Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 13.05.1998

OVG NRW (vorbehalt, usg, kläger, einkünfte, höhe, bewilligung, verwaltungsakt, einkommen, wohnung, gesetz)

Oberverwaltungsgericht NRW, 25 A 7558/95
Datum:
13.05.1998
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
25 A 7558/95
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 12 K 2729/92
Tenor:
Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen
vom 31. Oktober 1995 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden
Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Der Kläger wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen eine Bewilligung von
Mietbeihilfe unter Vorbehalt.
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Er leistete vom 2. April 1990 bis 31. März 1991 seinen Grundwehrdienst.
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Der Kläger und sein Vater sind ausweislich des Grundbuches Miteigentümer nach
Bruchteilen des Wohngrundstückes J. straße 24 a in E. . In dem Haus mietete der Kläger
zum 1. Juni 1989 eine 3-Zimmer-Wohnung an. Der Mietvertrag wurde zwischen ihm und
seinem Vater geschlossen. Der Mietzins betrug monatlich 550,-- DM warm.
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Am 24. März 1990 beantragte der Kläger eine Mietbeihilfe nach dem
Unterhaltssicherungsgesetz (USG) für die von ihm angemietete Wohnung. In dem
Antrag gab er an, ihm flössen während der Zeit des Wehrdienstes aus einer
"Teilhaberschaft" Einkünfte in Höhe von ca. 70.000,-- DM zu, die zu versteuern seien.
Aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen ging nicht hervor, daß er Miteigentümer
des Hauses war.
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Mit zwischenzeitlich aufgehobenem Bescheid vom 11. April 1990 bewilligte der
Beklagte dem Kläger die beantragte Mietbeihilfe dem Grunde nach in Höhe des
möglichen Betrages von 510,-- DM monatlich für die Dauer der Einberufung zum
Grundwehrdienst ab 2. April 1990 unter dem Vorbehalt, daß er in den zu seiner
hauptsächlichen Nutzungsverfügung stehenden Räumen bereits vor der Einberufung
einen selbständigen Haushalt geführt habe und weiterhin führe. Zugleich entschied der
Beklagte, eine Auszahlung der Leistungsbeträge erfolge nicht. Dem Kläger flössen nach
seinen Angaben während der Einberufung zum Grundwehrdienst Einkünfte aus
Teilhaberschaft zu. Nach dem USG seien die Leistungen um einkommensteuerpflichtige
Einkünfte des Dienstpflichtigen zu kürzen, die er während des Dienstes erziele.
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Am 8. Mai 1990 erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er könne noch nicht
beurteilen, in welcher Höhe das Finanzamt seine Einkünfte anerkenne. Ihm stehe ein
Erstattungsanspruch für die Miete, die er für die nicht benutzte Wohnung zahlen müsse,
zu.
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Bei einer Ortsbesichtigung stellte ein Bediensteter des Beklagten im September 1990
fest, daß der Kläger eine eigene Wohnung bewohne, die komplett eingerichtet und zum
Dauerbewohnen geeignet sei.
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Mit Bescheid vom 5. November 1990 bewilligte der Beklagte dem Kläger "unter
Vorbehalt" ab 2. April 1990 für die Dauer seiner Einberufung eine Mietbeihilfe in Höhe
von monatlich 510,-- DM. In der Folgezeit erhielt der Kläger eine Nachzahlung für die
Monate April bis November 1990 in Höhe von 4.063,-- DM sowie die laufenden
Leistungen in der angegebenen Höhe, insgesamt 6.103,-- DM. Diesen Bescheid
ergänzte der Beklagte durch Bescheid vom 10. Januar 1991 dahin, daß die Bewilligung
bei gleichbleibenden Anspruchsvoraussetzungen unter dem Vorbehalt der späteren
Verrechnung mit den Einkünften gemäß § 11 USG stehe, die sich anteilsmäßig
entsprechend der Grundwehrdienstzeit aus den Einkommensteuerbescheiden für die
Jahre 1990 und 1991 ergäben.
