Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 04.03.2002

OVG NRW: luftfahrt, bundesamt, subjektives recht, flughafen, stadt, kommission, luftverkehr, ermächtigung, belastung, rechtsverordnung

Oberverwaltungsgericht NRW, 20 D 21/98.AK
Datum:
04.03.2002
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
20. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
20 D 21/98.AK
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Klage- und
des Revisionsverfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig
vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden,
wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
entsprechender Höhe leistet. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Der Kläger ist Miteigentümer eines selbstgenutzten Wohngrundstücks in B. -H. , etwa
km südwestlich des Flughafens Köln/B. . Er wendet sich gegen die Abflugstrecke
NORF, die das Luftfahrt-Bundesamt in § 3 Abs. 2 Nr. 2 der später mehrfach geänderten
147. Durchführungsverordnung zur Luftverkehrs-Ordnung ("Festlegung von
Flugverfahren für An- und Abflüge nach Instrumentenflugregeln zum und vom Flughafen
Köln/B. ") vom 11. Juli 1994 (BAnz Nr. 139) für Abflüge von der Hauptstart- und -
landebahn des Flughafens in Richtung 14 L, also in die vorherrschende
Betriebsrichtung Süden, für nach Westen weiterführende Flüge festgelegt hat. Der
Kläger sieht sich durch Fluglärm beeinträchtigt, dem er auf seinem Grundstück infolge
dieser Streckenführung ausgesetzt ist. Von 1991/92 (29. bzw. 32.
Durchführungsverordnung vom 20. August 1991 bzw. 7. Oktober 1992) bis zur
Einrichtung der hier streitigen Abflugstrecke bestanden in Startrichtung 14 zwei nach
Westen führende Abflugstrecken mit den Bezeichnungen NOR4F und NOR2H. Nur auf
einer dieser Strecken (NOR2H) war das Abdrehen der Luftfahrzeuge nach Westen erst
nach Erreichen einer bestimmten Mindestflughöhe vorgeschrieben. Da dies bei
schweren oder sonst schlecht steigenden Flugzeugen regelmäßig einen längeren
Geradeausflug erforderte und damit einen längeren Abflug nach sich zog, wurde die
kürzere Strecke ohne Höhenbeschränkung (NOR4F) bevorzugt. Dies führte dazu, dass
die südwestlich des Flughafens Köln/B. liegenden Siedlungsbereiche, vor allem der
Städte Siegburg und Sankt Augustin, häufig in niedrigen Höhen mit schwerem Gerät
überflogen wurden. Mitte 1993 regte deshalb die Stadt Sankt Augustin in der für den
Flughafen Köln/B. gebildeten Kommission nach § 32b LuftVG (Fluglärmkommission) an,
die bestehende Abflugroute NOR4F ersatzlos aufzuheben, sodass zur Nachtzeit nur
noch die Abflugstrecke NOR2H in Anspruch genommen werden könne. Zur
Begründung wurde ausgeführt, die bei Inbetriebnahme der bestehenden Abflugrouten
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Begründung wurde ausgeführt, die bei Inbetriebnahme der bestehenden Abflugrouten
zugesicherten Lärmminderungen seien nicht eingetreten, vielmehr hätten Beschwerden
über nächtlichen Fluglärm wegen tieffliegender Maschinen in den hiervon betroffenen
Kommunen beträchtlich zugenommen; auch seien Krankenhäuser in Siegburg und
Sankt Augustin betroffen. Die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) kam in einer
Auswertung der zwischen dem 25. Oktober und 4. November 1993 aufgezeichneten
Flugspuren (FANOMOS- Sonderuntersuchung) zu dem Ergebnis, dass sich die
Gesamtbereiche beider Abflugstrecken zwar nur geringfügig unterschieden, an den
Ausdrucken der rechnerisch ermittelten Durchschnittsflugspuren jedoch ein Unterschied
festgestellt werden könne: Die Durchschnittsflugspur der (höhenbeschränkten) Strecke
NOR2H werde gegenüber derjenigen der NOR4F nach der Rechtskurve um ca. 1 km
nach Süden verlagert - auf das Gebiet von B. -Beuel zu und genau über Hangelar -,
während die Durchschnittsflugspur der NOR4F in diesem Bereich offensichtlich eher
über unbebautes Gebiet führe. Jedoch sei der Bereich der Strecke NOR2H deutlich
weiter vom Flughafen entfernt und werde damit deutlich weniger belastet als Sankt
Augustin. Flugsicherungsbetrieblich stehe einer Umsetzung des Vorschlags der Stadt
Sankt Augustin nichts entgegen; hier müssten die Interessen gegeneinander
abgewogen werden. Die Fluglärmkommission beschloss daraufhin am 11. April 1994,
die Strecke NOR4F solle zum nächstmöglichen Termin aufgehoben werden, weil sie
sich unter Lärmschutzaspekten nicht bewährt habe. Durch § 3 Abs. 2 Nr. 2 der
genannten 147. DVO (in Kraft seit dem 18. August 1994) fasste das Luftfahrt-
Bundesamt die beiden bisherigen Abflugstrecken zu einer Strecke mit
Höhenbeschränkung unter der Bezeichnung NOR5F zusammen. Ein Abdrehen nach
Westen war danach auf dieser Strecke erst zulässig, wenn das Luftfahrzeug - je
nachdem, was später erreicht wurde - eine Entfernung von 5 nautischen Meilen (NM)
vom Flughafen-Funkfeuer (KBO) oder eine Höhe von 3.500 Fuß (ft) erreicht hatte. Ein
Abdrehen vor Erreichen des Funkfeuers LV, das als Ursache des Lärmproblems
betrachtet wurde, war nicht mehr zulässig. Wegen des variierenden Steigverhaltens
verschiedener Flugzeugbaumuster entfiel zugleich die Angabe eines festen
Abdrehpunktes nach Westen und des früher nach dem Abdrehen zu erfliegenden
Radials 107 NOR.
Der Kläger beantragte wegen seiner dadurch ausgelösten Betroffenheit durch
Luftverkehr mit Schreiben vom 16. Dezember 1997 eine Änderung der Abflugstrecke
NORF, was das Luftfahrt-Bundesamt mit Schreiben vom 9. Januar 1998 ablehnte. Der
Kläger hat am 23. Februar 1998 Klage erhoben.
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Im Laufe des Klageverfahrens ist die Verordnung, auch im Hinblick auf die hier streitige
Abflugstrecke, mehrfach geändert worden. Mit der 11. Änderungsverordnung vom 10.
Februar 1999 (gültig ab 25. März 1999) sind die Strecken (bei Benutzung der Startbahn
14 L nunmehr in § 3 Abs. 2 Nr. 3) getrennt für konventionelle und für rechnergestützte
Abflüge beschrieben worden. Luftfahrzeuge mit GPS/FMS-Ausrüstung können die
Flugstrecken seither über kodierte Wegpunkte mit dem so genannten NeSS-Verfahren
erfliegen. Luftfahrzeuge, die den vorausgesetzten Steiggradienten (zunächst 14,2 %,
seit der 20. Änderungsverordnung vom 7. März 2001: 14,5 %) einhalten, dürfen nunmehr
auf die Strecke NORF nach Westen abdrehen, wenn sie 5 NM nach KBO und eine
Höhe von mindestens 4.000 ft erreicht haben; schlechter steigende Luftfahrzeuge
müssen in ihrem Flugplan die so genannte "lange Entlastungsroute" NORP angeben,
auf der ein Abdrehen nach Westen erst in einer Entfernung von 12,5 NM nach dem
Abheben zulässig ist; von Luftverkehr auf dieser Strecke wird der Kläger nicht berührt.
Zurzeit gilt die 147. Durchführungsverordnung in der Fassung der 23.
Änderungsverordnung vom 26. Oktober 2001 (BAnz vom 15. November 2001, S.
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23429).
Der Senat hat die Klage mit Urteil vom 19. August 1999 als unzulässig abgewiesen. Zur
Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Die allgemeine Leistungsklage stehe
für die Durchsetzung eines Anspruchs auf Verpflichtung zur Normaufhebung nicht zur
Verfügung. Außerdem fehle es an einer Rechtsverletzung im Sinne des § 42 Abs. 2
VwGO, weil die Beeinträchtigungen durch Lärm nicht auf die Verletzung einer
drittschützenden Norm zurückgeführt werden könnten. Eine etwaige aus Grundrechten
resultierende staatliche Schutzpflicht sei durch die für den Flughafen zuständige
Genehmigungsbehörde zu erfüllen.
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Das Bundesverwaltungsgericht hat dieses Urteil auf die vom Senat zugelassene
Revision des Klägers hin mit Urteil vom 28. Juni 2000 - 11 C 13.99 - (Parallelurteil
veröffentlicht in NJW 2000, 3584) aufgehoben und die Sache zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung an das erkennende Gericht zurückverwiesen. Zur
Begründung der Klage macht der Kläger geltend: Er und seine Familie würden aufgrund
der Neuregelung in erheblichem Umfang, insbesondere zur Nachtzeit, durch Fluglärm
beeinträchtigt. Wie sich aus einem im Auftrag der Stadt B. erstellten Lärmgutachten der
deBAKOM vom 4. November 1997 ergebe, seien die Grenzen des Zumutbaren deutlich
überschritten. Eine nachhaltige Schädigung seiner Gesundheit sei zu befürchten. Sein
Grundstück erleide einen deutlichen Wertverlust. Seit der Einführung der NeSS-
Abflugverfahren liege sein Haus sogar fast direkt unterhalb der Strecke. Die
angegriffene Rechtsverordnung, auf die diese Belastung mit Fluglärm zurückgehe, sei
rechtswidrig. Eine dem Gesetzesvorbehalt genügende gesetzliche Ermächtigung sei
nicht zu erkennen. Das Verfahren der Flugroutenfestlegung sei vollkommen
ungenügend, um die Probleme einer Lärmverschiebung zu bewältigen. Eine Mitwirkung
der betroffenen Bürger sei nicht vorgesehen. Die Beratungen der Fluglärmkommission
nach § 32b LuftVG könnten ein rechtsstaatliches Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung
nicht ersetzen. Die gebotene planerische Interessenabwägung habe nicht
stattgefunden. Dies folge bereits daraus, dass zwischen den Beteiligten ein subjektives
Recht auf Abwägung streitig gewesen und den Lärmbetroffenen erst durch die
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zuerkannt worden sei. Die politisch
geprägten Entscheidungen der Fluglärmkommission stellten keine ausreichende
Grundlage für die Abwägung dar, zumal nicht alle betroffenen Kommunen in diesem
Gremium vertreten seien. Den Mitgliedern der Fluglärmkommission seien zu keinem
Zeitpunkt ausreichende Unterlagen für eine Entscheidung zu NORF vorgelegt worden.
