Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 16.12.2005

OVG NRW: bebauungsplan, brücke, grundstück, bekanntmachung, rechtfertigung, ausschluss, breite, rüge, satzung, lärmschutzwand

Oberverwaltungsgericht NRW, 7 D 90/04.NE
Datum:
16.12.2005
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 D 90/04.NE
Tenor:
Der Bebauungsplan Nr. 090 "N. Straße" der Gemeinde B. in der
Fassung des "Heilungsplanes" sowie die 1. Änderung dieses
Bebauungsplanes in der Fassung des "Heilungsplanes" sind
unwirksam.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Antragsteller wenden sich gegen den von der Antragsgegnerin erlassenen
Bebauungsplan Nr. 090 "N. Straße" in der Fassung des "Heilungsplans" sowie gegen
die 1. Änderung dieses Bebauungsplans ebenfalls in der Fassung des "Heilungsplans".
Der Bebauungsplan setzt u. a. eine neue Bahnüberführung fest, durch die die
Antragsteller ihrer Meinung nach unzumutbar beeinträchtigt werden. Die Antragstellerin
zu 2. sieht sich darüber hinaus durch die Festsetzungen hinsichtlich der Art der
baulichen Nutzung, der Errichtung von Nebenanlagen und der Gestaltung baulicher
Anlagen betroffen.
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Der Bebauungsplan Nr. 090 - Ursprungsfassung - erfasst ein Areal, das im südlichen
Gemeindegebiet der Antragsgegnerin liegt. Die Plangebietsgrenzen ergeben sich aus
dem folgenden Lageplan.
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Unmittelbar südwestlich der neuen Trasse zwischen der B 56 und der Bahnstrecke ist
das Grundstück der Antragstellerin zu 2. (T.-------weg 5, Gemarkung P. , Flur 3, Flurstück
682) gelegen, das als private Schulungsstätte genutzt wird. Es ist als eingeschränktes
Gewerbegebiet (GE¹) mit maximal zweigeschossiger offener Bebauung und einer
Grundflächenzahl von 0,8 sowie einer Geschossflächenzahl von 1,6 ausgewiesen. Für
das nordöstlich der Böschung der neuen Trasse zwischen B 56 und Bahnstrecke
gelegene Gelände ist ein weiteres eingeschränktes Gewerbegebiet (GE²) mit denselben
Maßfestsetzungen ausgewiesen.
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Nicht vom Bebauungsplan erfasst ist das Grundstück der Antragsteller zu 1., das
zwischen dem T.-------weg und der Bahnstrecke unmittelbar westlich des
Bahnübergangs gelegen ist. Es ist mit einem Doppelhaus bebaut, in dem sich
Wohnungen und das Büro des Installationsbetriebes des Sohnes der Antragsteller zu 1.
befinden. In der Urfassung des Bebauungsplans 012 Süd aus dem Jahre 1974, der für
das Grundstück der Antragsteller zu 1. noch Geltung beansprucht, ist das Grundstück
als Mischgebiet ausgewiesen. Die südliche Begrenzung der über der Bahnstrecke
festgesetzten Verkehrsfläche soll bis auf rund 20 m (nördliche Hausecke) bzw. rund 25
m (östliche Hausecke) an das Wohnhaus der Antragsteller zu 1. heranrücken.
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Nördlich der Bahnstrecke setzt der Bebauungsplan Nr. 090 in seiner Ursprungsfassung
beiderseits der neuen Trasse verschiedene Sondergebiete (großflächiger Einzelhandel,
Bau- und Heimwerkermarkt, Einzelhandel- Nahversorgung) sowie wiederum
eingeschränkte Gewerbegebiete GE¹ und GE² fest.
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Wegen der Einzelheiten zur Zielsetzung und den Festsetzungen des Bebau- ungsplans
wird auf das Urteil des 7a Senats vom 3. Dezember 2003 - 7a D 118/02.NE - verwiesen.
Der ursprüngliche Bebauungsplan Nr. 090 wurde im Jahre 2003 durch eine 1. Änderung
modifiziert. Auch insoweit wird wegen der Zielsetzung und den Festsetzungen des
Änderungsplanes auf das Urteil des 7a Senats vom 3. Dezember 2003 verwiesen. Das
Änderungsgebiet ergibt sich aus dem folgenden Lageplan.