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Gegen den Ergänzungsbescheid vom 10. Januar 1991 erhob der Kläger am 5. Februar
1991 Widerspruch. Zu dessen Begründung trug er vor, er sehe nicht ein, daß auf die ihm
zustehende Mietbeihilfe Einkommen angerechnet werden solle; ihm sei nirgends erklärt
worden, daß wohlhabende Leute auch noch dafür bestraft würden, daß sie wohlhabend
seien, indem sie keine Mietbeihilfe bekämen. Er habe unabhängig von seinem
Einkommen Anspruch auf Mietbeihilfe während der Wehrdienstzeit. Er werde in den
Jahren 1990 und 1991 voraussichtlich ein zu versteuerndes Einkommen von je ca.
60.000,-- DM haben.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 24. April 1992 wies die Bezirksregierung Düsseldorf
den Widerspruch als unbegründet zurück und wies im wesentlichen darauf hin, daß
nach dem USG Leistungen zur Unterhaltssicherung um die einkommensteuerpflichtigen
Einkünfte des Wehrpflichtigen, die er während des Wehrdienstes erhalte, zu kürzen
seien.
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Mit der am 15. Mai 1992 erhobenen Klage hat der Kläger seinen bisherigen Vortrag
vertieft und seine Auffassung dargelegt, die Anrechnung von Einkommen auf die
Mietbeihilfe verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
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Mit Bescheid vom 5. Mai 1993 hatte der Beklagte "den vorläufigen
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Bewilligungsbescheid vom 5. November 1990 in der Fassung der Ergänzung vom 10.
Januar 1991" zurückgenommen und die Erstattung der geleisteten Mietbeihilfe in Höhe
von 6.103,-- DM vom Kläger gefordert. Wegen dieses Bescheides war bei dem Senat
das Berufungsverfahren 25 A 7559/95 anhängig, in dessen Rahmen der Beklagte
diesen Bescheid aufhob.
Der Kläger hat beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 10. Januar 1991 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung D. vom 24. April 1992 insoweit
aufzuheben, als die gewährten Leistungen unter Vorbehalt gestellt sind.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat die Auffassung vertreten, wegen der Eigentumsverhältnisse an dem Grundstück
sei zwischen dem Kläger und seinem Vater in Wirklichkeit kein Mietverhältnis zustande
gekommen.
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Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen
wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.
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Gegen das ihm am 1. Dezember 1995 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.
Dezember 1995 sinngemäß Berufung eingelegt. Er wiederholt und vertieft im
wesentlichen seine Auffassung, die Anrechnungsbestimmung des § 11 USG sei
verfassungswidrig. Sie verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die
Unterscheidung zwischen vermögenden und weniger vermögenden Soldaten sei nicht
sachgerecht, da beide für die Zeit ihres Grundwehrdienstes eine von ihnen angemietete
Wohnung nicht benutzen könnten, den darauf entfallenden Mietzins aber weiterzahlen
müßten. Es sei unerheblich, daß er an der "Erbengemeinschaft" beteiligt sei, zu deren
gesamthänderisch gebundenem Vermögen auch die von ihm angemietete Wohnung
gehöre. Mieter und Vermieter seien nicht personenidentisch; das Vermögen der
Erbengemeinschaft sei von dem Privatvermögen ihrer Mitglieder zu unterscheiden. Die
Trennung beider Vermögensmassen zeige, daß er durchaus Mieter im Sinne des USG
sein könne.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 31. Oktober 1995 zu ändern und
nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Verfahrens 25 A 7559/95 und die
beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Bezirksregierung D.
(Beiakten 1 und 2).
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht
abgewiesen.
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Das Klagebegehren richtet sich gegen die den Vorbehaltsbescheid vom 5. November
1990 ergänzende Regelung in dem Bescheid vom 10. Januar 1991, mit der die
Bewilligung der Mietbeihilfe ausdrücklich unter den Vorbehalt der späteren Verrechnung
mit Einkünften gemäß § 11 USG gestellt worden ist. Dem Kläger geht es um die
Beseitigung dieses Vorbehalts, d.h. um die vorbehaltslose Bewilligung der Mietbeihilfe
für die Zeit vom 2. April 1990 bis 31. März 1991 in Höhe des ihm bereits ausgezahlten
Betrages in Höhe von 6.103,-- DM.
