Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 01.10.2003

OVG NRW: bebauungsplan, gemeinde, rechtfertigung, ausschluss, firma, offensichtlicher mangel, gewerbe, verbraucher, abgrenzung, offenlegung

Oberverwaltungsgericht NRW, 7a D 123/02.NE
Datum:
01.10.2003
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
7a Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7a D 123/02.NE
Tenor:
Der Bebauungsplan Nr. 820 H. Weg/F. , Teil 1 der Stadt B. ist nichtig.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand:
1
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 820 - H. Weg/F. , Teil 1 -
der Antragsgegnerin.
2
Der Bebauungsplan umfasst ein Areal im nordöstlichen Stadtgebiet der
Antragsgegnerin zwischen der in Ost-West-Richtung verlaufenden Bundesautobahn A 4
und der hiervon in südwestlicher Richtung in die Innenstadt B. hineinführenden A 544.
Das Plangebiet wird begrenzt im Südwesten durch die M. straße und ein kurzes Stück
der Q. straße . Die östliche Begrenzung verläuft von der Einmündung/M. straße in die K.
Straße (B 264) zunächst über das Grundstück der Firma A. und entlang der östlichen
Grenze des Grundstücks der Antragstellerin auf der ehemaligen Bahntrasse und sodann
westlich der noch vorhandenen Bahnanlagen der Deutschen Bahn AG bis etwa in Höhe
der M. straße . Von dort verläuft die nordwestliche Plangebietsgrenze entlang dem
südöstlichen Rand des H. Wegs nach Südwesten bis zur Straße "Am H. X. ". Dort
verspringt sie nach Nordwesten und verläuft sodann hinter der Bebauung entlang des H.
Wegs in südwestlicher Richtung bis zur Q. straße , wobei in der westlichen Ecke des
Plangebiets das Areal der städtischen Gärtnerei in das Plangebiet einbezogen ist. Ein
etwa in Höhe der M. straße nach Nordwesten abzweigender Arm der Bahntrasse
durchschneidet das Plangebiet zwischen der M. straße und der Straße "Am H. X. ".
Dieser Arm ist nicht in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einbezogen und teilt
ihn in zwei Teile. Das Plangebiet ist Teil eines größeren faktischen Gewerbegebiets,
welches sich insbesondere östlich, nördlich und nordwestlich des Plangebiets erstreckt.
Im südwestlichen Bereich grenzt nach Westen hin eine Kleingartenanlage und dahinter
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ein Wohngebiet an das Plangebiet an, jenseits der M. straße bzw. der Q. straße
schließen sich Wohngebiete und der "Stadtgarten" an. Außerhalb des Plangebiets
befindet sich an der K. Straße das Stadtteilzentrum K. Straße.
Der Bebauungsplan enthält außer der Umgrenzung des Plangebiets keine
zeichnerischen Festsetzungen. In den textlichen Festsetzungen wird für das gesamte
Plangebiet ein Gewerbegebiet (GE) festgesetzt (Nr. 1.1). Im Plangebiet sind
Einzelhandelsbetriebe und sonstige Gewerbebetriebe mit Verkaufsflächen für den
Verkauf an letzte Verbraucher nicht zulässig, wenn das angebotene Sortiment ganz
oder teilweise einer in der Festsetzung aufgeführten umfangreichen Liste zuzuordnen ist
(Nr. 1.2). Einzelhandelsbetriebe und sonstige Gewerbebetriebe mit Verkaufsflächen für
den Verkauf an letzte Verbraucher sind nicht zulässig, wenn die Verkaufsflächen 700 m²
überschreiten (Nr. 1.3). Generell zulässig sind Handwerksbetriebe mit Verkaufsflächen
für den Verkauf an letzte Verbraucher, wenn das angebotene Sortiment aus eigener
Herstellung stammt und der Betrieb aufgrund der von ihm ausgehenden Emissionen
typischerweise nur in einem Gewerbe- oder Industriegebiet zulässig sind. Die Größe der
Verkaufsfläche darf maximal 20% der Grundfläche betragen (Nr. 1.4).
4
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des im südlichen Plangebiet gelegenen
Grundstücks K. Straße 121, auf dem sie einen Mineralbrunnen und eine Abfüllanlage
betreibt.
5
Im August 1996 wurde eine Rahmenplanung für das gesamte Gewerbegebiet H. Weg
vorgelegt. Mit der ersten Fortschreibung der Rahmenplanung wurden die Planungen
insbesondere für den Altstandort zwischen H. Weg und K. Straße konkretisiert.
6
Das Bebauungsplanverfahren nahm folgenden Verlauf:
7
Der Rat der Antragsgegnerin fasste am 28. Oktober 1998 den Aufstellungsbeschluss für
den Bebauungsplan 820 "H. Weg/F. ". Das Plangebiet umfasste seinerzeit noch Teile
der planfestgestellten Bahnanlagen im nordöstlichen Planbereich, schloss aber das an
der M. straße gelegene Grundstück der Stadtwerke B. (STAWAG) nicht ein. In der
Vorlage zur Sitzung des Rates wird auf unerwünschte Entwicklungen im Plangebiet
verwiesen, insbesondere die Ansiedlung zweier Lebensmittelmärkte am H. Weg. Diese
stünden im Widerspruch zu den Empfehlungen der Rahmenplanung, die zur
Vermeidung von Konkurrenzen zur Innenstadt und zum naheliegenden Stadtteilzentrum
an der K. Straße einen generellen Ausschluss des Einzelhandels mit
innenstadtrelevantem Sortiment empfehle. Die von der Rahmenplanung verfolgten
weitergehenden stadtplanerischen Ziele seien kurzfristig nicht umsetzbar. Da
gleichzeitig durch den vorhandenen Verwertungsdruck der Wunsch nach
Einzelhandelsnutzungen bestehe, solle ein zweistufiges Bebauungsplanverfahren
durchgeführt werden. In einem ersten Schritt solle zur Abwehr von unerwünschten
Entwicklungen ein einfacher Bebauungsplan aufgestellt werden, dessen Festsetzungen
sich nur auf die Art der Nutzung bezögen. In einer zweiten Stufe des
Bebauungsplanverfahrens solle dann ein qualifizierter Bebauungsplan erarbeitet
werden.
8
Der Aufstellungsbeschluss wurde am 26. November 1998, die frühzeitige
Bürgerbeteiligung am 7. Januar 1999 bekannt gemacht. Vom 18. bis zum 20. Januar
1999 lag der Bebauungsplanentwurf aus. Am 20. Januar 1999 fand eine
Bürgerversammlung statt.
9
Mit Schreiben vom 18. März 1999 wandte sich die Antragstellerin an die
Antragsgegnerin und sprach sich gegen die Planungen aus. Als Betreiberin eines
Mineralbrunnens sei sie an ihren Standort gebunden. Die Planungen ließen ihren
Flächenbedarf und ihr Erweiterungsbedürfnis außer Betracht. Unverständlich sei, dass
lediglich ihr Grundstück und das einer Biergroßhandlung in das Plangebiet einbezogen
werden sollten, nicht jedoch die Grundstücke der Firma A. an der K. Straße und der T.
an der M. straße . Die Begrenzung von Einzelhandelsaktivitäten enge auf einem
stadtnahen Standort viele Möglichkeiten ein und bedeute einen erheblichen Wertverlust
für ihre Grundstücke.
