Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 02.06.2005

OVG NRW: schule, wissenschaft und forschung, ausschuss, verkündung, weiterbildung, gegenüberstellung, beratung, drucksache, veröffentlichung, mitwirkungsrecht

Oberverwaltungsgericht NRW, 1 A 2271/03.PVL
Datum:
02.06.2005
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 A 2271/03.PVL
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 34 K 6629/02.PVL
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
1
I.
2
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob dem Antragsteller bei der Durchführung von
Ausschreibungsverfahren mit dem Ziel der Einstellung von Lehrerinnen und Lehrern
trotz der Regelung des § 94 Abs. 6 LPVG NRW ein Mitwirkungsrecht zusteht. Der
Antragsteller ist der Auffassung, § 94 Abs. 6 LPVG NRW sei kein vom Landtag wirksam
beschlossenes Gesetz.
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§ 94 LPVG NRW ist durch das Gesetz zur Weiterentwicklung von Schulen
(Schulentwicklungsgesetz) geändert worden. Die Fraktionen von SPD und Bündnis
90/Die Grünen hatten unter dem 11. Mai 2001 einen Gesetzentwurf in den Landtag
eingebracht, der in erster Lesung in der Sitzung des Landtages vom 18. Mai 2001
beraten wurde. In dem Gesetzentwurf war u.a. in Art. 2 Nr. 3 vorgesehen, § 94 LPVG
NRW so zu ändern, dass neben einer Änderung des Absatzes 3 neue Absätze 4, 5 und
6 mit eigenständigen Neuregelungen angefügt werden sollten. Der Gesetzentwurf
wurde nach Beratung an den federführenden Ausschuss für Schule und Weiterbildung
sowie an den Ausschuss für Kommunalpolitik, den Haushalts- und Finanzausschuss
und an den Ausschuss für innere Verwaltung und Verwaltungsstrukturreform
überwiesen.
4
Nachdem der Ausschuss für Schule und Weiterbildung nach einer ersten Beratung am
23. Mai 2001 in seiner Sitzung am 29. August 2001 eine öffentliche Anhörung von
Sachverständigen und Verbänden zum Verhandlungspunkt "Selbstständige Schule"
5
durchgeführt hatte, legten die Vertreter der Regierungsfraktionen in der Sitzung des
Ausschusses am 7. November 2001 einen Änderungsantrag ohne Begründung als
Tischvorlage vor, der zu Artikel 2 Nr. 3 des Gesetzentwurfs folgende Formulierung
enthielt:
"Artikel 2 Nr. 2 erhält folgende Fassung: a) § 94 wird wie folgt geändert: aa) Absatz 3
erhält folgende Fassung: (3) (...) bb) Die Absätze 4 und 5 erhalten folgende Fassung: (4)
(...) (5) (...)
6
b) In § 90 Abs.1 (...) werden (...) eingefügt."
7
Absatz 6 des § 94 LPVG der Entwurfsfassung wurde in dem Änderungsantrag - ebenso
wie sonstige unverändert gebliebene Vorschriften des Gesetzentwurfs - nicht erwähnt.
8
Zu einer inhaltlichen Beratung der vorgeschlagenen Änderungen zum
Schulentwicklungsgesetz kam es in der Ausschusssitzung abgesehen von einer
Kurzvorstellung ihres Inhalts, bei der die Änderungen des Personalvertretungsgesetzes
nicht erwähnt wurden, nicht; es wurde lediglich über das Beratungsverfahren als
solches diskutiert. Der Änderungsantrag wurde in der Ausschusssitzung am 7.
November 2001 mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und der Grünen
angenommen.
9
Die zweite Lesung des Gesetzentwurfs fand in der Landtagssitzung am 14. November
2001 statt. Dabei lag das Dokument "Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Schule und Weiterentwicklung vom 9. November 2001" vor, das neben
dem Änderungsantrag selbst dessen Begründung enthielt sowie eine
Gegenüberstellung des geltenden Rechts, des Gesetzentwurfs und der vom Ausschuss
beschlossenen Änderungen. In der Änderungsbegründung war § 94 Abs. 6 LPVG NRW
wiederum nicht erwähnt; in der Synopse war er in der Darstellung des Gesetzentwurfs
enthalten, während bei der Darstellung des Änderungsantrags eine Aussage zu § 94
Abs. 6 LPVG NRW wiederum fehlte.
10
Das Landtagsplenum beriet den Gesetzentwurf einschließlich Änderungsantrag, wobei
die Regelung des § 94 Abs. 6 LPVG NRW - ebenso wie die meisten anderen
Regelungen - keine selbstständige Erwähnung in der Beratung fand, sondern nur am
Rande und allgemein vom Abbau von Mitbestimmungsrechten die Rede war. Der
Landtag stimmte nach Beendigung der Beratung über die "Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Schule und Weiterbildung Drucksache 13/1746" ab, den
"Gesetzentwurf Drucksache 13/1173 in der vom Ausschuss beschlossenen Fassung"
anzunehmen. Die Beschlussempfehlung und der Gesetzentwurf wurden mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen.
11
Der Landtagspräsident übersandte dem Ministerpräsidenten alsdann eine textliche
Fassung des beschlossenen Schulentwicklungsgesetzes zum Zwecke der Ausfertigung
und Verkündung. In dieser Fassung fehlte § 94 Abs. 6 LPVG NRW. Bei der nach der
Gemeinsamen Geschäftsordnung der Ministerien vorgeschriebenen Überprüfung der
Gesetzesausfertigung durch das federführende Ministerium wurden Beanstandungen
nicht geltend gemacht. Daraufhin wurde das ausgefertigte Gesetz im Gesetz- und
Verordnungsblatt des Landes NRW vom 7. Dezember 2001 ohne § 94 Abs. 6 LPVG
NRW verkündet.
12
Als das federführende Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung den im
Gesetz- und Verordnungsblatt erschienenen Wortlaut des Schulentwicklungsgesetzes
überprüfte, fiel das Fehlen des betreffenden Absatzes auf. Nach Durchführung eines
Berichtigungsverfahrens, das auch die Gesetzesausfertigung umfasste, wurde § 94 Abs.
6 LPVG NRW als berichtigte Gesetzesfassung im Gesetz- und Verordnungsblatt NRW
vom 28. Januar 2002 veröffentlicht.
13
Mit Schreiben vom 15. April 2002 wandte sich der Antragsteller an den Beteiligten und
machte geltend, er sei auch weiterhin gemäß § 73 Nr. 6 LPVG NRW an
Ausschreibungen für die Besetzung von Lehrerstellen zu beteiligen. Der Beteiligte
reagierte hierauf nicht, sondern schrieb ohne vorherige Beteiligung des Antragstellers
per Internet im April/Mai 2002 diverse Lehrerstellen an Gesamtschulen in seinem Bezirk
aus. Dagegen wandte sich der Antragsteller mit Schreiben vom 22. Mai 2002 und führte
u.a. aus, er halte an seiner bereits dargestellten Auffassung fest, die Veröffentlichung
des Nachtrags zum Schulentwicklungsgesetz in Gestalt des § 94 Abs. 6 LPVG NRW sei
rechtswidrig. Der Beteiligte teilte dem Antragsteller daraufhin mit, er beabsichtige, das
Schulentwicklungsgesetz in der derzeitigen Fassung auch weiterhin anzuwenden und
Stellenausschreibungen für die Lehrereinstellung ohne Mitwirkung des Personalrates zu
veröffentlichen.