Die Entscheidung sei zudem auf unzureichender Tatsachengrundlage getroffen worden.
Aktuelles und hinreichend aussagekräftiges Datenmaterial, dessen Notwendigkeit im
Revisionsurteil des Bundesverwaltungsgerichts betont worden sei, habe weder 1994
noch später den Entscheidungen der Beklagten zugrunde gelegen. Die Beklagte habe
weder die Anzahl der zukünftig von Fluglärm betroffenen Bürger noch die Art der
Bebauung noch die Immissionsbelastung ausreichend ermittelt. Karten, aus denen sich
dergleichen hätte ergeben können, hätten nicht vorgelegen; die verwendeten Karten
seien schon wegen ihres Maßstabs ungeeignet. Demographische Daten seien nicht
erhoben worden, obwohl aktuelle Einwohnerzahlen ergeben hätten, dass gerade die
Ortsteile B. -H. und B. - Beuel in den letzten Jahren stetig und überproportional an
Einwohnern zugenommen hätten. Dementsprechend sei übersehen worden, dass durch
die Verschiebung der Strecke nach Süden dicht besiedeltes Stadtgebiet von B. betroffen
sei. Quantitative und qualitative Ermittlungen und Bewertungen des Grades der
Entlastung einerseits und des Ausmaßes der neuen Betroffenheiten andererseits seien
nicht angestellt worden. Die DFS habe in der Fluglärmkommission vielmehr offen
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zugegeben, dass Details zur Lärmsituation der Abflugstrecke NORF nicht bekannt
seien. Es gebe aber, wie die (andere Abflugrouten betreffende) "Vergleichsanalyse von
Abflugrouten des Flughafens Köln/B. aus fluglärmtechnischer Sicht unter besonderer
Beachtung des Nachtflugverkehrs" der Gesellschaft für Luftverkehrsforschung (Berlin)
zeige, sehr wohl Möglichkeiten, die Entscheidung insoweit auf eine sichere
Tatsachengrundlage zu stellen. Eine merkliche Entlastung der bisher Betroffenen sei
nicht bewirkt worden. Es sei ferner nicht bedacht worden, dass die Maschinen im
Kurvenflug wesentlich schlechter steigen und nicht genau auf der Route fliegen
könnten, was gerade bei schwer beladenen Frachtflugzeugen in der Nacht von
Bedeutung sei. Auch der Einsatz des neuen NeSS-Verfahrens führe nicht zu einer
Bündelung im Kurvenflug. Die Route NORP bringe nicht die erhoffte Entlastung. Sie
werde, anders als von der Beklagten angenommen, die von einer Aufteilung 60 : 40
ausgehe, nur von ein bis zwei Jumbojets in der Nacht genutzt bzw. zeitweise von nur 25
% des gesamten nach Süden abfliegenden Verkehrs. Zudem erreiche ein Drittel der
Flüge auf NORF die vorgeschriebene Mindesthöhe nicht. Auch steige die
Lärmbelastung jährlich, da der Flugverkehr in Köln/B. ständig zunehme. Alternative
Streckenführungen seien weder 1994 (zu NOR5F) noch 1999 (zu NOR9F) erwogen
worden. Es habe die Bereitschaft gefehlt, sich überhaupt mit Alternativen auseinander
zu setzen, denn die DFS sei auf die drei ihr von der Beklagten vorgegebenen
Möglichkeiten der Routenführung festgelegt gewesen. Die von der Bonner
Bürgerinitiative eingebrachte "mittlere" Route sei somit ohne weitere Prüfung verworfen
worden. Mangels ausreichender Datengrundlage sei aber die Behauptung der
Beklagten nicht nachvollziehbar, dass andere Lösungen größere Betroffenheiten
ausgelöst hätten bzw. dass die Ideallinien beider Abflugstrecken (kurz und lang) die
dichtest besiedelten Gebiete aussparten. So werde beispielsweise H. mit ca. 8.000 bis
10.000 Einwohnern im Kurvenflug mittig überflogen und von einem 2 bis 3 km breiten
Lärmteppich bedeckt.
Der Kläger beantragt,
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festzustellen, dass die Festlegung der Abflugstrecke NORF von der Startbahn 14 L in §
3 Abs. 2 Nr. 3 der 147. Durchführungsverordnung zur Luftverkehrs- Ordnung ihn, den
Kläger, in seinen Rechten verletzt.
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Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
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Sie hält daran fest, dass die bis heute fortgeltende Grundentscheidung aus dem Jahre
1994 nicht zu beanstanden sei, die bis dahin für die Startrichtung 14 vorgeschriebenen
Abflugstrecken in der geschehenen Weise neu zu ordnen. Anlass dafür seien
Lärmschutzgesichtspunkte gewesen. Vor allem die im direkten Abflugbereich der
früheren Strecken liegende Stadt Sankt Augustin habe entlastet werden sollen. Zwar
hätte auch die Einhaltung des Kurvenflugs der seinerzeit festgelegten Verfahren weiter
verbessert werden können; die Festlegung einer einzigen - langen oder kurzen -
Streckenführung hätte aber eine unerwünschte einseitige Lastenverteilung zuungunsten
eines der jeweils schon betroffenen Bereiche bedeutet. Demgegenüber nutze die
Aufteilung der Flugverfahren in eine kurze und eine lange Variante, die abhängig von
der Steigleistung der Luftfahrzeuge zu wählen seien, die Chance, den Fluglärm
angemessener zu verteilen. Der Abflug vom Flughafen Köln/B. nach Süden mit
Flugzielen in westlicher Richtung beinhalte die Schwierigkeit, einerseits die Städte
Siegburg und Sankt Augustin zu umfliegen, andererseits zu vermeiden, dass die Stadt
Hennef sowie benachbarte Ortschaften durch den Gesamtflugverkehr dieser
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Startrichtung mittig überflogen würden. Die nunmehr festgelegten Nörvenich-
Abflugstrecken lösten dieses Problem so gut wie nach den Verhältnissen möglich. Die
Ideallinien beider Abflugstrecken sparten die am dichtesten besiedelten Gebiete aus. Es
bleibe allerdings problematisch, während eines Kurvenfluges oder unmittelbar danach
einen schmalen Korridor zwischen mehreren Ortschaften genau zu durchfliegen. In
diesem Sinne habe H. tatsächlich eine ungünstige Lage für eine solche Konstruktion.
Jedoch könne der Kläger aus seiner eigenen Betroffenheit nicht folgern, dass eine
sachgerechte Abwägung nicht stattgefunden habe. Es sei niemals angenommen
worden, dass die kurze NORF-Abflugstrecke, deren Ideallinie nach einem Kurvenflug
nördlich des klägerischen Wohngrundstücks verlaufe, über unbewohntes Gelände führe.
Der Beklagten sei vielmehr bei der Festlegung der Flugverfahren sehr wohl bewusst
gewesen, dass es sich bei B. -H. um besiedeltes Gebiet mit überwiegender
Wohnbebauung handele und dass die Nähe zur Ideallinie entsprechende
Betroffenheiten auslösen werde. Etwaige Alternativen, die in einem längeren
Geradeausflug aller Luftfahrzeuge mit späterer Kurveneinleitung bestehen müssten,
hätten zu anderen Betroffenheiten geführt, die mindestens das bei B. -H. bestehende
Ausmaß erreichen würden. Eben unter diesem Aspekt habe sich die Beklagte für eine
Aufteilung der Strecken nach der Steigleistung der Luftfahrzeuge entschieden. Es sei
unzutreffend, dass kein aussagekräftiges Kartenmaterial vorgelegen habe. Die
Planungsalternativen der DFS würden auf topographischen Referenzkarten "TK 50.000"
der Landesvermessungsämter erstellt. Aus diesen Karten sei die Bevölkerungsdichte in
relevanter und planungssicherer Art und Weise erfassbar. Die Karten wiesen zwar nicht
die gleiche Detailgenauigkeit und absolute Aktualität auf wie kommunale
Flächennutzungs- oder sonstige Bauleitpläne. Eine größere Präzision im Einzelfall
würde aber gleichzeitig bedeuten, dass der Gesamtüberblick über die Planungssituation
aller Flugverfahren verloren ginge. Detailkenntnisse über die Bebauung mit Ein- oder
Mehrfamilienhäusern usw. würden hier im Übrigen keine weitergehenden Erkenntnisse
ergeben haben. Die Einschätzung, dass es in anderen Bereichen nicht zu
inakzeptablen Neubelastungen durch Fluglärm kommen werde, könne auch im
Nachhinein nicht als fehlerhaft angesehen werden. Das Lärmgutachten der deBAKOM
rechtfertige nicht den Schluss auf eine grundrechtswidrige Lärmbelastung des Klägers.
Die vom Kläger behaupteten Unzuträglichkeiten seien durch die erhebliche Zunahme
von Nachtflugverkehr am Flughafen Köln/B. und Veränderungen der eingesetzten
Flottenstruktur bedingt. Eine sorgfältige Planungsentscheidung sei nicht nur dann
möglich, wenn die Planung von wissenschaftlichen Untersuchungen begleitet würde.
Gerade das vom Kläger angeführte Gutachten der Gesellschaft für
Luftverkehrsforschung, das übrigens als Ergebnis eines Abstimmungsprozesses in der
Fluglärmkommission von vier durch ein anderes Flugverfahren betroffenen Gemeinden
in Auftrag gegeben worden sei, zeige, wie eng Verfahrensvarianten im Hinblick auf die
Art und das Ausmaß der Betroffenheiten beieinander liegen könnten. Eine eindeutige
Entscheidung für eine der untersuchten Variante lasse sich demgemäß aus dem
Gutachten nicht herleiten. Die späteren Änderungen der Verordnung hätten keine
Verbesserung der Belastungssituation des Klägers gebracht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der in diesem und in den Verfahren 20 D 120 und 180/97.AK
beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Akten der DFS Bezug
genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist - mit dem im Revisionsverfahren konkretisierten und im neuerlichen
Klageverfahren weiterverfolgten Begehren - zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger
wendet sich gegen ein Flugverfahren im Sinne des § 27a LuftVO, das vom Luftfahrt-
Bundesamt auf der Grundlage des § 27a Abs. 2 LuftVO durch Rechtsverordnung
festgelegt worden ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Revisionsurteil mit
bindender Wirkung für das vorliegende Verfahren (§ 144 Abs. 6 VwGO) entschieden,
dass dieses Rechtsschutzbegehren als Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) statthaft
und auch sonst zulässig ist, der Kläger insbesondere als Rechtsverletzung
entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen kann, bei der Festlegung des
Flugverfahrens sei ein subjektives Recht auf gerechte Abwägung eigener rechtlich
geschützter Interessen verletzt worden.
