Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 07.07.2008

OVG NRW: genehmigung, berechtigung, betreiber, eigentümer, eigenschaft, widmung, eigentum, befristung, betriebsführung, hindernis

Oberverwaltungsgericht NRW, 20 A 802/07
Datum:
07.07.2008
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
20. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
20 A 802/07
Tenor:
Der Antrag wird auf Kosten des Beklagten abgelehnt.
Der Streitwert beträgt auch im Berufungszulas-sungsverfahren 5.000,--
Euro.
G r ü n d e
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Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist zwar fristgerecht gestellt und begründet worden.
Jedoch liegen die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vor.
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO) ruft das Antragsvorbringen nicht hervor. Das Verwaltungsgericht hat den
Beklagten verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Genehmigung
nach § 6 AEG für das Betreiben einer Eisenbahninfrastruktur auf der Strecke P. -
X. hinsichtlich der zeitlichen Befristung unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts erneut zu entscheiden. Hierbei hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass
die zivilrechtliche Berechtigung der Klägerin zur Nutzung der im Eigentum Dritter
stehenden Eisenbahninfrastruktur keine Voraussetzung ist für die Erteilung der
Genehmigung nach § 6 AEG für das Betreiben der Eisenbahninfrastruktur; die mit der
Klage angegriffene Befristung der Genehmigung hat das Verwaltungsgericht daher als
ermessensfehlerhaft beurteilt. Ferner hat das Verwaltungsgericht ein offensichtliches
Fehlen der zivilrechtlichen Berechtigung der Klägerin zur Nutzung der
Eisenbahninfrastruktur verneint. Die hiergegen vorgebrachte Kritik des Beklagten führt
nicht auf ernstliche Zweifel.
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Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts folgt den Grundsätzen, die in der
Rechtsprechung zu Sachverhalten entwickelt worden sind, bei denen um die Zulassung
eines Vorhabens gestritten wird, dessen Verwirklichung Hinderungsgründe jenseits des
Verfahrensgegenstandes entgegen stehen können. Insofern gilt, dass der Träger des
Vorhabens u. a. dann kein schutzwürdiges Sachbescheidungsinteresse an der
beanspruchten Zulassung eines Vorhabens haben kann, wenn das Vorhaben die
Inanspruchnahme fremden Grundeigentums erfordert und die zivilrechtlichen
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Verhältnisse eine solche Inanspruchnahme hindern. Entscheidend für das Fehlen des
Sachbescheidungsinteresses in einem solchen Fall ist, ob sich das zivilrechtliche
Hindernis schlechterdings nicht ausräumen lässt.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. August 1993 – 7 B 123.93 –, ZfW 1994,
333; Urteil vom 24. Oktober 1980 – 4 C 3.78 –, NJW 1981, 2426.
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Denn in einer solchen Situation ist die Zulassung des Vorhabens letztlich nutzlos, weil
es an Umständen scheitert, die nicht Gegenstand des Zulassungsverfahrens sind. Es ist
Sache des Vorhabenträgers, sich eine außerhalb des Gegenstandes des Verfahrens
liegende zivilrechtliche Berechtigung zur Verwirklichung seines Vorhabens zusätzlich
zu der beanspruchten Zulassung zu verschaffen; gelingt ihm das nicht, kann er die
Zulassung nicht zur Umsetzung des Vorhabens ausnutzen.
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Der Beklagte macht nicht geltend, dass das von der Klägerin beabsichtigte Betreiben
der infrage stehenden Eisenbahninfrastruktur entgegen der Auffassung des
Verwaltungsgerichts an einem im vorstehenden Sinne nicht ausräumbaren Hindernis
der mangelnden zivilrechtlichen Befugnis zur Inanspruchnahme scheitert mit der Folge,
dass die Klägerin von der Genehmigung nach § 6 AEG aus außerhalb deren
Gegenstandes liegenden Gründen keinen Gebrauch machen kann. Insbesondere tritt
der Beklagte nicht den Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu Ungewissheiten
hinsichtlich der Wirksamkeit der Kündigung des mit der Klägerin über die
Eisenbahninfrastruktur geschlossenen Mietvertrages entgegen. Er beruft sich auch nicht
darauf, dass der Eigentümer der Eisenbahninfrastruktur offensichtlich nicht verpflichtet
sei, deren Betreiben durch die Klägerin unter dem Blickwinkel erfolgter Planfeststellung
und Widmung zu dulden; insofern zieht der Beklagte derartige Rechtswirkungen der
Widmung lediglich in Zweifel. Vielmehr stützt der Beklagte sein
Berufungszulassungsbegehren darauf, die Erteilung der Genehmigung sei von der
zivilrechtlichen Befugnis zur Nutzung der Eisenbahninfrastruktur abhängig. Er hält die in
§ 6 AEG normierten Genehmigungsvoraussetzungen nicht für abschließend und sieht
im Fehlen der zivilrechtlichen Nutzungsbefugnis einen die Erteilung der Genehmigung
zwingend hindernden, also der Stufe der Ausübung von Ermessen vorgelagerten
Versagungsgrund. Damit stellt er nicht die richtige Anwendung der oben bezeichneten
Grundsätze in Frage, sondern deren Anwendbarkeit.