14
Der Antragsteller hat am 1. August 2002 das vorliegende Beschlussverfahren
eingeleitet. Er hat vorgetragen, § 73 Nr. 6 LPVG NRW sei nicht durch § 94 Abs. 6 LPVG
NRW geändert worden, weil der Landtag ein entsprechendes Änderungsgesetz nicht
beschlossen habe. Die im Gesetz- und Verordnungsblatt erfolgte Berichtigung sei
unzulässig gewesen mit der Folge, dass § 94 Abs. 6 LPVG NRW als nicht existent
anzusehen sei. Eine Berichtigung sei nur zulässig, sofern es sich um Druckfehler oder
Ähnliches handele. Hier habe der Landtag aber den Gesetzentwurf der
Koalitionsfraktionen in der Fassung des Änderungsantrages des Schulausschusses
beschlossen. In diesem Änderungsantrag sei § 94 Abs. 6 LPVG NRW nicht mehr
enthalten gewesen. Ein anderes Ergebnis folge auch nicht aus der Einbeziehung der
übrigen Gesetzesmaterialien. Dort sei an keiner Stelle von einer Einschränkung des
Beteiligungsrechts bei Stellenausschreibungen die Rede. Der Wegfall des
Mitwirkungsrechts bei Ausschreibungen ergebe auch inhaltlich keinen Sinn, da
Ausschreibungen schulübergreifend erfolgten und daher nicht unter Beteiligung des
jeweiligen Lehrerrates an der Schule erfolgen könnten, sondern sinnvoller Weise nur
unter Beteiligung des Gesamtpersonalrates.
15
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Fachkammer für
Landespersonalvertretungssachen des Verwaltungsgerichts dem Antrag des
Antragstellers,
16
festzustellen, dass bei der Durchführung des Ausschreibungsverfahrens 09/02 sein
Mitwirkungsrecht gemäß § 73 Nr. 6 LPVG NRW verletzt wurde,
17
im Wesentlichen mit folgender Begründung stattgegeben: Der Antrag sei zulässig, weil
der Antragsteller ein rechtlich schützenswertes Interesse an der Klärung der streitigen
Frage trotz abgeschlossener Durchführung der Maßnahme auch für die Zukunft habe.
Der Antrag sei auch begründet. Der Antragsteller sei gemäß § 73 Nr. 6 LPVG NRW im
Vorfeld der Ausschreibungen zu beteiligen gewesen. Die im Gesetz- und
Verordnungsblatt bekannt gegebene Vorschrift des § 94 Abs. 6 LPVG NRW, die ein
Mitwirkungsrecht des Personalrates bei der Ausschreibung von Lehrerstellen
18
ausschließe, sei kein wirksam im Landtag zustande gekommenes Gesetz. § 94 Abs. 6
LPVG NRW sei nicht Gegenstand der Beschlussfassung im Landtag gewesen. Der
ursprüngliche Gesetzentwurf sei nur noch in der Fassung des Änderungsantrages der
Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Abstimmung im Landtag gestellt
worden; in diesem Änderungsantrag sei aber § 94 Abs. 6 LPVG NRW nicht mehr
enthalten gewesen. Es komme daher nicht mehr darauf an, unter welchen
Voraussetzungen die nachträgliche Berichtigung eines bereits verkündeten Gesetzes in
Betracht komme.
Mit der dagegen erhobenen Beschwerde macht der Beteiligte Folgendes geltend: Der
Beschluss der Fachkammer sei schon deshalb aufzuheben, weil das Gericht über die
Frage der Gültigkeit des § 94 Abs. 6 LPVG NRW nicht selbst habe entscheiden können.
Bei Zweifeln über die Vereinbarkeit eines Landesgesetzes mit der Landesverfassung
sei die jeweilige Vorschrift dem Landesverfassungsgerichtshof vorzulegen; dies gelte
auch bei rechtlich unzulässiger Berichtigung von Gesetzesbeschlüssen. Die
Entscheidung des Verwaltungsgerichts könne nur so verstanden werden, dass § 94
Abs. 6 LPVG NRW nach Auffassung des Gerichts "Nichtrecht" sei und es deshalb aus
Sicht des Gerichts der Einleitung einer konkreten Normenkontrolle nicht bedurft habe.
"Nichtrecht" liege aber nur bei besonders schwerwiegenden formellen Mängeln einer
Norm vor, um die es hier nicht gehe. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts seien
aber auch in der Sache fehlerhaft. § 94 Abs. 6 LPVG NRW sei ordnungsgemäß vom
Landtag beschlossen worden. Gegenstand der Beschlussfassung sei der Gesetzentwurf
in der vom Ausschuss beschlossenen Fassung gewesen. Dabei habe der
Änderungsantrag lediglich auf eine Wiederholung des unverändert übernommenen
Wortlauts des § 94 Abs. 6 LPVG NRW verzichtet, wie er auch die ansonsten
unveränderten Vorschriften des Gesetzentwurfs nicht wiederholt habe. Lege man die
Auffassung des Verwaltungsgerichts zugrunde, maßgebend sei allein der Wortlaut des
Änderungsantrages, so seien auch die sonstigen unbeanstandeten Regelungen des
Gesetzentwurfs nicht vom Landtag beschlossen worden. Demgegenüber sei der
Änderungsantrag aber nicht selbstständig zu lesen gewesen, sondern in der
Zusammenschau mit dem Gesetzentwurf. Eine Aufhebungs- oder Änderungsabsicht in
Bezug auf § 94 Abs. 6 LPVG NRW sei dem Änderungsantrag und auch seiner
Begründung nicht zu entnehmen. Dass der Änderungsantrag auf den Gesetzentwurf
Bezug nehme, sei auch daraus ersichtlich, dass er die Formulierung verwende "die
Absätze 4 und 5 werden wie folgt geändert". Dies könne sich nur auf den Gesetzentwurf,
nicht aber auf das bislang geltende Gesetz beziehen, weil in der bis dahin geltenden
Gesetzesfassung des § 94 lediglich drei Absätze vorhanden gewesen seien. Sei § 94
Abs. 6 LPVG NRW damit vom Landtag beschlossen worden, sei lediglich die
Verkündung unvollständig gewesen. Diese offensichtliche Unrichtigkeit, für deren
Feststellung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch auf den
Sinnzusammenhang und die Materialien zurückgegriffen werden dürfe, habe im Wege
des Berichtigungsverfahrens korrigiert werden dürfen.
19
Der Antragsteller fasst seinen erstinstanzlichen Antrag dahingehend neu, dass er
nunmehr beantragt,
20
festzustellen, dass Stellenausschreibungen für Lehrer an Gesamtschulen, die der
Vorbereitung einer Maßnahme nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NRW dienen, der
Mitwirkung des Personalrates nach § 73 Nr. 6 LPVG NRW unterliegen. Der Beteiligte
beantragt,
21
den angefochtenen Beschluss zu ändern und den neu gefassten Antrag des
Antragstellers abzulehnen.
22
Der Antragsteller beantragt,
23
die Beschwerde zurückzuweisen.
24
Er trägt unter vertiefender Wiederholung seines Vorbringens erster Instanz vor, die
Beschlussfassung des Landtages sei keiner Berichtigung zugänglich gewesen, weil §
94 Abs. 6 LPVG NRW nicht vom Landtag beschlossen worden sei. Es gelte die am 7.
Dezember 2001 verkündete Fassung des § 94 LPVG NRW . Der Ausschuss für Schule
und Weiterbildung habe in seinem Änderungsantrag die zu ändernde Fassung des § 94
LPVG NRW vollständig wiedergegeben, die lediglich die Absätze 3 bis 5 habe
umfassen sollen. Von einer Anfügung eines Absatzes 6 sei ersatzlos abgesehen
worden. Der Gesamtzusammenhang des Schulentwicklungsgesetzes erweise auch,
dass die noch im Gesetzentwurf vorgesehene grundsätzliche Beschneidung von
Mitwirkungsrechten in § 94 Abs. 6 LPVG NRW in keinem Verhältnis zu den sonstigen
Maßnahmen des Schulentwicklungsgesetzes gestanden habe, wie es schließlich
verabschiedet worden sei.