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Es kann offenbleiben, ob dieses Klagebegehren im Wege der isolierten
Anfechtungsklage gegen den Vorbehalt (1.) oder im Wege der Verpflichtungsklage auf
eine uneingeschränkte Bewilligung der Mietbeihilfe ohne Vorbehalt (2.) zu verfolgen ist.
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Kann allein der Vorbehalt isoliert angefochten werden, so ist die Klage unbegründet,
weil der in dem Bescheid ausgesprochene Vorbehalt rechtmäßig ist und der Kläger
dadurch nicht in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Kann der
Vorbehalt nur im Wege der Verpflichtung des Beklagten zum Erlaß eines vorbehaltlosen
Bewilligungsbescheides beseitigt werden, ist die Klage unbegründet, denn der die
Bewilligung durch den Vorbehalt teilweise ablehnende Bescheid ist rechtmäßig und
verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), weil der Kläger
keinen Anspruch auf eine vorbehaltlose Bewilligung der Mietbeihilfe hat.
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1. Die Verbindung des Bewilligungsbescheides mit einem (Verrechnungs-)Vorbehalt,
durch den dieser zu einem sogenannten vorläufigen Verwaltungakt wird, ist rechtmäßig
und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat den
Bewilligungsbescheid nach der für die gerichtliche Entscheidung über diese
Anfechtungsklage maßgeblichen Sach- und Rechtlage zur Zeit der letzten
Behördenentscheidung, das war hier der Erlaß des Widerspruchsbescheides, zu Recht
unter einen Vorbehalt gestellt. Dieser findet seine Rechtsgrundlage entweder in der
unmittelbaren oder entsprechenden Anwendung des § 36 Abs. 1 VwVfG.
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In diesem Zusammenhang ist zunächst klarzustellen, daß der Bescheid vom 10. Januar
1991 keine teilweise Änderung des Bescheides vom 5. November 1990 beinhaltet,
sondern nur den bereits in diesem Bescheid enthaltenen Vorbehalt der späteren
Verrechnung mit Einkünften gemäß § 11 USG neuerlich konkretisiert. In dieser
Konkretisierung liegt keine den Kläger belastende teilweise Aufhebung des Bescheides
vom 5. November 1990, die einer eigenen Rechtfertigung durch §§ 48 oder 49 VwVfG
bedürfte. Zum einen wird der in dem Bescheid vom 5. November 1990 bereits ohne
ausdrücklichen Bezugspunkt ausgesprochene Vorbehalt im Hinblick auf die
Anrechnung von Einkünften näher bestimmt. Zum anderen war für den Kläger aufgrund
des Bescheides vom 11. April 1990, mit dem eine Auszahlung von Leistungsbeträgen
wegen der zu erwartenden Einkünfte während der Wehrdienstzeit verweigert wurde,
erkennbar, daß der Vorbehalt im Bewilligungsbescheid vom 5. November 1990 sich
jedenfalls auch auf die in dem Bescheid von April 1990 angesprochene
Anrechenbarkeit von Einkünften gemäß § 11 USG bezog.
