Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 23.09.1997

OVG NRW (kläger, entlassung, asthma bronchiale, buchstabe, begründung, eignung, einheit, einsatz, anfang, zeitpunkt)

Oberverwaltungsgericht NRW, 25 A 5282/94
Datum:
23.09.1997
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
25 A 5282/94
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Münster, 6 K 4938/93
Tenor:
Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom
29. September 1994 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Die
Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden
Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand: Der Kläger ist 1969 geboren. Das Kreiswehrersatzamt Münster setzte für
ihn mit Musterungsbescheid vom 1. März 1990 den Tauglichkeitsgrad "wehrdienstfähig"
und den Verwendungsgrad "verwendungsfähig mit Einschränkung in der
Grundausbildung und für bestimmte Tätigkeiten" fest(III,9). Am 29. März 1990
verpflichtete sich der Kläger als Helfer bei der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk
(THW) für die Dauer von mindestens zehn Jahren(II,33). Das Kreiswehrersatzamt
Münster stellte ihn daraufhin für die Dauer der Mitwirkung im erweiterten
Katastrophenschutz vom Wehrdienst frei(III,12). Er wurde im 2. ABC-Zug T. , Standort J.
, als Helfer eingesetzt(II,15). Unter dem 31. Mai 1991 erteilte der Ortsbeauftragte des
THW für J. dem Kläger eine Abmahnung wegen unentschuldigten Fernbleibens vom
Dienst am 23. Mai 1991. Wegen dieses Vergehens setzte der Oberkreisdirektor des
Kreises T. durch Bußgeldbescheid vom 18. Juli 1991 gegen den Kläger eine Geldbuße
von 60,-- DM fest(II,23,26). Eine am 29. Juni 1991 durch den Arzt für Arbeitsmedizin I. C.
X. , N. , durchgeführte Atemschutzuntersuchung des Klägers ergab, daß aufgrund eines
bekannten allergischen Asthma bronchiale voraussichtlich auf Dauer gesundheitliche
Bedenken gegen das Tragen von Atemschutzgeräten bestünden(II,24;GA,16). In der
Folgezeit legte der Kläger dem THW Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den 5.
Dezember 1991, für die Zeit vom 12. Juni 1992 bis zum 14. Juni 1992 und für die Zeit
vom 20. November 1992 bis zum 23. November 1992 vor(II,19-22). Ferner legte der
Kläger ein Attest des praktischen Arztes U. M. , J. , vom 27. August 1993 vor, wonach er
wegen einer akuten Pollinosis nicht am Einsatz in Torfmooren teilnehmen könne(II,17).
Mit Bescheid vom 23. September 1993(II,16) entließ der Ortsbeauftragte des THW für J.
den Kläger wegen Ungeeignetheit aus körperlichen Gründen aus dem THW. Zur
Begründung wies er auf das Ergebnis der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung
vom 29. Juni 1991 hin. Dagegen erhob der Kläger unter dem 6. Oktober 1993(II,6)
1
Widerspruch und machte geltend, seine gesundheitlich bedingten Eignungs- und
Einsatzeinschränkungen seien den verantwortlichen Stellen beim THW aufgrund der
Musterungsuntersuchung von Anfang an bekannt gewesen. Das ergebe sich auch aus
dem ärztlichen Untersuchungsbefund, der der Vorsorgeuntersuchung vom 29. Juni 1991
zugrundeliege. Er könne nicht nachvollziehen, daß diese Vorsorgeuntersuchung
nunmehr nach über zwei Jahren als Begründung für den Entlassungsbescheid
herangezogen werde. Vielmehr sei es Aufgabe und Verantwortung des Einsatzleiters
des THW, die Dienst- und Einsatzpläne im Rahmen seiner Fürsorgepflicht so zu
gestalten, daß gesundheitliche Risiken bei der Dienstausübung ausgeschlossen
würden. Der Landesbeauftragte des THW wies den Widerspruch mit
Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 1993 zurück(IV). Zur Begründung führte er aus,
ein Absehen von der Entlassung sei zunächst noch vertretbar gewesen. Anfang 1992
sei jedoch eine Regelung in Kraft getreten, die den Ermessensspielraum stark
eingeengt habe. Die Dienstgestaltung richte sich nach bundeseinheitlichen
Musterausbildungsplänen. Es gehe weit an der Sache vorbei, den Ausbildungsbetrieb
und auch den eventuellen Einsatz den individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten
einzelner Helfer anzupassen. Das THW sei bekanntlich eine im Katastrophenschutz
wirkende Einsatzorganisation, und es gehe um die Rettung von Menschenleben und
Sachwerten. Wenn dabei Rücksichten der vom Kläger gewünschten Art genommen
würden, sei ein Einsatz zum Scheitern verurteilt. Mit der am 18. November 1993
erhobenen Klage hat der Kläger zunächst ergänzend geltend gemacht, er leide bedingt
durch den Heuschnupfen durchschnittlich zwei Monate im Jahr unter asthmatischen
Beschwerden. Die übrigen zehn Monate sei er beschwerdefrei. Außerdem wirke sich
diese Beeinträchtigung nur beim Atemschutz und nicht in anderer Weise aus. Vor der
Entlassung sei nicht geprüft worden, ob ein anderweitiger Einsatz unter
Berücksichtigung der gesundheitlichen Bedenken möglich sei(GA,5). In der
erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung am 29. September 1994 teilte er mit, seit
einem Jahr habe er gar keine Beschwerden mehr(GA,45). Der Kläger hat
beantragt(GA,45), den Entlassungsbescheid der Beklagten vom 23. September 1993 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 1993 aufzuheben. Die
Beklagte hat beantragt(GA,45), die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, für den
Dienst im THW werde von jedem Helfer die Maskentauglichkeit gefordert. Der Einwand
des Klägers gegen den Zeitpunkt der Entlassung gehe fehl, weil irgendwelche Fristen
dafür nicht vorgesehen seien(GA,28). Durch das angefochtene Urteil hat das
Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Gegen das ihm am 13. Oktober 1994
zugestellte(GA,57) Urteil hat der Kläger am 8. November 1994(GA,58) Berufung
eingelegt und im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Der Kläger
beantragt(GA,59), das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 29. September 1994
zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen. Die Beklagte
beantragt(GA,65), die Berufung zurückzuweisen. Sie hat im einzelnen dargelegt, daß
nach ihren internen Verwendungsrichtlinien für die Tätigkeit eines jeden Helfers die
Fähigkeit zum Tragen einer Atemschutzmaske vorausgesetzt wird. Ausgenommen von
diesem Erfordernis seien lediglich die Führungen der Ortsverbände, die aus fünf
Personen bestünden (Ortsbeauftragter, Schirrmeister sowie Verwaltungshelfer). Für die
Helfer in diesen Positionen sei eine Freistellung vom Wehr- und Zivildienst nicht
möglich.(GA,84,85) Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird
auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (3 Hefte) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe: Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die
Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, aber
unbegründet. Der Entlassungsbescheid der Beklagten vom 23. September 1993 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Okto-ber 1993 ist rechtmäßig und verletzt
den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Rechtsgrundlagen
für die Entlassung eines Helfers im THW wegen gesundheitlicher Einschränkungen
sind § 2 Abs. 3 Alternative 2 THW-Helferrechtsgesetz - THW-HelfRG - vom 22. Januar
1990 (BGBl. I 118) sowie § 10 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b der Verordnung über die
Mitwirkung der Helfer im THW - THW-HelfVO - vom 7. November 1991 (BGBl. I 2064).
Nach § 2 Abs. 3 Alternative 2 THW-HelfRG kann ein Helfer entlassen werden, wenn er
für die Wahrnehmung seiner Aufgaben nicht mehr geeignet ist. In Konkretisierung dieser
gesetzlichen Regelung bestimmt § 10 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b THW-HelfVO, daß die
Zugehörigkeit eines Helfers zum THW durch Entlassung unter anderem dann endet,
wenn der Helfer aus körperlichen Gründen für den Dienst nicht geeignet ist. Darüber
hinaus können sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Anforderungen
an die Rechtmäßigkeit des Entlassungsbescheides auch aus den §§ 16 Nr. 4
Buchstabe c), 17 der Helferrichtlinie vom 22. November 1991 (THW-Rundverfügung Nr.
