Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 23.02.2006

OVG NRW: veranlagung, industrie, könig, bemessungsgrundlage, ermessen, handelsregistereintragung, vorauszahlung, vollstreckung, handelskammer, abrechnung

Oberverwaltungsgericht NRW, 4 A 4451/03
Datum:
23.02.2006
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 A 4451/03
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Aachen, 7 K 1566/02
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden
Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 369,79 EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
1
I.
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Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit dem Antrag,
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den Beitragsbescheid der Beklagten vom 15. Februar 2002 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2002 hinsichtlich des Beitrages für 1999
(Abrechnung) insgesamt und des Beitrages für 2002 (vorläufige Veranlagung)
hinsichtlich eines 19,50 EUR übersteigenden Betrages aufzuheben,
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mit dem angefochtenen Urteil stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen
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ausgeführt: Die Haushaltssatzungen der Beklagten verstießen gegen das
Äquivalenzprinzip, soweit nach ihnen die Klägerin zu einem einheitlichen Grundbeitrag
veranlagt werde. Im Hinblick auf die Privilegierung nach § 3 Abs. 4 Satz 3 IHKG sei in
den davon erfassten Fällen das einer Industrie- und Handelskammer grundsätzlich
zustehende weite Ermessen bei der Staffelung des Grundbeitrags eingeschränkt. Bei
einer Staffelung des Grundbeitrags sei für Freiberufler im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 3
IHKG eine Staffelungsregelung nach Ertrag/Gewinn zwingend geboten. Dem
entsprächen die Haushaltssatzungen nicht. Auch die im Handelsregister eingetragenen
Freiberufler seien im Falle des § 3 Abs. 4 Satz 3 IHKG allein nach der individuellen
Leistungskraft zu veranlagen. Da diese Vorschrift nicht differenziere zwischen solchen
Freiberuflern, die im Handelsregister einzutragen seien und solchen, auf die das nicht
zutreffe, gehe der Gesetzgeber erkennbar von einer Gleichbehandlung dieser beiden
Gruppen aus. Das Merkmal der Handelsregistereintragung sei jedenfalls bei den
Kammerzugehörigen im Sinne von § 3 Abs. 4 Satz 3 IHKG kein zulässiger Gradmesser
für die Leistungskraft. Freiberufler, die nicht in das Handelsregister einzutragen seien,
seien nach den Haushaltssatzungen der Beklagten hinsichtlich des Grundbeitrags in
Beitragsgruppen einzustufen, die nach Ertrag/Gewinn gestaffelt seien, so dass bei
diesen die Privilegierung zur Anwendung kommen müsse. Die Heranziehung der
Klägerin zu einem Grundbeitrag in voller Höhe, also ohne die Privilegierungsregelung
umzusetzen, sei unzulässig.
Gegen diese Rechtsauffassung wendet sich die Beklagte mit der vom Senat
zugelassenen Berufung. Sie macht geltend: Das Verwaltungsgericht verkenne, dass es
nach der Regelung in § 3 Abs. 3 Satz 2 IHKG der Kammer überlassen werde, ob und
nach welchen Kriterien sie den Grundbeitrag staffele. Dass diese Gestaltungsfreiheit auf
die Privilegierungsregelung für Freiberufler keine Anwendung finden könne, sei dem
Gesetz nicht zu entnehmen. Eine analoge Regelung auf andere Staffelungskriterien als
Gewerbeertrag bzw. Gewinn aus Gewerbebetrieb scheide aus, weil damit ebenfalls die
Grundvorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 2 IHKG ausgehebelt werde. Eine Freiberufler-GmbH
weise wegen des Abzugs des Geschäftsführergehalts nur selten einen positiven
Gewerbeertrag aus, so dass der Umlage praktisch keine Bedeutung zukomme. Wenn
diese Gruppe dann bei anders gewählten Staffelungskriterien zum vollen Grundbeitrag
herangezogen werde, entspreche dies der wirtschaftlichen Bedeutung von
Steuerpraxen.
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Die Beklagte beantragt,
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das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin, die keinen Antrag stellt, verteidigt das angefochtene Urteil und meint,
durch das IHKG-Änderungsgesetz 1998 sei eine Einschränkung des
Ermessensspielraums der Kammern erfolgt.
