt, noch wirft sie insoweit eine schwierige Rechtsfrage auf. Der Sache kommt
auch keine grundsätzliche Bedeutung zu, denn wegen der Bindungswirkung der
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts stellen sich die vom Kläger
angesprochenen verfassungsrechtlichen Rechtsfragen im verwaltungsgerichtlichen
Verfahren nicht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Wertfestsetzung auf § 13
Abs. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).
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Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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