15/91, Gz.: THW 1-230-00-00) ergeben, bei der es sich um eine norminterpretierende
Verwaltungsvorschrift handelt. Deren Regelungen sind zwar für die Gerichte nicht
unmittelbar verbindlich, soweit sie jedoch nicht im Widerspruch zu höherrangigem Recht
stehen, binden sie nachgeordnete Dienststellen, und können sie bei entsprechender
Handhabung in ständiger Praxis durch den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG auch
Wirkungen gegenüber Dritten entfalten. Vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 1996 - 25
A 1346/93 -, S. 10 des Urteilsabdrucks, und vom 25. November 1996 - 25 A 1950/96 -,
S. 35 f. des Urteilsabdrucks. Daß der Entlassungsbescheid der Beklagten in bezug auf
die fehlende Anhörung keinen durchgreifenden formellen Bedenken begegnet, hat die
Beklagte im Widerspruchsbescheid auf Seite 3, 2. Absatz zutreffend dargelegt. Auf
diese Ausführungen nimmt der Senat Bezug. Auch die materielle Voraussetzung für die
Entlassung des Klägers, nämlich die Ungeeignetheit für den Dienst im THW aus
körperlichen Gründen nach § 2 Abs. 3 Alternative 2 THW-HelfRG und § 10 Abs. 1 Nr. 5
Buchstabe b THW-HelfVO, hat vorgelegen. Die Entlassung eines THW-Helfers nach
diesen Vorschriften setzt nicht voraus, daß dessen Eignung nachträglich, d. h. nach der
Begründung des Dienstverhältnisses entfallen ist. Sie kann vielmehr auch dann
erfolgen, wenn die Eignung wie hier von Anfang an nicht bestanden hat. Aus der
insofern eingeschränkten sprachlichen Fassung des § 2 Abs. 3 Alternative 2 THW-
HelfRG ("nicht mehr geeignet") ergibt sich nichts Gegenteiliges. Denn diese Vorschrift
regelt die Entlassungsgründe nicht abschließend. Wie aus der Entstehungsgeschichte
hervorgeht, haben die zuständigen parlamentarischen Gremien den Gesetzentwurf der
Bundesregierung, welcher noch ins einzelne gehende Regelungen vorsah, vielmehr im
Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens im Sinne einer sich auf Grundlegendes
beschränkenden Regelung vereinfacht. Der Gesetzgeber verfolgte damit das Anliegen,
das Gesetz von Detailregelungen freizuhalten und die Normierung der Einzelheiten des
Helferdienstverhältnisses der inzwischen auf der Grundlage des § 2 Abs. 4 THW-
HelfRG ergangenen THW- HelfVO zu überlassen. Vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember
1996 - 25 A 1346/93 -, S. 9 des Urteilsabdrucks; Bundestagsdrucksache 11/4731, S. 4 f
(§ 3 Abs. 6 Buchstabe e und § 5 Satz 2 des Entwurfs); Bundestagsdrucksache 11/5674,
S. 10 (zu § 2). Die Regelungen, die das Bundesministerium des Innern sodann in
Ausfüllung der Verordnungsermächtigung getroffen hat, erfassen auch den im Gesetz
selbst noch nicht ausdrücklich erfaßten Fall der anfänglichen Ungeeignetheit: So
bestimmt § 6 Abs. 2 Satz 2 THW-HelfVO, daß die Begründung des
Helferdienstverhältnisses in einem derartigen Fall unzulässig ist, und der bereits zitierte
§ 10 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b THW-HelfVO differenziert in der Formulierung nicht
zwischen anfänglicher und nachträglicher Ungeeignetheit. Bestätigt wird dieses
Auslegungsergebnis schließlich auch durch den Zweck des § 2 Abs. 3 Alternative 2
THW-HelfRG: Indem die Vorschrift die Entlassung ungeeigneter Helfer ermöglicht, soll
sie dazu beitragen, die Einsatzfähigkeit des THW als einer
Katastrophenschutzorganisation sicherzustellen. Die in § 1 Abs. 2 Satz 2 THW-HelfRG
normierten Aufgaben des THW, insbesondere diejenigen in Nr. 3 dieser Vorschrift,
erfordern nämlich in besonderer Weise die jederzeitige Verfügbarkeit und
Einsatzfähigkeit seiner Einheiten. Dieser Zweck würde, wenn es keine rechtliche
Möglichkeit zur Entlassung eines von Anfang an ungeeigneten Helfers gäbe, ebenso