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Bei einem Bescheid über die Bewilligung der Mietbeihilfe unter dem Vorbehalt der
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späteren Verrechnung mit Einkünften gemäß § 11 USG handelt es sich um einen
vorläufigen Verwaltungsakt. Das ist ein Verwaltungsakt mit inhaltlich und - hier auch -
zeitlich begrenzter Regelungswirkung. Soweit er eine Zuwendung gewährt, schafft er
lediglich einen sachlich eingeschränkten und zeitlich meist vorübergehenden, insoweit
also vorläufigen Rechtsgrund für die Entgegennahme und das Behaltendürfen der
Leistung. Er steht unter dem Vorbehalt späterer endgültiger Entscheidung, ist also -
jedenfalls im Grundsatz - nur bis zu deren Erlaß von Bedeutung. Das gilt unabhängig
davon, wie die spätere Regelung ausfällt. Ist sie für den Zuwendungsempfänger günstig,
so liegt der Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Zuwendung in der endgültigen
Entscheidung, nicht in einer etwa noch fortbestehenden Regelungswirkung der
vorläufigen Entscheidung, mag diese in Teilen die endgültige Entscheidung auch mit
bindender Wirkung präjudizieren. Das unterscheidet den vorläufigen Verwaltungsakt im
engeren Sinne von dem unter eine auflösende, später nicht eintretende Bedingung
gestellten Zuwendungsbescheid. Fällt die endgültige Entscheidung negativ aus, so
endet der Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Zuwendung dementsprechend nicht
wegen des negativen Inhalts der endgültigen Entscheidung, sondern allein deswegen,
weil mit dem Erlaß der endgültigen Entscheidung als solcher die Regelungswirkung der
vorläufigen Entscheidung erschöpft ist. Ein Verwaltungsakt, der einen nur vorläufigen
Inhalt haben soll, muß ausdrücklich oder in sonst eindeutiger Weise als nur vorläufige
Regelung gekennzeichnet sein.
Vgl. zum Begriff des vorläufigen Verwaltungsaktes: OVG NW, Urteil vom 28. September
1990 - 15 A 708/88 -, NVwZ 1991, 588 (589), insbesondere im wehrsozialrechtlichen
Zusammenhang: OVG NW, Beschluß vom 31. August 1993 - 25 A 2105/90 -, NWVBl.
1994, 107 (108).
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Die nur unter Vorbehalt getroffene Regelung in dem Bescheid vom 5. November 1990 in
der Fassung des Bescheides vom 10. Januar 1991 ist eindeutig als nur vorläufig gewollt
erkennbar und daher nur bis zum Erlaß einer abschließenden
Bewilligungsentscheidung von Bedeutung. Dies ergibt sich schon aus der Überschrift
auf Seite 2 des Bescheides vom 10. Januar 1991 "Ergänzung meines vorläufigen
Bewilligungsbescheides vom 5. November 1990". Aber auch aus der inhaltlichen
Regelung der Bescheide vom 5. November 1990 und 10. Januar 1991 ist deren
Vorläufigkeit eindeutig zu entnehmen. Der Beklagte hat die Gewährung der Mietbeihilfe
in Höhe von 510,-- DM monatlich unter den Vorbehalt der späteren - endgültigen -
Festsetzung der Mietbeihilfe gestellt, die erst dann erfolgen soll, wenn die
Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1990 und 1991 vorliegen und die
Unterhaltssicherungsleistung mit den Einkünften gemäß § 11 USG verrechnet werden
kann. Insbesondere der Bescheid vom 10. Januar 1991, der im Zusammenhang mit den
Bescheiden vom 5. November 1990 und 11. April 1990 zu verstehen ist - letzterer wird
durch den Bescheid von Januar 1991 aufgehoben und hinsichtlich der Konkretisierung
des Vorbehaltes auf die Einkommensanrechnung nach § 11 USG ersetzt -, ist durch den
(Verrechnungs-)Vorbehalt eindeutig als vorläufiger Verwaltungsakt gekennzeichnet.
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Es kann offenbleiben, ob es sich bei dem Vorbehalt, mit dem der angefochtene
Bescheid versehen ist, um eine Nebenbestimmung im Sinne des § 36 VwVfG handelt,
wobei § 36 Abs. 2 VwVfG keinen abgeschlossenen Katalog zulässiger
Nebenbestimmungen bildet,
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vgl. Stelkens in Stelkens u.a., VwVfG, 5. Aufl., § 36, 3,
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oder die durch den Vorbehalt zum Ausdruck gebrachte Vorläufigkeit Regelungsinhalt
des Verwaltungsakts und damit keine Nebenbestimmung ist.
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Vgl. zum Streitstand: BVerwG, Urteil vom 22. März 1974 - 7 C 31.72 -, BVerwGE 45, 106
(109); Urteil vom 14. April 1983 - 3 C 8.82 -, DVBl. 1983, 851 (852); BSG, Urteil vom 11.
Juni 1987 - 7 RAr 105/85 -, DVBl. 1988, 449 (451 ff.); Kopp, VwVfG, 10. Auflage, § 36, 6;
Stelkens, a.a.O., § 36, 3, 11.