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Ernstliche Zweifel am Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, die zivilrechtliche
Berechtigung der Klägerin zur Inanspruchnahme der im Genehmigungsantrag
bezeichneten Eisenbahninfrastruktur liege außerhalb des Gegenstandes des
Genehmigungsverfahrens, bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens des
Beklagten indessen ebenfalls nicht. Genehmigungsbedürftig ist, soweit vorliegend von
Belang, das Betreiben von Schienenwegen, Steuerungs- und Sicherungssystemen oder
Bahnsteigen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AEG); die Genehmigung wird
Eisenbahninfrastrukturunternehmen für das Betreiben einer bestimmten
Eisenbahninfrastruktur erteilt (§ 6 Abs. 3 Nr. 3 AEG). Die
Genehmigungsvoraussetzungen sind, soweit entscheidungserheblich, aufgeführt in § 6
Abs. 2 Satz 1 AEG. Danach wird die Genehmigung auf Antrag erteilt, wenn u. a. der
Antragsteller als Unternehmer zuverlässig (Nr. 1) und finanziell leistungsfähig (Nr. 2) ist,
er oder die für die Führung der Geschäfte bestellten Personen die erforderliche
Fachkunde haben (Nr. 3) und damit die Gewähr für eine sichere Betriebsführung
geboten ist. Die Genehmigung ist hiernach ausgestaltet als präventiver
Erlaubnisvorbehalt im Sinne einer gebundenen Entscheidung, auf deren Erteilung in
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Abhängigkeit vom Vorliegen bestimmter Tatbestandsmerkmale ein Rechtsanspruch
besteht. Eine Ablehnung der Genehmigung aus Gründen, die nicht diesen
Tatbestandsmerkmalen – oder weiteren, hier nicht entscheidungserheblichen
normativen Anforderungen – unterfallen, scheidet nach dem Grundsatz des Vorbehaltes
des Gesetzes aus; die sich aus diesem Grundsatz für Verwaltungshandeln ergebenden
Grenzen sind zwar in Auslegung der maßgeblichen Vorschriften zu bestimmen, lassen
sich aber auch nicht im Wege richterlicher Rechtsfortbildung überwinden (vgl. Art. 12,
20, 49).
Es kann auf sich beruhen, ob das Zulassungsvorbringen des Beklagten, der sich
hinsichtlich der gesetzlichen Grundlagen der von ihm vertretenen Auffassung im
wesentlichen thesenartig ohne nähere Erläuterungen auf die Wiedergabe eines der
Auffassung des Verwaltungsgerichts entgegengesetzten Rechtsstandpunkts
beschränkt, dem Darlegungsgebot genügt. Nimmt man dies zugunsten des Beklagten
an, ist die Richtigkeit der Auffassung des Verwaltungsgerichts jedenfalls nicht in einer
Weise erschüttert, die ernstliche Zweifel oder zumindest einen weitergehenden
Klärungsbedarf aufkommen lässt, dem in einem Berufungsverfahren nachzugehen
wäre. Die Vorstellung des Beklagten von der Entscheidungsrelevanz der zivilrechtlichen
Nutzungsbefugnis auf Tatbestandsebene findet im Gesetz keinen tragfähigen
Anknüpfungspunkt.
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Der klare Wortlaut und systematische Zusammenhang des § 6 Abs 2 AEG ergibt ohne
weiteres das Bild eines in sich geschlossenen Katalogs von Anforderungen. Die
Ableitung nicht unmißverständlich im Katalog angelegter Voraussetzungen für die
Genehmigung mit den Mitteln der Auslegung ist ohne zweifelsfreie Anhaltspunkte für
eine sonst bestehende Gesetzeslücke nicht möglich. Dem Wortlaut nach enthält § 6
Abs. 2 Satz 1 AEG auf die Person des jeweiligen Antragstellers bezogene Kriterien, die
nicht die Frage der zivilrechtlichen Nutzungsberechtigung hinsichtlich der
Eisenbahninfrastruktur betreffen. Zuverlässigkeit, finanzielle Leistungsfähigkeit und
Fachkunde sind, wie auch die damit herbeizuführende Gewähr für eine sichere
Betriebsführung verdeutlicht, Voraussetzungen, die auf eine ordnungsgemäße,
namentlich sichere, Durchführung des Betriebes zielen. Bestätigt wird das durch die auf
der Grundlage der Verordnungsermächtigung nach § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AEG zur
Konkretisierung der Anforderungen nach § 6 Abs. 2 AEG erlassenen Kriterien der §§ 1
bis 3 der Eisenbahnunternehmer–Berufszugangsverordnung, die ihrerseits wiederum –
allerdings lediglich auf Eisenbahnunternehmen im Sinne von
Eisenbahnverkehrsunternehmen bezogene – gleichgerichtete europarechtliche
Vorgaben der Richtlinie 95/18/EG des Rates vom 19. Juni 1995 umsetzt. Das
Verständnis der Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 AEG nach der
Wortbedeutung dieser Vorschrift wird bekräftigt dadurch, dass § 6 AEG einschließlich
dessen Absatzes 2 Satz 1 konzipiert ist als Regelung zur präventiven Überprüfung der
Anforderungen, die sich bei der Ausübung unternehmerischer Betätigungen im
Verkehrsgewerbe allgemein stellen. Inhaltlich lehnt sich § 6 Abs. 2 AEG an an
vergleichbare Bestimmungen in anderen Bereichen des Verkehrsgewerberechts (vgl.
etwa § 13 PBefG, § 3 Abs. 3 GüKG). Übereinstimmend hiermit wird die Genehmigung
nach § 6 AEG erteilt für bestimmte unternehmerische Tätigkeiten – hier für das
Betreiben von Eisenbahninfrastruktur im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 3
AEG; die dem Genehmigungsvorbehalt unterfallenden Tätigkeiten werden
eisenbahnrechtlich gestattet. Angesichts dessen und des verfassungsrechtlichen
Hintergrundes der Zulassung unternehmerischer Tätigkeiten kommt eine Einbeziehung
der zivilrechtlichen Nutzungsbefugnis an der Eisenbahninfrastruktur in die
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tatbestandlichen Voraussetzungen der Genehmigung nur in Betracht, wenn anderenfalls
unter Einbeziehung sämtlicher in diesem Zusammenhang wesentlicher Vorschriften
eine Rechtslage bestünde, die für die Bewältigung der mit dem Auseinanderfallen von
Eigentum und Betreiben von Eisenbahninfrastruktur einhergehenden Fragen völlig
unangemessen wäre. Dagegen genügen bloße Zweckmäßigkeitserwägungen nicht; sie
sind im Kern rechtspolitischer Art. Ein solchermaßen unabweisbares Erfordernis, die
zivilrechtliche Nutzungsbefugnis als zwingende Genehmigungsvoraussetzung zu
betrachten, erschließt sich nicht. Im Gegenteil steht mit der personenbezogenen
Fassung der Merkmale des § 6 Abs. 2 AEG im Einklang, dass die Genehmigung nicht
die Eigenschaft als Eisenbahnunternehmen begründet. Diese Eigenschaft ergibt sich
erst aus dem Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen oder aus dem Betreiben von
Eisenbahninfrastruktur (§ 2 Abs. 1, Abs. 3 a AEG), also aus dem Ausüben der
genehmigungsbedürftigen unternehmerischen Tätigkeiten, nicht jedoch schon aus dem
(bloßen) Innehaben der Genehmigung für die entsprechenden Tätigkeiten. Die von
einem Eisenbahnunternehmen zu erfüllenden Pflichten werden danach
ausschlaggebend nicht durch die Genehmigung ausgelöst, sondern erst durch die der
Genehmigung nachfolgende unternehmerische Tätigkeit als Eisenbahnunternehmen.
Das fügt sich ein in den Umstand, dass keine gesetzliche Bestimmung für die Annahme
ersichtlich ist, die Genehmigung nach § 6 AEG solle als solche demjenigen, der eine
nicht in seinem Eigentum stehende Eisenbahninfrastruktur betreiben will, die Befugnis
verschaffen, auf diese zuzugreifen.