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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil
und die Gerichtsakte nebst Beiakten Bezug genommen.
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II.
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Der Senat kann über die Berufung gemäß § 130a VwGO durch Beschluss entscheiden,
weil er sie einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für
erforderlich hält. Den Beteiligten ist zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben
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worden. Sie sind mit dieser Verfahrensweise einverstanden.
Die Berufung hat Erfolg. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Beitragsbescheid
der Beklagten vom 15. Februar 2002 und der Widerspruchsbescheid vom 3. Juli 2002
sind rechtmäßig.
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Dass die Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft neben ihrer Mitgliedschaft in der
Steuerberaterkammer zulässigerweise auch Mitglied der Beklagten ist,
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vgl. dazu § 2 Abs. 1 und 2 IHKG; ferner: BVerwG, Beschlüsse vom 21. Oktober 2004 - 6
B 60.04 -, GewArch 2005, 24 u. vom 14. November 2001 - 6 B 60.01 -, GewArch 2002,
69; OVG NRW, Urteil vom 24. Februar 1997 - 25 A 2531/94 -, GewArch 1997, 200; Jahn,
GewArch 2004, 410,
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ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und bedarf deshalb keiner Vertiefung. Streit
besteht allein hinsichtlich der Veranlagung zum Grundbeitrag.
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Der angefochtene Beitragsbescheid (Abrechnung für 1999 und Vorauszahlung für 2002;
jeweils nur hinsichtlich des Grundbeitrags) findet seine Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2
Satz 1 IHKG i.V.m. der Beitragsordnung und den jeweiligen Haushaltssatzungen der
Beklagten. Da die Beitragsjahre 1999 und 2002 erfasst sind, ist das Gesetz in der
Fassung der Novelle 1998 (IHKG-Änderungsgesetz vom 23. Juli 1998 BGBl. I S. 1887,
ber. S. 3158) und damit die an die sog. „Apothekerregelung" (§ 3 Abs. 4 Satz 2 IHKG)
anknüpfende Privilegierung für eine „Freiberufler-GmbH" (§ 3 Abs. 4 Satz 3 IHKG)
anzuwenden. Nach § 3 Abs. 4 Satz 3 IHKG findet § 3 Abs. 4 Satz 2 IHKG auf bestimmte
Kammerzugehörige, zu denen auch die Klägerin gehört, mit der Maßgabe Anwendung,
dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort (Satz 2) genannten
Bemessungsgrundlagen bei der Veranlagung zugrunde gelegt werden. Als
Bemessungsgrundlagen für die Veranlagung zum Grundbeitrag und zur Umlage nennt
Satz 2 den Gewerbeertrag hilfsweise den Gewinn aus Gewerbebetrieb.
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Aus dieser Privilegierungsregelung folgt weder eine Einschränkung des einer Industrie-
und Handelskammer - IHK - zustehenden weiten Ermessens, ob und ggfs. wie der
Grundbeitrag gestaffelt wird, noch ist sie im Falle einer Grundbeitragsstaffelung
gehalten, für Freiberufler i.S.v. § 3 Abs. 4 Satz 3 IHKG wegen der
Privilegierungsregelung als Staffelungskriterium allein Gewerbeertrag/Gewinn aus
Gewerbebetrieb zu verwenden. Eine derartige Beschränkung des Ermessens einer IHK
ist der Regelung in § 3 Abs. 4 Satz 3 IHKG nicht zu entnehmen.
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Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG ist eine IHK berechtigt, die Kammerzugehörigen zu
Beiträgen heranzuziehen, wobei nach § 3 Abs. 3 Satz 2 IHKG der Grundbeitrag
insbesondere unter Berücksichtigung von Art, Umfang und Leistungskraft des
Gewerbebetriebes gestaffelt werden kann. Damit liegt es im Ermessen einer IHK, ob
überhaupt eine Staffelung erfolgen soll. Wird der Grundbeitrag gestaffelt, so kann er
nach unterschiedlichen Kriterien gestaffelt werden. Eine allein an
Gewerbeertrag/Gewinn aus Gewerbebetrieb ausgerichtete Staffelungsregelung schreibt
das Gesetz nicht vor.