25
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte verwiesen.
26
II.
27
Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene und rechtzeitig begründete
Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
28
Der neu gefasste Antrag ist zulässig.
29
Die Neufassung trägt dem Umstand Rechnung, dass die ursprünglich vom Antragsteller
angegriffene Maßnahme des Beteiligten, nämlich das Stellenausschreibungsverfahren
09/02, vollständig abgewickelt ist und daher eine Mitwirkung des Antragstellers nur noch
bei zukünftigen Ausschreibungsverfahren in Betracht kommt. Die Antragsfassung
berücksichtigt darüber hinaus, dass Streitgegenstand lediglich das Mitwirkungsrecht des
Antragstellers bei Ausschreibungen ist, die der Vorbereitung von Maßnahmen nach § 72
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NRW dienen. Denn nur solche Stellenausschreibungen nimmt
die streitige Regelung des § 94 Abs. 6 LPVG NRW von der Mitwirkung des Personalrats
aus. Über Mitwirkungsrechte bei Stellenausschreibungen im Übrigen besteht kein Streit.
30
Für diesen, vom konkreten anlassgebenden Fall losgelösten Antrag besitzt der
Antragsteller das erforderliche Rechtsschutz- und Feststellungsinteresse. Es ist einem
Antragsteller im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren grundsätzlich nicht
verwehrt, einen von einem konkreten (erledigten) Vorfall losgelösten Antrag zu einer
seine Kompetenzen betreffenden Rechtsfrage (wie hier der Frage nach der zulässigen
Beschneidung seines Mitwirkungsrechts bei bestimmten Stellenausschreibungen) zu
stellen. Voraussetzung für die Zulässigkeit eines solchen Antrags ist allerdings, dass
der Streit über diese Rechtsfrage anlässlich eines konkret in der Dienststelle
aufgetretenen Vorgangs entstanden ist und dass zu erwarten steht, die streitige
Rechtsfrage werde sich auch in Zukunft mit mehr als nur geringfügiger
Wahrscheinlichkeit stellen.
31
St. Rspr. des BVerwG, vgl. etwa Beschluss vom 16. September 2004 - PB 6.04 -, und
des beschließenden Fachsenats, vgl. nur zuletzt Beschluss vom 7. April 2005 - 1 A
4721/02.PVL - .
32
Diese Maßgaben sind hier erfüllt. Anlass zum Streit über die genannte Rechtsfrage bot
das von dem Beteiligten ohne Mitwirkung des Antragstellers vorgenommene und
abgeschlossene Ausschreibungsverfahren 09/02. Die Frage, ob der Antragsteller bei
Ausschreibungen dieser Art zu beteiligen ist, wird sich auch weiterhin stellen. Der
Beteiligte schreibt mit Regelmäßigkeit zu besetzende Lehrerstellen in seinem Bezirk mit
dem Ziel (auch) der Neueinstellung von Lehrern aus und wird, wie seinem Vorbringen
und dem an den Antragsteller gerichteten Schreiben vom 27. Juni 2002 zu entnehmen
ist, den Antragsteller mit Blick auf die Vorschrift des § 94 Abs. 6 LPVG NRW auch
weiterhin dabei nicht mitwirken lassen. Der Antragsteller darf daher die hinter dem
konkreten Streitfall stehende Rechtsfrage zur gerichtlichen Klärung stellen.
33
Der Antrag ist aber unbegründet.
34
Dem Antragsteller steht das geltend gemachte Mitwirkungsrecht aus § 73 Nr. 6 LPVG
NRW dann nicht zu, wenn die von dem Beteiligten durchgeführte Ausschreibung der
Vorbereitung einer Maßnahme nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NRW - also der
Einstellung von Lehrern - dient. Dies folgt aus § 94 Abs. 6 LPVG NRW.
35
Die Vorschrift des § 94 Abs. 6 LPVG NRW ist ein wirksam zustande gekommenes
Gesetz. Andauernde, die Existenz der genannten Norm durchgreifend in Frage
stellende Verfahrensfehler sind weder im Initiativstadium, noch im Beratungsstadium
und Erlassstadium des Gesetzgebungsverfahrens zu verzeichnen.
36
Vgl. zu den Stadien des Gesetzgebungsverfahrens Achterberg, Parlamentsrecht, § 17 2.
(S. 349 ff.).
37
Insbesondere verstößt das Gesetzgebungsverfahren, mit dem § 94 Abs. 6 LPVG NRW
initiiert, beraten und erlassen worden ist, nicht gegen die insoweit einschlägigen Art. 65,
66 und 71 LVerf NRW.
38
1. Das in Art. 65 LVerf NRW und ergänzend in den §§ 74, 75 und 87 der
Geschäftsordnung des Landtages Nordrhein-Westfalen vom 9. Mai 2001 (LT-Drs.
13/1200) - GO LT - geregelte Verfahren der Gesetzgebungsinitiative ist eingehalten
worden. Der Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen zum Schulentwicklungsgesetz,
39
Gesetzentwurf zum Gesetz zur Weiterentwicklung von Schulen
(Schulentwicklungsgesetz) vom 11. Mai 2001 - LT- Drs. 13/1173 -,
40
wurde im Sinne des Art. 65 LVerf NRW "aus der Mitte des Landtags" in den Landtag
eingebracht. Der Entwurf enthielt als Artikelgesetz eine Reihe von
Änderungsvorschlägen für diverse Gesetze mit Schulbezug, so unter anderem für § 94
LPVG NRW, der bis dahin lediglich drei Absätze umfasst hatte und dessen
Regelungsgegenstand die Beteiligung des Personalrats bei Versetzungen und
Abordnungen von Lehrern war. Mit dem Gesetzentwurf wurde eine Änderung des § 94
Abs. 3 LPVG NRW und eine Ergänzung der Vorschrift um die Absätze vier, fünf und
41
sechs eingebracht, mit denen bestehende Mitwirkungsrechte des bei der
(schulübergreifenden) Dienststelle gebildeten Personalrats zugunsten einer
(anderweitig geregelten) stärkeren Mitwirkung des an der einzelnen Schule
bestehenden Lehrerrates modifiziert bzw. verkürzt werden sollten. Dem Gesetzentwurf
war des weiteren eine Begründung beigefügt, aus der sich die Hintergründe und
Zielsetzungen der vorgeschlagenen Änderungen mit Blick auf das Projekt
"selbstständige Schule" ergaben. Auch der Regelungsvorschlag zu § 94 Abs. 6 LPVG
NRW wurde ausdrücklich in die Begründung einbezogen. Damit haben die genannten
Fraktionen als Träger der Gesetzesinitiative ihr Initiativrecht inhaltlich und in
verfahrensfehlerfreier Form ausgeübt.
Vgl. zur Ausgestaltung des Initiativrechts im Bundestag Bryde, in: Schneider/Zeh,
Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, § 30 Rdnrn. 14 und 24.
42
2. Auch das Beratungsverfahren, das mit dem in Art. 66 Satz 1 LVerfG geregelten
Gesetzesbeschluss endet und das in den Vorschriften der §§ 77 ff. GO LT nähere
Ausgestaltung erfahren hat, ist rechtsfehlerfrei durchgeführt worden. Der Landtag hat §
94 Abs. 6 LPVG NRW als Teil des Schulentwicklungsgesetzes in rechtlich nicht zu
beanstandender Weise beschlossen. Weder war der Ablauf des Beratungsverfahrens
fehlerhaft (nachfolgend a)), noch fehlt es inhaltlich an einem Gesetzesbeschluss zu § 94
Abs. 6 LPVG NRW (nachfolgend b)):
43
a) Nach der ersten Lesung des Gesetzentwurfs in der Sitzung des Landtages am 18.