10
Bereits mit Schreiben vom 20. Januar 1999 waren die Träger öffentlicher Belange
beteiligt worden. Das Staatliche Umweltamt B. machte u.a. geltend, in der M. straße und
der Q. straße grenze Wohnbebauung unmittelbar an das Plangebiet. Dies mache eine
Gliederung des Gewerbegebiets, etwa auf der Grundlage des Abstandserlasses,
erforderlich.
11
Am 18. August 1999 befasste sich der Rat mit den im Rahmen der frühzeitigen
Bürgerbeteiligung eingegangenen Stellungnahmen und Anregungen und beschloss die
Offenlegung des Bebauungsplans. Nach Bekanntmachung am 28. August 1999 erfolgte
die Offenlegung in der Zeit vom 6. September bis einschließlich 8. Oktober 1999.
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Mit Schreiben vom 7. Oktober 1999 wandte sich die Antragstellerin erneut an die
Antragsgegnerin und wiederholte ihre Kritik an der Abgrenzung des Plangebiets. Sie -
die Antragstellerin - plane keine Einzelhandelsnutzung. Möglicherweise sei dies aber
bei den Firmen T. und A. der Fall. Als standortgebundenes Unternehmen habe sie zur
Verbesserung ihrer Logistik von der Deutschen Bahn ein Grundstück erwerben wollen.
Im Hinblick auf den beabsichtigten Teil 2 der Bebauungsplanung könne dies aber nicht
realisiert werden. Das stelle einen Abwägungsfehler dar. Zuschnitt und Erfordernisse
des Teils 2 der Bebauungsplanung dürften für die Planung des Teils 1 keine Rolle
spielen. Bei der Rahmenplanung seien ihre Belange nicht hinreichend berücksichtigt
worden. Auch die Nutzungsausschlüsse stießen auf Bedenken. Es seien keine
sachgerechten Gründe für den Ausschluss von Einzelhandel ersichtlich. Das von der
Antragsgegnerin als Motiv für die Planung angeführte Interesse an der Ansiedlung von
Einzelhandelsbetrieben im Plangebiet sei nicht ersichtlich. Negative Auswirkungen
einer möglichen Einzelhandelsansiedlung im Plangebiet für die Versorgungsfunktion
der Innenstadt und des Stadtteilzentrums K. Straße seien bislang nicht konkretisiert
worden. Die Zentrenrelevanz der ausgeschlossenen Sortimente sei nicht konkret
überprüft worden. Im Übrigen verstoße die Planung gegen das Verbot der
Negativplanung. Der Plan diene nämlich nur dem Ausschluss des Einzelhandels.
13
Von den mit Schreiben vom 13. September 1999 beteiligten Trägern öffentlicher
Belange wies das Eisenbahn-Bundesamt darauf hin, dass gewidmete Flächen der
Eisenbahn nicht der Planungshoheit der Antragsgegnerin unterlägen. Das Staatliche
Umweltamt B. verwies nochmals auf seine immissionsschutzrechtlichen Bedenken im
Hinblick auf die dem Plangebiet benachbarten Wohnbereiche.
14
In seiner Sitzung vom 30. März 2000 befasste sich der Planungsausschuss mit den
während der Offenlegung eingegangenen Anregungen und Stellungnahmen. Er
beschloss eine Änderung des Plangebiets durch Herausnahme der gewidmeten
Gleisflächen und Einbeziehung des Geländes der T. . Sodann beschloss er die erneute
15
Offenlegung des Bebauungsplans. Ferner nahm er die Vorschläge der Verwaltung zur
Behandlung der Anregungen und Stellungnahmen zustimmend zur Kenntnis. Darin
wurde u.a. ausgeführt, dass ein konkreter Handlungsbedarf nur im Plangebiet aufgrund
der dort genehmigten Lebensmittelmärkte bestehe. Die Sortimentsliste werde auf die
spezielle Situation in B. angewendet. Die Anhäufung von zentrenrelevanten Nutzungen
am H. Weg, der von den Siedlungsbereichen nicht mehr zu Fuß erreichbar sei, gefährde
das Stadtteilzentrum an der K. Straße und erhöhe den motorisierten Verkehr. Eine
Negativplanung liege nicht vor. Zweck der Planung sei die Sicherung der
"gewerblichen" Nutzung im Kernbereich des Gewerbegebiets H. Weg. Vor allem die
Begrenzung der Einzelhandelsnutzungen auf eine Verkaufsfläche von 700 m² habe
eine wichtige Bedeutung für die Erhaltung und die Weiterentwicklung des Standorts für
emittierende Gewerbebetriebe. Im Hinblick auf das Vorbringen der Antragstellerin wurde
auf die Zweistufigkeit der Planung verwiesen. In der aktuellen Planung liege kein
Nachteil für die Antragstellerin, da lediglich die bestehende gewerbliche Nutzung auch
für die Antragstellerin festgeschrieben werde. Die Erweiterungsabsichten der
Antragstellerin auf das Gelände der Deutschen Bahn würden nicht durch die
Bebauungsplanung unterbunden, sondern durch ihr - der Antragsgegnerin -
Vorkaufsrecht. Die von der Antragstellerin geltend gemachten Bedenken könnten im
Teil 2 der Planung berücksichtigt werden.
Nach Bekanntmachung am 4. Mai 2000 erfolgte die erneute Offenlegung des
Bebauungsplanentwurfs in der Zeit vom 15. Mai bis 26. Mai 2000.
16
Die Antragstellerin wandte sich mit Schreiben vom 25. Mai 2000 erneut an die
Antragsgegnerin und verwies auf ihre bereits geltend gemachten Bedenken. Die
geplanten Maßnahmen gefährdeten ihr Unternehmen. Sie führten zu erheblichen
Einschränkungen bei einer eventuell erforderlich werdenden Verwertung des Geländes.
Der durch die Antragsgegnerin verhinderte Grundstückserwerb mache die für eine
wirtschaftliche Logistik ihres Betriebes erforderliche Flächenausdehnung unmöglich.
17
Der Rat der Antragsgegnerin behandelte in seiner Sitzung vom 20. September 2000 die
Anregungen und beschloss den Bebauungsplan als Satzung sowie dessen
Begründung. Am 4. November 2000 wurde der Satzungsbeschluss bekannt gemacht.
18
Die Antragstellerin hat am 30. Oktober 2002 den vorliegenden Normenkontrollantrag
erhoben. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen zur Abgrenzung des
Geltungsbereichs des Bebauungsplans sowie zu den in den textlichen Festsetzungen
vorgesehenen Nutzungsausschlüssen. Insbesondere verweist sie darauf, dass die
Begründung des Bebauungsplans jede Auseinandersetzung mit der konkreten Situation
im Bereich der Antragsgegnerin vermissen lasse. Dadurch, dass die
Plangebietsabgrenzung ihre Erweiterungsabsichten außer Acht lasse, verstoße der
Bebauungsplan gegen das Gebot der städtebaulichen Erforderlichkeit. Er verstoße auch
gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil das Grundstück der Firma A. nicht in
seinen Geltungsbereich einbezogen worden sei. Dadurch, dass die Antragsgegnerin die
behaupteten negativen Auswirkungen des Einzelhandels im Plangebiet nicht konkret
untersucht habe, sei das Abwägungsgebot verletzt.
