Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 07.06.2006

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Oberverwaltungsgericht NRW, 12 A 4995/04
Datum:
07.06.2006
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
12 A 4995/04
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Aachen, 1 K 1757/00
Tenor:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien
Zulassungsverfahrens.
G r ü n d e :
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.
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Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu ernstlichen Zweifeln im Sinne von § 124 Abs. 2
Nr. 1 VwGO. Es vermag die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Beklagte habe die
begehrte Eingliederungshilfe in der Form der Übernahme von Instandhaltungs- und
Betriebskosten für einen PKW ermessensfehlerfrei abgelehnt, nicht zu erschüttern.
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Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger therapiefähig ist; auch braucht nicht
entschieden zu werden, ob der Besuch von Tagungen, Seminaren etc. mit Bezug zur
Krankheit des Klägers in dem von ihm ausweislich der von ihm eingereichten Übersicht
für die Jahre 1997 bis 2004 praktizierten Umfang zur Teilnahme am Leben in der
Gemeinschaft i.S.d. § 10 Abs. 6 EinglHVO angemessen ist.
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Auch im Zulassungsverfahren hat der Kläger nicht darzulegen vermocht, dass er i.S.d. §
10 Abs. 6 EinglHVO wegen seiner Behinderung auf die regelmäßige Benutzung eines
Kraftfahrzeuges angewiesen ist. Der Beklagte hat in seinem Widerspruchsbescheid vom
3. Juli 2000 Mobilitätsalternativen einschließlich der Möglichkeit eines Umzugs nach
Düren ermessensfehlerfrei aufgezeigt. Auch der beschließende Senat hat im Rahmen
des PKH-Beschwerdeverfahrens - 12 E 240/03 - mit Beschluss vom 30. Juni 2004 auf
die Möglichkeit der Nutzung anderer Verkehrsmittel hingewiesen und diese Nutzung
seitens des Klägers für möglich und zumutbar ge-halten. Die Darlegungen im
Zulassungsverfahren lassen nicht den Schluss zu, dass dem Kläger die Nutzung von
anderen Verkehrsmitteln (wie etwa von öffentlichen Verkehrsmitteln - Busse und
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Bahnen -, von Taxen, Mietwagen und Fahrrädern) und ein Umzug nach E. , dem
ausweislich der Zusammenstellung der Fahrten im Monat Februar 2000 maßgeblichen
Ziel seiner Fahrten, nicht möglich ist. Dass krankheitsbedingt die Nutzung dieser
Verkehrsmittel mit erhöhten psychischen Belastungen einhergehen können, wird nicht
verkannt. Dass diese jedoch vom Kläger mit seiner mittlerweile über 30jährigen
Erfahrung mit seiner Erkrankung nicht bewältigt werden können, ist nicht in der
erforderlichen Art und Weise konkretisiert geschweige denn durch fachärztliche
Stellungnahmen belegt worden. Das im Verwaltungsverfahren eingereiche Attest des
Diplom-Psychologen D. von der E1. H. A. vom 3. März 1998 und die amtsärztliche
Stellungnahme vom 14. Dezember 1998 belegen dies ebensowenig wie das
Psychologische Sachverständigengutachten vom 27. Juni 2001 und das
Psychologische Gutachten vom 16. Oktober 2002. Im übrigen ergibt sich aus der vom
Kläger eingereichten Zusammenstellung von Fahrten der zurückliegenden Jahre 1997
bis 2004, dass der Kläger offensichtlich in der Lage war, trotz seiner Erkrankung
vielfältige Ortswechsel vorzunehmen, dabei auch - teilweise größere - Städte wie E2. ,
C. , L. , I. , C1. , H1. , B. , P. , F. , K. , N. , U. , C2. , Q. /D1. , T. und M. aufzusuchen, sich
mit einer Vielzahl von Menschen innerhalb von Räumlichkeiten auf längere Zeit
aufzuhalten sowie die für diese Veranstaltungen bereitgestellten sanitären Anlagen zu
nutzen und offenbar auch bei länger dauernden Veranstaltungen
Übernachtungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus ist es dem
Kläger offensichtlich möglich, die von ihm benötigten Lebensmittel, Drogerieartikel etc.
in entsprechenden Geschäften einzukaufen, ohne dass in Bezug auf die dort jeweils
anzutreffende Hygiene Betretensängste oder vorherige bzw. nachträgliche
Zwangshandlungen in einem Umfang auftreten, die das Aufsuchen derartiger, von einer
Vielzahl von Menschen besuchter Räume unmöglich werden lassen. Entsprechendes
gilt für das Aufsuchen von Postämtern und Friseuren.
Angesichts der hieraus ersichtlichen Bewältigung von auch unter hygienischen
Gesichtspunkten höchst sensiblen Lebenslagen ist die Behauptung, die Nutzung
öffentlicher Verkehrsmittel, von Mietwagen oder Taxen komme aus hygienischen
Gesichtspunkten nicht in Betracht, in dieser pauschalen und nicht substantiierten Form
nicht nachvollziehbar. Soweit der Kläger, etwa im Hinblick auf die Nutzung von
Mietwagen, Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte geltend macht, geht dies an der Sache
vorbei. Sollte die Nutzung von Mietfahrzeugen aus wirtschaftlichen Gründen nicht in
Betracht kommen, bleibt die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder in Einzelfällen -
soweit erforderlich - die Inanspruchnahme von Taxen, die aus Eingliederungsmitteln zu
bezahlen sind.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.
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Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das angefochtene Urteil
ist rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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