Mai 2001,
44
vgl. das Plenarprotokoll 13/31 vom 18. Mai 2001,
45
in dem der Gesetzentwurf begründet und erläutert wurde sowie die Vertreter der
Opposition Gelegenheit zur Stellungnahme erhielten, wurde der Gesetzentwurf
einstimmig an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung sowie weitere Ausschüsse
überwiesen (vgl. § 78 Abs. 1 und 2 GO LT). Nach Durchführung einer öffentlichen
Anhörung (vgl. § 32 GO LT) im federführenden Ausschuss für Schule und Weiterbildung,
46
vgl. den Ausschussbeschluss vom 23. Mai 2001 (Ausschussprotokoll 13/309) über die
Durchführung einer Anhörung zum Thema "Selbstständige Schule" und das
Ausschussprotokoll 13/335 vom 29. August 2001 über die öffentliche Anhörung von
Sachverständigen und Verbänden,
47
legten die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Ausschusssitzung am
7. November 2001 einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf
"Schulentwicklungsgesetz" vor. Dieser Änderungsantrag, der (u.a.) für § 94 LPVG NRW
eine gegenüber dem Gesetzentwurf geänderte Fassung der Absätze 3, 4 und 5 enthielt,
führte ausschließlich diejenigen im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Neuregelungen
auf, welche durch den Änderungsantrag modifiziert werden sollten.
48
Vgl. die Anlage zum Ausschussprotokoll 13/413.
49
Der Änderungsantrag entsprach damit § 87 Abs. 4 GO LT, wonach Änderungsanträge
(u.a.) nur zulässig sind, wenn sie den Gegenstand des ursprünglichen Entwurfs nicht
auswechseln. Gemeint ist damit, dass ein Änderungsantrag sich formell auf eine
bestehende Gesetzesvorlage beziehen und inhaltlich an diese anknüpfen muss, ohne
50
dass der Antrag eine eigene, andere Gesetzesvorlage darstellt. Letzterenfalls handelt es
sich nämlich nicht um einen Änderungsantrag, sondern um einen neuen Gesetzentwurf.
Vgl. dazu Trossmann, Parlamentsrecht des Deutschen Bundestages, § 81 Rdnr. 3.
51
In der genannten Ausschusssitzung wurde zunächst der vorgelegte Änderungsantrag
mehrheitlich angenommen; in derselben Sitzung wurde alsdann der Gesetzentwurf
Drucksache 13/1173 vom Ausschuss "in der soeben beschlossenen Fassung "
mehrheitlich angenommen.
52
Vgl. das Ausschussprotokoll 13/413.
53
Angenommen hatte der Ausschuss damit den Gesetzentwurf also mit § 94 Abs. 6 LPVG
NRW unter Einschluss der Modifikationen, die er durch den Änderungsantrag erfahren
hatte.
54
In der Landtagssitzung am 14. November 2001 fand die zweite Lesung des
Gesetzentwurfs Drucksache 13/1173 statt (vgl. § 79 GO LT). Dabei lag den
Abgeordneten (u.a.) das Schriftstück "Beschlussempfehlung und Bericht des
Ausschusses für Schule und Weiterbildung" vom 9. November 2001 zu dem
Gesetzentwurf Drucksache 13/1173 vor.
55
Vgl. Plenarprotokoll 13/40 und LT-Drs. 13/1746.
56
Der Beschlussempfehlung beigefügt waren der Änderungsantrag vom 7. November
2001, die - nunmehr erstellte - Begründung zum Änderungsantrag und eine
Gegenüberstellung der Regelungen des geltenden Rechts, des - vollständigen -
Gesetzentwurfs sowie des Änderungsantrages, wie ihn der Ausschuss beschlossen
hatte. Die Anfertigung einer Gegenüberstellung der Regelungen des Gesetzentwurfs
einerseits und der im Ausschuss beschlossenen Änderungen andererseits entspricht
der Sollvorschrift des § 79 Abs. 1 Satz 2 GO LT, wonach die Gegenüberstellung von der
Präsidentin/dem Präsidenten des Landtags zu veranlassen ist. Sonstige inhaltliche
Anforderungen an die Gegenüberstellung enthält § 79 Abs. 1 Satz 2 GO LT nicht.
57
Im Anschluss an die in § 79 Abs. 1 Satz 1 GO LT vorgesehene Beratung des
Gesetzentwurfs stimmte der Landtag über die Beschlussempfehlung des Ausschusses
für Schule und Weiterbildung Drucksache 13/1746 ab, den Gesetzentwurf Drucksache
13/1173 in der vom Ausschuss beschlossenen Fassung anzunehmen.
58
Vgl. Plenarprotokoll 13/40, S. 3959.
59
Als Ergebnis der Abstimmung wurde im Protokoll festgehalten, dass die
Beschlussempfehlung und der Gesetzentwurf mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
gegen die Stimmen der Opposition angenommen worden waren. Verfahrensfehler im
Ablauf des Beratungsverfahrens liegen damit nicht vor.
60
b) Der in der Sitzung des Landtags am 14. November 2001 gefasste Beschluss ist
wirksam. Er erstreckt sich seinem Inhalt nach auch auf die Vorschrift des § 94 Abs. 6
LPVG NRW.
61
Ein Gesetzesbeschluss ist nur dann nicht wirksam, wenn die Entscheidung so
62
schwerwiegend fehlerhaft ist, dass sie als nichtig, das heißt nicht getroffen angesehen
werden muss. Bei sachlichen Fehlern unterhalb der Nichtigkeitsgrenze ist der
Gesetzesbeschluss - auch trotz etwaigen Irrtums des Gesetzgebungsorgans im Sinne
eines Abweichens des Beschlossenen vom Gewollten - gültig und ohne neue
Gesetzesinitiative seitens des Parlaments nicht mehr zu ändern (Grundsatz der
Unverrückbarkeit von Gesetzesbeschlüssen).
Vgl. zum Ganzen Trossmann, a.a.O., Anhang A zu § 54 GOBT, Rdnr. A 5; Stern, in:
Bonner Kommentar Band 9, Art. 100, Rdnr. 62.
63
Ein solcher schwerwiegender Fehler, der dazu führen müsste, den vom Landtag
gefassten Beschluss als nichtig oder "Nichtbeschluss" anzusehen, haftet dem
Gesetzesbeschluss nicht an. Dabei mag dahinstehen, ob sich die einzelnen
Abgeordneten bei der Beschlussfassung des Gesetzesinhalts in jeder Hinsicht bewusst
waren oder ob sie ggf. über den zu beschließenden Inhalt des § 94 LPVG NRW im
Irrtum waren. Darauf kommt es nämlich für die Frage der Nichtigkeit des
Gesetzesbeschlusses nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass der gefasste Beschluss
einen klaren und eindeutigen Inhalt hatte, der sich aus einer klaren und eindeutigen
Vorlage entnehmen lässt. Das war hier auch hinsichtlich der Änderung des § 94 LPVG
NRW der Fall.
64
Das Landtagsplenum hat in einem einzigen Akt über den gesamten Gesetzentwurf des
Schulentwicklungsgesetzes in der vom Ausschuss beschlossenen Fassung
abgestimmt. Während § 94 Abs. 6 LPVG NRW in dem Gesetzentwurf enthalten war,
wurde er in dem Änderungsantrag, den der Ausschuss für Schule und Weiterbildung
angenommen hatte, nicht erwähnt. Das beruhte aber entgegen der Auffassung des
Antragstellers nicht etwa darauf, dass die Regelung im Änderungsantrag gestrichen
werden sollte. Stattdessen enthielt der Änderungsantrag, wie bereits gezeigt, im
Einklang mit den Vorschriften der GO LT über die Tätigkeit der Ausschüsse sowie über
Inhalt und Form von Änderungsanträgen nur diejenigen Vorschriften des
Gesetzentwurfs, die einer textlichen Änderung unterzogen worden waren.