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Die Anforderungen, unter denen ein Verwaltungsakt, auf den - wie auf die Bewilligung
einer Mietbeihilfe nach § 7 a USG - ein Anspruch besteht, unter einen Vorbehalt gestellt
werden darf, sind in beiden Fällen gleich. Ist der Vorbehalt als eine Nebenbestimmung
im Sinne des § 36 VwVfG anzusehen, sind die Voraussetzungen für deren
Rechtmäßigkeit in § 36 Abs. 1 VwVfG gesetzlich normiert; gehört der Vorbehalt zum
unabtrennbaren Regelungsinhalt eines Verwaltungsaktes, auf den ein Anspruch
besteht, sind die Anforderungen des § 36 Abs. 1 VwVfG entsprechend anzuwenden,
weil der Vorbehalt nur dann mit dem an sich bestehenden Anspruch auf vorbehaltlosen
Erlaß des Bescheides vereinbar ist.
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Nach § 36 Abs. 1 VwVfG darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, mit
einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift
zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, daß die gesetzlichen Voraussetzungen
des Verwaltungsaktes erfüllt werden. Der Erlaß eines Bewilligungsbescheides unter
Vorbehalt ist nach dem USG nicht ausdrücklich vorgesehen. Der Vorbehalt soll aber
sicherstellen, daß die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes - hier der
Bewilligung einer Mietbeihilfe nach § 7 a USG - erfüllt werden. Diesem Zweck dient der
vorliegende Vorbehalt einer späteren Verrechnung mit Einkünften nach § 11 USG.
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Der Begriff der Sicherstellung der gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes
ist dahingehend auszulegen, daß ein Verwaltungsakt vor Eintritt der gesetzlichen
Voraussetzungen der in ihm getroffenen Regelung mit einer Nebenbestimmung/einem
Vorbehalt ergehen darf, wenn eine abschließende Entscheidung dem Grunde nach
noch nicht möglich ist, so daß durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden muß,
daß diese Regelung nur bei Eintritt dieser Voraussetzungen wirksam wird oder wirksam
bleibt. Aus der Zulässigkeit von Nebenbestimmungen zur Sicherstellung der Erfüllung
der gesetzlichen Voraussetzungen folgt zugleich, daß der Gesetzgeber der Verwaltung
die Befugnis einräumt, Verwaltungsakte bereits dann zu erlassen, wenn noch nicht alle
Tatbestandsmerkmale zu ihrer Überzeugung erfüllt sind.
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Vgl. BSG, Urteil vom 11. Juni 1987, a.a.O., S. 451 f.
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Ist der Vorbehalt nicht als Nebenbestimmung anzusehen, ergibt sich die Befugnis zum
Erlaß eines Verwaltungsaktes bereits dann, wenn noch nicht alle gesetzlichen
Tatbestandsmerkmale zur Überzeugung der Behörde erfüllt sind, jedenfalls im
Wehrsozialrecht aus der Erwägung, daß die Unterhaltssicherungsleistungen nach dem
USG zur Sicherung des Lebensbedarfs während der Erfüllung der Wehrpflicht zu dienen
bestimmt sind (§ 1 USG). Daher entspricht eine zeitnahe Bewilligung möglichst während
der Wehrdienstzeit der Intention des Gesetzgebers. Der Wehrpflichtige kann aber
während dieses Zeitraumes nicht immer alle Bewilligungsvoraussetzungen schon
nachweisen. So sind insbesondere nach § 11 Abs. 1 Satz 1 USG in der hier
maßgeblichen, während der Zeit der Wehrdienstleistung des Klägers geltenden
Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1987 (BGBl. I, S. 2614) die
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Leistungen zur Unterhaltssicherung um die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte des
Wehrpflichtigen zu kürzen, die er während des Wehrdienstes erhält. Nach Satz 3 dieser
Bestimmung sind Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nrn. 1 - 3 des
Einkommensteuergesetzes nach den durchschnittlich auf den Bewilligungszeitraum
entfallenden Einkünften zu ermitteln, wie sie sich aus den für diese Zeit maßgebenden
Einkommensteuerbescheiden ergeben. Diese Einkommensteuerbescheide liegen
während der Wehrdienstzeit naturgemäß noch nicht vor. In Fällen, in denen wie hier mit
einem Einkommensbezug durch den Wehrdienstpflichtigen während der Wehrdienstzeit
in ungewisser Höhe zu rechnen ist, kann eine endgültige Bewilligung wegen dieser
Anrechnungsbestimmung nicht erfolgen. Durch eine vorläufige Bewilligung unter
Vorbehalt kann zum einen der Intention des Gesetzgebers Rechnung getragen werden,
Wehrpflichtigen Leistungen zur Sicherung ihres Lebensbedarfs während des
Wehrdienstes zeitnah zukommen zu lassen, ohne daß der Anspruch voll durchermittelt
worden sein müßte. Auf der anderen Seite kann etwa der vom Gesetz vorgesehenen
Anrechnung von Einkommen nach § 11 USG durch dessen nachträgliche
Berücksichtigung im anschließenden endgültigen Bewilligungsverfahren durch den
Vorbehalt und die eventuelle Rückforderungsmöglichkeit nach § 16 USG genügt
werden.