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Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Februar 1999 - 4 A 1168/96 -, GewArch 1999,
205 u. vom 14. Februar 2000 - 4 A 93/99 -, GewArch 2000, 255; BT-Drucks. 13/9975, S.
7; ferner Jahn, GewArch 2005, 169 (173) und 221 (223).
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Aus dem Wortlaut der Privilegierungsregelung des § 3 Abs. 4 Satz 3 IHKG folgt nicht,
dass diese grundsätzliche Aussage des § 3 Abs. 3 Satz 2 IHKG eingeschränkt werden
soll.
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Hätte der Gesetzgeber für Freiberufler im Sinne von § 3 Abs. 4 Satz 3 IHKG zwingend
eine Privilegierung auch für den Grundbeitrag vorsehen wollen, so hätte er dies - und
insoweit unter Einschränkung des in § 3 Abs. 3 Satz 2 IHKG verankerten weiten
Ermessens einer IHK für die Regelung des Grundbeitrags - ausdrücklich anordnen
müssen. Aus dem Wortlaut von § 3 Abs. 4 Satz 3 IHKG folgt dies jedenfalls nicht. Diese
Regelung gilt für den Grundbeitrag und die Umlage gleichermaßen. Da die Umlage
immer am Gewerbeertrag/Gewinn orientiert ist (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 6 IHKG), muss die
Privilegierungsregelung bezogen auf die Umlage immer „greifen" und erklärt insoweit
den Wortlaut. Was für die Umlage gilt, kann allerdings nicht undifferenziert auf den
Grundbeitrag übertragen werden.
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Der Grundbeitrag war ursprünglich eine allgemeine „Grundlast", die alle
Kammerzugehörige - oder zumindest die Vollkaufleute unter ihnen - traf. Er ist nach dem
gesetzgeberischen Willen ein eigenständiges Finanzierungsinstrument (vgl. § 3 Abs. 3
Satz 1 IHKG).
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Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 14. Februar 2000 - 4 A 93/99 -, GewArch 2000,
255; BT-Drucks. 13/9975 S. 7; Frentzel/Jäkel/Junge, IHKG, 6. Aufl. § 3 Rn. 48, 52 u. 55.
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Dafür, dass mit der Regelung in § 3 Abs. 4 Satz 3 IHKG der Gesetzgeber die
Differenzierung zwischen Grundbeitrag und Umlage - wenn auch nur bezogen auf eine
bestimmte Gruppe von Mitgliedern - zwingend aufgeben wollte, ist nichts ersichtlich.
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So auch VG Berlin, Urteil vom 3. März 2005 - VG 11 A 48.05 -, GewArch 2005, 345; vgl.
dazu auch BT-Drucks. 13/9975, S. 7.
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Die Privilegierungsregelung setzt nicht unmittelbar bei dem Grundbeitrag an, sondern
sie bezieht sich allein auf ein bestimmtes Bemessungskriterium, nämlich auf den
Gewerbeertrag bzw. den Gewinn aus Gewerbebetrieb. Es erfolgt damit keine direkte
Reduzierung des Grundbeitrags, sondern eine der möglichen Bemessungsgrundlagen
wird reduziert. Dies kann dann, muss allerdings nicht - entscheidend ist die „Breite" der
jeweiligen Beitragsgruppe und die konkrete Höhe der zu reduzierenden
Bemessungsgrundlage -, zu einer Reduzierung des Grundbeitrags führen. Damit kann
die Privilegierung in Bezug auf den Grundbeitrag immer dann nicht greifen, wenn die
Haushaltssatzung entweder überhaupt keine Grundbeitragsstaffelung oder aber eine,
die sich nicht am Gewerbeertrag bzw. Gewinn aus Gewerbebetrieb orientiert, vorsieht.
27
So auch VG Leipzig, Urteil vom 14. November 2002 - 5 K 1320/01 -; VG Freiburg, Urteil
vom 7. Oktober 2004 - 7 K 1559/04 -, GewArch 2005, 343; VG Berlin, Urteil vom 3. März
2005 - VG 11 A 48.05 -, GewArch 2005, 345; vgl. dazu ferner Drexler/König, GewArch
2004, 461 (465 f) und GewArch 2005, 320 f; Frentzel/Jäkel/Junge, a.a.O., § 3 Rn. 98 (zu
§ 3 Abs. 4 Satz 2 IHKG); Jahn, GewArch 2005, 221 (224 Fn. 225).