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Nachdem der damalige 7a Senat des erkennenden Gerichts durch Urteil vom 10.
August 2000 - 7a D 162/98.NE - die im wesentlichen dasselbe Plangebiet umfassenden
Bebauungspläne Nr. 012 N 1. Änderung "Gewerbegebiet P. Teil A" und 012 Süd - 1.
Änderung "Gewerbegebiet P. /J. " sowie deren jeweils 2. Änderung für unwirksam
erklärt hatte, nahm die Antragsgegnerin das Planverfahren neu auf und erließ den
Bebauungsplan Nr. 090 "N. Straße". Mit rechtskräftigem Urteil vom 3. Dezember 2003 -
7a D 118/02.NE - hat der damalige 7a Senat auch diesen Bebauungsplan in der
Fassung seiner 1. Änderung für unwirksam erklärt, weil bestimmten Festsetzungen zum
Ausschluss von Einzelhandel die städtebauliche Rechtfertigung fehlte.
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Der Planungsausschuss der Antragsgegnerin beschloss am 29. Januar 2004, das
ergänzende Verfahren durchzuführen und zwar für den Bebauungsplan Nr. 090 "N.
Straße" und für die 1. Änderung jeweils als "Heilungsplan" und den Plan in der Fassung
der Änderung erneut auszulegen. Ausgelegt wurde der Bebauungsplan Nr. 090 -
Heilungsplan - Blätter 1 bis 3 sowie Blatt 2 der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr.
090 - Heilungsplan -. Dieses Blatt 2 enthält lediglich die textlichen Festsetzungen.
Anregungen sollten nur zu den geänderten oder ergänzten Teilen vorgebracht werden
können. Bei den Änderungen handelt es sich im wesentlichen einmal darum, dass das
Brückenbauwerk nicht zunächst in Dammlage, sondern im Anschlussbereich an den
Kreuzungspunkt mit der B 56 sofort auf Stützpfeilern errichtet werden soll. Zum anderen
sind die textlichen Festsetzungen zu den zulässigen Nutzungen in den
Gewerbegebieten geändert worden. Die Dauer der Auslegung wurde auf zwei Wochen
verkürzt. Die am 13. Februar 2004 bekannt gemachte Offenlegung erfolgte in der Zeit
vom 24. Februar bis 8. März 2004. In der Bekanntmachung wurden die jeweiligen
Änderungen im Einzelnen bezeichnet. Träger öffentlicher Belange wurden beteiligt. Die
Antragsteller brachten Anregungen vor, die der Rat der Antragsgegnerin in seiner
Sitzung vom 29. April 2004 entsprechend der Beschlussempfehlung des
Planungsausschusses nicht berücksichtigte. Die Stellungnahmen von Trägern
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öffentlicher Belange nahm der Rat zur Kenntnis. In derselben Sitzung beschloss der Rat
den Bebauungsplan Nr. 090 "N. Straße" in der Fassung des "Heilungsplans" sowie die
1. Änderung ebenfalls in der Fassung des "Heilungsplans" und fügte die Begründungen
den Satzungen bei.
Der Satzungsbeschluss wurde am 21. Mai 2004 bekannt gemacht.
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Die Antragsteller haben am 5. August 2004 den vorliegenden Normenkontrollantrag
gestellt. Sie tragen vor, der Bebauungsplan Nr. 090 "N. Straße" in der Fassung des
Heilungsplans sowie die 1. Änderung als Heilungsplan (im Folgenden: Bebauungsplan)
seien aus formellen und materiellen Gründen nichtig, zumindest jedoch unwirksam. Der
Bebauungsplanentwurf sei nicht ordnungsgemäß ausgelegt worden. In beiden - näher
bezeichneten - ausgelegten Dokumenten fänden sich ähnliche bzw. teilweise
identische, zum Teil jedoch auch widersprüchliche Angaben zu textlichen
Festsetzungen. Auch die Bezifferung der einzelnen Unterpunkte sei nicht gleich. Die
beiden ausgelegten Begründungen wiederholten sich teilweise, widersprächen sich
jedoch auch in einzelnen Aussagen. Welchen Inhalt der Bebauungsplanentwurf
tatsächlich letztendlich haben sollte, sei dem Bürger aus den ausgelegten Unterlagen
nicht klar geworden. Der Bürger sei nicht in der Lage gewesen, ordnungsgemäß den
beabsichtigten Planungsinhalt zu erkennen und zu den maßgeblichen
Abwägungsgesichtspunkten vorzutragen.