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß im vorliegenden Fall der Erlaß
des Bewilligungsbescheides unter dem Vorbehalt der späteren Verrechnung mit
Einkünften gemäß § 11 USG rechtmäßig ist. Da dem Kläger nach seinen
Antragsangaben aus "Teilhaberschaft" während der Wehrdienstzeit voraussichtlich ca.
70.000,-- DM zu versteuernde Einkünfte zufließen sollten, war eine abschließende
Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Mietbeihilfe nach § 7 a USG noch
nicht möglich. Nach § 11 USG war vor einer endgültigen Bewilligung das
anzurechnende Einkommen noch zu ermitteln. Bei derart hohen Einkünften, wie sie der
Kläger in seinem Antrag angegeben hat, ist auch damit zu rechnen, daß das
anzurechnende Einkommen die Unterhaltssicherungsleistungen übersteigt. Um dem
Kläger einerseits zeitnah Unterhaltssicherungsmittel zur Verfügung stellen zu können
und andererseits die Anwendung der Anrechnungsbestimmungen als Teil der
Bewilligungsvoraussetzungen sicherzustellen, war der Erlaß des
Bewilligungsbescheides unter dem (Verrechnungs-)Vorbehalt ein geeignetes und
zulässiges Mittel.
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Der Kläger kann dem Erlaß des Bewilligungsbescheides unter dem (Verrechnungs-
)Vorbehalt nicht entgegenhalten, die Bestimmung über die Anrechnung von Einkommen
auf Leistungen zur Unterhaltssicherung nach § 11 USG sei wegen Verstoßes gegen
den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Ein solcher
Verstoß liegt nicht vor.
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Die Verfassungsnorm des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz
gleich zu behandeln. Demgemäß ist dieses Grundrecht vor allem dann verletzt, wenn
eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird,
obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem
Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen. Über das Verbot
einer sachwidrigen Ungleichbehandlung von Normadressaten hinaus kommt in Art. 3
Abs. 1 GG ein allgemeines Willkürverbot als fundamentales Rechtsprinzip zum
Ausdruck, das auch der Gesetzgebung gewisse äußerste Grenzen setzt. Zwar hat der
Gesetzgeber weitgehende Freiheit, Lebenssachverhalte und das Verhalten einer
Person je nach dem Regelungszusammenhang verschieden zu behandeln. Die
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Grenzen des Willkürverbots werden jedoch dann überschritten, wenn sich ein
sachgerechter Grund für eine gesetzliche Bestimmung nicht finden läßt. Dies gilt auch
und gerade für die Beurteilung gesetzlicher Differenzierungen bei der Regelung von
Sachverhalten; hier endet der Spielraum des Gesetzgebers erst dort, wo die ungleiche
Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am
Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein
sachlich vertretbarer Grund für die gesetzliche Differenzierung fehlt. Wegen der
fortwährend schnellen Veränderung des Arbeits-, Wirtschafts- und Soziallebens ist dem
Gesetzgeber auf dem Gebiet des Sozialrechts, zu dem im weiteren Sinne auch das
Wehrsozialrecht zählt, eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen. Dies gilt
insbesondere auch für die Abgrenzung des durch die sozialrechtliche Norm
begünstigten Personenkreises. Art. 3 Abs. 1 GG beläßt dem Gesetzgeber gerade dann
eine weite Gestaltungsfreiheit, wenn er - wie in §§ 1 ff. USG - dem Bürger einen
Anspruch auf staatliche Leistungen einräumt. Begünstigt der Gesetzgeber dabei
einzelne Gruppen, dann verletzt er die Grenzen des Art. 3 Abs. 1 GG nicht, wenn sich
aus dem Gegenstand der Regelung für die Art der Differenzierung ein sachlich
vertretbarer Gesichtspunkt anführen läßt und wenn die besonderen Wertentscheidungen
der Verfassung beachtet bleiben. Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine
Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die
zweckmäßigste und gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die
verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat.