verfehlt wie er durch die Weiterbeschäftigung eines Helfers verfehlt wird, dessen
Eignung nachträglich wegfällt. Fürsorgerechtliche Gesichtspunkte, die für ein anderes
Ergebnis sprechen könnten, treten demgegenüber in den Hintergrund, weil das THW als
Einsatzorganisation in dieser Hinsicht namentlich mit einem Dienstherrn im
beamtenrechtlichen Sinn nicht vergleichbar ist. Dementsprechend ist das
Helferdienstverhältnis als öffentlich- rechtliches Dienstverhältnis besonderer Art
ausgestaltet (§ 1 Abs. 3 Satz 2 THW-HelfRG), in dem die Fürsorgepflicht des
Dienstherrn - dem lediglich ehrenamtlichen Charakter des Dienstverhältnisses
entsprechend (§ 2 Abs. 1 THW-HelfRG) - weit weniger stark ausgeprägt ist als im
Beamtenverhältnis. So kann sich die soziale Sicherung der Helfer im THW wegen des
nur ehrenamtlichen Charakters des Dienstes im wesentlichen auf Schutzvorschriften in
bezug auf das hauptamtlich ausgeübte Arbeitnehmerverhältnis beschränken (§ 3 THW-
HelfRG). Entgegen der Auffassung des Klägers setzt Ungeeignetheit im Sinn des § 2
Abs. 3 Alternative 2 THW-HelfRG und des § 10 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b THW-HelfVO
nicht die Feststellung voraus, daß der Helfer auch andersartige Aufgaben, die das THW
in anderen Einheiten oder Einrichtungen erfüllt, nicht wahrnehmen kann und eine
Entlassung dementsprechend nur ausgesprochen werden darf, wenn solche
anderweitigen Einsatzmöglichkeiten beim THW nicht bestehen. Vielmehr ist der Helfer
schon dann für den Dienst im THW ungeeignet, wenn er außerstande ist, die ihm in der
Einheit oder der Einrichtung, in der er mitwirkt, konkret zugewiesenen Aufgaben zu
erfüllen. Das ergibt sich zum einen schon aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 3 Alternative 2
THW-HelfRG ("Wahrnehmung seiner Aufgaben"). Einen systematischen Hinweis darauf
liefert ferner § 10 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe f THW-HelfVO, der die Entlassung des Helfers
im THW auch für den Fall ermöglicht, daß die Einheit oder die Einrichtung, in der er
mitwirkt, aufgelöst wird. Auch in diesem Fall knüpft die THW-HelfVO die Entlassung
nicht an das Fehlen anderweitiger Verwendungsmöglichkeiten. Lediglich dann, wenn
dem Helfer die notwendige Eignung für die Wahrnehmung besonderer Funktionen
innerhalb der Einheit oder der Einrichtung fehlt, kann er nach § 9 Satz 2 von diesen
Funktionen abberufen und innerhalb der Einheit oder der Einrichtung anderweitig
eingesetzt werden. Auch diese Auslegung wird durch den bereits angesprochenen
Zweck des § 2 Abs. 3 Alternative 2 THW-HelfRG gestützt. Es dient nämlich unmittelbar
der Funktionsfähigkeit des THW und seiner Einheiten, wenn es über die Verwendung
seiner Helfer möglichst weitgehend disponieren kann. Am Maßstab dieser Grundsätze
war der Kläger für den Dienst im THW ungeeignet, weil er aufgrund der ärztlich
festgestellten Unfähigkeit zum Tragen einer Atemschutzmaske im 2. ABC-Zug T. ,
Standort J. , keine Verwendung mehr finden konnte. Diese Feststellung steht entgegen
der Auffassung des Klägers nicht im Widerspruch zu der Tatsache, daß er während
seiner dreieinhalbjährigen Dienstzeit von März 1990 bis September 1993 tatsächlich an
Übungen mit Atemschutzmaske komplikationslos teilgenommen hat(GA,72). Sofern
nämlich, was nicht bekannt ist, diese Übungen zu Zeitpunkten stattgefunden haben
sollten, zu denen der Kläger vorübergehend beschwerdefrei war, ist das Nichtauftreten
gesundheitlicher Probleme für die hier zu beurteilende Frage der körperlichen
Geeignetheit ohne Aussagekraft. Diese setzt, wie einer weiteren Begründung nicht
bedarf, voraus, daß der Helfer im THW jederzeit und nicht etwa nur zu bestimmten
Jahreszeiten in der Lage ist, ohne gesundheitliche Risiken seinen Dienst zu versehen.