Änderungsanträge zu Gesetzentwürfen sind unselbstständige Anträge. Sie können nur
zu bestehenden Gesetzentwürfen gestellt werden und diese inhaltlich modifizieren,
indem sie den Entwurf verkürzen, erweitern oder im Wortlaut ändern.
65
Vgl. Kabel, in: Schneider/Zeh, a.a.O., § 31 Rdnrn. 64 ff.
66
Der Änderungsantrag selbst ist kein Gesetzentwurf, das heißt, er ist ausschließlich in
Verbindung mit dem Gesetzentwurf zu lesen, er erhält seine Bedeutung nur im
Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf und kann nur in Verbindung mit dem
Gesetzentwurf Gegenstand einer gesetzgebenden Beschlussfassung sein. Dabei ist
nicht ausgeschlossen, dass auch ein Änderungsantrag formal so verschriftlicht werden
darf, dass er den Gesetzentwurf vollständig wiederholt und lediglich in geeigneter Weise
kenntlich macht, welche Änderungen gegenüber dem Ursprungsentwurf enthalten sind.
Dies ist im gegebenen Fall allerdings nicht erfolgt. Der Änderungsantrag des
Ausschusses für Schule und Weiterbildung enthält nicht den gesamten Gesetzentwurf
(mit Ausnahme von § 94 Abs. 6 LPVG), sondern legt ausschließlich die angestrebten
Änderungen schriftlich nieder. Insbesondere enthält der Änderungsantrag nicht die -
üblicherweise ausdrücklich formulierte - inhaltliche Aussage, die im Gesetzentwurf
enthaltene Vorschrift des § 94 Abs. 6 LPVG sei zu streichen. Erst und nur dann wäre §
94 Abs. 6 LPVG nicht mehr Bestandteil des Gesetzentwurfs in der vom Ausschuss
67
vorgeschlagenen Fassung.
Vgl. zu diesem Aspekt allgemein Trossmann, a.a.O., § 81 GOBT Rdnr. 4.
68
Soweit der Änderungsantrag hinsichtlich des § 94 LPVG NRW die einleitende
Formulierung
69
"Artikel 2 Nr. 3 erhält folgende Fassung: a) § 94 wird wie folgt geändert: (...)"
70
verwendet, wird damit nicht die Aussage getroffen, die nachfolgende Textdarstellung im
Änderungsantrag sei eine vollständige Aufführung der Vorschrift, wie sie dem Landtag
zur Beschlussfassung vorgelegt werden solle. Der Änderungsantrag beschränkt sich auf
die textliche Erwähnung derjenigen Regelungen bzw. Regelungsteile des
Gesetzentwurfs, hinsichtlich derer eine Änderungsabsicht gegenüber dem
Gesetzentwurf besteht. Dies ist schon daraus ersichtlich, dass nur diejenigen
Vorschriften des Gesetzentwurfs textlich dargestellt werden, die geändert werden sollen
(es fehlen etwa die nicht von Änderungsvorschlägen betroffenen Vorschriften des
Entwurfs Artikel 2 Nr. 1 oder Artikel 2 Nr. 2 a)), aber auch daraus, dass in den zu
ändernden Vorschriften mit Fettdruck gekennzeichnet ist, welche Änderungen
vorgeschlagen werden. Der einleitende Satz zu Art. 2 Nr. 3 des Gesetzentwurfs ("§ 94
wird wie folgt geändert") ist im Änderungsantrag mit aufgeführt, weil er - als Änderung
gegenüber dem Gesetzentwurf - mit dem Gliederungsbuchstaben "a)" versehen worden
ist. Der Änderungsantrag enthält nämlich unter dem neuen Gliederungsbuchstaben "b)"
eine zusätzliche und im Gesetzentwurf nicht enthaltene Änderung der §§ 90 Abs. 1, 92
Abs. 1 Satz 2, § 95 Abs. 1 Nr. 1 LPVG NRW. Insofern war die textliche Übernahme der
Formulierung des Gesetzentwurfs "§ 94 wird wie folgt geändert" erforderlich, um die
Einfügung des Gliederungspunkte "a)" kenntlich zu machen. Die Überschrift zu diesem
Abschnitt im Änderungsantrag "Artikel 2 Nr. 3 erhält folgende Fassung" dient lediglich
der Verdeutlichung dessen, dass dieser Passus des Gesetzentwurfs von dem
Änderungsantrag betroffen ist; gleichlautende Formulierungen finden sich zu jedem
Passus, auf den der Änderungsantrag (überhaupt) eingeht.
71
Da mithin der Änderungsantrag nur Wortlautänderungen in Bezug auf einzelne
Vorschriften des Gesetzentwurfs enthielt, hatte der Gesetzentwurf im Übrigen - das
heißt, soweit der Wortlaut der einzelnen Vorschriften nicht von Änderungen betroffen
war - auch in der vom Ausschuss beschlossenen Fassung Bestand. Gegenstand der
Beschlussfassung im Landtag war daher auch inhaltlich der Gesetzentwurf der
Koalitionsfraktionen in der Gestalt, die er durch den Änderungsantrag des Ausschusses
für Schule und Weiterbildung erhalten hatte. § 94 Abs. 6 LPVG war von diesen
Änderungen nicht betroffen und somit Gegenstand der Beschlussfassung im Landtag.
72
Wenn der Landtag vor diesem Hintergrund über die Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Schule und Weiterbildung Drs. 13/1746 abgestimmt hat, den
Gesetzentwurf Drs. 13/1173 in der vom Ausschuss beschlossenen Fassung
anzunehmen, war namentlich mit der Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung über
§ 94 Abs. 6 LPVG NRW in dem Sinne entschieden, dass diese Norm Geltung haben
sollte. Denn Initiative, Beratung und Änderung machten diese Vorschrift eindeutig und
ohne Änderung zum Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens. Daran ändert nichts
der Umstand, dass während der Beratungen und Anhörungen zum Gesetzentwurf Drs.
13/1173 einschließlich der Begründung zu seinen Änderungen die eine oder andere
Unklarheit zu Tage trat. Denn diese waren von vornherein nicht geeignet, den
73
Abstimmungsgegenstand rechtlich relevant zu beeinflussen.
Im Einzelnen ist dazu Folgendes zu bemerken:
74
Die Begründung des Gesetzentwurfs zu § 94 Abs. 6 LPVG NRW hob darauf ab, dass
durch den Wegfall der Mitbestimmung bei Stellenausschreibungen für Einstellungen in
den Schuldienst eine Straffung und Kürzung von Besetzungsverfahren erreicht und die
Selbstverantwortung der jeweiligen Schule durch ortsnahe Entscheidungen gestärkt
werde.
75
Vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf Schulentwicklungsgesetz, LT-Drs. 13/1173.
76
Verteidigte die zuständige Ministerin in den Anfängen der Ausschussberatungen den
Gesetzentwurf ebenfalls in dieser Richtung,
77
vgl. Ausschussprotokoll 13/309 vom 23. Mai 2001, S. 2 und 6,
78
so gingen die abschließenden Beratungen des Ausschusses für Schule und
Weiterbildung über den dort erstmals von den Vertretern der Koalitionsfraktionen
vorgestellten Änderungsantrag inhaltlich kaum noch auf einzelne Vorschriften des
Gesetzentwurfs oder des Änderungsantrages ein. Im Vordergrund dieser Beratungen
standen ausschussinterne Verfahrensfragen sowie im Rahmen einer kursorischen
Erläuterung des Änderungsantrags die Begrenzung des Projektes "Selbstständige
Schule" auf zunächst sechs Jahre und die Modalitäten der Mitbestimmung durch den
örtlichen Lehrerrat. Auf die in der öffentlichen Anhörung von Sachverständigen und
Verbänden geäußerten Bedenken gegen eine Beschneidung von
Mitbestimmungsrechten nach dem LPVG NRW gingen die Ausschussmitglieder in der
Aussprache in der Sitzung am 7. November 2001 nicht ein.