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Die Festsetzungen der beiden Pläne wichen voneinander ab.
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Weder in den textlichen Festsetzungen noch in den Begründungen zum
Bebauungsplanentwurf werde deutlich gemacht, welche Änderungen der Heilungsplan
gegenüber dem unwirksamen Bebauungsplan in der Gestalt der 1. Änderung haben
solle. Dennoch sei bekannt gemacht worden, dass bei der erneuten Auslegung nur zu
den geänderten oder ergänzten Teilen Anregungen vorgebracht werden könnten. Diese
Bestimmung sowie die Verkürzung der Dauer der Auslegung auf zwei Wochen seien
"unwirksam".
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Im Übrigen wiederholen und ergänzen die Antragsteller ihr Vorbringen aus den
vorangegangenen Normenkontrollverfahren.
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Die Antragsteller beantragen,
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den Bebauungsplan Nr. 090 "N. Straße" in der Fassung des "Heilungsplanes" sowie die
1. Änderung dieses Bebauungsplanes in der Fassung des "Heilungsplanes" für
unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Sie hält den Normenkontrollantrag für unbegründet und begründet dies im Einzelnen.
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Auf den Hinweis des Gerichtes, das Ausfertigungsdatum des "Heilungsplanes" liege
zeitlich nach dem Tag der Bekanntmachung des Planes, hat die Antragsgegnerin den
Bebauungsplan Nr. 090 "N. Straße" und die 1. Änderung, "Heilungsplan", am 30.
September 2005 erneut bekannt gemacht.
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Die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
ergeben sich aus dem Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakten 7a D 118/02.NE und 7a
D 162/98.NE, den Aufstellungsvorgängen der Antragsgegnerin und den sonstigen von
der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen und Plänen; hierauf wird Bezug
genommen.
21
Entscheidungsgründe:
22
Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig
und bedarf im Hinblick auf die Ausführungen im Urteil vom 3. Dezember 2003 - 7a D
118/02.NE - keiner weiteren Erörterung.
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Der Antrag ist auch begründet.
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Der vorliegende Bebauungsplan - Ursprungsplan und 1. Änderung jeweils in der
Fassung des Heilungsplans - soll der Beseitigung der Mängel dienen, die zur
Unwirksamkeit des ursprünglichen Bebauungsplans Nr. 090 in der Fassung der 1.
Änderung geführt haben. Die Antragsgegnerin hat ein ergänzendes Verfahren gemäß §
215 a BauGB auf der Grundlage des vom 7a Senat im Urteil vom 3. Dezember 2003 für
unwirksam erklärten Planes durchgeführt. Dazu war sie befugt, weil der 7a Senat im
oben genannten Urteil den Bebauungsplan lediglich für unwirksam und nicht für nichtig
erklärt hatte.
25
Allerdings hat die Antragsgegnerin in dem Verfahren nicht nur den vom 7a Senat
festgestellten Mangel beheben wollen, sondern darüber hinaus den ursprünglichen Plan
geändert. Die Änderung ist insoweit im vereinfachten Verfahren gemäß § 13 BauGB
grundsätzlich möglich gewesen, das die Antragsgegnerin der Sache nach durchgeführt
hat, auch wenn sie das Verfahren so nicht benannt hat. Die Voraussetzungen des § 13
BauGB a. F. liegen vor. Durch die Änderung - Stützpfeiler statt Dammlage - sind die
Grundzüge der Planung nicht berührt worden. Der Planentwurf ist - allerdings
unvollständig - gemäß § 3 Abs. 2 BauGB ausgelegt worden. Auch im vereinfachten
Verfahren gemäß § 13 BauGB ist die Möglichkeit gegeben, gemäß § 3 Abs. 3 BauGB
die Auslegungsfrist auf zwei Wochen zu verkürzen und zu bestimmen, dass
Anregungen nur zu den geänderten oder ergänzten Teilen vorgebracht werden können.
Dies war im Hinblick darauf, dass die Änderungen und Ergänzungen die Grundzüge der
Planung nicht berührten, auch zulässig.
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Die angegriffene Satzung leidet jedoch an einem Verfahrensmangel, den die
Antragsteller in der Antragsschrift hinreichend gerügt haben.