19
Die Antragstellerin beantragt,
20
den Bebauungsplan Nr. 820 H. Weg/F. , Teil 1 der Antragsgegnerin für nichtig zu
erklären,
21
Die Antragsgegnerin beantragt,
22
den Antrag abzulehnen.
23
Zur Begründung führt sie aus, die Abgrenzung des Plangebiets sei von ihrem weiten
Planungsermessen gedeckt. Sie entspreche der Zielsetzung der Planung, die
gewerbliche Struktur des Plangebiets so zu gestalten, dass keine verdrängenden
Folgen für den innerstädtischen Einzelhandel einträten. Das Grundstück A. habe nicht
einbezogen werden müssen, da keine Anhaltspunkte für die Absicht einer
anderweitigen Nutzung bestünden. Auch das Abwägungsgebot zwinge nicht zur
Einbeziehung des Grundstücks der Firma A. . Die privaten Belange der Antragstellerin
seien hinreichend berücksichtigt worden. Ihr Erweiterungsinteresse sei zwar
abwägungsrelevant, seine Beeinträchtigung beruhe aber nicht auf den Festsetzungen
des Bebauungsplans. Die Festsetzung eines Gewerbegebiets stehe den
Erweiterungswünschen der Antragstellerin gerade nicht entgegen. Eventuelle
zukünftige Festsetzungen in Teil 2 der Planung könnten nicht Gegenstand der
Normenkontrolle gegen Teil 1 der Planung sein. Weil der Bebauungsplan keinen
Konflikt hinsichtlich der Erweiterungswünsche der Antragstellerin hervorrufe, liege auch
kein Verstoß gegen das Gebot der Konfliktbewältigung vor. Allerdings dürfte die
Bezugnahme auf die "Kölner Liste" hinsichtlich der ausgeschlossenen Sortimente für
den Einzelhandel nicht zulässig sein. Insoweit sei die Durchführung eines ergänzenden
Verfahrens zur Anpassung der Festsetzungen geplant. Welche Sortimente
ausgeschlossen werden sollten, werde sich aus den noch einzuholenden Gutachten
ergeben. Der fehlerhafte Einzelhandelsausschluss führe indessen nicht zur Nichtigkeit
des Bebauungsplans, weil nicht der Kern der Abwägungsentscheidung - Ausweisung
eines Gewerbegebiets - betroffen sei.
24
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf die Gerichtsakte sowie die von der Antragsgegnerin vorgelegten
Aufstellungsvorgänge für den streitigen Bebauungsplan.
25
Entscheidungsgründe:
26
Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist die Antragstellerin gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1
VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis ist regelmäßig zu bejahen, wenn sich der
Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks - wie hier die Antragstellerin -
gegen bauplanerische Festsetzungen wendet, die unmittelbar sein Eigentum betreffen.
27
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 1997 - 4 BN 11.97 -, BRS 59 Nr. 36; Beschluss vom
10. März 1998 - 4 CN 6.97 -, BRS 60 Nr. 44.
28
Auch ist das Antragsrecht nicht etwa deswegen verwirkt, weil die Antragstellerin
während des Planaufstellungsverfahrens mehrfach erklärt hat, sie beabsichtige keine
Nutzungsänderung und insbesondere nicht die Aufnahme von Nutzungen, die nach den
textlichen Festsetzungen Nr. 1.2 und 1.3 ausgeschlossen seien. Denn die
Antragstellerin hat sich wegen der von ihr befürchteten bodenwertmindernden Wirkung
ausdrücklich gegen diese Festsetzungen gewandt.
29
Der Antrag ist auch begründet.
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Die angegriffene Satzung leidet allerdings nicht an Form- und Verfahrensmängeln, die
ohne Rüge beachtlich wären. Nur auf Rüge beachtliche Form- und Verfahrensfehler des
Bebauungsplans sind gegenüber der Antragsgegnerin nicht vorgebracht worden und im
Übrigen auch nicht ersichtlich.
31
Der Satzung insgesamt fehlt auch nicht die städtebauliche Erforderlichkeit im Sinne von
§ 1 Abs. 3 BauGB, wohl aber der textlichen Festsetzung Nr. 1.2.
32
Nach dieser Vorschrift haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und
soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was in
diesem Sinne erforderlich ist, bestimmt sich nach der jeweiligen planerischen
Konzeption der Gemeinde als Ausdruck ihrer Planungshoheit. Welche städtebaulichen
Ziele sie sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt
sie, die Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen
entspricht.
33
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, BRS 62 Nr. 19; Urteil vom 7.
Mai 1971 - IV C 76.68 -, BRS 24 Nr. 15.
34
In diesem Sinne gehört es zu den legitimen Zielsetzungen einer Bauleitplanung, die
Zulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben aus städtebaulichen Gründen - etwa zum
Schutz bestimmter Stadtbereiche vor negativen Einflüssen - gezielt zu steuern.
35
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 1998 a.a.O.
36
Danach ist die städtebauliche Erforderlichkeit der Planung hinsichtlich ihrer
grundsätzlichen Zielsetzung hier nicht zweifelhaft. Sie dient auf einer ersten Stufe der
Umsetzung der Rahmenplanung für das (über das Plangebiet hinausreichende)
faktische Gewerbegebiet H. Weg. Der Bebauungsplan wurde ausweislich seiner
Begründung aufgestellt, um die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben zu steuern, weil
der befürchtete Ansiedlungsdruck im Planbereich negative Auswirkungen auf die
Versorgungsfunktion der Innenstadt und des naheliegenden Stadtteilzentrums K. Straße
erwarten lasse. Weitere Motivation der Planung ist die Befürchtung, dass
Einzelhandelsunternehmen aufgrund der höheren Gewinnerwartung und wegen ihres
hohen Flächenbedarfs (bei gleichzeitig niedriger Arbeitsplatzdichte) "gewerbliche"
(gemeint sind damit, wie der Hinweis auf Emissionen zeigt, insbesondere
produzierende und verarbeitende) "Aktivitäten" verdrängen könnten. Die Lagegunst des
Plangebiets solle aber solchen Gewerbe- und Handwerksbetrieben zugute kommen, die
aufgrund ihrer Emissionen integrierte Standorte aufgeben müssten. Dass die Sicherung
des im Geltungsbereich des Bebauungsplans festgesetzten Gewerbegebiets allein für
den vorhandenen gewerblichen Besatz an Betrieben ein legitimes Ziel zum Ausschluss
von sonst zulässigen Einzelhandelsnutzungen in einem Gewerbegebiet sein kann,
entspricht ebenso gefestigter Rechtsprechung, wie der Umstand, dass es zur
Rechtfertigung des so begründeten Ausschlusses von Einzelhandelsnutzungen nicht
zusätzlich des konkreten Nachweises bedarf, dass ohne diese Beschränkung andere
Einzelhandelsstandorte gefährdet werden oder das Ortszentrum an Attraktivität verliert.
37
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 a.a.O. m.w.N., bestätigt durch Beschluss
vom 25. April 2002 - 4 BN 20.02 - JURIS- Dokumentation.