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Die Feststellungsklage ist indessen nicht begründet, weil der Kläger von der Festlegung
des streitigen Abflugverfahrens nicht in seinen Rechten verletzt wird. Die Festlegung
dieses Abflugverfahrens beruht - wie in der Verordnung gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG
angegeben - auf der Ermächtigung gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 LuftVG i.V.m.
der Subdelegationsnorm des § 27a Abs. 2 LuftVO. Durchgreifenden Bedenken ist die
Ermächtigungsgrundlage nicht ausgesetzt: Flugverfahren sind einer Festlegung durch
untergesetzliche Norm nicht deshalb verschlossen, weil sie im Sinne der
Wesentlichkeitstheorie der Entscheidung des parlamentarischen Gesetzgebers
vorbehalten wären. Flugverfahren sind in ihrem Kern Maßnahmen der bloßen
Gefahrenabwehr. Sie bilden notwendige Regelungen (vgl. § 32 Abs. 1 LuftVG) zur
sicheren Abwicklung von Luftverkehr im Anschluss an anderweitig bereits getroffene
Grundentscheidungen, nämlich über die prinzipielle Zulässigkeit von Luftverkehr im
Luftverkehrsgesetz, dessen Verfassungsmäßigkeit nicht fraglich ist (s. auch Art. 87d
GG), und über den konkreten Flugbetrieb an einem bestimmten Flugplatz in dessen
luftverkehrsrechtlicher Genehmigung bzw. Planfeststellung. Demgemäß regeln die
Verfahren, wie in § 32 Abs. 3 Sätze 2 und 3 LuftVG hervorgehoben ist, die "zur
Gewährleistung der Sicherheit des Luftverkehrs und der öffentlichen Sicherheit oder
Ordnung notwendigen Einzelheiten über die Durchführung der Verhaltensvorschriften
nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1", die ihrerseits u.a. "das Verhalten im Luftraum ..., Verhalten
bei Start und Landung ..." betreffen. Hierauf aufbauend greifen
Flugverfahrensfestlegungen einen der jeweiligen Planungsentscheidung für einen
Flughafen zugrunde liegenden Teil der prognostischen Annahmen - nämlich das so
genannte Flugbetriebsmodell - wieder auf. Dass das Luftfahrt-Bundesamt dabei auf
Lärmschutz "hinzuwirken" hat, wie § 29b Abs. 2 LuftVG bestimmt, prägt die
Entscheidung über Flugverfahren ebenso wenig im Sinne einer unmittelbaren
Grundrechtsrelevanz mit der Folge der Notwendigkeit einer parlamentarischen
Regelung, wie es bei planerischen Entscheidungen der ebenfalls auf die Beachtung
des Schutzes vor Fluglärm verpflichteten Genehmigungs- bzw.
Planfeststellungsbehörden (vgl. dazu § 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG) der Fall ist.
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In der Konsequenz dieser Überlegungen liegt es, dass Flugverfahren nicht deshalb als
"wesentliche" Regelungen einem Parlamentsvorbehalt unterliegen, weil sie in
einzelnen Bereichen zu (fachplanerisch) unzumutbarem oder sogar zu
grundrechtsbeeinträchtigendem Fluglärm führen können. Wenn solchen Folgen im
Rahmen der Flugverfahrensplanung nicht angemessen vorgebeugt oder Rechnung
getragen werden kann, dann sind sie nicht schon allein und aufgrund der
entsprechenden Verordnung endgültig hinzunehmen, vielmehr kann und muss ihnen
gegebenenfalls durch Zugriff auf die luftverkehrsrechtliche Zulassungsentscheidung, die
den Betrieb des Flughafens trägt, wirksam begegnet werden. Dies hat der Senat im
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vorliegenden Klageverfahren bereits in seinem aufgehobenen ersten Urteil vom 19.
August 1999 im Einzelnen dargelegt; das Bundesverwaltungsgericht hat diese Sicht im
Revisionsurteil bestätigt. Hierauf wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
In der damit einhergehenden Notwendigkeit, Abhilfe gegebenenfalls in mehreren
Verfahren zu suchen, liegt für sich betrachtet keine verfassungsrechtlich bedenkliche
Rechtsschutzerschwerung. Die Aufspaltung ist Folge der unterschiedlichen
Handlungsformen (Verordnung und Verwaltungsakt) sowie der unterschiedlichen
Kompetenzen, nachdem der Bund von der verfassungsrechtlichen Ermächtigung,
(einzelne) Aufgaben der bundeseigenen Luftverkehrsverwaltung auf die Länder zu
übertragen (vgl. Art. 87d Abs. 2 GG), in § 31 Abs. 2 Nr. 4 und § 10 Abs. 1 LuftVG - soweit
hier einschlägig - nur hinsichtlich der Regelung der Bodennutzung der Flugplätze (durch
Genehmigung und Planfeststellung) Gebrauch gemacht hat, nicht jedoch hinsichtlich
der mit der Flugverfahrensplanung verbundenen Luftraumnutzung.
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Die Ermächtigung wahrt die Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 und 2 GG: § 32 Abs. 3
Satz 3 i.V.m. Satz 2 LuftVG lässt die Subdelegation der in Absatz 1 Nr. 1 der Vorschrift
dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (bislang:
Bundesministerium für Verkehr) erteilten Ermächtigung auf das Luftfahrt-Bundesamt, wie
in § 27a Abs. 2 Satz 1 LuftVO geschehen, also eine Weiterübertragung im Sinne des
Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG, ausdrücklich zu. Einer Zustimmung des Bundesrates zu der
Verordnung des Luftfahrt-Bundesamtes bedurfte es, abweichend von § 32 Abs. 1
LuftVG, nicht, weil in § 32 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 LuftVG eine "anderweitige
bundesgesetzliche Regelung" im Sinne des Art. 80 Abs. 2 GG getroffen ist. Schließlich
sind Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung hinreichend bestimmt: Nach
der Vorgabe in § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LuftVG ist Regelungsgegenstand das Verhalten
(von Luftfahrzeugführern bzw. Luftfahrzeugen) im Luftraum, insbesondere bei Start und
Landung. Dies wird in § 27a Abs. 1 und 2 LuftVO durch die Wendung "bei Flügen nach
Instrumentenflugregeln", was die technischen Notwendigkeiten des Sachbereichs
"Instrumentenflugbetrieb" einschließt, sowie durch die Begriffe "einschließlich der
Flugwege, Flughöhen und Meldepunkte" ausreichend - nämlich so weit abstrakt möglich
- präzisiert.
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Das vom Luftfahrt-Bundesamt angewandte Erlassverfahren führt nicht auf Rechtsfehler
zulasten des Klägers:
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Insbesondere war das Luftfahrt-Bundesamt nicht gehalten, den Kläger am Verfahren
(individuell oder als Teil der Öffentlichkeit) zu beteiligen. Eine gesetzliche Verpflichtung
zur Beteiligung der Öffentlichkeit, die durch die Auswirkungen zu verordnender oder zu
ändernder Flugverfahren betroffen werden kann, besteht nicht. Die Anhörungs- bzw.
Beteiligungsvorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes (hier: des Bundes) können
nicht herangezogen werden, da es sich nicht um ein Verwaltungsverfahren im Sinne
des § 9 VwVfG, sondern um ein Rechtssetzungsverfahren im formellen Sinne handelt.
Eine Beteiligungspflicht lässt sich auch nicht aus vorrangigem Recht, insbesondere den
Grundrechten, herleiten. Aus dem oben schon Gesagten folgt, dass Flugverfahren im
Kern Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, in die Lärmschutzaspekte eingebunden sind,
darstellen. Originäre Eingriffe in verfassungskräftig geschützte Positionen werden,
anders als etwa bei der Festlegung der ebenfalls durch Rechtsverordnung
festzusetzenden Lärmschutzzonen nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm, vgl.
dazu BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 1980 - 2 BvR 584/76 u.a. -, DVBl. 1981, 535
(537 f.), nicht zugelassen. Vielmehr stellen die Lärmwirkungen einzelner Flugverfahren,
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wie gesagt, lediglich Folgen der vorausgegangenen Entscheidungen über die
grundsätzliche Zulässigkeit und Zumutbarkeit des von einer konkreten Anlage
ausgehenden Fluglärms dar. Etwa ausgelösten Grundrechtsbetroffenheiten, die trotz
hinreichend erfolgter Berücksichtigung des Lärmschutzaspekts im Rahmen einer
konkreten Festlegung von Flugverfahren verbleiben, ist mit dem Mittel der Änderung im
Bereich der Genehmigung bzw. des Planfeststellungsbeschlusses zu begegnen; so
wird jedenfalls insgesamt auch die Erfüllung der - aus dem objektiv-rechtlichen Gehalt
des Art. 2 Abs. 2 GG folgenden - Pflicht der staatlichen Organe hinreichend
gewährleistet, sich schützend und fördernd vor die darin genannten Rechtsgüter zu
stellen und sie insbesondere vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten anderer zu
bewahren. Es besteht deshalb auch keine Notwendigkeit, aus Gründen des
Grundrechtsschutzes ein Verfahren mit der Funktion vorverlagerten Rechtsschutzes und
einem gegenüber dem materiellen Recht eigenständigen Gewicht zugunsten von
Drittbetroffenen zu fordern, wie dies im Atomrecht wegen der dort auftretenden, nach Art
und Umfang exponenziellen Risiken, die mit den vorliegend zu bewältigenden Gefahren
durch Fluglärm nicht ansatzweise vergleichbar sind, entwickelt worden ist. Vgl. dazu
BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 1979 - 1 BvR 385/77 -, BVerfGE 53, 30 (62 ff.);
BVerwG, Urteil vom 5. Oktober 1990 - 7 C 55 und 56.89 -, BVerwGE 85, 368 (373 ff.);
vgl. ferner zum Abfallrecht: BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 1988 - 7 B 215.87 -, UPR
1989, 24..