79
Vgl. zum Ganzen Ausschussprotokoll 13/413 vom 7. November 2001, S. 24; zu den
geäußerten Bedenken im Anhörungstermin Ausschussprotokoll 13/335 vom 29. August
2001, S. 14, 75 f., 80, 83, 88 f.
80
Die erst zur zweiten Lesung des Gesetzentwurfs im Landtag erstellte Begründung des
Änderungsantrages geht - insoweit folgerichtig - auf § 94 Abs. 6 LPVG NRW nicht ein,
sondern begründet nur die Änderungen zum Entwurf des § 94 Abs. 3, 4 und 5 LPVG
NRW.
81
Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Schule und Weiterbildung
vom 9. November 2001 - LT-Drs. 13/1746, Anlage 1, S. 8 - .
82
Die in der Begründung gewählte Eingangsformulierung
83
"c) Zu Ziffer 2 c): Ziffer 2 c) regelt die notwendige Änderung des
Landespersonalvertretungsgesetzes"
84
deutet allerdings zunächst darauf hin, dass ausschließlich die sodann folgenden
Vorschriften des Landespersonalvertretungsgesetzes - § 94 Abs. 3, 4 und 5 - geändert
werden sollten. Dies kann zu Missverständnissen Anlass geben, wenn man den
Begründungstext als Begründung des Gesetzentwurfs auffasst. Denn in diesem Fall
würden die gegenüber der bis dato geltenden Gesetzesfassung (§ 94 Abs. 1 bis 3 LPVG
85
NRW) ins Auge gefassten Änderungen des LPVG NRW begründet. Das ist jedoch nicht
der Fall. Die Begründung bezieht sich allein auf den Änderungsantrag und nicht
zugleich auf den Gesetzentwurf. Damit beschreibt die genannte Formulierung nicht eine
Änderung des bisher geltenden Rechts, sondern eine Änderung gegenüber dem
Gesetzentwurf. In diesem sollte die entworfene Fassung der Absätze 3, 4 und 5 des § 94
LPVG NRW aus den im Begründungstext näher dargelegten Gründen geändert werden.
In der Aussprache während der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs im Landtag in der
Sitzung am 14. November 2001 erläuterte der Abgeordnete Degen u.a. die Inhalte des
Änderungsantrages. Hierzu heißt es im Plenarprotokoll 13/40, S. 3940:
86
"Lassen Sie mich nun zu den Änderungen zur zweiten Lesung etwas sagen. (...) Ehe ich
jetzt auf den Kernpunkt der Neuerung, nämlich auf die Beteiligung der Ausschüsse an
der Ausformulierung der Rechtsverordnung, eingehe, will ich der Vollständigkeit halber
zwei Dinge erwähnen, die in Artikel 2 neu geregelt sind. Zum einen kann auch die
Lehrerkonferenz (...) beraten. (...) Zum anderen haben wir noch im Sinne einer
Verstärkung der Mitwirkung die Rolle des Lehrerrates präzisiert: Bei Einstellungen in
befristete Arbeitsverhältnisse zur Sicherung eines unvorhersehbaren
Vertretungsunterrichts ist die Zustimmung des Lehrerrates erforderlich. Dieser Artikel 2
bezieht sich auf alle Schulen. Dann wird noch geregelt, was ist, wenn der Lehrerrat nicht
tätig wird usw. Das sind die Änderungen."
87
Aus diesen Äußerungen wird deutlich, dass der Änderungsantrag keine nach dem
Dafürhalten der Ausschussmitglieder wesentlichen Änderungen des § 94 LPVG NRW in
der Fassung des Gesetzentwurfs enthielt. Die Streichung eines ganzen Absatzes,
dessen selbstständiger Regelungsgegenstand die Mitwirkung des (Gesamt-
)Personalrates bei einem Teil des Stellenbesetzungsverfahrens ist, könnte kaum als
unwesentliche Änderung des Gesetzentwurfs aufgefasst und in der Darstellung
unterschlagen worden sein, zumal auch sonstige Streichungen vollständiger Absätze
einer Vorschrift in dem Änderungsantrag nicht enthalten waren, die Streichung also
Ausnahmecharakter besessen hätte.
88
Weitere Anhaltspunkte bietet die Aussprache im Landtag nicht; gestritten wurde
hauptsächlich über das unter zeitlichem Druck vorangetriebene Verfahren im
Beratungsstadium.
89
Schließlich steht einer Wirksamkeit des Landtagsbeschlusses auch die unvollständige
bzw. fehlerhafte Gegenüberstellung von geltendem Recht, Gesetzentwurf und
Änderungsantrag, die der Beschlussempfehlung des Schulausschusses beigefügt war,
nicht entgegen. Die vom Schulausschuss erstellte Synopse ist insofern unvollständig,
als bei der tabellarischen Gegenüberstellung von Gesetzentwurf und Änderungsantrag
in Bezug auf § 94 Abs. 6 LPVG NRW in der Rubrik Änderungsantrag keine Angaben
gemacht wurden. Bei den übrigen unverändert gelassenen Vorschriften des
Gesetzentwurfs vermerkt die tabellarische Gegenüberstellung unter der Rubrik
Änderungsantrag dagegen stets "unverändert". Da die Synopse auf der anderen Seite
an dieser Stelle aber auch nicht "gestrichen" vermerkt, fehlt es schlicht an einer
Darstellung der Tatsache, dass der Änderungsantrag Bestehen und Wortlaut des § 94
Abs. 6 LPVG NRW der Entwurfsfassung unverändert gelassen hat. Hieraus entstehende
denkbare Missverständnisse mögen bei einzelnen Abgeordneten - sofern sie sich bei
ihrem Abstimmungsverhalten an der Synopse orientiert haben sollten - zu einer
Fehlvorstellung vom neuen Inhalt des § 94 LPVG NRW geführt haben. Die Gültigkeit
90
des Gesetzesbeschlusses in der dargestellten Form, also unter Einschluss des § 94
Abs. 6 LPVG NRW, würde davon jedoch nicht berührt. Die Synopse ist nämlich nicht
Gegenstand der Abstimmung (vgl. § 79 Abs. 4 GO LT), sondern fungiert allein als
Verständnishilfe (vgl. § 79 Abs. 1 Satz 2 GO LT). Abgestimmt wird vielmehr über den
Gesetzentwurf bzw. die Änderungsanträge selbst. Diese waren in Bezug auf § 94 LPVG
NRW nicht widersprüchlich, unvollständig oder sonst schwerwiegend fehlerbehaftet.
Fehler im Beratungsstadium, welche die Gültigkeit des Schulentwicklungsgesetzes
berühren könnten, sind damit auszuschließen. Das Schulentwicklungsgesetz - hier
namentlich § 94 Abs. 6 LPVG NRW in der Fassung dieses Gesetzes - ist nicht unter
Verstoß gegen Art. 66 LVerf NRW beschlossen worden.
91
3. § 94 Abs. 6 LPVG NRW ist als Teil des Schulentwicklungsgesetzes zunächst nicht
ausgefertigt und erlassen (verkündet) worden und damit entgegen dem
Landtagsbeschluss zunächst nicht geltendes Recht (existent) geworden. Hierin lag ein
Verstoß gegen Art. 71 LVerf NRW (nachfolgend a)). Dieser Verstoß ist jedoch geheilt
worden (nachfolgend b)).
92
a) Der Erlass des Schulentwicklungsgesetzes war zunächst mit einem sich
fortsetzenden und rechtlich beachtlichen Fehler behaftet: Das vom Landtag
beschlossene Schulentwicklungsgesetz ist nämlich zunächst unter Verstoß gegen Art.