38
Der Bebauungsplan stellt auch keine - wie die Antragstellerin meint - "Negativplanung"
39
dar. Mit der Bauleitplanung kann die Gemeinde auch die Verhinderung unerwünschter
Nutzungen anstreben. Festsetzungen, deren Hauptzweck in der Verhinderung
bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht, sind nur dann unzulässig, wenn
sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1990 - 4 NB?8.90 - BRS 50 Nr. 9.
40
Die Festsetzungen des Bebauungsplans entsprechen aber dem planerischen Willen der
Antragsgegnerin.
41
Städtebaulich gerechtfertigt ist - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - auch die
Abgrenzung des Plangebiets.
42
Unter dem Gesichtspunkt der städtebaulichen Erforderlichkeit kann sich die Gemeinde
dann, wenn sie - wie hier - ein Konzept zur Steuerung des Einzelhandels in einem
bestimmten Bereich mit dem Ziel des Schutzes bestimmter Zentren verfolgt, darauf
beschränken, im konkreten Einzelfall auf bestimmte erkennbare Nutzungs- und
Bauabsichten zu reagieren. Sie ist keineswegs etwa gehalten, in ihre Planung zur
Sicherung des übergreifenden Konzepts auch Bereiche einzubeziehen, in denen
jedenfalls kein aktueller Handlungsbedarf besteht.
43
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. April 1997 - 7a D 127/94.NE -.
44
Da das Grundstück der Antragstellerin in dem Bereich gelegen ist, der von diesem
Ansiedlungsdruck betroffen ist und in dem nach der planerischen Konzeption der
Antragsgegnerin die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben restriktiv gesteuert werden
soll, war seine Einbeziehung städtebaulich gerechtfertigt.
45
Städtebaulich gerechtfertigt ist danach auch die Nichteinbeziehung des Grundstücks der
Firma A. an der K. Straße in den Geltungsbereich des Bebauungsplans. Denn nach der
begründeten Einschätzung der Antragsgegnerin besteht ein aktueller Ansiedlungsdruck
im Hinblick auf Einzelhandelsnutzungen, der ein schnelles Handeln erforderlich macht,
nur innerhalb des Plangebiets. Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass es nicht
ausgeschlossen werden könne, dass die Firma A. auf ihrem Grundstück die Aufnahme
von Einzelhandelsnutzungen plane, ist dieser unsubstantiierte Vortrag nicht geeignet,
die städtebauliche Rechtfertigung insoweit in Frage zu stellen. Im Übrigen hat die
Antragsgegnerin darauf verwiesen, dass im Falle städtebaulich unerwünschter
Entwicklungen im Bereich H. Weg außerhalb des Plangebiets kurzfristig reagiert
werden könne. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes liegt danach nicht vor.
46
Auch gegen das von der Antragsgegnerin gewählte "zweistufige" Planungsverfahren,
dessen erste Stufe wegen des von der Antragsgegnerin angenommenen akuten
Handlungsbedarfs lediglich der Steuerung von Einzelhandelsnutzungen im Plangebiet
dient, bestehen im Hinblick auf die städtebauliche Rechtfertigung keine Bedenken. Die
Planungshoheit gibt der Gemeinde einen weiten Gestaltungsspielraum. Es steht in
ihrem Ermessen, ob, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt sie planerisch tätig
wird. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind nur solche
Bebauungspläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der
Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des
Baugesetzbuches nicht bestimmt sind.
47
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 a.a.O.
48
Danach ist der streitige Bebauungsplan auch mit seiner beschränkten Zielsetzung
Ausdruck einer städtebaulichen Konzeption, nämlich der Absicht, die
Einzelhandelsnutzungen im Plangebiet zu steuern und zu begrenzen, und mithin im
Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich.
49
Die Festsetzung Nr. 1.2 begegnet in Bezug auf ihre Bestimmtheit zwar keinen
Bedenken. Die Beschränkung des Einzelhandels anhand marktüblicher
Sortimentsbeschreibungen ist unter diesem Aspekt unbedenklich.
50
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. Januar 2003 - 7a D 19/01.NE -.
51
Dem grundsätzlich möglichen Nutzungsausschluss fehlt allerdings eine hinreichende
städtebauliche Rechtfertigung.
52
Nach § 1 Abs. 5 BauNVO 1990 kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass
bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2, 4 bis 9 und 13 allgemein zulässig
sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern
die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Die "Art der
Nutzungen" ist grundsätzlich mit den Nutzungsarten gleichzusetzen, wie sie durch die
Begriffe der Baunutzungsverordnung für die Nutzungsarten in den einzelnen
Baugebieten definiert werden.
53
Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. April 1987 - 4 C 41.84 -, BRS 47 Nr. 63; Urteil vom 15.
Dezember 1994 - 4 C 13.93 -, BRS 56 Nr. 61.
54
Die Vorschrift gestattet den Ausschluss auch von einzelnen, zusammen mit anderen in
einer Nummer zusammengefassten Nutzungen, ohne dass zugleich die anderen in
derselben Nummer aufgezählten Nutzungen ausgeschlossen werden müssen.
55
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 1992 - 4 B 182.92 -, BRS 55 Nr. 42.
56
§ 1 Abs. 9 BauNVO ergänzt § 1 Abs. 5 BauNVO um die Möglichkeit der weiteren
Differenzierung. Nach dieser Vorschrift kann, wenn besondere städtebauliche Gründe
dies rechtfertigen, im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt
werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder
ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht
zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können. Die Vorschrift
erlaubt damit der Gemeinde, innerhalb einzelner Nutzungsarten oder Ausnahmen und
unter Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmungen des Baugebietes - und damit
noch weiter als beispielsweise nach § 1 Abs. 5 BauNVO - zu differenzieren und
Unterarten von Nutzungen mit besonderen Festsetzungen zu erfassen.
57
Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 77.84 -, BRS 47 Nr. 58.
58
Die Planungsfreiheit der Gemeinde ist dadurch begrenzt, dass sich diese
weitergehende Differenzierung auf bestimmte Anlagentypen beziehen muss.
Ausgeschlossen werden können nur Nutzungsarten, die es in der sozialen und
ökonomischen Realität bereits gibt. § 1 Abs. 9 BauNVO eröffnet der Gemeinde
hingegen keine Befugnis, neue Nutzungsarten zu erfinden.
59
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 1998 - 4 BN 31.98 -, BRS 60 Nr. 29.
60
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Festsetzung Nr. 1.2 nach § 1 Abs. 9 BauNVO
grundsätzlich zulässig. Nach dieser Festsetzung sind "Einzelhandelsbetriebe und
sonstige Gewerbebetriebe mit Verkaufsflächen für den Verkauf an letzte Verbraucher
nicht zulässig, wenn das angebotene Sortiment ganz oder teilweise den Waren (WB =
Warenverzeichnis für die Binnenhandelsstatistik, Ausgabe 1978, herausgegeben vom
Statistischen Bundesamt Wiesbaden) der nachstehenden Liste zuzuordnen ist"; die
Liste enthält insgesamt 18 Sortimente, die nach einer von der Bezirksregierung Köln
herausgegebenen Liste ("Kölner Liste") als zentrenrelevant gelten oder die
nahversorgungsrelevant sind bzw. von denen die Gemeinde festlegen kann, dass sie im
besonderen Fall nicht zentrenrelevant sind.