Eine andere Betrachtung des Beteiligungsrechtes ist auch dann nicht geboten, wenn
man darauf abstellt, dass Flugverfahren ihrem materiellen Gehalt nach jedenfalls auf der
Grenze zwischen Norm und Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 Satz 2 VwVfG
liegen.
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Vgl. dazu Czybulka/Wandres, Rechtsschutz gegen zivilen Fluglärm bei der Festlegung
von "Flugrouten", DÖV 1990, 1033 und Czybulka, Verwaltungsprozessuale Probleme
bei der Klage gegen die Festlegung von "Flugrouten", DÖV 1991, 410.
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Denn zum einen besteht, wie der Wertung in § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG zu entnehmen ist,
auch bei Allgemeinverfügungen für die Behörde keine zwingende Notwendigkeit zur
vorherigen Anhörung, und zum anderen beschränkt sich der - gegebenenfalls
anzuhörende - Adressatenkreis auf die Luftfahrzeugführer, die zur Befolgung der
(vorgeschriebenen) Flugverfahren verpflichtet sind (vgl. § 27a Abs. 1 LuftVO).
Schließlich folgt aus dem Gebot, den für die beabsichtigte Planung erheblichen
Sachverhalt zu ermitteln, nicht die Pflicht des Verordnungsgebers, die potenziell
betroffenen Grundstückseigentümer anzuhören. Mangels gesetzlicher Bestimmungen
und aus vorrangigem Recht abzuleitender Pflichten liegt die Gestaltung des
Erlassverfahrens als Ausfluss der Aufgabenzuweisung im sachgerecht auszuübenden
Ermessen des Luftfahrt-Bundesamtes. Aufgrund dessen ist das Luftfahrt-Bundesamt
ermächtigt, selbst zu bestimmen, auf welche Weise es sich die notwendigen
Erkenntnisse, auch etwa über die jeweils zu beachtenden örtlichen Verhältnisse und
Besonderheiten, verschafft. Entscheidend für die Ausübung des Ermessens ist insoweit,
wie später noch näher darzulegen, das im Einzelfall verfolgte Regelungskonzept.
Danach besteht - wie auch im Revisionsurteil hervorgehoben - zur Herbeiführung einer
abwägungsgerechten Entscheidung mit Blick auf anderweitig zur Verfügung stehende
Erkenntnismittel keine generelle Pflicht zu einer bis auf die Ebene der einzelnen
Grundstücke vordringenden Sachverhaltsaufklärung, die eine individuelle Anhörung
bedingen könnte; vielmehr kann eine - prinzipiell zulässige - generalisierende,
großräumige Betrachtung ausreichen. Für das hier konkret verfolgte Regelungskonzept
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war - wie später noch ausgeführt wird - nicht mehr an Tatsachenerkenntnis erforderlich,
als was anhand der herangezogenen Unterlagen ermittelt worden ist. Im Übrigen ist
klägerseitig auch nichts aufgezeigt worden, was im Falle einer durchgeführten
Anhörung vorgetragen worden wäre und angesichts der Zielsetzung sowie der
gewählten Vorgehensweise der Beklagten für die konkret getroffene Entscheidung
zugunsten des Klägers hätte relevant werden können.
Unzulässige Einflussnahmen auf das Verfahren der Festlegung der Flugverfahren sind
nicht festzustellen: So ist nicht zu beanstanden, dass sich das Luftfahrt- Bundesamt
ganz maßgeblich der Hilfe der DFS bedient hat. Wie im Revisionsurteil bereits
anerkannt ist, darf das Luftfahrt-Bundesamt der DFS sogar im Wesentlichen die
Erarbeitung der Abwägungsentscheidung überlassen. Die Inanspruchnahme einer so
weit gehenden Hilfe ist sachgerecht, weil die DFS - als Nachfolgerin der Bundesanstalt
für Flugsicherung - die für die Vorbereitung von Flugverfahren uneingeschränkt
kompetente, personell und sachlich hinreichend ausgestattete Stelle ist, bei der zudem
die Kenntnis über ganz wesentliche Faktoren, von denen eine möglichst optimale
Festlegung von Flugverfahren abhängt, vorhanden ist. Überdies ist die DFS - anders als
das Luftfahrt-Bundesamt - mit ihren regionalen Flugverkehrskontrollstellen jeweils vor
Ort vertreten (vgl. auch § 27d LuftVG) und nach §§ 27c Abs. 2, 31b Abs. 1 Satz 1 LuftVG
i.V.m. der Verordnung zur Beauftragung eines Flugsicherungsunternehmens vom 11.
November 1992 (BGBl. I S. 1928) u.a. mit der Überwachung und Lenkung der
Bewegungen im Luftraum, also auch mit der Durchführung der angegriffenen
Verordnung im Einzelfall betraut (vgl. die Verordnung über die Betriebsdienste der
Flugsicherung [FSBetrV] vom 17. Dezember 1992, BGBl. I S. 2068). Eine Befassung der
DFS mit Fragen des Schutzes gegen Fluglärm bei konkreten Flughäfen ist zudem durch
ihre Einbindung in die Tätigkeit der Fluglärmkommissionen (vgl. § 32b LuftVG)
gesetzlich verankert. Die DFS ist auch keineswegs ein in ihren Entscheidungen
grundsätzlich freies oder beliebigen Einflüssen offenes privates Unternehmen; vielmehr
kommt ihr als Beliehener hinsichtlich ihrer Aufgaben Behördeneigenschaft zu und
unterliegt sie insofern der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums für
Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (vgl. § 31d Abs. 2 LuftVG), was ihre im
Luftverkehrsgesetz als selbstverständlich vorausgesetzte Neutralität - auch für das
vorliegende Verfahren - sichert.
23
Ebenso wenig ist im Ansatz zu beanstanden, dass das Luftfahrt-Bundesamt bei der
Gestaltung der streitigen Flugverfahren, insbesondere der zugrunde liegenden
Bewertung der widerstreitenden Lärmschutzbelange der Meinungsbildung in der
örtlichen Fluglärmkommission wesentliches Gewicht gegeben hat. Die
Fluglärmkommission ist ein nach § 32b Abs. 1 LuftVG eingerichtetes Gremium mit einer
beratenden Funktion, die nach der genannten Vorschrift in zentraler Weise
Lärmschutzaspekte umfasst, die auch bei der Festlegung von Flugverfahren zu
berücksichtigen sind (§ 29b Abs. 2 LuftVG). Flugverfahren können wegen der mit ihnen
verbundenen Verlagerung von Flugverkehr, gerade wenn diese wie hier vorrangig auf
Lärmschutz zielt, zu den betrieblichen Maßnahmen der so genannten aktiven
Lärmminderung gehören, also unmittelbar zum Beratungsgegenstand "Maßnahmen
zum Schutz gegen Fluglärm" im Sinne des § 32b Abs. 1 Satz 1 LuftVG. Wenn auch
ausdrücklich nur eine Beratung der Genehmigungsbehörde sowie der für die
Flugsicherung zuständigen Stelle vorgesehen ist, so ist doch nicht zweifelhaft, dass
einer wertenden Berücksichtigung der Meinungs- und Willensbildung in der örtlichen
Kommission, die unter Umständen bis hin zu einer detaillierten Umsetzung eines in der
Kommission gebilligten Flugverfahrens gehen kann, insbesondere deshalb nichts im
24
Wege steht - falls sie nicht sogar als aus der Sache heraus angezeigt erscheint -, weil
eine fundierte Kenntnis der für den Lärmschutz im Rahmen der Festlegung von
Flugverfahren relevanten Umstände gewährleistet ist, nämlich durch die Mitgliedschaft
von Vertretern der von Fluglärm betroffenen Gemeinden und des - nicht zuletzt durch
Beschwerden u.ä. über Problembereiche informierten - Flughafenunternehmers sowie
durch die Anwesenheit eines Vertreters der Genehmigungsbehörde (vgl. § 32b Abs. 4
und 6 LuftVG).
Dass der DFS, der das Luftfahrt-Bundesamt die Erarbeitung des Flugverfahrens, die
Sachverhaltsaufklärung und die Abwägung überlassen hat und, wie gesagt, überlassen
durfte, die in der Kommission diskutierten Unterlagen und der dortige
Meinungsbildungsprozess vor Erlass der streitigen Rechtsverordnung umfassend
bekannt waren, ist aufgrund der Einbindung des Vertreters der für die
Flugverkehrskontrolle zuständigen Stelle (§ 32b Abs. 4 Satz 1 LuftVG) in die
Kommission bzw. der hier festzustellenden faktischen Teilnahme weiterer Bediensteter
der DFS an deren Sitzungen offenkundig, ergibt sich aber auch aus den von der
Beklagten vorgelegten Sitzungsniederschriften der Kommission für den Flughafen
Köln/B. und aus den Ausführungen des Beklagtenvertreters sowie des Vertreters der
DFS in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Ebenso wenig ist fraglich, dass
eine hinreichende Prüfung des letztlich gefundenen Flugverfahrens durch das Luftfahrt-
Bundesamt, das für die Entscheidung verantwortlich bleibt, stattgefunden hat, wobei -
wie vor allem die überzeugenden Schilderungen des Ablaufs durch den
Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergeben haben -
neben den vorgelegten Kommissionsprotokollen vor allem die laufenden Kontakte zur
federführenden Fachgruppe Verfahrensplanung der DFS die Grundlage waren.
Ausweislich der über Jahre intensiv geführten Diskussionen und der zahlreichen
geprüften Varianten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass sich das Luftfahrt-
Bundesamt bzw. die DFS nicht als Vollzugsorgan für einen - wie auch immer zustande
gekommenen - Beschluss der Kommission verstanden oder geriert, sondern
Erkenntnisse aus der Kommissionsarbeit verwertet hat. Der Kläger ist durch das streitige
Abflugverfahren nicht in seinem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung verletzt.