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Dazu, dass die Rüge in einem Normenkontrollverfahren durch einen bei Gericht
eingereichten Schriftsatz erfolgen kann: OVG NRW, Urteil vom 13. Februar 1997 - 7a D
115/94.NE - und vom 18. Juni 2003 - 7a D 188/02.NE -.
28
Die Antragsgegnerin hat in der Offenlage gemäß § 3 Abs. 2 BauGB, wie sie in der
Beschlussvorlage für den Planungsausschuss vom 10. März 2004 dargelegt hat,
lediglich den Bebauungsplan Nr. 090 "N. Straße", Heilungsplan, Blätter 1 bis 3 und vom
Bebauungsplan Nr. 090 1. Änderung den Textteil Blatt 2, Heilungsplan, sowie die
Begründungen ausgelegt. Den Bebauungsplan Nr. 090 1. Änderung, Blatt 1, hat sie
nicht ausgelegt, da der Plan mit seinen zeichnerischen Darstellungen nicht geändert
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worden sei. Damit hat die Antragsgegnerin von einem Bebauungsplan, den sie
insgesamt neu beschließen musste und auch wollte, nur einen Teil offengelegt. Die
Offenlage nur des Textteils "hing" ohne die zeichnerische Darstellung sozusagen "in der
Luft". Auf welche zeichnerische Grundlage sich die Festsetzungen beziehen sollten, war
für den Bürger nicht erkennbar. Dies gilt hier umso mehr, als die offengelegten
zeichnerischen Darstellungen des Heilungsplans zum Bebauungsplan Nr. 090 das
gesamte Plangebiet einschließlich der 1. Änderung erfassen, obwohl für den
Änderungsbereich andere, nämlich ausschließlich die in der Zeichnung zur 1. Änderung
dargestellten Festsetzungen gelten sollten.
Der Plan dürfte noch an einem weiteren Mangel leiden. Ausweislich des
Satzungsbeschlusses hat der Rat der Antragsgegnerin den Bebauungsplan Nr. 090, 1.
Änderung - "Heilungsplan" - neu beschlossen und zwar auch Blatt 1, wie aus der dem
Ratsbeschluss beigefügten Anlage 1 hervorgeht, die ausdrücklich auch als
"Heilungsplan" bezeichnet ist. Ein Ausfertigungsvermerk befindet sich jedoch lediglich
auf Blatt 2 des Änderungsplanes. Blatt 1 des Änderungsplans ist unverändert geblieben,
der darauf befindliche Ausfertigungsvermerk dokumentiert nur eine Ausfertigung vom
20. März 2003. Schließlich ist auch die erneute Bekanntmachung vom 30. September
2005 weder auf Blatt 1 noch auf Blatt 2 des Änderungsplans dokumentiert.
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Der gemäß § 214 Abs. 1 BauGB beachtliche Verfahrensfehler führt zur Unwirksamkeit
des Bebauungsplans Nr. 090, 1. Änderung - "Heilungsplan" -.
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Diese Unwirksamkeit führt zwangsläufig zur Unwirksamkeit auch des Ursprungsplans in
der Fassung des Heilungsplans. Wegen der Unwirksamkeit des Änderungsplans würde
der Ursprungsplan für das gesamte Plangebiet mit seinen Festsetzungen auch für den
Bereich des Änderungsplanes gelten. Denn der Ursprungsplan in der Fassung des
Heilungsplanes ist vom Rat ohne jeden Hinweis beschlossen worden, dass für einen
großen Teil des Plangebiets die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen gar keine
Geltung beanspruchen. Der Rat hat somit objektiv etwas beschlossen, was er gar nicht
beschließen wollte. Dies stellt einen Abwägungsfehler dar, der den gesamten
Ursprungsplan erfasst. Es kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass der
Rat den Bebauungsplan in seiner Ursprungsfassung ohne den Änderungsplan
beschließen wollte. Dies folgt schon daraus, dass der Ursprungsplan den I. bach in
seinem ursprünglichen Verlauf belässt, die Konstruktion der Brücke aber eine
Verlegung des Baches erforderlich machte, weshalb u. a. gerade das
Änderungsverfahren durchgeführt wurde. Zudem wolle der Rat das SO 2-Gebiet des
Ursprungsplanes nicht beibehalten, sondern den Bereich des Baumarktes als neues SO
1-Gebiet umplanen, die bisherigen Gewerbegebiete GE1 und GE2 im
Änderungsplanbereich als - neues - Sondergebiet SO 2 bzw. als ein neues GE1 Gebiet
ausweisen und die Straßenplanung ändern. Damit liegt ein erheblicher, weil
offensichtlicher und auch für das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesener
Abwägungsmangel vor, der zur Unwirksamkeit auch des Ursprungsplanes führt.