61
Gegen den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben bestimmter Branchen bestehen
gemäß § 1 Abs. 9 BauNVO keine Bedenken, wenn die Differenzierung marktüblichen
Gegebenheiten entspricht und bestimmte Arten von Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 9
BauNVO zutreffend kennzeichnet.
62
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Oktober 2001 - 4 BN 45.01 -, BRS 64 Nr. 28; Beschluss
vom 27. Juli 1998 a.a.O.; OVG NRW, Urteil vom 6. Januar 2003 - 7a D 13/01.NE -.
63
Das ist hier der Fall. Die verwendeten Kategorien des Warenverzeichnisses für die
Binnenhandelsstatistik differenzieren nach marktüblichen Gegebenheiten und
beschreiben markttypische Sortimente.
64
Der Textfestsetzung Nr. 1.2 fehlt allerdings die städtebauliche Rechtfertigung.
65
Ebenso wie im Falle der Absätze 5 bis 8 verlangt auch die Abweichung nach Absatz 9
von den gemäß § 1 Absätzen 2 und 3 vorgegebenen Gebietstypen eine städtebauliche
Begründung, die sich aus der jeweiligen konkreten Planungssituation ergeben muss
und geeignet ist, die Abweichung vom normativen Regelfall zu rechtfertigen. Das
"Besondere" an den städtebaulichen Gründen nach § 1 Abs. 9 BauNVO besteht nicht
darin, dass die Gründe von größerem oder im Verhältnis zu Absatz 5 zusätzlichem
Gewicht sein müssen. Mit "besonderen" städtebaulichen Gründen nach Absatz 9 ist nur
gemeint, dass es spezielle Gründe gerade für eine noch feinere Ausdifferenzierung der
zulässigen Nutzung als nach den Absätzen 5 bis 8 geben muss.
66
Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 77.84 - BRS 47 Nr. 58; Beschluss vom 3.
Mai 1993 - 4 NB 13.93 -, Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 16; Beschluss vom 25.
Februar 1997 - 4 NB 30.96 -, NVwZ 1997, 896.
67
Der sortimentsbezogene Einzelhandelsausschluss in der Textfestsetzung Nr.1.2 genügt
diesen Anforderungen nicht. Eine Feindifferenzierung nach Sortimenten verlangt nach §
1 Abs. 9 BauNVO besondere städtebauliche Gründe gerade für diese
sortimentsbezogene Differenzierung. Diese sind hier nicht benannt, sie sind auch nicht
sonst ersichtlich. In der Planbegründung wird zum einen darauf verwiesen, dass die
Zulassung von Einzelhandelsnutzungen einen Verdrängungseffekt zu Lasten der
"gewerblichen" (gemeint sind - wie gesagt - offensichtlich im Wesentlichen
produzierende und verarbeitende) Nutzungen befürchten lasse und der Standort daher
für dieses Gewerbe gesichert werden müsse. Dieser nach § 1 Abs. 9 BauNVO legitime
68
Zweck kann aber mit einer sortimentsbezogenen Beschränkung nicht erreicht werden.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. Januar 2003 a.a.O.
69
Soweit zur Rechtfertigung der Textfestsetzung Nr. 1.2 auf die negativen Auswirkungen
von Einzelhandelsbetrieben mit den ausgeschlossenen Sortimenten auf die B.
Innenstadt und das Stadtteilzentrum K. Straße verwiesen wird, fehlt es in der
Planbegründung an einer konkreten Darlegung, dass diese befürchteten Wirkungen
gerade von den ausgeschlossenen Sortimenten drohen. Wenn zum Schutz etwa des
Innenstadtbereichs bestimmte Warensortimente ausgeschlossen werden sollen, bedarf
es einer individuellen Betrachtung der jeweiligen örtlichen Situation; dies gilt umso
mehr, wenn - wie hier - jeglicher Handel mit den angeführten Sortimenten
ausgeschlossen werden soll.
70
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Juni 2002 - 7a D 92/99.NE -.
71
An einer solchen Betrachung fehlt es hier. Die Planbegründung beschränkt sich auf die
Wiedergabe eines Auszugs aus der Rahmenplanung, der lediglich abstrakt allgemeine
Erkenntnisse referiert, ohne auf die konkreten Verhältnisse einzugehen. Auch die
Rahmenplanung selbst enthält keine Auseinandersetzung mit den konkreten
Verhältnissen, sondern referiert nur allgemeine Erkenntnisse und Überlegungen über
negative Wirkungen von dezentralen Standorten für Einzelhandelsbetriebe mit
zentrenrelevantem Sortiment auf die städtebauliche Situation der B. Innenstadt und der
Stadtteilzentren. Zugleich empfiehlt sie dringend die Durchführung einer
gesamtstädtischen Einzelhandelsuntersuchung. Aussagen zur Wirkung der gleichfalls
ausgeschlossenen nahversorgungsrelevanten Sortimente im Plangebiet enthält sie
nicht. Die erste Fortschreibung der Rahmenplanung enthält keine Aussagen zur
Einzelhandelsnutzung im Plangebiet.
72
Schließlich ist auch der Hinweis in der Planbegründung auf den zu befürchtenden
"unangemessen starken PKW-Verkehr" angesichts der Lage des Gewerbegebiets, das
von drei großen Ausfallstraßen umgeben ist, in dieser Pauschalität nicht
nachvollziehbar - zumal auch er eine sortimentsbezogene Differenzierung nicht zu
tragen vermag.
73
Die Festsetzung Nr. 1.3 begegnet keinen Bedenken. Nach dieser Festsetzung sind im
Plangebiet "Einzelhandelsbetriebe und sonstige Gewerbebetriebe mit Verkaufsflächen
für den Verkauf an letzte Verbraucher nicht zulässig, wenn die Verkaufsflächen 700 m²
überschreiten". Diese Flächenbegrenzung beschreibt die Grenze zwischen zwei Arten
von Anlagen i.S. des § 1 Abs. 9 BauNVO.
74
Sofern die Gemeinde die Anlagen nicht durch Gattungsbezeichnungen oder ähnliche
typisierende Beschreibungen bestimmt, sondern ihre Zulässigkeit nach ihrer Größe,
etwa nach der Verkaufsfläche von Handelsbetrieben, unterschiedlich regeln will, so wird
die Festsetzung hierdurch zwar in besonderem Maße bestimmt und berechenbar. Dem
§ 1 Abs. 9 BauNVO entspricht eine solche Planung aber nur, sofern gerade durch
solche Angaben bestimmte Arten von baulichen oder sonstigen Anlagen zutreffend
gekennzeichnet werden. Betriebe, bei denen die Verkaufsfläche eine bestimmte Größe
überschreitet, sind nicht schon allein deshalb auch "bestimmte Arten" von baulichen
Anlagen. Die Begrenzung der höchstzulässigen Verkaufsfläche trägt die Umschreibung
eines Typs von baulicher Anlage nicht gleichsam in sich selbst. Vielmehr muss die
75
Gemeinde darlegen, warum Betriebe unter bzw. über einer bestimmten Größe generell
oder doch jedenfalls unter Berücksichtigung der besonderen örtlichen Verhältnisse eine
bestimmte Art von baulichen Anlagen darstellen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 a.a.O.