25
Dazu ist zunächst festzustellen, dass weder ein Abwägungsausfall noch das gänzliche
Ausblenden eines abwägungserheblichen und den Kläger berührenden Belangs
vorliegt. Wird gemäß dem Vorstehenden die vorbereitende Tätigkeit der DFS und deren
Kontakt zur örtlichen Fluglärmkommission einbezogen, so kann schlechthin nicht
bezweifelt werden, dass im Sinne eines Abwägens das Für und Wider verschiedener
Gestaltungsmöglichkeiten betrachtet worden ist und die Lärmwirkungen dabei - als
durchgängig prägendes Element - mit vorrangigem Gewicht einbezogen worden sind.
Dass sich zur Belastung gerade des klägerischen Grundstücks keine Feststellungen
oder Aussagen finden, weist wegen der - wie oben bereits gesagt - zulässigen
generalisierenden Betrachtung nicht auf eine grundlegende Vernachlässigung
klägerischer Belange hin. Das frühere Vorbringen der Beklagten im vorliegenden
Klageverfahren und das auf die Revision hin aufgehobene Urteil des Senats ergeben
ebenfalls nichts für einen groben Abwägungsmangel der eingangs genannten Art. Es
ging dort nicht darum, wie und insbesondere unter Berücksichtigung welcher Aspekte
die Streckenfestlegung zustande gekommen ist, sondern um die Frage, inwieweit damit
Rechte von Betroffenen verbunden sind, die gegebenenfalls im Klagewege verfolgt
werden können. Ob ein Betroffener klageweise eine unzureichende Berücksichtigung
seiner Belange gerichtlich geltend machen kann, hat aber nichts mit der Frage zu tun,
ob seine Betroffenheit behördenseitig eingestellt und abgewogen worden ist. Auch wird
26
das Gewicht, das Belangen zu geben ist, entscheidend von gesetzlichen Wertungen
bestimmt, und hängt nicht von vornherein und maßgeblich davon ab, ob dem
Verordnungsgeber gerade auch die aus der Berührung individualrechtlicher Positionen
folgende Möglichkeit einer nachfolgenden gerichtlichen Kontrolle bewusst war oder
nicht.
Die weitere gerichtliche Prüfung der Abwägungsentscheidung wird durch - bereits im
Revisionsurteil des Bundesverwaltungsgerichts aufgezeigte - Besonderheiten
beeinflusst, die die Festlegung von Flugverfahren im Sinne des § 27a Abs. 2 LuftVO
prägen und sich im Wesentlichen aus der Natur derartiger Regelungen ergeben. Die
Besonderheiten rühren zunächst daher, dass - wie bereits gesagt - die eigentliche
Ursache einer möglichen Betroffenheit innerhalb der Abwägung bei der Festlegung von
Flugverfahren nicht mehr zur Disposition steht. Diese Ursache liegt im vom konkreten
Flugplatz ausgehenden Luftverkehr, dessen Zulässigkeit auf anderweitig getroffenen
Entscheidungen beruht, die im Verfahren zur Festlegung von An- und Abflugstrecken
vom Verordnungsgeber als gegeben hinzunehmen sind. Auch erlaubt das als Ergebnis
der Abwägung festzulegende Flugverfahren keine klare und verbindliche Aussage über
die tatsächliche räumliche Ausdehnung und die Schwerpunkte des Lärmgeschehens im
Bereich einzelner Strecken. Zwar ist mit üblichen Berechnungsmethoden (etwa nach
der Anleitung zur Berechnung nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm) eine
Prognose der langfristigen mittleren Lärmbelastung jedenfalls innerhalb einiger Meilen
um das Start- und Landebahnsystem herum möglich. Jedoch ist die Bedeutung
solcherart allgemein zu gewinnender Aussagen als Entscheidungsgrundlage für den im
Rahmen der Flugverfahrensplanung zu bewirkenden Lärmschutz entscheidend
gemindert. Die so ermittelten Werte ergeben keine zulänglichen Erkenntnisse, wenn es
um die durch Flugverfahren ausgelösten konkreten Belastungen mit Einzelschallpegeln
oder um Belastungsdifferenzen im Vergleich von Grundstücken geht. Dies folgt daraus,
dass jedes Abflugverfahren zwar, zumindest in der Ebene, eine ideale Abfluggrundlinie
ergibt, der die Luftfahrzeugführer möglichst genau folgen müssen, weshalb die Ideallinie
notwendiger Maßstab für Durchführung und Bewertung des tatsächlichen
Fluggeschehens ist, dieses aber gleichwohl nicht wirklichkeitsgetreu abbildet. Vielmehr
ist jeder Ideallinie mit Blick auf den realen Flugbetrieb - auch unabhängig von
"Ausreißern" - ein so genanntes Flugerwartungsgebiet zugeordnet, das die letztlich
wegen nicht auszuräumender technischer Unzulänglichkeiten auch bei regelgerechten
Flügen und guter Fliegbarkeit der Strecken hinzunehmende Streuung der
Flugbewegungen umschließt. Die Ideallinie ist demgemäß nur als "average track", d.h.
als das unter günstigsten Bedingungen durchschnittlich Erreichbare, gestaltet und zu
verstehen. Neben den nicht vorhersehbaren Abweichungen der einzelnen Flüge von
der Ideallinie wird die Belastbarkeit allgemeiner Lärmaussagen zu Lärmschutzzwecken
für die Festlegung des Streckenverlaufs im Detail auch durch weitere Faktoren
weitestgehend eingeschränkt, insbesondere durch die innerhalb von Kurzzeiträumen
ständig variierende Inanspruchnahme der Strecken und durch wechselnde
Witterungsbedingungen, die zusätzlich für unvermittelte Verteilungsänderungen des
erzeugten Fluglärms sorgen können (vor allem als so genannte Windverdriftungen des
Lärms).
27
Besonderheiten bietet die Abwägung zu Flugverfahrensfestlegungen auch in
verfahrens- und wertungsmäßiger Hinsicht:
28
Verfahrensmäßig bilden sich Flugverfahren - wie gerade die vorliegende Sache zeigt -
oft nicht in einem einzigen, in sich geschlossenen Meinungsbildungsvorgang heraus,
29
sondern in einem vielschichtigen Entwicklungsprozess, der - insbesondere wenn es,
wie vorliegend, um Veränderungen der Streckenführung geht - auf Früherem aufbaut,
das möglicherweise nicht nochmals klar thematisiert wird. Denn der
Meinungsbildungsvorgang, der dem Erlass der Rechtsverordnungen zugrunde liegt, ist
anders als im Planfeststellungsverfahren nicht gesetzlich vorstrukturiert bzw.
formalisiert. Dies bedingt, dass der Prozess des Abwägungsvorgangs nur mit
Einschränkungen wirklich verlässlich aufklärbar und nachvollziehbar ist. Aber auch die
Substanz, die der Abwägung zugrunde liegt, kann sich im Laufe der Entwicklung
erheblich wandeln, sodass etwa ursprünglich Bedeutsames seinen Einfluss auf das
Ergebnis verlieren kann, ohne dass dies zuverlässig und in einer für
Rechtsschutzverfahren brauchbaren Weise greifbar wird.
Eine nachhaltige weitere Besonderheit der hier in Rede stehenden Abwägung ist, dass
die in ihr zu erarbeitende Konfliktlösung - einmal abgesehen von eventuell berührten
Belangen der Luftverkehrsunternehmen in Bezug auf einzelne Flugstrecken - weithin
nicht zwischen widerstreitenden Belangen eines "Störers" und eines "Gestörten" zu
finden ist, sondern sich zwischen den prinzipiell gleichgelagerten und deshalb
prinzipiell mit gleichem Gewicht zu veranschlagenden Interessen der einzelnen in der
Flughafenumgebung Lebenden am Fernhalten von Lärmbeeinträchtigungen von ihrem
Grundstück vollzieht. Dabei geht es insbesondere nicht an, die durch ein neues
Flugverfahren Entlasteten dem "Begünstigten" eines emittierenden Vorhabens
gleichzusetzen; denn die Entlasteten sind, anders als ein Vorhabenträger, nicht
Lärmverursacher.
30
Bei seinen Bewertungen hat der Verordnungsgeber ferner auch dann, wenn er mit einer
Regelung in erster Linie auf eine Verbesserung des Lärmschutzes abzielt, neben dem
für das gesamte potenzielle Überfluggebiet gleichermaßen geltenden
interessenbestimmenden Lärmaspekt stets weitere öffentliche Belange in seine
Abwägung einzustellen. Insofern wirkt sich aus, dass Flugverfahren
flugsicherungsbetriebliche Maßnahmen sind, die ganz vorrangig der sicheren,
geordneten und - gegebenenfalls auch Interessen der Luftfahrtunternehmen an der
Vermeidung von Umwegen berührenden - flüssigen Abwicklung des Luftverkehrs
verpflichtet sind und bleiben. Dies ergibt sich aus § 27c Abs. 1 LuftVG, aber auch aus
dem in § 27a Abs. 1 LuftVO betonten Zusammenhang der Flugverfahren mit den
Flugverkehrskontrollfreigaben nach § 26 LuftVO. Nur in dem durch das
flugsicherungsbetrieblich Verantwortbare im Einzelfall eröffneten Rahmen bleibt Raum,
bei der Gestaltung von Flugverfahren auf sonstige Aspekte Rücksicht zu nehmen, so
etwa nach Maßgabe des § 29b Abs. 2 LuftVG, auf den Schutz der Bevölkerung vor
unzumutbarem Fluglärm "hinzuwirken". Die genannten Besonderheiten der Abwägung
ziehen Auswirkungen auf die gerichtliche Überprüfung nach sich: Da auch der stärkste
emittierte Fluglärm, soweit er auf eine wirksame Zulassungsentscheidung zurückgeht,
verteilt werden muss, aber wegen der Besiedlungsdichte der Bundesrepublik
Deutschland nie vollständig auf unbewohntes Gebiet verlagert werden kann, ist die
Höhe der Lärmbelastung, die sich infolge einer Flugverfahrensfestlegung oder -
änderung für einen beaufschlagten Siedlungsbereich ergibt, für sich allein kein
tragfähiges Indiz für eine unzureichende Berücksichtigung der Lärmschutzinteressen.
