Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 18.05.2000

OVG NRW: grünfläche, geschlossene bauweise, bebauungsplan, grundstück, stadt, zusicherung, garage, lärm, verfügung, ausnahme

Oberverwaltungsgericht NRW, 7 A 1155/99
Datum:
18.05.2000
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 A 1155/99
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 8 K 10623/96
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Der Kläger ist Eigentümer des mit einem mehrgeschossigen Wohngebäude bebauten
Grundstücks L. straße 12 in B. . Er wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte
Baugenehmigung zur Errichtung einer Tiefgarage mit 282 Einstellplätzen auf dem
Grundstück B. T. weg 99 und 101, Gemarkung K. , Flur 8, Flurstücke 2141, 2142 und
2380.
2
Das Baugrundstück, das von der Bebauung entlang des B. Talwegs, der L. straße, der
S. straße und der R. straße umgeben ist, liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans
Nr. 7821-11 der Stadt B. vom 16. Juni 1988. Der Planbereich deckt sich mit dem oben
beschriebenen Straßengeviert. Die straßenrandnahen Bereiche sind entlang der
Ostseite des B. T. weg als allgemeines Wohngebiet und im Übrigen als reines
Wohngebiet festgesetzt. Für diese Bereiche trifft der Bebauungsplan außerdem
Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche durch Baulinien und rückwärtige
Baugrenzen und sieht durchgehend geschlossene Bauweise bei einer
Grundflächenzahl von 0,5 und einer Geschoßflächenzahl von 1,5 vor. Zudem regelt er
die Zahl der Vollgeschosse (I-V). Im Blockinnenbereich ist eine private Grünfläche von
rund 900 qm (80 m x 110 m) festgesetzt mit der ergänzenden Zweckbestimmung
"Gärtnerische Nutzung". In den textlichen Festsetzungen heißt es unter anderem:
3
3. Nutzung der privaten Grünfläche
4
In der privaten Grünfläche ist eine gartenbaubetriebliche Nutzung zulässig.
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Im Zusammenhang mit dieser Nutzung sind als bauliche Anlagen nur Gewächshäuser
zulässig, die max. 40 % der als Grünfläche zu nutzenden Grundstücksflächen belegen
dürfen.
6
4. Stellplätze und Garagen
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Stellplätze und Garagen sind unterirdisch, im seitlichen Grenzabstand und in der
überbaubaren Grundstücksfläche zulässig. Ausnahmsweise können einzelne
Stellplätze und Garagen auch in der nicht überbaubaren Grundstücksfläche zugelassen
werden.
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Eine am 11. Juli 1991 beschlossene und am 22. Mai 1992 öffentlich bekannt gemachte
Änderung des Bebauungsplans Nr. 7821-11, mit der unter der Grünfläche im
Blockinnenbereich Flächen für Tiefgaragen ("Quartiersgaragen") festgesetzt wurden,
erklärte der Senat mit Urteil vom 11. Februar 1994 im Normenkontrollverfahren 7a D
93/92.NE für nichtig. Die Beschwerde der Stadt B. gegen die Entscheidung des Senats,
die Sache nicht dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen, wies dieses mit Beschluss
vom 19. September 1995 zurück.
9
Im rückwärtigen Bereich des Grundstücks B. T. weg 103-107 befindet sich auf dem
Flurstück 2379 eine Tiefgarage für die Bewohner des Hauses, die etwa 11 m in den
Bereich "Private Grünfläche" hineinragt und die bereits im Zeitpunkt der Planaufstellung
vorhanden war. Ihr Dach ist mit Gras bewachsen. Die Ein und Ausfahrt erfolgt über eine
Rampe, die durch das Erdgeschoss des Hauses Nr. 103 zum B. T. weg führt.
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Der Bereich zwischen dem Haus B. T. weg 79 und 103 ist auf der Grundlage einer
Baugenehmigung aus dem Jahre 1989 mit einem Wohn- und Geschäftshaus in
geschlossener Bauweise bebaut. Der rückwärtige Anbau des zur Straße hin
viergeschossigen Hauses ist mit einem Flachdach versehen und weist zwei Geschosse
auf, von denen das untere unterhalb des Straßenniveaus liegt. In diesem unteren
Geschoss ist ein Lebensmittelmarkt zur Nahversorgung genehmigt, dessen Eingang
sich im Blockinnenbereich befindet. Auf dem Niveau des Lebensmittelmarktes ist auf
den Flurstücken 2497, 1921/11 und 10/2 ein eingeschossiger Baukomplex errichtet
worden, der im westlichen Teil Gewerberäume für eine Gärtnerei/Gartencenter und im
Übrigen eine Tiefgarage mit 89 Stellplätzen für die Bewohner des Wohn- und
Geschäftshauses sowie für die Kunden der darin untergebrachten Geschäfte und Büros
beherbergt. Die Zufahrt zur Tiefgarage und zur Belieferung des Lebensmittelmarktes
erfolgt vom B. T. weg aus über eine zweispurige Rampe im Erdgeschossbereich des
Wohn- und Geschäftshauses unmittelbar im Anschluss an das Haus B. T. weg 79. Vom
Fuß der Rampe verläuft die 10 m breite Zufahrt zwischen dem Lebensmittelmarkt und
dem Tiefgaragenkomlex rechtwinkelig auf einer Länge von etwa 40 m nach Süden. An
ihrem Ende biegt man im rechten Winkel nach Westen in die Einfahrt zur Tiefgarage ein.
Die Ausfahrt befindet sich im nördlichen Garagenbereich auf Höhe der gemeinsamen
Grenze der Flurstücke 571/4 und 572/4. Von dort führt ein 10 m breiter Fahrstreifen etwa
30 m entlang des Flurstücks 2496 bis zu der oben erwähnten Rampe, über die die
Ausfahrt zum B. T. weg erfolgt. Das Gelände ist auf der Grenze zum Flurstück 2496 mit
einer Betonmauer bis auf das Niveau des B. T. weg abgefangen. Oberhalb der Mauer ist
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der hintere Bereich des Flurstücks 2496 mit vier Gewächshäusern bebaut, die mit ihren
südlichen Giebelwänden unmittelbar an der Grundstücksgrenze stehen. Die sich
anschließenden Gebäude, die die Gewächshäuser und das Haus B. T. weg 79
miteinander verbinden, springen von der Grundstücksgrenze zurück und bilden einen
kleinen Innenhof, der nach Süden hin offen ist.
Das Dach der vorstehend beschriebenen Tiefgarage ist als Trockenbiotop gestaltet. Der
Pflanzenbewuchs ist bis auf einige wenige Büsche niedrig. Auf dem zum B. T. weg hin
ausgerichteten Randbereich des Daches befinden sich vier Lichtkuppeln mit
pyramidenförmigen Glasaufsätzen in einer Größe von etwa 4 m im Quadrat und einer
Höhe von ungefähr 2 m. Sie dienen der Belichtung der darunter liegenden
Gewerberäume. Etwa auf der Höhe der Tiefgaragenausfahrt führen im seitlichen
Abstand von ca. 16 m zwei Treppenaufgänge auf das Dach. Sie bestehen aus einer
etwa 80 cm hohen Ummauerung und einer aufgesetzten Balkenkonstruktion, die ein
rotes Ziegeldach trägt. Die Aufbauten sind etwa 4 m hoch.