76
Allerdings stellt gerade die von der Antragsgegnerin gewählte Verkaufsflächengrenze
auch die Grenze zwischen zwei Arten von baulichen Anlagen dar. "Nicht wesentlich
unter und nicht wesentlich über 700 m²" liegt nämlich nach der höchstrichterlichen
Rechtsprechung die Verkaufsflächengrenze für Einzelhandelsbetriebe zur
wohnungsnahen Versorgung (Nachbarschaftsladen) im Gegensatz zu einem
großflächigen Einzelhandelsbetrieb.
77
Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 19.85 -, BRS 47 Nr. 56.
78
An dieser Rechtsprechung orientiert sich offensichtlich die Festsetzung Nr. 1.3, die
damit von einer nach § 1 Abs. 9 BauNVO zulässigen Differenzierung nach Arten von
Anlagen ausgeht.
79
Im Ergebnis ebenso Nds. OVG, Urteil vom 17. März 1994 - 1 K 368/92 -, juris-Dokument;
OVG Rh.-Pf., Urteil vom 12. März 1993 - 10 C 12147/91 -, juris-Dokument; vgl. auch
OVG NRW, Urteil vom 3. Juni 2002 - 7a D 75/99.NE -.
80
Die Textfestsetzung Nr. 1.3 ist auch städtebaulich gerechtfertigt.
81
Als Begründung für die Festsetzung Nr. 1.3 nennt die Planbegründung das Ziel der
Sicherung der "gewerblichen" (gemeint ist, wie dargelegt, offensichtlich im
Wesentlichen eine produzierende bzw. verarbeitende) Nutzung. Das genügt als
städtebauliche Rechtfertigung grundsätzlich,
82
vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. April 2002 - 4 BN 20.02 - a.a.O.,
83
auch wenn nicht jeglicher Einzelhandel, sondern nur der großflächige (über 700 m²
Verkaufsfläche) ausgeschlossen wird - so werden jedenfalls flächenintensive
Einzelhandelsnutzungen ausgeschlossen. Dieser Festsetzung fehlt die städtebauliche
Rechtfertigung nicht deshalb, weil sie nicht vereinbar wäre mit dem weiteren Ziel der
Planung, das Stadtteilzentrum K. Straße zu sichern. Die Festsetzung Nr. 1.3 gestattet
zwar die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben mit einem nicht nach Nr. 1.2
ausgeschlossenen Sortiment abseits dieses Stadtteilzentrums. Angesichts des
umfassenden Ausschlusses von zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten
durch die Textfestsetzung Nr. 1.2 dürften von den im Plangebiet zulässigen
Einzelhandelsbetrieben allenfalls in Einzelfällen negative Wirkungen auf das
Stadtteilzentrum K. Straße zu befürchten sein.
84
Die Textfestsetzung Nr. 1.4 ist rechtsfehlerhaft, weil sie keine nach den oben
dargestellten Maßstäben zulässige Differenzierung von Anlagenarten trifft. Sie dürfte
allerdings insoweit unbedenklich sein, als sie "Handwerksbetriebe mit Verkaufsflächen
für den Verkauf an letzte Verbraucher, wenn das angebotene Sortiment aus eigener
Herstellung stammt," für generell zulässig erklärt. Soweit danach Handwerksbetriebe mit
Abverkauf zulässig sind, handelt es sich bei der gebotenen typisierenden
Betrachtungsweise um eine zulässige Umschreibung einer Anlagenart. Das gilt auch für
85
das weitere Merkmal, wonach es sich um solche Betriebe handeln muss, die
typischerweise nur in einem Gewerbe- oder Industriegebiet zulässig sind. Keine
zulässige Umschreibung eines Anlagentyps stellt indes die weitere Differenzierung
nach dem Verkaufsflächenanteil dar. Denn dieses Kriterium grenzt keine
unterschiedlichen Arten von Anlagen voneinander ab. Einen Typus "Handwerksbetrieb
mit Abverkauf und einer Verkaufsfläche von nicht mehr als 20 % der Grundfläche" gibt
es nicht. Ob das Verkaufsflächenkriterium als Maßgabe für die Erteilung einer
Ausnahme im Einzelfall nach § 31 Abs. 1 BauGB zulässig wäre, kann dahinstehen.
Denn nach dem eindeutigen Wortlaut der Textfestsetzung regelt diese nicht die
Voraussetzungen für die ausnahmsweise Zulassung der dort genannten Betriebe, diese
sollen vielmehr im Plangebiet generell zulässig sein. Ob der Textfestsetzung Nr. 1.4
auch die städtebauliche Rechtfertigung fehlt, kann unter diesen Umständen
dahinstehen.
Der streitige Bebauungsplan leidet auch an Abwägungsfehlern, die zu seiner Nichtigkeit
führen.
86
Nach § 1 Abs. 6 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und
privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses
Abwägungsgebot wird zunächst dann verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung
überhaupt nicht stattfindet. Es ist ferner dann verletzt, wenn in die Abwägung an
Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden
muss. Schließlich liegt eine solche Verletzung auch dann vor, wenn die Bedeutung der
betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung
berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit
einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist
dem Abwägungsgebot genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im
Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit
notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belanges entscheidet.
87
Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1969 - IV C 105.66 -, BRS 22 Nr. 4.
88
Nach diesen Maßstäben ist die Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin
fehlerhaft.
89
Die Abgrenzung des Plangebiets im Hinblick auf die Nichteinbeziehung des Geländes
der Firma A. ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin allerdings nicht
abwägungsfehlerhaft. Die Antragstellerin behauptet dies offenbar deswegen, weil sie
durch die Bebauungsplanfestsetzungen eine Wertminderung ihres Grundstücks
befürchtet, die das Grundstück der Firma A. nicht trifft. Das ist jedoch ersichtlich kein
abwägungserheblicher Belang.
90
Die Einbeziehung des Grundstücks der Antragstellerin selbst ist gleichfalls nicht
abwägungsfehlerhaft. Denn welche abwägungserheblichen Belange der Antragstellerin
gerade durch die Einbeziehung (und nicht erst durch die konkreten Festsetzungen)
berührt sein könnten, ist nicht ersichtlich. Die Erweiterungsabsichten der Antragstellerin,
auf die diese im Verlaufe des Planaufstellungsverfahrens mehrfach - allerdings nur
pauschal - hingewiesen hat und die abwägungsrelevant sein können,
91
vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. April 2000 - 7a D 132/97.NE - m.w.N.,
92
werden nicht durch die Einbeziehung des Grundstücks der Antragstellerin in das
Plangebiet und die Festsetzungen des Bebauungsplans nachteilig berührt. Das
Grundstück, das die Antragsteller von der Deutschen Bahn AG erwerben wollte, und auf
das sie konkret verweist, liegt nicht im Plangebiet. Inwiefern sein Erwerb durch die
Planung erschwert sein sollte, ist nicht ersichtlich. Die Erweiterungsabsichten der
Antragstellerin waren im Übrigen Gegenstand der Abwägung und sind aus dem
genannten Grund von der Antragsgegnerin in nicht zu beanstandender Weise
zurückgewiesen worden.