Vgl. BVerfG, Beschluß vom 11. Dezember 1973 - 2 BvL 47/71 -, BVerfGE 36, 230 (235)
zu § 10 Abs. 2 Nr. 1 USG; Beschluß vom 13. Januar 1993 - 1 BvR 1690/92 -, InfAuslR
1993, 277; BVerwG, Urteil vom 16. März 1994 - 11 C 19.93 -, Buchholz 436.36, § 11
BAföG Nr. 25, S. 1 (7 f.).
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Nach diesen Maßgaben verstößt die Anrechnungsbestimmung des § 11 USG nicht
gegen den Gleichheitssatz. Zwar werden durch diese Bestimmung Wehrdienstleistende,
die während des Wehrdienstes einkommensteuerpflichtige Einkünfte beziehen, durch
deren Anrechnung auf die Leistungen zur Unterhaltssicherung anders behandelt als
solche Wehrdienstleistende, die keine derartigen Einkünfte haben. Die Anknüpfung an
den Einkommensbezug während des Wehrdienstes stellt aber im Rahmen der im
Sozialrecht weiten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers einen sachlich vertretbaren
Grund für die gesetzliche Differenzierung dar.
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Wie sich aus der Bezeichnung des Gesetzes als "Gesetz über die Sicherung des
Unterhaltes der zum Wehrdienst einberufenen Wehrpflichtigen und ihrer Angehörigen"
und § 1 Abs. 1 USG ergibt, wird die Unterhaltssicherung als Leistung zur Sicherung des
Lebensbedarfs gewährt. Aus der Begründung zum ursprünglichen Entwurf des
Unterhaltssicherungsgesetzes ergibt sich, daß sich das Gesetz von dem
Grundgedanken leiten läßt, daß es sich bei den Leistungen zur Unterhaltssicherung um
eine mit Rechtsanspruch ausgestattete Sozialleistung besonderer Art handeln soll, die
sich insbesondere von den Leistungen der öffentlichen Fürsorge grundsätzlich
unterscheidet. Die nach dem Gesetz zu gewährenden Leistungen zur
Unterhaltssicherung sollen der Familie des zur Erfüllung des Grundwehrdienstes oder
zu Wehrübungen einberufenen Wehrpflichtigen für die Zeitspanne, in welcher der
Ernährer seiner Wehrpflicht nachkommt, die Aufrechterhaltung einer den bisherigen
wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechenden Lebenshaltung ermöglichen, wobei in
gewissem Umfang auch Leistungen an den Wehrpflichtigen selbst vorgesehen sind.
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Vgl. BT-Drs. 2/3210, S. 11, 12.
51
Zur Begründung des § 12 USG in der ursprünglichen Fassung, der Vorgängervorschrift
des heutigen § 11 USG, ist ausgeführt, daß die Leistungen nach dem USG die Existenz
der Familie des einzogenen Wehrpflichtigen (und, wie zu ergänzen wäre, in gewissem
Umfang seiner selbst) in einem angemessenen Rahmen sicherstellen sollen. Diese
Notwendigkeit besteht nach Auffassung des Gesetzgebers insoweit nicht, als der
Wehrpflichtige nach seiner Einberufung Einkünfte bezieht, die den Lebensbedarf
sicherstellen; in diesem Falle müßten diese Einkünfte angerechnet werden.
