Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 25.03.2003

OVG NRW: öffentliche sicherheit, aufschiebende wirkung, hund, gefahr, mehrbelastung, haus, umzäunung, wild, verwaltungsakt, beschwerdeschrift

Oberverwaltungsgericht NRW, 5 B 328/03
Datum:
25.03.2003
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
5. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 B 328/03
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 20 L 2852/02
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des
Verwaltungsgerichts Köln vom 23. Januar 2003 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz.
Der Streitwert wird auch für das Verfahren zweiter Instanz auf 2.000,--
EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
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Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.
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Das Verwaltungsgericht hat den - sinngemäß gestellten - Antrag der Antragstellerin,
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die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 21. Oktober 2002 gegen die
Verfügung der Antragsgegnerin vom 9. Oktober 2002 wiederherzustellen bzw.
anzuordnen,
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zu Recht abgelehnt. Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung
zwischen dem privaten Interesse des Betroffenen, von dem Sofortvollzug bis zum
Abschluss des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben, und dem öffentlichen
Interesse an der sofortigen Durchsetzung der für notwendig gehaltenen Maßnahmen
fällt zu Lasten der Antragstellerin aus. Die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin ist -
entgegen der Auffassung der Antragstellerin in der Beschwerdeschrift - nicht
offensichtlich rechtswidrig.
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Ermächtigungsgrundlage für die Verpflichtung der Antragstellerin, ihren Hund "N. "
entsprechend der Ordnungsverfügung anzuleinen und einen Maulkorb anzulegen, ist §
12 Abs. 1 des am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Hundegesetzes für das Land
Nordrhein-Westfalen (LHundG NRW) vom 18. Dezember 2002 (GV.NRW. S. 656). Zwar
hat die Antragsgegnerin ihre Ordnungsverfügung vom 9. Oktober 2002 auf § 14 OBG
NRW gestützt. Diese Rechtsgrundlage trägt das in die Zukunft fortwirkende Gebot
freilich nicht mehr, weil insoweit die speziellere Vorschrift des § 12 Abs. 1 LHundG
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NRW eingreift. Der Senat ist jedoch auch ohne eine diesbezügliche Erklärung der
Antragsgegnerin nicht gehindert, § 12 Abs. 1 LHundG NRW als
Ermächtigungsgrundlage heranzuziehen, weil hierdurch der Verwaltungsakt nicht in
seinem Wesen geändert und die Antragstellerin in ihrer Rechtsverteidigung nicht
beeinträchtigt wird.
Gemäß § 12 Abs. 1 LHundG NRW kann die zuständige Behörde die notwendigen
Anordnungen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche
Sicherheit abzuwehren. Wie das Verwaltungsgericht dargelegt hat, ist nach dem
bisherigen Sach- und Streitstand offen, ob von dem Hund der Antragstellerin eine
Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht. Immerhin hat die Antragsgegnerin in der
angegriffenen Ordnungsverfügung mehrere Vorfälle im Einzelnen aufgeführt, an denen
der Hund der Antragstellerin beteiligt gewesen sein und in deren Verlauf er Menschen
sowie anderen Hunden Verletzungen zugefügt haben soll. Im Übrigen sei er bei der
Verfolgung von Wild beobachtet worden. Die Angaben der Antragsgegnerin sind auf
entsprechende Aussagen verschiedener Personen, die wegen des Hundes der
Antragstellerin vorstellig geworden waren, gestützt. Vor diesem Hintergrund kann auch
unter Berücksichtigung der Bescheinigung des Amtstierarztes vom 26. April 2001 und
dessen Vermerk vom 3. Mai 2001 sowie der von der Antragstellerin im Verfahren des
vorläufigen Rechtsschutzes erster und zweiter Instanz vorgelegten Unterlagen und
Erklärungen anderer Personen nicht ausgeschlossen werden, dass von dem Hund der
Antragstellerin ohne Beachtung der mit der Ordnungsverfügung auferlegten
Einschränkungen eine Gefahr für andere Tiere oder gar Menschen ausgeht. Die
notwendige Aufklärung bleibt daher dem Widerspruchs- und gegebenenfalls einem
Hauptsacheverfahren vorbehalten.
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Entgegen der Antragsschrift ist die wegen der unklaren Sachlage notwendige, vom
Verwaltungsgericht vorgenommene weitere Abwägung zwischen dem öffentlichen
Vollzugsinteresse und dem privaten Aussetzungsinteresse der Antragstellerin frei von
rechtlichen Bedenken. Insbesondere wertet das Verwaltungsgericht zu Recht den in der
Ordnungsverfügung auferlegten Leinen- und Maulkorbzwang als nur geringfügig
belastend. In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass das von
der Antragstellerin bewohnte Haus nach deren eigenen Angaben über einen etwa 2.000
m² großen Garten verfügt. Nach dem Vermerk des städtischen Amtstierarztes vom 7.
Dezember 2000 ist die Umzäunung des Grundstücks der Antragstellerin ausbruchsicher
gestaltet. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass der Hund der Antragstellerin
sich in deren Garten ohne Maulkorb hinreichend bewegen kann.
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Schließlich hat das Verwaltungsgericht nicht verkannt, dass die in der
Ordnungsverfügung ausgesprochene Leinenpflicht über die in § 11 Abs. 6 LHundG
NRW normierte Anleinpflicht hinausgeht. Es hat insoweit vielmehr zutreffend festgestellt,
dass bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmenden Abwägung
der Belange auf Seiten der Antragstellerin nur die von der Ordnungsverfügung
ausgehende Mehrbelastung im Verhältnis zu der sich bereits aus der gesetzlichen
Regelung ergebenden Anleinpflicht berücksichtigt werden darf.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 14 Abs. 1, 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG.
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Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG unanfechtbar.
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