93
Auch die Festsetzung des Plangebiets als Gewerbegebiet ist nicht
abwägungsfehlerhaft. Diese Festsetzung widerspricht nicht deswegen dem
Trennungsprinzip (vgl. § 50 BImSchG), weil jenseits der das Plangebiet begrenzenden
M. straße , in der Q. straße und in etwa 100 m Entfernung von der nordwestlichen
Grenze des Plangebiets Wohngebiete liegen, auf die das Staatliche Umweltamt B. in
mehreren Stellungnahmen hingewiesen hatte.
94
Bei der Aufstellung von Bauleitplänen, und damit gegebenenfalls auch im Rahmen der
Abwägung, sind nach § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB u.a. die allgemeinen
Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse zu berücksichtigen. In diesem
Zusammenhang kommt auch dem Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG Bedeutung
zu. Dieser Grundsatz, der die Funktion einer Abwägungsdirektive hat, vgl. BVerwG,
Urteil vom 28. Januar 1999 - 4 CN 5.98 -, BRS 62 Nr. 4,
95
verlangt, dass bei raumbedeutsamen Planungen die für eine bestimmte Nutzung
vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen sind, dass schädliche
Umwelteinwirkungen u.a. auf Wohngebiete so weit wie möglich vermieden werden. Vgl.
BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1990 - 4 N 6.88 -, BRS 50 Nr. 25. Der
Trennungsgrundsatz schließt allerdings nicht aus, dass Gewerbe- und Wohngebiete
zulässigerweise nebeneinander geplant werden. Als bloße Abwägungsdirektive
erfordert der Grundsatz keine strikte Beachtung in dem Sinne, dass er keiner
Durchbrechung fähig wäre. Im Einzelfall kann daher durchaus ein Nebeneinander von
Gewerbe und Wohnen Ergebnis einer sachgerechten Abwägung sein.
96
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1992 - 4 B 71.90 -, BRS 54 Nr. 18.
97
In erster Linie ist der Trennungsgrundsatz für die die Beplanung bisher unbebauter
Flächen und nicht für die Beplanung vorhandener Gemengelagen von Bedeutung.
98
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Oktober 2000 - 7a D 216/98.NE -; Nds. OVG, Urteil vom
25. Juni 2001 - 1 K 1850/00 -, BRS 64 Nr. 15.
99
Letztlich kommt es darauf an, ob ein verträgliches Nebeneinander von Wohnen und
Gewerbe möglich ist, wenn beide Gebietsarten nebeneinander ausgewiesen werden.
Stellt sich z.B. heraus, dass im konkreten Fall keine Unzuträglichkeiten zwischen den
Gewerbebetrieben und der Wohnnutzung aufgetreten oder zu erwarten sind, kann die
Gemeinde das bei der Abwägung auch dahingehend berücksichtigen, dass das
Nebeneinander - so wie bisher vorhanden - in den Bebauungsplan übernommen wird.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1992 a.a.O.; OVG NRW, Urteil vom 17.
Oktober 1996 - 7a D 122/94.NE -, BRS 58 Nr. 30, Beschluss vom 4. Juni 2002 - 7a D
6/01.NE -, Urteil vom 18. September 2001 - 10a D 73/99.NE -.
100
Danach ist unter den hier gegebenen Umständen die Festschreibung des vollständig
bebauten Gewerbegebiets nicht abwägungsfehlerhaft. Die Antragsgegnerin hat mit der
Festsetzung des Gewerbegebiets die bereits vorhandene Nutzungsstruktur des
Plangebiets, die bislang nach § 34 BauGB für die Beurteilung der planungsrechtlichen
Zulässigkeit von Vorhaben maßgeblich war, lediglich festgeschrieben. Sie hat diese
Planung ausdrücklich als erste Stufe einer Gesamtplanung bezeichnet und zugleich
angekündigt, dass sie eine umfassende und die in der Rahmenplanung niedergelegte
städtebauliche Konzeption detailliert umsetzende Detailplanung (zweite Stufe)
umgehend in Angriff nehmen werde. Bei der Entwicklung des planerischen Konzepts für
die erste Stufe ging die Antragsgegnerin ersichtlich davon aus, dass das
Nebeneinander von Wohnbebauung und Gewerbenutzung bislang zu keinen
Unzuträglichkeiten geführt hat und dass diese Verträglichkeit bis zur Verwirklichung der
zweiten Stufe der städtebaulichen Konzeption anhalten werde. Anhaltspunkte dafür,
dass diese Annahme unzutreffend war - etwa weil es konkrete Pläne für
Nutzungsänderungen im Plangebiet gab, die zur Unverträglichkeit der benachbarten
Nutzungen führen könnten - bestehen nicht. Hinweise darauf, dass die Antragsgegnerin
durch die Festsetzung eines Gewerbegebiets die Situation verschärft hätte, fehlen erst
recht. Unter diesen Umständen ist die Abweichung vom Trennungsgrundsatz nicht
abwägungsfehlerhaft. Bis zur Verwirklichung der zweiten Stufe der Planung besteht
überdies die Möglichkeit, unverträgliche Entwicklungen über das Rücksichtnahmegebot
des § 15 BauNVO zu verhindern.
101
Fehlerhaft ist die Abwägung indessen, soweit sie sich auf die Nutzungsausschlüsse
nach Nr. 1.2 der Textfestsetzungen bezieht.
102
Durch den weitreichenden Ausschluss von Einzelhandel mit den in der Textfestsetzung
Nr. 1.2 aufgezählten Sortimenten werden im gesamten Plangebiet bislang zulässige
Einzelhandelsnutzungen unzulässig und das bisherige Spektrum an
Nutzungsmöglichkeiten der Grundstücke nicht unerheblich eingeschränkt. Damit greift
die Antragsgegnerin weitgehend in die Nutzungsbefugnisse der Grundstückseigentümer
im Plangebiet ein. Das von Art. 14 GG geschützte Eigentum gehört aber
selbstverständlich und in hervorragender Weise zu den abwägungserheblichen
Belangen im Rahmen öffentlich-rechtlicher Planungsentscheidungen. Die Gründe des
öffentlichen Interesses, die für einen Eingriff in das private Eigentum sprechen, müssen
so schwerwiegend sein, dass sie Vorrang haben vor dem Vertrauen des Bürgers in den
Fortbestand seines Rechts, das durch die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1
GG gesichert wird. Auch beim Erlass eines Bebauungsplans muss daher im Rahmen
der planerischen Abwägung das private Interesse am Erhalt bestehender baulicher
Nutzungsrechte mit dem öffentlichen Interesse an einer städtebaulichen Neuordnung
des Plangebiets abgewogen werden.
103
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Oktober 2000 - 7a D 56/97.NE -, BRS 63 Nr. 4 m.w.N.
104
Das erfordert zunächst eine auf die konkreten Umstände bezogene Darlegung der
Gründe, die nach Ansicht des Plangebers Vorrang vor den eigentumsrechtlich
geschützten Positionen der Grundstückseigentümer im Plangebiet haben. Diesen
Anforderungen wird die Abwägung hinsichtlich der Nutzungsausschlüsse in Nr. 1.2 der
textlichen Festsetzungen nicht gerecht.
105
Eine tragfähige auf die konkreten Verhältnissen bezogene Begründung für die
Ausschlüsse liefert die Antragsgegnerin nicht. Soweit sie auf die Innenstadt- und die
106
Nahversorgungsrelevanz der Sortimente verweist, fehlt es - wie oben ausgeführt - an
einer Darlegung, dass die genannten Sortimente auch im konkreten Fall diese
Eigenschaften aufweisen. Dies gilt umso mehr, als nach der Textfestsetzung Nr. 1.3
ohnehin jeglicher großflächige Einzelhandel ausgeschlossen ist, die
Sortimentsausschlüsse mithin nur für sog. Nachbarschaftsläden mit einer
Verkaufsfläche unter 700 m² zum Tragen kommen. Die Wiedergabe allgemeiner
Überlegungen zu den möglichen negativen Auswirkungen eines Einzelhandels mit
"zentrenrelevanten" Sortimenten im Plangebiet genügt ersichtlich nicht dem Erfordernis
einer Auseinandersetzung mit den konkreten Verhältnissen. Erwägungen zum
Ausschluss von nahversorgungsrelevanten Sortimenten fehlen gänzlich. Soweit die
Antragsgegnerin in der Planbegründung schließlich noch den Gesichtspunkt der
"Verschwendung der Lagegunst des Plangebiets" erwähnt, bleibt unklar, inwiefern
dieser "Verschwendung" mit einem Sortimentsausschluss begegnet werden kann.
Der festgestellte Abwägungsfehler ist erheblich und beachtlich nach § 214 Abs. 3 und §
215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB.
107
Mängel im Abwägungsvorgang sind nach § 214 Abs. 3 BauGB nur erheblich, wenn sie
offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.
108
Offensichtlich ist ein Abwägungsfehler, wenn konkrete Umstände positiv und klar auf ihn
hindeuten. Beachtlich ist alles, was auf objektiv erfassbaren Sachumständen beruht,
also auch Fehler und Irrtümer, die die Zusammenstellung und Aufbereitung des
Abwägungsmaterials betreffen, wenn sie sich aus den Planungsunterlagen ergeben.
109
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. November 1997 - 4 NB 48.96 -, BRS 59 Nr. 32.
110
Gemessen daran ist der genannte Abwägungsmangel hier offensichtlich, denn er
bezieht sich auf den Kern der Planung: Hauptzweck des Bebauungsplans ist die
restriktive Steuerung des Einzelhandels im Plangebiet zum Schutz der B. Innenstadt
und des Stadtteilzentrum K. Straße einerseits sowie zur effektiven Nutzung der Flächen
im Plangebiet andererseits. Wenn die Antragsgegnerin sortimentsbezogene
Nutzungsausschlüsse unter Hinweis auf die schädlichen städtebaulichen Folgen, die
die Ansiedlung solcher Sortimente habe, vornimmt, ist eine unzureichende
Auseinandersetzung mit der Frage, ob diesen Sortimenten diese unerwünschte Wirkung
im konkreten Fall auch zukommt, ein offensichtlicher Mangel.
111
Der Abwägungsmangel ist auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen.
Das ist dann der Fall, wenn die konkrete Möglichkeit eines solchen Einflusses bestand.
112
Vgl. BverwG, Beschluss vom 29. Januar 1992 - 4 NB 22.90 -, BRS 54 Nr. 15.
113
Hier bestand die konkrete Möglichkeit, dass sich bei gehöriger Ermittlung ihrer
Wirkungen zumindest einzelne Sortimente für die städtebauliche Gesamtkonzeption der
Antragsgegnerin als unschädlich erwiesen hätten und die Antragsgegnerin sie nicht in
den Katalog der Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen aufgenommen hätte.
114
Folge schon dieses Abwägungsmangels ist die Nichtigkeit des gesamten
Bebauungsplans. Die Festsetzung Nr. 1.2 ist nicht lediglich unwirksam und in einem
ergänzenden Verfahren nach § 215a BauGB behebbar. Die Nichtigkeit der betroffenen
Festsetzung über die Nutzungsausschlüsse ergreift den gesamten Bebauungsplan.
115
Die Anwendbarkeit des § 215a Abs. 1 Satz 1 BauGB setzt voraus, dass der zu
behebende Mangel nicht von solcher Art und Schwere ist, dass er die Planung als
Ganzes von vorne herein in Frage stellt oder die Grundzüge der Planung berührt. Mit
dieser Einschränkung sind auch Abwägungsfehler von der Regelung des § 215a
BauGB erfasst. Allerdings darf der festgestellte Fehler nicht den Kern der
Abwägungsentscheidung betreffen.
116
Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Oktober 1998 - 4 CN 7.97 -, BRS 60 Nr. 52; Beschluss vom
10. November 1998 - 4 BN 45.98 -, BRS 60 Nr. 53.
117
Das ist hier jedoch der Fall. Der Mangel betrifft - entgegen dem Vortrag der
Antragsgegnerin - die Grundzüge der Planung. Der Festsetzung der Gebietsart
Gewerbegebiet lag zwar eine entsprechende planerische Vorstellung zugrunde,
vorrangiges Anliegen der Planung war aber, die befürchtete Veränderung des
Gebietscharakters und negative Auswirkungen auf Versorgungszentren in B. durch eine
Einschränkung der Zulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben zu verhindern. Das ergibt
sich eindeutig aus den Begründung des Bebauungsplans und den Sitzungsvorlagen für
den Aufstellungsbeschluss. Der Kern der Planung wird nicht etwa deswegen von dem
festgestellten Abwägungsmangel nicht berührt, weil - wie die Antragsgegnerin vorträgt -
der Mangel nur die einzelnen Sortimente und damit das "Was" erfasse, nicht jedoch das
"Ob" des Ausschlusses bestimmter Sortimente. Die Antragsgegnerin wollte nach den
Festsetzungen des Bebauungsplans die betreffenden Sortimente in jedem Falle
ausschließen, auch wenn sie nur auf einer Verkaufsfläche von unter 700 m² angeboten
werden. Wie wichtig ihr dieses Anliegen war, zeigt der Umstand, dass sie bereits die
Genehmigung zweier Läden dieser Größenordnung zum Anlass für die vorliegende
Planung genommen hat. Da der Mangel die aufgezählten Sortimente insgesamt erfasst
und nicht nur einzelne von ihnen, betrifft er nicht nur das "Was", sondern auch das "Ob"
des Abschlusses.
118
Die Nichtigkeit beschränkt sich nicht auf die betroffene Textfestsetzung, sondern erfasst
den Bebauungsplan Nr. 820 H. Weg/F. Teil 1 der Antragsgegnerin insgesamt.
119
Die Ungültigkeit eines Teils eines Bebauungsplans führt nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann nicht zu dessen
Gesamtnichtigkeit, wenn die restlichen Festsetzungen auch ohne den nichtigen Teil
noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung i.S. des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken
können und mit der gebotenen Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde auch
einen Bebauungsplan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte.
120
Vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 8. April 2003 - 4 B 23.03 -, zitiert nach juris.
121
Hier fehlt es an beiden Voraussetzungen für eine bloße Teilnichtigkeit. Ohne die
Festsetzungen über die Nutzungsausschlüsse kann der Bebauungsplan die von der
Antragsgegnerin bezweckte städtebauliche Ordnung nicht mehr bewirken. Aus diesem
Grund kann auch ausgeschlossen werden, dass die Antragsgegnerin einen
Bebauungsplan ohne diese Festsetzungen beschlossen hätte.
122
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
123
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V. mit §
124
708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht vorliegen.
125