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Zur Vermeidung der Probleme mit einer gleichzeitigen Beschlussfassung sowohl des
Ursprungsplans als auch des Änderungsplans mit unterschiedlichen Festsetzungen für
einen Teil des Ursprungsplans hinsichtlich der erforderlichen Normenklarheit und
Bestimmtheit zwangsläufig entstehen, ist der Antragsgegnerin dringend zu empfehlen,
bei dem erneuten Offenlegungs- und Satzungsverfahren die Festsetzungen, die
maßgeblich sein sollen, in einer Planurkunde zusammenzufassen.
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Zur Vermeidung eines weiteren Normenkontrollverfahrens weist der Senat zur
materiellen Rechtslage auf Folgendes hin:
34
Zu den Rügen der Antragsteller hinsichtlich der Öffentlichkeitsbeteiligung im
Linienbestimmungsverfahren, zur städtebaulichen Rechtfertigung der Straßenplanung
und zur Rechtfertigung, das Grundstück der Antragsteller zu 1. nicht in den
Geltungsbereich des Bebauungsplans einzubeziehen, hat der 7a Senat im Urteil vom 3.
Dezember 2003 das Erforderliche gesagt.
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Die textlichen Festsetzungen sind hinreichend bestimmt und städtebaulich
gerechtfertigt. Anlass zu Ausführungen besteht nur insoweit, als die textlichen
Festsetzungen im ergänzenden Verfahren geändert worden sind; im Übrigen wird auf
das Urteil des 7a Senats vom 3. Dezember 2003 verwiesen.
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Die geänderten Festsetzungen im Ursprungsplan Nr. 090 in der Fassung des
"Heilungsplanes" betreffen die Nutzungen in den Gewerbegebieten GE1 und GE2.
Dass im GE1-Gebiet die gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässige
Nutzungsart "Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke"
nunmehr allgemein zulässig ist, begegnet ebenso keinen Bedenken, wie die Streichung
des Ausschlusses von Vergnügungsstätten. Es ist - so auch hier - gemäß § 1 Abs. 5
BauNVO grundsätzlich städtebaulich gerechtfertigt, Einzelhandel in einem
Gewerbegebiet auszuschließen, um ein Gebiet davor zu bewahren, dass
Einzelhandelsbetriebe dem produzierenden Gewerbe den Rang ablaufen.
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Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, BRS 62 Nr. 19.
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Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin den Einzelhandelsausschluss für die
Gewerbegebiete auch damit motiviert, dass der betroffene Bereich bereits einen
Versorgungsstandort mit überörtlicher Bedeutung darstellt, bei dem mit Blick auf die
nach § 2 Abs. 2 BauGB gebotene Rücksichtnahme auf die Belange der
Nachbargemeinden ein qualifizierter Abstimmungsbedarf besteht. Demgemäß sollen
über die bestehenden und hinsichtlich ihrer konkreten Ausgestaltung (Verkaufsflächen-
und Sortimentsbegrenzungen) mit den Nachbargemeinden abgestimmten
Sondergebiete hinaus keine weiteren Einzelhandelsnutzungen zugelassen werden.
Diese Erwägungen erweisen sich als hinreichend tragfähig, den
Einzelhandelsausschluss städtebaulich zu rechtfertigen. Dem steht nicht entgegen,
dass die Antragsgegnerin in den beiden Gewerbegebieten GE2a des Ursprungsplanes
"den Autohandel" zugelassen hat. Gemeint ist, wie aus dem Wortlaut der Festsetzung
und aus der Begründung hervorgeht, nur bereits bestehender Autohandel. Dieser ist in
seinem Bestand geschützt, neuer Autohandel ist nach Festsetzungen des Planes nicht
zulässig. Insoweit liegt keine dem grundsätzlichen Ausschluss des Einzelhandels
entgegenstehende Ausnahme vor.