71 Abs. 1 Satz 1 LVerf NRW erlassen worden. Nach dieser Bestimmung ist das vom
Landtag beschlossene Gesetz auszufertigen und zu verkünden. Diese Akte obliegen
gemäß Art. 71 Abs. 1 Satz 1 LVerf NRW der Landesregierung. Dabei hat sie "das
Gesetz" auszufertigen und zu verkünden: Gegenstand der Ausfertigung und
Verkündung ist also das Gesetz in der vom Landtag beschlossenen Fassung. Gegen
dieses Verfassungsgebot verstießen die erstmalige Ausfertigung und Verkündung des
Schulentwicklungsgesetzes, weil beide Akte wegen Fehlens von § 94 Abs. 6 LPVG
NRW das Gesetz nicht vollständig erfasst haben.
93
Dies ergibt sich aus dem Verfahrensablauf: Zum Zweck der Ausfertigung übersendet der
Landtagspräsident dem Ministerpräsidenten nach § 109 Abs. 1 GO LT den
Gesetzesbeschluss des Landtages. Das weitere Ausfertigungs- und
Verkündungsverfahren ist in § 31 GO LR
94
- Geschäftsordnung der Landesregierung Nordrhein-Westfalen (GO LR) in der Fassung
der Bekanntmachung vom 30. November 1993, GMBl. NRW S. 1876 -
95
geregelt. Ergänzend dazu gelten gemäß § 33 GO LR die Vorschriften der GGO
96
- Gemeinsame Geschäftsordnung für die Ministerien des Landes Nordrhein-Westfalen
(GGO), Bekanntmachung des Innenministeriums vom 16. Mai 1991 - V A 2 - GMBl.
1991, S. 840 ff. -,
97
dort insbesondere die Bestimmungen der §§ 94 bis 96 GGO.
98
Wie sich aus den an die Bezirksregierung Köln gerichteten Hinweisen des Ministeriums
für Schule, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 12.
Oktober 2002 ergibt, war bereits die Beschlussfassung, die dem Ministerpräsidenten
vom Landtagspräsidenten zugestellt wurde (§ 109 Abs. 1 GO LT), fehlerhaft, weil sie
sich an der Darstellung der Synopse orientiert hatte und den mitbeschlossenen § 94
99
Abs. 6 LPVG NRW nicht aufführte. Dieser Fehler manifestierte sich im weiteren
Ausfertigungs- und Verkündungsverfahren: Weder dem Chef der Staatskanzlei als für
die Gesetzesausfertigung, d.h. die Herstellung der urkundlichen Urschrift, zuständigem
Organ (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 GO LR, §§ 94 Abs. 3, 95 GGO) noch dem federführenden
Ministerium, das berechtigt ist, Bedenken gegen den Gesetzesbeschluss geltend zu
machen (vgl. § 94 Abs. 1 GGO, § 31 Abs. 1 Satz 2 GO LR, Art. 67 LVerf NRW) fiel die
Unvollständigkeit der übersandten Gesetzesfassung auf. Daher wurde das
Schulentwicklungsgesetz ohne § 94 Abs. 6 LPVG NRW ausgefertigt und gemäß § 96
Abs. 1 GGO im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes verkündet.
Vgl. GV. NRW 2001, S. 811 ff.
100
Erst bei der nachfolgenden Kontrolle des Gesetz- und Verordnungsblatts durch das
federführende Ministerium (vgl. § 96 Abs. 3 GGO), bei dem der Wortlaut der
Veröffentlichung erneut und letztmals auf seine Richtigkeit überprüft werden muss, fiel
auf, dass § 94 Abs. 6 LPVG NRW nicht verkündet worden war. Daraufhin wurde ein
Berichtigungsverfahren entsprechend § 96 Abs. 3 Sätze 2 und 3 GGO eingeleitet; im
Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes vom 28. Januar 2002 wurde schließlich die
berichtigte Fassung des Gesetzes - also § 94 Abs. 6 LPVG NRW als Art. 2 Nr. 3
Buchstabe a des Schulentwicklungsgesetzes vom 27. November 2001 - veröffentlicht.
101
Vgl. GV. NRW 2002, S. 22.
102
b) Die vorgenommene Berichtigung war rechtlich zulässig. Der Verstoß gegen Art. 71
LVerf NRW ist dadurch geheilt worden.
103
Gemäß § 96 Abs. 3 Sätze 2 und 3 GGO wird nach Verkündung eines Gesetzes ein
Berichtigungsverfahren durchgeführt, wenn der veröffentlichte Wortlaut des Gesetzes
Druckfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten enthält. Das Fehlen des vom
Landesparlament als zuständigem Gesetzgebungsorgan beschlossenen Absatzes der
in Rede stehenden gesetzlichen Vorschrift in der ausgefertigten und verkündeten
Fassung des Gesetzes betrifft hier eine offenbare Unrichtigkeit, die im Wege des
Berichtigungsverfahrens nach § 96 Abs. 3 GGO korrigiert werden konnte, ohne dass es
dafür eines erneuten konstitutiven gesetzgeberischen Aktes bedürfte.
104
Dabei ist zunächst Folgendes zu sehen: Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage
behandelt, unter welchen Umständen und inwieweit Gesetzesbeschlüsse einer
Berichtigung durch die Regierung unterliegen können.
105
Vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 17. Juli 2002 - 1 BvF 2/01 - BVerfGE 105, 313 ff.;
Beschluss vom 15. Februar 1978 - 2 BvL 8/74 - BVerfGE 48, 1 ff.; Trossmann, a.a.O.,
Anhang zu § 88; Achterberg, a.a.O., S. 647 f.
106
Dabei geht es um die Frage, inwieweit Fehler eines Gesetzgebungsaktes der
Legislative von der Exekutive berichtigt werden können, ohne dass dadurch gegen den
verfassungsrechtlichen Grundsatz der Unverrückbarkeit von Gesetzesbeschlüssen bzw.
letztlich gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung verstoßen wird.
107
Für diese Frage, inwieweit nämlich die Berichtigung von Gesetzesbeschlüssen möglich
ist, hat das Bundesverfassungsgericht als maßgebliche Grenze festgelegt, dass mit der
Berichtigung nicht der rechtlich erhebliche materielle Gehalt der beschlossenen Norm
108
und mit ihm seine Identität angetastet werden darf. Innerhalb dieser Grenze sind
Berichtigungen des Gesetzesbeschlusses zulässig, wenn es sich um offensichtliche
Unrichtigkeiten in der Druckfassung handelt. Ob es sich bei festgestellten Fehlern um
offensichtliche Unrichtigkeiten handelt, kann anhand des Normtextes selbst sowie
darüber hinaus unter Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs und der Materialien
des Gesetzes festgestellt werden.
Vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Juli 2002 - 1 BvF 2/01 - a.a.O., S. 335.
109
Im vorliegenden Fall geht es dagegen nicht um eine erfolgte Berichtigung eines
Gesetzesbeschlusses, sondern um die Berichtigung eines sich fortsetzenden Fehlers im
Erlassstadium des Gesetzgebungsverfahrens. Der Erlass des Gesetzes, das heißt die
Vornahme der Handlungen, die dazu führen sollen, das Gesetz in Geltung zu setzen,
obliegt nach der Landesverfassung - obwohl Teil des Rechtsetzungsaktes - nicht mehr
dem Parlament, sondern der Regierung.
110
Vgl. Mann, in: Löwer/Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes Nordrhein-
Westfalen, Art. 71 Rdnr. 4.