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht bei der Beurteilung der körperlichen Eignung des
Klägers unberücksichtigt gelassen, daß er nach seinen Angaben in der
erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung in den Sommermonaten des Jahres 1994
erstmals frei von allergischen Beschwerden gewesen ist. Es brauchte der dadurch
aufgeworfenen Frage, ob das beim Kläger festgestellte allergische Asthma bronchiale
im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung noch vorlag oder ob es inzwischen
abgeklungen und die körperliche Geeignetheit des Klägers damit (wieder-)hergestellt
war, nicht weiter nachzugehen. Denn die Rechtmäßigkeit des Entlassungsbescheides
beurteilt sich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des
Widerspruchsbescheides am 19. Oktober 1993(IV). Der maßgebliche
Beurteilungszeitpunkt bestimmt sich bei Anfechtungsklagen in erster Linie nach dem
materiellen Recht und, wenn diesem keine Anhaltspunkte für den maßgeblichen
Beurteilungszeitpunkt zu entnehmen sind, grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der letzten
behördlichen Entscheidung. Dieser Zeitpunkt ist namentlich dann grundsätzlich
maßgebend, wenn es sich wie hier um die Anfechtung eines rechtsgestaltenden
Verwaltungsaktes handelt. BVerwG, Urteil vom 25. November 1981 - 8 C 14.81 -,
BVerwGE 64, 218 (222); Urteil vom 3. November 1986 - 9 C 254.86 -, BVerwGE 78, 243
(244 f.), Urteil vom 13. Dezember 1994 - 1 C 31.92 -, BVerwGE 97, 245 (250); Beschluß
vom 30. Oktober 1996 - 1 C. 197.96 -, NVwZ-RR 1997, 284. Dem Recht der Helfer im
THW, wie es in den eingangs im einzelnen bezeichneten Vorschriften niedergelegt ist,
sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß nach dem Wirksamwerden der
letzten Verwaltungsentscheidung eintretende Änderungen des Gesundheitszustandes
abweichend von der vorbezeichneten Grundregel noch im gerichtlichen Rechtsstreit um
die Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung geltend zu machen sind. Vielmehr ist der
Helfer, der seine gesundheitliche Eignung nachträglich wiedererlangt, darauf verwiesen,
erneut seine Aufnahme in das THW zu betreiben (§ 6 THW-HelfVO). Im Ergebnis
zutreffend ist das Verwaltungsgericht schließlich auch davon ausgegangen, daß der
Beklagten ein Ermessen bei der Entscheidung über die Entlassung des Klägers nicht
eingeräumt war. Allerdings steht die Entlassung eines Helfers im THW entgegen der
Auffassung des Verwaltungsgerichts grundsätzlich im Ermessen der Beklagten. Das gilt
nicht nur bei Entlassung wegen Dienstpflichtverletzung (§ 9 Satz 1 THW-HelfVO), vgl.