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Abgesehen von dem oben dargelegten zur Unwirksamkeit führenden Abwägungsfehler
weisen der Bebauungsplan Nr. 090 und seine 1. Änderung - jeweils in der Fassung des
"Heilungsplanes" keine Abwägungsmängel auf. Der Rat der Antragsgegnerin hat die
Belange der Antragsteller, die allein Bedenken geltend gemacht haben, in nicht zu
beanstandender Weise abgewogen.
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Hinsichtlich der wiederum gerügten Unterlassung, Planungsalternativen in Betracht zu
ziehen, hat der 7a Senat in seinem Urteil vom 10. August 2000 - 7a D 162/98.NE -,
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bestätigt im Urteil vom 3. Dezember 2003, das Erforderliche gesagt. Angesichts dessen
brauchte sich der Rat der Antragsgegnerin im vorliegenden Planverfahren mangels
neuer Erkenntnisse nicht erneut damit auseinander zusetzen.
Auch hinsichtlich der von den Antragstellern wiederum betonten erdrückenden Wirkung
des Brückenbauwerks kann der erkennende Senat auf die Ausführungen des 7a Senats
in den oben genannten Urteilen verweisen. Dafür, dass insbesondere die Antragstellerin
zu 2. dadurch zusätzlich belastet ist, dass das Brückenbauwerk nunmehr nicht teilweise
in Dammlage, sondern durchgehend auf Stützpfeilern errichtet wird, gibt es keine
Anhaltspunkte.
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Gleiches gilt für den Lärmschutz.
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Die Antragsteller rügen zunächst wiederum, die Höhenlage der Brücke sei nicht
hinreichend festgelegt. Nach Nr. 5.1 der Begründung zum Bebauungsplan Nr. 090 -
Heilungsplan - solle lediglich informativ in die Plandarstellung zum Bebauungsplan ein
Schnitt durch das Brückenbauwerk sowie eine Ansicht aufgenommen werden. Eine
informative Darstellung zur Brücke reiche jedoch nicht aus. Bautechnische Merkmale
der künftigen Straße/Brücke seien festzulegen, um u. a. auch den Nachweis zu
erbringen, inwieweit diese Daten auch Grundlage der Lärmprognose sowie der
notwendigen Lärmschutzmaßnahmen und der thermischen Untersuchung seien. Dies
fehle in dem angegriffenen Bebauungsplan.
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Anders als der Bebauungsplan Nr. 090 in seiner Ursprungsfassung enthält die
Planurkunde des "Heilungsplanes" in Blatt 1 allerdings keine Festsetzung der
Höhenlage in der "Ansicht Brücke L 113 (von Nordosten)" mehr. Diese Festsetzungen
befinden sich nunmehr aber auf Blatt 3 des "Heilungsplanes". Die dortigen
Höhenangaben im "Längsschnitt" sind Festsetzungen. Blatt 3 dient nicht lediglich zur
Information, sondern ist ausdrücklich zum Bestandteil der Satzung gemacht worden. Es
enthält zwar auch rechtlich nicht verbindliche Darstellungen, wie die unvermaßte
"Ansicht von Osten" und den "Regelquerschnitt", der als Querschnitt nur ein Beispiel
sein kann, wie auch die Angaben zur Straßenbreite mit "variabel" zeigen. Die Angaben
zur Höhe und zur Steigung bzw. zum Gefälle der Fahrbahn sind dagegen nach
Auffassung des Senats Festsetzungen, wie in der mündlichen Verhandlung im
Einzelnen dargelegt worden ist. Die gegenüber dem Schallgutachten abweichende
Höhenangabe der Lärmschutzwand von 1,20 m in Blatt 3 des Bebauungsplans Nr. 090 -
"Heilungsplan" - erklärt sich zwanglos daraus, dass die Straßenbauverwaltung
offensichtlich, wie die Ausweisung eines Geländers in derselben Höhe auf der anderen
Seite der Brücke zeigt, eine Absturzsicherung in dieser Höhe für erforderlich hält. Selbst
wenn man mit den Antragstellern insoweit unterschiedliche Festsetzungen auf den
Blättern 2 und 3 des Bebauungsplans annehmen wollte, ist dies für
Abwägungsentscheidung ohne Belang, da dem Lärmschutz der Anwohner bereits mit
der Festsetzung einer Lärmschutzwand von 1 m Höhe genügt ist. Auch im Übrigen ist
nicht erkennbar, dass sich die Änderungen am Brückenbauwerk (Pfeiler statt
Dammlage) zu Lasten des Lärmschutzes der Antragsteller auswirken. Warum bei einer
Querneigung der Brücke von teilweise 6 % ein Zuschlag erforderlich sein soll, wie er bei
Steigungen/Gefällen von mehr als 5 % vorzunehmen ist, legen die Antragsteller nicht
dar und ist nach dem Verfahren Nr. 4.3 der RLS-90 zur Berechnung des
Mittelungspegels bei einstreifigen Straßen auch nicht ersichtlich. Wegen der
Einzelheiten wird auf das Urteil des 7a Senats vom 3. Dezember 2003 verwiesen.