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Vgl. BT-Drs., a.a.O., S. 16.
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Nach dem Wortlaut (insbesondere § 1 USG) und dem in den Gesetzesmaterialien zum
Ausdruck gelangenden Sinn und Zweck des Gesetzes steht bei der Gewährung der
Leistungen nach dem USG der sozialrechtliche Unterhaltsgesichtspunkt im
Vordergrund, und nur in diesem Rahmen wird dem Gedanken des Ausgleichs für die mit
der Wehrdienstleistung verbundenen Belastungen Rechnung getragen. Im Hinblick auf
den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Abgrenzung des durch eine
sozialrechtliche Norm begünstigten Personenkreises und den mit dem vom Gesetz
verfolgten Unterhaltssicherungszweck eng verbundenen Gesichtspunkt der Bedürftigkeit
des Wehrpflichtigen ist die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung zwischen
solchen Wehrpflichtigen, die während des Wehrdienstes keine Einkünfte beziehen und
damit zur Sicherung ihres Lebensbedarfs auf die nach Maßgabe des Gesetzes
gewährten Leistungen angewiesen sind, und solchen Wehrpflichtigen wie dem Kläger,
die ihre Existenz während des Wehrdienstes im einem angemessenen Rahmen, hier
durch den Erhalt der bereits vor dem Wehrdienst angemieteten Wohnung, durch
Einkünfte während der Wehrdienstzeit selbst sicherstellen können, sachlich
gerechtfertigt.
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2. Wäre das gegen den Vorbehalt in dem Bescheid vom 10. Januar 1991 gerichtete
Klagebegehren des Klägers durch eine Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur
vorbehaltlosen Bewilligung zu verfolgen, wäre diese Klage unbegründet, weil der
Kläger zu dem in diesem Fall für die Entscheidung des Senat maßgeblichen Zeitpunkt
der letzten mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf die vorbehaltlose Bewilligung
der Mietbeihilfe hat.
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Dem steht die bereits zitierte Bestimmung des § 11 Abs. 1 USG entgegen, wonach die
Leistungen zur Unterhaltssicherung um die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte des
Wehrpflichtigen zu kürzen sind, die er während des Wehrdienstes erhält (Satz 1). Die
danach anzurechnenden Einkünfte des Klägers, die er während des Wehrdienstes
bezog, übersteigen seinen Anspruch auf Mietbeihilfe in Höhe von 510,-- DM monatlich.
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Der Kläger hat im Laufe des Berufungsverfahrens zu der von ihm gleichzeitig geführten
Berufung in dem Verfahren 25 A 7559/95 seine Einkommensteuerbescheide für die vom
Wehrdienst betroffenen Jahre 1990 und 1991 vorgelegt. Danach stammte der
Gesamtbetrag seiner Einkünfte im Jahre 1990 in Höhe von 62.983,-- DM ausschließlich
aus Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Im Jahre 1991 lag der Gesamtbetrag
seiner Einkünfte bei 71.108,-- DM. Davon entfielen 66.808,-- DM auf Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung und 4.300,-- DM auf Einkünfte aus nichtselbständiger
Arbeit. Der Anrechnungsbetrag, der sich aus den kontinuierlich, also auch während des
Wehrdienstes fließenden Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in dieser Höhe
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auch nach Minderung um die Einkommensteuer, ggfs. den Arbeitnehmeranteil zur
gesetzlichen Sozialversicherung und ggfs. den Beitrag des Arbeitnehmers zur
Bundesanstalt für Arbeit (§ 11 Abs. 1 Satz 2 USG a.F.) für die Monate der
Wehrdienstleistung in den Jahren 1990 und 1991 ergibt, übersteigt die dem Kläger nach
§ 7 a Abs. 2 Nr. 1 USG a.F. zustehende Mietbeihilfe in Höhe von 510,-- DM monatlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht vorliegen.
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