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Bedenken, eine IHK könnte nicht berechtigt sein, über die Ausgestaltung der
Beitragsregelung zum Grundbeitrag für Kammermitglieder i. S. v. § 3 Abs. 4 Satz 3 IHKG
Einfluss auf die Einräumung einer Privilegierung zu nehmen, bestehen somit nicht.
29
Vgl. dazu Jahn, GewArch 2005, 221 (224).
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Der Beitragsfreistellungsregelung in § 3 Abs. 3 Satz 3 Hs. 2 IHKG ist jedenfalls zu
entnehmen, dass Kammerzugehörige, die im Handelsregister eingetragen sind,
grundsätzlich auch beitragspflichtig sein sollen.
31
Vgl. dazu auch Frentzel/Jäkel/Junge, a.a.O., § 3 Rn. 74.
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Die Beklagte hat von der ihr eingeräumten Staffelungsbefugnis für diejenigen
Kammerzugehörigen, die im Handelsregister eingetragen sind, dahingehend Gebrauch
gemacht, dass sie für diese in den jeweiligen Haushaltssatzungen (1999 und 2002)
zwei Grundbeitragsgruppen vorsieht, die wiederum je nach der Anzahl der
Beschäftigten und der Bilanzsumme bzw. der Umsatzerlöse des Mitglieds zur
Anwendung kommen. Da sie also von einer Staffelung des Grundbeitrags nach
Gewerbeertrag, hilfsweise Gewinn aus Gewerbebetrieb, abgesehen hat, fehlt es an
dieser Bemessungsgrundlage, auf die sich allein § 3 Abs. 4 Satz 3 IHKG bezieht.
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Eine Grundbeitragsregelung, die für in das Handelsregister eingetragene
Kammerzugehörige nur noch eine weitere Beitragsstufe ab einer bestimmten Anzahl
von Beschäftigten vorsieht, wenn zugleich die Bilanzsumme oder aber die
Umsatzerlöse einen bestimmten Wert erreicht haben (Haushaltssatzungen der
Beklagten für das Rechnungsjahr 1999 unter III. 2. und 3.; für das Haushaltsjahr 2002
unter III. 2. und 3.), ist danach zulässig.
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Vgl. dazu Jahn, GewArch 2005, 221 (224); vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 14.
Februar 2000 - 4 A 93/99 -, GewArch 2000, 255.
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Ein Verstoß dieser Regelung gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Bezug
auf solche Freiberufler, die zwar nicht im Handelsregister eingetragen sind, auf die aber
die nach Gewerbeertrag/Gewinn orientierte Beitragsregelung (Haushaltssatzung der
Beklagten unter Ziff. II. und III. 1.) mit der Folge einer dann zwingend vorgeschriebenen
Privilegierung anzuwenden sei - wie das Verwaltungsgericht meint -, kann bereits
deshalb nicht vorliegen, weil es diese Vergleichsgruppe nicht geben kann. Denn nach §
2 Abs. 2 IHKG gehören Freiberufler nur dann zur IHK, soweit sie in das Handelsregister
eingetragen sind.
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So auch VG Freiburg, Urteil vom 7. Oktober 2004 - 7 K 1559/04 -, GewArch 2005, 343;
Drexler/König, GewArch 2004, 461 (465).
37
Deshalb trifft auch der auf dieser (unzutreffenden) Annahme beruhende weitere Schluss
des Verwaltungsgerichts nicht zu, dass deshalb das Merkmal der
Handelsregistereintragung bei Kammerzugehörigen im Sinne von § 3 Abs. 4 Satz 3
IHKG kein zulässiger Gradmesser für die Leistungskraft sein kann.
38
Vgl. dazu Jahn, GewArch 2005, 221 (224 Fn. 225).
39
Nicht das Kriterium der Leistungskraft war Grund für die Privilegierung, sondern es sollte
der Doppelbelastung der Freiberufler aufgrund der gewählten Rechtsform Rechnung
getragen werden.
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Vgl. BT-Drucks. 13/9975, S.9
41
Der angefochtene Bescheid ist auch im Übrigen rechtmäßig.
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Soweit die Klägerin (erstinstanzlich) geltend gemacht hat, sie habe keine Vorteile aus
der Tätigkeit der Beklagten, ist darauf hinzuweisen, dass als Folge der Wahrnehmung
eines am Gemeinwohl orientierten Gesamtinteresses der gewerblichen Wirtschaft durch
eine IHK ein messbarer wirtschaftlicher Vorteil des einzelnen Kammermitgliedes nicht
verlangt werden kann. Vielmehr liegt es in der Natur der Sache, dass sich aufgrund
einer Tätigkeit im Interesse aller Mitglieder ein Vorteil für das einzelne Mitglied
regelmäßig nur mittelbar ergeben wird bzw. auch nur vermutet werden kann.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juli 1998, - 1 C 32.97 -, GewArch 1998, 410 = NJW 1998,
3510; Senatsbeschluss vom 17. September 1997 - 4 A 2104/97 -, Ez GewR § 2 I IHKG
Nr. 16.
44
Auch der weitere Einwand der Klägerin, dass ein Verstoß gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz vorliege, weil - anders als bei gemischtgewerblichen
Betrieben, die sowohl Pflichtmitglied einer Handwerkskammer als auch einer IHK seien
- die Beklagte nichts unternommen habe, um mit der Steuerberaterkammer eine
Regelung zur Vermeidung von „Beitragsmehrfacherhebungen" zu treffen, greift nicht
durch. Die von der Klägerin angesprochene Praxis bei der Veranlagung von
Handwerkerkaufleuten beruht auf der Regelung in § 3 Abs. 4 Satz 1 IHKG. Für die durch
diese Regelung vorgegebene unterschiedliche Behandlung von Handwerkerkaufleuten
einerseits und den in handelsrechtlicher Form tätigen Freiberuflern andererseits
bestehen aber sachliche Gründe. Der Gesetzgeber hat nämlich zu Recht die
überbetriebliche Organisation und Interessenwahrnehmung der Handwerker, soweit sie
handwerklich tätig sind, generell, d. h. auch in Bezug auf die in handelsrechtlicher Form
tätigen Handwerker, als durch Handwerkskammer (und Innung) in ausreichendem
Umfang gewahrt angesehen, hinsichtlich der Kammern der sogenannten Freien Berufe
aber insofern eine abweichende Bewertung vornehmen dürfen. Denn die
berufsständischen Kammern haben in der Regel ihren Schwerpunkt in der
berufsbezogenen Betreuung ihrer Mitglieder, wie § 76 StBerG hinsichtlich der
Steuerberaterkammern zeigt (vgl. etwa auch § 6 Abs. 1 HeilBerG für die Ärzte-,
Apotheker-, Tierärzte-, Psychotherapeuten- und Zahnärztekammern). Demgegenüber
handelt es sich bei Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern jeweils
um Kammern der gewerblichen Wirtschaft mit weitgehend deckungsgleichen Aufgaben,
wie ein Vergleich der maßgeblichen Regelungen in § 91 HwO und § 1 IHKG ergibt.
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Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. Februar 1997
46
- 25 A 2531/94 -, NVwZ-RR 1997, 473 = GewArch 1997, 200; Drexler/König, GewArch
2004, 461(463); vgl. zur „Doppelmitgliedschaft" ferner Jahn, GewArch 2005, 169 (171/2);
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Dass die Klägerin im Übrigen jeweils nur der Beitragsgruppe III. 2. unterfallen kann, ist
eindeutig. Des Weiteren besteht kein Zweifel und ist auch unstreitig, dass neben der
endgültigen Veranlagung eine (vorläufige) Vorauszahlung durch Bescheid festgesetzt
werden darf (vgl. §§ 14, 15 Beitragsordnung vom 8. Dezember 1998; VI. der jeweiligen
Haushaltssatzung).
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Im Ergebnis bestehen somit gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beitrags
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weder dem Grunde noch der Höhe nach Bedenken.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über deren
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
50
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 130a Satz 2, 125
Abs. 2 Satz 4, 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 72 Nr. 1 GKG iVm. § 13 Abs. 2 GKG a.F.
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