dazu Senatsurteil vom 17. Dezember 1996 - 25 A 1346/93 -, S. 28 f. des
Urteilsabdrucks, sondern auch bei Entlassung wegen körperlicher Ungeeignetheit sieht
§ 2 Abs. 3 Alternative 2 THW-HelfRG ausdrücklich Ermessen als Rechtsfolge vor
("kann"). Aus § 10 Abs. 1 Nr. 5 THW-HelfVO ergibt sich nichts anderes. Die Vorschrift
besagt nur, daß die Zugehörigkeit des Helfers zum THW (zwingend) endet, wenn er
wegen körperlicher, geistiger oder fachlicher Ungeeignetheit entlassen wird. Das
bedeutet aber nicht, daß er, wenn diese Voraussetzung vorliegt, abweichend von § 2
Abs. 3 Alternative 2 THW-HelfRG zwingend entlassen werden muß. Vielmehr bleibt die
Entlassung auch nach dieser Vorschrift eine Ermessensentscheidung, ebenso wie der
in Buchstabe a) geregelte Fall der schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung, der, wie
dargelegt, nach § 9 Satz 1 THW-HelfVO unzweifelhaft eine Ermessensentscheidung ist.
Sprechen danach grammatische und systematische Argumente bereits recht eindeutig
für die Auslegung des § 2 Abs. 3 Alternative 2 THW-HelfRG als
Ermessensermächtigung, so gewinnt hier der Gesetzeszweck abermals Bedeutung,
denn die Gewährleistung einer möglichst weitgehenden Dispositionsfreiheit des THW in
personeller Hinsicht legt dieses Verständnis ebenfalls nahe. Im vorliegenden Fall war
das Entlassungsermessen indessen zu Lasten des Klägers auf Null reduziert, weil
dieser im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt aufgrund seiner Unfähigkeit zum Tragen
einer Atemschutzmaske nicht nur für den Dienst in seiner Einheit, sondern auch für fast
alle anderen für Helfer vorgesehenen Verwendungen beim THW, zumindest aber für
alle diejenigen Verwendungen ungeeignet war, für die eine Freistellung vom Wehr- und
Zivildienst möglich ist. In einer solchen Situation ist jede andere Entscheidung als die
Entlassung des Helfers rechtswidrig, weil dieser andernfalls einem unzumutbaren
gesundheitlichen Risiko ausgesetzt würde. Allenfalls dann, wenn sich eine Verwendung
des körperlich ungeeigneten Helfers bei einer Ortsverbandsführung konkret aufdrängt,
die nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten als einzige nicht die Fähigkeit zum
Tragen einer Atemschutzmaske voraussetzt, kann ein Absehen von der Entlassung
verbunden mit einer Umsetzung des Helfers rechtmäßig sein. Das dürfte mit Blick auf
die fehlende Freistellungsmöglichkeit vom Wehr- und Zivildienst jedoch weiter das
Einverständnis des Helfers mit einer derartigen Maßnahme voraussetzen. Im
vorliegenden Fall drängte sich eine anderweitige Verwendung des Klägers für eine
Tätigkeit der vorbezeichneten Art nicht auf. Weder bestanden oder bestehen
Anhaltspunkte dafür, daß er auf eine bestimmte freie Helferstelle in einer
Ortsverbandsführung hätte umgesetzt werden können, noch ist anzunehmen, daß er mit
einer Umsetzung dorthin trotz fehlender Freistellungsmöglichkeit einverstanden
gewesen wäre. Nichts anderes gilt mit Blick auf den Einwand des Klägers, seine
gesundheitlich bedingten Eignungs- und Einsatzeinschränkungen seien den
verantwortlichen Stellen beim THW aufgrund der Musterungsuntersuchung von Anfang
an bekannt gewesen. Auch dieser Gesichtspunkt rechtfertigt nicht die Annahme, das
Ermessen der Beklagten sei hier nicht auf Null reduziert gewesen. Denn dies könnte
allenfalls dann in Betracht kommen, wenn der Kläger seit seiner Dienstverpflichtung bei
der Beklagten einen seinen gesundheitlichen Einschränkungen Rechnung tragenden
Einsatz gefunden hätte, was aber unstreitig nicht der Fall gewesen ist. Im übrigen hat
tatsächlich eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Kläger an einem
gesundheitlich unbedenklichen Einsatzort nicht ersichtlich bestanden. Die Beklagte war
mit Blick auf die äußerst eingeschränkten anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten
des Klägers auch nicht verpflichtet, von sich aus vermittelnd für ihn tätig zu werden. Die
Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die
Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht
gegeben sind.