12
Dem Bauherrn ist im November 1993 aus Gründen des Nachbarschutzes die
Baugenehmigung für eine vollständige Überdachung des nach oben offenen Zu- und
Abfahrtbereiches der Tiefgarage und des Innenhofes auf dem Flurstück 2496
zugesichert worden. Die gläserne Abdeckung soll im Bereich des Flurstücks 2496
oberhalb der Betonmauer dicht an die vorhandenen Gewächshäuser anschließen.
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Die hinteren Grundstücksbereiche der Bebauung entlang der L. straße sind
durchgehend mit einer Betonmauer vom Innenbereich des Straßengevierts abgeteilt.
Ebenso wie die hinteren Grundstücksbereiche der Bebauung entlang der S. straße und
der R. straße werden sie überwiegend als Hausgärten mit zum Teil alten Baumbestand
genutzt.
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Das hier streitige Bauvorhaben geht auf einen Vertrag zwischen der Stadt B. , der Firma
Josef E. Gesellschaft für schlüsselfertiges Bauen mbH als Erbauerin und der
Beigeladenen als zukünftiger Betreiberin der Tiefgarage zurück. Darin verpflichtete sich
die Firma E. GmbH zum Bau einer zweigeschossigen Tiefgarage mit mindestens 245
Einstellplätzen zwecks Erweiterung der damals bereits im Bau befindlichen Tiefgarage
auf den Flurstücken 2497, 1921/11 und 10/2. Die Stadt B. gewährte dafür einen
Baukostenzuschuss aus städtischen Mitteln in Höhe von 1,5 Mio. DM. Diese
Zuwendung erfolgte unter der Bedingung, dass der spätere Betreiber 245 Stellplätze als
öffentliche Stellplätze zur Verfügung zu stellen habe, die nicht zum Nachweis
notwendiger Stellplätze genutzt werden dürften und die bei einer Dauervermietung
einem bestimmten Kreis ortsansässiger Personen vorrangig zur Miete anzubieten seien.
15
Mit Verfügung vom 18. Juli 1990 sicherte der Beklagte der Beigeladenen die Erteilung
der unter dem 22. Mai 1990 erstmals beantragten Baugenehmigung für die hier streitige
Tiefgarage zu. Wegen zahlreicher Anwohnerproteste, der Bedenken der oberen
Bauaufsichtsbehörde und der oben erwähnten Änderung des Bebauungsplans Nr.
7821-11 wurde zunächst keine Baugenehmigung erteilt.
16
Nach Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen der Stadt B. und der
Beigeladenen im Februar 1992 über die Erhaltung und Pflege der auf der Decke der
Tiefgarage anzulegenden Grünfläche, legte die Beigeladene unter dem 27. März 1992
einen geänderten Bauantrag vor.
17
Mit Bescheid vom 9. April 1992 sicherte der Beklagte der Beigeladenen die Erteilung
der zuletzt begehrten Baugenehmigung zu und erteilte den Bauschein unter dem 21.
April 1992.
18
Der Kläger legte am 9. Juni 1992 sowohl gegen die Zusicherung als auch gegen die
Baugenehmigung Widerspruch ein.
19
In der Folgezeit war das Bauvorhaben Gegenstand mehrerer verwaltungsgerichtlicher
Eilverfahren, die dazu führten, dass der Baugenehmigung weitere Nebenbestimmungen
hinzugefügt und diese wiederholt geändert wurden. Die hier vor allem bedeutsamen
Nebenbestimmungen Nr. 9 und Nr. 10 haben nunmehr folgenden Wortlaut:
20
Nr. 9 (in der Fassung des Bescheides vom 5. April 1995)
21
Die Nutzer der in der Tiefgarage (Quartiersgarage) unterzubringenden Stellplätze - mit
Ausnahme des auf das Baugrundstück entfallenden Bedarfs - müssen ihren Wohnsitz in
dem im beigefügten Plan, der Bestandteil der Baugenehmigung ist, grün umrandeten
Bereich haben.
22
Der Bauherr ist verpflichtet, die Berechtigung der Nutzer der Baugenehmigungsbehörde
auf Anforderung nachzuweisen.
23
Dem Bescheid war ein Auszug aus der deutschen Grundkarte (Arbeitsblatt) im Maßstab
1:2500 beigefügt, in dem der Einzugsbereich durch eine grüne Umrandung
gekennzeichnet ist.
24
Nr. 10 (in der Fassung des Bescheides vom 28. Januar 1994)
25
Der in der Anlage 1 des Schalltechnischen Prognosegutachtens des Ingenieurbüros G.
und Partner vom 24. August 1993 schraffiert dargestellte Bereich ist mit einem Glasdach
zu überdachen (Dachfläche aus transparentem Material in Sicherheitsglas, d = größer
18 mm). Die Überdachung ist gemäß Bauantrag der Immobilienfonds Geschäftshaus B.
T. weg GbR vertreten durch die Deutsche W. - und F. B. GmbH, C. Allee 10-20, K. , vom
23. September 1993 Az.: 131802, bzw. des entsprechenden Vorbescheides vom 4.
Oktober 1993, Az.: 131802, auszuführen, d.h. im Bereich der angrenzenden
Gewächshäuser des Grundstückes Gemarkung K. , Flur 8, Flurstück 2496 (L. ), B. T.
weg 79, dicht an diese bestehenden Baulichkeiten anzuschließen. Eine
Inbenutzungnahme wird nicht ausgesprochen, wenn und solange die Überdachung
nicht in dieser Form ausgeführt ist.
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Die seitliche Grundstücksbegrenzung entlang der Grenze zum Grundstück Gemarkung
K. , Flur 8, Flurstück 2496 (L. ), ist in dem Bereich, in dem gegenwärtig der dichte
Anschluss an die vorhandenen Gewächshäuser vorgenommen werden soll, durch eine
Aufmauerung dicht zu schließen, sobald und soweit durch Abbruch oder
Veränderungen an den bestehenden Gewächshäusern zum Grundstück L. hin eine
seitliche Öffnung unterhalb der Überdachung entstehen sollte.
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Die Aufmauerungsverpflichtung wurde am 5. Juli 1994 als Baulast in das
Baulastenverzeichnis der Stadt B. eingetragen.
28
Mit Beschluss vom 22. September 1995 verhängte der Senat im Beschwerdeverfahren 7
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B 2302/95 einen Baustopp, der bis heute Bestand hat.
Die Bezirksregierung K. wies die Widersprüche des Klägers gegen die Zusicherung
vom 9. April 1992 und die Baugenehmigung vom 21. April 1992 mit
Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 1996 zurück.
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Der Kläger hat am 28. November 1996 Klage erhoben, mit der er sich im Wesentlichen
auf die Entscheidung des Senats im Verfahren 7 B 2302/95 berufen hat.
31
Er hat beantragt,
32
die Baugenehmigung der Beklagten zur Errichtung einer Tiefgarage mit 282 Stellplätzen
auf dem Grundstück B. T. weg 99-101, Gemarkung K. , Flur 8, Flurstück 2141 und
insoweit den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung K. vom 29. Oktober 1996
aufzuheben.
33
Der Beklagte und die Beigeladene haben beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Was die Ausführungen zur Begründung der Klageabweisungsanträge angeht, wird auf
den Inhalt der Schriftsätze des Beklagten vom 22. Januar 1998 (Bl. 33 der Gerichtsakte)
und der Beigeladenen vom 1. September 1998 (Bl. 40 der Gerichtsakte) Bezug
genommen.
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Das Verwaltungsgericht K. hat die Klage mit Urteil vom 23. November 1998 abgewiesen
und ausgeführt, dass das Bauvorhaben auf der Grundlage des Bebauungsplans Nr.
7821-11 zulässig sei. Aus der Festsetzung "Private Grünfläche" könne der Kläger kein
subjektives Abwehrrecht herleiten. Ein Verstoß gegen § 12 Abs. 2 BauNVO sei nicht
gegeben. Durch die Nebenbestimmung Nr. 9 zur Baugenehmigung sei gewährleistet,
dass die Quartiersgarage dem durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf
diene. Auf der Grundlage der vorgenommenen Bedarfsermittlung bestehe in dem
Einzugsbereich der Quartiersgarage ein ungedeckter Bedarf an Stellplätzen. § 4
BauNVO stehe der Zulässigkeit des Vorhabens auch im Hinblick auf die vorgesehene
gewerbliche Vermietung der Stellplätze nicht entgegen. Auf die Ausgestaltung der
Rechtsbeziehungen zwischen dem Eigentümer der Garage und ihren Nutzern komme
es nicht an. Wegen der schalldämmenden Überdachung des Zufahrtsbereichs der
Tiefga- rage und der dauerhaften Sicherung dieses Schutzes durch die Eintragung einer
Baulast sei eine Verletzung des § 51 Abs. 8 BauO NW oder ein Verstoß gegen § 15
Abs. 1 BauNVO zum Nachteil des Klägers auszuschließen.
37
Gegen das ihm am 13. Januar 1999 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts hat der
Kläger mit Schriftsatz vom 9. Februar 1999 - eingegangen bei Gericht am 10. Februar
1999 - die Zulassung der Berufung beantragt. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss
vom 13. Dezember 1999 zugelassen. Mit Schriftsatz vom 13. Januar 2000 -
eingegangen bei Gericht am 14. Januar 2000 - hat der Kläger die Berufung begründet
und einen Berufungsantrag gestellt.
38
Er trägt vor, die umstrittene Tiefgarage sei wegen ihrer Größe als störender
Gewerbebetrieb anzusehen, der im allgemeinen Wohngebiet nicht zugelassen werden
dürfe. Weil die geplante Zu- und Abfahrt durch das entlang des B. T. weg festgesetzte
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allgemeine Wohngebiet führe und die Garagenanlage ohne diese Zu- und Abfahrt nicht
funktionieren könne, sei das gesamte Vorhaben auch unter
Nachbarschutzgesichtspunkten nicht genehmigungsfähig. Zudem diene die Anlage
nicht der Befriedigung des durch die zugelassene Nutzung ausgelösten
Stellplatzbedarfs im Sinne des § 12 Abs. 2 BauNVO. Auf der Grundlage der
vertraglichen Absprachen zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen solle die
Tiefgarage 245 Stellplätze "als öffentliche Parkeinrichtung" schaffen. Der Beigeladenen
seien Parkplatzablösungsmittel im Sinne von § 47 Abs. 7 BauO NW 1985 zugewandt
worden, deren Zweckbestimmung - nämlich die Herstellung zusätzlicher privater
Stellplätze oder Garagen zur Entlastung der öffentlichen Verkehrsflächen - gesetzlich
vorgegeben und mit der sich aus § 12 Abs. 2 BauNVO ergebenden Begrenzung auf den
"durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf" nicht vereinbar sei. Außerdem
sehe der angesprochene Vertrag eine Mischform von "öffentlicher Parkeinrichtung" und
"privaten Stellplätzen und Garagen" vor, die im Gesetz keine Stütze finde. Der von der
Nebenbestimmung Nr. 9 vorgegebene räumliche Einzugsbereich sei zum einen zu weit
bemessen und erfasse zum anderen Bereiche, in denen verschiedentlich
wohngebietsunverträgliche Nutzungen anzutreffen seien. Die Baugenehmigung
enthalte keine Vorgaben dazu, wie die Einhaltung der Nebenbestimmung Nr. 9
überwacht werden solle. Überdies sei sie im Hinblick auf die spätere Lüftung und
Entlüftung der Tiefgarage unbestimmt, so dass insoweit eine Verletzung von
Nachbarrechten bei der Verwirklichung des Vorhabens nicht ausgeschlossen werden
könne. Schließlich stehe dem Bauvorhaben entgegen, dass der Bebauungsplan Nr.
7821-11 einen Großteil des Baugrundstücks als private Grünfläche festsetze. Eine
Tiefgarage sei dort nicht zulässig. Aus der Zurückweisung der Anregungen und
Bedenken des Einwenders L. im Bebauungsplanverfahren ergebe sich, dass
Tiefgaragen nicht bis in die private Grünfläche hinein gebaut werden sollten. Diese
Flächen habe man von baulichen Anlagen freihalten und nur der gärtnerischen Nutzung
vorbehalten wollen. Die Aufstellungsvorgänge zeigten deutlich, dass Versiegelungen in
diesem Bereich nur zur Bestandssicherung und zur Erweiterung des vorhandenen
Erwerbsgartenbaubetriebs vorgesehen gewesen seien. Sowohl auf seinem eigenen
Grundstück als auch auf dem Grundstück der Beigeladenen setze der Bebauungsplan
zu erhaltende Bäume fest. Erklärtes Ziel dieser Festsetzung sei es, die einheitliche
gärtnerische Nutzung des Blockinnenbereichs zu gewährleisten. Die gärtnerischen
Nutzungen der einzelnen Grundstückseigentümer sollten wechselseitig voneinander
profitieren, da die Summe vieler Gärten für alle Beteiligten vorteilhafter sei, als der
jeweils isoliert betrachtete eigene Garten. Insoweit stünden die rückwärtigen generell
gärtnerisch genutzten Grundstücke in einem städtebaulichen Austauschverhältnis. Zur
Ermittlung des Willens des Plangebers sei hier ergänzend eine Vorgabe der
zuständigen Bezirksvertretung vom 11. Dezember 1986 heranzuziehen, wonach der
Bebauungsplan Grünflächen, Gärten und Bäume sowie die Randbebauung habe
erhalten sollen. Mit einem solchen im Aufstellungsverfahren definierten Ziel der
Erhaltung des damaligen Zustandes sei es nicht zu vereinbaren, wenn die
wechselseitigen städtebaulichen Wirkungen der Erhaltung dieser vorhandenen
Substanz durch deren Ersatz gestört würden.
Der Kläger beantragt,
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das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Schlussantrag erster Instanz zu
erkennen,
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
43
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Berichterstatter hat die Örtlichkeit am 26. April 2000 in Augenschein genommen.
Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Terminsniederschrift
(Blatt 148 der Gerichtsakte) verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und den der Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakte Heft 3-14)
sowie der Bezirksregierung K. (Beiakte Heft 1 und 2) ergänzend Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
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Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 21. April 1992 in der zuletzt
gültigen Fassung verstößt nicht zu Lasten des Klägers gegen nachbarschützende
Vorschriften des öffent- lichen Baurechts und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113
Abs. 1 Satz 1 VwGO).
51
Maßgeblich für die Beurteilung des Vorhabens in bauplanungsrechtlicher Hinsicht sind
die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 7821-11 der Stadt B. vom 16. Juni 1988,
aus denen sich Abwehrrechte des Klägers nicht herleiten lassen.
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Dass der Bebauungsplan Nr. 7821-11 in der Form der 1. Änderung für unwirksam erklärt
worden ist, wirkt sich auf den Fortbestand seiner ursprünglichen Fassung nicht aus. Die
alte Norm gilt unverändert fort, wenn wegen der Unwirksamkeit der späteren Norm die
Möglichkeit einer Normenkollision entfällt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der
Satzungsgeber unabhängig von der Wirksamkeit der vorgenommenen Änderung die
Ursprungsfassung aufheben wollte und dieser Wille Ausdruck in einem besonderen
Abwägungsprozess gefunden hat,
53
vgl.: BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1999 - 4 CN 7.98 -, BauR 2000, S. 684 (686);
OVG NW, Urteil vom 8. März 1994 - 11a NE 35/90 -, BRS 56 Nr. 10, S. 28,
54
wofür es hier aber keine Anhaltspunkte gibt.
55
Bedenken bezüglich der Gültigkeit des ursprünglichen Bebauungsplans hat der Kläger
nicht geltend gemacht. Er geht vielmehr von der Wirksamkeit dieser Satzung aus.
Zudem wäre eine Verletzung von rügepflichtigen Verfahrens- und Formvorschriften oder
das Vorliegen von Mängeln im Abwägungsvorgang ohnehin gemäß § 215 Abs. 1
BauGB unbeachtlich. Dass der Plan an formellen oder materiellen Mängeln leidet, die
auch ohne Rüge beachtlich wären, ist nicht ersichtlich.
56
Als planbetroffener Nachbar kann der Kläger verlangen, dass kein Vorhaben im Bereich
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des Bebauungsplans Nr. 7821-11 genehmigt wird, das dessen Gebietsfestsetzungen
widerspricht, denn auf die Bewahrung der festgesetzten Gebietsart hat er, soweit er
Bewohner des Gebiets ist, einen Anspruch. Soweit der westliche Teil der Tiefgarage
sowie ihre Zu- und Ausfahrt in einem Bereich ausgeführt werden sollen, den der
Bebauungsplan als allgemeines Wohngebiet festsetzt, muss das Vorhaben deshalb mit
den Vorschriften der §§ 4 Abs. 1-3, 12 Abs. 1 und 2 BauNVO in der hier anwendbaren
Fassung von 1977 vereinbar sein. Da die genannten Teile der Tiefgarage funktional von
den übrigen nicht zu trennen sind, steht dabei das gesamte Bauvorhaben hinsichtlich
seiner Zulässigkeit im allgemeinen Wohngebiet auf dem Prüfstand.
Dass die Garage als Renditeobjekt konzipiert ist und mit der Vermietung ihrer
Stellplätze Gewinn erzielt werden soll, hindert ihre Errichtung in einem allgemeinen
Wohngebiet grundsätzlich nicht.
58
Ob und in welchem Umfang Stellplätze und Garagen dort untergebracht werden dürfen,
regelt § 12 Abs. 2 BauNVO, wonach solche Anlagen in Kleinsiedlungsgebieten, reinen
und allgemeinen Wohngebieten sowie Sondergebieten, die der Erholung dienen, nur für
den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig sind. Dies meint nicht
nur den Bedarf, der durch die bauliche Nutzung des Grundstücks hervorgerufen wird,
auf dem die Garagen oder Stellplätze entstehen sollen. Vielmehr ist der Begriff des
Bedarfs in § 12 Abs. 2 BauNVO gebietsbezogen zu verstehen, so dass in den dort
genannten Gebieten auch Gemeinschaftsanlagen für Stellplätze und Garagen
vorgesehen werden können.
59
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 - 4 C 28.91 -, BRS 55 Nr. 110, S. 310.
60
§ 12 Abs. 2 BauNVO ist auch dann einschlägig, wenn eine solche
Gemeinschaftsanlage in einem allgemeinen Wohngebiet gewerblich betrieben werden
soll und sie bei typisierender Betrachtungsweise als störender Gewerbebetrieb
erscheint, der nach § 4 BauNVO dort auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden
kann.
61
Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach
die Art der Rechtsbeziehung zwischen dem Eigentümer der Garagenanlage und ihren
Nutzern für die Frage der Zulässigkeit nach § 12 Abs. 2 BauNVO ohne Belang ist.
62
Vgl.: BverwG, Beschluss vom 24. März 1993 - 4 B 44.93 -, Buchholz 406.12 § 12
BauNVO Nr. 5,
63
Sofern die Stellplatzanlage lediglich den durch die zugelassenen Nutzungen im
jeweiligen Gebiet verursachten Bedarf deckt, ist die Zuordnung der einzelnen
Stellplätze zu diesem Nutzungszweck für deren rechtliche Qualifizierung nach dem
Willen des Gesetzgebers maßgeblich und überlagert den gewerblichen Aspekt der
Anlage. Aus bauplanungsrechtlicher Sicht dient sie in erster Linie dem Bedürfnis der
Nutzer, Kraftfahrzeuge in erreichbarer Entfernung abstellen zu können. Zu Recht hat das
Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass in vergleichbarer Weise
ein Gebäude mit Mietwohnungen baurechtlich nicht als Gewerbebetrieb anzusehen sei,
nur weil der Vermieter mit der Vermietung von Wohnungen eine Gewerbe betreibe.
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Geht dagegen die Nutzung der Garagenanlage über die Sicherstellung des
Stellplatzbedarfs im fraglichen Gebiet hinaus, ist sie gemäß § 12 Abs. 2 BauNVO
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unzulässig, ohne dass es auf ihre Einordnung als störender Gewerbebetrieb ankommt.
Hier dient die geplante Tiefgarage in der zuletzt genehmigten Form allein der Deckung
des Stellplatzbedarfs, der durch die Nutzung des Wohngebietes verursacht wird, in dem
sie errichtet werden soll. Die Nebenbestimmung Nr. 9 zur Baugenehmigung stellt, indem
sie die Nutzung der als Quartiersgarage bezeichneten Anlage nur den Bewohnern
dieses Wohngebiets und zur Deckung des auf das Baugrundstück entfallenden Bedarfs
erlaubt, die von § 12 Abs. 2 BauNVO geforderte enge Zuordnung zu den dem jeweiligen
Gebietscharakter entsprechenden Nutzungen sicher. Der zwischen der Firma Josef E.
Gesellschaft für schlüsselfertiges Bauen mbH, der Beigeladenen und dem Beklagten
geschlossene Vertrag, auf den der Kläger sich zur Begründung seiner gegenteiligen
Rechtsauffassung beruft, ist ohne Bedeutung. Die Zielsetzung des Vertrages, der
ursprünglich Grundlage des Bauantrags für die Tiefgarage war, und einen
Baukostenzuschuss der Stadt B. für die Errichtung öffentlicher Stellplätze vorsah, ist
durch die geänderte Baugenehmigung - um die es im vorliegenden Nachbarstreit allein
geht - überholt. Eine Nutzung zur Befriedigung eines gebietsfremden Bedarfs ist nach
der darin zuletzt getroffenen Regelung ausgeschlossen. In Verbindung mit dem zum
Bestandteil der Baugenehmigung gemachten Plan, in dem der Einzugsbereich der
Tiefgarage zeichnerisch klar abgegrenzt ist, lässt sich sowohl der Kreis der potentiell
Nutzungsberechtigten eindeutig bestimmen als auch im Zweifel die Einhaltung der
besagten Vorgabe kontrollieren und durchsetzen. Nur durch die Baugenehmigung, nicht
aber durch die vertragliche Vereinbarung bzw. die dem Baukostenzuschuss
zugrundeliegenden Erwartungen, wird der Umfang des baurechtlich Zugelassenen
bestimmt.
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Zu dem in der Baugenehmigung gekennzeichneten Einzugsbereich der
Quartiersgarage gehören neben dem Gebiet des Bebauungsplans Nr. 7821-11 selbst
die im Norden, Osten und Süden unmittelbar anschließenden Geltungsbereiche der
Bebauungspläne Nr. 7821-5, Nr. 7821-13, Nr. 7821-6 und Nr. 7821-12. Außerdem der
östlich gelegene Bereich des Bebauungsplans Nr. 7821-14 zwischen T. straße, O. -W. -
Straße und der Straße An der E. -Kirche sowie Teile der Bebauungsplangebiete Nr.
7821-16 im Südosten, Nr. 7821-7 im Nordosten, Nr. 7721-7 im Norden und Nr. 7821-19
im Nordwesten. Alle genannten Be- reiche sind als allgemeine oder reine Wohngebiete
festgesetzt.
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Es ist unschädlich, dass die Baugenehmigung auch Wohngebiete zum Einzugsbereich
der Quartiersgarage bestimmt, die außerhalb des Geltungsbereichs des
Bebauungsplans Nr. 7821-11 liegen, wo die Garage errichtet werden soll. Grenzt das
festgesetzte Gebiet an andere Gebiete derselben Nutzungsart, so gehören auch sie
grundsätzlich zu dem "Gebiet", dessen "zugelassene Nutzung" den Bedarf auslöst, dem
innerhalb dieses Gebiets Rechnung getragen werden darf.
68
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 - 4 C 28.91 -, a.a.O., S. 310.
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Wo die räumliche Grenze des so verstandenen Gebiets zu ziehen ist, lässt sich nicht
abstrakt festlegen. Auszugehen ist vom Einzugsbereich der jeweiligen Garagenanlage;
hierbei erscheint es allerdings untunlich, die Grenze metergenau zu definieren.
Vielmehr sind die Zweckbestimmung der Stellplätze und die jeweiligen örtlichen
Verhältnisse die für die Grenzziehung maßgeblichen Faktoren. Es mag zutreffen, dass
insoweit als äußerste Grenze die Entfernung anzusehen ist, bei der die
bauordnungsrechtliche Anerkennung eines Stellplatzes oder einer Garage als
70
notwendig noch gerade in Betracht kommt,
vgl.: BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 - 4 C28.91 -, a.a.O., Seite 310,
71
obwohl die Bestimmung der "näheren Umgebung", in der notwendige Stellplätze gemäß
§ 51 Abs. 3 Satz 1 BauNVO unterzubringen sind, und der maximal zulässigen
räumlichen Ausdehnung des Baugebiets bei der Bedarfszuordnung im Rahmen des §
12 Abs. 2 BauNVO unterschiedlichen Bewertungskriterien unterliegt.
72
Die in § 51 Abs. 1 BauO NW niedergelegte Verpflichtung, dass bauliche Anlagen, bei
denen Kraftfahrzeugverkehr zu erwarten ist, grundsätzlich nur errichtet werden dürfen,
wenn zugleich Stellplätze oder Garagen in ausreichendem Umfang geschaffen werden,
hat vorrangig die Entlastung des öffentlichen Verkehrsraumes zum Ziel.
Dementsprechend ist die Forderung des § 51 Abs. 3 Satz 1 BauO NW, wonach die oben
beschriebenen notwendigen Stellplätze und Garagen auf dem Baugrundstück selbst
oder in der näheren Umgebung davon herzustellen sind, davon abhängig, ob sie noch
geeignet sind, eine Funktion als dem Einzelgrundstück zugeordnete Stellplätze
wahrzunehmen, ob sie also vom Nutzer als solche akzeptiert werden. Nur ein Stellplatz,
der angenommen wird, vermag dazu beizutragen, dass der öffentliche Verkehrsraum
nicht durch das anderweitige Abstellen von Kraftfahrzeugen überlastet wird. Die
Entfernung zwischen dem notwendigen Stellplatz und der baulichen Nutzung, der er
zugeordnet ist, darf nicht zu groß sein, damit seine Benutzung zumutbar und damit seine
Eignung als notwendiger Stellplatz erhalten bleibt.
73
Auch im Rahmen des § 12 Abs. 2 BauNVO ist dem Schutzzweck der Norm
entsprechend auf eine Akzeptanz der Stellplätze abzustellen. Allerdings unter dem
Blickwinkel, ob den unmittelbaren Anliegern die Stellplätze in ihrer Nähe zugemutet
werden können, obwohl der Bedarf dafür an einer entfernteren Stelle anfällt, und - darauf
kommt es hier an - bei einer solchen Entfernung zwischen der zulässigen Nutzung und
dem zugeordneten Stellplatz die Folgewirkungen einer Stellplatznutzung durch Andere
noch als hinnehmbar gewertet werden können. Bei der Beantwortung dieser zweiten
Frage ist nicht allein und ausschließlich auf die Länge des Fußwegs zwischen Nutzung
und Stellplatz abzustellen. Entscheidend für diese Wertung nach den Maßstäben der
Akzeptanz ist vielmehr, ob beide Orte bei objektiver Betrachtungsweise räumlich noch
zusammengehören und man unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls von einem
Baugebiet sprechen kann, oder ob die Entfernung zwischen Nutzung und Stellplatz dem
schutzwürdigen Anlieger den Eindruck vermittelt, er habe die nachteiligen
Auswirkungen des Kraftfahrzeugverkehrs aus einem "fremden" Baugebiet zu tragen.
74
Letztlich kann hier offen bleiben, inwieweit der Bereich des durch die zugelassene
Nutzung verursachten Bedarfs im Sinne von § 12 Abs. 2 BauNVO durch die näheren
Umgebung gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 BauO NW begrenzt wird, da die Bereiche jeweils
aufgrund der konkreten Umstände zu bestimmen sind, und der Senat in diesem
speziellen Fall die Voraussetzungen beider Vorschriften auch bei einer unabhängig
voneinander erfolgenden Wertung als erfüllt ansieht.
75
Nach Auswertung des umfangreichen Bild- und Kartenmaterials und der bei der
Ortsbesichtigung gewonnenen Eindrücke von den örtlichen Gegebenheiten, die der
Berichterstatter dem Senat vermittelt hat, kann hier der von der Baugenehmigung
festgelegte Einzugsbereich der Tiefgarage im Hinblick auf die spezifische bauliche
Situation der einbezogenen Wohngebiete, noch als mit § 12 Abs. 2 BauNVO vereinbar
76
angesehen werden.
Die Zusammenfassung der in dem Plan zur Nebenbestimmung Nr. 9 grün umrandeten
Bereiche zu einem Wohngebiet im Sinne des § 12 Abs. 2 BauNVO erscheint angesichts
der konkreten Umstände sachgerecht. Die erfassten Straßenzüge, die sich um das
Geviert B. T. weg/L. straße/S. straße/R. straße herumgruppieren, bilden ein
zusammenhängendes und den Eindruck der Zusammengehörigkeit erweckendes
Baugebiet, das nach Osten durch die südwestlich der K. straße verlaufende
Eisenbahnstrecke, nach Süden durch die vielbefahrene Reuterstraße und nach Westen
durch die riegelförmigen Gebäude des Fernmeldeamtes deutlich von den sich jeweils
anschließenden Baugebieten abgegrenzt wird. Die Begrenzung nach Norden orientiert
sich mangels einer in der Örtlichkeit vorhandenen natürlichen Trennungslinie
ausschließlich an der Entfernung zur geplanten Tiefgarage, die etwa der maximalen
Entfernung (Luft- linie) zum östlichen Rand des Einzugsbereiches entspricht.
77
Nach den bei der Begehung des Gebietes im Rahmen der Ortsbesichtigung
gewonnenen Eindrücken weisen die beschriebenen Straßenzüge in weiten Bereichen
eine homogene Bebauugsstruktur auf, die durch mehrgeschossige, größtenteils in
geschlossener Bauweise errichtete, Wohnhäuser der Jahrhundertwende geprägt wird.
Die Bebauung ist fast durchgehend straßenrandnah. Allen Straßenzügen ist
gemeinsam, dass ein augenfälliger Stellplatzmangel herrscht. Um die Mittagszeit waren
die im öffentlichen Verkehrsraum ausgewiesenen Stellplätze auf allen Straßen
annähernd vollständig besetzt. Die dort vielfach geltende straßenverkehrsrechtliche
Beschränkung für das Abstellen von Kraftfahrzeugen, die das Parken zeitweise nur den
Inhabern von Anwohnerparkausweisen bestimmter Zonen erlaubt, macht deutlich, dass
ohne eine solche Regelung die Anwohner keinen Parkplatz in akzeptabler Nähe zu
ihrer Wohnung finden könnten. Die Parkmöglichkeiten werden durch den teilweise
alleeartigen Baumbestand im Straßenraum weiter eingeschränkt.
78
Der Mangel an Stellplätzen wird im Wesentlichen durch die erwähnte
Bebauungsstruktur hervorgerufen. Auf den Grundstücken selbst lassen sich kaum
Stellplätze in genügender Anzahl realisieren. Ihre Einrichtung in den ohnehin sehr
kleinen Vorgärten, würde den Charakter der Wohngebiete zerstören und brächte
hinsichtlich der Gesamtzahl keinen Vorteil. Da die Zufahrten für solche Stellplatzflächen
freigehalten werden müssten, würden praktisch alle Stellplätze im öffentlichen
Straßenraum wegfallen. Nur in seltenen Fällen erlaubt die geschlossene Bauweise eine
Durchfahrt in den hinteren Grundstücksbereich und die Anlegung von Flächen für den
ruhenden Verkehr. In den vom Berichterstatter im Ortstermin besichtigten Bereichen
waren nur auf wenigen Grundstücken Einzel- oder Sammelgaragen in den
Untergeschossen der aufstehenden Gebäude festzustellen. Dort, wo ausnahmsweise
eine vorhandene Durchfahrt zum hinteren Grundstücksbereich möglich ist oder wo ein
Neubau die Unterbringung einer Sammelgarage erlaubt, bietet die vergleichsweise
große Anzahl der geschaffenen Stellplätze - beispielsweise elf Plätze auf dem
Grundstück S. straße 64 und zehn Plätze auf dem Grundstück R. straße 133 -, einen
Anhalt für den vorhandenen Bedarf.
79
Die Parkplatznot besteht seit vielen Jahren. Aus den Anwohnereinwendungen von 1984
gegen den 1. Entwurf für den Bebauungsplan Nr. 7821-11 geht hervor, dass bereits
damals die Parkplatzsituation in der Südstadt von vielen Anwohnern als katastrophal
empfunden wurde, zumal der Bebauungsplanentwurf den Wegfall der zu diesem
Zeitpunkt noch im Blockinnenbereich vorhandenen Tiefgarage mit rund 80 Stellplätzen
80
vorsah. Der damals beklagte Stellplatzmangel dürfte sich seither weiter verschärft
haben. Die Motorisierung weiter Teile der Bevölkerung hat auch in den letzten zwanzig
Jahren bekanntlich stetig zugenommen und in vielen Haushalten besteht die Tendenz,
sich ein zweites Kraftfahrzeug zuzulegen. Dies gilt vor allem in gehobenen
Wohngegenden, zu denen die hier untersuchten Straßenzüge wohl zählen.
Auch unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der gemeinschaftlichen
Stellplatzanlage für die Bewohner des betroffenen Straßenblocks ist die Auswahl des
Einzugsbereichs nicht zu beanstanden. Die Anwohner profitieren selbst von der
Möglichkeit, Stellplätze in der Tiefgarage anmieten zu können, da sie in den meisten
Fällen keine eigenen Stellplätze zur Verfügung haben. Um jedoch eine solche
gemeinschaftliche Stellplatzanlage zu erschwinglichen Mietpreisen rentabel betreiben
zu können, muss sie eine gewisse Größe aufweisen. Für eine derartige Anlage rechnen
sich die Investitionen nur dann, wenn ein nicht zu klein bemessener Einzugsbereich
einen entsprechenden Bedarf erwarten lässt.
81
Ein weiterer Aspekt, der hier für die Zulässigkeit des zugegebenermaßen großzügig
bemessenen Einzugsbereichs spricht, ist der Umstand, dass dort nicht ohne weiteres an
einer anderen Stelle Stellplätze nachbarschaftsverträglich konzentriert werden können.
Die große freie Fläche im Innenbereich des Straßenkarrees B. T. weg/L. straße/S.
straße/R. straße bietet sich wegen ihrer zentralen Lage inmitten des an extremer
Parkplatznot leidenden Wohnviertels für die Verwirklichung des geplanten Vorhabens
an, zumal das Anfahren der dortigen Tiefgarage über den ohnehin stark befahrenen B.
T. weg nicht weiter störend ins Gewicht fällt und die einbezogenen Wohnbereiche von
Kraftfahrzeugverkehr entlastet.
82
Die vorstehenden Ausführungen machen deutlich, dass das Umfeld des Bauvorhabens
durch eine gleichartige und homogene Bebauung bestimmt wird, die ein einheitliches
Straßenbild prägt und die dazu führt, dass in allen Bereichen dieses Gebiets Parkraum
gleichermaßen knapp ist. Bei vernünftiger Betrachtung spricht deshalb alles dafür, dass
sich die allermeisten der dort Wohnenden im Hinblick auf die Bewältigung des
Parkplatzproblems als "in einem Boot sitzend" begreifen und dementsprechend die in
der Baugenehmigung vorgenommene Gebietsabgrenzung und den durch sie
hervorgerufenen Stellplatzbedarf als durch das eigene Umfeld ausgelöst empfinden.
83
Das Argument des Klägers, dass die Baugenehmigung auch die Abdeckung
gebietsfremden Bedarfs gestatte, da der Fußweg von der Tiefgarage bis zu den am
weitesten weg gelegenen Grundstücken des festgelegten Einzugsbereich ca. 600 m
betrage, geht fehl. Da es im Rahmen des § 12 Abs. 2 BauNVO nicht vorrangig auf die
Attraktivität des Stellplatzes für den potentiellen Benutzer ankommt, spielt die Länge des
Fußweges nur insoweit eine Rolle, als sie den Eindruck der Einheitlichkeit des
Baugebietes beeinflusst. Hier ergibt sich die Länge des Fußweges nicht aus der
räumlichen Entfernung der Objekte voneinander, die, gemessen von der Mitte des
Baugrundstücks, maximal 350 Luftlinie beträgt, sondern aus der besonderen Lage der
Tiefgarage im Blockinnenbereich, die den Zugang nur von Westen her erlaubt und eine
teilweise Umrundung des Straßengevierts erfordert, um die nördlichen, östlichen und
südöstlichen Bereiche des Einzugsgebietes zu erreichen. Die daraus sich ergebende
Länge des Fußweges zerstört nicht den Eindruck eines nach den Maßstäben von § 12
Abs. 2 BauNVO zusammengehörenden Wohngebiets. Im Ortstermin hat der
Berichterstatter den Weg von der Tiefgarageneinfahrt über die L. straße bis zum Haus S.
straße 10 am nördlichen Rand des Einzugsbereichs zurückgelegt und dabei bei
84
normaler Schrittgeschwindigkeit nur etwa fünf Minuten gebraucht. Dies ist keine Zeit, bei
der man - ohne dass andere Umstände hinzutreten - das Gefühl entwickelt, bereits
solange gelaufen zu sein, dass man "sein Wohnviertel" verlassen habe. Solche anderen
Umstände, wie zum Beispiel eine gänzlich andere Bebauungsstruktur, große mit
Ampeln bewehrte Kreuzungen oder sonstige Hindernisse, die es zu überwinden gilt,
gibt es in dem fraglichen Bereich nicht. Die Baukomplexe sind mit Ausnahme des
westlich des B. T. weg gelegenen Gebiets durch ruhige Wohnstraßen miteinander
verbunden, die keinen trennenden Charakter haben.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass mit Blick auf die hier anzutreffenden
besonderen Umstände auch die am äußersten westlichen Rand des Einzugsbereichs
an der T. straße gelegenen Grundstücke noch zu dem in der Baugenehmigung
zulässigerweise festgelegten Wohngebiet gehören und der mit der Nutzung dieser
Grundstücke verbundene Stellplatzbedarf in der geplanten Tiefgarage befriedigt werden
darf.
85
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass in den
zum Einzugsbereich der Garagenanlage erklärten Wohngebieten verschiedene
wohngebietsunverträgliche Nutzungen anzutreffen seien, führt dies nicht zur
Unvereinbarkeit der Baugenehmigung mit § 12 Abs. 2 BauNVO, weil sie etwa auch die
Befriedigung eines gebietsfremden Stellplatzbedarfs zulässt. Der in der
Baugenehmigung festgelegte Einzugsbereich erfasst ausschließlich planfestgesetzte
Gebiete derselben Nutzungsart, nämlich allgemeine und reine Wohngebiete. Dass eine
dieser Gebietsartfestsetzungen im Hinblick auf eine überwiegende andere Nutzung
zwischenzeitlich funktionslos geworden ist, hat der Kläger nicht substantiiert
vorgetragen. Zudem beschränkt die Nebenbestimmung Nr. 9 den künftigen Nutzerkreis
auf solche Personen, die ihren Wohnsitz im Einzugsbereich haben, womit eine
gebietsartspezifische Nutzung der Stellplätze garantiert ist. Ein Instrumentarium zur
Überwachung der Einhaltung der Nebenbestimmung Nr. 9 brauchte die Beklagte in der
Baugenehmigung nicht vorzusehen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass
sich die Beigeladene über deren Vorgaben hinwegzusetzen gedenkt. Im Übrigen bietet
das Bauordnungsrecht eine ausreichende Handhabe, um die Einhaltung der
Bauvorschriften zu erzwingen.
86
Die Größe der Garagenanlage selbst ist kein Kriterium, dass im Rahmen der Bewertung,
ob das Vorhaben dem durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf dient, eine
Rolle spielt. Weder der Wortlaut der Vorschrift noch der mit ihr verfolgte Zweck, nämlich
in bestimmten schützenswerten Plangebieten die Stellplatz- und Garagennutzung auf
einen diesem Gebietstyp angepassten Umfang zu begrenzen, lassen den Schluss auf
eine absolute Obergrenze im Hinblick auf die Garagengröße zu.
87
Vgl.: OVG NW, Urteil vom 29. Juni 1998 - 7 A 6017/96 -.
88
Größe und Auswirkungen der Anlage sind vielmehr nur im Rahmen von § 15 Abs. 1
BauNVO zu bewerten.
89
Vgl.: BVerwG, Beschluss vom 24. März 1993 - 4 B 44.93 -, a.a.O..
90
Der Kläger kann nicht mit Erfolg geltend machen, das in § 15 BauNVO enthaltene
nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme werde durch die Errichtung der
Tiefgarage zu seinen Lasten verletzt. Ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 BauNVO ist
91
nämlich ausgeschlossen, wenn - wie es hier der Fall ist - die durch dieses Gebot
geschützten Belange auch durch spezielle bauordnungsrechtliche Vorschriften
geschützt werden und das konkrete Vorhaben deren Anforderungen genügt.
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 - 4 C 38.91 -, a.a.O., S. 308f..
92
Das Grundstück des Klägers und das Baugrundstück haben keine gemeinsame Grenze,
so dass eine etwaige Nichteinhaltung von Abstandflächen im Sinne von § 6 BauO NW
nicht zu seinen Lasten geht.
93
Die geplante Quartiersgarage entspricht auch den Anforderungen des § 51 Abs. 8 BauO
NW, wonach Stellplätze und Garagen so angeordnet und ausgeführt werden müssen,
dass ihre Benutzung die Gesundheit nicht schädigt und Lärm oder Gerüche das
Arbeiten und Wohnen, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung nicht über das
zumutbare Maß hinaus stören.
94
Der gesamte mit dem Fahrzeugverkehr in der Garage selbst üb-licherweise verbundene
Lärm, verursacht durch Fahr- und Motorgeräusche, Türenschlagen, Radiomusik, laute
Unterhaltungen usw., spielt sich unterirdisch ab. Öffnungen in den Seitenwänden oder
in der Garagendecke sind mit Ausnahme der Notausgänge, die zum eigentlichen
Garagenraum hin durch Türen verschlossen sind, und einem Zuluftschacht nicht
vorhanden, so dass der Lärm nicht nach außen zu dringen vermag. Die Entlüftung für
die gesamte Garage und damit auch die schädlichen Abgase werden nach den
Bauzeichnungen über den First des Hauses B. T. weg 99-101 geführt. Störende
Geruchsbelästigungen für die Nachbarn sind mithin ausgeschlossen.
95
Der Ansicht des Klägers, wonach die Baugenehmigung in Bezug auf die Entlüftung der
Garage zu unbestimmt sei und diese Unbestimmtheit zu seinen Lasten gehe, folgt der
Senat nicht. Zwar kann sich im Einzelfall ein nachbarliches Abwehrrecht ergeben, wenn
eine Baugenehmigung hinsichtlich nachbarrelevanter Merkmale des genehmigten
Bauvorhabens unbestimmt ist und demzufolge eine Verletzung von Nachbarrechten bei
der Verwirklichung dieses Vorhabens nicht ausgeschlossen werden kann,
96
vgl.: OVG NW, Beschluss vom 17. Juli 1998 - 7 B 1102/98 -,
97
doch liegt der Fall hier anders. Die generelle Führung von Zu- und Abluft ist in der
Baugenehmigung geregelt. Entsprechende Schächte sind vorgesehen. Lediglich die
technische Ausgestaltung der Lüftungsanlage im Detail bleibt nach der zur Zusicherung
vom 9. April 1992 gehörenden Nebenbestimmung Nr. 18 einer gesonderten Prüfung
gemäß § 15 GarVO vorbehalten. Diese Regelung ist Bestandteil der Baugenehmigung
vom 21. April 1992 geworden, auch wenn die Nebenbestimmung Nr. 1 zu dieser
Baugenehmigung auf eine Zusicherung vom 13. April 1992 Bezug nimmt. Bei dem
letztgenannten Datum handelt es sich offensichtlich um einen Schreibfehler, denn eine
Zusicherung vom 13. April 1992 gibt es nicht. Aus dem Zusammenhang der
Regelungsinhalte von Baugenehmigung und Zusicherung geht hervor, dass die
Zusicherung vom 9. April 1992 gemeint sein muss. Dass das genehmigte
Lüftungskonzept insgesamt ungeeignet ist und die Lüftung der Garagenanlage wegen
der konkreten Umstände nicht nachbarschaftsverträglich geregelt werden kann, hat
weder der Kläger substantiiert vorgetragen noch ergibt sich ein solches aus den Akten.
Anlässlich einer Vorprüfung hat der TÜV Rheinland in einem Gutachten vom 30. August
1990 die in der Baugenehmigung angelegte grundsätzliche Lüftungskonzeption als
98
unbedenklich angesehen (4.1) und es auch für möglich gehalten, die Lüftungsanlagen
so zu bauen und zu betreiben, dass an den nächstgelegenen Wohnungen keine
Lärmbelästigungen entstehen. Gegebenenfalls seien entsprechende Schalldämpfer
einzubauen (3.1).
Soweit Lärm und Abgase durch die Benutzung der Zu- und Ausfahrten erzeugt werden,
sind damit keine Nachbarbelästigungen verbunden, da der entsprechende Bereich
vollständig schalldämmend überdacht wird und die Nebenbestimmung Nr. 10 in der
zuletzt gültigen Fassung gewährleistet, dass die Tiefgarage nicht eher in Betrieb
genommen werden darf, bis die Überdachung ausgeführt ist. Aus dem
Schalltechnischen Prognosegutachten der Ingenieure G. und Partner vom 24. August
1993 sowie den dazugehörigen Erläuterungen vom 10. September 1993 und 9. Februar
1994 ergibt sich, dass die Überdachung keine unzumutbaren Geräuschbelästigungen
für das Grundstück des Klägers zulässt. In dem Gutachten heißt es zusammenfassend:
"Die Überdachung wird zur Folge haben, dass Geräuschemissionen aus dem Zu- und
Abfahrtsbereich durch Pkw, welche in bzw. aus der Quartiersgarage fahren,
messtechnisch nicht erfassbar sind und somit Störungen durch Fahrgeräusche
ausgeschlossen werden können.". Durch die Aufmauerungsverpflichtung bei Wegfall
der bestehenden Gewächshäuser und die Eintragung der Verpflichtung als Baulast ist
dieser Zustand auf Dauer gesichert.
99
Ob das genehmigte Bauvorhaben mit den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr.
7821-11 vereinbar ist, soweit es innerhalb der festgesetzten privaten Grünfläche
verwirklicht werden soll, kann offen bleiben. Die Festsetzung ist jedenfalls nicht
nachbarschützend, so dass der Kläger einen möglichen Verstoß dagegen nicht mit
Erfolg rügen kann.
100
Mit Ausnahme der Festsetzungen, die bereits kraft Bundesrecht nachbarschützende
Funktion haben,
101
vgl.: BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 - 4 C 28.91 -, a.a.O., S. 306, zur
Festsetzung von Baugebieten nach der BauNVO,
102
bestimmt grundsätzlich die Gemeinde als Satzungsgeberin, welche Festsetzungen des
Bebauungsplans sie auch zum Schutze Dritter treffen will, so dass im Zweifelsfall durch
Auslegung zu ermitteln ist, ob eine bestimmte Festsetzung nachbarschützend wirkt.
103
Vgl.: BVerwG, Urteil vom 19. September 1986 - 4 C 8.84 -, BRS 46 Nr. 173.
104
Was die Festsetzung einer öffentlichen oder privaten Grünfläche gemäß § 9 Abs. 1 Nr.
15 BauGB angeht, lässt sich keine generelle Aussage zum Nachbarschutz machen.
Das Bundesverwaltungsgericht
105
- vgl.: Beschluss vom 21. Dezember 1994 - 4 B 261/94 -, JURIS Nr. WBRE 410000709 -
106
hat in Anlehnung an seine Rechtsprechung zur nachbarschützenden Funktion von
Baugebietsfestsetzungen nach der BauNVO angenommen, dass auch eine
Festsetzung, die beispielsweise eine bauliche Nutzung zugunsten einer Grünfläche
ausschließe, je nach den Umständen des Falles, Teil eines Austauschverhältnisses
sein könne, wenn mit ihr die spezifische Qualität des Plangebiets und damit dessen
Gebietscharakter begründet werden solle, was allerdings eine konzeptionelle
107
Einbindung der Festsetzung in den Bebauungsplan voraussetze.
Davon ist hier nicht auszugehen. Weder in der Begründung zum Bebauungsplan noch
in den Entstehungsvorgängen sind eindeutige Aussagen zu finden, wonach die
Festsetzung der privaten Grünfläche inmitten des Straßengevierts drittschützenden
Charakter haben soll. Auch objektiv ist die Grünfläche nicht etwa als eine Pufferzone
anzusehen, die die umliegende Wohnbebauung und die sich anschließenden Gärten
vor anderweitigen störenden baulichen Nutzungen schützt oder ähnlichen Zwecken
dient. Im Gegenteil bildet der dort nach den textlichen Festsetzungen zulässige
Gartenbaubetrieb, der zudem 40 % der gesamten Grünfläche mit Gewächshäusern
überbauen darf, einen erheblichen Störfaktor innerhalb des Blockinnenbereichs. Wenn
der Kläger behauptet, bei der Ausweisung der privaten Grünfläche habe die Erhaltung
der Hausgärten und einzelner Bäume im Vordergrund der planerischen Überlegungen
gestanden, so kann dem jedenfalls nicht mit dem Ergebnis gefolgt werden, dass sich
hieraus eine nachbarschützende Festsetzung ergibt. Nach der Begründung zum
Bebauungsplan Nr. 7821-11 2. Entwurf sollten vielmehr in erster Linie dem damals
vorhandenen Gartenbaubetrieb Bestandsschutz vermittelt und darüber hinaus
Erweiterungsflächen zur Verfügung gestellt werden. Eine gartenbaubetriebliche
Nutzung, die in dem zum B. T. weg hin gelegenen allgemeinen Wohngebiet nur
ausnahmsweise zulässig und in den angrenzenden reinen Wohngebieten sogar
unzulässig wäre, dient nicht dem Schutz dieser Gebiete und steht auch nicht in einer
Wechselbeziehung zu den dort auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen
angelegten Hausgärten. Eine Ausgleichsordnung in dem Sinne, dass die Beschränkung
der Nutzungsmöglichkeit des eigenen Grundstücks dadurch ausgeglichen wird, dass
auch die anderen Grundstückseigentümer diesen Beschränkungen unterworfen sind, ist
mit der Festsetzung "Private Grünfläche" in Bezug auf die umliegenden
Wohngrundstücke und die dort vorhandene - dem Wohnen zuzuordnende -
Gartennutzung schon im Hinblick auf das unterschiedliche Störpotential der
verschiedenen Nutzungsarten nicht getroffen worden. Somit kommt dieser Regelung
ihrem objektiven Gehalt nach keine Schutzfunktion zugunsten der umliegenden
Nachbarn zu.
108
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
109
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in
Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
110
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht gegeben sind.
111