111
Bei der Frage, inwieweit und von wem Fehler in diesem postparlamentarischen Stadium
des Gesetzgebungsverfahrens berichtigt werden können, geht es daher im Grundsatz
nicht um Kompetenzabgrenzungen zwischen Parlament und Regierung und auch nicht
um eine Veränderung des vom Parlament gefassten Beschlusses, sondern allein
darum, einen Verfahrensfehler eines Exekutivorgans durch dasselbe oder ein anderes
Exekutivorgan zu korrigieren, um dem Gesetzesbeschluss des Parlaments umfassende
Geltung zu verschaffen.
112
Vgl. Mann, a.a.O., Rdnr. 25.
113
Die Berichtigung eines so gearteten Fehlers ist daher als Beseitigung offenbarer
Unrichtigkeit veranlasst, wenn die ausgefertigte und/oder veröffentlichte
Gesetzesfassung offenbar - das heißt, für einen Textkundigen ohne weiteres erkennbar -
nicht dem Gesetzesbeschluss entspricht.
114
Vgl. zur Unterscheidung zwischen offenbar Unrichtigem und offensichtlichen (= für
jedermann erkennbaren) Fehlern Severin, Das Bundesgesetzblatt, S. 61.
115
Dies war hier zunächst der Fall, weil § 94 Abs. 6 LPVG NRW zwar beschlossen, aber
weder ausgefertigt noch verkündet worden war. Das Berichtigungsverfahren selbst ist
gesetzlich nicht geregelt, aber grundsätzlich zulässig und unterliegt nur im
Ausgangspunkt einer verfassungsrechtlich gebotenen Einschränkung: Es muss sich um
offenbare Unrichtigkeiten handeln, damit der Berichtigende sich nicht im Wege der
Interpretation oder Veränderung des Gesetzesbeschlusses an die Stelle des Parlaments
setzt. Die Berichtigung der Verkündung und die Berichtigung der Ausfertigung wirken
zurück, weil sie nur auf diese Weise ihre Aufgabe, das beschlossene Gesetz inhaltlich
umfassend und zum gesetzlich vorgesehenen Zeitpunkt in Geltung zu setzen, sinnvoll
erfüllen können. Auf die Reihenfolge der Berichtigung von Ausfertigung und
Verkündung kommt es nicht an, wenn jedenfalls im Ergebnis eine mit dem
Gesetzesbeschluss übereinstimmende berichtigte Ausfertigung und Verkündung
vorliegt.
116
Nach diesen Maßgaben ist das Berichtigungsverfahren im gegebenen Fall ohne
beachtliche Rechtsfehler durchgeführt worden mit der Folge, dass § 94 Abs. 6 LPVG
NRW als von Anfang an gültige Rechtsnorm anzusehen ist. Der zu Beginn des
Erlassstadiums aufgetretene und sich fortsetzende Fehler wurde nach Maßgabe der
Verfahrensvorschriften der GGO korrigiert; diese sind Ausprägung der allgemein
anerkannten Regeln der tradierten Gesetzgebungspraxis, die sich entsprechend den
oben genannten Vorgaben herausgebildet haben.
117
Vgl. Ramsauer, in: Alternativkommentar zum Grundgesetz, 2. Auflage, Art. 82 Rdnr. 32
m.w.N.
118
Zuständig für die Veranlassung der Berichtigung der Verkündung war nach § 96 Abs. 3
GGO das Innenministerium im Einvernehmen mit dem federführenden Schulministerium.
Dem steht nicht entgegen, dass der ursprüngliche Fehler schon in der unvollständigen
Übersendung des beschlossenen Gesetzestextes durch den Präsidenten des
Landtages lag und sich dieser Fehler über die Ausfertigung bis hin zur Verkündung des
Gesetzes fortgesetzt hat. Zwar ist nach § 94 Abs. 2 Satz 1 GGO für die Berichtigung
offenbarer Unrichtigkeiten in der vom Landtag mitgeteilten Fassung des Gesetzes die
Staatskanzlei im Einvernehmen mit der Landtagsverwaltung zuständig. Ist das Gesetz
aber in der fehlerhaften Form bereits verkündet worden, gilt § 96 Abs. 3 Sätze 2 und 3
GGO: Das federführende Ministerium benachrichtigt das Innenministerium, welches
wiederum die Berichtigung im Einvernehmen mit dem federführenden Ministerium
veranlasst.
119
Vgl. ebenso, aber wohl verkürzt Dästner, Die Verfassung des Landes Nordrhein-
Westfalen, Kommentar, 2. Auflage 2002, Art. 71 Rdnr. 3, der auch bei
Verkündungsfehlern grundsätzlich allein die Staatskanzlei im Einvernehmen mit dem
Landtagspräsidenten als für Berichtigungen zuständig hält; wie hier Mann, a.a.O., Art. 71
Rdnr. 26.
120
Die Berichtigung der Verkündung erfolgt - wie hier am 28. Januar 2002 geschehen -
durch Veröffentlichung im Gesetz- und Verordnungsblatt.
121
Neben der Berichtigung der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt bedurfte es
auch einer Berichtigung der ausgefertigten Urschrift des Gesetzes. Denn diese war
aufgrund des unvollständigen gesetzlichen Urtextes fehlerhaft und musste deshalb
korrigiert werden. Auch diese Berichtigung ist entsprechend der dafür geltenden
Regelung des § 94 Abs. 2 GGO erfolgt. Nachdem das Kabinett durch Beschluss vom 19.
März 2002 festgestellt hatte, dass § 94 Abs. 6 LPVG NRW Teil des vom Landtag
beschlossenen Gesetzes war, hat es den Beschluss zur Ausfertigung des Gesetzes
durch erneute Beschlussfassung bestätigt. Kabinettsbeschluss und eine Ablichtung der
Veröffentlichung des zuvor fehlenden Absatzes wurden alsdann mit der
Ausfertigungsurkunde durch Band und Siegel verbunden, sodass nunmehr eine
(berichtigte) korrekte Ausfertigung des vollständigen Gesetzesbeschlusses vorliegt.
122
Dass die Berichtigung der Verkündung zeitlich der Berichtigung der Ausfertigung
vorgelagert war, ist unerheblich. Berichtigend veröffentlicht worden ist nämlich nicht,
dass die Ausfertigung berichtigt worden ist, sondern dass die erstmalige Verkündung
des Gesetzesbeschlusses fehlerhaft war und berichtigt wird. Gegenstand der
berichtigten Verkündung ist der Gesetzesbeschluss, nicht aber seine Ausfertigung.
Einer Veröffentlichung dessen, dass auch die Gesetzesausfertigung berichtigt worden
123
ist, bedurfte es nicht. Die ausgefertigte Urschrift eines Gesetzes enthält die
Beurkundung des Gesetzestextes und die Feststellung, dass dieser mit dem vom
Landtag beschlossenen Gesetzestext übereinstimmt.
Vgl. Dästner, a.a.O., Art. 71 Rdnr. 1.
124
Die Berichtigung der Ausfertigung erfolgt - wie hier geschehen - allein durch
Bearbeitung der Urkunde selbst. Einer Verkündung oder sonstigen Veröffentlichung ist
die Urkunde nicht zugänglich, vgl. § 96 Abs. 2 GGO.
125
Da das Schulentwicklungsgesetz sonach mit dem durchgeführten
Berichtigungsverfahren seinem vom Landtag beschlossenen Wortlaut und Inhalt nach in
Geltung gesetzt worden ist, wurde der zunächst begangene Verstoß gegen Art. 71 LVerf
NRW geheilt.
126
Ist auf diese Weise nach alledem § 94 Abs. 6 LPVG verfassungsgemäß zustande
gekommen und damit geltendes Recht, ist der Antragsteller an weiteren
Ausschreibungsverfahren, die der Beteiligte zum Zweck der Lehrereinstellung
durchführt, nicht gemäß § 73 Nr. 6 LPVG NRW zu beteiligen.
127
Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen
Beschlussverfahren.
128
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht
vorliegen.
129