Unter den vom Beklagten hervorgehobenen Gesichtspunkten der einem
Eisenbahninfrastrukturunternehmen obliegenden Pflichten und der insofern
einzubeziehenden Fragen der Stilllegung von Eisenbahninfrastruktur sowie der
Freistellung von Bahnbetriebszwecken ergibt sich auch sonst nichts Überzeugendes
und Tragfähiges für eine ausfüllungsbedürftige Lücke im Sinne der Auffassung des
Beklagten. Insbesondere ist die Einbeziehung der zivilrechtlichen Nutzungsbefugnis
nicht unabweisbar erforderlich, um Wertungswidersprüche zu anderen Regelungen zu
vermeiden. Dabei ist zu bedenken, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der
Genehmigung nach § 6 Abs. 2 AEG, wie die Widerrufsregelung des § 7 Abs. 1 AEG
verdeutlicht, deckungsgleich sind mit denjenigen für den Fortbestand der Genehmigung.
Das bedeutet, ausgehend vom Rechtsstandpunkt des Beklagten, dass der Wegfall einer
anfänglich bestehenden zivilrechtlichen Nutzungsbefugnis an nach Genehmigung
betriebener Eisenbahninfrastruktur zwingend auf den Fortbestand der Genehmigung
durchschlägt; ein Widerruf der Genehmigung wiederum hat ohne weiteres
Auswirkungen auf die Zulässigkeit des Betreibens der Eisenbahninfrastruktur durch das
betreffende Eisenbahninfrastrukturunternehmen, und zwar losgelöst vom
Regelungsgehalt des § 11 AEG, der zur Steuerung der Stilllegung von
Eisenbahninfrastruktur bestimmt ist. Das Eisenbahnrecht enthält keine Regelung, die
den Inhaber der Genehmigung zum Betreiben von Eisenbahninfrastruktur zur Aufnahme
des genehmigten Betriebes verpflichtet (vgl. hierzu etwa § 21 Abs. 1 erster Halbsatz
PBefG). Die Annahme, die betrieblichen Pflichten des Betreibers von
Eisenbahninfrastruktur würden gleichwohl allein durch die Erteilung der Genehmigung
ausgelöst, lässt sich nicht auf die vom Beklagten angesprochenen §§ 4, 14 AEG
stützen. § 4 AEG verpflichtet u. a. die Betreiber von Eisenbahninfrastruktur zur Wahrung
der Sicherheitsanforderungen beim Betrieb. Das schließt die Pflicht zu Maßnahmen zur
Aufrechterhaltung eines sicheren Betriebes ein und steht faktischen Stilllegungen unter
Umgehen der diesbezüglichen Anforderungen nach § 11 AEG entgegen. Indessen wird
hierbei die Aufnahme des Betriebes durch den betreffenden Betreiber vorausgesetzt.
Entsprechendes gilt für die Pflicht zur Gewährung des Zugangs zur
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Eisenbahninfrastruktur nach § 14 AEG. Fehlt es dem potentiellen Betreiber von Anfang
an an der zivilrechtlichen Berechtigung zur Inanspruchnahme der
Eisenbahninfrastruktur, wird es typischerweise nicht zu einer Betriebsaufnahme durch
diesen Betreiber kommen. Entfällt die Berechtigung dagegen nach der Aufnahme des
Betriebes – was der Beklagte vorliegend wegen der Befristung des Mietverhältnisses
erwartet hat -, stellen sich mit Blick auf §§ 11, 23 AEG Fragen hinsichtlich der
Aufrechterhaltung des Betriebes und der Bindung an Bahnbetriebszwecke. Für das
Verständnis der Genehmigungsvoraussetzungen sind diese jedoch nicht bestimmend.