Auch die Inanspruchnahme der Abflugstrecke NORF in Relation zur Inanspruchnahme
der Entlastungsroute, die in der mündlichen Verhandlung zwischen den Beteiligten
unterschiedlich eingeschätzt worden ist, ist hier nach dem oben Ausgeführten für die
Abwägung ohne Bedeutung. Die Inanspruchnahme hängt grundsätzlich als (Teil-
)Ursache der sich tatsächlich einstellenden Lärmbelastung im Wesentlichen von
31
anderweitigen Vorentscheidungen ab, die von der Beklagten nicht beeinflusst werden
können und im Rahmen der Flugverfahrensplanung hinzunehmen sind. Dass die
Streckenauslastung mit Blick auf den Kläger bestimmte Reaktionen der Beklagten
nahelegen würde, erschließt sich auch mit Blick auf die den Kläger treffende
Nachtbelastung schon angesichts der unten näher zu würdigenden Streckenkonzeption
nicht ansatzweise, zumal die prinzipielle Zulässigkeit von Nachtflugverkehr in § 29b
Abs. 1 Satz 2 LuftVG vorausgesetzt ist und dessen konkrete Auswirkungen, sollten sie
hinsichtlich des Klägers als unzumutbar einzustufen sein, im Genehmigungsverfahren
abzuarbeiten wären.
Zudem ist dem Verordnungsgeber für die Gestaltung der Flugverfahren und die damit
einhergehende Verteilung des Lärms notwendigerweise ein großes Maß an
Gestaltungsfreiheit zuzugestehen. Die hier gegebene Weite des der planerischen
Abwägung stets immanenten Gestaltungsspielraums folgt aus der dargelegten
grundsätzlichen Gleichrangigkeit der Lärmschutzinteressen in den potenziellen
Überfluggebieten sowie daraus, dass weder das Luftverkehrsgesetz noch die
Luftverkehrs-Ordnung "Planungsleitsätze" beinhalten, die bei der den Lärm verteilenden
Entscheidung strikt zu beachten, d.h. prinzipiell unüberwindbar wären. Selbst nach §
29b Abs. 2 LuftVG ist das Luftfahrt-Bundesamt lediglich verpflichtet, auf Schutz vor
unzumutbarem Fluglärm "hinzuwirken", was im Sinne einer Abwägungsdirektive eine
Einbeziehung des - aus den oben genannten Gründen in der Umsetzung ohnehin
relativierten - Lärmaspekts in das Entscheidungsprogramm der
Ermächtigungsgrundlage bedeutet; ein prinzipieller Vorrang des Lärmschutzes oder
eine ohne weiteres umsetzbare Handlungsanweisung ist damit nicht verbunden. Lassen
sich aber Gewichtungen und anzuerkennende Gestaltungsgrundsätze nicht auf
gesetzliche Vorgaben zurückführen, so sind sie mit Anspruch auf
Allgemeinverbindlichkeit kaum überzeugend abzuleiten. Selbst innerhalb des
Lärmaspekts ist zwischen Alternativen zu entscheiden, von denen sich bei einer
abstrakten Betrachtung keine zwingend als schlechthin vorzugswürdig darstellt. Solche
Wertungen sind etwa zu treffen bei der Wahl zwischen Bündelung und Streuung von
Flugbewegungen (d.h. Lärmereignissen), vgl. dazu Bundesvereinigung gegen Fluglärm
e.V., Merkblatt LT009 "Bündeln oder Streuen?", in: Oeser/Beckers, Fluglärm 2000, S.
368, zwischen der Aufrechterhaltung bzw. sogar Verstärkung einer Altbelastung und der
Neubelastung bisher verschonter Gebiete, zwischen Relationen von Bevölkerungszahl
und Belastungsgrad (z.B.: mehr Menschen mit weniger Ereignissen oder niedrigeren
Pegeln oder weniger Menschen mit mehr Ereignissen bzw. höheren Pegeln?) oder etwa
einer Bilanzierung aller sich ergebender Vor- und Nachteile. Die Entscheidung
zwischen solchen Möglichkeiten und den ihnen zugrunde liegenden Wertungen gehört
grundsätzlich zum Kern des Gestaltungsauftrags der - demokratisch legitimierten -
Behörde, bei dessen Ausfüllung Dritte oder auch ein Gericht regelmäßig keine
überzeugenderen, sondern nur andere Anworten haben können.
32
Der notwendige Umfang der Sachverhaltsermittlung vor dem Verordnungserlass ist
nicht abstrakt und allgemeingültig festzulegen; insbesondere kann den - von der
Bindungswirkung nach § 144 Abs. 6 VwGO ohnehin nicht erfassten - Hinweisen des
Bundesverwaltungsgerichts im Revisionsurteil keine zwingende Vorgabe für die
Entscheidungsgrundlage entnommen werden. Die revisionsgerichtlichen Ausführungen
sind nach ihrem Gesamtzusammenhang darauf angelegt darzutun, dass bestimmte
klägerseitig angebrachte Rügen - deren tatsächliche Grundlage auch im
Revisionsverfahren nicht streitig war - dem Klagebegehren nicht zum Erfolg verhelfen
können, und zeigen in diesem Rahmen Wege zu einer als hinreichend anzusehenden
33
Sachverhaltsermittlung auf; dass diesen die Bedeutung eines unerlässlichen
Mindeststandards an Grundlagenmaterial zukommen soll, erschließt sich nicht.
Auszugehen ist vielmehr von den allgemeinen Grundsätzen zur Vorbereitung von
behördlichen Entscheidungen in tatsächlicher Hinsicht. Danach beziehen sich die
Ermittlungspflichten allein auf den entscheidungserheblichen Sachverhalt. Umfang und
Tiefe der jeweils gebotenen Ermittlungen richtet sich mithin in den vorliegenden Fällen
nach dem konkreten Regelungskonzept - dem angestrebten Ziel und dem verfolgten
Regelungsweg -, wobei angesichts der besonderen sachlichen Eigenart der Festlegung
von Abflugstrecken aus den oben genannten Gründen in aller Regel eine großräumige
Betrachtung ausreicht und weitgehend auf Detailfeststellungen verzichtet werden kann,
falls das Regelungsziel nicht im Einzelfall etwas anderes oder mehr verlangt. Aus
diesen Erwägungen greift es zu kurz, wenn der Kläger vorbringt, die Festlegung der
angegriffenen Flugverfahren führe schon allein und deshalb zu einer Rechtsverletzung,
weil die Beklagte "Kartenmaterial sowie Unterlagen über die Einwohnerzahlen" von
einem Aussagegehalt und einem Gewicht, wie es klägerseitig als im Revisionsurteil
gefordert betrachtet wird, nicht als seinerzeit tatsächlich vorhanden und berücksichtigt
vorgewiesen hat. Dass die Entscheidung der Beklagten auch ohne derartiges Material
auf einer sachangemessenen, ausreichenden und zutreffenden Grundlage beruht, steht
jedenfalls - wie weiter unten noch auszuführen - zur Überzeugung des Gerichts fest.
Im Übrigen ist - auch über die Sachverhaltsermittlung hinaus - generell zu beachten,
dass eventuell festzustellende Mängel nach einem für die Überprüfung von
Abwägungsentscheidungen allgemein geltenden Grundsatz, dessen Anwendung nicht
von einer ausdrücklichen gesetzlichen Normierung oder deren entsprechenden
Anwendung abhängt, nur erheblich sind, wenn sie auf das Abwägungsergebnis von
Einfluss gewesen sind,
34
vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 2002 - 9 B 63.01 -,
35
was voraussetzt, dass nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit
besteht, dass die planende Behörde ohne den Fehler zugunsten der Rechtsposition des
Dritten anders entschieden hätte.
36
Der sich so ergebende gerichtliche Prüfungsrahmen entspricht im Ergebnis im
Wesentlichen auch demjenigen, der in der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts für die gerichtliche Kontrolle untergesetzlicher Normen
entwickelt worden ist, und trägt so dem Charakter der Flugverfahrensfestlegung als
Rechtsverordnung Rechnung. Auch für die Prüfung von Rechtsverordnungen im
Übrigen ist geklärt, dass von einem weiten Gestaltungsspielraum innerhalb der
Vorgaben der Ermächtigungsnorm auszugehen ist, dass in der gerichtlichen
Überprüfung die Betrachtung des Entscheidungsprozesses zugunsten einer
Ergebniskontrolle zurücktritt - weil es auf das Ergebnis des Rechtssetzungsverfahrens
ankommt, also auf die erlassene Vorschrift in ihrer regelnden Wirkung, nicht aber auf die
die Rechtsnorm tragenden Motive dessen, der an ihrem Erlass mitgewirkt hat -, vgl.
BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 1995 - 7 NB 1.95 -, BVerwGE 99, 88; Beschluss vom 3.
Mai 1995 - 1 B 222.93 -, Buchholz 451.45 § 113 HwO Nr. 2; Urteil vom 13. Dezember
1984 - 7 C 3.83 u.a. -, BVerwGE 70, 318 (335); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 1.
September 1982 - NC 9 S 1696/81 u.a. -, NVwZ 1983, 369 f., und dass die Grundsätze
über die Ermessensausübung beim Erlass von Verwaltungsakten nicht übertragbar
sind. Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. April 1988 - 7 B 47.88 -, Buchholz 415.1
AllgKommR Nr. 73 (S. 17).
