Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 21.12.2004

OVG NRW: amt, durchschnitt, beförderung, beurteilungsspielraum, inhaber, benotung, rückgriff, ausnahme, mitbewerber, erlass

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberverwaltungsgericht NRW, 6 B 2587/04
21.12.2004
Oberverwaltungsgericht NRW
6. Senat
Beschluss
6 B 2587/04
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 1 L 1888/04
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit
Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese trägt
die Beigeladene selbst.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 EUR
festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist nicht begründet. Die auf die dargelegten Gründe beschränkte
Überprüfung der angefochtenen Entscheidung (§ 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 der
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) führt nicht zu einem Erfolg des Rechtsmittels.
Das Verwaltungsgericht hat dem sinngemäß gestellten Antrag,
dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die zum
00.00.00 frei werdende Planstelle der Besoldungsgruppe A 11 mit einer Mitbewerberin
oder einem Mitbewerber zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers erneut
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts entschieden ist,
mit der Begründung stattgegeben, neben einem Anordnungsgrund sei auch ein
Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht: Die Voraussetzungen für den Erlass der
begehrten einstweiligen Anordnung seien erfüllt, weil sich die Auswahlentscheidung des
Antragsgegners als rechtsfehlerhaft erweise. Dabei könne offen bleiben, ob dies bereits
daraus folge, dass sich der Antragsgegner nicht mit einer sich hinsichtlich der aktuellen
Beurteilungen (Gesamturteil für den Antragsteller und die Beigeladene: jeweils "3 Punkte")
möglicherweise aufdrängenden inhaltlichen Ausschärfung auseinandergesetzt habe.
Ebenfalls könne offen gelassen werden, ob der vom Antragsgegner in Bezug auf die
Vorbeurteilungen vom 00.00.00 (Gesamturteil für den Antragsteller: "insgesamt erheblich
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über dem Durchschnitt", für die Beigeladene: "erheblich über dem Durchschnitt")
vorgenommene Rückgriff auf die Binnendifferenzierung zulässig gewesen sei. Jedenfalls
ergebe sich die Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung daraus, dass der Antragsgegner
bei seinem Qualifikationsvergleich nicht berücksichtigt habe, dass die Vorbeurteilungen in
unterschiedlichen Statusämtern erfolgt seien und er dadurch den ihm eingeräumten
Beurteilungsspielraum fehlerhaft ausgenutzt habe. Die Beigeladene sei erst im Februar
20.., also innerhalb des Beurteilungszeitraums der aktuellen Beurteilung, zur
Regierungsoberinspektorin befördert worden, während der Antragsteller dieses Amt bereits
seit März 19.. bekleide. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass einer gleichen
Benotung in einem höheren Statusamt im Leistungsvergleich regelmäßig ein höheres
Gewicht beizumessen sei. Gesichtspunkte, die vorliegend die Annahme eines
Ausnahmefalls rechtfertigten, seien nicht ersichtlich. Der Fehler des Antragsgegners sei
kausal für die Auswahlentscheidung gewesen. Es erscheine ferner nicht als
ausgeschlossen, dass der Antragsteller nach Beseitigung des Mangels den Vorzug vor der
Beigeladenen erhalten werde. Abgesehen davon habe der Antragsteller jedenfalls deshalb
einen Qualifikationsvorsprung, weil er in der Beurteilung zum Stichtag 00.00.00 (als
Regierungsoberinspektor) das Gesamturteil "insgesamt erheblich über dem Durchschnitt"
erhalten habe, während die Beigeladene (als Regierungsinspektorin) im Gesamturteil mit
"uneingeschränkt über dem Durchschnitt" benotet worden sei.
Mit seiner Beschwerde macht der Antragsgegner geltend: Das Verwaltungsgericht sei
fälschlicherweise davon ausgegangen, dass bei ihm, dem Antragsgegner, eine
Dienstpostenbewertung vorliege und eine Beförderung mit der Übernahme eines anderen
Aufgabengebietes verbunden sei. Das sei jedoch nicht der Fall. Die Beigeladene und der
Antragsteller würden im Falle einer Beförderung weiterhin ihre bisherigen Tätigkeiten
ausüben. Auch der dem Antragsteller in der erstinstanzlichen Entscheidung unterstellte
"Amtsvorsprung" sei allein auf die falschen Grundannahmen des Verwaltungsgerichts
zurückzuführen. Sowohl der Antragsteller als auch die Beigeladene seien in den für ihre
früheren Beurteilungen maßgeblichen Zeiträumen stets im selben Arbeitsgebiet
(Antragsbearbeitung) tätig gewesen. Der einzige Unterschied ihrer Tätigkeit habe darin
gelegen, dass sie für jeweils andere Buchstabengebiete zuständig gewesen seien. Eine
Vergleichbarkeit der Beurteilungen sei somit durchaus gegeben gewesen.
Damit ist nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht den Antrag auf Gewährung
einstweiligen Rechtsschutzes hätte ablehnen müssen.
Ausgangspunkt der Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Antragsgegner habe den
ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum fehlerhaft ausgenutzt, weil er bei seinem
Qualifikationsvergleich nicht berücksichtigt habe, dass die Vorbeurteilungen vom 00.00.00
in unterschiedlichen Statusämtern erfolgt seien, ist die zutreffende Annahme, dass der
dienstlichen Beurteilung des Inhabers eines höherwertigen Amtes gegenüber der
gleichlautenden dienstlichen Beurteilung eines Mitbewerbers im Allgemeinen ein größeres
Gewicht zukommt.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Juli 2004 - 6 B 1212/04 - m. w. N.
Letzterem liegt die Überlegung zugrunde, dass der Maßstab für die dienstlichen
Anforderungen im Blick auf das innegehaltene Amt im statusrechtlichen Sinne zu
bestimmen ist. Die Leistungsbeurteilung darf sich daher nicht darin erschöpfen, die Frage
zu beantworten, wie der Beamte die Aufgaben seines konkreten Dienstpostens erfüllt hat.
Vgl. Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Stand:
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September 2004, Rdnrn. 255, 292 und 81.
Mit diesen rechtlichen Vorgaben steht die Auffassung des Antragsgegners nicht im
Einklang, der Umstand, dass der Antragsteller im - für die Beurteilungen vom 00.00.00 -
maßgeblichen Beurteilungszeitraum ein höheres Statusamt als die Beigeladene
innegehabt habe, sei für den Qualifikationsvergleich ohne Belang, weil die Beurteilten in
dem einschlägigen Zeitraum im selben Arbeitsgebiet tätig gewesen seien. Eine solche
Sicht lässt rechtsirrig außer Acht, dass die Maßstäbe, die bei der Beurteilung des Inhabers
des höheren statusrechtlichen Amtes zugrunde gelegt werden, andere - nämlich strengere -
sind als die, die hinsichtlich des in dem niedrigeren Amt befindlichen Beamten zur
Anwendung kommen. Die Leistungen des Beamten werden grundsätzlich jeweils mit
denen der im selben statutsrechtlichen Amt befindlichen Beamten verglichen.
Auch daraus, dass der Grundsatz, bei gleichlautender Beurteilung komme dem Inhaber
eines höherwertigen Amtes ein Qualifikationsvorsprung zu, nicht ausnahmslos gilt,
vielmehr im Einzelfall ein Ausgleich durch die besondere Eignung des Mitbewerbers für
das angestrebte Amt möglich ist,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Juli 2004 - 6 B 1212/04 - m. w. N.,
ergibt sich vorliegend nichts zugunsten des Antragsgegners. Denn derartige
Gegebenheiten hat der Antragsgegner nicht dargetan.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 53
Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes.