Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 21.01.2000

OVG NRW: ablauf der frist, stadt, kopie, bestimmtheit, entstehung, verbindlichkeit, fabrik, pauschal, bestätigung, widerspruchsverfahren

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberverwaltungsgericht NRW, 3 A 115/98
21.01.2000
Oberverwaltungsgericht NRW
3. Senat
Beschluss
3 A 115/98
Verwaltungsgericht Arnsberg, 6 K 1730/96
Der Antrag wird auf Kosten des Klägers abgelehnt.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.167,85 DM
festgesetzt.
G r ü n d e :
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
Der Zulassungsantrag ist zunächst auf § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO gestützt mit der
Behauptung, das Verwaltungsgericht habe gegen §§ 96, 97 und 108 Abs. 2 VwGO dadurch
verstoßen, daß der Kammervorsitzende mit dem Wohnungsverwal- ter eine
Ortsbesichtigung durchgeführt habe, ohne die Parteien hiervon zu unterrichten. Die hierzu
durch den Se- nat veranlaßten dienstlichen Äußerungen des Kammervorsit- zenden vom
31. März und 5. Mai 1998 bestätigen diese Be- hauptung nicht. Hiernach hat im Verfahren
des Anliegers gegen den Oberstadtdirektor der Stadt (6 K 1845/96) we- der eine
Beweisaufnahme durch Einnahme des Augenscheins noch eine Besichtigung des
Flurstücks 196 zu Informations- zwecken stattgefunden und beruht die im angefochtenen
Ur- teil enthaltene Beschreibung dieses Flurstück als eines ü- beraus steilen und mit Wald
bestockten Grundstücks auf An- gaben in einem vom Kläger mit der Klageschrift
eingereich- ten Lageplan. Angesichts dieser Äußerungen, denen der Klä- ger nichts
Wesentliches entgegengesetzt hat, war auch dem Beweisangebot auf Vernehmung des
Zeugen nicht weiter nachzugehen.
Der Zulassungsantrag hat auch nicht mit der in ihm enthaltenen Behauptung Erfolg, das
Urteil des Verwaltungsgerichts weiche von einer Entscheidung des
Oberverwaltungsgerichts ab (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Es bedarf hier keiner Erörterung,
ob die im angefochtenen Urteil vertretene Auffassung, die Straße zwischen straße und
straße sei erst mit Erlaß der Abweichungssatzung vom 23. September 1993 im
Rechtssinne endgültig hergestellt worden, im Widerspruch zu der Aussage in dem (im
vorläufigen Rechtsschutzverfahren ergangenen) Beschluß des Oberverwaltungsgerichts
vom 28. November 1994 (15 B 2505/94) steht, Änderungen des Bauprogramms seien nur
bis zum Abschluß der Baumaßnahme zulässig. Denn insofern enthält die Antragsschrift
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allein die Behauptung, die zur Entstehung der Beitragspflicht bei einem Straßenbaubeitrag
entwickelten Grundsätze gälten auch entsprechend für die Heranziehung zu einem
Erschließungsbeitrag. Hiermit ist der Zulassungsgrund aber nicht hinreichend dargelegt i.S.
von § 124a Abs. 1 Satz 4 VwGO. Denn nach allgemeinem Sprachgebrauch bedeutet
"darlegen" soviel wie "erläutern" oder "erklären", mithin mehr als "einen bloßen Hinweis
geben".
Vgl. den Beschluß des Senats vom 4. November 1999 - 3 B 1874/99 - und den dort in
Bezug genommenen Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. November 1995 -
9 B 362/95 -, NJW 1996, 1554.
Für Anträge auf Zulassung der Berufung oder der Beschwerde ist damit gefordert, daß sich
der Antragsteller mit der angegriffenen Entscheidung in der Weise auseinandersetzt, daß er
(zumindest mit kurzen Worten) substantielle Erwägungen dazu mitteilt, weswegen der
Zulassungsgrund im konkreten Fall gegeben sei. Hinsichtlich der behaupteten Abweichung
von der Rechtsprechung des 15. Senats des Oberverwaltungsgerichts fehlt es an einer
solchen Darlegung. Hierzu hätte nämlich eine Auseinandersetzung mit der
Revisionsrechtsprechung gehört, nach der (abweichend vom Straßenbaubeitragsrecht) die
Entstehung der Erschließungsbeitragspflicht auch voraussetzt, daß die Straße die gemäß §