37
In Anwendung der sich aus dem Vorstehenden ergebenden Grundsätze ist nicht
festzustellen, dass die angegriffene Abflugstrecke den Kläger in seinem Recht auf
fehlerfreie Abwägung verletzt:
38
Die Beklagte hat mit der Neubeschreibung der angegriffenen Abflugstrecke (zurzeit
NOR1F), die mit der "langen Entlastungsroute" (zurzeit NOR2P) in untrennbarem
Zusammenhang steht, ein zu billigendes Ziel verfolgt und dieses auf tauglichem Wege
erreicht. Die sich aus der Kombination der genannten Flugverfahren ergebende neue
Streckenführung bezweckt - und bewirkt -, dass der bei Betriebsrichtung Süd nach
Westen abdrehende Flugverkehr den rechtsrheinischen Bebauungsriegel im
südwestlichen Nahbereich des Flughafens - gebildet namentlich durch die Städte
Troisdorf, Siegburg, Sankt Augustin, im weiteren Verlauf B. und Bad Honnef -
weitgehend schont: Der südwestliche Luftverkehr wird insgesamt nach dem Abheben
bis zu einem fixen Abdrehpunkt (heute: 5 NM = 9,26 km vom Funkfeuer KBO) auf einem
Geradeausflugsegment gebündelt und sodann gemäß der Steigleistung der
Luftfahrzeuge auf zwei Ideallinien aufgeteilt: Schlecht steigende Luftfahrzeuge müssen
weiterfliegen und dürfen erst in einer Entfernung von 12,5 NM = 23,15 km von KBO
abdrehen; sie überfliegen daher dicht besiedelte Gebiete (insbesondere Bad Honnef)
erst nach Erreichen einer größeren Höhe und berühren das Grundstück des Klägers
überhaupt nicht. Maximal steigfähige Luftfahrzeuge, nämlich solche, die den
Verfahrensplanungsgradient von zurzeit 14,5 % einhalten und damit am Abdrehpunkt
eine Mindestflughöhe von 4.000 ft erreichen (vgl. Anmerkung zu NOR1F in § 3 Abs. 2
Nr. 3 der 147. DVO i.d.F. des 22. ÄndVO), dürfen zwar bei 5 NM von KBO abdrehen,
sparen aber bereits die dicht besiedelten Städte Troisdorf, Siegburg und Sankt
Augustin, die sie südlich umfliegen, völlig aus und überfliegen sodann weniger dicht
besiedelte rechtsrheinische Teile der Stadt B. (Beuel und H. ) in der im gegebenen
Abstand vom Flughafen größterzielbaren Höhe; dabei führt die Strecke NORF sowohl
im Kurvenbereich, in dem der Luftverkehr unvermeidlich zu größerer Streuung neigt, wie
auch im weiteren rechtsrheinischen (westlich der A 59) und linksrheinischen Verlauf
über wenig oder unbesiedeltes Gebiet.
39
Nicht zu kritisierender Anlass für die Entscheidung zugunsten dieser Streckenführung
war eine massive Fluglärmproblematik im Raum Siegburg und Sankt Augustin, wo
aufgrund der früheren, d.h. seit 1991 gültigen Flugverfahren im mäßigen Abstand nach
dem Abheben von den Startbahnen zentrale Siedlungsgebiete in breiter Streuung
überflogen wurden. Diese Problematik war objektiv erkennbar, nämlich schon aufgrund
der Lagebeziehung zwischen dem Flughafen und den Siedlungsgebieten, vor allem
aber aus den - in der mündlichen Verhandlung nochmals exemplarisch vorgelegten -
Flugspuraufzeichnungen, die vor Erlass der angefochtenen Regelung im Rahmen der F.
-Sonderuntersuchung aus Oktober/November 1993 anlassbezogen ausgewertet worden
sind. Ein daraus resultierender Handlungsbedarf im Sinne von Überlegungen zu einer
Entschärfung der Belastungssituation lag auf der Hand, zumal im Hinblick auf das vom
Flughafen weiter entfernte - damit eine größere Überflughöhe erlaubende -, eher
schmalere und weniger dicht besiedelte südlichere Gebiet ein nicht in gleicher Weise
kritischer Bereich erkennbar war. Den Lärmbeschwerden, namentlich aus Sankt
Augustin, und der Anregung aus der Fluglärmkommission kommt gegenüber diesen
objektiven Anhaltspunkten lediglich Gewicht im Sinne einer Anstoßwirkung mit
zusätzlicher indizieller Bedeutung zu, sodass ihr Aufgreifen durch die Beklagte
keinesfalls auf einen einseitigen und unsachlichen Einstieg in die Prüfung der
Streckenführung hinweist.
40
Mit der Aufteilung des Luftverkehrs und der den Kläger belastenden Bündelung all jener
Flugbewegungen mit maximal steigfähigem Fluggerät südlich um die flughafennahen
Siedlungsschwerpunkte herum hat die Beklagte eine Handlungsalternative aufgegriffen,
gegen die rechtlich nichts zu erinnern ist; denn sie ist durch tragfähige Erwägungen
gedeckt. Das objektiv erkennbare Ziel dieser Bündelung ist insgesamt ein doppeltes:
Der abfliegende Verkehr soll möglichst zügig, also ohne unnötige Verlängerungen des
Flugweges, in die eigentlich angesteuerte Richtung - hier: nach Westen - abgeleitet
werden; zugleich sollen die Lärmbetroffenheiten auf das bei Wahrung von anerkannten
fliegerischen Belangen erzielbare Maß herabgesetzt werden. Beide Zielsetzungen
können sich auf die oben genannten gesetzlichen Wertungen - § 29b Abs. 2 LuftVG
einerseits, § 27c Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1b LuftVG ("Verkehrsflussregelung"), § 9 Abs. 1
FSBetrV andererseits - stützen, die in die Abwägung der Beklagten einzustellen und, da
sie sich hier nach Lage der Dinge gegenseitig hemmen, in einen angemessenen
Ausgleich zu bringen waren. Dieser Ausgleich ist der Beklagten mit der angegriffenen
Regelung gelungen, indem sie den abfliegenden Verkehr zunächst auf einem, dann auf
zwei Wegen gebündelt und dabei das Abdrehen für den am besten steigenden Teil des
Verkehrs jedenfalls so weit nach Süden verschoben hat, dass er den rechtsrheinischen
Siedlungszusammenhang an der ersten sich ergebenden Stelle quert, an der
angesichts erreichter Flughöhe ein Überfliegen unter Lärmschutzaspekten vertretbar
erscheint, während für den anderen Teil des Verkehrs - den mit schlechter steigendem
Fluggerät - eine weiter nach Süden führende Route vorgegeben wird. Eine Lösung der
den Anlass der streitigen Streckenfestlegung bildenden Problematik unter Inkaufnahme
einer andersgelagerten Belastung ist nicht zu beanstanden; angesichts der Verhältnisse
südlich/südwestlich des Flughafens war von vornherein klar, dass insgesamt allein
graduelle Verbesserungen in der Lärmbetroffenheit zu erreichen waren. Auf diese nicht
deshalb zu verzichten, weil absehbar keine vollständige Schonung der Bevölkerung
möglich ist, ist - zumal unter Berücksichtigung der oben aufgezeigten
Einschätzungsprärogative der Beklagten - sachlich ohne weiteres vertretbar. Es ging der
Beklagten nicht nur um die Verlagerung einer vorhandenen und in den prägenden
Faktoren (wie insbesondere Lärmstärke, Zahl der Betroffenen sowie der Überflüge und
deren Streubreite) im Wesentlichen unverändert bleibenden Lärmbetroffenheit auf ein
anderes, aber ähnlich strukturiertes Siedlungsgebiet, sondern darum, die
Lärmbetroffenheit insgesamt herabzusetzen auf das nach Lage der Dinge erreichbare
Minimum. Die Beklagte hat damit jedenfalls eine Lösung der Lärmschutzproblematik
gewählt, die gegenüber dem früheren Zustand deutliche Vorteile aufweist. Alternative
Streckenführungen, wie sie auch der Kläger angesprochen hat, bieten sich nicht in einer
Weise an, die die Entscheidung für die festgelegte Variante abwägungsfehlerhaft macht.
Alle Varianten laufen darauf hinaus, den Riegel verdichteter Bebauung im Rheintal an
anderen Stellen zu überfliegen und sind deshalb - wie aus dem vorliegenden
Kartenmaterial erkennbar - mit je eigenen Mischungen aus Vor- und Nachteilen
verbunden, die es in Ansehung des vom Gericht zu beachtenden Wertungs- und
Gestaltungsspielraums der Beklagten ausschließen, eine von ihnen als gegenüber der
gefundenen Streckenaufteilung schlechthin vorzugswürdig - die getroffene
Abwägungsentscheidung unter diesem Aspekt als willkürlich - anzusehen. Das gilt
insbesondere auch für eine alleinige Nutzung der Entlastungsroute NORP - sei es unter
Aufhebung, sei es unter zeitweiliger (insbesondere nächtlicher) Sperrung der den
Kläger belastenden Strecke NORF. Dies würde, wie seitens der Beklagten in der
mündlichen Verhandlung nachvollziehbar hervorgehoben, zu einer Konzentration des
gesamten auf das Funkfeuer NOR zufliegenden Luftverkehrs - auch und gerade zur
Nachtzeit - auf einer Route führen, die aus diesem Verkehr bereits die schweren und
41
tieffliegenden, deshalb von der Strecke NORF ausgeschlossenen Flugzeuge
aufnehmen muss. Zwangsläufige Folge wäre die zusätzliche Betroffenheit von bereits
anderweitig nicht wenig belasteten Gebieten. Diese Gebiete sind zwar in einer
Entfernung vom Flughafen, die in etwa derjenigen von H. entspricht, wesentlich dünner
besiedelt als dasjenige, in dem der Kläger wohnt; doch ist für die Lärmschutzinteressen
der dort betroffenen Wohnbevölkerung zusätzlich die geringere Höhe der jetzt schon die
Strecke nutzenden Flugzeuge einzustellen und ist für den weiteren Streckenbereich
eine sich verdichtende Besiedlung im Bereich beidseits der A 3 (nach Bad Honnef hin)
zu sehen, bei der es - wenngleich in größerer Höhe - ebenso wie im ersten Streckenteil
zu einer größeren Zahl von Überflügen käme als auf der vom Kläger angegriffenen
Route NORF. Wird zusätzlich berücksichtigt, dass eine alleinige Nutzung der
Entlastungsroute - neben von der Beklagten angesprochenen möglichen
Kapazitätsproblemen, denen hier kein Gewicht gegeben wird - wegen einer
Verlängerung der Abflugstrecke mit dem Interesse an einer flüssigen
Verkehrsabwicklung in gewissen Konflikt gerät, weil die Flugzeuge erst nach einem
gegenüber der Strecke NORF um 7,5 NM längeren Flug in südliche Richtung in die
eigentlich beabsichtigte Westrichtung (auf dem Radial 126 zurück auf NOR) abdrehen
dürfen und dabei weitere, nicht nur unerhebliche rechts- und linksrheinische
Wohngebiete überfliegen, so hält sich die gefundene Lösung alles in allem noch in dem
weiten Wertungs- und Gestaltungsraum der Beklagten, der - wie oben gesagt -
insbesondere die Ermächtigung einschließt, die zusätzliche Belastung vorbelasteter
Gebiete gegenüber der Neubelastung von Gebieten sowie die Relation der
Betroffenheiten hinsichtlich der Bevölkerungsdichte und der Lärmstärke (Pegel-
/Ereigniszahl) zu gewichten.
Ähnlich verhält es sich mit der vom Kläger favorisierten so genannten "mittleren" bzw.
"Dambroich" Route, wobei es keinen entscheidungserheblichen Unterschied macht, ob
diese Route als echte (NORF ausschließende) Alternative, d.h. alleinige Abflugstrecke,
als Strecke neben der bestehenden Entlastungsroute oder als Teil einer Dreiteilung der
Abflugverfahren betrachtet wird. Die "mittlere" Route, die das Abdrehen nach Westen in
einem größeren, weiter nach Süden führenden Bogen erlauben würde, ist entgegen der
Ansicht des Klägers von der Beklagten betrachtet und aus Gründen verworfen worden,
die letztlich nicht als abwägungsfehlerhaft kritisiert werden können. Schon die vom
Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Karte 2 der DFS, aber auch etwa das
Protokoll der 64. Sitzung der Fluglärmkommission vom 3. Dezember 1998 belegt, dass
diese Abflugvariante Gegenstand der Abwägung gewesen ist. Die "mittlere" Route mag
zwar darin vorteilhafter als die gefundene Lösung sein, dass Bonner Stadtgebiete in
größeren Höhen überflogen werden als dies zurzeit bei Beuel und H. der Fall ist.
Jedoch müssen im Gegenzug beim Weiterflug in nordwestliche Richtung stark
verdichtete linksrheinische Stadtgebiete von B. (insbesondere in der Linie Bad
Godesberg bis Endenich) in einem spitzen Winkel zum Verlauf des Rheins, also über
mehrere nautische Meilen, überflogen werden. Daraus ergibt sich wiederum - im
Ergebnis nicht anders als bei der Entlastungsroute - eine andere Relation der
Betroffenheiten, die in der Summe aus niedrigeren Schallpegeln, dafür aber einer
erkennbar deutlich größeren Betroffenenzahl resultiert. Der Vergleich zwischen den
Betroffenheitsrelationen fällt nicht in einer Weise eindeutig aus, die zu einer näheren
Befassung oder Rechtfertigung verpflichtet hätte oder gar die Entscheidung zugunsten
der vom Kläger bevorzugten Variante aufdrängt. Zudem ist, wie die Beklagte in der
mündlichen Verhandlung nochmals hervorgehoben hat, in den Erörterungen seit 1994
darauf Bedacht genommen worden, möglichst keine völlig neuen Betroffenheiten zu
schaffen, die aber mit der mittleren Route, die auch insofern mit NORF nicht
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vergleichbar ist, unvermeidbar einhergegangen wären. Demgegenüber lagen die
Bonner Siedlungsbereiche, zu denen auch das Grundstück des Klägers gehört, bereits
vor der angegriffenen Neuordnung - wenn auch mit einer deutlich geringeren Belastung
- im südlichen Bereich der den Strecken NOR2H und NOR4F zugehörigen
Flugerwartungsgebiete, wie die Ergebnisse der genannten F. -Sonderuntersuchung von
1993 belegen. Gegen eine Dreiteilung der Abflugverfahren, in der die "mittlere" Route
zu den bestehenden Abflugverfahren hinzutritt, spricht überdies, dass die Dreiteilung -
bei Berücksichtigung der jeweils zuzuordnenden Flugerwartungsgebiete - zu einer
Streuung des Luftverkehrs über das Stadtgebiet von B. geführt hätte, was einer Aufgabe
des achtenswerten Strebens der Beklagten nach Bündelung der Flugspuren und
Konzentrierung des Lärmgeschehens auf möglichst kleine und gering besiedelte
Gebiete gleichgekommen wäre.
Das Luftfahrt-Bundesamt ist von einem zutreffenden und für seine Entscheidung
hinreichend geklärten Sachverhalt ausgegangen. Die tatsächlichen Gegebenheiten,
soweit ihre Aufklärung nach den gewählten Entscheidungskriterien, die - wie oben
ausgeführt - den Ermittlungsumfang bestimmen, erforderlich war, waren anhand des
verwendeten - wenn auch auf den ersten Blick eher grob erscheinenden -
Kartenmaterials des Landesvermessungsamtes im Maßstab 1 : 50.000 (TK 50) in
angemessener Weise zu erfassen und zu beurteilen. Denn es kam nur auf die
großräumigen Zusammenhänge und Relationen zwischen der Lärmquelle und den
Siedlungsräumen an. Aus einer genaueren Kenntnis der Verhältnisse am Boden hätten
sich ersichtlich keine erheblichen Konsequenzen ergeben. Es ist nicht ansatzweise
ersichtlich, dass die Bevölkerungsdichte im Raum südlich/südwestlich des Flughafens
in relevanter Weise falsch eingeschätzt worden ist: Die herangezogenen Karten lassen
die Bebauungszusammenhänge und die Dichte der jeweiligen Besiedlung erkennen
und ergeben so deutliche Unterschiede insbesondere zwischen den vor der Änderung
der Flugstrecken und den nach der angegriffenen Regelung betroffenen Bereichen und
so klare Fakten im Hinblick auf die angesprochenen Alternativen, dass auf
Differenzierungen gemäß der Bebauung etwa mit Ein- oder Mehrfamilienhäusern und
die genaue Ermittlung etwaiger gewerblicher Nutzung verzichtet werden konnte. Dass
der Aussagegehalt der Karten ein tatsächlich falsches Bild ergeben hätte oder die
Informationen wegen des Alters der Karten, die hinter dem jeweils aktuellen Stand bis
zu vier Jahre zurückbleiben können, im Entscheidungszeitpunkt in maßgeblichen
Punkten überholt gewesen wären, ist zur Überzeugung des Senats auszuschließen.
Dagegen spricht schon die Diskussion, die auf der Grundlage dieser Karten in der
Fluglärmkommission unter Beteiligung von Vertretern der betroffenen Gemeinden
geführt worden ist - jedenfalls seit 1998 auch mit Vertretern der Stadt B. , von denen ein
Hinweis auf etwaige gewichtige Besonderheiten oder Fehlvorstellungen zu erwarten
gewesen wäre. Ferner spricht dagegen, dass der in dem betroffenen räumlichen Bereich
ansässige und - wie seine fundierten und sachbezogenen Ausführungen in der
mündlichen Verhandlung zeigten - mit den Zusammenhängen vertraute und in der
Sache engagierte Kläger nichts dafür hat anführen können, dass tatsächlich
unzutreffende Annahmen von möglicherweise entscheidungserheblichem Gewicht
eingeflossen sind; vielmehr übt der Kläger im Wesentlichen, unter Bezugnahme auf
einen - überinterpretierten und ohnehin von der Bindungswirkung nicht erfassten -
Hinweis im Revisionsurteil des Bundesverwaltungsgerichts, eher abstrakt Kritik am
Vorgehen der Beklagten, vornehmlich am Kartenmaterial und am Unterlassen
vermeintlich notwendiger weitergehender Ermittlungen. Dem ist nicht zuletzt deshalb
Bedeutung zu geben, weil der Kläger im Vorfeld der mündlichen Verhandlung darauf
hingewiesen worden war, dass seine Rechtsauffassung zur Unzulänglichkeit der
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Sachverhaltsaufklärung vor Erlass der Verordnung nicht unzweifelhaft sei. Hingegen
sprechen der vom Kläger vorgelegte Auszug aus dem Flächennutzungsplan und die
Bevölkerungsstatistik (Stand: 31. Dezember 2000) der Stadt B. (vgl. Beiakte Heft 3) für
die Richtigkeit der Annahme der Beklagten, der rechtsrheinische Bebauungsriegel
werde an einer nach den Verhältnissen zwischen dem Flughafen und B. sowie im
nördlichen Bonner Raum noch am ehesten verträglichen Stelle überquert. Eine
eventuelle Zunahme der Bevölkerung in B. -H. bzw. B. -Beuel, die der Kläger übrigens
erst für die Zeit nach der Neuordnung der Abflugstrecken im Jahre 1994 behauptet,
vermag die - bis heute fortwirkenden - Grundannahmen der Planung nicht zu erschüttern
und hat daher keine Ergebnisrelevanz.
Dass die Beklagte bei ihrer Entscheidung bedeutsame und anerkannte Grundsätze
missachtet hätte, ergibt sich nicht. Auch sonstige Fehler mit einem möglichen
Aussagegehalt für die Wahrung der Rechte des Klägers sind nicht festzustellen. Die
Berücksichtigung der Lärmwirkungen als ein wesentliches Abwägungselement ist oben
schon dargestellt worden. Angesichts der fast durchgehenden Besiedlung links und
rechts des Rheins und der - trotz Bündelung - einzustellenden Streubreite der
Lärmereignisse war im Übrigen von vornherein klar, dass Lärmfreiheit durch keine der
denkbaren Süd-West-Abflugstrecken, die den Rhein notwendig queren müssen, zu
gewährleisten ist. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte aber verdeutlicht,
dass das Ziel einer Entlastung dicht besiedelter Gebiete erreicht werden konnte, mithin
der Belastung des Klägers ein positiver Effekt gegenübersteht. Die exemplarisch
vorgelegten F. -Ausdrucke belegen, dass die Flugspuren, zumal seit der Einführung des
NeSS-Verfahrens, die von der Beklagten angestrebte und als Ziel nicht zu
beanstandende, den Kläger freilich negativ treffende Bündelung der Überflüge auf
einem engen Band aufweisen. Soweit die verordnungsrechtliche (aus sich heraus
verbindliche, § 27a Abs. 1 LuftVO) Mindesthöhenvorgabe für das Abdrehen beim
Funkfeuer LV von Luftfahrzeugen tatsächlich nicht eingehalten wird, wie der Kläger in
der mündlichen Verhandlung zu belegen versucht hat, handelt es sich um Fehlverhalten
von Luftfahrzeugführern, das als Ordnungswidrigkeit anzusehen ist (vgl. § 43 Nr. 30
LuftVO). Auf die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Regelung schlagen derartige
Verstöße aber ebenso wenig zurück wie etwaige Defizite beim Vollzug der Regelung
oder der dem Luftfahrt-Bundesamt aufgegebenen Verfolgung von Verstößen (vgl. § 63
Nr. 1 LuftVG). Denn das angegriffene Flugverfahren ist, was der Kläger selbst nicht
bezweifelt, ohne weiteres praktizierbar und für Missachtungen nicht anfälliger als andere
Regelungen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung
über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2, § 137
Abs. 1 VwGO nicht gegeben sind.
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