Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 26.04.1999

OVG NRW (antragsteller, überwiegende wahrscheinlichkeit, anlage, verwaltungsgericht, zweifel, annahme, lärm, windenergieanlage, immissionsgrenzwert, vegetation)

Oberverwaltungsgericht NRW, 10 B 572/99
Datum:
26.04.1999
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
10 B 572/99
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Minden, 9 L 2031/98
Tenor:
Der Zulassungsantrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens
einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,- DM
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der Zulassungsantrag ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe
liegen nicht vor.
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses bestehen aus den
allein dargelegten Gründen nicht (§ 146 Abs. 4, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Für ernstlich
zweifelhaft hält der Antragsteller die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Betrieb der
genehmigten Windkraftanlage werde nicht zu unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen in
der Nacht führen, weil der einzuhaltende Lärmrichtwert von 45 dB(A) nach der
vorgelegten Schallimmissionsberechnung der Windtest K. -W. - K. GmbH von November
1998 nicht überschritten werde. Der Antragsteller wiederholt im wesentlichen seine
Einwände gegen die Brauchbarkeit und die Aussagekraft dieser
Schallimmissionsberechnung, die er bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen
hat. Diese Einwände ergeben aber keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, die
Schallimmissionsberechnung könne ungeeignet sein, die Prognose zu tragen, der
Betrieb der Anlage werde auf dem Grundstück des Antragstellers voraussichtlich nicht
zu unzumutbaren Lärmbelästigungen führen.
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Der Antragsteller beanstandet, die Schallimmissionsberechnung berücksichtige die
Besonderheiten des Einzelfalles nicht, gehe vielmehr von unzutreffenden Prämissen
aus. Was mit den Besonderheiten des Einzelfalles gemeint ist, wird in der Antragsschrift
selbst nicht recht deutlich. Immerhin verweist der Antragsteller auf die Entscheidung
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OVG NW, Beschluß vom 9. September 1998 - 7 B 1591/98 - Seite 4 des
Entscheidungsabdrucks.
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Danach sind als Umstände des jeweiligen Einzelfalles in den Blick zu nehmen die
Emissionen des konkreten Anlagentyps einerseits und die (konkrete) Qualifizierung der
jeweiligen Rechtsposition des Nachbarn andererseits. Diesen Vorgaben folgt die
Schallimmissionsberechnung. Sie stellt auf die Emissionen einer Anlage des Typs ab,
wie sie hier errichtet werden soll. Die Abwehrposition des Antragstellers wird als
diejenige des Inhabers eines landwirtschaftlichen Betriebs im Außenbereich qualifiziert.
Gegen beide Ansätze bringt der Zulassungsantrag nichts vor.
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Soweit der Antragsteller darüber hinaus in diesem Zusammenhang, aber auch sonst in
seiner Antragsschrift die Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles vermißt,
zielt er auf einen anderen Punkt. Er meint, die Schallimmissionsberechnung habe die
vorhandene Vegetation und Topographie unzutreffend berücksichtigt. Hierauf ist bereits
das Verwaltungsgericht ausreichend eingegangen. Die Schallimmissionsberechnung
beruht auf der Annahme freier Schallausbreitung, d.h. auf einer Ausbreitung des
Schalles ohne Dämpfung durch Bewuchs und Bebauung. Bei Annahme freier
Schallausbreitung kommt die Schallimmissionsberechnung unter Berücksichtigung aller
vorhandenen, geplanten und genehmigten Windenergieanlagen am Standort K.
bezogen auf das Gehöft des Antragstellers zu einem Beurteilungspegel von 38,8 dB(A),
der von dem einzuhaltenden Immissionsgrenzwert von 45 dB(A) nachts deutlich entfernt
ist. Lediglich zusätzlich verweist die Schallimmissionsberechnung darauf, Lärm von der
genehmigten Windenergieanlage werde auf das Gehöft (Wohnteil) des Antragstellers
aufgrund der vorhandenen starken Vegetation und des vorgelagerten Betriebsgebäudes
und dadurch bedingter Umgebungsgeräusche wahrscheinlich bei höheren
Windgeschwindigkeiten verdeckt. Ob diese Bedingungen tatsächlich richtig erfaßt sind,
konnte das Verwaltungsgericht aber offenlassen, weil - wie erwähnt - auch bei freier
Ausbreitung der Immissionsgrenzwert deutlich eingehalten ist.
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Der Antragsteller bemängelt ferner, die Ergebnisse der Schallimmissionsberechnung
bezögen sich auf "Mitwindbedingungen", also auf den Fall, daß der Wind aus Richtung
der Windenergieanlage zum Gehöft des Antragstellers weht. Dieser Ansatz entspricht,
wie der Antragsteller einräumt, dem einschlägigen technischen Regelwerk (VDI-
Richtlinie 2714 "Schallausbreitung im Freien"). Es erscheint auch ohne weiteres
plausibel, daß Lärm sich mit dem Wind stärker ausbreitet, also eine Lage des
Immissionspunktes in Windrichtung von der Lärmquelle aus gesehen nachteiliger ist.
Allein mit der Behauptung, er empfinde den Lärm bei Gegenwindbedingungen als
stärker, kann der Antragsteller ernstliche Zweifel an dem einschlägigen technischen
Regelwerk und seiner Verwertbarkeit nicht begründen.
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Der Antragsteller rügt ferner, die Schallimmissionsberechnung lege Lärmmessungen an
einer anderen Anlage des hier in Rede stehenden Typs zugrunde, die eine
Windgeschwindigkeit von 10 m pro Sekunde berücksichtigten. Er hält demgegenüber für
richtig, die Lärmimmissionen bei solchen Windgeschwindigkeiten zu berücksichtigen,
bei denen die Anlage ihre Nennleistung (Maximalleistung) erreiche. Das seien
Windgeschwindigkeiten von 14 bis 16 m pro Sekunde. Ein Widerspruch besteht
insoweit aber nicht. Den Lärmmessungen liegen Windgeschwindigkeiten bezogen auf
eine Höhe von 10 m zugrunde. Sie sind nach den einschlägigen technischen
Regelwerte auf Nabenhöhe und die dort höheren Windgeschwindigkeiten
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hochgerechnet. Es bestehen keine durchgreifenden Anhaltspunkte dagegen, daß damit
die Lärmemissionen bei Windgeschwindigkeiten erfaßt sind, bei denen die Anlage im
Bereich der Nennleistung arbeitet.
Die Rechtssache weist nicht die geltend gemachten besonderen tatsächlichen und
rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die Rügen des
Antragstellers ergeben keine Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die
den Ausgang eines Beschwerdeverfahrens offen erscheinen lassen.
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 146 Abs. 6 Satz 2, § 124a
Abs. 2 Satz 2 VwGO ab.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung
des Streitwerts folgt aus § 20 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
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Dieser Beschluß ist unanfechtbar.
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