132 Nr. 4 BauGB in der Beitragssatzung zu regelnden Herstellungsmerkmale auf- weist.
Der Zulassungsantrag bleibt ferner ohne Erfolg, soweit er ernstliche Zweifel an der
Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend macht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Das gilt zunächst für die in der Antragsschrift enthaltene Rechtsbehauptung, den
angefochtenen Heranziehungsbescheiden fehle es an der hinreichenden Bestimmtheit,
weil es in ihnen ausdrücklich heiße, daß die Parzellen 71 und 189 nur "teilweise"
herangezogen würden. Zum einen bezieht sich der Zusatz "teilweise", wie jedenfalls die
Widerspruchsbescheide erkennen lassen, nur auf die Berechnung des Beitrags nach
Maßgabe der satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzungsregelung; er erweckt damit nicht den
Eindruck, es seien Teilflächen der Flurstücke unzulässigerweise zum Gegenstand der
Beitragsfestsetzung gemacht worden. Da die mit den Klage- schriften in Kopie
eingereichten Heranziehungsbescheide vom 14. September 1994 den Klammerzusatz
"siehe Lageplan" ent- halten und da der zugleich in Kopie vorgelegte Lageplan ei- ne
zeichnerische Abgrenzung von Teilflächen erkennen läßt, hätte es zum anderen einer
Darlegung bedurft, inwiefern aus dem Lageplan mit seinen Einzeichnungen die
Begrenzung der bei der Berechnung zugrunde gelegten Fläche gleichwohl nicht mit
hinreichender Deutlichkeit zu ersehen sei. Des- halb kann hier unerörtert bleiben, ob
überhaupt und ggf. in welchen Fällen der bei der Benennung eines veranlagten
Grundstücks verwendete Zusatz "teilweise" die Frage der hinreichenden inhaltlichen
Bestimmtheit eines Erschlie- ßungsbeitragsbescheides aufwirft.
"Ernstliche Zweifel" an der angegriffenen Entscheidung sind ferner nicht insoweit in dem
bereits erörterten Sinne "dargelegt", als eine Ortsbesichtigung als Beweismittel angeboten
wird, damit der Senat Kenntnis von verschiedenen Details der örtlichen Situation erhält.
Das betrifft die Frage der Bebaubarkeit des Flurstücks 196, der Erforderlichkeit einer
Zustimmung gemäß § 125 Abs. 2 Satz 2 BauGB, des Straßenausbaus zu "übergeordneten
Straßen- Zwecken" und der "funktionalen Verbesserung der Straßensituation". Gleiches gilt
für das Beweisangebot "Vorlage des Katasterplans", mit dem der Charakter der Straße als
vorhandene Straße i.S.v. § 242 BauGB belegt werden soll. Denn das Berufungsgericht hat
im Zulassungsverfahren - von dem Zulassungsgrund "Verfahrensmangel" abgesehen -
grundsätzlich lediglich auf Basis der ihm vorliegenden Unterlagen, namentlich des
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Antragsvorbringens, kursorisch zu prüfen, ob einer der Zulassungsgründe vorliegt,
vgl. Meyer-Ladewig in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO- Komm., Stand: März
1999, § 124a Rn. 78,
hat hingegen keine Sachverhaltsermittlung vorzunehmen und insbesondere keine Beweise
zu erheben.
Vgl. Bader, VwGO-Komm., 1999, § 124 Rn. 15.
Auch die übrigen einschlägigen Ausführungen der Antrags- schrift erwecken keine
ernstlichen Zweifel an der Richtig- keit des angefochtenen Urteils. Hinsichtlich des
Schreibens der Stadt vom 19. Oktober 1988 an den Verwalter wird lediglich behauptet, der
Beklagte sei gemäß § 242 BGB an die mit diesem Schreiben gegebene Bestätigung
gebunden, Er- schließungsbeiträge für die Straße würden von den Ei- gentümern des
Grundstücks straße 20a nicht erhoben; es fehlt jedoch eine Auseinandersetzung mit der
Frage, wo- durch die Stadt eine rechtliche Verbindlichkeit im Verhältnis zum Kläger
begründet haben soll, obwohl das ge- nannte Schreiben nicht an diesen gerichtet war und
ein an- deres Hausgrundstück betraf. Mit Bezug auf Zuschüsse, die der Beklagte in
rechtswidriger Weise nicht zugunsten der Anlieger berücksichtigt haben soll, wird auf "den
substan- tiierten Vortrag des Klägers in Ziffer 3 der Widerspruchs- begründung" verwiesen;
derartige Ausführungen sind jedoch in den bei den Akten befindlichen, vom Kläger im
Vorverfah- ren eingereichten Schreiben nicht zu finden. Auch hinsicht- lich der Frage, ob
die sog. Fabrik in das Abrechnungs- gebiet einzubeziehen sei, fehlt es an einer
hinreichenden Darlegung in der Antragsschrift. Gleiches gilt für die Rechtsbehauptung, die
angewandte Erschließungsbeitragssat- zung der Stadt sei nichtig, wie sich aus den beim
Beru- fungsgericht noch anhängigen Verfahren ergebe, sowie die Behauptung, die vier
Jahre später gemäß § 125 Abs. 2 Satz 2 BauGB a.F. erteilte Zustimmung könne keine
Rechtswirkung entfalten, ferner die nicht näher ausgeführten Thesen, die
Abweichungssatzung sei nicht hinreichend bestimmt und in tatsächlicher Hinsicht nicht
erforderlich gewesen.
Soweit in der Antragsschrift abschließend pauschal auf den Vortrag im
Widerspruchsverfahren sowie in der Klageschrift verwiesen wird, genügt auch dies dem
Darlegungserfordernis nicht, und zwar mangels Bezugs zu der im Zeitpunkt dieses
Vorbringens nicht vorliegenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts und mangels
Orientierung an einem der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe.
Das Vorbringen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 25. Januar 1999 war nicht zu
berücksichtigen, weil dieser Schriftsatz erst (weit) nach Ablauf der Frist des § 124a Abs. 1
VwGO eingereicht wurde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf
den §§ 13 Abs. 2, 14 Abs. 3 VwGO.
Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).