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Soweit die Antragsteller Abweichungen zwischen den aus Blatt 1 des Ursprungsplans
herausmessbaren Brückenquerschnitten und den Angaben auf Blatt 3 "Grundriss"
rügen, unterliegen sie mehrfachen Irrtümern, indem sie beispielsweise den Angaben
über die Gesamtbreite der Brücke noch die Breite der Bürgersteige hinzurechnen (bei
Beginn und Ende des Brückenbauwerkes) oder die Breite der Brückenpfeiler als
Fahrbahnbreite ansehen (über dem I. bach und über dem T.-------weg ). Die Rügen zu
den unterschiedlichen Höhenangaben zu Anfang und zum Ende der Brücke gegenüber
den Werten des Schallgutachtens berücksichtigen nicht die Umplanung. Die
Höhenangaben auf Blatt 3 "Längsschnitt" stimmen weitestgehend mit dem des
Schallgutachtens überein. Dieses bezeichnet das in Dammlage verlaufende
Brückenbauwerk allerdings noch nicht als "Brücke".
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Eine zusätzliche Straße unterhalb der Brücke sieht das Planungsvorhaben nicht vor.
Eine derartige Straße ist nicht festgesetzt. Dort, wo nach übereinstimmenden
Bekundungen der Beteiligten nunmehr eine - private - Straße verläuft, ist im
Bebauungsplan eine öffentliche Grünfläche festgesetzt. Eine Nutzung durch eine Straße
ist nicht zugelassen.
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Die Rüge der Antragsteller, die festgesetzte Brückenhöhe genüge nicht den
Anforderungen des Zugverkehrs, trifft nicht zu. Maßgebend für die Annahme der
Antragsteller ist ihre nicht nachvollziehbare Behauptung einer Wagenhöhe von 7,5 m.
Der Landesbetrieb Straßenbau gibt den notwendigen Abstand zwischen
Schienenoberfläche und Konstruktionsunterkante der Brücke mit 4,90 m an. Die im Plan
festgesetzte Brückenhöhe ermöglicht auch noch eine Elektrifizierung des
Bahnbetriebes.
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Abwägungsgerecht ist auch der Ausschluss der Einzelhandelsnutzung in den
Gewerbegebieten. Der Rat der Antragsgegnerin konnte berücksichtigen, dass eine
Einzelhandelsnutzung im gewerblichen Gebäude der Antragstellerin zu 2. bislang nicht
stattgefunden hat. Die frühere Nutzung eines Teils des Gebäudes durch die Firma R.
beinhaltete entgegen dem Vortrag der Antragsteller keine Einzelhandelsnutzung,
sondern einen technischen Kundendienst mit untergeordnetem Verkauf. Im Übrigen ist
diese Nutzung schon vor Jahren aufgegeben worden. Dass sich das Gebäude der
Antragstellerin zu 2. für eine Einzelhandelsnutzung nicht gerade anbietet, hat der 7a
Senat im Beschluss vom 24. November 2004 - 7a B 2296/04.NE - ausgeführt.
Demgegenüber eröffnet der Bebauungsplan durch die Zulassung von sportlichen
Anlagen (z. B. Fitnesscenter) und Vergnügungsstätten weitere Nutzungsmöglichkeiten,
die über die Nutzung durch Dienstleistungsbetriebe hinausgehen.
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Wieso sich aus dem Behindertengleichstellungsgesetz ein Verbot ergeben soll, eine
bestehende Straße abzubinden bzw. eine Verpflichtung ergibt, Ersatz durch eine
Unterführung zu schaffen, erschließt sich aus dem Vorbringen der Antragsteller nicht
und ist auch sonst nicht ersichtlich.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Sätze 1 und 2 VwGO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO iVm §§
708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht gegeben sind.
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