Nimmt man, ausgehend vom Grundsatz, dass niemand zur Leistung von ihm rechtlich
Unmöglichen verpflichtet ist, an, dass mit der zivilrechtlichen Nutzungsbefugnis auch
etwaige Pflichten erlöschen, deren Erfüllung eben durch diese Befugnis bedingt ist, hat
es damit sein Bewenden. Nimmt man hingegen an, dass der nachträgliche Wegfall der
zivilrechtlichen Nutzungsbefugnis sich nicht in dieser Weise unmittelbar
eisenbahnrechtlich auswirkt, wofür § 11 AEG spricht, da gerade mit der Verpachtung
von Eisenbahninfrastruktur die Identität zwischen Eigentümer und Betreiber der
Eisenbahninfrastruktur aufgegeben wird, zeigt § 23 AEG, dass die Eigentümerstellung
lediglich im Rahmen dieser Vorschrift Geltung erlangen soll, nicht aber im Rahmen des
§ 11 AEG. Der Umstand, dass dem Eigentümer eine Antragsbefugnis hinsichtlich einer
Entscheidung nach § 23 AEG eingeräumt ist, während hinsichtlich einer Entscheidung
nach § 11 AEG Entsprechendes nicht vorgesehen ist, zeigt, dass der Eigentümer
außerhalb der Reichweite und der Voraussetzungen des § 23 AEG verpflichtet ist, die
Eigenschaft seines Eigentums als Eisenbahninfrastruktur zivilrechtlich zu respektieren.
Das schließt unabhängig davon, ob und unter welchen Voraussetzungen daraus für den
Eigentümer ein Kontrahierungszwang mit einem Betreiber entsteht, jedenfalls die
Annahme aus, das Ineinandergreifen eisenbahnrechtlicher und zivilrechtlicher
Gesichtspunkte gebiete es, die zivilrechtliche Berechtigung zur Inanspruchnahme der
Eisenbahninfrastruktur als tatbestandliche Voraussetzung für die Genehmigung zu
betrachten.
Nach dem oben Gesagten spricht nichts dafür, dass die Auffassung des
Verwaltungsgerichts in der Verwaltungspraxis zu sinnwidrigen oder unhaltbaren
Ergebnissen führen würde. Im Gegenteil läuft das Zulassungsvorbringen des Beklagten
darauf hinaus, im Rahmen der Erteilung und des Widerrufes einer Genehmigung nach §
6 AEG vielfach schwierige zivilrechtliche Fragestellungen der behördlichen Prüfung zu
unterwerfen, obwohl deren Klärung Sache der Zivilgerichte ist, und zivilrechtlichen
Auseinandersetzungen und Gegebenheiten maßgebliche Auswirkungen auf
eisenbahnrechtliche Fragestellungen beizulegen. Ein zwingender Anlass hierzu besteht
nicht.
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Besondere Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) weist die Rechtssache,
ausgehend vom Zulassungsvorbringen, ebenfalls nicht auf. Der Beklagte nimmt insofern
die Rechtsstellung und die Abwehrbefugnisse des Eigentümers von
Eisenbahninfrastruktur in den Blick, für deren Betreiben einem Dritten die Genehmigung
nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AEG erteilt worden ist. Die Entscheidungserheblichkeit der
aufgeworfenen Fragestellungen wird aber nicht mit dem gebotenen Bezug auf den
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens verdeutlicht. Streitgegenstand des Verfahrens
ist der Anspruch der Klägerin auf Erteilung der Genehmigung zum Betreiben der
Eisenbahninfrastruktur, nicht aber die Verschaffung oder Förderung der rechtlichen
Möglichkeiten der Klägerin zum Zugriff auf die Eisenbahninfrastruktur. Ebenso wenig
geht es um die Rechtsfolgen und die Reichweite der Widmung von
Eisenbahninfrastruktur oder die Freistellung von Grundstücken, auf denen sich die
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Eisenbahninfrastruktur befindet, von Bahnbetriebszwecken nach Maßgabe des § 23
AEG.
Eine konkrete Frage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zeigt
der Beklagte im Zulassungsvorbringen nicht auf. Zu denken wäre insofern allenfalls an
die Frage, ob die Erteilung einer Genehmigung zum Betreiben von
Eisenbahninfrastruktur die zivilrechtliche Berechtigung zur Inanspruchnahme dieser
Eisenbahninfrastruktur seitens des jeweiligen Antragstellers voraussetzt. Dies ist nach
dem Vorstehenden jedoch ohne weiteres anhand der eindeutigen gesetzlichen
Bestimmungen und damit ohne dass es hierzu eines Berufungsverfahrens bedürfte, im
Sinne der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu beantworten. Die Problematik
der "Wiederbelebung" bzw. "Abwicklung" der Wiehltalbahn mag vielschichtig und in
mehrfacher Hinsicht bedeutsam sein. Ein grundsätzlicher Klärungsbedarf für im
vorliegenden Verfahren entscheidungserhebliche Fragestellungen folgt daraus nicht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §
52 Abs. 2 GKG.
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